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B. Ivo manische Staaten.
1. Spanten, Portugal, Italien.
1. ) Die erste Erschütterung der in Wien zu Stande ge-
brachten Neuordnung der europäischen Dinge ging von den
südlichen, zunächst den romanischen Ländern aus. In Spa-
nien hatte der rückkehrende König Ferdinand Vii. seine
schimpfliche Regierung mit Umstossung der Verfassung von
1812, welche die Cortes in Cadiz während des Krieges gegen
Napoleon zum Abschluss gebracht hatten, begonnen. Ver-
schiedene Verschwörungen, durch Ferdinands Missregierung
hervorgerufen, wurden blutig unterdrückt', aber am 1. Jan.
1s20 Aufstand der Truppen, welche zur Einschiffung nach
den abgefallenen südamerikanischen Ländern bestimmt waren,
in der Isla de Leon unter Oberst Riego im Namen der „Con-
stitution von Cadiz“; Erhebungen auch an anderen Punkten;
der feige König nimmt die Constitution von 1812 an, in deren
Kraft Juli 1820 die Cortes zusammentreten.
2. ) Im gleichen Jahre gelingt auch in Portugal die
Empörung gegen die Regentschaft, welche im Namen des in
Brasilien befindlichen Königs Dom Johann die Geschäfte ver-
waltete, und gegen den eigentlichen Herrn im Lande, den
Engländer Beresford, welcher die Unzufriedenheit reizt, die
wie in Spanien hauptsächlich unter dem Heere verbreitet war.
Im Sept. vereinigen sich die „Junten“ von Oporto imd von
Lissabon und die Cortes vollenden eine Verfassung nach dem
Modell der spanischen von 1812, welche Dom Johann, 1821
aus Brasilien zurückkehrend, beschwören muss.
3. ) Auch in Italien bringt das Gelingen der spanischen
Revolution die in den höheren Gesellschaftsklassen weitver-
breitete Gährung zu einem ersten Ausbruch.
Die Herrschaft der Franzosen hatte hier unter der leiten-
den Klasse des Volks die liberalen Ideen verbreitet, die sich
unter dem Druck der neuen östreichischen Fremdherrschaft
mehr und mehr mit nationalen verbanden, welche der Kampf
gegen die napoleonische Universalherrschaft in ganz Europa
zu energischem Leben erweckt hat. Die rückkehrenden Fürsten
verfolgten mit blindem Eifer die während der Franzosenherr-
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Napoleon Ferdinands Jan Riego Johann Johann Johann
Extrahierte Ortsnamen: Portugal Italien Wien Cadiz Ferdinands Portugal Brasilien Königs_Dom_Johann Spanien Lissabon Brasilien Italien Europa
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nende Haltung der Regierung gegenüber den Forderungen der
Kammer, der Aufstand in Sicilien, wo das Parlament einen
Sohn Karl Alberts zum König wählt, unter schrecklichen
Greueln bekämpft. Fünftägiges Bombardement von Messina
durch die neapolitanischen Truppen (Sept. 1848); Waffenstill-
stand unter englisch-französischer Vermittlung; im März 1849
beginnen die Feindseligkeiten aufs neue, bis zum Mai ist die
Insel unterworfen; Modena und Parma von den Oesterreichern
besetzt. In Toscana verworrene Zustände; neben der gross-
herzoglichen Regierung eigener Staat in Livorno; in Rom, wo
die Volksvereine (circoli) herrschen, ermannt sich der Papst
nach dem Siege der Oesterreicher zur Ernennung eines kon-
servativen und verständigen Ministeriums Pellegrino Rossi; mit
Rossis Ermordung (15. November) kehrt die Anarchie wieder.
24. November entflieht der Papst verkleidet auf neapolitanisches
Gebiet; eine konstituirende Versammlung, von der neuen provi-
sorischen Regierung berufen, erklärt im Febr. 1849 Rom als
Republik; ebenso Republik in Toscana, von wo in denselben
Tagen der Grossherzog entflieht. In der Lombardei üben die
Oesterreicher ein soldatisches Schreckensregiment, das jede
Versöhnung ausschloss.
3. (März 1849 bis Sommer 1852). Karl Albert selbst
war es, der, um aus diesem Wirrsal herauszukommen, den
zweiten Waffengang wagte und 20. März 1849 den Waffen-
stillstand kündigte. Am 20. begannen die Feindseligkeiten
wieder, die Entscheidung erfolgte rasch. Am 23. wurde das
piemontesische Heer unter dem Polen Chrzanowsky bei Novara
total geschlagen. Karl Albert sucht Unterhandlungen, dankt
in der Nacht vom 23. zum 24. zu Gunsten seines Sohnes
Victor Emanuel Ii. ab; dessen Zusammenkunft mit Radetzky
am 24. führt zu einem Waffenstillstand, dem 6. Aug. 1849
der Friede von Mailand folgt; Herstellung des Status quo der
Wiener Verträge und Kriegskostenentschädigung. Mit dieser
Niederlage der nationalen Sache auf dem Hauptkriegsschauplatze
war überall die Rückkehr der alten Ordnung der Dinge entschie-
den. In Rom regiert Mazzini: am 24. April rückten die Fran-
zosen unter General Oudinot vor die Stadt; ihr Angriff aber wurde
am 30. durch Garibaldi nachdrücklich zurückgeschlagen, der auch
den von Süden heranziehenden neapolitanischen Truppen Nie-
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Extrahierte Personennamen: Karl_Alberts Karl Pellegrino_Rossi Karl_Albert Karl Karl_Albert Karl Victor_Emanuel_Ii Radetzky Mazzini
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Messina Modena Livorno Rom Toscana Mailand Rom Fran-
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Zurückführung jener Fürsten unmöglich war, ein todter Buch-
stabe. Im Jan. 1860 tritt Cavour wieder an die Spitze, bildet
ein italienisches Ministerium, erklärt die Rückkehr der Fürsten
für unmöglich ; im März vollzieht sich die Annexion der
„Emilia“ (Provinz an der alten ämilisclien Strasse) durch ein
„Plébiscité der Bevölkerungen nach französischem Muster.
Napoleon stimmt, nachdem er eine Zeitlang mit der Idee eines
europäischen (Kongresses zur Schlichtung dieser Frage sich ge-
tragen, der vollendeten Thatsache zu, indem er in Gemässheit
der Abmachungen von Plombières Savoyen und Nizza mit
Frankreich „wiedervereinigt“ (revendiquer). Das Parlament
zu Turin vertritt nunmehr bereits 11 Millionen Italiener, •—
Oberitalien und Mittelitalien; es blieb noch der Kirchenstaat,
dem bereits der Strich am adriatischen Meer, die Romagna,
abfällig geworden, und Neapel.
2. Die mittelitalienische Frage wurde rasch zur italienischen.
In Neapel war Mai 1859 der „Re Bomba“, Ferdinand Ii., ge-
storben. Franz Ii., noch ein Jüngling, folgte. In Palermo,
Messina, auch in Neapel selbst zeigten sich aufständische Re-
gungen, von geheimen Comités geleitet. Der Führer der
„Actionspartei“, Joseph Garibaldi, der 1807 zu Nizza geboren,
beim Beginn der italienischen Bewegung aus Südamerika
zurückgekehrt, 1848 und wieder 1859 durch Organisation der
Freiwilligen und ihre glückliche Führung sich hervorgethan,
wirbt eine Anzahl Freiwilliger, bemächtigt sich zu Genua
einiger Schiffe und landet Mai 1860 mit seinen 1000 Frei-
willigen zu Marsala an der Westküste Siciliens, übernimmt
die Diktatur „im Namen Victor Emanuels, des Königs von
Italien“, täuscht die neapolitanischen Truppen durch geschickte
Märsche, erringt Erfolge, drängt, von der Bevölkerung unter-
stützt, in Palermo ein, schliesst mit dem neapolitanischen General
Lanza einen Waffenstillstand. In Neapel wird jetzt, bereits
zu spät, ein liberales Ministerium berufen, eine Verfassung
versprochen — dann die von 1848 wiederhergestellt; aber
schon am 18. Juli kapitulirt Messina. Garibaldi, dem abmah-
nenden Befehle Victor Emanuels den Gehorsam weigernd,
landet auf dem Festland, bei Reggio (19. August). Kein ernst-
licher Widerstand der königlichen Truppen mehr; er kündigt
seine Ankunft in der Hauptstadt an, aus welcher Franz Ii.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Romagna Ferdinand_Ii Ferdinand Franz_Ii Franz Joseph_Garibaldi Victor_Emanuels General
Lanza Garibaldi Victor_Emanuels Reggio August Franz_Ii Franz
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nach Gaeta entweicht; fast wie ein Reisender, ohne bewaffnetes
Gefolge, trifft der Freiscliaarenführer 7. Sept. zu Neapel ein, wo
er seine Absicht verkündet, den Anschluss an das Königreich
Italien von der Höhe des Quirinais herab zu proclamiren.
3. Er stellt somit unumwunden auch schon die römische
Frage. Die Mächte, ausser England, nehmen eine zürnende
Miene gegen Sardinien an; die Regierung Victor Emanuels
aber findet sich in der Nothwendigkeit, damit nicht Alles auf
dem revolutionären Wege durch Garibaldi entschieden werde,
ihrerseits einzugreifen. Piemontesische Truppen unter Cialdini
überschreiten die Grenze des Kirchenstaats; während das
„Patrimonium Petri“, die nächsten Bezirke um Rom, von den
Franzosen gedeckt sind, schliessen sich die Marken imd
Umbrien der italienischen Einheitsbewegung an, und am 18. Sept.
werden die päpstlichen Truppen unter dem (französischen)
General Lamoriciere von den piemontesischen unter Cialdini
bei Castelfidardo geschlagen. Die letzteren operiren nun mit
Garibaldi zusammen gegen die Reste des neapolitanischen
Heeres, das die Festungen Capua und Gaeta noch rühmlich
vertheidigt; 13. Jan. 1861 kapitulirt Gaeta und die Sache ist
zu Ende, 22 Millionen Italiener sind zu einem Staate geeinigt;
14. März nimmt Victor Emanuel den Titel „König von Italien“
an. Nur Venedig und Rom fehlen dem italienischen National-
staat noch; jenes österreichisch, dieses halb päpstlich, halb
französisch.
4. Die Mächte, auch Frankreich, rufen ihre Gesandten
von Turin ab, sind aber ohnmächtig gegenüber den vollendeten
Thatsachen. Die Verschmelzung der verschiedenen Länder,
welche früher den „geographischen Begriff“ Italien gebildet
haben, geht mittels des parlamentarischen Systems verhältniss-
mässig leicht von Statten; unlösbar aber bleibt die römische
Frage, welche vermöge der Doppelnatur des Papstthums auch
die Katholiken der übrigen Länder mitbeschäftigt und auf-
regt; vergebliche Versuche der wechselnden italienischen
Ministerien, mit dem Papst selbst oder mit dem Kaiser der
Franzosen zu einem Abkommen zu gelangen. Juni 1861
t Cavour, welcher die Lösung in den Worten „die freie Kirche
im freien Staate“ sucht. Vorläufig bleibt der Status quo unter
Protest des Papstes gegen das „subalpinische Königreich“.
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