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1. Landeskunde von Thüringen - S. 27

1909 - Altenburg : Bonde
27 Die Rhön ist arm an Bodenschätzen. An einzelnen Stellen finden sich Eisen- erze und Tonlager, und am Nordostrande des Gebirges kommen Braunkohlen vor; der Abbau derselben wird aber mit geringem Erfolg betrieben. Infolgedessen hat sich in dem Eisenacher Oberlande auch keine lebhafte Industrie entwickeln können; nur die Haus- industrie hat hier festen Fuß gefaßt. An einzelnen Orten wird der Ton zu Tonkrügen und Geschirren verarbeitet; auch Pfeifenköpfe für Ruhlaer Geschäfte werden hier und da gefertigt. In den meisten Rhönorten beschäftigen sich die Bewohner mit Haus- Weberei. Da webt man aus dem Flachse, den man im Sommer erbaut hat, das weiße Linnen, und die Wolle der Schafe liefert das Garn, aus welchem Plüsch und andere Wollstoffe gewebt werden. Heimisch im Rhöngebirge ist auch die Sattlerei und Riemerei, und an vielen Orten wird das Peitschenflechten schwunghaft betrieben. Die ausgedehnte Viehzucht liefert dem Gerberhandwerk die nötigen Meiningen. Rohstoffe. An einigen Orten wird das Holz der Wälder zu allerlei nützlichen Geräten verarbeitet. Da im Rhöngebirge die Erwerbsverhältnisse so ungünstige sind, so ist dasselbe auch schwach besiedelt. Wir finden auf demselben nur kleine Städte und arm- selige Dörfer (Kaltennordheim, Dermbach, Lengsfeld, Schmalenau, Wüstensachsen, Spar- brod). Viele der Rhönbewohner verlassen zur Sommerszeit auf mehrere Monate das rauhe Gebirge und wandern hinab in die gesegneteren Gefilde des Werra- und Main- tales , um dort als Erntearbeiter ihren Verdienst zu suchen. Andere ziehen in größere Städte, um als Maurer oder Zimmerleute zu arbeiten, während noch andere als Handels- leute von Ort zu Ort wandern und die im Winter gefertigten Waren verkaufen. Im Spätherbst kehren sie meist zurück, um in der langen Winterszeit, wo gewaltige Schnee- massen das Gebirge bedecken, in den niedrigen Hütten zu spinnen und zu weben, zu schneiden und zu schuitzen, zu formen und zu malen, zu flechten und zu binden.

2. Heimatkunde der Provinz Hannover - S. 20

1910 - Hannover : Helwing
— 20 — ist Bernward bahnbrechend für die Kunst geworden. Zum ersten Male seit Jahr- Hunderten ist in ihnen ein Werk entstanden, ans dem die dargestellten Personen durch ihre Bewegungen und Gebärden lebhaft erzählen, nicht mehr blosz starr und tot dastehen. Auch eine der schönsten Kirchen der Rnndbogen-Bauweise (romanisch), die Michaeliskirche, verdankt diesem bedeutenden Manne ihre Entstehung; ihre Decke trägt das größte (28 lj2 m laug und 8 lj2 m breit) und schönste Deckengemälde dieser Zeit, welches den Stammbaum Jesu darstellt. Aus der Blütezeit des Bürgertums im 15. und 16. Jahrhundert sind so viele und prächtige Holzbauten erhalten (Knochenhaueramthaus), daß man Hildesheim der vielen altertümlichen Bauten wegen das Nürnberg des Nordens genannt hat (47 000 Einwohner). An der Stelle, wo die Leine aus dem Hügellande in die Ebene tritt, liegt die Haupt- und Residenzstadt Hannover (280090 Einwohner). Der Name be- deutet „hohes Ufer" (niederdeutsch hoen overe, die älteren Stadtteile liegen mehr als 6 m über dem Flußbett der Leine). Schon zur Zeit Heinrichs des Löwen Königl. Theater in Hannover. war die Ansiedlung ein ansehnlicher Ort; 1451 wurde sie auch Mitglied der Hansa. Hannover ist ein Kreuzuugspuukt großer Straßen aus den vier Welt- gegendeu und war daher von jeher eine Stätte regen Verkehrslebens. Infolge des 30 jährigen Krieges, der auch hier mit Schrecken einkehrte, kam die Stadt sehr zurück; Teuerung, Hunger und Senchen rafften fast -j3 der Einwohner hinweg. Im Jahre 1636 wurde Hannover fürstliche Residenz. Seitdem blühte sie schnell auf; selbst als Georg I. 1714 uach England zog, um deu dortigen Königsthron zu besteigen, verminderte sich der Wohlstand der Stadt nicht. Ungleich schneller aber wuchs sie an, als vom Jahre 1837 an die Verbindung mit England aufhörte und König Ernst August hier wieder seinen Sitz nahm. Auch der Verlust des königlichen Hofes im Jahre 1866 hemmte die Entwickelnug der Stadt nicht. Das geht nicht bloß aus der raschen Bevölkerungszunahme, sondern auch daraus hervor.

3. Teil 2 - S. 98

1910 - Hannover : Helwing
98 Geht es also den: Industriearbeiter gut, so macht der Bauer gute Geschäfte. Einer ist auf den andern angewiesen. Zwar ist die Kopfzahl des Viehes gewachsen und noch im Wachsen, doch hat sie mit der Volksvermehrung nicht Schritt gehalten. Es kommen jetzt auf 100 Menschen in Deutschland 33 Rinder, d. i. 5 weniger als vor 40 Jahren. Es ist nötig, Vieh, Fleisch, Geflügel, Eier usw. einzuführen. — Rindvieh liefern uns Dänemark und Österreich-Ungarn; Schweine: Mßland; Pferde: Belgien, Niederlande, Österreich-Ungarn, Dänemark, Rußland. Die deutsche Landwirtschaft kann aus ihre Erfolge in der Viehzucht stolz sein. Immerhin müssen wir wünschen, daß der deutsche Bauer sich noch mehr als bisher der Viehzucht, besonders auch der Haltung von Federvieh, der Ge- winnung von Milch und Käse widmet, um in diesen Nahrungsmitteln Deutsch- land vom Auslande unabhängiger zu machen. 8 30. Die Forstwirtschaft. 1. Der Waldbestand in Deutschland. In den Berichten der Römer wird uns Deutschland als ein wasserreiches W a l d l a n d geschildert. Das ist anders geworden. Die vielen Nanren mit den Zusanunensetzungen -roden, -Hagen, -holz, -Wald, -loh reden von der Arbeit vergangener Jahr- hunderte, Waldland in Acker umzuwandeln. Jetzt trägt nur noch V4 der gesamten Bodenfläche Wald. Obenan stehen die Gebirge. Viele drücken es schon durch ihren Namen aus. Suche sie auf! Die Be- zeichnung Harz = Hardt, Spessart = Spechtshardt, Haarstrang = Hart- strang geht auf Waldgebirge. Herrliche Waldungen tragen auch Taunus und Hunsrück, in unserer Nähe Deister, Saupark, Süntel und Bückeberge. Aber auch in der Tiefebene fehlen größere Wälder nicht. Die östl. Provinzen sind damit besonders gesegnet. Uber 3/4 alles Hochwaldes ist Nadelwald. Er bringt am schnellsten Erträge. Der verbreitetste Baun: ist in der Tiefebene die genügsame Kiefer oder Fuhre, im Gebirgslande die Fichte (Tanne). Der L a u b w a l d , der die höheren Lagen der Gebirge meidet, hat vorwiegend B u ch e n bestände, kaum '/3 soviel Eichwald. 2. Schul; und Pflege des Waldes. Der Staat hat die Aufsicht über den Wald. Er sorgt dafür, daß die Ausrodungen nicht zu großen',Um- fang annehmen und kahle Berge und für Ackerbau ungeeignete Flächen bewaldet werden. Er selbst ist Besitzer großer Waldungen, der Staats- oder fiskalischen For st en; V3 Wälder ist staatlich. Der Staat hat auch die Ausbildung der Forstbeamten in die Hand genommen. Eine Forstakademie, d. i. eine Schule für höhere Forstbeamte, ist in Münden. 3. Nutzen des Waldes. Der Wald liefert Holz. Das ist sein größter Nutzen. In alter Zeit war das Holz noch viel wichtiger. Eine mittelalter- liche Stadt war fast ganz aus Holz gebaut. Deshalb brannte sie auch so häufig ab. Hausgeräte, Webestühle, Wagen, Brücken, Schiffe waren zum

4. Teil 2 - S. 194

1910 - Hannover : Helwing
194 Die Offiziere wollten leben wie Fürsten; die Soldaten verlangten Braten rmd Wein, um sich von den Strapazen des Krieges zu erholen. Dazu seufzte das Volk unter den: Druck der ungeheuren Steuerlast, die ihm auferlegt werden mußte, damit die Kriegskosten an die Franzosen bezahlt werden konnten. Sie haben in den Jahren ihrer Zwingherrschaft allein an barem Gelde gegen 300 Mill. Mark aus dem kleinen Preußen herausgeholt; die Sunrme für Verpflegung und Lieferungen aller Art betrug mindestens das Doppelte. Kein Wunder, daß das Land verarmte, zumal Fabriken, Gewerbe und Handel völlig still lagen. Dazu kanr die erbärmlichste Spionage des Feindes. Niemand wagte schließlich mehr, seine Meinung frei zu äußern, aus Furcht, ein verkappter Spion könne sie der Polizei hinterbringen. Diese aber inachte mit den Unzufriedenen kurzen Prozeß. — All die Not hatte nun zunächst die heilsame Wirkung, daß sie einsichtigen Menschen die Augen öffnete. Man fing an, die Ursachen des Unglückes, das Preußen niedergeschmettert hatte, zu erkenneu. Schor: in: Jahre 1808 schrieb die Königin Luise ihrem Vater: „Es wird n:ir immer klarer, daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar eine andere Ordnung der Dinge ein, da die alte als abgestorben zusammen- stürzt. Wir sir:d eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs d. Gr. Wir sind nicht mit der Zeit fortgeschritten, deshalb überflügelt sie uns. Wir müssen durch. Sorge:: wir dafür, daß wir mit jeden: Tage reifer und besser werden." Niemand — so bezeugt Luise — sah das klarer ein, als der König und seii: Entschluß stand fest: „Das n:uß bei uns anders werden." Tausende von wackeren Männern Preußens und Deutschlands dachten ebenso. König Friedrich Wilheln: berief nun Männer zu seinen Ratgebern, die von heißer Vaterlandsliebe wie von glühendem Haß gegen die Fremdherrschaft beseelt waren. Sie sollte:: mit Rat und Tat helfen, daß es in Preußen anders werde. Wir wollen einige dieser Männer kennen lernen und sehen, was sie Neues geschaffen haben. 2. Freiherr vom Stein, a) Aus seinen: Leben. Auf dem Burgberge bei Nassau, der Heimat des Freiherrn v. Stein, steht sein Denkmal. Die Inschrift desselben lautet: „Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edelstein." Er war bereits unter Friedrich d. Gr. in den preußischen Staatsdienst getreten. Seine hervorragende Tüchtigkeit und eiserne Pflichttreue beförderten ihn bald in die höchsten Stellen; ja König Friedrich Wilhelm Iii. berief ihn zweimal zun: Minister. Er haßte Napoleon aufs grimmigste, weil dieser den Völkern die Freiheit raubte. Napoleon aber verfolgte ihn mit tödlichen: Haß, weil er ihn fürchtete. 1808 mußte Stein vor Napoleon aus Preußen fliehen. Er ging zuerst nach Österreich, später nach Rußland, wo er den: Kaiser Alexander in: Kan:pfe gegen

5. Teil 2 - S. 148

1910 - Hannover : Helwing
148 Scheiterhaufen verbrannt. Ströme von Blut sind geflossen, die Ketzerei auszurotten. Das ist nun zwar nicht gelungen; aber Länder und Städte, die im 16. Jahrh, protestantisch waren, sind durch Gewalt gezwungen, zur katholischen Kirche zurückzukehren (s. § 81,2). 8 81. Der 30 jährige Krieg (1618—1048). 1. Die Veranlassung zu diesem schreckenvollsten aller Kriege, die jemals in unserm Vaterlande gewütet haben, gaben zwei an sich unbe- deutende Vorkommnisse in Böhmen. Hier hatten protestantische Unter- tanen katholischer Herren angefangen, in Braunau und Klostergrab eine Kirche zu bauen. Sie waren dazu nach dem Majestätsbrief, den ihnen einst Kaiser Rudolf Ii. ausgestellt hatte, nicht berechtigt. Deshalb ließ man die eine Kirche niederreißen, die andere schließen. Die Evangelischen beschwerten sich darüber beim Kaiser, wurden aber hart abgewiesen. Da drangen die Verteidiger der Protestanten eines Tages in das Rathaus gn Prag und stellten die kaiserlichen Statthalter zur Rede. Als diese den gewünschten Bescheid nicht geben wollten, warf man sie nach böhmischer Weise zuni Fenster hinaus. Darnach rissen die protestantischen Herren (Stände) die Regierung in Böhmen an sich und riefen ihre Glaubensgenossen in Mähren, Schlesien, Österreich und Ungarn zu Hülfe. Der Anführer ihres Heeres war Graf Thurn. Als die Böhmen gegen Wien vorrückten, starb Kaiser Matthias (1619). Ferdinand Ii., ein grimmiger Feind der Protestanten, folgte ihm. 2. Der böhmische Krieg. Noch ehe Ferdinand die Kaiserkrone auf- gesetzt hatte, standen die Böhmen vor Wien. Sie mußten aber bald zurück- kehren, weil kaiserliche Truppen Prag bedrohten. Nun erst zog Ferdinand nach Frankfurt und ließ sich zum Kaiser krönen. Aber die Böhmen ver- warfen ihn und wählten sich einen eigenen König. Das war Kurfürst Friedrich von der Pfalz, das Haupt der protestantischen Union. Er nahm die böhmische Krone an und ging nach Prag. Der Kaiser aber war auf der Rückreise nach Wien in München eingekehrt und hatte die Hülfe des Bayernherzogs Maximilian gewonnen. Maximilian war das Haupt des katholischen Fürstenbundes (der Liga). Er sandte jetzt sein Heer und die Truppen der Liga nach Böhmen. Am weißen Berge vor Prag wurden die Böhmen gänzlich geschlagen (1620). Ihr König Friedrich floh. Der Kaiser zerriß den Majestätsbrief, ließ viele protestantische Edle hinrichten und die katholische Kirche mit Gewalt wieder herstellen. Man legte den Protestanten Lichtensteiner Dragoner ins Haus, die sie so lange drangsalierten, bis sie zur katholischen Kirche zurückkehrten oder aus- wanderten. Ähnlich verfuhr der Kaiser in Mähren, Schlesien, Österreich

6. Teil 2 - S. 199

1910 - Hannover : Helwing
199 England — wagte, sich gegen ihn aufzulehnen. Er beherrschte teils per- sönlich, teils durch seine Verwandten Frankreich, Spanien, Portugal und die Niederlande, Italien und die Adriaküste, den Rheinbund, Westfalen und das Stück von Deutschland, welches nordwestlich der Linie von Wesel nach Lübeck liegt. Schweden, Dänemark, Österreich und Rußland schmei- chelten sich, seine Verbündeten zu heißen und waren seiner Befehle gewärtig. Aber wenn er auch der mächtigste aller Fürsten Europas war, so fühlte er sich ihnen doch nicht völlig ebenbürtig. Er war eben ein Emporkömmling. Um das einigermaßen zu verhüllen, ließ er sich von seiner Genmhlin scheiden und vermählte sich mit der Erzherzogin Marie Luise, der Tochter des Kaisers Franz I. von Österreich (1810). Sie gebar ihm den langersehnten Sohn und Thronerben, den er noch in der Wiege zum König von Rom ernannte. 2. Die Kontinentalsperre. Wir wissen bereits, daß Napoleon England niederzwingen wollte, indem er den Handel dieses Landes ver- nichtete. Er sperrte 1806 von Berlin aus zu diesem Zweck die gesamten Küsten des Festlandes (Kontinents) von Europa gegen den Handel mit England ab, indem er aufs strengste den Güteraustausch mit England verbot. Das nennt man kurz „Kontinentalsperre". Deshalb hatte er auch die Mündungen der Ems, der Weser und der Elbe in seine Gewalt gebracht und aufs schärfste bewachen lassen. Trotzdem wurden englische Waren ein- geschmuggelt. Wen die französische Polizei dabei abfaßte, der hatte sein Leben verwirkt; die geschmuggelten Waren aber wurden verbrannt. Ob die Völker unter der Kontinentalsperre bittere Not litten, das kümmerte den harten Eroberer nicht; sowenig wie es ihn rührte, daß Tausende von soliden Kaufhäusern zu Grunde gerichtet wurden. 8 104. Napoleons Kampf mit Nupland. (1812.) 1. Die Ursache des Krieges war die Kontinentalsperre. Kaiser Alexander hatte auf Wunsch seines Freundes Napoleon den Handel mit England in seinem Reiche verboten. Aber er sah bald ein, daß er seinen: Volke dadurch an dem Erwerb der Nahrung und Notdurft des Leibes und Lebens schweren Schaden zufüge. Daher erließ er (1810) einen Ukas, der die Einfuhr englischer Waren in Rußland gestattete; nur durften sie nicht unter englischer Flagge segeln. Dadurch war der Handel nüt England wieder ermöglicht. Das nahm Napoleon sehr übel auf; er sagte dem russischen Gesandten eines Tages öffentlich: „Ihr Kaiser betrügt mich!" Dazu hatte Napoleon den Zaren persönlich schwer beleidigt, indem er den Herzog von Oldenburg, einen Verwandten Alexanders, aus dem Lande

7. Teil 2 - S. 156

1910 - Hannover : Helwing
156 Kaiser zur Seite zu stehen. Hier belehnte Sigismund ihn nun mit der Kurwürde der Mark Brandenburg und ernannte ihn zum Erzkämmerer des Reiches (1415). Kurfürst Friedrich I. konnte sich leider wenig um sein Land bekümmern. Seine treffliche Gattin Elisa- beth („die schöne Else") und sein Sohn mußten meist für ihn regieren. 8 84. Brandenburg zur Zeit der Reformation. 1. Kurfürst Joachim I. bekämpft die Reformation. Joachim I. bestieg als Jüngling den Thron. Er war ein hochgebildeter und tatkräftiger Fürst. Das mußten zunächst die Ritter erfahren, die meinten, unter einem so jungen Fürsten dürften sie wieder nach der Weise ihrer Väter im Lande hausen. Er ließ die Räuber fangen und ohne Umstünde hängen. Um Land und Leute kennen zu lernen, reiste er in seinen Marken umher und stellte Recht und Ordnung her. Er gab dann eine Städteordnung und setzte als höchstes Gericht in seinem Lande das Kammergericht ein, dem auch Grafen und Ritter sich zu unterwerfen hatten. Zur Pflege der Wissenschaften gründete er in Frankfurt a. d. Oder die erste Universität im Kurfürstentum Brandenburg. Trotzdem er den Reformator Dr. Luther persönlich kannte, war und blieb er ein bitterer Feind der Reformation. Wohl kannte er die großen Schäden der Kirche, aber er meinte, Papst und Kirchenversammlungen müßten sie heilen. Joachim verfolgte indessen die Anhänger der neuen Lehre nicht, verbot aber streng die Verbreitung der lutherischen Bibel in seinen Landen. Trotzdem breitete sich die lutherische Lehre im Stillen auch in Brandenburg immer weiter aus. Zu seinem Schmerz nmßte er sogar erleben, daß seine Gemahlin Elisabeth heimlich lutherisch geworden war. Als er ihr mm mit Kerker und Banden drohte, floh sie nach Sachsen, wo Johann der Beständige ihr ein Schloß als Wohn- sitz anwies. Joachim selbst ist der katholischen Kirche bis an sein Ende treu geblieben. Er starb 1535. 2. Joachim Ii. führt die Reformation ein. Joachim hatte Dr. Lrrthers Bekenntnis in Worms mit eigenen Ohren gehört und war im Herzen der Reformation zugetan. Aber er wollte mit dem Kaiser und seinen katholischen Verwandten gut Freund bleiben, deshalb zögerte er zunächst, offen zur lutherischen Kirche überzutreten. Seinen Untertanen dagegen legt er kein Hindernis in den Weg, wenn sie lutherisch werden wollten. Als bereits ein großer Teil seines Volkes Luthers Lehre angenonunen hatte, und seine Mutter ihn dringend ermahnte, sich endlich öffentlich der lutherischen Kirche zuzuwenden, nahm Joachim 1539 in Spandau das heil. Abendmahl in beiderlei Gestalt und trat dadurch feierlich zur lutherischen Kirche über.

8. Teil 2 - S. 163

1910 - Hannover : Helwing
163 erlegen. Nun aber kostete ihm namentlich das stehende Heer sehr viel Geld. Das wollten die Stände ihm aber nicht bewilligen. Da legte er eine Steuer (Akzise) auf alle Waren, die im Lande verbraucht wurden. Die Akzise brachte bald so viel Geld ein, daß der Kurfürst die Stände nur selten noch zu bitten brauchte. Ja er fühlte sich schließlich so stark, daß er den Ständen ihre alther- gebrachten Vorrechte ganz nahm und sich wenig mehr um sie kümmerte. Darüber wurden sie natürlich sehr empört. Aber der Kurfürst ließ sich nicht irre machen, sondern stlchte überall seinen Willen durchzusetzen, soweit es möglich war, entweder mit Güte oder mit Gewalt. Die Stände verloren immer mehr an Macht und Ansehen; der eiserne Wille des Kurfürsten, der in seinem Heere die nötige Macht hinter sich hatte, galt nach und nach allein im Lande. So bahnte Friedrich Wilhelm in Brandenburg die unumschränkte (absolute) Monarchie an. 6. Des Kurfürsten Sorge für fein Land. Der 30jährige Krieg hatte auch in Brandenburg Stadt und Land entvölkert. Daher war Friedrich Wilhelm unablässig darauf bedacht, Ansiedler aus Holland, der Schweiz und der Pfalz in sein Land zu ziehen. Namentlich Holländer nahm er gern, denn sie verstanden meisterhaft, Sümpfe und Moore zu entwässern und in fruchtbare Äcker und Wiesen umzuwandeln; auch die Viehzucht blühte unter ihren Händen auf. Die Pfälzer pflegten besonders den Gemüse- und Tabaksbau in Brandenburg. Der Kurfürst selber legte auf seinen Domänen Musterwirtschaften an, an welchen seine Bauern lernen konnten, wie man Acker- und Gartenbau treiben müsse. Auch verdankt die Mark ihm die Ein- führung der Kartoffel. Des Kurfürsten Gemahlin Luise Henriette von Oranien ging ihm bei alledem mit Rat und Tat zur Seite. Als König Ludwig Xiv. von Frankreich die Protestanten (Hugenotten) seines Landes zur katholischen Kirche zurückzwingen wollte, rief der Kurfürst sie in sein Land. Mehr als 15 000 Franzosen wanderten aus Frankreich in Branden- burg ein. Man nannte sie Emigranten d. i. Auswanderer. Teils waren es Edelleute, teils Gelehrte, meist aber Gewerbetreibende. Letztere betrieben namentlich die Wollen- und Seidenweberei, die Gold-, Silber- und Glas- warenfabrikation und die Spiegelschleiferei. Ausländische Gewebe suchte er durch hohe Zölle fern zu halten: die Ausfuhr von Wolle verbot er ganz; andere Rohstoffe durften nur ausgeführt werden, wenn hohe Zölle dafür gezahlt waren. Er wollte, daß seine Untertanen die Rohstoffe selber ver- arbeiteten und Geld dabei verdienten. Zur Förderrmg des Handels und Verkehrs ließ er Straßen anlegen, Posten durchs ganze Land einrichten und den Friedrich-Wilhelmskanal bei Müllrose bauen. Durch diesen Kanal konnten die Schiffe unter Benutzung der Havel und Spree aus der Elbe in die Oder fahren. Er erwarb sogar ein kleines Gebiet an der Goldküste

9. Teil 2 - S. 231

1910 - Hannover : Helwing
231 Fabriken, die Massenartikel viel schneller und billiger Herstellen konnten, als die Werkstatt des Handwerksmeisters. Aber diese Fabriken bedurften ungeheurer Massen von Kohlen und Rohstoffen aller Art (Erze, Baum- wolle usw.). Diese heranzuschaffen waren Eisenbahnen und Dampfer nötig, die auch in immer größerer Anzahl gebaut wurden. Nicht minder aber mußten sich viele Tausende fleißiger Hände regen, wenn die Fabriken verdienen wollten. Da die großen Betriebe meist in den größeren Städten angelegt wurden, so mußte notwendig ein starker Zustrom der Arbeiter dahin stattfinden. Es entwickelte sich der Stand der Fabrikarbeiter. Natür- lich spürten die Landwirte nach und nach die „Leutenot", d. h. den Mangel an brauchbaren Knechten, Mägden und Tagelöhnern. Die Jndustne gab ihnen dafür allerdings Maschinen aller Art; aber diese können die Menschen- hand vielfach nicht ersetzen. Auch die kleinen Handwerker gerieten in schwere Not; viele verloren ihre Selbständigkeit und wurden gezwungen, Fabrik- arbeiter zu werden. Wers vermochte, stellte eine Kraftmaschine ein, um sich über Wasser zu halten. Eine ungesunde Entwickelung nahmen Jndustne und Handel, als Frankreichs Milliarden unser Vaterland überschwemmten. Das Geld wollte und sollte arbeiten. Ungezählte Millionen wurden in Industrieanlagen gesteckt. In zwei Jahren entstanden in unserm Vater- lande nahezu an 200 Aktiengesellschaften. Sie schufen neue Fabrikanlagen, bauten Eisenbahnen, legten Bergwerke an u. dgl. Dadurch wurde in Kürze eine solch ungeheuere Masse von Waren erzeugt, daß die Kaufleute immer neue Absatzgebiete aufsuchen mußten. Die Erzeugnisse der deutschen In- dustrie vervollkommneten sich zum Teil so, daß sie sich mit den besten eng- lischen und belgischen messen konnten. Selbstverständlich wuchs auch die deutsche Handelsflotte ungeahnt schnell. Sie steht heute an dritter Stelle in der Welt (Bremer Lloyd: Paketfahrt-Aktiengesellschaft in Hamburg u. a.). b) D e r g r o ß e „ K r a ch ". Dem „Tanze um das goldene Kalb" folgte ein furchtbarer Zusammenbruch. Es wurden weit mehr Waren her- gestellt, als verbraucht werden konnten. Bald litt Deutschlands Industrie unter der „Überproduktion". Der Absatz stockte; die Fabriken mußten ihren Betrieb entweder stark einschränken oder ganz stilllegen. Zehntausende von Arbeitern wurden mit einem Schlage arbeits- und damit brotlos. Der hohe Verdienst besserer Tage hatte sie an allerlei Genüsse gewöhnt, die sie sich nun versagen mußten. Das alles machte sie unzufrieden mit sich und aller Welt. Dazu kam die Erkenntnis, daß sich niemand um ihr Schicksal kiimmerte, wenn sie krank, alt und schwach geworden waren. Es war nicht das Band christlicher Bruderliebe, welches Arbeitgeber und Arbeiter ver- band; sondern im Jagen nach Gewinn und Genuß beutete der Stärkere den Schwächeren aus. Da liehen Tausende von Arbeitern nur zu leicht

10. Teil 2 - S. 232

1910 - Hannover : Helwing
denen Gehör, welche ihnen sagten: „So kann und darf es nicht weiter gehen; die Welt muß gänzlich umgestaltet werden. Eigentum darf es nur noch im beschrankten Umfange geben. Jeder Staatsbürger arbeitet für alle, und alle werden vom Staat gleichmäßig beschäftigt und unterhalten. Einen Gott im Himmel, einen König auf Erden, ein Vaterland gibts nicht mehr und darf es nicht mehr geben, ebensowenig wie es ein Jenseits und ein Wiedersehen gibt. Darum soll jeder Mensch das Leben hier genießen, so gut er kann; wenn er stirbt, ist alles aus." In Wort rmd Schrift wurden diese trostlosen Lehren verkündigt. Dabei wurde das Heilige gelästert, die Regierung verhöhnt, die Auflehnung gegen Ordnung und Gesetz als Mannes- mut und Menschenrecht gepriesen. Auf die Worte folgten Taten: zwei Mordbuben richteten die Waffe heimtückisch gegen das Leben des greisen Kaisers Wilhelm. e) Die soziale Gesetzgebung. Nun fing die Reichsregierung an, sich eingehender um das Los der Arbeiter zu kümmern. Fabrik- inspektoren wurden angestellt, Einigungsämter errichtet, die Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern schlichten sollten. Der Kaiser bestimmte die „Wilhelnrspende" zu einer Altersversorgung für Arbeiter. Im Jahre 1881 aber erließ er eine kaiserliche Botschaft, die den: Reichstag zur Pflicht machte, das Wohl der Arbeiter positiv zu fördern. Und Bismarck rief den Vertretern des Volkes zu: „Geben Sie dem Arbeiter, so lange er gesund ist, Arbeit; sichern Sie ihm Pflege, wenn er krank ist; sichern Sie ihm Versorgung, wenn er alt i st!" Nun wurde durch das K r a n k e n k a s s en- ge s e tz (1883) für die erkrankten Arbeiter Fürsorge geschaffen. Dieses Gesetz wurde im folgenden Jahre durch das U n f a l l Versicherungs- gesetz ergänzt. In: Jahre 1887 wurde schon das I n v a l i d i t ä t s - und Altersversicherungsgesetz dem Reichstage vorgelegt; aber es kam erst einige Jahre später zustande. ck) Deutschland erwirbt Kolonien. Jmj Laufe des 19. Jahrhunderts waren Hunderttausende von Deutschen ins -lus- land, namentlich nach Amerika, ausgewandert. Ihre Arbeitskraft und ihr Geld waren für das Vaterland verloren. An einzelnen Punkten hatten sie sich m größerer Anzahl niedergelassen und blühende deutsche Kolonien gegründet, z. B. in Südamerika. Aber diese Kolonien gehörten nicht Deutsch- land. Je mehr nun aber Deutschland ein Industriestaat wurde, desto nötiger erschien es, daß es Arbeits- und Absatzgebiete gewann, die ihm zu eigen gehörten. Der Ruf: „Deutschland muß Kolonien haben!" ertönte immer lauter. Da stellte das Deutsche Reich im Jahre 1884 die Erwerbungen des
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