— 177 —
fuhrartikel sind: Seide und Seidenwaren, Thee, Reis, Kampfer,
Kupfer, Porzellan, Lack- und Papierware!?.
Japan zählt auf einem Flächenraum von 417 000 qkm 45 Mil
lionen E., ist also dichter bevölkert als das Deutsche Reich. — Die
Japaner (Bild 58) sind -— im Gegensatze zu den stammverwandten
Chinesen — dem europäischen Einflüsse leicht zugänglich, sehr gut
begabt und ungemein strebsam, die Errungenschaften der christlichen
Bild 58. Heiden in Japan bei einer religiösen Feier.
Civilisation sich anzueignen. Darum haben sich in Japan so schnell
wie in keinem andern asiatischen Staate europäische Sitten und Ein-
richtungen eingebürgert. Eisenbahnen und Telegraphen durchziehen
das Land; überall erstehen Fabriken; die Staatsverfassung und
Verwaltung, das Heer- und Unterrichtswesen sind nach europäischem
Muster eingerichtet. In ihrem Wesen freundlich und zuvorkommend,
doch mit Würde und Selbstbewußtsein, können die Japaner durch ein
ausgesprochenes Gefühl für Anstand und Schicklichkeit manchem
Europäer zuin Vorbild dienen.
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— 203
Portugal besitzt einen Teil von Senegambien sowie Angola,
das große Gebiet südlich der Kongomündung.
Der uuter der Souveränität des Königs der Belgier stehende
Kongo st aat (auf 2 250 000 qkm und 14 Mill. E. geschätzt)
reicht nur mit einem schmalen Streifen bis an die Mündung des
Kongo, breitet sich aber in Centralasrika über den größten Teil
seines Stromgebietes aus.
(Bodenbeschaffenheit, Klima und Produkte der aufgezählten Ge-
biete sind zumeist ähulich wie in Kamerun, siehe unten.)
Deutsche Schutzgebiete sind: 1. Togo, 2. Kamerun,
3. Deutsch-Südwestafrika.
Togo (82 000 qkm und 21/4 Mill. E., darunter etwa
100 Deutsche) liegt in Oberguinea zwischen der englischen Goldküste
und dem französischen Dahome. Die Küste, nnr etwa 60 km lang,
ist wegen der heftigen Brandung schwer zugänglich. Nach innen
steigt das Land allmählich zu einer fruchtbaren, wohlbebanten Hoch-
ebene und gut bewaldeten Gebirgszügen an. Die wichtigsten Er-
zeugnisse sind Palmöl, Palmkerne und Kautschuk. Haupthafen ist
Klein-Popo (5000 E.), Regierungssitz Lome (4000 E.).
Kamerun (zu 495 000 qkm, also fast so groß wie das Deutsche
Reich, und 3 Mill. E. geschützt, unter denen 250 Deutsche) liegt
am innersten Teil des Guiueabusens zwischen Französisch-Kongo und
Britisch-Nigerland. Die Ostgrenze bildet im allgemeinen der 15.°
östl. L. von Greenwich bis zum Tsadsee. Nach seiner Oberflächen-
gestalt besteht Kamerun aus einem schmalen, sumpfigen, feucht heißen
und ungesunden Küstengebiet, das von einem Urwaldgürtel umschlossen
wird. Jenseits desselben erhebt sich ein grasreiches, ziemlich gesundes
Hochland, das im Norden zu dem Gebirge von Adamaua ansteigt.
Doch steigt auch aus dem Küstenlande das vulkauische Kamerun-
gebirge (4000 in) empor. Die zahlreichen Flüsse sind wegen der
Stromschnellen nur streckenweise schiffbar. Die wichtigsten Ausfuhr-
artikel sind Kautschuk, Palmöl, Palmkerne und Elfenbein. In neuester
Zeit sind mit wachsendem Ersolg Kakao- und Kaffeepflanzuugen an-
gelegt worden. Handelsmittelpunkt und Regierungssitz ist Kamerun.
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— 207
Nördlich schließt sich daran das deutsche Schutzgebiet Deutsch-
Ostafrika (941000 qkm, also fast zweimal so groß als Deutschland,
und 3 Mill. E., darunter etwa 700 Deutsche). Das Gebiet erstreckt
sich an der Küste vom Rovuma bis zum Wangafluß und landeinwärts
über den Kilima-Ndscharo quer durch den Victoriasee und entlang
dem Tauganyika- und Nyassasee. Die politischen Grenzen sind:
Im Norden Britisch-Ostasrika, im Westen der Kongostaat, im Süden
Britisch-Centralasrika und der portugiesische Freistaat von Ostafrika.
Bild 75. Abessinier (König Menelik Ii.). und reichlichen Ertrag. Bei dem
lichen Verkehrsweges in das Innere kann der in Aussicht genommene
Bau einer Eisenbahn für die Erschließung des Landes und Förderung
des Handels von großer Bedeutung werden. Ausfuhrartikel siud: Elfen-
bein, Kautschuk (verdickter Saft einer Schlingpflanze), Kopal (bernstein-
artiges Harz) und Tabak. Der Regierungssitz ist Dar-es-Saläm
mit 6000 E. (Bild 74). Größere Handelsplätze sind: Tanga (4000 E.),
Pangani (4000 E.) und vor allem Bagamoyo (10000 E.).
Britisch-Ostasrika (über 1 Mill. qkm mit angeblich
6 Mill. E.) umschließt das Saud nördlich von Deutsch-Ostafrika bis
zum Jubfluß. Hauptort ist Mombasa (15 000 E.).
Das Kaiserreich Abessinien (Habesch) (508 000 qkm, 41f2 Mill.
E.) auf dem mächtigen, schwer zugänglichen Hochland gl. N. ist ein
Wie Kamerun, so hat auch
Deutsch-Ostafrika einen schmalen,
stark bewässerten, fruchtbaren,
aber ungesunden Küstenstrich, dem
sich nach innen ein grasreiches,
von Gebirgen durchzogenes Hoch-
land anschließt. An der Nord-
grenze erhebt sich die vulkauische
p fruchtbar. Die Anpflanzung von
Kaffee und Tabak verspricht guten
Masse des Kilima-Ndscharo bis
zu 6130 m. Das Gebiet ist
vollständigen Mangel eines natür-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Tauganyika- Süden
Britisch-Centralasrika Ostafrika Britisch-Ostasrika Deutsch-Ostafrika Mombasa Abessinien Kamerun Deutsch-Ostafrika
— 200 —
zerstörten frühern Hauptstadt Chartum gegenüber angelegte Omdnr-
man, nnweit des Znsammenflusses des Weißen und Blauen Nils.
Das eigentliche Ägypten breitet sich am Mittel- und Unter-
lause des Nils aus; es reicht östlich bis zum Roten Meere, westlich mit
unbestimmter Grenze bis in die Libysche Wüste. Den Kern des Landes
bildet das Nilthal, das in Oberägypten nur eine Breite von 15 bis
20 km hat, in Unterägypten aber mit der Spaltung des Stromes sich
bedeutend erweitert. Nur das Nilthal (ungefähr 30 000 qkm)
ist anbaufähig; die regelmäßigen jährlichen Überschwemmungen
Bild 72. Pyramiden.
erzeugen eine außerordentliche Fruchtbarkeit. Die wichtigsten Pro-
dnkte sind: Baumwolle, Getreide, Reis und Zucker. Der Handel
hat dnrch die Erbauung von Eisenbahnen wie auch durch Eröffnung
des Sueskanals in neuester Zeit einen lebhaften Aufschwung genommen.
Die Bevölkerung — an 10 Millionen auf 1 Million
qkm — ist in Unterägypten am dichtesten, wo auf 1 qkm un-
gefähr 250 Menschen treffen. Mehr als 3/4 der Bewohner bilden
die Fellachen (— Pflüger), größtenteils Taglöhner. — Herrschende
Religion ist der Islam; doch giebt es über 1/2 Million Christen,
zumeist Kopten, daneben an 60 000 Katholiken.
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— 202 —
welche in früher Jahreszeit nach Europa versandt werden, ferner von
Getreide, Wein, Olivenöl, Vieh, Korkholz und Halfa, d. i. Steppen-
gras, welches zur Papierbereitnng verwendet wird. — Die Haupt-
stadt Algier (alsche, arabisch El-Dschesair) mit 92 000 E. steht in
lebhafter Handelsverbindung mit Marseille. — Andere größere Orte
sind: Oran mit 81 000 und Konstantine mit 48000 E.
Marokko
(812 009 qkm und 8 Millionen E.)
ist ein Snltanat, dessen mohammedanische Einwohner dnrch ihren
wilden Haß gegen die Christen berüchtigt sind. Das Land ist mit
Ausnahme des südlichsten Teiles sehr fruchtbar, wird aber schlecht ver-
waltet. — Hauptort ist das gewerbereiche Fes. zugleich wichtigster
Handelsplatz des Innern, mit etwa 150 000 E. Von dieser Stadt
haben die roten türkischen Mützen ihren Namen. — Die alte Haupt-
stadt Marokko (ca. 50 000 E.) liegt prächtig am Fuße des schnee-
bedeckten Atlas. — Tanger (20 000 E.), unfern der Straße von
Gibraltar, ist der bedeutendste Seehandelsplatz.
West- und Südafrika.
Mit Ausnahme der Negerrepnblik Liberia an der Pfeffer-
küste (85 000 qkm und 2 Mifi. E.) ist das ganze Gebiet in den
Händen europäischer Mächte.
Frankreich besitzt: 1. Senegambien und dessen Hinterland
am Niger bis zu der bedeutenden Karawanenhandelsstadt Timbnktu,
2. die Elfeubeiuküste und Dahoine in Oberguinea, 3. Französisch-
Kongo in Niederguinea.
Zu Großbritannien gehört: 1. das Land am untern
Gambia, 2. Sierra Leone, 3. die Goldküste, 4. Lagos mit der
lebhasten Handelsstadt gl. N. (37 000 E.) und das Gebiet des
untern Niger, 5. die Kapkolonie und Natal, endlich 6. Britisch-
Süd- und Centralasrika, das sich vom Kapland nordwärts bis
Deutsch-Ostafrika und dem Kongostaat erstreckt.
1
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Extrahierte Personennamen: Sierra_Leone Lagos
Extrahierte Ortsnamen: Europa Algier Marseille Marokko Marokko Tanger Negerrepnblik_Liberia Frankreich Niger Karawanenhandelsstadt_Timbnktu Oberguinea Niederguinea Gambia Niger Deutsch-Ostafrika
382
umfaßte jetzt in drei Welttheilen einen Flächenranm von 100,000
Quadratmeilen mit 120 Millionen Menschen. Die Waffenmacht
der Römer war außerordentlich, der Reichthum und die Pracht der
Vornehmen, die herrlichen Paläste, Tempel u. s. w. reichen an's
Unglaubliche, nicht weniger aber die Armuth des Volkes und die
Unsittlichkeit aller Stände.
Wie die Griechen, so beteten auch die Römer zahllose Götzen
an, welche in Bildnissen zur Anbetung aufgestellt wurden. Sie
schrieben ihnen Fehler und Laster zu, so daß man die heidnischen
Götzen mit Recht vergötterte Sünder genannt hat. Eine Menge
Priester dienten den eifersüchtigen und zornigen Götzen. In pracht-
vollen Tempeln brachten sie ihüen reiche und kostbare Opfer dar.
Auch die Römer glaubten, durch lasterhafte Handlungen und Men-
schenopfer ihre Götzen zu ehren. Es ist darum ganz natürlich, daß
das Leben mit den schändlichsten Leidenschaften und Lastern be-
fleckt sein mußte, da ja der Götzendienst davon nicht frei war. —
Das Menschengeschlecht vor Christus war voll Unwissenheit über
das Nothwendigste des Lebens, über Gott und die Bestimmung des
Menschen. Voll Stumpfsinn betete der Mensch Holz und Stein,
Thiere und die Naturkräfte an, ohne die Entwürdigung seines
Geistes und seine Schmach zu ahnen, der er sich dadurch hingab.
Und wie verkehrt mußte der Mensch über seine Bestimmung denken,
wenn er selbst in seinen Göttern Sünder erblickte! Darum treffen
wir überall schamlose Ausschweifung und Lieblosigkeit in üppiger
Fülle, überall nur Tyrannen und Knechte. Hiezu kommt noch, daß
dieses selbstsüchtige, sündhafte Leben fast alles religiösen Trostes und
der Beruhigung des Gewissens entbehrte. So tief sinkt der von
Gott abgefallene Mensch. Der Stolz der heidnischen Weltweisen,
die siegreichen Waffen der römischen Krieger, die Fülle und der
Glanz des Reichthumes, des Handels, der Künste und Erfindungen
vermochte das religiöse und sittliche Elend nicht zu verbergen. In
dieser großen Noth seufzten Heiden und Juden nach Erlösung, und
da die Fülle der Zeit gekommen war, so sandte Gott seinen Sohn
Jesum Christum, der da unser Erlöser und Heiland geworden ist.
Geschichte -er neuen Zeit.
Von der Erlösung der Welt durch Christus bis auf
unsere Tage.
Das römische Volk, durch gräßliche Bürgerkriege erschöpft,
fühlte sich glücklich unter der ruhigen und weisen Negierung des
Augustus. Auch ließ der kluge Kaiser die ungewöhnte kaiserliche
Macht sein Volk wenig merken, erhielt vielmehr alle Einrichtungen
des Freistaates aufrecht, übte aber dessen ungeachtet die höchste Ge-
walt aus. Unter seinem friedlichen Scepter gediehen besonders
durch griechische Meister und Lehrer Künste und Wissenschaften, so
daß man in dieser Hinsicht das Zeitalter des Augustus das
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Extrahierte Personennamen: Christus Gott Jesum_Christum Christus Augustus Augustus
62
bar als eine heilige Familie, die leiblich noch auf Erben, dem Geiste nach bereits im Himmel lebte. „Bei den Christen," schreibt von dieser Zeit der hl. Bischof Theophilus ,_ „wohnt die Mäßigkeit, blüht die Enthaltsamkeit, wird die Ehe heilig gehalten, die Kenschheit bewahrt, die Unzucht verbannt, die Sünde ausgerottet, die Gerechtigkeit ausgeübt, das Gesetz beobachtet, die Verehrung Gottes gehaudhabt, Gott eiumüthig bekannt; die Wahrheit führet, die Guade beschirmet, der Friede behütet, das heilige Wort leitet, die Weisheit belehret, das Lebeu regieret sie: — der in ihnen königlich gebeut, ist Gott selber." Solche wunderbare Veränderung hatten einige wenige Männer ohne Weltweisheit, ohne irdische Macht, lediglich durch die Waffe des Evangeliums und die Kraft des heiligen Geistes vollbracht, damit sich das Christenthum vor aller Augen als göttliches Werk offenbare.
Die alten Deutschen.
Inzwischen hatte noch ein anderes, wenn auch weit minder bedeutsames Ereignis; die Aufmerksamkeit der ganzen römischen Welt auf sich gelenkt — wir meinen die Niederlage der römischen Waffen in unserm deutscheil Vaterlande, das jetzt erst bestimmter auf dem Schauplatze der Geschichte auftrat und eine nähere Schilderung verdient
Das alte Deutschland, von deu Römern Germania genannt, erstreckte sich vom Rhein bis zur Weichsel, und von der Donau bis zur Nord- und Ostsee. Dichte Wälder, weite sümpfe und Steppen bedeckten das Land. An Getreide konnte man nur Gerste und Hafer baueu, doch die Weiden waren schön. Statt ebter Obstbäume kannte man nur einige Arten ivilber Beeren und Baumfrüchte. Dennoch war bieses Land seinen starken, in Felle gekleibe-ten Bewohnern, die sich namentlich durch blaue Augen und gelbe Haare von andern Völkern unterschieden, unendlich theuer; denn sie liebten die Freiheit über alles. Sie besaßen weder Stabte noch Dörfer; ihre Wohnungen waren einzelnstehende und eingehegte Hütten, deren eine Anzahl eine Mark oder einen Gau bilbete. Ihre Lieblingsbeschäftigung war nebst dem Kriege die Jagb und diese selbst ein Krieg, da sie nicht nur gewöhnlichem Wilde, sondern auch grimmigen Wölfen, Bären und Auerochsen galt. Der
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Extrahierte Personennamen: Theophilus Gott
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Deutschland Rhein Donau Ostsee
Iv
ja aus der Überschrift ersieht, daß hier nicht Erzählung, sondern ent-
rweder Beschreibung oder Abhandlung zu finden ist. Wer das Register
durchmustert, wird wahrscheinlich zuerst nach den Mährchen im 3. Ab-
schnitt, als dem leichtesten und anziehendsten Lehrstoffe greifen. Die Zeit
ist gekommen, wo alle pädagogischen Gängelbänder, alle traditionellen
Reihen der Schulbücher durch die methodischen Einsichten der Lehrer er-
setzt werden können und sollen. Ein Lehrer, welcher immer nur „weiter",
„das folgende Stück", „der folgende Schüler" u. s. w. kommandirt, ge-
hört nicht unter diejenigen, welche wirklich weiter zu schreiten streben.
Die poetischen Stücke sind wenig zahlreich, und man wird darin
gleichwohl noch einiges Altfränkische finden. Beides ist nicht ohne Vor-
bedacht geschehen. Wenn das Lesebuch der Sprachschatz des Kindes
für die Schriftsprache werden soll, so muß die Prosa vorwalten,
denn diese enthält das Regelmäßige und das im Leben Gültige, die
ft- Poesie ist Zugabe, vornehmlich für das Vorlesen berechnet. Auch habe
ich auf Zuflüsse zur Poesie durch den in der Schule zu pflegenden Ge-
sang und durch das kirchliche Gesangbuch gerechnet, weßhalb ich singbare
Lieder, welche auf anderem Wege zur Kenntniß der Kinder zu kommen
pflegen, nicht aufgenommen habe. Daß ich aber ältere und nach jetzigem
Geschmacke allzu prosaische Gedichte vorgezogen habe, rechtfertigt sich
schon aus dem Obigen. Allein außerdem lassen sich die Schriftsteller in
ihren Studirstuben gar leicht über den Geschmack des Volkes täuschen.
Das Volk und dessen Jugend ist noch nicht durch die literarischen Über-
reizungen so abgestumpft, wie Dies bei uns selbst unvermerkt geschieht.
Ich glaube nicht Zuviel zu behaupten, wenn ich sage: von den neueren
Dichtungen ist nur ein unglaublich kleiner Theil volksmäßig, Gellert
ist unserem Volke verwandter als Rückert. Man mache die Probe!
Daß ich gar nichts direkt auf Religion Bezügliches und selbst so
wenig ausdrücklich moralische Erzählungen aufgenommen habe, wird
mir Mancher übel nehmen, allein ich glaube aus guten pädagogischen
Gründen gehandelt zu haben: Man mache die Religion und
Alles, was damit zusammenhängt, nicht trivial, Was durch
öfteres und tägliches Wiederlefen fast nothwendig geschieht. Gerade
um der intensiveren Wirkung des Religionsunterrichts willen behandle
man denselben nicht allzu extensiv. In diesem Punkte ist früher un-
endlich viel gesündigt worden, und von dem Religionsunterrichte könnte
man auch fast sagen: Gott schütze mich vor meinen Freunden...........
Der Titel „Vaterland" ist kein bloßer Aushängeschild, ich glaube
wirklich etwas dem Vaterlande zu gute Kommendes dargeboten zu haben.
Möge es nur richtig benutzt werden! Wünscht man in manchen Gegen-
den mehr Berücksichtigung des engeren Vaterlandes, so bin ich gern be-
reit, in einer folgenden Auflage dieses Buches dazu die Hand zu bieten.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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— 173 —
hon nur in den Büchern die Weisheit und die Schönheit unserer
deutschen Sprache zu suchen.
Mit herzlichem Grusse
Wolfsgruben den 15. Juni 1846. Der Ihrige
Stettling.
7. Die Drangsale unserer Vorfahren.
Was man auch dagegen einwenden mag: wir leben, Gott sei
Dank! in besseren Zeiten als unsere Voreltern. Geistiges und leibliches
Elend aller Art, welches wir zum Theil kaum dem Namen nach kennen,
hat diese vielfach bedrückt. Und statt durch vernünftiges Forschen die
Summen des Elendes zu mildern, schwang der Aberglaube seine Geißel
und vergrößerte die unvermeidlichen Uebel noch durch selbst geschaffene,
oder machte dieselben unheilbar. Besonders wurden große Drangsale von
der Ankunft der Kometen hergeleitet, Was heut zu Tage jeder Vernünf-
tige belächelt, nur einzelne Leichtgläubige oder Ungebildete noch für wahr
halten.
So war das Jahr 542 nach Christi Geburt, mithin eine Zeit, wo
in Deuschland noch größtentheils das Heidenthum herrschte, der Anfang
einer der verheerendsten Seuchen, von der Europa je heimgesucht wurde.
Sie dauerte über 50 Jahre, und sing mit allgemeinem Mißwachs und
großen Zügen von Heuschrecken an. Sie scheint das erste Auftreten der
noch jetzt im Orient einheimischen Pest gewesen zu sein. Es hat sich
davon eine Gewohnheit bis auf unsere Zeiten erhalten. Da nämlich die
von der Pest ergriffenen von heftigem Gähnen uitd Niesen geplagt wur-
den, so befahl Pabst Gregor der Große, beim Gähnen das Zeichen des
Kreuzes über den Mund zu machen, und beim Niesen den Kranken
„helf' dir Gott!" zu sagen.
Im Jahr 872 und 874 war ein großes Sterben in Europa, das
durch zahlreiche Heuschreckenzüge veranlaßt wurde. Der Moder ihrer
Leichen soll in vielen Ländern den Boden mehrere Zolle hoch bedeckt
haben. Im Jahr 966 erschien das sogenannte heilige Feuer das erste Mal
in Europa. Diese verheerende, schnell verlaufende und äußerst ansteckende
Krankheit ergriff rasch den ganzen Körper, den sie oft schon nach einigen
Stunden wie durch den Brand zerstörte. Oft erfaßte die Krankheit nur
einzele Glieder, Arme oder Beine, die nach wenigen Tagen schwarz wur>
den und abfielen. Aus ihr soll das spätere sogenannte Antoniusfeuer,
das immer noch verderblich genug war, und aus diesem endlich der noch
jetzt bekannte, aber milde, sogenannte Rothlauf entstanden sein. Damals
kam unter den geängstigten Menschen das Wallfahrten nach dem heiligen
Lande auf, woraus späterhin gegen Ende des 11. Jahrhunderts sich die
Kreuzzüge entwickelten.
Im Jahr 1092'begann ein allgemeines Sterben der Menschen und
Thiere, das über 5 Jahre währte. Viele Länder verloren die Hälfte
ihrer Einwohner und andere verödeten gänzlich. Es war der allgemeine
Glaube, daß der jüngste Tag bevorstehe.
Das verderblichste Jahrhundert unserer ganzen Menschengeschichte
aber war das vierzehnte. Schon 1310 brach eine große Pest aus und
herrschte 7 Jahre hindurch über ganz Europa. In Straßburg starben
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Pabst_Gregor_der_Große Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Christi Deuschland Europa Europa Europa Europa Straßburg
14
Dritte Periode, von 1150—1300.
Dritte Periode, von 1150—1300.
S «.
Erste Blütcperiode.
Die Ursachen des großartigen Aufschwunges der Poesie in dieser
Periode, die wir mit Recht die erste Blüteperiode nennen, sind vor-
wiegend folgende:
1. Die Krenzzüge. Das Christentum hatte mit der Zeit Herz
und Gemüt der Deutschen ganz durchdrungen, hatte sie gelehrt, ihr Leben
und Wirken auf eine höhere Welt zu beziehen. So war das Volk erfüllt
von Glauben, Liebe und Hingabe an die Lehren des Christentums, ohne aber
von seinem Nationalcharakter, seinem Hang nach Krieg und Abenteuern,
feiner Wanderlust etwas abzugeben. Daher mußten die Kreuzzüge, die
einerseits, ausgehend von dem kirchlich-frommen Sinne der Christen, die
Befreiung des heiligen Landes bezweckten, andrerseits den Deutschen die
beste Gelegenheit zu Kampf und Abenteuern boten, das deutsche Volk
gewaltig anziehen und eine mächtige Begeisterung hervorrufen. Zugleich
' wurde durch die Verbindung mit anderen abendländischen Völkern und
mit dem Orient der Jdeenkreis erweitert, die Phantasie belebt und mit
ritterlich romantischen Gedanken gefällt, und der Dichtung mannigfaltiger
und herrlicher Stoff geboten.
2. Der Glanz des hohen st aufi scheu Kaiserhauses. Galt
überhaupt schon der deutsche Kaiser als das weltliche Haupt der Christen-
heit und das deutsche Volk unter ihm als die weltgebietende Nation, so
mußte diese Anschauung um so ausgedehntere Geltung erlangen, als in
den Hohenstaufen lebensfrische, heldenhafte, von den höchsten Ideen er-
füllte Herrscher den Kaiserthron inne halten und durch glorreiche Thaten
in Deutschland, Italien und dem Oriente den Glanz ihres Namens weit-
hin verbreiteten. Kein Wunder daher, daß damals alle Stände, alle
Geschlechter Deutschlands ein allgemeines, stolzes Nationalgefühl beseelte,
daß alle der Größe und der Bedeutung ihres Volkes sich lebhaft bewußt
wurden. So bot dieser glanzvolle Zeitraum fruchtbare poetische Clemente,
die das ganze Volk bewegten und begeisterten.
3. Die Blüte des deutschen Rittersta ndes, welcher durch
die Kreuzzüge eine idealere Richtung erhielt, feinere gesellige Bildung an-
nahm und äußern Glanz entwickelte. Wie die Kaiser und Fürsten,
namentlich die Herzöge von Ästerreich und die Landgrafen von Thüringen,
die Dichtkunst förderten und ihre Vertreter begünstigten, so bemühten sich
die Ritter, auf ihren Burgen ein Gleiches zu thun, fa sie wurden sogar
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Deutschlands