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König Friedrich Wilhelm Iii. hatte, um feinem Volke den Frieden zu erhalten, an den Kämpfen gegen Napoleon nicht teilgenommen und dafür Hannover besetzen dürfen. Nun bot der französische Kaiser Hannover den Engländern wieder an. Diese Verletzung der Ehre durfte Preußen nicht ruhig hinnehmen, es blieb ihm nichts übrig, als an Frankreich den Krieg zu erklären. Aber Preußen stand allein gegen den gewaltigen Eroberer, nur Sachsen half ihm. Die preußischen Heerführer waren alt und der neuen Kriegsweise unkundig, die Offiziere voll Hochmut. Schon am 10. Oktober 1806 ward die Vorhut der preußischen Armee bei Saalfeld von der feindlichen Übermacht zersprengt, wobei der ritterliche Prinz Ludwig Ferdinand von Preußen sein Leben verlor. Am 14. Oktober kam es zu der unglücklichen Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt. Gleich zu Anfange derselben wurde der preußische Oberfeldherr, der Herzog Ferdinand von Brauu-schweig, von einer Kugel über den Augen gestreift, besinnungslos niedergeworfen. Die tapfer kämpfenden Preußen wurden vollständig besiegt, und ein solcher Schrecken verbreitete sich int Laude, daß die stärksten Festungen, wie Erfurt, Küstrin, Spandau, Magdeburg sich widerstandslos dem Sieger unterwarfen und Napoleon schon am 27, Oktober seinen Einzug in Berlin hielt. _ Doch gab es bei der allgemeinen Entmutigung einige rühmliche Ausnahmen. Der Kommandant von Graudenz, Courbwre, erwiderte mutig, als ihn die Franzosen mit den höhnenden Worten zur Übergabe aufforderten, es gäbe keinen König von Preußen mehr: „Nun gut, so bin ich König von Graudenz!" Ebenso hielten sich Kolberg unter Gneisenau, Schill und dem Bürger Nettelbeck, Danzig und einige schlesische Festungen. General Blücher verteidigte sich in und bei Lübeck sehr tapfer. Der Herzog von Braunschweig floh nach der Schlacht in seine Residenz und empfahl sich von hier durch eine Gesandtschaft der Gnade Napoleons. Doch zornig antwortete dieser: „Ich kenne keinen Herzog von Braunschweig, nur einen preußischen General dieses Namens." Krank und des Augenlichtes beraubt ließ sich der verfolgte Greis nach Altona bringen und starb in trostloser Verbannung.
Die Trümmer des geschlagen n preußischen Heeres vereinigten sich in Ostpreußen mit einem unterdes angelangten russischen Hilsshcer, und es kam bei preußisch Eylau am 7. und 8. Februar zu einer sehr blutigen Schlacht. Beide Teile rühmten sich des Sieges, und beide Teile zogen sich zurück. Die Festung Danzig mußte sich ergeben, und die Polen, von Napoleon aufgewiegelt, erhoben sich gegen Preußen. Da wurde
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Ludwig_Ferdinand_von_Preußen Ludwig Ferdinand Ferdinand_von_Brauu-schweig Ferdinand Napoleon Schill Bürger_Nettelbeck Napoleons Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Sachsen Saalfeld Jena Erfurt Spandau Magdeburg Berlin Kolberg Danzig Braunschweig Napoleons Braunschweig Altona Polen
— Vor dem prächtigen Nathause in Bremen erblickt man eine große steinerne Rolands-
faule*). In den Räumen des berühmten Ratskellers lagern die „12 Apostel" und
die „Rose", riesige Weinfässer, in denen Wein aufbewahrt wird, der zum Teil über
200 Jahre alt ist. Man hat berechnet, daß ein Glas dieses Weines mit Zins und
Zinseszins viele Tausend Mark kostet, und nur sehr vornehme Gäste oder kranke Leute
bekommen von diesem Weine zu trinken.
3. Lübeck (70 T.) an der Trave, war ehemals die Königin des Hansabundes;
denn in dem großen Saal des Rathauses versammelten sich die Vertreter aller dem
Hansabunde angehörenden Städte. Damals hatte es sogar 100 000 Einwohner; seit
der Entdeckung Amerikas hat sich der Seehandel besonders nach Hamburg und Bremen
gezogen, während sich Lübecks Handel fast ganz auf die Ostseeküsten beschränkt. —
Der Vorhafen Lübecks, Travemünde, ist 17 km von Lübeck entfernt.
3. Me norddeutschen Binnenstaaten.
a. Das Herzogtum Braunschweig (7u v. Brandenb. — 350 T.) besteht aus 3
getrennten Landesteilen, a) Der Hauptteil liegt im Norden und wird von der Oker
durchflössen, an welcher die Hauptstadt des Landes, Braunschweig, liegt. Südlich
von dieser Wolfenbüttel, östlich Helmstedt, d) Das Wesergebiet, von. der
Weser durchflössen, ist ein hügeliges, waldreiches Land. Die bedeutendste Stadt hier
ist Holzminden, a. d. Weser gelegen, mit einer berühmten Baugewerkschule, e) Das
Harzgebiet mit der Hauptstadt Blankenburg umfaßt einen großen Teil des
Bodethals mit der berühmten Hermannshöhle bei dem Hüttenorte Rübeland.
1. Braunschweig (100 T.) ist eine alte Stadt. Auf dem Burgplatze daselbst
hatte Heinrich der Löwe seine Burg (Gesch. S. 29). Dort steht noch heute unversehrt
der aus Erz gegossene Löwe, welchen Heinrich zum Zeichen seiner Oberhoheit hier auf-
richten ließ. Vor dem schönen Residenzschlosse sind die Reiterstandbilder zweier Helden
aufgestellt, das des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand, der in der Schlacht bei Auer-
stadt 1806 (Gesch. S. 60) tödlich verwundet wurde, und das des Herzogs Friedrich
Wilhelm, bekannt durch seinen kühnen Zug 1809 von Böhmen aus mitten durch das
von den Franzosen besetzte Land. Unter den sonstigen Denkmälern der Stadt verdiettt
das des großen Dichters Lessing besonders erwähnt zu werden. Derselbe starb hier
1781. An der Ostseite der Stadt befindet sich das Schilldenkmal. Unter demselben
ruhen 14 Krieger des Freiheitshelden Schill, die hier 1809 erschossen worden sind.
1837 hat man auch dus Haupt Schills, das sich vorher in Leyden befand, hier bei-
gesetzt. — Braunschweiger Mumme, Wurst, Honigkuchen und Spargel sind weit und
breit bekannt.
b. Das Herzogtum Anhalt (Vis v. Brand. — 240 T.) besteht aus 2 getrennt
liegenden Gebietsteilen, von denen der größere an der Elbe, Mulde und Saale,
der kleinere dagegen am Unterharze liegt. Die Hanptstadt ist Dessau (28 T.)
an der Mulde, mit reizenden Gartenanlagen und waldreicher Umgebung. Ein Denkmal
in der Stadt erinnert an den „alten Dessauer", den Sieger von Kesselsdorf. Andere
Städte sind: Köthen, Bernburg, Zerbst und (am Unterharze) Ballenstedt
(Stammsitz Albrechts d. Bären).
c. Das Fürstentum Schaumburg-Lippe (1/90 v. Brand. — 35 T.) reicht von
der Weser bis zum Steiuhuder Meer. Die Residenz ist Bückeburg.
*) Die Rolandssäulen, bereit sich noch in einigen Stadien finden, waren ehemals Symbole
der den Stäben verliehenen Gerichtsbarkeit — des Rechts über Leben und Tod. Mit dem
Helden Roland haben dieselben in keiner Weise etwas zu thnn.
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Extrahierte Personennamen: Lübecks Lübecks Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich Heinrich Karl_Wilhelm_Ferdinand Karl Wilhelm Ferdinand Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Schill Albrechts Albrechts
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mit der Netze. (Ihr Lauf ist sehr langsam, ihre Ufer sind meist flach. Warum?)
Bor ihrer Mündung (bei Stettin) erweitert sich die Oder zum Stettiuer Haff,
welches durch drei Ausflüsse (Peene, Swine und Dievenow) mit der Ostsee in
Verbindung steht.
32. Die Elbe entspringt auf dem Rieseugebirge und entsteht aus einer Anzahl
kleiner Bäche, die aus sogenannten Brunnen abfließen und sich zu dem „Elbbach"
vereinigen. Auf der Elbwiese sind etwa 11 solcher Brunnen, und der Bolksmund
leitet davon den Namen „Elbe" her. Der Elbbach bildet gleich anfangs viele Wasser-
fülle und stürzt dann plötzlich als majestätischer Elbfall über einen 60 m hohen Felsen
in den wildzerklüfteten Elbgrund. Durch eine Wildnis von Moor und Granitblöckeu
eilt dann die Elbe tosend das Gebirge hinunter, geht in einem großen Bogen durch
Böhmen, fließt hier an Königgrätz vorbei und nimmt weiterhin die Moldau und
Eger auf. Wo sie den böhmischen Gebirgskessel verläßt, durchbricht sie das Elbsand-
steingebirge — die „sächsische Schweiz" — und tritt dann in den Thalkessel von
Dresden. Bei Meißen drängt sie sich zum letztenmal durch Granitfelsen hindurch,
um dann ins Tiefland einzutreten. Hier nimmt sie links die Mulde und Saale
mit der Bode, rechts die schwarze Elster und die Havel mit der Spree auf. Das
rechte Elbufer ist meist saudig und unfruchtbar, das linke aber reich an fetten Wiesen
und gesegneten Fruchtfelderu. (Magdeburger Börde.) Von Torgau an werden
die Ufer so flach, daß der Fluß die aufgeworfenen Deiche im Frühling? oft durchbricht
und die angrenzenden Felder und Dörfer überflutet. 80km unterhalb Hamburg
mündet die Elbe, 1-5 km breit, bei Kuxhafen in die Nordsee. Die Schiffahrt auf der
Elbe ist sehr bedeutend. Während die Schiffe in Hamburg sich hauptsächlich mit
Kaffee, Reis, Petroleum u. a. Schätzen fremder Weltteile beladen und diese stromauf
ms Land führen, befrachten sie sich in Böhmen besonders mit Braunkohlen, bei Pirna
mit Sandstein, bei Magdeburg mit Zucker und Getreide :c. und fahren damit stromab.
33. Die Weser entspringt unter dem Namen Werra auf dem Thüringer Walde.
Bei Mürtden nimmt sie die Fulda, welche vom Rhöngebirge kommt, auf und durch-
Westfälische Pftn'te.
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Holz verladen, das auf der Memel hierhergebracht wird. Daher finden wir in Meme!
auch über 60 Sagemühlen, in denen man das Holz zu Brettern, Balken :c. verarbeitet.
— Zwischen dem kurischen und dem frischen Haff liegt wie eine Halbinsel das Samland,
an dessen Küste viel Bernstein gefunden wird. (S. Natnrgesch. S. 161.) In das
frische Haff mündet der Pregel; an demselben liegt Königsberg.
2. Königsberg (160 T.) ist die 2. Hauptstadt Preußens. Ziemlich in der Mitte
der Stadt steht auf einer Anhöhe das königliche Schloß. Mit demselben ist die Schloß-
kirche verbunden, in welcher am 18. Januar 1701 die Krönung Friedrichs I. zum Könige
„in" Preußen stattfand, und in welcher 1861 auch Wilhelm I. gekrönt worden ist. Auf
der östlichen Seite des Schlosses ist Friedrich I. ein Denkmal errichtet worden. Königs-
berg ist eine bedeutende Handelsstadt. Dazu ist sie durch ihre Lage vorzüglich ge-
eignet. Die größern Seeschiffe müssen zwar schon bei der Festung Pillan „gelöscht
werden (warum?), die kleinern Seeschiffe aber können bis an den Packhof der Stadt
fahren. K. ist auch eine starke Festung, durch welche die Ostgrenze Preußens gegen
Rußland geschützt werden soll. Ihre Hauptstärke aber liegt nicht in den Mauern
und Wällen, mit denen die Stadt selbst umgeben ist, sondern vielmehr in den 12
Außenforts, die vor der Stadt errichtet sind. — Königsberg hat auch eine Universität.
3. 'Litauen. Der nördliche Teil Ostpreußens führt den Namen Litauen. Weite
Sumpfstrecken sind hier durch den Fleiß der Bewohner in fruchtbare Felder umgewan-
delt worden. So gleicht die Gegend nm Trakehnen, einst ein wertloser Sumpf, jetzt
einem Prächtigen Garten. Kreuz und quer ziehen sich durch diese Gegend dichte Alleen,
und auf den üppigen Weideflächen tummeln sich, von berittenen Hirten überwacht,
mutige Herden edler Rosse. Auch die Tilsiterniederung (westlich von Tilsit), die vox
150 Iahren nur aus Bruch- und Moorland bestand, ist jetzt mit ihren üppigen Korn-
feldern, kräftigen Rinderherden und stattlichen Bauernhäusern eine der wohlhabendsten
Gegenden Deutschlands. Die Litauer sind wahrscheinlich slavischen Ursprungs und
sprechen noch heute ihre eigene Sprache. Sie zeichnen sich durch Gutmütigkeit und Gast-
freiheit aus, auch rühmt man ihre Anhänglichkeit an den König. In entlegenen Gegen-
den verfertigt sich der litauische Bauer noch alle Haus- und Wirtschastsgeräte selbst:
Tische, Stühle, Räder, Wagen zc. Die Litauer züchten kräftige Pferde und sind auch
geschickte Reiter. Schon die kleinen Knaben sitzen auf den kleinen, kräftigen Pferden
ohne Zaum und Sattel so fest wie ein Alter.
Die Hauptstadt Litauens ist Tilsit an der Memel. Hier wurde 1807 auf einem
Floßzelt der unglückliche Friede zwischen Napoleon I. und Friedrich Wilhelm Iii. abge-
schlössen (nachdem letzterer in den Schlachten bei Pr. Eylan und Friedland be-
siegt worden war). Die zweitgrößte Stadt Litauens ist Insterbnrg, am Pregel gelegen.
Gnmbinnen wurde 1723 an Stelle eines früheren Dorfes von Friedrich Wilhelm I.
gegründet und den vertriebenen Salzburgern als Wohnsitz angewiesen. (Gesch. S.69.)
Daher findet sich auch auf dem Markte daselbst das Standbild dieses Königs. Merke
noch das Pferdegestüt Trakehnen und die Grenzstation Eydtkuhnen.
4. Masuren. Im Süden wird die Provinz von dem nördlichen Landrücken durch-
zogen, der hier (wie in Westpreußen) seiner vielen Seen wegen auch die preußische
Seenplatte genannt wird. Die bedeutendsten dieser Seen sind der Mauer- und der
Spirdingsee. Hier auf dem Landrücken sind wir im Lande der (mit den Polen ver-
wandten) Masuren. Die blauen, waldumsäumten Seen verleihen der Landschaft einen
so großen Reiz, daß man die Umgebung Lötzens die „masnrische Schweiz" nennt. Da
der Boden des Höhenrückens zedoch vielfach sehr sandig ist, so ist er größtenteils mit
Kiefernwäldern bedeckt. Am bekanntesten ist die 100 km lange „Iohannisbnrger Heide",
welche zuweilen noch von Wölfen und Luchsen (aus Rußland) ausgesucht wird. (Auf
welche Erwerbsquellen werden die Masuren durch die fischreichen Seen und die großen
Wälder hauptsächlich hingewiesen?)
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Extrahierte Personennamen: Königsberg Königsberg Friedrichs_I. Wilhelm_I. Friedrich_I. Friedrich_I. Napoleon_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm_I.
5. Der oberländische Kanal. Im Westen der Provinz liegt das sog. „Oberland",
ein fruchtbarer Landstrich. Um die Schätze desselben besser verwerten zu können, hat
man 1860 das frische Haff (bei Elbing) mit einer Reihe ostpreußischer Seen durch
einen 196 km langen, sehr merkwürdigen Kanal verbunden. Um diesen näher kennen
zu lernen, fahren wir mit einem der kleinen Kanaldampfer stromaufwärts. Nachdem
wir eine Strecke zurückgelegt haben, hört der Kanal plötzlich auf. Das Land macht hier
eine bedeutende Steigung, die wir samt dem Schiffe auf einem breiten Eisenbahnwagen
hinauffahren. (Dieser Wagen stand nämlich am Ende des Kanals so tief unter Wasser,
daß das Schiff auf ihn hinauffahren konnte. Nachdem dieses geschehen, wurde der
Wagen durch ein Drahtseil nach oben gezogen). Etwa in der Mitte des Weges be-
gegnet uns ein zweiter Wagen, der, ebenfalls mit einem Schiffe beladen, nach unten
fährt. Oben am Ende dieses Landweges steht nämlich ein großes Wasserrad, um dessen
Welle das Drahtseil geht. An jedem Ende des Seiles sitzt ein Schiffswagen, von denen
der eine aufsteigt, wenn der andere abwärts fährt. (Denke an Nolle und Kette mit
2 Eimern!) Oben angelangt, fährt der Wagen mit dem Schiffe so weit in den hier
wieder beginnenden Kanal hinein, bis das Schiff wieder flott wird. Solche „Eisenbahn-
fahrten", durch die stellenweise starke Steigung des Bodens bedingt, machen wir mit dem
Schiffe noch vier, ehe wir unsere Reise im Kanal beendet haben.
b. Provinz tvestpreußen. (über 25 T. qkra — 1,4 M)
1. Die Höhenplatte. Westpreußen wird (wie Ostpreußen) vom baltischen Land-
rücken durchzogen, der hier von der Weichsel durchbrochen wird und auf jeder Seite
derselben eine seenreiche Höhenplatte bildet. Auf dem südlichen Abhänge der westlichen
Höhenplatte liegt die 70 km lange „tuchelsche Heide", deren sandiger Boden größten-
teils mit Kiefern bestanden ist. Im Norden der Höhenplatte liegt das Land der Kaschuben.
Auch hier finden sich öde Sand- und Heidegegenden, so daß Roggen, Kartoffeln, Buch-
weizen:c. auf den Feldern recht kümmerlich stehen. Die Bewohner sind daher meist
arm. Selbst die zahlreichen Adeligen und Grafen des Landes nähren sich durch ihrer
Hände Arbeit; ja, viele von ihnen versehen sogar die Dienste eines Knechtes oder Hirten.
2. Das Weichselthal. Die Weichsel (S. 10) tritt oberhalb Thorn in Westpreußen
ein und durchbricht alsdann den baltischen Landrücken. Der Boden in dem hier 8 bis
15 km breiten Weichselthale besteht durchweg aus Schwemmland und ist daher äußerst
fruchtbar. An der Weichsel liegen die bedeutendsten Städte der Provinz. Sie sind aber,
um vor Überschwemmungen gesichert zu sein, nicht dicht am Ufer der Weichsel erbaut,
sondern auf dem Höheuraude des Landrückens. Die erste Stadt, welche die Weichsel
in Westpreußen berührt, ist die Festung Thorn. Neben dem Rathause dieser Stadt
steht seit 1853 ein Denkmal, welches die Inschrift trägt: „Nikolaus Kopernikus aus
Thorn, der die Erde bewegt, die Sonne und den Himmel festgestellt hat". Weiter
stromabwärts liegt die (ehemalige) Festung Graudeuz. Auf dem Paradeplatze der-
selben wurde ihrem tapsern Kommandanten Courbiöre (Gesch. S. 81) ein Denkmal
errichtet. Von Graudenz gelangen wir nach Marienwerder und weiter (in die Nogat
einbiegend) nach Marienburg; das prachtvolle Schloß Hierselbst war einst der Sitz
der deutschen Ordensritter (Gesch. 5. 62). Südöstlich von der Nogatmündung liegt
Elbing, die zweitgrößte Stadt Westpreußens, an der Danziger Weichsel Danzig,
die Hauptstadt der Provinz.
3. Danzig (120 T.) wird wegen seiner schönen Lage (am Wasser und am Fuße
der Höhenplatte) auch wohl das „nordische Neapel" genannt. Durch befestigte Berg-
höhen ist die Stadt zu einer Festung ersten Ranges geworden. D. ist die zweitgrößte
Seehandelsstadt des Königreichs Preußen. (Die erste? S. 17.) Seine wichtigsten
Handelsartikel sind Holz und Getreide, die ihm auf der Weichsel aus dem polnisch-
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galizischen Hinterlande zugeführt werden. Einige km nördlich von dicht an der
Weichselmündung, liegen seine beiden Vorhäfen: östlich die Festung Weichselmünde,
westlich der Vorhafen Neufahrwasser, in welchem die Schiffe während des Winters
— geschützt gegen Sturm und Eisgang — verweilen.
4. Die Weichselniederung umfaßt das Deltaland der Weichsel. Sie ist eine uu-
gemein fruchtbare Ebene. Der Weizen wird daher hier mannshoch, und der Klee reicht
den darin weidenden Rindern bis an die Brust. Im Frühlinge schwillt der Strom
gewaltig an (warum?). Daher sind längs der Flußarme zu beiden Seiten haushohe
Dämme errichtet, das Land gegen die Hochflut des Frühjahrs zu schützen. Nicht selten
aber geschieht es, daß die Weichsel in ihrem südlichen Laufe bereits aufgetaut ist, wäh-
rend sie weiter nach Norden noch von dickem Eise bedeckt wird. Dann schieben sich
die Eisschollen über- und untereinander und verstopfen zuweilen den ganzen Flußlauf.
Das Wasser staut sich daher auf und überflutet oder durchbricht die Dämme. Im
Jahre 1855 stürzten die hereinbrechenden Fluten mitten in 2 dicht am Deiche liegende
Dörfer hinein. Fast sämtliche Häuser wurden fortgerissen; viele Bewohner ertranken in
den Fluten, andere erstarrten auf den Eisschollen, auf denen sie Rettung gesucht hatten.
Die fruchtbaren Felder aber waren auf weite Strecken mit hohen Sandmassen bedeckt
und in eine Wüste verwandelt worden. — Die Bewohner der Weichselniederung sind
vielfach Nachkommen friesischer oder holländischer Ansiedler und — was bei der Fracht*
barkeit des Bodens nicht zu verwundern ist — meist sehr wohlhabend. Nach
holländischer Art haben sie viele Kanäle und Wasserschöpfmühlen angelegt. Dadurch
erhält die Landschaft fast ein holländisches Aussehen. Die Tagelöhner („Jnstleute")
sind polnischer Abstammung. Sie werden von den „Hofbesitzern" gut behandelt
und reichlich mit Speise und Trank versehen.
5. Bei Danzig bildet die Ostsee die Danziger Bucht. Bon derselben ist durch
die frische Nehrung das frische Haff und durch die Landzunge Hela das
Putziger Wiek abgeteilt. Die Landzunge Hela ist etwa 45 km lang und 1—5 km
breit. An ihrer Spitze trägt sie den Flecken Hela.
C. Provinz Pommern. (30 T. qkm — 1,5 M.)
1. Das Odergebiet. Der Hauptfluß Pommerns ist die Oder (S. 8), durch welche
die Provinz in Vor- und Hinterpommern geschieden wird. An der Oder liegt Stettin
(120 T.), die Hauptstadt der Provinz Pommern und erste Seehandelsstadt Preußens.
Letzteres ist sie durch ihre vorzügliche Lage geworden. Die Oder ist hier nämlich so
tief, daß selbst beladene Seeschiffe bis an die Stadt fahren können. Dazu kommt ferner,
daß Stettin der nächste Hafen Berlins ist. Die ausländischen Waren, welche nach
Berlin gehen, nehmen daher meistens den Weg über Stettin. Berühmt ist auch die
Schiffs- und Maschinenbauanstalt „Vulkan" in Bredow bei Stettin, wo jetzt die größten
Panzerschiffe hergestellt werden, während man früher solche aus England beziehen mußte.
— In 2 Stunden fährt man von Stettin aus mit einem Dampfboote nach dem Stet-
tiner Haff. Dasselbe steht durch 3 Arme, Peene, Swine und Dievenow, mit
der Ostsee in Verbindung. Durch diese 3 Wasserarme werden die beiden Inseln Use-
dom und Wollin gebildet. Auf letzterer soll ehemals die alte Wendenstadt Vineta
gelegen haben. Dieselbe ist aber 1183 durch ein Erdbeben oder durch eine Sturm-
flut untergegangen. Abergläubische Schiffer behaupten, noch jetzt die Türme der Stadt
bei stillem Wetter aus dem Grunde des Meeres sehen zu können.
2. Vorpommern hat durchweg recht fruchtbaren Boden und daher blühende Land-
wirtschaften und prächtige Laubwälder. Die bedeutendste Stadt ist hier Stralsund,
ehemals eine Festung, die Wallenstein vergeblich belagerte (Gesch. S. 54) und in der
1809 Schill seinen Tod sand (Gesch. S. 82.) Südöstlich von Str. liegt Greifswald
mit einer der ältesten Universitäten Deutschlands. Die vielen Meeresbuchten an der
Realienbuch A. (Ii. Erdkunde.) 2
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Extrahierte Ortsnamen: Danzig Hela Hela Hela Pommerns Hinterpommern Stettin Stettin Berlins Berlin Stettin Bredow Stettin England Stettin Wollin Greifswald Deutschlands
vorpommerschen Küste sind ungemein fischreich. Daher beschäftigen sich hier die Küsten-
bewohner hauptsächlich mit Fischfang. Namentlich werden viel Heringe gefangen, die
dann hier an Ort und Stelle geräuchert, eingesalzen oder gebraten werden.
3. Hinterpommern ist von dem baltischen Landrücken durchzogen, der seiner vielen
Seen wegen hier auch die Po mmersche Seenplatte genannt wird. Der Boden ist
vielfach sandig. Daher treten daselbst sehr große Kiesernwaldungen auf, auch wird die
Schafzucht im großen betrieben. Stellenweise zeigt der Landrücken einen angenehmen
Wechsel von Berg und Thal. Die Abflüsse der Seen „rauschen auf jähem Abhänge in
tiefen, engen Thälern dem Meere zu, wodurch die Höhenplatte fast ein gebirgsähnliches
Aussehen erhält", wie z. B. bei Varzin, dem Sommersitze Bismarcks. Die auf diesem
Höhenzuge entspringenden kleinen Flüsse (Rega, Persante, Wipper, Stolpe:c.)
gehen als sogenannte „Küstenflüsse" in die nahe Ostsee. Die Küste ist hier — wenige
Stellen abgerechnet — flach und mit Dünen besetzt. Bor diesen haben sich infolge
des aufgestauten Wassers viele Strandseen gebildet. Dieselben sind nicht nur sehr fisch-
reich, sondern begünstigen auch die Gänsezucht ungemein. Die pommerschen Gänse sind
weit und breit berühmt, und von Rügenwalde allein werden alljährlich viele Tau-
sende von „Spickgänsen" (spicken — räuchern) in ganz Deutschland versandt. Die größte
Stadt Hinterpommerns ist Stargard a. d. Ihna. An der Persante liegt die Festung
Kolberg (Nettelbeck, Schill, Gneisenau, 1806), am Gollenbergs Köslin.
4. Rügen, die ^größte deutsche Insel, ist durch einen 3—4 km breiten Sund vom
Festlande getrennt. Überall ist das Meer in die Insel eingedrungen und hat daher
viele Halbinseln und Landzungen gebildet. Die Hauptstadt der Insel ist Bergen. Bei
derselben erhebt sich der Rugard, von welchem man die ganze Insel überschauen kann.
Der Glanzpunkt Rügens ist die Stnbbenkammer, ein Vorgebirge auf der Halbinsel
I asm und. Hart an der Küste erhebt sich hier eine steile, 128 m hohe Kreidewand,
deren Gipfel, der Königsstnhl, eine weite Aussicht über das Meer gewährt. Etwa 15
Minuten westlich von der Stubbenkammer findet man in einem prächtigen Buchcnwalde
den „Herthasee". Ein 15 m hoher Erdwall und mehrere in der Nähe gefundene „Opfer-
steine" deuten darauf hin, daß sich hier ehemals eine heidnische Opkerstätte befand
(Gesch. S. 3). Auch Hünengräber giebt es vielfach auf der Insel. Das sind Hügel,
unter denen man Urnen mit Asche, Knochen und allerlei Gerät aus Stein oder Metall
findet. Wahrscheinlich haben in alter Zeit die Bewohner hier ihre Helden begraben.
d. Provinz Posen. (29 T. qkm — fast 2 M. — 2/z kath.)
1. Das Land, zwischen der'weichsel und Oder gelegen, ist ein wellenförmiges
Flachland, das im allgemeinen nicht unfruchtbar ist. Die Flüsse (Warthe mit der
Netze) haben sehr flache Ufer, weshalb sie zur Zeit der Schneeschmelze nicht selten
die anliegenden Länderstrecken überschwemmen. Als ein ödes Wald- und Sumpfland
übernahm Preußen diesen Landstrich. Aber Friedrich d. Gr., der bei der ersten Teilung
Polens das Netzegebiet erhielt, begann sofort mit der Urbarmachung dieses Landstriches
und baute den Bromberger Kanal, der die Netze mit der Brahe verbindet. „Hier
habe ich", sagte er stolz, „ein Fürstentum gewonnen, zu dessen Eroberung ich keines
Soldaten bedurfte." Nach und nach sind auch noch die meisten anderen Sumpfgegenden
der Provinz entwässert, so daß sich nur noch wenige Landstriche finden, die mit un-
fruchtbaren Mooren bedeckt sind. Fast überall — besonders in den Niederungen der
Warthe, Weichsel und Netze — erblickt das Auge jetzt fruchtbare Felder und Wiesen.
An einzelnen Stellen finden sich aber auch noch größere Wälder mit vielem Wild, daher
erklärt es sich auch, daß sich aus dem angrenzenden Rußland im Winter zuweilen Wölfe
hierher verlaufen. Städte: Posen (70 T., Hauptstadt, starke Festung), Bromberg
(lebhafte Schiffahrt, Getreidehandel), Gnesen, Lissa (Tuchfabriken).
2. Posen (70 T.), an der Warthe gelegen, ist eine der ältesten polnischen Städte
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Extrahierte Personennamen: Stolpe Ihna Schill Gneisenau Friedrich_d Friedrich Lissa
die Flut vorüber ist, öffnet sich durch den Druck des vom Lande her fließenden Wassers
die Thür wieder ganz von selbst.
Auf dem fruchtbaren Marschlande gedeiht — begünstigt durch ein mildes See-
klima mit häufigem Negen — das Gras vorzüglich. Ein großer Teil der Marsch
dient daher als Weideland, und mächtige Fettochsen werden von hier aus selbst nach
England und Frankreich hin versandt. In der Marsch lebt der reiche Oldenburger
Bauer. Nach altem Brauch erbt nur ein Sohn den Hof; seine Brüder dagegen bleiben
meist zeitlebens als „ole Inngens" auf dem Hofe oder gehen auch wohl zur See.
3. Die wichtigsten Städte Oldenburgs sind: Oldenburg an der Hunte (20 T.),
Delmenhorst (großartige Korkfabrikatiou). In Birkenfeld: Oberstein mit welt-
berühmten Achatschleifereien.
c. Die 3 freien Reichsstädte Deutschlands.
Die freien Reichsstädte Hamburg, Bremen und Lübeck, die Reste des einstigen
Hansabundes, bilden gleichsam 3 kleine selbständige Staaten für sich. Die Regierung
wird von einem Senate (bestehend aus 2 Bürgermeistern und mehreren Senatoren)
und den Vertretern der Bürgerschaft ausgeübt.
1. Hamburg (mit den Borstädten über M.) ist durch seine günstige Lage die
größte Seehandelsstadt des europäischen Festlandes geworden. Bis nach H. können auf
der Elbe zur Flutzeit die größten Seeschiffe gelangen, und von Hamburg aus wird
daher am bequemsten der Handel mit England, Amerika :c. vermittelt. Dazu kommt
noch, daß Hamburg seine überseeischen Waren auf der Elbe weit nach Deutschland
hinein und die Erzeugnisse dieses Landes mit Leichtigkeit wiederum auf der Elbe herbei-
holen kann. Für die großen Handelsherren Hamburgs ist auch der Umstand nicht
unwichtig, daß die bei Hamburg in die Elbe einmündende Alster in vielen kleinen Kanälen
(Fleeten) die Stadt durchfließt, so daß die Waren aus den großen Seeschiffen mit
Leichtigkeit auf sogenannten „Schuten" mitten in die Stadt hinein bis vor die Nieder-
lagen der Kaufleute gebracht werden können. Das Sehenswürdigste in Hamburg ist der
Hafen. Ein wahrer Wald von Masten starrt uns dort entgegen. Neben den riesigen
Dampfern liegen die stolzen Dreimaster, und auf den gewaltigen Segelstangen klettern
Matrosen, ein Lied singend, geschickt hin und her. Hier fährt eben ein Auswanderer-
schiff aus dem Hafen, dort wird ein Westindiensahrer entladen. Es ist unglaublich,
wie viel Waren in einem Seeschiffe Platz finden! Schon sind ganze Berge von
Fässern am User aufgestapelt, aber noch immer folgen Säcke mit Kaffee und Reis und
Ballen, von denen die größeren mittels gewaltiger „Kräne" ans Ufer gehoben werden.
Der Glanzpunkt Hamburgs ist die Binnenalster, eine seenartige Erweiterung der Alster,
die von früh bis spät mit zahlreichen kleinen Dampfern belebt ist, und in deren
Fluten sich wahre Prachtbauten spiegeln. — In Hamburg befindet sich auch eine See-
warte, von wo aus man Meer und Wetter beobachtet, um die an den deutschen Küsten
liegenden Schiffe vermittelst des Telegraphen vor dem Sturm zu warnen und tägliche
Wetterberichte auszugeben. — Zum Hamburger Gebiet gehören noch Kuxhafen (Vor-
Hafen von H.) und die Vierlande. Letztere sind 4 von Deichen eingeschlossene Land-
schaften, deren fetter Marschboden vorzügliches Obst und Gemüse hervorbringt, so daß
der Hamburger Markt damit von hier aus versorgt werden kann.
2. Bremen (125 T.), zu beiden Seiten des Weserstroms gelegen, ist nächst
Hamburg die größte Seehandelsstadt Deutschlands. Wegen zunehmender Versandung
der Weser können jedoch größere Seeschiffe die Stadt nicht mehr erreichen. Deshalb
wurde von Bremen 60 km unterhalb der Stadt der Vorhafen Bremerhafen ange-
legt. Für Tabak ist Bremen der erste Handelsplatz der Welt. Daneben werden aber
auch besonders große Mengen von Petroleum und Baumwolle aus Amerika eingeführt.
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Extrahierte Personennamen: Birkenfeld
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Oldenburg Delmenhorst Oberstein Deutschlands Hamburg Bremen Hamburg Hamburg England Amerika Hamburg Deutschland Hamburgs Hamburg Hamburg Hamburgs Hamburg Vierlande Hamburg Deutschlands Bremen Amerika
Bis 1296 war sie Residenz der polnischen Könige. Im Mittelalter blühte sie besonders
durch Handel, da sie den Verkehr zwischen Deutschland und dem Osten Europas ver-
mittelte. Auch heute noch bildet der Handel mit russischen und polnischen Landespro-
dukten den Haupterwerbszweig der Bewohner. Namentlich werden Holz, Getreide, Wolle,
Schweine, Felle, Honig :c. von Posen aus weiter nach Deutschland hinein versendet.
Die Bewohner sind nur zur Hälfte deutscher Herkunft, i/4 sind Juden, V* Polen.
3. Der polnische Bauer. Die Bewohner der Provinz sind zur größern Hälfte
polnischer Abstammung und die Dörfer im östlichen Teile fast ausschließlich von Polen
bewohnt. So lange das Land unter polnischer Herrschaft stand, war der Bauer Leib-
eigner seines Gutsherrn, und in den Dörfern sah es jämmerlich aus. Seitdem jedoch
das Land preußisch und der Bauer ein freier Mann geworden ist, hat sich vieles ge-
bessert. Die Dörfer, in denen z. T. jetzt auch schon viele Deutsche wohnen, haben ein
sauberes und freundlicheres Aussehen erhalten. An vielen Stellen, wo früher ein altes
zerfallenes Wohnhaus mit zerfetztem Strohdache stand, erhebt sich jetzt ein anderes, das
nett und dicht gebaut und nicht selten mit Ziegeln gedeckt ist. In der Stube wird die
Luft nicht mehr durch Gänse, Schweine u. a. Kleinvieh verpestet; die Dorfstraße ist
gepflastert, und die Wege sind mit Bäumen bepflanzt worden. Fast in allen Dörfern
sind Schulen errichtet, und lesen und schreiben lernt jetzt wohl jedes Kind.
6. Provinz Schlesien, (über 40 T. qkm — 4m.— Vs kath.)
1. Bodengestalt. Schlesien hat im allgemeinen die Gestalt eines großen mulden-
förmigen Thales, das im Osten vom südlichen Landrücken (dessen bedeutendster Teil
die Taruowitzer Höheu sind), im Südwesten aber von den Sudeten (S. 5) um-
schlössen wird.
2. Das Oderthal. Der größte Teil Schlesiens ist Tiefland, das der Länge nach
von der Oder durchflössen wird. (Nenne die bedeutendsten Nebenflüsse der Oder in
Schlesien! S. 10.) Bei Ratibor wird die Oder schiffbar. Dichte Forsten, hier und
da von magern Äckern unterbrochen, bedecken hier ihre Ufer. Bald aber lichtet sich
das linke Ufer, und ein fettes Weizenfeld beginnt, das sich bis zu dem durch seine Gemüse-
und Blumengärtnereien bekannten Liegnitz hin erstreckt. An Kosel, Oppeln und
Brieg vorüber führt die Oder nach Breslau (350 T.), der Hauptstadt Schlesiens.
Breslau ist die zweitgrößte Stadt Preußens. Auf dem Marktplatze erfreuen uns
die Standbilder Friedrichs d. Gr. und Friedrich Wilhelms Iii., auf dem Blücherplatze
erhebt sich das Denkmal Blüchers. (Aus welcher Veranlassung sind diese Denkmäler
gesetzt?) Die Kohlenvorräte der Provinz (wo? siehe die folgend. Kap.!) ermöglichen
eine großartige Fabrikthätigkeit, die sich hauptsächlich auf Maschinen und Wollweberei
erstreckt. Die Wolle liefert hauptsächlich das rechte, sandige Oderuser, wo etwa 3 Mill.
Schafe in ungeheuer großen Schäfereien gehalten werden. Daher auch hat Breslau
einen der bedeutendsten Wollmärkte in Europa.
Im Westen und Süden von Breslau dehnt sich die äußerst fruchtbare mittel-
schleiche Ebene aus, deren Zuckerrübenbau zahlreiche Zuckerfabriken hervorgerufen hat.
Der Hauptort hier ist Liegnitz. Die weite Ebene ist oftmals der Schauplatz heftiger
Kämpfe gewesen, so bei Mollwitz 1741, Hohenfriedberg 1745, Leuthen 1757,
Liegnitz 1760, an der Katzbach 1813. — Stromabwärts von Breslau gelangen
wir nach der Festung Glogau und von dort mit der Eisenbahn nach Grünberg,
in dessen hügeliger Umgebung noch Wein gebaut wird.
3. Am Fuße der Sudeten dehnt sich bis zur Ebene hin ein breites Hügelland
aus, das von muntern Gebirgsbächen durchschnitten wird. In den langen, tiefen
Thälern ziehen sich oft stundenlange Gebirgsdörser hin, wie Langenbielau (20 T.),
Wüstegiersdorf n. a. Die Bewohner derselben ernähren sich — da Bergbau wegen
Mangel an Erzen nur im geringen Maße betrieben werden kann — vielfach als
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europas Posen Deutschland Polen Polen Schlesien Liegnitz Oppeln Brieg Breslau Schlesiens Breslau Breslau Europa Breslau Liegnitz Mollwitz Hohenfriedberg Liegnitz Breslau Glogau Grünberg
Ii ' - 20 —
Weber, wozu ihnen die Felder vorzüglichen Flachs liefern. Früher klapperte fast in jedem
Hause der Webstuhl; jetzt aber haben die Kaufherren großartige Fabriken angelegt, durch
welche die Handarbeit am altmodigen Webstuhl immer mehr verdrängt wird. (Warum?)
Die hauptsächlichsten Bezirke für Leinen- und Baumwollenweberei sind Reichenbach, **
Landshut, Hirschberg und Schweidnitz, für Tuchwebereien Görlitz. Das
Brennmaterial liefert allen diesen Fabriken das große Steinkohlenlager im Walden-
burger Berglande. Letzteres bildet eine Einsenkung in dem Sudetenzuge und
dient daher als Verkehrsstraße zwischen Schlesien und Böhmen. Infolge des Kohlen-
reichtums hat sich im Waldenburger Bezirk eine sehr lebhafte Fabrikthätigkeit ent-
wickelt. Die Wasserkraft der Gebirgsbäche in den Sudeten wird vielfach benutzt, um
iu Sägemühlen die im Gebirge gefällten Baumstämme zu Brettern, Latten :c. zu zer-
schneiden. In den Thälern finden sich zahlreiche Heilquellen (Warmbrunn, Salz-
brnnn, Reinerz, Landeck jc.), in denen jährlich Tausende von Kranken Heilung
suchen und finden. — Am Fuße der Sudeten liegt die Festung Neiße, im Gebirge
die Festung Gl atz. (Beide an welchem Flusse?)
4. Die Tarnowitzer Höhen erheben sich im Südosten der Provinz am rechten
Oderufer. Auf dem feuchten und kalten Sandboden daselbst will der Ackerbau nicht
so recht lohnen. Der größte Teil des Bodens ist daher mit Kiefern, Fichten, Buchen
und Eichen bestanden, die Forsten von riesiger Ausdehnung bilden. So umfaßt der
Wald des Fürsten von Pleß allein einen Raum von 10 000 da und birgt neben
anderem edlen Wild sogar 10—12 der jetzt schon so selten gewordenen Wisents (eine
Art Auerochsen), die hier gezüchtet werden. Die Bewohner dieser Gegend (vielfach
polnischer Abstammung) ernähren sich vorzugsweise als Berg- und Hüttenarbeiter;
denn bei Beuthen, Königshütte jc. finden sich nicht nur mächtige Steinkohlenschätze
in der Erde, sondern auch sehr ergiebige Lager von Erzen, aus denen Eisen, Zink,
Blei, Silber :c. gewonnen wird.
f. Provinz Brandenburg. (40 T. qkm — nicht ganz 4 M.)
1. Bodenbeschaffenheit. Brandenburg, „die Streusandbüchse des h. römischen
Reiches", hat viel Sandboden, besonders im Nordwesten (Priegnitz) und Nordosten
(Neumark). Daher sind hier auch weite Strecken mit dürrem Kieferngehölz, den
„brandenburgischen Wäldern", bewachsen. Der sandige Boden darf nicht tief gepflügt
werden, da sonst der unfruchtbare Untergrund nach oben kommt und die Feuchtigkeit
zu leicht verdunstet. Deshalb eilen die kleinen, behenden Pferde des märkischen Bauern
schnell mit dem Pfluge dahin. (Wie ist es im fetten Marschboden? Was für Pferde
müssen hier gehalten werden?) Die Provinz wird vom nördlichen und südlichen
Landrücken durchzogen. Der nördliche Landrücken hat fruchtbares Ackerland und herrliche
Buchenwälder; der südliche, hier Fläming genannt, dagegen ist sandig und unfrucht-
bar. Da, wo diese Höhenzüge von Flüssen durchbrochen werden, ist die „Sandbüchse"
mit lieblichen Thal- und Hügellandschaften geschmückt, z. B. bei Potsdam, Schwedt jc.
Zwischen den Höhenzügen breiten sich große, muldenförmige Senkungen aus, die mit
zahlreichen Seen und Sümpfen angefüllt sind. Daher die vielen Moore und Brüche
tn der Provinz wie z.b. der Spreewald; daher erklärt sich auch der Torfreichtum
Brandenburgs wie z. B. im Rhinluch bei Oranienburg, daher auch die Fülle der
Sumpf- und Wasservögel, die Brandenburg aufsuchen. Zum Teil sind die Sümpfe
trocken gelegt und in fruchtbares Ackerland verwandelt, so der Oderbruch, das
Havelländische Lnch :c.
2. Flüsse und Städte. Der Hauptfluß der Provinz ist die Oder mit Warthe,
Lausitzer Neiße und Bober (S. 10). An der Oder liegen Frankfurt (Messen)
und die Festung Küstrin. Bei letzterer Stadt beginnt der fruchtbare Oderbruch, den
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