125. Peter der Große von Rußland. 275
süchtig und hoffte Peter noch einmal ganz aus dem Wege zu räumen, um im Narneu des blöden Iwan für immer die Herrschaft zu führen. Dabei rechnete sie auf den Beistand der Strelitzen; so hieß die ans vornehmen Russen bestehende kaiserliche Leibwache, welche damals in Rußland den größten Einfluß befaß. Als Peter zwölf Jahre alt war, kam es zu einem Aufstande der Strelitzen, und Peter mußte mit feiner Mutter nach einem festen Kloster bei Moskau flüchten. Die Strelitzen aber erstürmten das Kloster und fanden den Gefuchten am Altar. Vergebens schlang feine Mutter schützend die Arme um ihn; schon zückte ein roher Strelitze den Dolch gegen den Kaiferknaben. „Halt, Bruder!" rief da ein anderer, „nicht hier am Altare; er entgeht uns ja nicht." Dies war Peters Rettung; denn in demselben Augenblicke sprengten kaiserliche Reiter herbei, welche die Rebellen vertrieben.
3. Peter als Jüngling. Alleinherrschaft (1682). Sophie gab nun vor, Peter sei am Hofe nicht sicher, und wies ihm ein Dorf (Preobafchenskoe) bei Moskau als Aufenthaltsort an. Hier wuchs Peter zu einem kräftigen, feurigen Jünglinge voll Wißbegierde und Thatendurst heran. Sein bester Freund wurde Lefort (fpr. Lefohr), ein Kaufmanns* fohn ans Genf, welcher nach vielen Reifen und Abenteuern nach Rußland verschlagen war. Dieser erzählte Peter viel von den westlichen Völkern, ihren Heeren und Flotten, Künsten und Wissenschaften. Peter konnte nicht müde werden zu hören und bekam eine mächtige Sehnsucht, all die Wunderdinge selbst zu schauen und dann auch fein eigenes Volk aus der Barbarei herauszuarbeiten. Einstweilen bildete er sich aus den Dorf-bnrfchen eine Schar von Kriegern, die er Potefchni, d. H. Kameraden, nannte und die Lefort auf europäische Weise einexerzieren mußte. Peter selbst diente anfangs als Gemeiner unter ihnen. Sophie hielt das für eine harmlose Spielerei und ließ ihn zufrieden. Als aber Peter die Zahl feiner Potefchni beständig vermehrte und auch gegen sie einen entschiedenen Ton annahm, reizte sie wieder die Strelitzen gegen ihn auf, damit sie ihn töteten. Doch die treuen Potefchni schützten ihn, und auch viele andere Russen traten auf feine Seite. So endete denn die Sache sehr ungünstig für die böse Stiefschwester; Peter zwang sie, in ein Nonnenkloster zu gehen, wo sie streng bewacht wurde. Nun war Peter Alleinherrscher; denn wenn auch sein blöder Bruder Iwan noch eine Zeitlang lebte, so begnügte er sich doch gern mit dem bloßen Titel eines Zaren.
4. Hebung der russischen Macht. Peter war jetzt 17 Jahre alt, ein Jüngling voll Kraft und Feuer. Neben feinen reichen Gaben befaß er aber auch große Fehler. Sein Jähzorn war schrecklich; auch dem Branntweintrinken war er stark ergeben, überhaupt ist er selbst nie ganz aus dem Barbarentum herausgekommen, aus welchem er feine Russen so gern erlösen wollte. — Seine nächste Sorge war darauf gerichtet, sich ein tüchtiges Heer zu bilden, wozu er in den Potefchni schon den Grund gelegt hatte. Noch brennender war fein Verlangen, Rußland zu einer Seemacht zu erheben. Dazu bedurfte es vor allen Dingen guter Häfen. Rußland besaß damals aber nur Archangel am Weißen Meere, und was nützte dieser Hafen viel, der den größten Teil des Jahres zugefroren war!
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130. Das Ordensland Preußen. Kurfürst Johann Sigismund. 285
sind. Sie haben fast alle in Segen regiert und zum Teil wegen ihrer Kraft und Weisheit die ehrenvollsten Beinamen (Achilles, Cicero, Nestor, Hektor) erhalten. Der fünfte Kurfürst, welcher zur Zeit der Reformation lebte, hieß Joachim I. Unter ihm erwachte die Raublust des Adels von neuem. Da er nun den Raubrittern streng entgegentrat, drohten diese: „Jochimke, Jochimke, hüte dt); fangen wy dy, so hangen tot) dy!" Er ließ sich jedoch nicht einschüchtern, sondern griff und erhängte sie ohne Erbarmen. Als man ihm vorwarf, daß er des adeligen Blutes so wenig schone, sprach er: „Ich habe kein adeliges Blut vergossen, sondern nur
Schelme, Räuber und Mörder hinrichten lassen. Wären diese redliche Edelleute gewesen, so würden sie keine Verbrechen begangen haben." Von Luthers Lehre wollte Kurfürst Joachim nichts wissen, und als er erfuhr, daß seine eigene Gemahlin Elisabeth derselben auhiug, mußte sie vor seinem Zorne nach Sachsen entfliehen, wo ihr Bruder, Johann der Beständige, ihr ein Schloß anwies. Sein Sohn aber, Joachim Ii., trat zur lutherischen Kirche über und führte die Reformation in Brandenburg ein (1539).
130. Das Ordensland prenßen. Kurfürst Johann Sigismund (1608—1619).
1. Die allen Preußen. Die alten Preußen wohnten an der Ostsee, zwischen der Weichsel und der Memel, in denselben Gegenden, aus welchen einst die alten Phönicier den Bernstein bezogen. Sie waren litauischen Stammes, schlank und stark, blau von Augen und blond von Haar. Mit unglaublicher Zähigkeit hielten sie am Heidentum fest. Die germanischen und romanischen Völker machten längst Kreuzzüge nach dem Heiligen Lande, da opferten sie noch ihren finstern Götzen; zugleich überfielen sie oftmals ihre christlichen Nachbarn. zerstörten die Kirchen, plünderten die Ortschaften und führten ganze Scharen Gefangener mit sich fort.
2. Preußen von den Deutschriltern erobert (1227—1283).
Endlich, zur Zeit Kaiser Friedrichs Ii., rief man den Deuts chritterorden in Palästina gegen die wilden Preußen zum Kampfe auf. Der Kaiser versprach dem Orden das ganze Land zum Besitz, wenn er es erobern und bekehren werde. Da die Behauptung des Heiligen Landes für die Christen immer schwieriger wurde, ging der Orden gern auf den Ruf ein und sandte den tapfern Hermann Balk mit vielen Rittern und Reisigen ins Preußenland (1227). Nun begann ein furchtbares Ringen, in welchem die Deutsch-ritter von vielen Kreuzfahrern unterstützt wurden. Denn der Papst hatte affen, welche gegen diese wilden Heiden das Schwert ziehen würden, vollkommenen Ablaß verheißen, so gut wie denen, welche für das heilige Grab stritten. Schlacht folgte auf Schlacht; das Blut floß in Strömen; erst nach mehr als öojährigem Kriege erlagen die tapfern Preußen. Im Jahre 1283 war die Eroberung des Landes beendet und der Sieg
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Extrahierte Personennamen: Johann_Sigismund Johann Achilles Cicero Luthers Joachim Elisabeth Johann Joachim_Ii Johann_Sigismund_( Johann Friedrichs Hermann_Balk
286 131. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst.
des Christentums entschieden. Der Ordensmeister nahm seinen Sitz in der an der Nogat erbauten prächtigen Marienburg und beherrschte von da die bezwungenen Stämme. Allmählich heilten die dem Lande geschlagenen Wunden; deutsche Sprache und christlich-deutsche Sitte drangen durch ; Ackerbau, Haudel und Gewerbe blühten auf; kurz, eine lichtere, glücklichere Zeit brach sür die besiegten Laude au.
3. Preußen polnisches Lehen (1466). Nach hundertjähriger Blüte ergab sich leider der Orden der Üppigkeit; er geriet nun in Verfall und war nicht mehr imstande, das Erworbene zu behaupten. Westpreußen ging an Polen verloren, und wenn auch Ostpreußen als Ordensland fortbestand, so mußte es doch die polnische Oberhoheit anerkennen. Weinend verließ der Ordensmeister die herrliche Marienburg, um hinfort als polnischer Vasall in Königsberg zu residieren.
4. Preußen weltliches Herzogtum (1525). Zu Luthers Zeit regierte in dem Ordenslande Preußen der Ordensmeister Albrecht von Brandenburg, ein Vetter des Kurfürsten von Brandenburg. Dieser Albrecht trat zur lutherischen Kirche über; zugleich hob er auf Luthers Rat den Orden auf und erklärte Preußen für ein weltliches Herzogtum.
5. Preußen mit Brandenburg vereinigt (1618). Im Jahre 1618 starben die Herzöge von Preußen aus, und nun fiel das Land — freilich nur als polnisches Lehen — dem Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg als Erbe zu.
6. Kurfürst Johann Sigismund (1608—1619). Johann Sigismund also war es, der, anfangs nur Kurfürst von Brandenburg, im Jahre 1618 auch Herzog von Preußen wurde. Durch diese fo wichtige Vereinigung Preußens mit Brandenburg, aus welchen zwei Ländern das heutige Königreich Preußen erwachsen, ist seine Regierung von der höchsten Bedeutung. Sie ist aber auch noch in anderer Hinsicht wichtig: Johann Sigismund hat auch den Grund zu den westdeutschen Besitzungen Preußens gelegt. Er gewann nämlich durch Erbschaft und Vertrag das Herzogtum Kleve am Niederrhein (Städte: Kleve, Wesel) nebst der Grafschaft Mark an der Ruhr (Soest, Altena) und der Grafschaft Ravensberg zwischen Weser und Teutoburger Wald (Bielefeld, Herford). Einstweilen war Preußen freilich ein wunderlicher Staat; denn er bestand aus drei Teilen (Kleve-Mark-Ravensberg — Brandenburg — Preußen), die nicht bloß räumlich ganz getrennt, fondern auch in Bezug auf Gesetze und Verfassung so verschieden waren, daß nur die Person des Herrschers sie einte. — Die Liebe seiner lutherischen Unterthanen verscherzte Johann Sigismund dadurch gänzlich, daß er von der lutherischen zur reformierten Kirche übertrat (1613).
131. Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst (mo-iess).
1 Jugend. Friedrich Wilhelm, den die Geschichte den großen Kurfürsten nennt, .verbrachte zu seiner Ausbildung einige Jugendjahre im Haag, der Residenz Hollands. Bewundernd schaute er die Macht und
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Albrecht Johann_Sigismund_von_Brandenburg Johann Johann Johann_Sigismund Johann Johann Johann_Sigismund Johann Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
276 125. Peter der Große von Rußland.
An ein anderes Meer erstreckte sich Rußland damals gar nicht; denn in Finnland und in den Ostseeprovinzen saßen die Schweden, am Schwarzen Meer die Türken. „Das muß anders werden!" dachte Peter, und da er sich an die Schweden nicht wagte, griff er die Türken an und entriß ihnen glücklich die Festung Asow an der Mündung des Don. Nun konnten feine Schiffe das Schwarze Meer befahren. Triumphierend kehrte er nach feiner Hauptstadt Moskau zurück.
5. Verschwörung der Sirelitzen (1697). Viele Russen waren mit den von Peter eingeführten Neuerungen unzufrieden; vor allem zürnten die Strelitzen, daß er die Potefchni ihnen vorzog. Als nun eines Abends Peter bei feinem Liebling Lefort in großer Gesellschaft war, ließen ihn zwei Strelitzen herausrufen. Sie entdeckten ihm, daß Ver-fchworne ihm noch in derselben Nacht das Leben nehmen wollten. Man wolle einige Häuser anzünden und den Zaren, der bei jedem Brande fofort nach der Unglücksstätte eilte, im Gedränge ermorden. Jetzt feien die Ver-fchwornen im Hanse des Staatsrats Sokownin versammelt. Sie selber gehörten zu ihnen und hätten also den Tod verdient; ihr Gewissen habe sie aber hergetrieben, ihm alles zu bekennen. Peter ließ die beiden unter Zuficherung feiner Verzeihung verwahren und übersandte sogleich einem Hauptmann der Garde den schriftlichen Befehl, gegen elf Uhr Sokownins Hans zu umzingeln und alle darin Versammelten gefangenzunehmen. Dann kehrte er ruhig zu der Gesellschaft zurück.
Um zehn Uhr fetzte sich Peter in feilten Wagen und fuhr nach Sokownins Wohnung, wo er halb elf ankam. Er wunderte sich, keinen einzigen Soldaten zu erblicken; denn er meinte, er habe den Hauptmann auf zehn Uhr bestellt. Trotzdem ging er ins Haus und trat unerschrocken in das Zimmer, wo die Berfchwornen bei einander faßen. Sie sprangen bestürzt auf; Peter aber rief ihnen ganz unbefangen zu: „Lassen Sie
Sich nicht stören, meine Herren; ich sah im Vorbeifahren das helle Licht, vermutete eine fröhliche Gesellschaft und bin eingetreten, um ein Gläschen mit Ihnen zu trinken." Da dachten sie, er wisse nichts, und tranken auf feine Gesundheit. Als die Uhr elf schlägt, flüstert ein Strelitze dem Sokownin zu: „Nun ist es Zeit, Bruder!" „Noch nicht", erwidert dieser leise. „Für mich aber ist es Zeit, Schurke!" ruft Peter mit Donnerstimme , indem er ihn mit der Faust zu Boden schlägt. „Wache herein! Bindet die Hunde!" In demselben Augenblicke tritt der Hauptmann mit Soldaten ein und nimmt die Verfchwornen gefangen. Peter aber geht voll Zorn auf den Hauptmann zu und schlägt ihn ins Gesicht, weil er eilte Stunde zu spät gekommen fei. Als der Beschimpfte aber den schriftlichen Befehl mit der Stunde elf vorzeigt, erkennt er feinen Irrtum, küßt ihn auf die Stirn und erklärt ihn für einen braven Offizier. Darauf fährt er wieder nach Lefort zurück und erzählt der staunenden Gesellschaft fein Abenteuer. Von den Verfchwornen wurden die Rädelsführer hingerichtet, die übrigen nach Sibirien verbannt.
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Extrahierte Personennamen: Peter Peter Peter Hans Peter Peter
127. Karl Xii. von Schweden. Der Nordische Krieg. 279
mußten, da sie weder Schubkarren noch Spaten hatten, die Erde in Säcken und Matten zusammentragen. Viele starben infolge der Anstrengungen und der ungesunden Luft; aber frische Kräfte traten an ihre Stelle. Als die Festungswerke fertig waren, baute man Häuser, aber nur hölzerne. Nach zwei Jahren konnte die Stadt bewohnt werden. Nun mußten aus des Zaren Befehl Handwerker, Kaufleute und Künstler aus allen Teilen des Reichs mit ihren Familien kommen, um sich in der neuen Stadt niederzulassen. Auch die meisten Arbeiter blieben dort wohnen. Vielen Adeligen befahl Peter, den Winter in der neuen Residenz zuzubringen; aus den Nachbarländern, besonders Deutschland, zogen Fremde herzu, und so wurde Petersburg zum Erstaunen aller bald eine der schönsten und volkreichsten Städte der Erde.
Was half aber dem Zaren fein unsäglich mühsames Werk, wenn jetzt Karl Xii. aus Polen zurückkam und alles wieder vernichtete! Wirklich kam Karl drohend herangezogen; aber es gelang Peter, den durch mancherlei Mißgeschick erschöpften Gegner (bei Pnltawa, östlich vom mittleren Dnjepr) gänzlich zu schlagen. Nun erst konnte er sich seiner Eroberungen an der Ostsee recht freuen. Schweden mußte ihm am Ende des Krieges (1721) Livland, Esthland und Jngermanland abtreten. Am Tage des Friedensfestes nahm er den Kaisertitel an; auch wurde ihm der Beiname „der Große" gegeben.
6. Peters Ende (1725). Wohl mochte Peter stolz sein, daß ihm Großes gelungen war; dennoch fehlte ihm viel, um glücklich zu sein. Seine acht Kinder starben bis auf zwei Töchter vor ihm; fein ältester Sohn Alexei endete gar im Gefängnis, in welches er ihn feiner Widersetzlichkeit wegen hatte werfen lassen. Auch quälte ihn der Gedanke, daß nach seinem Tode feine ihm so teuren Schöpfungen wieder zu Grunde gehen möchten. Als er 53 Jahre alt war, ging er einst, um ein gestrandetes Schiss retten zu helfen, tief ins Wasser; dadurch zog er sich eine Erkältung zu, die ihm den Tod brachte. Sein Reich erbte feine zweite Gemahlin Katharina, eine Frau, welche einer Bauernfamilie entstammte und früher eines schwedischen Dragoners Weib gewesen war, die aber auch eine Kaiserkrone gar wohl zu tragen wußte.
127. Karl Xii. von Schweden. Der Nordische Krieg
(1700—1721).
1 föttl Xii. Karl Xii. von Schweden war einer der größten Helden, welche die Welt gesehen hat; dennoch ist unter ihm sein Land von der Höhe herabgestürzt, zu welcher es Gustav Adolf erhoben hatte. Als Karl den Thron bestieg, gehorchten dem schwedischen Zepter auch Finnland, die Ostseeprovinzen Jngermanland, Esthland und Livland, Vorpommern und die Herzogtümer Bremen und Verden (der heutige Regierungsbezirk Stade); dazu war Holstein, wo Karls Schwager regierte, eng mit Schweden verbunden. Karl war erst 15 Jahre alt, als er die Krone erbte. Von seiner Mutter fromm erzogen, unterschied er sich durch Sittenreinheit vorteilhaft von Peter von Rußland, der ein arger Trinker und
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127. Karl Xii. von Schweden. Der Nordische Krieg. 281
Er ließ sich von dem Kosakenhetmann Mazeppa, der sich von der russischen Oberhoheit freimachen wollte, verleiten, nach Süden in die unwirtbaren Steppen der Ukraine abzulenken. Dort wollte Mazeppa ihm 30000 Kosaken und Lebensmittel in Fülle zuführen. Aber in den ungeheuren Wäldern und. Morasten der Ukraine schmolz das schwedische Heer durch Kälte und Nässe, Hunger und Krankheit furchtbar zusammen; dazu konnte Mazeppa sein Wort nicht halten. Zurück aber wollte der eisenköpfige Karl auf keinen Fall. Mit Mühe und Not erreichte er Pultawa (östlich vom mittleren Dnjepr), ohne jedoch diese Feste einnehmen zu können. Und nun griff der Zar Peter die erschöpften und verzagenden Schweden mit großer Übermacht an. Da wurde Karl so vollständig geschlagen, daß er fast fern ganzes Heer einbüßte. Kaum rettete er sich mit einem Reste von 1500 Mann über die Grenze nach der Türkei.
6. Km'l Xii. in bei' Türkei. Die Türken nahmen den berühmten Helden wohl auf. Es gelang Karl sogar, sie zum Kriege gegen Rußland zu reizen; doch schlossen sie bald wieder Frieden. Nachdem der Sultan Karl samt seinen Begleitern mehrere Jahre großmütig ernährt hatte, gab er ihm zu verstehen, daß es ihm lieb sein würde, wenn er abreise. Doch Karl will so, besiegt und
ohne Heer, nicht nach Schweden zurück. Zuletzt reißt des Sultans Geduld,
und er läßt einen Pascha mit Janitscharen und Kanonen gegen Karls Lager (bei Bender am untern Dnjestr) rücken. Karl trotzt mit seiner Schar allen Angriffen und tötet eine Menge Türken. Endlich beginnt sein Hans zu brennen; er will sich nach einem andern Hanse durchschlagen, verwickelt sich aber mit seinen Sporen und stürzt zu Boden. Nun wird er mit Mühe überwältigt. Die „Löwenjagd" nannten die Türken diesen Kampf. Auch jetzt wollte Karl uoch durchaus nicht fort. Er wurde aber plötzlich anderen Sinnes, als er vernahm, daß die Schweden, des Harrens müde, einen andern König wählen wollten. Nun verließ er in höchster Eile die Türkei, wo er fünf Jahre nutzlos zugebracht hatte.
7. Ende Karls und des Nordischen Krieges. In einer Novembernacht des Jahres 1714 kam Karl, nachdem er Tag und Nacht wie im Fluge fortgeritten
war, in Stralsund an, welches damals noch den Schweden gehörte. Die Füße waren ihm vom Reiten so geschwollen, daß man die Stiefel herunterschneiden mußte. Seine treuen. Schweden jubelten; aber seine Sachen standen traurig. Peter hatte Finnland und die Ostseeprovinzen erobert; August saß wieder in Polen; der Düne hatte mehreres geraubt, und zu dem allen hatte auch noch Hannover die Herzogtümer Bremen und Verden in Besitz genommen und Preußen die Hand auf Pommeru gelegt. Das alles mußte Karl, dessen Land ganz erschöpft und verarmt war, fahren lassen. Er gedachte dafür wenigstens den Dänen Norwegen zu entreißen; aber durch die grimmige Winterkälte wurde sein Heer zum größten Teil hingerafft, und er selber fand bei der Belagerung der norwegischen Feste Friedrichshall (südlich von Christiania) in den Laufgräben seinen Tod (1718). Man weiß nicht gewiß, ob es die Kugel eines Feindes oder eines Meuchelmörders war, die ihn durchbohrte. So endete dieser Held in der Blüte seines Lebens, erst 36 Jahre alt. Er hatte eigentlich nie regiert, sondern stets zu Felde gelegen. Er besaß bewunderungswürdige Tugenden; aber sein unbeugsamer Starrsinn verdarb alles. Das unglückliche Schweden mußte den Frieden mit schweren Opfern erkaufen, besonders von Rußland (Frieden zu Nystädt ait der Südwestküste Finnlands, 1721), und verschwand hinfort aus der Reihe der großen Mächte.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Kosakenhetmann_Mazeppa Mazeppa Karl Karl Peter Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karls Bender Karl Karl Karl Karls Karl Karl August Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Schweden Karls Schweden Karls Stralsund Schweden Finnland Polen Norwegen Christiania Schweden Finnlands
300 136. Ende des Siebenjährigen Krieges. Erwerbung Westpreußens.
Er hatte ohne Wissen des Königs noch am späten Abend die Höhen erstürmt und den Feind zum Rückzüge genötigt. „Bursche", rief er den Soldaten zu, „unser König hat die Schlacht gewonnen; es lebe unser großer König!" „Unser König Fritz soll leben!" riesen die Braven, „aber Vater Ziethen, unser Husarenkönig, auch!" Friedrich umarmte tiefbewegt den treuen Ziethen, der vor Freude schluchzte. Dieser Sieg kostete Friedrich 20000 Mann; aber er rettete ihn noch einmal.
3. Die letzten drei Kriegsjahre; Friede. Trotz der Siege bei Liegnitz und Torgau, die Friedrich im Jahre 1760 noch wieder erfocht, drohte ihm feine Bedrängnis doch über dem Kopse zusammenzuschlagen. Seine alten bewährten Krieger lagen größtenteils aus den Schlachtfeldern begraben; wie sollte er die Lücken immer wieder füllen, zumal feine Kaffe leer, fein Land gänzlich erschöpft war? In der düstersten Stimmung suchte er manchmal nachts bei dem frommen Ziethen Trost. Dieser verwies ihn auf des allmächtigen Gottes Beistand. Aber Friedrich befaß Ziethens Glauben nicht; feilt leidiger Trost war: „Im schlimmsten Falle hast du Gift bei dir!" Da trat im Anfange des Jahres 1762 unerwartet eine günstige Wendung für ihn ein: feine erbitterte Feindin Elisabeth von Rußland starb. Rußland trat infolgedessen vom Kriege zurück und mit Rußland auch Schweden. Nun wollte sich auch Frankreich nicht länger für Österreich aufopfern, und so sah sich Maria Theresia fast von allen Bundesgenossen verlassen. Daß sie aber allein Friedrich nicht besiegen könne, wußte sie wohl; deshalb bequemte sie sich zum Frieden. Derselbe wurde auf dem sächsischen Lustfchloffe Hubertsburg (in der Mitte zwischen Leipzig und Meißen) abgeschlossen. Friedrich behielt Schlesien! So glänzend ging Preußen aus dem furchtbaren Siebenjährigen Kriege hervor.
4. Erwerb Weschreuszens (1772). Im Jahre 1772 fügte Friedrich ohne Schwertstreich feinem Staate ein Stück Land hinzu, welches an Größe Schlesien fast gleichkam. Es war das bis dahin zu Polen gehörige Westpreußen. Das damalige Königreich Polen war größer als das heutige deutsche Reich, aber ein unglückliches und zerrissenes Land. Dort herrschten übermütige Adelige über arme, elende Bauern, deren Los vor demjenigen von Sklaven wenig voraus hatte. Fleißige, tüchtige Bürger gab's nicht, und der König war machtlos. Nach der unglückseligen Verfassung des Landes konnte ein einziger Adeliger durch feinen Widerspruch das Zustandekommen der nötigsten und heilsamsten Gesetze verhindern, und auf den Reichstagen ging es so kraus und bunt zu, daß man von einer tollen Wirtschaft sprichwörtlich sagte: „Da geht es her wie auf dem politischen
Reichstage!" Polen schien in der That unfähig, sich selber zu regieren. Friedrich erfuhr nun, daß Rußlands Kaiserin, Katharina Ii., Lust habe, ihre Hand nach diesem Lande auszustrecken. Was that er da? Er beschloß, auch zuzulangen, und verständigte sich zu dem Ende mit Katharina. Beide forderten Maria Theresia auf, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen. Diese scheute sich zwar vor dem Unrecht, willigte aber schließlich widerstrebend ein. So kam es im Jahre 1772 zur ersten Teilung Polens, wobei Friedrich Weftpreußen und den Netzedistrikt, doch ohne Danzig und Thorn, bekam. Diese Erwerbung war besonders des-
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Extrahierte Ortsnamen: Königsberg Berlin Amsterdam Holland England London Dresden Wien Italien Rnßlanb Moskau
278 126. Peter der Große von Rußland (Schluß).
gezogen hatte. Das Corps der Strelitzen hob er ganz auf. Für die Hauptschuldige hielt er seine Schwester Sophie; er hätte sie mit dem Schwerte durchbohrt, wenn nicht ein Kammermädchen sich mit dem Rufe: „Halt, es ist deine Schwester!" dazwischengeworfen hätte. Nachher dankte Peter der mutigen Dienerin, daß sie ihn vor Blutschuld bewahrt habe. Er bestrafte Sophie, indem er 150 Schuldige vor ihren Fenstern erhängen ließ. Einem derselben wurde ein Schreiben in die Hand gegeben, worin Sophie gebeten wurde, den Thron zu besteigen, und den Arm dieses Gerichteten ließ man mit jenem Schreiben in Sophiens Gemach hineinhängen, bis er verfault war.
3. Menschikow. Im folgenden Jahre starb zu Peters großer Betrübnis sein treuer L e s o r t. Nun wurde Menschikow sein Liebling. Dieser Mann war eines armen Bauern Sohn und hatte früher als Bäckerjunge auf den Straßen Moskaus warme Pasteten verkauft. Lefort hatte durch Zufall seine ausgezeichneten Gaben erkannt, und Peter hatte ihn für den Staatsdienst ausbilden lassen. Der Bäckerjunge wurde mit der Zeit Fürst und erster Minister; der Fürst aber ist als ein armer Verbannter in Sibirien gestorben. Doch geschah letzteres nicht unter Peter, dem Menschikow vielmehr stets ein lieber Freund und eine treue Stütze bei seinen Bestrebungen geblieben ist.
4. Peters Sorge für Bildung. Um sein Volk gesitteter zu machen, gründete Peter eine Anzahl Schulen und Buchdruckereien und ließ die besten Werke des Auslandes ins Russische übersetzen. Vor allem zog er möglichst viele gebildete Fremde ins Land, damit sein Volk von ihnen lerne, und ermunterte auch seine Vornehmen, zu ihrer Bildung ins Ausland zu reisen. Auch im Äußern wünschte er die Russen den Westeuropäern ähnlich zu sehen; darum verbot er die fast bis auf die Erde reichenden Röcke und die langen Bärte, welche in Rußland hergebracht waren, und ließ an den Stadtthoren deutsche und holländische Kleidung als Muster aufhängen. Wer sich nicht daran kehrte, mußte, so oft er durchs Thor kam, eine Abgabe entrichten, oder niederknieen und sich das Gewand dicht über der Erde abschneiden lassen. Das Tragen langer Bärte blieb den Geistlichen gestattet, andern aber nur gegen eine hohe Steuer.
5. Krieg mit Karl Xii.; Gründung Petersburgs (i703). Längst hatte Peter verlangend nach dem Finnischen Meerbusen geschaut. Um sein Reich bis an denselben auszudehnen, erklärte er im Jahre 1700 im Bunde mit noch andern Fürsten Schweden den Krieg. Freilich schlug ihn der junge Schwedenkönig Karl Xii. (bei Narwa ant Finnischen Meerbusen) furchtbar aufs Haupt; aber er gab dennoch seinen Plan nicht auf. Während Karl Xii. gegen Polen kriegte, eroberte er Jngermanland und beschloß, nahe dem Einflüsse der Newa in den Finnischen Meerbusen eine neue Residenz zu bauen, die zu Ehren des Apostels Petrus St. Petersburg heißen sollte. Im Jahre 1703 wurde der Grund zu dieser Stadt gelegt. Es war ein ungeheures Werk, welches Peter unternommen hatte; denn der Boden war so morastig, daß er erst durch aufgetragene Erde befestigt und erhöht werden mußte. Auf 200 Meilen weit wurden die Leibeigenen zu dieser Arbeit zusammengetrieben. Sie kamen in Bettlerlumpen und
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Extrahierte Personennamen: Peter Menschikow Peters Peter Peter Peters Peter Karl_Xii Karl Peter Karl_Xii Karl Karl_Xii Karl Apostels Petrus Peter
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127. Karl Xii. von Schweden. Der Nordische Krieg.
Wüstling war. Auch hatte er sich einen tüchtigen Schatz von Kenntnissen erworben. Sein eisenfester Körper konnte alle Strapazen ertragen; aber noch eiserner war der Wille dieses jugendlichen Königs. Weil er indes mehr in sich gekehrt war, ahnte anfangs niemand den Heldengeist, der in ihm steckte.
2. Ausbruch des Nordischen Krieges; Sieg über die Dänen (1700).
Damals brannte Peter der Große vor Begierde, sein Reich bis an die Ostsee zu erweitern. Als er nun Schweden von einem Knaben regiert sah, hielt er die Gelegenheit für günstig. Um es noch leichter zu haben, verbündete er sich mit August Ii. von Polen und Friedrich Iv. von Dänemark. Er selbst wollte Jngermanland haben, der Pole Esthland und Livland und der Däne Holstein. So kam es zu dem 21jährigen Kriege, welcher der Nordische genannt wird. In Karl Xii. erwachte in der Stunde der Gefahr der schlafende Löwe. Wie ein Wetter kam er zunächst über den Sund gefahren und jagte dem Dänenkönige einen solchen Schrecken ein, daß er rasch zu Kreuze kroch.
3. Schlltcht bei Nctt'hju (1700). Nun wandte sich Karl gegen die Russen und griff bei N a r w a (an der Südküste des Finnischen Meerbusens) kühn ihr fünfmal so starkes Heer an. Ein Vorteil für ihn war's, daß die Russen Wind und Schneegestöber gegen sich hatten. In der Schlacht wird dem jungen Helden das Pferd unter dem Leibe erschossen; er springt auf ein anderes, indem er scherzt: „Man will mich wohl im Reiten üben!" Das zweite Pferd und ein Stiefel bleiben im Sumpfe stecken; da jagt er auf einem dritten und im Strumpfe weiter. In drei Stunden war der glänzendste Sieg erfochten, welcher ihm die Bewunderung von ganz Europa erwarb. Als Peter vernahm, daß er von dem bartlosen Jüngling so schmählich besiegt sei, errötete er; doch faßte er sich schnell und sagte: „Ich weiß wohl, die Schweden werden uns noch oft schlagen; aber endlich werden sie uns auch siegen lehren."
4. Sieg Über §tuguft Ii Hieraus kehrte sich Karl gegen den dritten Feind, August Ii. Diesen haßte er am meisten. August Ii. oder der Starke war ein Riese an Größe und Kraft; er konnte Hufeisen und harte Thaler mit den Händen zerbrechen und einen Stier an den Hörnern zu Boden reißen. Daneben war er ein höchst liederlicher Mensch und ein Verschwender ohnegleichen. Anfangs war er nur Kurfürst von Sachsen gewesen; als aber der wackere Sobiesky gestorben war, hatte er sich auch um die polnische Krone beworben. „Dann mußt du aber deinen Glauben abschwören und katholisch werden!" hieß es. Das hatte der Mann ohne Besinnen gethan und war nun wirklich König von Polen geworden. Jetzt kam der Schwedenkönig und vertrieb ihn aus seinem neuen Königreiche; dann drang er sogar in Sachsen ein. August geriet so in die Enge, daß er, um Frieden zu bekommen, nicht bloß auf alle Eroberungen, sondern auch auf sein Königreich Polen verzichtete. Während Karl in Sachsen war, besuchte er auch das Schlachtfeld von Lützen und besah tiefgerührt die Stätte, wo sein großer Vorfahr Gustav Adolf gefallen war.
5. Schlacht bei (1709). Karl verweilte in Polen und
Sachsen viel zu lange; erst 1708 nahm er den Kampf gegen den Zaren wieder auf. Dieser hatte inzwischen Jngermanland erobert und dort — als könne ihm niemand seinen Raub wieder entreißen — die neue Residenz St. Petersburg erbaut. Karl marschierte geradeswegs auf Moskau. Als er bis Smolensk gekommen war, ging er auf einen abenteuerlichen Plan ein, der ihn ins Verderben brachte.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Peter_der_Große August Friedrich_Iv Friedrich Karl Karl Karl Peter Karl Karl August August August Karl Karl Gustav_Adolf Gustav Adolf Karl Karl Karl Karl