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und Leben oft höchst unsicher, und viele Unglückliche sind
auf demselben im Schneesturm, und verweheten Klüften
umgekommen.
Da erweckte Gott ein kindliches Gemüth, voll rechter
Liebe, ein Findelkind, Heinrich genannt, das im
Jahre i586 die Brüderschaft des heiligen Chri-
st ops am Arlsberge stiftete, welche die Verunglückten
retten sollte. Er erzählt selbst, sein Leben und seine Stif-
tung, nach damaliger einfacher Sitte und Art, also:
„Ich heiße Heinrich Findelkind. Mein (Pfleg-) Vater
der mich fand, hieß der Maler von Kempten. Er ver-
darb Bürgschaft halber, und hatte 9 Kinder, ich war
das zehnte. Da wies er uns zur Halste fort, daß wir
in Dienste gehen sollten. Da kam ich, Heinrich, zu zwei
Priestern, die wollten gegen Rom ziehen, und mit diesen
ging ich über den Arlberg, und kam zu Jacklein über
den Rhein. Da sprach Jacklein : »wo wollt Ihr mit dem
Knaben hin! « Da sprachen die Herren, er ist zu uns ge-
kommen auf dem Feld. Da sprach Jäckel: „wollt Ihr
ihn hier lassen, daß er uns das Vieh hüte? “ Da spra-
chen sie: was er thut, ist uns lieb. Da dingten sie
mich, und gaben mir das erste Jahr zwei Gulden. Da
war ich bei dem Jacklein zehn Jahre, ging mit ihm zur
Kirche in dem Winter, und trug ihm das Schwerdt nach.
Da brachte man viel Leute, die waren auf dem Arlberge
im Schnee verdorben, denen hatten die Vögel die Augen
aus und die Kehle abgefressen. Das erbarmte mich so
schmerzlich. Da hatt' ich fünfzehn Gulden verdient mir
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich_Findelkind Heinrich Heinrich Heinrich Jacklein Jäckel
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seines Bruders die Waffen gegen den Grafen Günther von
Schwalenberg, als dieser zum Erzbischof von Magdeburg
gewählt worden war. Schon näherte er sich mit starken Schrit-
ten der Stadt Magdeburg, als Günther mit kühnem Muth an
der Spitze der Einwohner ihm entgegen ging, ihn angriff, schlug,
und den Markgrafen selbst gefangen nahm. Sogleich wurde
der Besiegte nach Magdeburg geführt, und gleich einem gemei-
nen Verbrecher in einen, aus Bohlen verfertigten, Käsig ge-
setzt. Alle Bemühungen der Brandenburger, ihren unglückli-
chen Markgrafen zu befreien, waren vergeblich, und selbst ihre
Verwüstungen und Eroberungen im Magdeburgischen fruchtlos.
Da erinnerte sich Otto eines alten, treuen Ministers, des Jo-
hann v. Buch, der seinem Vater lange redlich gedient hat-
te, aber bei ihm in Ungnade gefallen war, weil er dem jungen,
feurigen Markgrafen nicht, wie die übrigen Räthe, schmeichel-
te, sondern ihm bei vorkommenden Veranlassungen freimüthig
die Wahrheit sagte. Otto schrieb daher an seine Gemahlinn
Hedwig, und bat sie, diesen alten, verstoßenen Diener we-
gen seiner Befreiung zu Rathe zu ziehen. Wirklich ließ sich
auch v. Buch durch die Thränen der Markgräsinn bewegen,
ihr einen klugen Anschlag einzugeben, der glücklich von Stat-
ten ging. Sie reifete auf seinen Rath selbst nach Magdeburg,
wo sie jeden Domherrn allein sprach und durch Geschenke ge-
wann. Diese brachten es auch durch ihre Vorstellungen dahin,
daß der Erzbischof sich gefallen ließ, dem Otto gegen ein Löse-
geld von 4000 Mark Silbers (56,000 Rthlr.) die Freiheit zu
geben. Auf das feierliche Versprechen, diese Summe in 4 ^Lo-
chen zu zahlen, erhielt Otto die Erlaubniß, in seine Länder zu-
rückzugehen. Freudig und beglückend war das Wiedersehn sei-
ner hochherzigen Gemahlinn und seines treuen Dieners v.
Buch. Aber wo das Geld hernehmen, ohne seine Untertha-
nen, die schon durch den Krieg so viel gelitten hatten, mit ei-
ner außerordentlichen Steuer zu belegen? Er entschloß sich da-
her, die kostbaren silbernen und goldenen Geräthe der Kirche
zu veräußern. Da trat der alte Buch vor ihn hin, und machte
sich anheischig, ihm auf einem kürzern Wege Geld zu verschaf-
fen; er möchte ihm nur r^ach Angermünde (einem Städt-
chen in der Uckermark) folgen. Hier führte er den erwartungs-
vollen Markgrafen in die Kirche, öffnete dort einen mit star-
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Extrahierte Personennamen: Günther Günther Otto Otto Hedwig Otto Otto
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Friedrich der Sanftmüthige hatte nämlich mit seinem
Bruder, dem Herzog Wilhelm, einen langwierigen Krieg ge-
führt, der in der Geschichte Sachsens unter dem Namen des
Bruderkrieges bekannt ist. In diesem Kriege hatte ein Edel-
mann, Kunz v. Kaufungen, seine Güter in Thüringen
verloren, und dafür andere Besitzungen im Meißner Lande zu
seiner Entschädigung erhalten. Als nun im Frieden alles wie-
der in seine vorige Ordnung hergestellt wurde, erhielt auch Kunz
seine Thüringischen Güter zurück, weigerte sich aber, die ihm
eingeräumten Besitzungen im Meißnischen wieder herauszuge-
den. Da ihn nun ein rechtlicher Ausspruch dazu zwang, so
wurde er darüber so erbittert, daß er sich an dem Kurfürsten
selbst zu rachen beschloß. — Er entwarf daher den Plan, die
beiden Söhne des Kurfürsten, Ernst und Albrecht, aus
dem Schlosse zu Altenburg zu entführen, und verband sich in
dieser Absicht mit einigen eben so boshaften als verwegenen
Edelleuten, Wilhelm v. Mosen und Wilhelm v.
Schönfeld, die ihm zur Ausführung seines Anschlags be-
hülflich seyn sollten. Ein bestochener Küchenjunge, Namens
Hans Schwalbe, benachrichtigte ihn eines Tages, wäh-
rend der Kurfürst in Leipzig war, daß die Kurfürstinn mit den
beiden Prinzen allein sey, indem der Kanzler den Hosleuten ein
großes Gastmahl gebe. Kunz und Mosen erstiegen daher um
Mitternacht, mittelst einiger Strickleitern, die Hans Schwal-
be an ein Fenster in der Kurfürstlichen Küche befestiget hatte,
die Mauern des Schlosses, und überfielen die jungen Prinzen
in ihrem Schlafzimmer. Die Kurfürstinn erwachte zwar von
dem Geräusch, trat an's Fenster, und sah, daß Kunz ihre bei-
den Prinzen wegführe. Sie wollte Lärm machen; aber Kunz
hatte die Thüren verschließen lassen. In der Angst rief sie noch
durch's Fenster: lieber Kunz, thue nicht so übel an mir und
meinem lieben Herrn, verschone meine Kinder, es sollen alle
deine Sachen gut werden! Auch die beiden Prinzen weinten,
baten und fleheten, er möchte sie doch wieder zu ihrer Mutter
führen; aber weder die Thränen der Kinder, noch das Flehen
der Mutter halfen. Kunz eilte mit seinem Raub davon, gab
den ältern 13jährigen Prinzen an Mosen und Schönfeld, um
ihn nach Franken zu führen, und den 11jährigen Albrecht be-
hielt er selbst, um ihn nach Böhmen zu bringen. — Als er
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Sanftmüthige Friedrich Wilhelm Kunz Kunz Ernst Albrecht Albrecht Wilhelm Wilhelm Hans_Schwalbe Kunz Hans_Schwal- Kunz Kunz Kunz Albrecht Albrecht
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12. Preußen.
Der dnrtfche Kaiser Heinrich I hatte gegen die wilden
heidnischen Wenden an der Ostsee die Markgrafschaft (d. h.
Grenzgrafschaft), Brandenburg gestiftet, und dem Grafen
derselben aufgetragen, darüber zu wachen, daß das Volk der
Wenden keine Raubjüge mehr nach Deutschland machen könne.
Einer dieser Markgrafen: Albrecht, wegen seiner Tapferkeit
der Bar genannt, eroberte fast das ganze Land der Wenden,
ließ stc im Christenthum unterrichten, führte die deutsche
Sprache unter ihnen ein, erbaute die Stadt Berlin und an-
dere Städte; und nahm viele Holländer, die sich vor den da-
mals hereinbrechenden Meereswogen flüchteten, bei sich auf,
und wies diesen armen, aber fleißigen Leuten wüste, aber
fruchtbare Stellen zum Anbau an. Nachher wurden die
Markgrafen von Brandenburg zu Churfürsten gemacht. An
Churfürsten gab cs überhaupt neun in Deutschland; sic hatten
das Amt und Recht, einen neuen Kaiser zu wählen, wenn der
alte gestorben war. Um's Jabr 1ä15 wurde der Fürst Frie-
drich von Hohen zollcrn^ Burggraf von Nürnberg, vom
Kaiser zum Churfürsten von Brandenburg gemacht.. Das war
ein wackerer Fürste und ist der Stamm-Vater des jetzigen so» /
niglichen Hauses. Kur; vor dem dreißigjährigen Kriege bekam
das Land einen Zuwachs. Der Churfürst erhielt die Graf»
schäften Cleve am Niederrhein, Mark in Westphalen^ und
an den Grenzen von Rußland das Herzogt hum Preußen.
Während jenes Krieges aber wurde das Land fürchterlich ver-
heert; in der großen Stadt Berlin wohnten zuletzt nur noch
300 Mcnfchein Da that es dem Lande besonders wohl, daß
ihm Gott in seinem Churfürsten Friedrich- Wilhelm^ dem
Großen, einen treuen Vater gegeben hatte» Er schlug die ge-
fürchteten Schweden bei F ehr bellin,- in der Nahe von Rup-
pin, demüthigte den feindseligen König; der Polen,, und als
man nun vor dem noch kleinen Lande Achtung, haben mußte
und ihn in Ruhe ließ,, da. wendete er die Zeit sorgfältig an,
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_I Heinrich Albrecht Albrecht Burggraf_von_Nürnberg
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Deutschland Berlin Brandenburg Deutschland Brandenburg Niederrhein Westphalen Berlin Friedrich-_Wilhelm^ Schweden Polen