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Bogenschießen und Speerwerfen üben; gern begleiteten sie den Vater
auf' die Jagd. Die Mädchen blieben bis zu ihrer Verheiratung im
Elternhause. Wenn der Bräutigam die Braut heimführte, fo schenkte
er ihr wohl ein Streitroß oder ein Paar angeschirrte Stiere oder auch
Lanze und Schild. Letzteres sollte ihr sagen, daß sie ihm nötigenfalls
auch in den Kampf folgen müsse. Der erwachsene Sohn wurde durch
die „Schwertleite" für mündig und wehrhaft erklärt. Damit war er
aus der väterlichen Vormundschaft entlassen und konnte jetzt gehen,
wohin er wollte. Mancher jüngere Bruder blieb auf dem Hofe des
älteren und arbeitete für ihn; viele Erblose aber zogen in die Fremde
lz. B. zu den Römern), um Hos- und Heerdienst zu suchen.
6. Votksklassen und Volksversammlungen der alten Deutschen
Bei unsern Altvordern gabs zwei Menschenklassen: Freie und Unfreie. Die
Freien waren entweder Edle oder Bauern; die Unfreien Hörige oder
Sklaven. Jeder Germane, der einen Hof besaß, war ein freier Mann.
Er allein durfte Waffen tragen und die Volksversammlungen besuchen.
Die freien Männer eines Gaues kamen zur Zeit des Neu- oder Vollmondes
auf der Malstatt zusammen. Sie hielten hier Rat über Krieg und Frieden,
schlossen Bündnisse mit anderen Gauen und hielten Gericht über Angeklagte.
Konnte man durch Zeugen nicht feststellen, oll der Angeklagte schuldig oder
unschuldig sei, dann entschied das Gottesurteil. Das war zwischen Freien
der Zweikampf, bei Unfreien die Feuer- oder Wasserprobe. Der Verurteilte
zahlte als Strafe das Wergeld (Rosse, Rinder usw.). Ein Todesurteil über
einen freien Mann durfte nur die Gottheit durch den Mund des Priesters
sprechen. Endlich wurde in den Versammlungen die Schwertleite erteilt.
Sie endigten mit einem Festgelag. — Einzelne Stämme hatten schon in
früher Zeit Könige. Diese führten den Vorsitz in den Volksversammlungen
und im Gericht und hatten den Oberbefehl im Kriege. Junge, erblose
Germanensöhne traten gern in den Dienst eines Königs. Sie bildeten sein
Gefolge und dienten ihm treu bis in den Tod. Der König dagegen nährte,
schützte und beschenkte sie. — Die Hörigen waren freigelassene Sklaven und
lebten als Pächter aus dem Gut eines freien Mannes. Als rechtlose Knechte
(Sklaven) traf man auf deutschen Gehöften fast nur Kriegsgefangene an, die
gleich dem Vieh verkauft werden konnten.
Eine größere Anzahl von benachbarten Grundbesitzern bildete eine
Gemeinde (Markgenossenschaft), mehrere Gemeinden einen Gau, mehrere Gaue
einen Stamm.
7. Die Religion der alten Deutschen war einfach und
sinnig. Sie verehrten die gewaltigen Kräfte der Natur, die sie sich
als persönliche Wesen, als Götter, dachten. Der höchste Gott der
Germanen war Wodan (Allvater), der Herrscher der Welt. Als ein-
äugiger, streitbarer Held, umwallt vom blauen Sturmmantel, den grauen
Wolkenhut auf dem Lockenhaupt, jagt er auf weißem Rosse im Wetter
durch die Lüfte. Das „wütende Heer" folgt ihm. Sein Thron steht
in Walhalla. Von dort aus spendet er Regen und Sonnenschein, gibt
er wackeren Helden den Sieg. Zwei Raben tragen ihm Kunde zu
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hier aus zogen sie siegend durch Nordafrika. Endlich setzte ihr Feldherr
Tarik sogar über die Meerenge von Gibraltar, besiegte die Westgoten in
Spanien und eroberte fast die ganze Halbinsel. Zwanzig Jahre später brach
ein Maurenheer in das Frankenreich ein, um es zu erobern und das Christen-
tum auszurotten. Da warf sich ihm der tapfere Feldherr des Frankenkönigs,
Karl Martell, mit dem Heerbann der Franken entgegen. Er schlug die
Muselmänner so gründlich aufs Haupt, daß sie in wilder Flucht nach Spanien
zurückwichen (732). So wurde Karl Martell der Retter des christlichen
Abendlandes.
8 43. Das Lehnswesen und Königtum in Deutschland.
1. Wie das Lehnswesen entstand. Wenn ein wandernder Germanen-
stamm ein Land erobert hatte, so betrachtete er es als Kriegsbeute. Jeder
Mitkämpfer bekam ein Stück desselben als freies Eigentum. Der Heerkönig
nahm die römischen Staatslündereien als herrenloses Gut für sich. So
gewann er reichen Grundbesitz (Krongüter, Domänen). Mit milder Hand
schenkte er davon seinen Getreuen, später auch der Kirche, manch reiches Gut-
Auch des Königs Beamte erhielten solche Güter als Sold für ihre Dienste.
Ein Gut, welches nur zur Nutznießung, nicht zum Eigenbesitz ver-
liehen war, nannte man ein Lehen. Der damit Beschenkte war Lehns-
mann (Vasall, Mann) des Gebers. Der Lehnsmann war seinem Lehns-
herrn in Treue bis an den Tod zum Dienste verpflichtet. Durch Treu-
losigkeit verlor er sein Lehen. Der Lehnsherr dagegen schützte seinen Mann
in jeder Not. Deshalb nahmen allmählich kleinere Grundbesitzer gern ein
Lehen von einem Mächtigen an und wurden seine Vasallen. Ja, viele
Bauern gaben ihr Gut an einen Großen des Reiches und nahmen es als
Lehen zurück. Dann standen sie in dem Schutz ihres Fürsten oder Bischofs.
Je mehr das Lehnswesen sich ausdehnte, um so kleiner wurde die Zahl der
freien Männer. Die Macht der Großen aber, besonders der Könige und
Fürsten, wurde dadurch sehr gestärkt.
2. Wie deutsche Könige lebten. Der deutsche König war der
größte Grundherr in seinem Reiche. Durchs ganze Land zerstreut lagen
seine Krongüter, die ihm und seinem Hof den Lebensunterhalt spendeten.
Auf dem Gut stand eine Burg (Pfalz). Er hatte in jener Zeit keine feste
Residenz; sondern war bald auf dieser, bald auf jener Pfalz. Seine Getreuen
begleiteten ihn. Einzelne derselben hatten bestimmte Dienste zu leisten. So
mußte der Kämmerer die Gelder und Kleinodien des Königs bewahren;
der Marschalk beaufsichtigte das Gesinde und den Marstall des Königs;
der Truchseß besorgte die königliche Tafel; der Mundschenk kredenzte
den Wein; der Kanzler hatte Gesetze und Urkunden zu schreiben und zu
bewahren; und der Hausmeier beaufsichtigte die königlichen Güter und
befehligte das Gefolge seines Herrn.
8 46. Borrifazius, der Apostel der Deutschen. 1. Boni-
fazius will Missionar werden. Winfried — denn so hieß er
nach seinem Vater — war der Sohn eines reichen Edeltnannes in
England. In seinem Elternhause kehrten oft Priester ein, die den
Heiden im Lande das Evangelium verkündigten. Solche Männer heißen
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Extrahierte Personennamen: Karl_Martell Karl Karl_Martell Karl Apostel Winfried_— Winfried
Extrahierte Ortsnamen: Nordafrika Spanien Frankenkönigs Spanien Deutschland England
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c) Die Eroberung Bayerns fällt in die Zeit der Sachsenkriege.
Schon lange stand das Land unter der Oberhoheit der Frankenkönige, hatte
aber noch seinen eigenen Herzog. Als dieser die Treue brach und sogar die
räuberischen Avaren aus Ungarn zur Hülfe rief, zog Karl heran, setzte ihn
ab und schaffte die Herzogswürde in Bayern ab. Die Avaren besiegte er,
nahm ihnen unermeßliche Schätze und das Land zwischen Enns und Raab
ab. Das Gebiet schlug er als „Ostmark" zu seinem Reiche. — So war das
Ziel erreicht: Karls Reich umschloß alle deutschen Stämme und noch fremde
Gebiete dazu.
6. Karl wird zum Kaiser gekrönt. Im Jahre 799 wurde Papst
Leo Iii. aus Rom verjagt. Er kam zu König Karl nach Paderborn und
flehte ihn um Schutz an. Karl führte ihn mit einem Heere nach Rom zurück
und setzte ihn als Papst wieder ein. Als nun der König am Weihnachtstage
des Jahres 800 in der Peterskirche am Altar knieete, um zu beten, setzte der
Papst ihm eine goldene Krone aufs Haupt. Da ries das versammelte Volk:
„Heil und Sieg dem großen, friedebringenden Kaiser der Römer!" Knieend
huldigte nun der Papst dem Kaiser und dieser gelobte, die heilige Kirche mit
starkem Arm zu schützen. Das alte römische Kaisertum war wieder aufge-
richtet, aber es war nun „das h. römische Reich deutscher Nation." Es
sollte ein christliches Weltreich sein, in welchem der Kaiser als höchster welt-
licher Herr, der Papst als das Oberhaupt der Kirche walten sollte.
7. Wie Kaiser Karl sein Reich regierte. Karl hatte sein großes
Reick, in Gaue (im Innern) und Marken (an den Grenzen) eingeteilt. Über
jeden Gau setzte er einen Gaugrasen, in jede Mark einen Markgrafen. Die
Grafen mußten die Befehle des Kaisers ausführen, das Gericht halten und
den Heerbann führen. Der Heerbann bestand aus den freien Männern eines
Gaues. Die reichen dienten als Reiter, die ärmeren als Fußvolk. Sold
gab es nicht, sondern jeder Krieger mußte sich selbst erhalten. Sendgrafen
hatten alle Jahre nachzusehen, ob die Beamten ihr Amt treulich verwalteten.
Im Frühjahr versammelte der Kaiser die Großen seines Reiches um sich
(Maifeld) und hielt Rat mit ihnen, was zum Wohl des Reiches zu tun
nötig sei. Die Gesetze, welche hier beschlossen wurden, ließ Karl aufschreiben
und im ganzen Reiche bekannt machen, damit jeder wisse, was er zu tun und
zu lassen habe.
8. Karls Sorge für seine Untertanen. Wie ein kluger Haus-
vater sorgte der Kaiser für das Wohl seiner Völker. Seine durch das ganze
Reich zerstreut liegenden Krongüter (Königshöfe) waren Musterwirtschaften.
Hier konnten die Bauern lernen, wie man mit größtem Nutzen den Acker
bauen, Viehzucht und Bienenzucht, Obst- und Weinbau treiben müsse; wie
man die gewonnenen Rohstoffe (Wolle, Flachs usw.) verarbeiten und mit
Nutzen verkaufen könne. Jeder Königshof stand unter einem Vogt (Pfalz-
grafen), der zu Weihnacht jedes Jahres genau Rechnung ablegen und die
Erträge des Gutes an den kaiserlichen Hof abliefern mußte. Auf den
Gütern des Kaisers entwickelten sich auch bereits selbständige Handwerke,
wie das der Schmiede von Waffen und Geräten, der Gerber, Sattler,
Küfer, Bäcker u. a.
Was Karl für die Bildung der Jugend tat, wissen wir bereits (S. 81, 3).
Nicht minder sorgte er für die Erwachsenen seines Volkes. Jeder sollte mindestens
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Extrahierte Ortsnamen: Bayerns Ungarn Bayern Karls Rom Paderborn Rom Reick
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Streitroß in den Fluß, um hindurchzuschwimmen. Da riß ihn der Strudel
hinab in die Flut. Als die Seinen ihn ans Land zogen, war er eine Leiche.
Unermeßlicher Jammer erhob sich im Kreuzheer. Viele Kreuzfahrer zogen
heim und brachten die Trauerkunde nach Deutschland. Man wollte nicht
glauben, daß der gewaltige, geliebte Kaiser tot sei. Die Sage ließ ihn tief
im Schoße des Kyffhäuser schlafen, von wo er wieder kommen sollte, um
des Deutschen Reiches Herrlichkeit wieder aufzurichten.
8 60. Die kaiserlose Zeit. Um die Mitte des 13. Jahr-
hunderts starb der letzte Kaiser aus dem Hause der Hohenstaufen. Die
deutsche Kaiserkrone kam in die Hand fremder Fürsten. Diese führten zwar
den Kaisertitel, aber sie hatten keine Macht im Reiche. Das war die „kaiser-
lose, die schreckliche Zeit" für unser Vaterland. Die Fürsten des Reiches
schalteten und walteten nach Gutdünken. Sie schlossen Bündnisse miteinander
gegen Ritter und Städte; die Ritter und Städte dagegen verbündeten
sich gegen die Fürsten und gegeneinander. Es war vielfach ein Krieg aller
gegen alle. Wer die stärkste Faust hatte, behielt schließlich Recht (Faustrecht).
Die Ritter überfielen von ihren festen Burgen aus den Kaufmann, der mit
seinen Waren durch die Lande zog. Sie beraubten ihn, warfen ihn ins
Burgverließ und erpreßten großes Lösegeld von ihm. Ein Ritter sagte dem
andern Fehde an, überfiel dessen Dörfer, raubte sie aus und verbrannte sie,
verwüstete die Felder und trieb die Herden davon. Die unglücklichen Bauern
standen dem wehrlos gegenüber. Am besten waren noch die Bürger der
festen Städte daran. Sie hatten wenigstens Schutz hinter ihren Mauern.
Freilich mußten sie diese nicht selten gegen Fürsten und Ritter in schweren
Kämpfen verteidigen.
8 61. Die Femgerichle. 1. Was sie waren. Wir wissen,
daß Karl d. Gr. Gaugrafen einsetzte, die im Namen des Kaisers auch Gericht
in ihrem Gau halten mußten. Der Graf war Vorsitzender im Gericht; die
Richter (Schöffen) wurden aus freien Männern gewählt. Der Gerichtsplatz
hieß Malstatt, später „Freistuhl". Die freien Männer, welche nicht Schöffen
waren, bildeten den „Umstand". In Westfalen haben sich diese Gerichte am
längsten gehalten. Sie hießen später Femgerichte. Schöffen konnten nur
freie, makellose Männer werden. Fürsten, Ritter und Bürger suchten die
Ehre, Freischöffen zu sein. Diese bildeten schließlich einen großen Bund, der
seine Mitglieder in ganz Deutschland hatte. Der Bund hatte einen besonderen
Gruß und eine heimliche Losung, d. h. wenige Worte, deren Sinn nur die
Mitglieder wußten. Daher hießen sie auch wohl die Wissenden. An Gruß
und Losung erkannten sie sich überall in der Welt. Die Gerichtsdiener
hießen Fronboten.
2. Wie die h. Feme richtete. Ein echtes Femgericht konnte nur
auf der „roten Erde" Westfalens gehalten werden. Der oberste Freistuhl
stand bei Dortmund. Die Feme richtete besonders schwere Verbrechen:
Mord, Raub usw. Der Fronbote mußte den Angeklagten durch einen Brief
mit 7 Siegeln laden. Am Gerichtstage traten Freigras und Schöffen am
Freistuhl bei Hellem Tageslicht zusammen. Nur Wissende durften zugegen
sein. Daher nannte man das Gericht „heimliches" Gericht. Vor dem Frei-
grafen lag ein Schwert, das Zeichen der höchsten Gerichtsbarkeit, und ein
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Extrahierte Personennamen: Karl_d Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Burgverließ Westfalen Deutschland Westfalens Dortmund
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aus. Die einzelnen Meister einer Zunft wohnten meist in einer Straße bei-
einander. Daher stammen die noch heute vorkommenden Straßennamen:
Schmiede-, Knochenhauer-, Seilwinder-, Kramer-, Bäckerstraße usw. Aus dem
Marktplatz und in den Kaufhallen standen die Bänke der Meister von der-
selben Zunft nebeneinander.
4. Wie die Bürger lebten. Wenns Licht anbrach, weckte der
Hausvater das Ingesinde zur Arbeit. Nach dem Morgengebet wurde das
Morgenbrot gemeinsam eingenommen. Es war eine Bier- oder Mehlsuppe
mit Brot. Dann gingen Bürger und Tagelöhner, Meister und Geselle, Knecht
und Magd an ihre Arbeit. Der Torwart öffnete das Stadttor. Lastwagen
und Viehherden zogen aus und ein. Der Marktplatz belebte sich. Warenzüge
fuhren heran; die Waren wurden abgeladen, geprüft und gewogen, und der
Handel konnte beginnen. Zwischen der geschäftigen Menge des Volkes ritt
der Ratsherr zum Rathause, schritten Priester und Mönche zu den Gottes-
häusern und Hospitälern, trieben sich zahlreiche Bettler umher. Die Mahl-
zeiten nahm der Bürger mit seiner Familie und dem Gesinde zusammen ein.
Mann und Frau aßen von einem Teller. Gabeln hatte man noch nicht. Die
in der Küche bereits zerschnittenen Fleisch- und Gemüsestücke fischte man mit
dem Zinnlöffel oder Messer aus der Suppe heraus. Im ganzen lebte der
Bürger sehr einfach; bei Hochzeiten, Kindtausen und sonstigen Festen aber ließ
man etwas daraufgehen. Dann brach die häßliche Eigenschaft der Deutschen,
daß sie unmäßig im Essen und Trinken waren, wieder durch. — Mit Sonnen-
untergang wurden die Tore geschlossen und auf den Arbeitsstätten gabs
Feierabend. Dann gingen Meister und Geselle in die Trinkstube ihrer Gilde.
Andere saßen nachbarlich vor dem Hause zusammen, plauderten oder sahen
dem Spiel und Tanz der Zugend zu. Wenn die Ratsglocke zum zweiten
Male ertönte, ging man zur Ruhe. Ruhestörer wurden von der Scharwache,
die nachts die Straßen durchzog, hinter Schloß und Riegel gebracht.
5. Wie die Stadt regiert wurde. Eine Stadt, die keinen andern
Herrn über sich hatte, als den Kaiser, war eine freie Reichsstadt. Solche
Städte, welche unter einem Herzog, Bischof oder Fürsten standen, hießen
Landstädte. Der Herr der Stadt setzte ihr den Vogt, der an seiner
Statt das Gericht halten mußte. Reiche Städte kauften ihrem Herrn seine
Rechte ab. Dann führte der Rat der Stadt allein das Regiment, hielt das
Gericht, ließ Münzen prägen, erhob Zölle und Steuern, und niemand durfte
ihm dreinreden. Die Zünfte hatten zuerst keinen Anteil an der Verwaltung
der Stadt. Rach und nach aber erwarben sie die Rechte freier Männer.
Jetzt verlangten sie Sitz und Stimme im Rat der Stadt. In manchen
Städten gab der Rat ihnen solche freiwillig; in den meisten haben sie sich
dieselben blutig erkämpfen müssen.
8 liti. Das Kriegswesen im Mittelalter. Ursprünglich
war jeder freie, deutsche Mann mit gesunden Gliedern zugleich ein Kriegs-
mann. Alle diese zusammen bildeten den Heerbann. Der Führer des
Heerbannes war der Herzog. Stämme, die einen König hatten, gehorchten
ihm als ihrem Anführer. Später war der Kaiser oberster Kriegsherr. Jeder
Stamm aber wurde von seinem Herzog geführt. Der Heerbann bestand
meist aus Fußvolk; nur die Anführer und Edlen waren beritten. Seit der
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Strick als Zeichen der Macht über Leben und Tod. Nun wurde der An-
geklagte mit verbundenen Augen vorgeführt. Der Freigraf hielt ihm sein
Verbrechen vor. Bekannte er sich schuldig, so wurde er, falls das Urteil
auf den Tod lautete, sofort gehenkt. Schwur er den Reinigungseid, so konnte
der Ankläger mit drei Eideshelfern dagegen auftreten. Vermochte der An-
geklagte schließlich 21 Eideshelfer zu stellen, die seine Unschuld beschworen,
so wurde er freigesprochen. Erschien der Angeklagte nicht vor Gericht, so galt
er für schuldig. Er wurde dann in die Acht getan «verfemt), d. h. für vogelfrei
erklärt. Jeder Wissende hatte die Pflicht, den Verfemten aufzuhenken, wo
er ihn traf. Er mußte aber sein Messer neben dem Gehängten in den
Baum stechen zum Zeichen, daß hier die Feme gerichtet hatte. Auf diese
Weise wurde mancher Verbrecher unversehens von der Rächerhand gefaßt
und empfing, was seine Taten wert waren. Das war namentlich nötig in
der Zeit, wo das Faustrecht galt.
8 62. Rudolf von Habsburg. 1. Rudolfs Wahl und
Krönung. Rudolf war ein Graf aus dem Schweizerland, einfach und
bieder, klug und heiter, tapfer und kampfessreudig. Sein Stammsitz war
die Habsburg. In seiner kleinen Grafschraft hielt er streng aus Recht und
Frieden. Als nun 1273 die Kurfürsten in Frankfurt a. Main einen neuen
Kaiser wühlen wollten, schlug Burggraf Friedrich von Hohenzollern den Grafen
Rudolf von Habsburg vor. Alle Kurfürsten wählten ihn; nur König Ottokar
von Böhmen nicht, weil er gar nicht eingeladen war. Rudolf nahm die
Wahl an und wurde in Aachen gekrönt. Bei dem Krönungsmahl dienten
ihm die Kurfürsten des Reiches, wie es Brauch war (s. S. 87, § 54).
2. Rudolf schafft dem Reiche Frieden. Der neue Kaiser
wußte sehr gut, daß die Raubritter die schlimmsten Ruhestörer im Reiche
waren. Er nahm sich deshalb vor, ihnen das Handwerk zu legen. Zunächst
griff er den schlimmsten Raufbold, den Grafen Eberhard von Württemberg
an, besiegte ihn und zerstörte seine Burg. Dann zog er mit seinem Heere
durch Thüringen und Rheinland, zertrümmerte die Raubburgen und strafte
die Räuber. In Thüringen allein hat er 66 solcher Raubnester zerstört und
an einem Tage 29 der adeligen Raubritter aufhängen lassen.
3. Rudolf besiegt den Böhmenkönig König Ottokar von
Böhmen war der reichste und mächtigste Fürst im Reich. Er hatte in der
kaiserlosen Zeit auch die deutschen Lande Österreich, Steiermark und andere
an sich gerissen. Jetzt erklärte er, er wolle dem Kaiser, „den der Bettelsack
drücke", nicht huldigen. Als Rudolf nun von ihm verlangte, er solle die
deutschen Länder herausgeben, verweigerte Ottokar den Gehorsam. Da zog
der Kaiser gegen ihn ins Feld. Glücklicherweise kam der deutsche Adel in
Österreich und den andern Ländern Rudolf zu Hülfe. Da unterwarf sich
Ottokar. Rudolf empfing ihn in einfachster Kleidung. „Ottokar hat oft über
mein graues Wams gelacht; heute soll mein graues Wams über ihn lachen",
soll er gesagt haben, als sein Gegner sich in königlicher Pracht nahte. Als
Ottokar den Huldigungseid geschworen hatte, belehnte ihn der Kaiser mit
Böhmen und Mähren. Die deutschen Länder mußte er herausgeben. Voll
Ingrimms zog Ottokar heim und rüstete zum Kriege. Doch Rudolf war auf
der Hut. Er besiegte den Böhmenkönig auf dem Marchselde bei Wien (1278).
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolfs Rudolfs Rudolf Rudolf Burggraf_Friedrich_von_Hohenzollern Friedrich Rudolf_von_Habsburg Rudolf Ottokar
von_Böhmen Ottokar Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Eberhard_von_Württemberg Rudolf Rudolf Ottokar_von
Böhmen Ottokar Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Ottokar Ottokar Ingrimms Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt_a._Main Aachen Rheinland Wien
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Zeit Kaiser Heinrichs I. wurde das anders. Zu dem Fußvolk kamen die
Reiter, später die Ritter. Letztere trugen Eisenhelm, Panzer und Beinschienen
und kämpften mit Schwert und Lanze. Das Fußvolk war mit Pfeil und
Bogen, Speer und Streitkolben (Morgenstern) bewaffnet. Jeder Kriegs-
mann mußte sich seine Rüstung und Waffen selber halten. Die Ritter waren
größtenteils Dienstleute (Mannen, Vasallen) eines Fürsten, Bischofs oder
Klosters. Sie hatten von ihrem Herrn ein Gut zu Lehen, von dessen Er-
trägen sie lebten. Dafür dienten sie ihrem Lehnsherrn als sein Gefolge im
Kriege (s. S. 76, § 45.). Auch jede Stadtburg hatte ihre „Reisigen" d. h.
ritterlichen Vasallen. Sie mußten die Burg und Stadt schützen und ver-
teidigen. Als die Zunftgenossen freie Bürger geworden waren, dursten sie
nicht nur Waffen tragen, sondern sie mußten sich auch im Gebrauch derselben
üben. Sie hatten die Pflicht, als Bürgerwehr die Mauern der Stadt zu
bewachen und zu verteidigen. Ja sie zogen auch mit in die Feldschlacht und
kämpften unter dem Banner ihrer Zunft. Jeder Zunftmeister führte seine
Zunft; alle standen unter dem Oberbefehl des Stadthauptmanns.
2. Wie eine Stadt belagert und verteidigt wurde. Im
Mittelalter war jede Stadt eine Festung (s. S. 106, § 65, 1). Die Reisigen
und ihre Knechte, später auch die Bürger hatten sie zu verteidigen. Jeder
Abteilung war em für allemal ihr Posten auf der Stadtmauer angewiesen.
Wenn es nicht gelang, eine Stadt mit List zu überrumpeln oder durch Hunger
zu bezwingen: dann ging der Weg in dieselbe nur über die Mauer. Denn
sobald ein Feind im Anzuge war, wurden die Zugbrücken aufgezogen und
die Tore verschlossen. Um aber an die Mauer zu kommen, mußten die Be-
lagerer den Graben teilweise zuschütten. Das geschah unter starken Schutz-
dächern und hinter Pfahlwänden. Es kam nun darauf an, daß die Ver-
teidiger diese Schutzvorrichtungen zerstörten. Dazu benutzten sie Wurf-
maschinen, mittelst welcher sie schwere Steine und brennende Pfeile gegen
dieselben schleuderten. War es den Angreifern trotzdem gelungen, den Graben
teilweise auszufüllen, so schoben sie ihre Widder, d. h. Balken mit eisernem
Widderkopf oder dicker Eisenspitze, gegen die Mauer heran. Die Verteidiger
fingen die Stöße der Widder mit Woll- und Strohsäcken aus oder sie
schütteten siedendes Öl, Pech- und Schwefelbrände auf die Balken. Hatten
die Widder eine Lücke (Bresche) in die Mauer gelegt, so folgte der Sturm.
Richt selten rollten die Belagerer auch feste, hölzerne Türme an die Mauer,
an welchen oben eine Fallbrücke befestigt war. In den Türmen stiegen die
Krieger aus Leitern bis nach oben. Wenn ein Turm nahe genug heran-
gebracht war, dann ließ die Besatzung die Fallbrücke hinab und stürmte über
die Brücke auf die Mauer; andere Scharen drangen nach, und nun begann
der entscheidende Kampf. Er endete entweder mit der Eroberung der Stadt
oder mit der Vernichtung der Angreifer.
8 Martin Luther. 1. Wie die Eltern ihren Martin
hart hielten. Martin Luther wurde am 10. November 1483 in
Eisleben geboren. Da er am folgenden Tage, dem St. Martinstag,
getauft wurde, erhielt er den Namen Martin. Sein Vater war ein
Bergmann, streng und ehrenhaft, fleißig und geschickt. Die Eltern
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs_I. Martin_Luther Martin Martin_Luther Martin Bergmann