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1. Teil 2 - S. 193

1910 - Hannover : Helwing
193 bezahlen, und sein König durfte nur ein Heer von 42 000 Mann halten. Das war die Rache des Korsen an dem verhaßten Preußen! 6. Königin Luisens Leiden und Ende. Wohl kein Herz litt schwerer unter den: unerhörten Unglück Preußens, als das der Königin Luise. Wie glücklich und zufrieden hatte sie einst mit ihrem Gemahl und ihren Kindern gelebt! (S. Teil 1, S. 116.) Als sie im Sommer 1806 aus Bad Pyrmont zurückkehrte, erfuhr sie, daß der Krieg gegen Napoleon beschlossene Sache sei. Sie begleitete ihren zunr Heere abgehenden Gatten bis Naumburg. Erst als der Kanonendonner die Schlacht bei Jena einleitete, kehrte sie nach Berün zurück. Schon vor den Toren ihrer Hauptstadt ereilte sie die Schreckenskunde von der Niederlage der Heere Preußens. Schnell raffte sie ihre wichtigsten Sachen zusammen rmd floh nach Stettin. Hier mahnte sie ihre Söhne Friedrich-Wilhelm und Wilhelm tränenden Auges: „Werdet Männer, ent- wickelt Eure Kräfte; vielleicht läßt Preußens Schutzgeist auf Euch sich nieder. Befreiet dann Euer Volk von der Schande der Erniedrigung!" Von Stettin ging die Flucht weiter unter schwerer Krankheit über Königsberg nach Memel. In Tilsit tat sie den sauren Schritt, Napoleon, der sie bitter haßte und persönlich tief gekränkt hatte, persönlich um nülde Friedensbedingungen für Preußen zu bitten. Was sie in jenen Tagen bittersten Wehes aufrecht erhalten hat, waren die beiden Gedanken: „Wir sind kein Spiel des blinden Zufalls, sondern stehen in Gottes Hand; und wir gehen mit Ehren unter." —- Ende des Jahres 1809 kehrte Luise, schon leidend, nach Berlin zurück. Der jubelnde Empfang ihres Volkes tat ihrem gequälten Herzen wohl. Man hatte sie nicht vergessen. Im folgenden Jahre reiste sie nach Strelitz . zu ihren: Vater. Beide fuhren zusammen nach dem Lustschloß Hohen- zieritz. Hier verschlimmerte sich das Brustleiden der Königin so sehr, daß man ihren Gemahl herbeirufen ließ. Er brachte seine beiden ältesten Söhne mit. Sie trafen die Königin noch lebend an und nahmen ergreifenden Ab- schied von ihr. Wenige Stunden später entschlief sie mit den: Seufzer: „Herr Jesu, mach es kurz!" (19. Juli 1810.) Im Mausoleum zu Charlotten- burg ruht die Hülle dieser „deutschen Frau, dieses guten Engels für die gute Sache," deren Sieg sie nicht mehr sehen durfte. § Hw. Preußens Erneuerung. 1. Die Not Preußens und ihr Segen. Die Tilsiter Friedens- bedingungen drückten schwer; nicht minder schwer ihre Folgen. 160 Ooo Fran- zosen blieben zunächst in denr jetzt so kleinen Preußen, und Preußen mußte sie erhalten. Offiziere und Soldaten wurden bei den Bürgern einquartiert. Sie spielten hier bald die Herren und störten durch ihr freches, liederliches Leben und Treiben tausendfältig den Frieden und das Glück der Familien. Weltkunde 0. Ii. 13

2. Teil 2 - S. 194

1910 - Hannover : Helwing
194 Die Offiziere wollten leben wie Fürsten; die Soldaten verlangten Braten rmd Wein, um sich von den Strapazen des Krieges zu erholen. Dazu seufzte das Volk unter den: Druck der ungeheuren Steuerlast, die ihm auferlegt werden mußte, damit die Kriegskosten an die Franzosen bezahlt werden konnten. Sie haben in den Jahren ihrer Zwingherrschaft allein an barem Gelde gegen 300 Mill. Mark aus dem kleinen Preußen herausgeholt; die Sunrme für Verpflegung und Lieferungen aller Art betrug mindestens das Doppelte. Kein Wunder, daß das Land verarmte, zumal Fabriken, Gewerbe und Handel völlig still lagen. Dazu kanr die erbärmlichste Spionage des Feindes. Niemand wagte schließlich mehr, seine Meinung frei zu äußern, aus Furcht, ein verkappter Spion könne sie der Polizei hinterbringen. Diese aber inachte mit den Unzufriedenen kurzen Prozeß. — All die Not hatte nun zunächst die heilsame Wirkung, daß sie einsichtigen Menschen die Augen öffnete. Man fing an, die Ursachen des Unglückes, das Preußen niedergeschmettert hatte, zu erkenneu. Schor: in: Jahre 1808 schrieb die Königin Luise ihrem Vater: „Es wird n:ir immer klarer, daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar eine andere Ordnung der Dinge ein, da die alte als abgestorben zusammen- stürzt. Wir sir:d eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs d. Gr. Wir sind nicht mit der Zeit fortgeschritten, deshalb überflügelt sie uns. Wir müssen durch. Sorge:: wir dafür, daß wir mit jeden: Tage reifer und besser werden." Niemand — so bezeugt Luise — sah das klarer ein, als der König und seii: Entschluß stand fest: „Das n:uß bei uns anders werden." Tausende von wackeren Männern Preußens und Deutschlands dachten ebenso. König Friedrich Wilheln: berief nun Männer zu seinen Ratgebern, die von heißer Vaterlandsliebe wie von glühendem Haß gegen die Fremdherrschaft beseelt waren. Sie sollte:: mit Rat und Tat helfen, daß es in Preußen anders werde. Wir wollen einige dieser Männer kennen lernen und sehen, was sie Neues geschaffen haben. 2. Freiherr vom Stein, a) Aus seinen: Leben. Auf dem Burgberge bei Nassau, der Heimat des Freiherrn v. Stein, steht sein Denkmal. Die Inschrift desselben lautet: „Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edelstein." Er war bereits unter Friedrich d. Gr. in den preußischen Staatsdienst getreten. Seine hervorragende Tüchtigkeit und eiserne Pflichttreue beförderten ihn bald in die höchsten Stellen; ja König Friedrich Wilhelm Iii. berief ihn zweimal zun: Minister. Er haßte Napoleon aufs grimmigste, weil dieser den Völkern die Freiheit raubte. Napoleon aber verfolgte ihn mit tödlichen: Haß, weil er ihn fürchtete. 1808 mußte Stein vor Napoleon aus Preußen fliehen. Er ging zuerst nach Österreich, später nach Rußland, wo er den: Kaiser Alexander in: Kan:pfe gegen

3. Teil 2 - S. 148

1910 - Hannover : Helwing
148 Scheiterhaufen verbrannt. Ströme von Blut sind geflossen, die Ketzerei auszurotten. Das ist nun zwar nicht gelungen; aber Länder und Städte, die im 16. Jahrh, protestantisch waren, sind durch Gewalt gezwungen, zur katholischen Kirche zurückzukehren (s. § 81,2). 8 81. Der 30 jährige Krieg (1618—1048). 1. Die Veranlassung zu diesem schreckenvollsten aller Kriege, die jemals in unserm Vaterlande gewütet haben, gaben zwei an sich unbe- deutende Vorkommnisse in Böhmen. Hier hatten protestantische Unter- tanen katholischer Herren angefangen, in Braunau und Klostergrab eine Kirche zu bauen. Sie waren dazu nach dem Majestätsbrief, den ihnen einst Kaiser Rudolf Ii. ausgestellt hatte, nicht berechtigt. Deshalb ließ man die eine Kirche niederreißen, die andere schließen. Die Evangelischen beschwerten sich darüber beim Kaiser, wurden aber hart abgewiesen. Da drangen die Verteidiger der Protestanten eines Tages in das Rathaus gn Prag und stellten die kaiserlichen Statthalter zur Rede. Als diese den gewünschten Bescheid nicht geben wollten, warf man sie nach böhmischer Weise zuni Fenster hinaus. Darnach rissen die protestantischen Herren (Stände) die Regierung in Böhmen an sich und riefen ihre Glaubensgenossen in Mähren, Schlesien, Österreich und Ungarn zu Hülfe. Der Anführer ihres Heeres war Graf Thurn. Als die Böhmen gegen Wien vorrückten, starb Kaiser Matthias (1619). Ferdinand Ii., ein grimmiger Feind der Protestanten, folgte ihm. 2. Der böhmische Krieg. Noch ehe Ferdinand die Kaiserkrone auf- gesetzt hatte, standen die Böhmen vor Wien. Sie mußten aber bald zurück- kehren, weil kaiserliche Truppen Prag bedrohten. Nun erst zog Ferdinand nach Frankfurt und ließ sich zum Kaiser krönen. Aber die Böhmen ver- warfen ihn und wählten sich einen eigenen König. Das war Kurfürst Friedrich von der Pfalz, das Haupt der protestantischen Union. Er nahm die böhmische Krone an und ging nach Prag. Der Kaiser aber war auf der Rückreise nach Wien in München eingekehrt und hatte die Hülfe des Bayernherzogs Maximilian gewonnen. Maximilian war das Haupt des katholischen Fürstenbundes (der Liga). Er sandte jetzt sein Heer und die Truppen der Liga nach Böhmen. Am weißen Berge vor Prag wurden die Böhmen gänzlich geschlagen (1620). Ihr König Friedrich floh. Der Kaiser zerriß den Majestätsbrief, ließ viele protestantische Edle hinrichten und die katholische Kirche mit Gewalt wieder herstellen. Man legte den Protestanten Lichtensteiner Dragoner ins Haus, die sie so lange drangsalierten, bis sie zur katholischen Kirche zurückkehrten oder aus- wanderten. Ähnlich verfuhr der Kaiser in Mähren, Schlesien, Österreich

4. Teil 2 - S. 199

1910 - Hannover : Helwing
199 England — wagte, sich gegen ihn aufzulehnen. Er beherrschte teils per- sönlich, teils durch seine Verwandten Frankreich, Spanien, Portugal und die Niederlande, Italien und die Adriaküste, den Rheinbund, Westfalen und das Stück von Deutschland, welches nordwestlich der Linie von Wesel nach Lübeck liegt. Schweden, Dänemark, Österreich und Rußland schmei- chelten sich, seine Verbündeten zu heißen und waren seiner Befehle gewärtig. Aber wenn er auch der mächtigste aller Fürsten Europas war, so fühlte er sich ihnen doch nicht völlig ebenbürtig. Er war eben ein Emporkömmling. Um das einigermaßen zu verhüllen, ließ er sich von seiner Genmhlin scheiden und vermählte sich mit der Erzherzogin Marie Luise, der Tochter des Kaisers Franz I. von Österreich (1810). Sie gebar ihm den langersehnten Sohn und Thronerben, den er noch in der Wiege zum König von Rom ernannte. 2. Die Kontinentalsperre. Wir wissen bereits, daß Napoleon England niederzwingen wollte, indem er den Handel dieses Landes ver- nichtete. Er sperrte 1806 von Berlin aus zu diesem Zweck die gesamten Küsten des Festlandes (Kontinents) von Europa gegen den Handel mit England ab, indem er aufs strengste den Güteraustausch mit England verbot. Das nennt man kurz „Kontinentalsperre". Deshalb hatte er auch die Mündungen der Ems, der Weser und der Elbe in seine Gewalt gebracht und aufs schärfste bewachen lassen. Trotzdem wurden englische Waren ein- geschmuggelt. Wen die französische Polizei dabei abfaßte, der hatte sein Leben verwirkt; die geschmuggelten Waren aber wurden verbrannt. Ob die Völker unter der Kontinentalsperre bittere Not litten, das kümmerte den harten Eroberer nicht; sowenig wie es ihn rührte, daß Tausende von soliden Kaufhäusern zu Grunde gerichtet wurden. 8 104. Napoleons Kampf mit Nupland. (1812.) 1. Die Ursache des Krieges war die Kontinentalsperre. Kaiser Alexander hatte auf Wunsch seines Freundes Napoleon den Handel mit England in seinem Reiche verboten. Aber er sah bald ein, daß er seinen: Volke dadurch an dem Erwerb der Nahrung und Notdurft des Leibes und Lebens schweren Schaden zufüge. Daher erließ er (1810) einen Ukas, der die Einfuhr englischer Waren in Rußland gestattete; nur durften sie nicht unter englischer Flagge segeln. Dadurch war der Handel nüt England wieder ermöglicht. Das nahm Napoleon sehr übel auf; er sagte dem russischen Gesandten eines Tages öffentlich: „Ihr Kaiser betrügt mich!" Dazu hatte Napoleon den Zaren persönlich schwer beleidigt, indem er den Herzog von Oldenburg, einen Verwandten Alexanders, aus dem Lande

5. Teil 2 - S. 156

1910 - Hannover : Helwing
156 Kaiser zur Seite zu stehen. Hier belehnte Sigismund ihn nun mit der Kurwürde der Mark Brandenburg und ernannte ihn zum Erzkämmerer des Reiches (1415). Kurfürst Friedrich I. konnte sich leider wenig um sein Land bekümmern. Seine treffliche Gattin Elisa- beth („die schöne Else") und sein Sohn mußten meist für ihn regieren. 8 84. Brandenburg zur Zeit der Reformation. 1. Kurfürst Joachim I. bekämpft die Reformation. Joachim I. bestieg als Jüngling den Thron. Er war ein hochgebildeter und tatkräftiger Fürst. Das mußten zunächst die Ritter erfahren, die meinten, unter einem so jungen Fürsten dürften sie wieder nach der Weise ihrer Väter im Lande hausen. Er ließ die Räuber fangen und ohne Umstünde hängen. Um Land und Leute kennen zu lernen, reiste er in seinen Marken umher und stellte Recht und Ordnung her. Er gab dann eine Städteordnung und setzte als höchstes Gericht in seinem Lande das Kammergericht ein, dem auch Grafen und Ritter sich zu unterwerfen hatten. Zur Pflege der Wissenschaften gründete er in Frankfurt a. d. Oder die erste Universität im Kurfürstentum Brandenburg. Trotzdem er den Reformator Dr. Luther persönlich kannte, war und blieb er ein bitterer Feind der Reformation. Wohl kannte er die großen Schäden der Kirche, aber er meinte, Papst und Kirchenversammlungen müßten sie heilen. Joachim verfolgte indessen die Anhänger der neuen Lehre nicht, verbot aber streng die Verbreitung der lutherischen Bibel in seinen Landen. Trotzdem breitete sich die lutherische Lehre im Stillen auch in Brandenburg immer weiter aus. Zu seinem Schmerz nmßte er sogar erleben, daß seine Gemahlin Elisabeth heimlich lutherisch geworden war. Als er ihr mm mit Kerker und Banden drohte, floh sie nach Sachsen, wo Johann der Beständige ihr ein Schloß als Wohn- sitz anwies. Joachim selbst ist der katholischen Kirche bis an sein Ende treu geblieben. Er starb 1535. 2. Joachim Ii. führt die Reformation ein. Joachim hatte Dr. Lrrthers Bekenntnis in Worms mit eigenen Ohren gehört und war im Herzen der Reformation zugetan. Aber er wollte mit dem Kaiser und seinen katholischen Verwandten gut Freund bleiben, deshalb zögerte er zunächst, offen zur lutherischen Kirche überzutreten. Seinen Untertanen dagegen legt er kein Hindernis in den Weg, wenn sie lutherisch werden wollten. Als bereits ein großer Teil seines Volkes Luthers Lehre angenonunen hatte, und seine Mutter ihn dringend ermahnte, sich endlich öffentlich der lutherischen Kirche zuzuwenden, nahm Joachim 1539 in Spandau das heil. Abendmahl in beiderlei Gestalt und trat dadurch feierlich zur lutherischen Kirche über.

6. Teil 2 - S. 209

1910 - Hannover : Helwing
209 sollte von den übrigen ein Gericht (Austragsgericht) gebildet werden, welches den Streit zu schlichten hatte. Die Gesandten der Bundesstaaten bildeten den Bundestag. Dieser hielt seine Sitzungen in Frank- furt a. M. In den Sitzungen führte der österreichische Gesandte den Vorsitz. Jeder Bundesstaat hatte wenigstens eine Stimme; die größeren der- selben hatten bis 4 Stimmen. In allen wichtigen Angelegenheiten konnte nur dann ein gültiger Beschluß gefaßt werden, wenn alle einstimmig waren d. h. — niemals! 3. Der heilige Bund. Die erschütternden Ereignisse der letzten 25 Jahre hatten Fürsten und Völker die Wahrheit in Erinnerung gebracht: „Die Sünde ist der Leute Verderben." Beide hatten schwer gesündigt: Herrscher und Untertanen. Napoleon aber war die Geißel in der Hand Gottes gewesen, beide zu züchtigen. Das hatten viele sehr wohl erkannt und den Weg zu Gott zurückgefunden (s. S. 202, b). Die drei Häupter der Verbündeten scheuten sich auch nicht, das offen vor aller Welt auszusprechen. Noch in Paris schlossen sie im Herbst 1815 den „heiligen Bund". Sie gelobten, sich der hl. Schrift gemäß wie Brüder zu lieben und bei- zustehen, ihre Völker als Glieder der einen großen, christlichen Familie anzusehen und sie als Väter in Liebe und Gerechtigkeit zu regieren. Als einzigen Souverän (Gebieter) erkannten sie Gott und ihren göttlichen Erlöser Jesus Christus an. — Alle christlichen Fürsten Europas, außer dem König von England und dem Papst, traten bald dem Bunde bei. 8 107. König Friedrich Wilhelms Iii. Friedensarbeit. 1. Die Provinzialftände. In den Befreiungskriegen hatten die Völker Europas ihrem Vaterlande die Freiheit, ihren Fürsten vielfach nicht nur Länder, sondern auch Zepter und Krone zurückerkämpft. Sie erwarteten daher nicht ohne Grund, daß die Fürsten ihnen nun auch das Recht ein- räumen würden, an der Regierung ihres Landes teilzunehmen. Der Frei- herr v. Stein erstrebte letzteres mit heißem Bemühen für Preußen. Schon im Mai 1815 erließ König Friedrich Wilhelm eine Verordnung, die seinen Entschluß krmd gab: eine Repräsentation (Vertretung) des Volkes dadurch zu bilden, daß die Provinzialstände wieder eingerichtet werden sollten. Aus diesen sollten die Vertreter des Landes gewählt werden, deren Ver- sammlung in Berlin tagen werde. Dieser Versammlung wurde die Be- fugnis eingeräumt, die Gesetzesvorlagen der Regierung zu beraten und ihr Gutachten darüber abzugeben. Doch erst 1823 traten die Provinzialstände ins Leben. Ihre Mitglieder waren ausschließlich Grundbesitzer. Die eine Hälfte bestand aus Rittergutsbesitzern, die andere aus städtischen Grund besitzern und Bauern. Weltkunde C. Ii. 14

7. Teil 2 - S. 213

1910 - Hannover : Helwing
213 Wunsch aber blieb lebendig, namentlich in der Seele deutscher Professoren, Studenten und Dichter. Sie trugen ihn durch Reden und Schriften in immer weitere Kreise des deutschen Volkes, trotzdem sie schwer dafür bestraft wurden. Das machte viel böses Blut in Deutschland. Als nun die Kunde von der Februarrevolution unser Vaterland erreichte, brach in Wien, Berlin und anderen Orten der Sturm wilden Aufruhrs los. Man wollte ein einiges D eutsches Reich mit eigener Verfassung. Jetzt wurden in allen deutschen Staaten vom Volke Abgeordnete gewählt, die zusammen die „Deutsche N a t i o n a l v e r s a m m l u n g " bildeten. Sie tagte in der Paulskirche in Frankfurt a. M. und sollte eine neue Ordnung der staatlichen Verhältnisse in Deutschland schaffen. Sie beschloß, ein einiges „Deutsches Reich" aufzurichten und einen Kaiser an dessen Spitze zu stellen. Nachdem sie die neue Reichsverfassung festgestellt hatte, wählte sie den König Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen zum deutschen Kaiser. Aber Friedrich Wilhelm lehnte die Kaiserkrone ab, und die deutschen Fürsten wollten die Reichsverfassung nicht annehmen. Da brachen in Sachsen und Süddeutschland neue Aufstünde los, die von preußischen Truppen unter Prinz Wilhelm niedergeschlagen wurden. König Friedrich Wilhelm Iv. versuchte nun, ein einiges Deutschland ohne Österreich zu schaffen. Zu diesem Zwecke schloß er 1849 mit Hannover und Sachsen den „Dreikönigsbund". Aber Kaiser Franz Joseph I. und Zar Nikolaus vereitelten Preußens Arbeit. Ja, der russische Kaiser drohte Preußen den Krieg an, wenn es noch weiter versuchen wolle, Deutsch- land zu einigen. Da ließ Preußens König den Herrschern von Österreich und Rußland in Olmütz erklären, daß er von seinen Plänen absehen wolle. Es sollte mit dem alten Deutschen Bunde noch eine Weile weiter gehen. 5. Der König pflegt Kunst und Wissenschaft. Friedrich Wilhelm Iv. war ein kunstliebender und kunstverständiger Herr, darum pflegte er die Kunst mit höchstem Eifer. Er ließ das prachtvolle Museum in Berlin bauen, dessen Treppenhauswände Wilhelm von K a u l b a ch mit welt- berühmten Gemälden schmückte. Die alte Stammburg der Hohenzollern und die Marienburg in Preußen wurden herrlich wieder hergestellt. Den Ausbau des Kölner Domes, der Jahrhunderte lang geruht, förderte er aufs kräftigste. In Berlin schufen bedeutende Bildhauer wie Rauch und Schinkel herrliche Monumente, so das großartige Reiterstandbild Friedrichs d. Gr., die Standbilder Friedrich Wilhelms Iii. und seiner Feldherren Pork und Gneisenau. Der König war ein warmer Freund der Wissenschaft und stand in lebhaftem Verkehr mit den größten Gelehrten seiner Zeit, z. B. mit den Gebrüdern Grimm, den berühmten Erforschern unserer deutschen Sprache, mit dem Welten-

8. Teil 2 - S. 218

1910 - Hannover : Helwing
218 aufrührerische Volk und wollte sogar seinen Palast in Brand stecken. Da schickte der König den Prinzen nach England, um ihn den Augen seiner Feinde zu entziehen. Aber schon nach 2 Monaten rief er ihn zurück. Der Prinz wurde in die preußische Nationalversammlung gewählt und hier erklärte er, weil des Königs Wille ihm heilig sei, so schließe er sich mit vollem Herzen den neuen Verhältnissen an. Im Jahre 1849 besiegte er die Aufständischen in Baden und führte den Großherzog des Landes in seine Hauptstadt zurück. 4. Wilhelm I., König von Preußen, a) Seine Ziele. Als sein königlicher Bruder erkrankte, übernahm der Prinz von Preußen als „Prinz-Regent" die Regierung des preußischen Staates (1858). Nach dem Tode des Bruders bestieg er als Mann von 64 Jahren den preußi- schen Königsthron; ein Herrscher ruhig und einfach, mild und gütig, selbst- los und fromm. Am 18. Oktober 1861 setzte Wilhelm sich in der Schloßkirche zu Königsberg die Königskrone aufs Haupt. „Von Gottes Gnaden tragen Preußens Könige seit 160 Jahren diekrone. Eingedenk, daß die Krone nur von Gott kommt, habe ich durch die Krönung an geheiligter Stätte bekundet, daß ich sie in Demut aus seinen Händen empfangen habe", so sprach der König an jenem Tage zu seinem Volk. Die erste Sorge des neuen Königs galt seinem Heere. Er kannte dasselbe durch und durch und wußte genau, welche Mängel ihm anhafteten. Die Anzahl der Soldaten Preußens war seit den Befreiungskriegen kaum gestiegen, während die Bevölkerung des Landes um Millionen zugenonnnen hatte. Preußens wehrhafte Männer waren nicht mehr ein „Volk in Waffen". König Wilhelm aber erkannte wohl, daß die Zeit nicht mehr fern sei, wo Preußen eines starken, schlag- fertigen Heeres bedürfen werde, denn ihm waren die Gelüste des Franzosen- kaisers Napoleon Iii. nicht unbekannt. Dazu begriff er sehr wohl, welchem Ziele die besten Männer Preußens und Deutschlands entgegenstrebten. Dieses Ziel war die Gründung eines einigen Deutschlands unter Preußens Führung. i>) D i e Berufung Bismarcks. Wenn das preußische Heer vermehrt werden sollte, so mußte die Regierung Geld haben; das Geld aber mußten die Kammern bewilligen. Fürs erste Jahr bewilligten sie es. Als im folgenden Jahre ein neues Haus der Abgeordneten in Berlin zusammen- trat, lehnte es die Bewilligung der Kosten für die Reform des Heeres ab, trotzdem der Kriegsminister von R o o n sie aufs glänzendste verteidigte. Doch König Wilhelm gab nicht nach. Er berief 1862 den preußischen Ge- sandten in Paris, Dtto von Bismarck, nach Berlin und ernannte ihn zum Vorsitzenden seines Ministeriums (Ministerpräsidenten). Bismarck führte

9. Teil 2 - S. 231

1910 - Hannover : Helwing
231 Fabriken, die Massenartikel viel schneller und billiger Herstellen konnten, als die Werkstatt des Handwerksmeisters. Aber diese Fabriken bedurften ungeheurer Massen von Kohlen und Rohstoffen aller Art (Erze, Baum- wolle usw.). Diese heranzuschaffen waren Eisenbahnen und Dampfer nötig, die auch in immer größerer Anzahl gebaut wurden. Nicht minder aber mußten sich viele Tausende fleißiger Hände regen, wenn die Fabriken verdienen wollten. Da die großen Betriebe meist in den größeren Städten angelegt wurden, so mußte notwendig ein starker Zustrom der Arbeiter dahin stattfinden. Es entwickelte sich der Stand der Fabrikarbeiter. Natür- lich spürten die Landwirte nach und nach die „Leutenot", d. h. den Mangel an brauchbaren Knechten, Mägden und Tagelöhnern. Die Jndustne gab ihnen dafür allerdings Maschinen aller Art; aber diese können die Menschen- hand vielfach nicht ersetzen. Auch die kleinen Handwerker gerieten in schwere Not; viele verloren ihre Selbständigkeit und wurden gezwungen, Fabrik- arbeiter zu werden. Wers vermochte, stellte eine Kraftmaschine ein, um sich über Wasser zu halten. Eine ungesunde Entwickelung nahmen Jndustne und Handel, als Frankreichs Milliarden unser Vaterland überschwemmten. Das Geld wollte und sollte arbeiten. Ungezählte Millionen wurden in Industrieanlagen gesteckt. In zwei Jahren entstanden in unserm Vater- lande nahezu an 200 Aktiengesellschaften. Sie schufen neue Fabrikanlagen, bauten Eisenbahnen, legten Bergwerke an u. dgl. Dadurch wurde in Kürze eine solch ungeheuere Masse von Waren erzeugt, daß die Kaufleute immer neue Absatzgebiete aufsuchen mußten. Die Erzeugnisse der deutschen In- dustrie vervollkommneten sich zum Teil so, daß sie sich mit den besten eng- lischen und belgischen messen konnten. Selbstverständlich wuchs auch die deutsche Handelsflotte ungeahnt schnell. Sie steht heute an dritter Stelle in der Welt (Bremer Lloyd: Paketfahrt-Aktiengesellschaft in Hamburg u. a.). b) D e r g r o ß e „ K r a ch ". Dem „Tanze um das goldene Kalb" folgte ein furchtbarer Zusammenbruch. Es wurden weit mehr Waren her- gestellt, als verbraucht werden konnten. Bald litt Deutschlands Industrie unter der „Überproduktion". Der Absatz stockte; die Fabriken mußten ihren Betrieb entweder stark einschränken oder ganz stilllegen. Zehntausende von Arbeitern wurden mit einem Schlage arbeits- und damit brotlos. Der hohe Verdienst besserer Tage hatte sie an allerlei Genüsse gewöhnt, die sie sich nun versagen mußten. Das alles machte sie unzufrieden mit sich und aller Welt. Dazu kam die Erkenntnis, daß sich niemand um ihr Schicksal kiimmerte, wenn sie krank, alt und schwach geworden waren. Es war nicht das Band christlicher Bruderliebe, welches Arbeitgeber und Arbeiter ver- band; sondern im Jagen nach Gewinn und Genuß beutete der Stärkere den Schwächeren aus. Da liehen Tausende von Arbeitern nur zu leicht

10. Teil 2 - S. 232

1910 - Hannover : Helwing
denen Gehör, welche ihnen sagten: „So kann und darf es nicht weiter gehen; die Welt muß gänzlich umgestaltet werden. Eigentum darf es nur noch im beschrankten Umfange geben. Jeder Staatsbürger arbeitet für alle, und alle werden vom Staat gleichmäßig beschäftigt und unterhalten. Einen Gott im Himmel, einen König auf Erden, ein Vaterland gibts nicht mehr und darf es nicht mehr geben, ebensowenig wie es ein Jenseits und ein Wiedersehen gibt. Darum soll jeder Mensch das Leben hier genießen, so gut er kann; wenn er stirbt, ist alles aus." In Wort rmd Schrift wurden diese trostlosen Lehren verkündigt. Dabei wurde das Heilige gelästert, die Regierung verhöhnt, die Auflehnung gegen Ordnung und Gesetz als Mannes- mut und Menschenrecht gepriesen. Auf die Worte folgten Taten: zwei Mordbuben richteten die Waffe heimtückisch gegen das Leben des greisen Kaisers Wilhelm. e) Die soziale Gesetzgebung. Nun fing die Reichsregierung an, sich eingehender um das Los der Arbeiter zu kümmern. Fabrik- inspektoren wurden angestellt, Einigungsämter errichtet, die Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern schlichten sollten. Der Kaiser bestimmte die „Wilhelnrspende" zu einer Altersversorgung für Arbeiter. Im Jahre 1881 aber erließ er eine kaiserliche Botschaft, die den: Reichstag zur Pflicht machte, das Wohl der Arbeiter positiv zu fördern. Und Bismarck rief den Vertretern des Volkes zu: „Geben Sie dem Arbeiter, so lange er gesund ist, Arbeit; sichern Sie ihm Pflege, wenn er krank ist; sichern Sie ihm Versorgung, wenn er alt i st!" Nun wurde durch das K r a n k e n k a s s en- ge s e tz (1883) für die erkrankten Arbeiter Fürsorge geschaffen. Dieses Gesetz wurde im folgenden Jahre durch das U n f a l l Versicherungs- gesetz ergänzt. In: Jahre 1887 wurde schon das I n v a l i d i t ä t s - und Altersversicherungsgesetz dem Reichstage vorgelegt; aber es kam erst einige Jahre später zustande. ck) Deutschland erwirbt Kolonien. Jmj Laufe des 19. Jahrhunderts waren Hunderttausende von Deutschen ins -lus- land, namentlich nach Amerika, ausgewandert. Ihre Arbeitskraft und ihr Geld waren für das Vaterland verloren. An einzelnen Punkten hatten sie sich m größerer Anzahl niedergelassen und blühende deutsche Kolonien gegründet, z. B. in Südamerika. Aber diese Kolonien gehörten nicht Deutsch- land. Je mehr nun aber Deutschland ein Industriestaat wurde, desto nötiger erschien es, daß es Arbeits- und Absatzgebiete gewann, die ihm zu eigen gehörten. Der Ruf: „Deutschland muß Kolonien haben!" ertönte immer lauter. Da stellte das Deutsche Reich im Jahre 1884 die Erwerbungen des
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