1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
194
Vaterlande, und die ihm das Geleite geben bei seinem Ausfluge, etwa eine
Mutter oder Schwester, wenn sie die Abschiedsthräne getrocknet haben, denken
und sprechen: Wer weiß, wo ihm sein Glück noch blüht! Und in der That,
dem Einen blühet es hier, dem Andern dort, oft, wo er's am wenigsten dachte;
denn überall ist der Himmel blau und die Erde grün, wenn das Herz nur froh
im Busen klopft. Mancher Ausgewanderte kommt auch mit besserer Kunst und
Wissenschaft, als womit er ausgegangen, wieder zurück und denkt: Es ist doch
nirgend so schön, als in der Heimath! Aber so oder anders, jedenfalls sollen
wir der Heimath in der Fremde Ehre machen, so, daß man uns gern frage
nach Vater und Mutter, Bruder und Schwester, und von wem wir die feinen
Sitten und edlen Künste gelernt, die man an Fremden so gern preiset. Darum,
ehe wir wandern, müssen wir in derheimath gut und brav werden, sie aus
dem Grunde kennen und lieben lernen, damit wir im Besitz dessen sind, nach
welchem wir die Fremde zu schätzen haben und in derselben auch wieder ge-
schätzt werden. Daher ist es wohlgethan, wenn man an der Hand eines wohl-
meinenden Führers einen Blick in die unbekannte Ferne thut, zu lernen, dass es
nicht überall sei, wie daheim, wenn auch sonst nicht zu verachten. Darum
wollen wir uns in unserem Vaterlande ein wenig umsehen, und du, mein lieber
Leser, magst für dich fragen, wo man vielleicht am liebsten sein Hüttchen baut.
51. Die Rheinprovinz.
Um den St. Gotthard, in dem erhabensten Mittelgebiet des mächtigen
Alpengürtels der Schweiz, ragen von den Felsgipfeln über dreihundert Eis-
gletscher zackig und steil in die Wolken. An ihrem Fuße stürzen die Gletscher-
rinsale in zahlreichen Bächen hinab, von welchen drei den Namen Rhein führen.
Die tobenden Gewässer beruhigen und läutern sich in mehreren der schönsten
See'n, deren klare Fluthen vereinigt sich endlich als der Rheinstrom an
Deutschlands Grenze in den Bodensee stürzen, um nach dem Wasserfall
(60—70'), bei Schaffhausen seinen Lauf ruhig fortzusetzen. Während er
bis Basel auf^der deutschen und schweizerischen Grenze fließt, wird er von
va auf eine Strecke von 2o Meilen zum Grenzflüsse zwischen Deutschland und
Frankreich. Aus der rechten Seite liegt der Schwarzwald und weiter zu
Thale der liebliche Odenwald, links das französische Gebirge der Vogesen.
Hier ist Straßburg mit dem ehrwürdigen hohen Münster; die gewaltige
Festung aber drohet gegen den Rhein. — Weiterhin am linken Ufer auf deutschem
Gebiet begegnen wir Spei er, der Denkstätte der deutschen Kaisergräber, welche
die Franzosen vor beinahe 200 Jahren ruchslos zerstörten, nachdem sie schon
Straßburg und das schöne El fass überrumpelt hatten. Auch Worms, wo nun
Luthers Denkmal steht, traf dieselbe Zerstörung. — Von hier aus erreichen wir
die Bundesfestung Mainz, mit einer über 2000' langen, schönen, festen Gitter-
orücke über den Rhein, gegenüber der Mündung des Mains in den Rhein
mildem uralten Dom und mit dem Denkmal Guttenberqs, der die Buch-
druckerkunst erfunden hat. Auf dem rechtenufer, an der Münde des Neckars
in den Rhein, liegt die gewerbliche badische Handelsstadt Mannheim. Außer
den genannten Städten liegt hier eigentlich eine ganze Kette von Städten,
Flecken und Dörfern welche von beiden Seiten den königlichen Strom begleiten,
und eine Menge alter Schlösser, wo vor Zeiten Könige und Kaiser ihre Hof-
lager hatten oder Gericht hielten. Der vom milden Klima begünstigte, sorg-
fältige Anbau des Bodens, der rege Fleiß in den Ortschaften, der lebhafte *)
*) Siehe Seite 169, Anm.
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Verkehr, unterstützt von einer Menge von Segel- und Dampfschiffen, stromauf
und ab gehend, von den stündlich auf beiden Seiten dahin brausenden Eisen-
bahnzügen, die Munterkeit der Bewohner: Alles gestaltet diese weiten Auen,
welche zuletzt vom Hardt- und Donnersberge im Westen, vom Odenwalde
im Osten und bald auch vom Taunus und seinen milden Höhen umgränzt
werden, zu einem herrlichen deutschen Gau, dessen Mitte immer der Rheinstrom
bildet. — Von Mainz an fließt der Rhein in einer Breite von 2000 Fuß durch
den vielgepriesenen Rheingau, den eigentlichen Weingau, mit ausgedehnten,
kostbaren Weinbergen. Unterhalb Bingen, nach dem Eintritt der Rahe in Len
Rhein, verengt sich das Rheinthal durch das Herantreten hoher Gebirge; aber
jede Wendung des Stromes bietet neue Schönheiten; in den Thalbuchten
reihen sich Ortschaften an Ortschaften und auf den Bergspitzen Burgtrümmer
an Burgtrümmer. Da liegt Caub, wo Blücher in der Neujahrsnacht 1814
das Heer sieghaft über den Strom führte; da liegt auch der Lorelei. Aber
dir ansteigende Frühlingsfluth bringt bei hohem Wassergange auch wohl einmal
große Noth. An einem Felsen, 20—30 Fuß hoch über dem gewöhnlichen Wasser-
spiegel liest man: „Hier stand der Rhein im Jahre 1783." Unfern Koblenz,
der Lahnmündung gegenüber, ist die schmucke Burg Stolzenfels, die Friedrich
Wilhelm Iv. im ritterthümlichen Geschmack hat ausbauen lassen. Ehren-
breitenstein auf hohem Felsen über der Stadt mit dem festen Koblenz (mit
einer festen Gitterbrücke über den Rhein), gegenüber, bilden eine unüberwind-
liche Festung. Da mündet auch die Mosel links in den grünen Rhein. Weiter-
hin thürmt sich das Siebengebirge mit seinen runden Häuptern hart am
rechten Stromufer auf, Bonn mit seiner Hochschule spiegelt sich im Strome
und das wallumpanzerte, alterswürdige Köln mit seinem unvergleichlichen
Dom und der prächtigen Rheinbrücke. Unter Köln und über Düsseldorf und
Wesel hinaus durchströmt der Fluß, noch die Ruhr und Lippe aufnehmend,
breite, flache Auen, bis er nach einem stolzen Laufe von 180 Meilen sich endlich
auf holländischem Boden in mehreren Armen in die Nordsee ergießt.
Das ist der Rhein; Dichter und Sänger preisen ihn in Liedern. Die
Art der Deutschen hat sich hier in Freud und Leid, durch emsigen Fleiß, Hel-
denmuth und fronlmen Sinn in Gefahr und Noth am reinsten ausgeprägt.
Das Rheinland war. für Deutschland die erste Wiege des Christenthums.
Mönche bauten hier ihre Klöster, Ritter ihre Wehrburgen, fromme Meister
der Kunst die hohen Dome, und der Gewerbefleiß des Landes gab Sinn und
Mittel zur Beförderung der Wissenschaft und Kunst, deren Werke, auch die
der Neuzeit, wir bewundern, wie die noch vorhandenen Bauwerke der Römer.
Die Franzosen beneiden uns den Rhein; doch sie sollen ihn nicht haben: wir
Deutschen alle stehen mit unserm Leben dafür ein.
. Die Rheinprovinz mit Hohenzollern hat auf 508 Quadratmeilen nahe 3% Mil-
lionen Einwohner; die vornehmsten Städte sind Köln mit 123,000 E., Aachen und
Krefeld mit je 62,000 E., Düsseldorf 50,000, Koblenz 30,000. Nach 21. Maur.
52. Ein Weinland.
Moselthal von Trier bis Koblenz ist etwa 13 Meilen lang
und von einer Höhe des Thalgeländes bis zur andern im Durchschnitt 1 Meile
brert. Auf diesem Landstreifen, der sich quer durch das rheinische Schiefer-
gebirge zieht, gibt es wenigstens 200 menschliche Wohnorte, Städte, Flecken,
Dörfer, Weiler, Schlösser und Klöster, deren Bewohner fast nur vom Wein-
bau leben. Der Lauf der Mosel ist vielfach gewunden und gekrümmt.
13 *
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Spitzen zu erreichen, braucht man oft über eine Stunde mühsamen Hinauf-
steigens. Wenn man bedenkt,, dass Erde und Dünger, in denen die Stöcke
wachsen sollen, so hoch hinausgeschafft werden müssen, so erscheint einem die
Kühnheit dieser Weingärtner wahrhaft großartig. Sie senken die Wurzeln
ihrer Rebstöcke in die Ritzen von Felsen, aus denen es nur dem Adler be-
stimmt zu sein scheint, seine Eier ins Nest zu legen. Fleiß und Anstren-
gung gewinnen da dem unwirthbaren Gestein noch süße, goldene Früchte ab,
wo die Natur kaum für Heidelbeeren, Schlehdornen und anderes Gestrüpp
ein Plätzchen bereitet zu haben scheint.
Im Weinbau beruht des Moselthales Wohl und Weh. Kornfelder be-
sitzen die Winzer nicht. Ihre Wiesen und ihr Vieh haben sie nur des Wein-
stockes wegen. Man sagt, dass einzelne Dörfer in guten Jahren 6000 bis
12,000 Ohm Wein erzeugen, das ganze Moselthal aber 600,000 Ohm.
Die guten Jahre aber sind selten, und auf die schlechten folgt das Weh der
Verarmung und des Mangels. Nach I. G. Kohl.
53. Westphalen.
Die Provinz Westphalen hat auf 368 O.m. über 1,700,000 Bewohner
und besteht aus den Regierungsbezirken Münster, Minden, Arnsberg.
Im südlichen und östlichen Theile ist das Land gebirgig, dagegen im Westen
und Norden flach. An der südlichen Grenze erhebt sich der Westerwald,
nördlich hiervon das Rothhaargebirge, das sauerländische Gebirge
und der Haarstrang, im Nordosten das Wesergebirge mit der Porta
Westphalica, zwei Gebirgspfeiler, zwischen welchen die Weser sich hindurch-
drängt. Westlich vor dieser Bergkette liegt der Teutoburger Wald. Die
Weser, als der bedeutendste Strom, durchzieht die Provinz nur eine kurze
Strecke, die Ems dagegen das ganze Münsterland und hat wie die Lahn,
Sieg, Ruhr und Lippe in Westphalen ihren Ursprung. Felsgrund, Sand-
und Moorboden bringen in manchen Bezirken nur spärliche Frucht, so dass
auch die reichen Korngefilde der Gegend von Münster, Soest, Paderborn und
am Hellwege das Bedürfniss der Bevölkerung nicht hinreichend befriedigen.
Durch Flachsbau und vortreffliche Leinewand ist Bielefeld berühmt; westphä-
lische Schinken werden weit und breit versandt. — Die Gebirge geben viel
Eisen, Blei, Kupfer, Galmei, Kalk und andere Steinarten für den Vertrieb,
Steinkohlen, Torf und Salz. Der südliche Theil der Provinz mit Iser-
lohn ist der Distrikt der Fabriken, besonders in Metallwaaren; Eisenhämmer
und Schleifmühlen ziehen sich hier oft durch meilenlange Thäler. Als mine-
ralische Heilquellen sind die Bäder zu Driburg und Lippspring und in
der neuern Zeit Oeynhausen im Mindenschen berühmt. — Das bedeutendste
Salzwerk ist die Saline Königsborn bei Unna. Die alten Bewohner sind
ungemischtes deutsches Kernvolk. — Das Innere des Münsterlandes ist voll-
ständig bedeckt von allerlei Baum- und Buschgrün, aus dem der Gesang der
Vögel, vornehmlich der Nachtigallen lustig herausschallt. Das fette Grün der
Wiesen, der Blumenflor, der an allen Wässern wuchert, der stolze Wuchs
der viel- und weitästigen Bäume, der durchdringende Laubgeruch, die außer-
ordentliche Zahl von umherflatternden Schmetterlingen und allerlei glänzenden
Insekten, und dabei rings umher der tiefe Frieden: — das macht einen un-
vergesslichen Eindruck. Wiesen, Felder und Gärten sind von hohen, oft 16
Fuß breiten Wüllen umgeben, auf denen Büsche und staatliche Bäume wachsen.
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den und das Holz zum Meiler fahren, heißen Schlittner. Die erste Ar-
beit, welche vorgenommen wird, ist der Aufbau einer^Hütte, die sie „Köthe"
nennen. Junge Tannenstämme werden mit den Spitzen zusammengestellt
und mit Baumrinde ganz überkleidet. Eine einzige Oeffnung vertritt Thür
und Fenster. In der'mitte ist die Feuerstelle, über welcher ein Kessel an
einem eisernen Haken hängt. In die Zeltstangen sind Pflöcke geschlagen; an
diese werden Beutel mit <L>alz, Zwiebeln u. dergl. und Kleidungsstücke auf-
gehängt. Ein paar hölzerne Kisten, Laden genannt, nehmen das Brot, die
Kartoffeln, Wurst, Mehl u. dgl. auf. Die Lagerstätte ist aus dünnen Baum-
stämmen zu breiten Bänken zusammengefügt, auf denen Moos und Moos-
säcke statt der Federbetten liegen. Jede Woche, gewöhnlich Mittwochs und
Sonnabends, kommen die Frauen der Köhler, um die nothwendigsten Lebens-
mittel zu bringen. Abends wird die beliebte Scheibensuppe gekocht. Man
schneidet nämlich Brotscheiben in einen Napf, gießt kochendes Wasser darauf,
thut etwas Butter, viel Salz und Kümmel daran, und die Suppe ist fertig.
Ist einer der Tischgenossen noch im Walde beschäftigt, so wird ihin ein Zeichen
gegeben. Zwischen zwei Stricken hängt in der Schwebe ein plattes Buchen-
brett, dagegen schwingt Einer den hölzernen Hammer, und weit in den Wald
hinein dringt der Ruf dieser Tischglocke. Einfache Sitte und Zucht ist auch
in der Tischordnung. Nach dem Händefalten fährt der Köhlermeister zuerst
mit seinem Lössel in die Schüssel, dann kommt der Schlittner und dann erst
der Lehrjunge. Legt der Meister seinen Löffel zur Seite, so thun's die An-
dern auch. Der Junge reinigt darauf den Napf und die Löffel, trägt Holz
für die Nacht zur Feuerstätte und begibt sich mit den klebrigen zur Ruhe.
Der Köhlermeister aber macht noch die Runde von Meiler zu Meiler und
beobachtet prüfend den Brand. Und wenn es prasselnd durch den jungen
Tannenhorst bricht, er kennt den Wald, das ist ein Eber; und wenn es hoch
oben durch die Tannenwipfeln saust und braust, als wenn der wilde Jäger
mit seiner Meute die Luft durchzöge, er weiß, das ist der Flügelschlag des
Auerhahns; und wenn im Sturm der Wald stönt, knarrt und kracht, der
Köhler bleibt ruhig, denn er ist sicher, daff die Drossel bald ihr Morgenlied
anstimmt. jnach Gude.
57. Die Elbe.
Wenn man vom Dorfe Schreibershau her den Kamm des Riesen-
gebirges besteigt, so kommt man nach einem ziemlich anstrengenden Marsche auf
eine weit ausgedehnte, hier und da etwas sumpfige, nicht überreich mit Blumen
geschmückte Äiese, die den Namen Elbwiese führt und 4200 Fuß hoch über
dem Meeresspiegel liegt. Aus einigen der größeren sumpfigen Stellen fließt
das Wasser nach den etwas tiefer gelegenen Theilen ab und bildet hier und da
sogenannte Brunnen, das heißt Vertiefungen mit klarem, steinigem Grunde
von dem Umfange eines großen Waschfafles. Diese unscheinbaren Brunnen
sind die eigentlichen Quellen der Elbe; denn von ihnen aus bilden sich kleine
1 bis 2 Fuß breite, kaum einen halben Schuh tiefe Bächelchen, die nach dem
Südfuße des Gebirges hineilen und nach ihrer Vereinigung den Namen Elbe
erhalten. Hat man ihr auf dem Wege nach der Riesenkoppe hin eine mäßige
Strecke weit das Geleit gegeben, so stürzt sie sich in wildester Eil über jähe
Felsen hinab in den nach ihr benannten Elbgrund, einem schönen, von hohen
steilen Gebirgswänden umgrenzten Thäte. Raschen Laufes erreicht sie bei Hohen-
elbe die Hügellandschaft, tritt bei Josephstadt in die böhmische Thalebene,
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Mauern; und Kolberg wird stets seines wackern Bürgers Nettelb eck
Ruhm verkündigen und den der Helden v. Heyden, v. Schill und
v. Gneisenau, seiner heldenmüthigen Vertheidiger.
Zu Pommern gehört auch die durch eine schmale Meerenge vom festen Lande
geschiedene Insel Rüg en. Im Kampfe mit dem Schwedenkönige Karl Xii ist
die Insel zweimal erobert, 1678 durch den großen Kurfürsten, 1715 durch den
alten Dessauer. Ein durch unsern König Friedrich Wilhelm Iv. dem großen
Kurfürsten gesetztes Denkmal veranschaulicht den tapfern Angriff. Auf einer
24 Fuß hohen Granitsäule steht der Kurfürst, schön aus Sandstein gemeißelt,
wie er, aus dem Schiffe steigend, in der einen Hand den Degen, in der andern
den Feldherrnstab führend, die Seinen auf die Feinde weist. — Rügen ist un-
gefähr 18 Qm. groß. Sie ist geschmückt mit lieblichen Wäldern, See'n und
Kreidefelsen, aus denen das Vorgebirge Arkona, die Stubbenkammer
und der 543' hohe Königsstuhl bestehen. Der Hauptort der Insel ist die
Stadt Bergen, in deren Nähe man von dem Rugard, als dem höchsten
Berge, die schönste Aussicht hat.
61. Die Provinz Preußen.*)
Die Provinz Preußen, landesbräuchlich in Ost- und Westpreußen geschieden,
zerfällt in die Regierungsbezirke Königsberg und Gumbinnen, Danzig und
Marienwerder. Sie hat auf einem Flächenraume von 1178 Qm. 3,000,000 Be-
wohner, erstreckt sich längs der Südküste der Ostsee und wird von Pommern,
Brandenburg, Posen, Polen und Russland begrenzt. Das Land ist eben, und nur
in einigen Gegenden finden sich Höhenzüge, so westlich der Weichsel in Po mm ereilen
gegen 600 Fuß hoch mit dem 1066 Fuß hohen Schönberg und steilen Abhängen
gegen das Weichselthal. — Ocstlich der Weichsel streichen sie nach Mohrungen
und von da einerseits nach Elbing und Trunz, einem Dorfe auf der Höhe, und
südlich bis hinter Neidenburg. Dieser Hauptkamm bildet die Wasserscheide des
östlichen Theils der Provinz; denn von ihm aus gehen die Flüsse theils nach Nor-
den dem Pregel und frischen Haffe zu, theils strömen sie südwärts in Polen
dem Weichselgebiete entgegen. — Außer diesen Höhenzügen gibt es noch einzelne
Höhenreihen, als die im Osten der großen preußischen See'n mit dem 868 Fuß
hohen Goldapperberge; der Stablack in der Gegend von L a n d s b e r g mit
dem 694 Fuß hohen Hasenberge bei Wildenhof; der Höhenzug auf Sam-
land mit dem Hausenberge und dem 351 Fuß hohen Galtgarben, nur
2 Meilen vom Seestrande; am Memelufer 1 Meile von Tilsit der Rombinus.
Da das Land sehr allmählich gegen die See abdacht, so bildet es an vielen Punkten,
wie bei Neukuhren, Georgenwalde, Warnicken, Groß- und Klein-
kuh ren und Brüsterot an der Nordküste Samlands steile Küsten bis 200 Fuß
hoch, oft von schön bewaldeten Schluchten unterbrochen, die auch den entzücken, der
die schönste Bergnatur kennt. Sonst bestehen sie meist ans Düh nen, zu welchen
auch die Landzunge Hela, die frische Nehrung und die kuhrische Nehrung
gehören. Hela schließt einen Meerbusen, das Puziger Wieck, ein. Die Neh-
rungen trennen ihre Haffe von der Ostsee; der Wasserweg, welcher das Haff mit
der See verbindet, heißt das Tief oder Gat.
Die Provinz ist reich an Gewässern. Ihre Hauptströme sind die Weichsel,
der Pregel, die Memel. Die Nebenflüsse der Weichsel sind links Brahe,
Schwarzwasser, Ferse, Motlau mit der Radaune, rechts die Drew enz,
Ossa, Liebe. — Der Pregel entsteht in Litthauen aus der Angerapp,
schnitte ^iwerfrermdes^^^ Preußen steht die ausführliche Schilderung im letzten Ae-
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reiche See'n beleben einigermaßen das einförmige Flachland. Zwei Drittel der
Bevölkerung sind Polen und katholisch, meist ein Drittel evangelisch und Deutsch,
und unter der ganzen Bevölkerung zerstreut leben an 80,000 Juden als Händler
und Gastwirthe. Der Boden ist im Ganzen mittelmäßig fruchtbar, wird aber
immer sorgfältiger bebaut und gibt reichlich Getreide. Die bruchigen Niederungen
haben einen unschätzbaren Reichthum an Torf, der schon jetzt großartig ausgebeutet
wird; ausgedehnte Wiesenflächen befördern Schaf-, Pferde- und Rindviehzucht,
und Schweine werden heerdenweise in die benachbarten Provinzen ausgeführt.
In den großen Wäldern schreckt noch der Wolf. — Die Gewerbthätigkeit und das
Fabrikwesen zeigen sich nur hie und da in rührigem Fortschritt. Man findet
Brau- und Brennereien, Glashütten, einige Hammerwerke und Leinweberei. —
Bei Wapno, 4 Meilen von Rakel, ist ein Gypslager.
Die starke Festung Posen mit 51,000 Einw. ist die Hauptstadt der Provinz,
Sitz der ersten Provinzialbehördcn und des Erzbischofs von Posen und Gnesen.
Bon 145 meist kleinen und unbedeutenden Städten find zu merken: Lissa und
Ravitsch mit Tuchfabriken, Bromberg mit 23,000 Einwohnern; bei der gün-
stigen Lage des Orts an der Brahe und dem Kanal erfreut sich die Stadt durch
ihre handelsbefliffenen Bewohner eines zunehmenden Wohlstandes. Fraustadt
mit Getreidehandel, — Gnesen mit altem Dom.
65. Schlesien.
Die Provinz Schlesien besteht zum großen Theile, besonders ans der linken
Oderseite aus Gebirgs- und Hügelland. Das Hauptgebirge sind die schlesischen
Sudeten. Es erstreckt sich von dem Fuße der Karpathen und von den Quellen
der Oder in nordwestlicher Richtung 30 Meilen weit bis zu den Quellen der
lausitzer Neiße, bildet nicht blos die schlesische Gebirgslandschaft, sondern erfüllt auch
die benachbarten Theile Mährens und Böhmens und sendet Zweige bis tief in das
Land hinein. Die niedern Kämme nebst Abhängen tragen dichte Waldungen aus
Nadel- und Laubholz oder sind in Ackerland umgeschaffen; höher hinaus findet
man neben kahlen oder von Knieholz bedeckten Strecken ausgedehnte Wiesen mit
würzigem Grase für zahlreiche Biehheerden. In den Sudeten unterscheidet man
von Südost her nach Nordwest hin als einzelne Glieder: das schlesisch-m ährische
Gebirge, das Glatzer-, das Riesengebirge und die Lausitzer S udeten.
Das Glatzer Gebirge umgürtet die Grafschaft Glatz. Es ist dieselbe
eine äußerst fruchtbare, durch Naturschönheiten ausgezeichnete Kessellandschaft von
etwa 30 Quadratmeilen, deren Mitte eine weite Ebene darstellt, in welcher blühen-
der Ackerbau und ergiebige Viehzucht getrieben wird, während die Gebirgsstriche
Garn und Leinewand, leinene und baumwollene Waaren, Tuche, und an Natur-
erzeugnissen Steinkohlen, Sandsteine und Kalk liefern. Kunststraßen führen auch
über die reichbewaldeten Gebirge. Alle fließenden Gewässer vereinigen sich in der
Neiße, die am großen Schneeberge ihre Quelle hat.
Ein gebirgiges Hochland verbindet das Glatzer Gebirge mit dem Hochwald-
und Riesengebirge. Aus dem angrenzenden Katzbachgebirge kommen die rei-
ßende Katzbach und die wüthende Neiße, auf deren Gefilden im Jahre 1813
die denkwürdige Schlacht an der Katzbach geschlagen wurde. Der Bober trennt
das Hochwaldsgebirge vom Riesengebirge und eilt über Landshut, Hirschberg und
Bunzlau der Oder zu.
66. Das Riesengebirge
macht den höchsten Theil der Sudeten ans, da die Höhe seiner Kämme 4000', die
der Riesen- oder Schneekoppe 5000' beträgt.
Sämmtliche Abhänge des Gebirges sind dicht bewaldet; aber über 3600'
Höhe gedeihen nur Zwergkiefern, Knieholz, Gräser, Alpenkräuter, Flechten, das
isländische Moos und wohlriechendes Beilchenmoos; manche Felsgipfel sind ganz
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sie Franzosen daraus vertrieben, zerstört wurde; es ist preußisches Gebiet
mit en im Braunschweigischen: 6. den Huy, eine hügelige Erhebung von
etlichen Stunden Ausdehnung im Norden der Stadt mit schönem Buchen-
wald und einem Kloster, der Huyse bürg; 7. im Nordwesten der Stadt das
Don Ströbeck, berühmt durch seine Liebe zum Schachspiel, das von Jung
und Mt getrieben und schon in der Schule geübt wird. Vor Zeiten mustten
sie jedem neuen Bischof ein neues silbernes Schachbrett verehren. Auch
be eht bei ihnen die Sitte, durchreisenden hohen Herren eine Partie Schach
anzubieten, und auf dem Rathhaus zeigt man noch ein schönes Schachspiel,
as der große Kurfürst ihnen verehrt, nachdem er auch ein Spiel von
ihnen angenonimen und an sie verloren hatte.
b. Nun haben wir schon lange, ehe wir nach Halberstadt kamen,
vor uns einen langen Zug blauer Berge in der Feme sich ausbreiten
sehen mit einer hervorragenden Höhe in der Mitte. Das ist der Harz und
oer Brocken. Das soll unser nächstes Reiseziel sein.
Der Harz.
Herzlich sei mir gegrüßt, werthes Cheruskaland!
Land des nervigen Arm's und der gefürchteten
Kühnheit, steteren Geistes,
Denn das blache Gefild' umher!
Dir gab Mutter Natur aus der vergeudenden
Urne männlichen. Schmuck! Einfalt und Würde dir!
Wolkenhöhneirde Gipfel,
Donnerhallende Ströme dir!
Im antwortenden Thal wallet die goldene
Fkuth des Segens, und strömt in den genügsamen
Schcoß des lächelnden Fleißes,
Der nicht kärglich die Garben zählt.
Schafe weiden die Trist; auf der gewässerten
Aue brüllet der Stier, stampft das gesättigte
Ross; die bärtige Ziege
Klimmt den zackigen Fels hinan.
Wie der schirmende Forst deinen erhabenen
Nacken schattet! er nährt stolzes Geweihe dir!
Dir den schnaubenden Keuler,
Der entgegen der Wunde rennt!
Dein wohlthätiger Schooß, selten mit goldesem
Fürche schwanger, verleiht nützendes Eisen uns,
Das den Acker durchschneidet
Und das Erbe der Väter schützt.
Dir gibt reinere Luft und die teutonische
Keuschheit Jugend von Stahl; moosigen Eichen gleich.
Achten silberne Greise
Nicht der eilenden Jahre Flug.
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Doll Brüche und Moor und kein Getreide und wenig Obst, nur Kartoffeln
und Gemüse, doch spärlich auch diese; auf ihm liegen sieben Bergstädte,
worunter Clausthal und Zellerfeld. Seine höchste Erhebung ist der B rol-
len, 3508 Fuß hoch. Der Unterharz hat ein milderes Klima, Laubwald,
(Rothbuche, Eiche, Birke) und mehr Ackerbau. In ihm liegen die schönsten
uno von den Reisenden am meisten besuchten Partien des Gebirges. Seine
höchste Erhebung ist die Victors höhe, 1831 Fuß hoch. Der Ob er harz
hat weniger Bewohner, aber größere Volksdichtigkeit (27,000 auf 14 Q.-M.)
als der Unter harz (32,000 auf 25 Q.-M.). Gewässer liefert der Ober-
harz mehr in das Gethal, als der Unterharz; sie gehören zwei Flussgebieten
an, dem der Weser und der Elbe. Zu jenem gehört die Ilse, Ocker,
Ecker, Innerste, Söse, Sieber, Oder; zu diesem die Holtemme, Bode, Selke,
Eine, Wipper, Zorge. Die Metalle, welche der Harz in seinen Bergen ent-
hält, sind besonders Silber, Eisen, Blei, Kupfer. Kein deutsches Ge-
birge ist so silberhaltig. Es liefert jährlich an 80,000 Mark Silber und
200,000 Centner Eisen. Aber wie vieler Menschen saure Arbeit ist nöthig,
ehe das fertige Geld oder Geräth in unsere Hände kommt. Da steigen
hier die Bergleute mit dem fröhlichen Gruß: Glück auf! bei dem
schwachen Schein ihres Lämpchens auf der Leiter hinab in die dunkeln
Tiefen und hacken und klopfen mit ihrem Bickel das Gestein los, während
andere in Karren die gewonnenen Erze nach Orten schaffen, wo sie zu
Tage gefahren werden, andere Löcher in die Felsen bohren zur Sprengung
derselben, andere an Pumpen sich mühen, durch welche das angesammelte
Wasser beseitigt wird, andere die Decken neuer Gänge mit Holzgerüsten
stützen, und zu all' solcher schweren Arbeit in der dunkeln Tiefe tönt der
Arbeiter fröhlicher Gesang. Dann in den Hütten- und Hammer-
werken, die oben am Licht des Tages in den freundlichen Thälern erbaut
sind, was giebt's da für heiße Arbeit an den Pochwerken, wo die Erze
durch die Stampfe in lauter kleine Stücke gehämmert und in großen
Wassertrögen rein gewaschen werden, an den Schmelzöfen, wo die
Erze durch ungeheure Feuer in Fluss gebracht und dann in Formen ge-
leitet werden, ferner an den Pochhämmern, wo das so gewonnene
Gusseisen wieder in Glühhitze gebracht und durch Bearbeitung mit unge-
heuern Hämmern zu Schmiedeeisen geschmeidigt wird. Ja, was ist das
für viele saure Mühe und Arbeit! Aber auch draußen in den grünen
Wäldern ist's nicht still von der Menschen Arbeit. Da krachen die Bäume
von Axt und Säge der Holzhauer, und große Leiterwagen führen die
gefällten nach Dörfern und Städten der Menschen; dort siehst du neben
unscheinbaren Hütten kleine halbkugelförmige Berge von Erde und Zwei-
gen, aus denen oben Rauch aufsteigt, das sind die Meiler, in deren In-
nerem Holzstöße aufgethürmt sind und in langsamem Feuer brennen, bis
das Ganze zusammenstürzt und das Holz zu Kohlen gebrannt ist; die
Kohlen werden in den Hochöfen und Schmieden verbraucht, die Leute aber,
die sie brennen, heißen Köhler. Weiter begegnest du an den lichteren
Stellen des Waldes fröhlichen Knaben und Mädchen, die in ihre Körbe
Erd- und Himbeeren sammeln, die sie dann zum Verkauf nach der Stadt
tragen. Dann siehst du auch Leute, die, Leimruthen oder Netze in der einen,
und Bauer mit Vögeln in der andern Hand, den Wald durchstreifen, und
1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
19 (409)
Meisdorf und Falkenstein liegt in unserer Provinz und zwar im Re-
gierungsbezirk Merseburg. Doch führt uns unser Weg bald wieder in's
Anhaltische, nämlich durch das liebliche, waldumschlossene, blumenduftige
Wiesenthal der Selke an den Trümmern der Burg Anhalt und dem
Meiseberg vorüber nach Mägdesprung, Alexisbad und Victors-
höhe. Magdefprung ist ein großes Hüttenwerk, in welchem vorzügliches
Eisen gewonnen wird. Hier haben wir die erste und beste Gelegenheit, die
Arbeit bei einem Hochofen, in einem Hammerwerk, in einer Blechhütte, in
einem Drathwalzwerk Genauer zu betrachten. Die Lage des Ortes zwischen
dem schönen grünen Wald ist über Beschreibung reizend. Den Namen hat
er von zwei üefen Eindrücken in dem Felsen nahebei, die menschlichen, doch
Riesenfußspuren ungefähr ähnlich sehen; sie sollen nach der Sage von einer
Hünenjungfrau herrühren, die, zu ihrer Freundin auf dem R am berge
zu gelangen, von hier über das Selkethal weg hinüber sprang. Nicht
weit davon auf einem andern Felsen steht ein hohes eisernes Kreuz, das
hat ein preußischer Prinz errichtet zu Ehren seines Schwiegervaters, eines
Herzogs von Anhalt. Ein schöner Weg an der Selke entlang, zwischen
waldigen Höhen und schroffen Felsen sich mannigfach windend, führt uns
nach Alexisbad, einem berühmten Eisenbad. Die Victorshöhe ist
der höchste Punkt des Ramberges (und des Unterharzes überhaupt). Eine
Menge mächtiger Granitblöcke liegen hier zwischen dem schönen Buchenwald
zerstreut umher. Ein hoher hölzerner Thurm arrf der Spitze des Berges
bietet eine weite Fernsicht. Unsere Wanderung führt uns nun wieder
in unsere Provinz, nämlich nach Stecklenburg, Lauenburg, Georgs-
höhe, Tanzplatz, Rosstrappe. All' diese Punkte gewähren herr-
liche Aussichten, die beiden ersten haben außerdem Ruinen alter Burgen,
(wie schon der Name vermuthen läßt), die schönsten aber sind die beiden
letzten. Der Tanzplatz selber ist ohne Baum und Strauch, nur mit
Haidekraut bewachsen; man hat aber von ihm eine herrliche Aussicht auf
die hochaufgethürmten, weithin zerstreuten Granitfelsen in wunder-
samer Gestaltung und Verbindung, auf die Bode in der Tiefe, die sich
durch die harten, hohen Felsen bald still, bald in rauschendem Falle
hindurchdrängt, gegenüber auf die Rosstrappe, den schönen Wald
ringsum und das Harzgebirge im Westen. Es isi übrigens der Tanz-
platz fast noch hundert Fuß höher gelegen, als die Rosstrappe (nämlich
lener 1550 Fuß, diese 1452 Fuß über dem Meeresspiegel). Wir kom-
men aber da nicht hinüber, wie jenes Riesenftäulein, das, von ihrem
aufgedrungenen Bräutigam verfolgt, sich auf ein Zauberrosi schwang und
mit diesem in einem kühnen Sprung auf dem Felsen gegenüber glücklich
ankam. Der Eindruck von des Roffes Huf ist eben die Rosstrappe.
So die Sage. Die wahre Entstehung lehrt uns das folgende Gedicht.
Die Rosstrappe.
Druiden haben und Barden, mit erobertem
Eisen, in den Felsen gehau'n das einzige Mal
Der Urjahrhunderte Deutschlands,
Den Huf des heiligen weißen Rosses
27'
1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
21 (411)
Grenze nach Westen bildet der Heidelberg, ein schöner schattiger Hain mit
einer Kunststraße bis Helsungen. Im Norden der Stadt, eine halbe Stunde
von ihr entfernt, liegt der Re gen st ein (Reihenstein), vormals eine preu-
ßische Festung (s. t>.\ — Von hier gehen wir über den Ziegenkopf und
Hüttenrode, vorbei an der wunderschön im tiefen, stillen Grunde an der
vorbeirauschenden Bode gelegenen Marmormühle, wo der oberhalb
im Berge gebrochene Marmor geschliffen wird, nach Rübeland. Hier ist
ein großes Hüttenwerk mit zwei Hochöfen, die jährlich 25,000 Centner Eisen
liefern, und nahe dabei die zwei berühmten Höhlen, rechts von der Bode
die Biels-, links die Baumannshöhle, merkwürdig durch ihre vielen
auf- und abwärts, in die Länge und Quere gehenden Gänge, deren Ende
noch kein Mensch erforscht hat, und durch ihre mannigfachen, wundersamen
Tropfsteinbildungen, welche mit dem aufgelösten Kalk das durchgesickerte
Wasser erzeugt. Die erstere soll ihren Namen von einem Götzen Biel,
den die Heiden hier verehrt, erhielten haben, die letztere von einem Berg-
mann, Namens Baumann, der, Erze suchend, diese Höhle entdeckte, sich
aber beim weitern Vordringen verirrte und erst nach zweitägiger Todes-
angst in der grausigen, dunkeln Tiefe den Weg zum Sonnenlicht wieder-
fand, den Seinigen, was er gesehen und gelitten, erzählte, und starb. Am
Ausgang des Dorfes sehen wir Trümmer einer Burg, Birkenfeld, auf
der rechten Seite der Bode, da sollen in alten Zeiten Räuber gehaust und
davon der Ort den Namen erhalten haben Rübeland, d. h. Räuber-
land. — Indem wir nun dieses Dorf verlassen und uns weiter nach Westen
wenden, kommen wir aus dem Braunschweigischen, das wir mit
Wienrode betraten, in das Gebiet von Hannover. Wir folgen aber nicht
der Chaussee, die nach Elbingerode führt, sondern wir bleiben im Thale
der Bode, und kommen an mehreren Hüttenwerken vorbei, an Rothe Hütte
und Lüdershof, Neuhütte, Basthütte und Elend und an den merkwürdigen
Felsen, den Schnarchern zur Linken (die magnetische Kraft haben), und den
Feuersteinen zur Rechten, und den Trümmern einer alten (Räuber-) Burg,
der Elendsburg, nach dem Dorf, das auch ein Hüttenwerk, und das
schönste am ganzen Harze ist, Schierke. Es ist dies ein gar lieblicher
Weg, von anmuthig wechselnden Bildern. Von Schierke befinden wir uns
nun wieder in unserm Regierungsbezirk Magdeburg. Wir sind aber jetzt
schon auf ziemlicher Höhe; denn Elbingerode liegt 1406 Fuß über dem
Meeresspiegel, Elend 1396, Schierke 1830 Fuß. Letzteres liegt aber am
Fuß des Brockens, und den wollen wir nun ersteigen. Es führt von hier
aus ein gebahnter Weg auf die Spitze des Berges. Je höher wir steigen,
desto dünner wird die Luft, desto kälter und stürmischer. Den Kundigen
erfreut unterwegs vornehmlich, den Wechsel des Gesteins zu beobachten,
unten am Fuß des Gebirges Flötzgebirg, dann das sogenannte Ueber-
gangsgebirge (Grauwacke, Thonschiefer, Kalkstein u. a.) und weiter
oben, ungefähr von 1700 Fuß an bis zur Spitze Granit. Auch die
Blumen und Gräser und Bäume, versteht sich, unterliegen diesem Wechsel,
und je höher, desto geringer ist die Vegetation; zwar wachsen noch in einer
Höhe von _ mehreren tausend Fuß manche seltene Pflanzen in großer Fülle,
aber die einzeln stehenden Fichten sind wie Zwerge gegen die in der Tiefe
wachsenden, und ganz oben findet sich nur noch Moos und Gesträuch und
Haidekraut. Auf der höchsten Spitze steht ein Gasthaus und ein hölzerner