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1. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 257

1906 - Gotha : Thienemann
- 257 — gegen den Vater und der Söhne untereinander, der erst nach 20 Jahren, 843, endete. Das folgenschwerste Ereignis dieses Krieges vollzog sich im Juni 833 ans dem Rotfelde bei Kolmar im Elsaß. Die Heere des Vaters und der Söhne standen sich kampfbereit gegenüber. Da erschien vor dem Lager des Kaisers, nicht gerufen, aber mit Vorwissen Lothars, Papst G r e g o r Iv. Ob Ludwig ihn empfing? Dann hatte der Papst das Recht, ins Innere des Reiches zu kommen, ohne darüber vorher mit dem Kaiser unterhandelt zu haben. Der Kaiser entschuldigte sich bei dem Papst, wenn er ihm nicht mit denselben zeremoniellen Ehrfurchtsbezeigungen entgegenkomme wie seine Vorgänger, denn er habe ihn nicht gerufen. Gregor erwiderte: er sei völlig in seinem Recht; denn er komme zur Erhaltung des Friedens und der Eintracht, welche zu predigen er durch göttliche Mission verpflichtet sei. Der Papst blieb einige Tage im Lager des Kaisers. Er ging dann zu den Söhnen, den Frieden zu vermitteln und dann wieder zurückzukehren. Doch unterdessen war das Heer des Kaisers von demselben abgefallen. In der Nacht nach dem Abzug des Papstes verließ der größte Teil des Heeres das kaiserliche Lager; „wie ein Wildbach strömte fast alles Volk, teils durch Geschenke verführt, teils durch Drohungen erschreckt, in das Lager t>er Söhne." „Das Lügenfeld, wo die Treue so vieler ausgelöscht wurde", hieß das Rotfeld seitdem. Kaiser Ludwig war ein Gefangener feiner Söhne; er mußte in die Wiederherstellung des Reichsgesetzes von 817 einwilligen, ja sogar im Oktober 833 zu Soiffons vor den versammelten Bischöfen feierlich Kirchenbuße tun und öffentlich feine Sünden bekennen. Der Tag auf dem Rotfeld war ein Sieg des Papsttums über das Kaisertum. Verhältnis der weltlichen und geistlichen Gewalt. Drei Reisen römischer Päpste ins Frankenreich: 753/4 Stephan H. zu König Philipp, Hilfe gegen die Langobarden erbittend; 799 Leo m. zu Karl d. Gr., Hilfe gegen die Römer erbittend; 833 Gregor Iv. zu Ludwig d. Fr., den Streit zwischen ihm und seinen Söhnen zu entscheiden. 753/4 und 799 hatte die weltliche Gewalt die Oberhand, 833 die geistliche. Qqo W ne° in einem Gerichtsverfahren, das König Karl leitet. oöö Kaiser Ludwig d. Fr. in einem Gerichtsverfahren, das der Papst leitet. Karl und Ludwig! Andere Menschen, andere Zeiten! . ^a n ^e 1' 72- "Das geistliche Interesse, das sich in dem Papste darstellte, wurde Meister über das weltliche, das in dem damaligen Kaisertum Ludwigs repräsentiert war. Ohne der Geschichte der späteren Epochen vorzugreifen, darf man doch behaupten, daß von hier der Widerstand der beiden Prinzipien ausging, der seitdem das abendlttiit) tn Gärung versetzte." Bär, Deutsche Geschichte. Ii. yj

2. Ottonen und Salier - S. 20

1910 - Gotha : Thienemann
fr — 20 — 5. Der Ungarneinfall 924. Es ist eine allgemeine, dnrch Tausende von Beispielen begründete Erfahrung, daß Streitigkeiten int Innern eines Reiches dessen äußere Feinde zu kriegerischen Unternehmungen anreizen. Weil zerrissen von Fehden, darum hatte das Reich unter den letzten Karlingern und unter Konrad I. fortgesetzt Einfall, Raub und Plünderung der Dänen, Slawen und Magyaren ertragen müssen. Die Kriege Heinrichs gegen die Herzöge um die Anerkennung seiner Königsgewalt betrachteten die Magyaren als günstigen Zeitpunkt zu neuen Einfällen. 924 erschienen sie. Widu-find (I, 32) erzählt: „Als nunmehr die inneren Kämpfe ruhten (falsch, sie ruhten erst 925), durchzogen wiederum die Ungarn ganz Sachsen, steckten Städte und Dörfer in Brand und richteten allerorten ein solches Blutbad an, daß eine gänzliche Verödung durch sie drohte. Der König aber befand sich in der festen Stadt Werla. Denn er traute feinen unbeholfenen, an offene Feldschlacht nicht gewöhnten Kriegern nicht einem so wilden Volke gegenüber. Welch eine große Verheerung sie aber angerichtet und wieviel Klöster sie in Brand gesteckt, haben wir für besser erachtet zu verschweigen, als daß wir unsere Unglücksfälle noch durch Worte er neuen. Es traf sich aber, daß einer von den Fürsten der Ungarn gefangen und ge- bunden vor den König geführt wurde. Diesen liebten die Ungarn so sehr, daß sie als Lösegeld für ihn eine ungeheure Summe Goldes und Silbers anboten. Doch der König, das Gold verschmähend, forderte anstatt dessen Frieden und erhielt ihn auch endlich, so daß gegen Rückgabe des Gefangenen und durch andere Geschenke ein Friede aus neun Jahre geschlossen wurde." Heinrich stellte sich und den Seinen die Frage: Weshalb vermochten wir den Magyaren nicht zu widerstehen? 1. Wir erinnern nns zunächst der schon mehrfach gemachten Beobachtung, daß Barbarenheere feste Plätze nicht einzunehmen vermögen: Der vergebliche Ansturm der Cimbern und Teutonen gegen das feste Lager des Marius. Armins Oheim Jnguiomer kann das römische Lager nicht stürmen. Die Westgoten in Ostrom; Friede den Mauersteinen! Attila in Italien. W i r erinnern uns ferner, daß das Ende des 9. und der Anfang des 10. Jahrhunderts von Kriegen erfüllt waren; wir gedenken der vielen inneren Wirren in Deutschland, der Magyaren- und Normanneneinfälle, unter denen Westfranken, Deutschland und auch Italien litt. Es war ein langandauernder Zustand der Unruhe und Friedlosigkeit. Heinrich: Meine Burg Werla haben sie nicht erobert. Die bot mir und den flüchtigen Bewohnern der Nachbarschaft Schutz; die war auch ein Stützpunkt der Verteidigung. Von da aus gelang es uns doch wenigstens, den Magyaren im Kleinkriege beizukommen, einen ihrer vornehmsten Führer gefangenzunehmen. Aber Sachsen und Thüringen

3. Ottonen und Salier - S. 66

1910 - Gotha : Thienemann
— 66 — schaffen. Bereits um das Jahr 1000 bestaub uuter Stephan dem Heiligen ein ungarisches Reich. Vgl. I §§ 4 n. 5: Sperrung der Rheingrenze für die Germanen. Germanen gegen den Rhein — Marius. Cäsar — Seßhaftwerden der Germanen. Magyaren gegen Deutschland — Heinrich I. Otto I. — Seßhaftwerden der Magyaren. So wurde auch hier die Niederlage für den Besiegten zum Segen. d) Lamprecht Iii, 332: „Die Magyaren trennten für immer die Slawen an den Ostgrenzen Germaniens in eine südliche und eine nördliche Hälfte; noch heute bedeutet das nationale Dasein der Magyaren den lautesten Protest gegen den Gedanken eines slawischen Universalreiches." Die Magyaren sind die natürlichen Gegner des Panslawismus. e) Ranke Vi, 203: „Die Schlacht auf dem Lechfelde erscheint um so mehr als ein W e l t e r e i g n i s , als die Ungarn soeben Frankreich und Italien durchstreift und auch Konstantinopel bedroht hatten. Der Fürst, der sie in einer großen Schlacht zu Paaren trieb, war der Retter von Europa; er enthob sie zugleich selbst ihrer ursprünglichen Barbarei, denn von nun an beginnt ihre Christianisierung, sie treten von da ab in die geordnete Welt." 7. Kolonisation und Christianisierung der Donauländer. Den Siegen Karls des Großen über die Avareu (Ii § 31, 4) war die Kolonisation und Christianisierung der Donauländer gefolgt. Aber fast alles war durch die Raubzüge der Ungarn, 862—955, verloren gegangen. „Die Ungarn", klagte Erzbischof Theotmar von Salzburg dem Papst Johann Viii., „fielen ins Land, die einen schleppten sie gefangen hinweg, die andern haben sie getötet oder im Kerker durch Hunger und Durst verschmachten lassen, unzählige haben sie aus dem Lande vertrieben, adlige Männer und Frauen führten sie in die Sklaverei, in die Kirchen Gottes haben sie den Brand geworfen und alle Gebäude verwüstet, so daß in ganz Pannonien feine einzige Kirche mehr zu sehen ist, das ganze Land ist wüste." Der entscheidende Sieg aus dem Lechfelde führte zur Wiedergewinnung des verlorenen Landes. Diese Aufgabe fiel naturgemäß den Bayern zu. Judith, die Witwe des am 1. November 955 verstorbenen Herzogs Heinrich, hat sie in Gemeinschaft mit den Erzbischöfen von Passau und Salzburg tatkräftig zu lösen begonnen. In einem Jahrhundert ward die heutige Grenze der Deutschen gegen die Slawen an der Donau und in den Ostalpen erreicht. Die Ostmark (Ostarrichi = Österreich) empfing 976 Gras Luitpold von Babenberg (Bamberg); fast 300 Jahre hat dies edle Geschlecht Grenzwacht gehalten. Es entstand die Mark Kärnten, 995 zum Herzogtum erhoben, 1040 die Mar! Krain, 1055 Steiermark, 1180 zum Herzogtum erhoben. „In dem Siege von Augsburg liegen die Anfange Österreich s." (Giefe-

4. Ottonen und Salier - S. 164

1910 - Gotha : Thienemann
— 164 — mitten ans dem Rhein ein hoher Turm, von dem nachstehende Sage umgeht. Im Jahr 974 ward große Teuerung in Deutschland, daß die Leute aus Not Katzen und Hunde aßen und doch viele Leute Hungers starben. Da war ein Bischof zu Mainz, der hieß Hatto der Andere, ein Geizhals, dachte nur daran, seinen Schatz zu mehren, und sah zu, wie die armen Leute auf der Gasse niederfielen und bet Haufen zu den Brotbäckern liefen und das Brot nahmen mit Gewalt. Aber kein Erbarmen kam in den Bischof, sondern er sprach: Lasset alle Arme und Dürftige sammeln in einer Scheune vor der Stadt, ich will sie speisen. Und wie sie in die Scheune gegangen waren, schloß er die Türe zu, steckte mit Feuer an und verbrannte die Scheune samt den armen Leuten, jung und alt, Mann und Weib. Als nun die Menschen unter den Flammen wimmerten und jammerten, rief Bischof Hatto: Hört, hört, wie die Mause pfeifen! Allein Gott der Herr plagte, ihn bald, daß die Mäuse Tag und Nacht über ihn liefen und an ihm fraßen, und vermochte sich mit aller seiner Gewalt nicht wider sie behalten und bewahren. Da wußte er endlich feinen andern Rat, als er ließ einen Turm bei Bingen mitten im Rhein bauen, der noch heutzutage zu sehen ist, und meinte sich darin zu fristen, aber die Mäuse schwammen durch den Strom heran, erklommen den Turm und fraßen den Bischof lebendig auf." Vgl. I § 16: Seelenglaube. Im Rhein- und Moselland war während des 11. und 12. Jaho Hunderts Hungersnot in den Jahren 1003, 1005, 1006, 1040, 1042, 1043, 1044, 1045, 1046, 1090, 1095, 1098, 1099, dann 1147, 1151, 1162, 1176, 1195, 1196, 1197, 1198; in Sachsen dagegen im 11. Jahrhundert nur 1006, 1025, 1056. Also scheint 1006 allgemein, in den andern Jahren nur im Westen oder Norden Mißwachs und Not gewesen zu sein. Während in einer Gegend Überfluß an Getreide war, herrschte in der andern entsetzliches Elend. Die Sage vom Bing er Mäuseturm erzählt mit Schaudern von dem Kornwucher des Mainzer Erzbischofs; und Lütticher Quellen melden, daß für den Malter Getreide im Jahre 1197 bis zum 11. Juni das Neunfache, vom 12. Juni ab das Sechzehnfache und vom 25. Juli ab das Dreißigfache des gewöhnlichen Durchschnittspreises bezahlt wurde. Man verzehrte unreine Tiere, Aas und Wurzeln. Viele starben Hungers; und die Straßen der Stadt lagen voll von Stöhnenden und Ächzenden, denen christliche Milde nur noch am frühen Morgen kleine Gaben zu spenden vermochte. Ja, es starben sogar ganze Dörfer aus. Und unterdessen lebte man in andern Wirtschaftsgebieten in Überfluß. E s fehlte eine Organisation, Überfluß und Mangel an Gütern zwischen den einzelnen

5. Die deutsche Urzeit - S. 165

1905 - Gotha : Thienemann
— 165 — Brüderchen und Schwesterchen (Grimm 11), die sieben Raben (Grimm 25), die Rabe (Grimm 93), die sechs Schwäne (Grimm 49), Hans mein Igel (Grimm 108), der Eisenofen (Grimm 127), Schneeweißchen und Rosenrot (Grimm 161), der arme Müllerb ursche und das Kätzchen (Grimm 106). Als Versammlungsort der Hexen galten die Blocksberge (d. h. entsprechend dem urgerm. brucklaz = Brockelsberge, abgebrochene, starr und steil emporragende Felsenstücken — der Brocken und Hexentanzplatz im Harz), Hexenberge und der Hörselberg bei Eisenach. Daß der Hörselberg Versammlungsort der Hexen sei, weist auch deutlich auf den Ursprung des Hexenglaubens aus dem Seelenglauben hin (S. 156). Die männliche hexende Person hieß in Süddeutschland Bilwis, die weibliche überall Hexe. Der Name Hexe, mhd. hecse, ahd. hagzissa, hagazussa ist noch unaufgeklärt. Der erste Teil der Zusammensetzung bedeutet Hag, Wald; daher darf Hexe vielleicht als Waldweib, Walddämonin erklärt werden; und das würde in dem Märchen Hansel und Gretel (Grimm 15) seine Bestätigung finden. 6. Schicksalsfrauen. Nur manche Menschen haben die Fähigkeit, sich nach Belieben in einen Werwolf oder in ein anderes Tier zu verwandeln; nur manche Seelen können sich von ihrem Körper trennen und als Alpe oder Hexen wandern; vielen ist zu ihrem Glück folche Gabe versagt. Der Körper galt als das Gewand der Seele (S. 156), und ob die Verbindung beider nur lose oder völlig und für immer durchgedrungen sei, das sah man an als das Werk der drei Frauen (Weiber, Schwestern, Jungfrauen, Heilmtiunen, Muhmen: Ainbet, Warbet und Wilbet, von der Kirche in Süddeutschland später unter die Heiligen ausgenommen; nord. Nornen). Sie summen Zauberlieder und spinnen dabei ein Seil, womit sie dann Seele und Körper des Neugeborenen zusammenbinden. Daher leitet man aus solchem Glauben die Wendung ab: „Das ist ihm nicht an der Wiege gesungen", ferner die Sitte, daß die Paten dem Kinde ein Angebinde oder Eingebinde geben. Von der gekennzeichneten Grundlage aus erweiterte sich der Glaube leicht dahin, daß diese Frauen jedem Menschen sein Lebensschicksal überhaupt bereiten; sie wurden zu Schicksalsfrauen. Waren aber diese Frauen mit solcher Macht begabt, dann mußte der Mensch alles tun, ihre bösen Ratschläge abzuwenden, ihre guten sich zuzuwenden. So entstand der Kultus der Schicksalssrauen. Mütter, die die Geburt eines Kindes erhofften, richteten einen Tisch mit Speise und Trank zu und legten drei kleine Messer daneben, damit die drei Schwestern, wenn sie kämen, sich labten und dem Kinde Gutes brächten. Die Zahl der Schicksalsfrauen ist meist drei, seltener sieben, zwölf oder dreizehn. Vgl. das Märchen vom Dornröschen (Grimm 50). — 0.6er ganz Deutschland sind Kinderlieber von Schicksalsfranen verbreitet.

6. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 9

1906 - Gotha : Thienemann
— 9 - Ariovist (I § 5) und Lhnoöomar — Cäsar und Julian. Germanen dringen in Gallien ein: Ariovist — Chnodomar. Der neue Stallhalter und seine Aufgabe: Gallien Rom gewinnen — Cäsar. Gallien Rom erhallen — Julian. Die Germanenfürsten: Ihre Kraft und ihr stolzes Selbstbewußtsein. Kluge Ausnutzung des Zwiespaltes im römischen Reiche zwischen Cäsar und Pompejus, Konstantius und Magnentius. Nur wenige Jahre war das linke Rheinufer von den Alamannen frei; als Julian 361 Gallien verlassen hatte, kamen sie von neuem über den Strom und nahmen das Land dauernd in Besitz. Von ihnen trägt es bis heute den Namen Elsaß, d. H. der Sitz in der Fremde (vgl. Elend aus ahd. elilenti, alilanti — Fremd land). So oft die Alamannen im Südwesten vorbrachen, drangen die Franken auch über den Mittel- und Niederrhein. Kaiser Probns hatte auf seinen Feldzügen eine Anzahl Franken gefangengenommen und nach Kleinasien an das Schwarze Meer verpflanzt. Allein sie rissen hier Schiffe an sich, plünderten die Küsten von Kleinasien und Griechenland, landeten in Afrika, überfielen Syrakus, fuhren durch die Meerenge von Cadix und langten glücklich an der Küste der Nordsee wieder an; es ist wohl einer der abenteuerlichsten Züge, die die Geschichte kennt. Kaiser Konstantin der Große schlug die Franken auf verschiedenen Zügen in ihrem eigenen Lande. Er brauchte das Schreckmittel, eine Anzahl Gefangener, darunter zwei angesehene Fürsten, vermutlich weil sie den Frieden gebrochen hatten, im Zirkus zu Trier wie gemeine Verbrecher den wilden Tieren vorzuwerfen. Zweimal bereitete der erste christliche Kaiser den gebildeten Trierern das rohe Vergnügen; sie waren so entzückt darüber, daß die Blutgier der Bestien eher gesättigt wurde als ihre Schaulust. Aber ein Grauen erfaßte sie doch, cils sie sahen, wie trotzig und unverzagt die wehrlosen Germanen auch hier dem Tode entgegengingen. Zur Zeit Julians war Köln einmal zehn Monate lang in den Händen der Franken; auch Neuß, Bonn, Andernach und Bingen hatten sie eingenommen. Julian trieb sie über den Rhein Zurück und unternahm sogar einen Zug ins Innere Germaniens. Aber nach seinem Weggang begannen neue Einfälle der Franken. Die Sachsen unternahmen von der kimbrifchen Halbinsel aus durch das ganze vierte Jahrhundert Raubfahrten zur See und brandschatzten die Küsten Galliens und Britanniens. Ergebnisse. Seit der Mitte des 2. Jahrhunderts war das römische Reich auf seiner ganzen Nordgrenze von den Germanen bedroht; und Rom erlag; um 400 war die Donau- und Rheingrenze verloren.

7. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 135

1906 - Gotha : Thienemann
und der Pentapolis vertrieben werden sollen, so haben wir in jene Gegenden Schreiben gesandt, wodurch wir Euren Königlichen Willen erfüllen." Ja, Karl gab auch in kirchlichen Angelegenheiten seinen Willen kund. Erwachte Hadrian Vorstellungen über mangelhafte Sittlichkeit des römischen Klerus, über Simonie. So griff Karl unmittelbar in die politischen und kirchlichen Verhältnisse des Kirchenstaates ein und zeigte damit, daß er sich als Oberherrn desselben betrachtete. Ostern 781 war Karl in Rom und ließ seinen vierjährigen Sohn Pippin durch den Papst zum König von Italien salben; im Winter 786/7 zwang er den aufständischen Herzog von Benevent zur Anerkennung der fränkischen Oberhoheit und zur Zahlung eines jährlichen Tributes von 7000 Schillingen. 3. Der Sturz des Bahernherzogs Tasftlo 781—788. Obwohl Gegner Karls, hatte doch Herzog Tassilo von Bayern seinen Schwiegervater nicht unterstützt. Ob aus Mangel an Mut? 763 hatte er sich vom fränkischen Reiche losgesagt; 781 kam von Rom aus, wo König Karl weilte, an ihn durch eine Gesandtschaft, bestehend aus Bischöfen als Boten des Papstes und zwei Boten Karls, die Aufforderung, „daß er der früheren Eide eingedenk sei und nicht anders handle, als er einstmals dem König Pippin und dem Herrn König Karl und den Franken eidlich versprochen habe". Worum handelte es sich? Vergegenwärtigen wir uns zuvor das Land Bayern und seine Geschichte. Das Land: vou den Hängen des Fichtelgebirges bis zur Einmündung der Eisack in die Etsch, von dem Lech bis zur Enns. Die Leute: erkennbar an den Ortsnamen. Kelten: Tauren I § 3. Romanen: Regensburg, Augsburg, Passau I § 7 — Walcken — Walchensee. Bajuvaren: S. 33. Slawen an der Ost- und Südostgrenze: Pustertal, Puster von Pustrissa vom slawischen pustn = wüst; vgl. die Pusta! Unter fränkischer Oberhoheit. Christianisierung: Organisation der bayrischen Kirche durch Bonifatius. Seit zwei Jahrhunderten standen die Bayern im Grenzkamps gegen die Slawen, die nach dem Abzüge der Germanen allmählich von dem Lande bis zum Böhmerwald und Inn Besitz ergriffen hatten. Daher hatte sich das Stammesherzogtum aus der Völkerwanderung bisher erhalten; es war erblich im Geschlecht der Agilolsinger. Sie galten als die höchsten Fürsten des Landes: das vierfache Wergeld der Freien schützte die Glieder des Herzogshauses, das fünffache den Herzog selbst. Er verfügte über ein reiches Herzogsgut, mit dem er getreue geistliche und weltliche Große ausstatten konnte. Nun war Bayern ein Teil des Frankenreiches geworden; es war das einzige deutsche Land, wo eine Dynastie bestehen blieb, und

8. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 231

1906 - Gotha : Thienemann
— 231 — trat er schuldig, ging er unter, unschuldig, und dann zog man ihn schnell heraus. Hierbei scheint ein altheidnischer Volksglaube zu walten, daß das heilige Element, die reine Flut, feinen Missetäter in sich aufnehme. „Da^ mer ist so reine, da^ e^ keine bösheit mac geliden.“ Kreuz urteil. Kläger und Beklagter mußten mit anserhobenen Händen unbeweglich an einem Kreuze stehen; welcher von ihnen als der erste zu Boden sank, die Hände rührte oder niederfallen ließ, hatte verloren, und der andere siegte. Während sie standen, wurde gebetet und eine Messe gelesen. Bahrgericht fand beim Totschlag statt, wenn der Täter unentbedt, aber Verbacht gegen einen ober mehrere vorhanben war. Man ließ sie an die Bahre treten und den Leichnam berühren, im Glauben, bei Annäherung des Schulbigeu werbe er zu bluten beginnen. Unterblieb das Bluten, so hatte sich der Beargwöhnte durch sein Vortreten gereinigt. (Hagen an der Leiche Siegsriebs, Nibelungen 984—986.) Geweihter Bissen. Ein geweihter Schnitt Brot ober Käse würde dem Verdächtigen in den Munb gesteckt; konnte er ihn leicht und ohne Schaben essen, so galt er für unschulbig, für schulbig aber, wenn er ihm in dem Halse blieb und wieber herausgenommen werben mußte. Redewendungen: „Da soll mir doch gleich b er Bissen (Brot) im Halse (in der Kehle, im Munde) stecken bleiben! Ich will mir den Tod an diesem Bissen essen! Da nehme ich Gift darauf!" (Nach Jacob Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer Kapitel Viii. L. Günther, Deutsche Rechtsaltertümer in unserer heutigen Sprache.) 4. Fortschritte in der Kultur und im Gerichtswesen. Das Gerichtswesen zeigte sich auch sowohl von den Fortschritten in der äußeren als auch in der geistigen Kultur beeinflußt. Schwer war der Hausbau ehebern, leichter jetzt; darum war ehemals die Strafe für Branbftiftung der Tod, jetzt eine Sache im Werte von 60 Solibi. Karl und seine Nachfolger erklärten sich gegen die alte Gewohnheit, Gericht unter freiem Himmel zu hatten; Karl bestimmte, daß über dem Gerichtsplatz eine Bebachung errichtet werbe (Gerichtslaube), Ludwig der Fromme, daß man zwar die alten Stätten beibehalten, an ihnen aber Gerichtshäuser, zum Schutz gegen Hitze und Regen, erbauen solle. Wir beobachten, wie das öffentliche Gebänbe entsteht, und sehen baraus für künftige Geschlechter architektonische, aber auch finanzpolitische Aufgaben erwachsen. Öffentliche Gebäude am Ende des 9. Jahrhunderts: Kirchen, Gerichtshäuser. Das, was Menschenhanb in Haus und Hos, aus Acker und Flur geschaffen hat, sollte gesichert sein vor dem bösen Willen einzelner sowohl, als ganzer bewaffneter Banben. Man nannte solche größere Banben, die

9. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 261

1906 - Gotha : Thienemann
— 261 — liche Frankreich und mehr keltisches und römisches Blut als der breite Talweg des Rheins." (Ernst Hasse, Deutsche Grenzpolitik, 14.) Der Vertrag von Mersen ist das erste, der Krieg 1870/71 das vorläufig letzte Ereignis dieses Kampfes. Mit diesen Kämpfen und ihren Beziehungen zur inneren deutschen Geschichte muß der Schüler genau bekannt gemacht werden. Aber noch war das Deutsche Reich nicht da; denn die Idee, daß alle ehemals von Karl dem Großen beherrschten Länder zusammengehörten, blieb bestehen. Und sie hat sich noch einmal verwirklicht, als 884 Karl Iii. alle Länder unter seiner Herrschaft vereinigte, nicht durch seine Kraft, sondern durch den Zwang der Ereignisse; denn er war ein schwacher Mann, von Jugend auf schon, wie alle Söhne Ludwigs des Deutschen, von der Fall- sucht gequält, lieber Unterhandlungen als Taten zugeneigt, nur schwer zum Entschlüsse bereit. Und doch forderte die Zeit einen ganzen Mann; denn überall waren fremde Völker in die Grenzen des Reiches eingedrungen. Aus Italien rief der Papst gegen die Sarazenen, die von Afrika aus Sizilien und Unteritalien bedrängten: „Gewährt mir Hilfe, damit die feindlichen Nationen nicht fragen: wo ist der Kaiser?" In Böhmen und Mähren hatte Sv at opluk ein großmähnsches Reich begründet und schon 873 die Anerkennung der Unabhängigkeit desselben erzwungen; „wie ein Wolf" hauste er in den Grenzmarken. Die Slawen raubten und plünderten bis zur Weser hin. Die Länder an der Schelde und am Unterlauf der Maas, des Rheins, der Weser und Elbe wurden fortgesetzt von raubenden Normannen heimgesucht. Karl Iii. zog 882 mit einem Heere aus Langobarden, Schwaben, Franken und Bayern gegen die Normannen; er schloß sie in ihrer Feste Elsloo ein, die Normannen verzweifelten an ihrer Rettung — da schloß Karl einen Vergleich und erkaufte ihren Abzug. Er belohnte ihren Führer Gotfrid mit einigen Grafschaften nördlich von Amsterdam und zahlte ihm 2412 Pfund Gold und Silber; Gotfrid trat zum Christentum über und verpflichtete sich, daß, solange Kaiser Karl am Leben sei, seine Landsleute nicht mehr plündernd ins Reich einfallen sollten. Karl war dem Rate seines Erzkanzlers gefolgt. Im Heere aber herrschte grimme Wut. Man nannte es „ein Verbrechen, daß der Kaiser, schlechten Rates sich bedienend, denen, von welchen er Geiseln nehmen und Tribut hätte fordern sollen, gegen den Brauch seiner Vorfahren, der Frankenkönige, Tribut zu zahlen sich nicht schämte". „Das Heer aber war tief betrübt, es bedauerte, daß es einen Fürsten bekommen habe, der die Feinde begünstigte und ihnen den Sieg über die Feinde entriß; und in voller Bestürzung kehrten sie heimwärts." Die Erbitterung gegen Karl und seinen Kanzler wuchs; die Großen zwangen ihn, denselben zu entlassen. Als sich aber Karl dem Entlassenen doch wieder näherte, und als er 887 körperlich und geistig erkrankte, da kamen im November 887 die bayrischen, thüringischen, sächsischen und fränkischen Großen zusammen und erwählten Arnulf

10. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 14

1906 - Gotha : Thienemann
— 14 — Freiheit geraubt werden. Sie ahnten, was man ihnen tun wollte, und beobachteten daher mit mißtrauischem Blick alles, was geschah. Lupiciuus hatte die gotischen Fürsten Alaviv und Fridigern nach Marcianvpol zum Gastmahl geladen, gleichzeitig aber Truppen aufgestellt, um die andringenden Barbaren von der Stadt abzuhalten. Diese forderten in Frieden und Freundschaft, als römische Verbündete, Lebensrnittel einkaufen zu dürfen. Und da man es ihnen versagte, kam es zum Kampf. Dieser Zwischenfall wurde dem Lupiciuus, der an der schwelgerischen Tafel bei Musik bereits lange gesessen hatte und schon wein- und schlaftrunken war, heimlich hinterbracht. Er wollte weiterem vorbeugen und gebot, die Gefolge der beiden gotischen Fürsten, die vor seinem Hause die Schntz-und Ehrenwache hielten, zu töten. Die Goten meinten, daß ihre Fürsten ins Verderben gelockt seien, uni) mit wilden, zornigen Drohungen führten sie das Schwert. Das Mordgeschrei warnte Fridigern. Er mußte fürchten, mit seinen Begleitern als Geiseln festgehalten zu werden; rasch entschlossen fand er einen listigen Ausweg: man werde sich den größten Gefahren aussetzen, wenn man ihn nicht mit seinen Gefährten ziehen lasse, um das Volk zu besänftigen, das einzig deshalb so erregt sei, weil es glaube, seine Führer seien zu dem Gastmahl nur gelockt worden, um gemordet zu werden. Der Abzug wurde bewilligt, sie zogen hinaus, wurden mit Jubel von den Ihrigen empfangen, setzten sich zu Pferde, waren auf und davon und trugen nun den Kriegsbrand durchs ganze Land. (Nach Ammianus.) Fridigern, bis jetzt der Freund der Römer, mußte nun für sein Volk handeln und sorgen. Er schlug Lupiciuus und belagerte ihn in Marcianopel. Die Barbaren, die im römischen Heere standen ober auf römischen Gütern als Sklaven arbeiteten, strömten ihm zu. Fridigern war der Gebieter Thraziens und der Länder bis nördlich zur Donau. Am miau vergleicht, die Westgoten mit den Cimbern und Teutonen, Lnpicinus mit Marius. Dieser Vergleich zeigt uns die sinkende Macht Roms. Ranke Iv 1, 157: „Wie oft waren seit der Begegnung Julius Cäsars mit den Usipetern und Tenktereru (I § 5) germanische Völker dadurch in Nachteil geraten, daß sich die Römer an ihren Oberhäuptern vergriffen!" Ranke Iv 1, 158: „Als Verbündete waren die Goten herübergekommen; aber bei dem ersten Zerwürfnis, das sich hätte voraussehen lassen, verwandelten sie sich in Feinde." Kaiser Valens befand sich damals in Antiochien, damit beschäftigt, feine Ansprüche gegen die Perser durchzuführen. Er eilte jetzt herbei, seinem Lande den Frieden wiederzugeben. Fridigern bezeichnete die Abtretung Thraziens mit allem Vieh und allen Feldfrüchten als Preis des Friedens. Valens verwarf ihn. Bei Adrianopel verlor er 378 Sieg und Leben. Zwei Drittel des römischen Heeres sielen. Ranke Iv 1, 164—165: „Die beiden Niederlagen, welche die Römer unter Julian (368 am Tigris gegen die Perser) und unter Valens erlitten
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