257
26?.
Kriegcrscharcn den glorreichen Sieg bei Königgrätz (oder
Sadowa) in Böhmen erkämpft hat, infolge dessen nicht
bloß die auf Seite 247 genannten Staaten Norddeutschlands
ganz mit Preußen vereinigt worden sind, sondern auch alle die
übrigen, deren Gebiet nördlich vom Maine liegt, mit Preußen
einen besondern norddeutschen Bund geschlossen haben.
Und bei der Gründung dieses Bundes hat es nicht einmal
bleiben sollen. Der Main sollte nicht für alle Zeiten die Grenz-
scheide bilden zwischen den süddeutschen und norddeutschen
Staaten; Bayern, Würtemberg, Baden, Hessen, — sie alle sind
mit den letzteren zu einem einzigen Reiche zusammengefaßt
worden, dessen Kaiserkrone der König von Preußen trägt.
Der Krieg von 1870 und 71 ist es, in dem so Großes
erreicht worden ist. Unsere Nachbarn jenseit des Rheines
haben uns die Siege von 1866 nicht gegönnt. Deutschland
sollte nach der Meinung der Franzosen schwach und uneinig
bleiben, damit sie stets als die erste Nation der Welt dastehen
könnten. Um Rache für Sadowa zu nehmen, erklärte
darum Kaiser Napoleon Iii. am 19. Juli 1870 unter dem
nichtswürdigsten Vorwände den Krieg. Aber ganz Deutschland
stand fest zu unserm Könige. Unter seinem Oberbefehl sind
die Scharen unserer tapferen Krieger über den Rhein ge-
zogen, dessen Ufer uns geraubt werden sollten. Durch herr-
liche Siege haben sie sich die Wege in das feindliche Gebiet
gebahnt. Mit Gottes Hülfe und unter ruhmreichen Führern
haben sie in einer Schlacht nach der andern den Feind dar-
nieder geworfen, eine Festung nach der andern erobert, ein
Heer nach dem andern kampfunfähig gemacht und samt dem
Kaiser in die Gefangenschaft abgeführt, bis sie endlich auch
in die stolze Hauptstadt Paris eingezogen sind und ganz
Frankreich wehrlos zu ihren Füßen lag. Gewaltigere Kämpfe
sind niemals ausgesuchten worden, als in diesem siebenmonat-
lichen Kriege; schwerer ist niemals ein Volk für seinen Über-
mut gezüchtigt worden, als das französische. Seine Fluren
waren verwüstet; was zur Kriegsausrüstung gehört, ist dem Sieger
zur Beute gefallen; ungeheure Summen sind ihm zur Deckung
der Kriegskosten auferlegt worden; Ellsaß und Lothringen, die
Landstriche am Rheine, welche es vor Jahrhunderten Deutsch-
land geraubt, hat es wieder herausgehen müssen. Und was
Frankreich hat verhindern wollen, das ist gerade eingetroffen:
im Hauptquartier unsers Königs vor Paris sind die Gesandten
erschienen, um mit dem Grafen Bismarck, dem Kanzler des
17
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Norddeutschlands Maine Main Würtemberg Baden Hessen Deutschland Deutschland Rhein Paris Frankreich Lothringen Rheine Frankreich Paris
340.
364
Durch diese Niederlage ihres letzten Heeres wurden alle Hoff-
nungen der Franzosen zu Schanden gemacht. Die eitlen Pariser
hatten zeigen wollen, daß sie unüberwindlich seien; jetzt erkannten
auch sie, daß weiterer Widerstand vergeblich sei. Die Not im Innern
der Hauptstadt war aufs höchste gestiegen. Hunger und Seuchen
rafften die Bewohner dahin; der harte Winter machte das Maß des
Elendes voll. Dazu trieben die Geschütze der Belagerer ihr schreck-
liches Werk. Schon wurden Bomben und Granaten bis ins Innere
der Stadt geschleudert. Alle Ausfälle wurden zurückgeschlagen. Die
in Paris zurückgebliebenen Mitglieder der Regierung sahen sich endlich
zur Übergabe gezwungen. Am 28. Januar wurden die Bedingungen
derselben unterzeichnet. Sämtliche Vorfestungen sollten von unsern
Truppen besetzt werden. Paris hatte 200 Millionen Franken an
Kriegskontribution zu zahlen; auch mußte die stolze Hauptstadt sich
es nachmals gefallen lassen, den verhaßten Feind für kurze Zeit in
ihren Mauern zu sehen. Zur Einleitung der Friedensverhandlungen
wurde ein dreiwöchentlicher Waffenstillstand abgeschlossen.
Belsort aber fiel noch am 14. Februar in unsere Hände.
6. Der Friede. Ein gewaltiger Krieg war zu Ende ge-
führt; in 180 Kampftagen waren 17 größere Schlachten geliefert
worden, außerdem 156 Treffen und kleinere Gefechte; 26 Festungen
waren zur Übergabe gezwungen, 11,650 Offiziere und 363,000 Mann
in die Kriegsgefangenschaft abgeführt worden. Als höchster Sieges-
preis aber wurde gerade das erreicht, was uns nicht vergönnt sein
sollte: dieeinigkeit allerfürsten undstämmeunseres
Vaterlandes. Denn schon Ende November kamen zu Versailles
die Verträge zum Abschluß, durch welche ein neues deutsches Reich
gestiftet wurde, dessen höchste Würde erblich bei dem preußischen
Königshause verbleiben sollte. Auf den Vorschlag des Königs
von Bayern aber beschloß unser König, die seit 1806 ruhende
Kaiserwürde wieder zu erneuern.
Am 18. Januar 1871 waren 170 Jahre verfioffen, seitdem
der erste König in Preußen zu Königsberg gekrönt worden war, und
in dem Schlosse, welches damals der ärgste Feind Deutschlands be-
wohnte, erklärte sich jetzt vor einer glänzenden Versammlung König
Wilhelm zum deutschen Kaiser. Ganz Deutschland aber stimmte
von Herzen in seine Bitte ein: „Uns und Unsern Nachfolgern in
der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer
des deutschen Reiches zu sein, nicht in kriegerischen
Eroberungen, sondern in den Werken des Friedens
auf dem Gebiete der Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung unserer
Nation!"
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Paris Deutschlands Deutschland
267.
256
wonnenen Elsaß und nimmt bei Mannheim den Neckar, bei
Mainz den Main auf. Später trennt er das Großherzogtum
Hessen von der Provinz Hessen - Nassau und diese von der
Rheinprovinz. Endlich tritt er in die letztere ein, durchfließt
sie auf einer langen Strecke und verläßt sie hei der Stadt
Emmerich. Seine Mündung in die Nordsee geschieht außer-
halb Deutschlands, in den Niederlanden. Zuvor hat er sich in
mehrere Arme zerteilt. Bis in die Gegend von Bonn wird der
Rhein von Gebirgen eingeschlossen und seine Ufer werden hier
an Schönheit von keinem andern Strome übertroffen.
3. Die vielen großen und kleinen Staaten, deren Gebiet unser
Vaterland umfaßt, haben im Jahre 1815 miteinander einen
Bund geschlossen und sich gegenseitigen Schutz versprochen.
Ursprünglich waren der deutschen Bundesstaaten 39 vorhan-
den ; durch das Aussterben mehrerer Fürstenhäuser und andere
Ereignisse sind jedoch im Verlaufe der Zeit einige derselben
mit andern vereinigt worden, so daß zu Anfang des Jahres
1866 ihrer noch 33 übrig geblieben waren, nämlich ein
Kaisertum, fünf Königreiche, ein Kurfürstentum, sieben
Großherzogtümer, sieben Herzogtümer, acht Fürstentümer,
vier freie Städte. Die Abgesandten der Fürsten und Regie-
rungen dieser Staaten sind in Frankfurt am Main zusammen
gekommen, um die Angelegenheiten von ganz Deutschland zu
beraten. Dabei hat sich denn aber auch im Verlaufe der
Jahre gezeigt, daß an der Einrichtung des deutschen Bun-
des gar vieles auszusetzen sei, und daß durch denselben
unser Volk nicht die Macht erlangen könne, welche zum Wider-
stände gegen äußere Feinde notwendig ist. Statt der Ein-
tracht, auf welche man bei der Gründung des Bundes gerechnet
hatte, trat in den Beratungen der Gesandten viel Zwiespalt
hervor; insbesondre wurde unser Preußen aus Furcht, es
möge zu mächtig werden, in allen Einrichtungen gehindert, die
der König zum Schutze des gesamten Vaterlandes für erforder-
lich hielt. Besonders zeigte sich dieses, als im Jahre 1864
die preußischen Heere im Verein mit Östreich die Lande
Schleswig - Holstein von der Herrschaft der Dänen befreit hat-
ten-, und wo es nur eben anging, Preußen in seinen wohl-
erworbenen Rechten zu kränken, da stand Östreich, der bis-
herige Bundesgenosse, obenan. So ist es denn im Jahre 1866
zum Kriege zwischen Preußen und Östreich gekommen; der
bisherige deutsche Bund ist aufgelöst worden, und Gott hat es
80 gefügt, daß unser König an der Spitze seiner heldenmütigen
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Ortsnamen: Mannheim Mainz Main Hessen Nassau Nordsee Deutschlands Niederlanden Bonn Rhein Frankfurt_am_Main Deutschland Holstein
267.
258
norddeutschen Bundes, die Gründung eines erweiterten deut-
schen Bundes, ja, eines neuen dentschen Reiches zu ver-
abreden. Die Verhandlungen führten glücklich zum Ziele, und
als am 2. März 1871 die Friedensbotschaft erschallte und die
Friedensglocken läuteten, da vernahm unser Volk zugleich, daß
die schweren, blutigen Opfer nicht umsonst gebracht sein soll-
ten, daß das Reich begründet sei und ein edler Held, König
Wilhelm von Preußen, als Kaiser an seiner Spitze
stehe.
4. Auch schon vor Jahrhunderten ist ganz Deutschland ein
Reich gewesen, an dessen Spitze ein Kaiser stand. Alle die
Fürsten, welche in den einzelnen Teilen des Landes herrsch-
ten, die Herzöge, Fürsten und Grafen und auch die Erzbischöfe
und Bischöfe, die über Land und Leute regierten, waren dem
Kaiser untergeordnet. Dieser berief sie zu gewissen Zeiten zu-
sammen und hielt mit ihnen Rat über das, was dem ganzen
Vaterlande not that. Eine solche Versammlung wurde ein
Reichstag genannt. Auch hatten die mächtigsten unter die-
sen deutschen Fürsten das Recht, einen neuen Kaiser zu er-
wählen, wenn der vorige gestorben war. Darum wurden diese
Fürsten Kur- oder Wahlfürsten genannt. Denn Deutsch-
land war ein Wahlreich, kein erbliches Reich, wie es
von jetzt an sein soll. Das war mit ein Grund dafür, daß die
Macht des deutschen Kaisers nach und nach immer geringer
wurde, wogegen sich die Macht der Fürsten des Reiches
mehrte. Als endlich zu Anfang dieses Jahrhunderts Napo-
leon I., Kaiser der Franzosen, der gewaltige Kriegsfürst, in
unser Vaterland einfiel, hatte es mit dem Reiche ein Ende
Im Jahre 1806 legte der letzte deutsche Kaiser die Kaiserkrone
nieder und nannte sich nur noch Kaiser von Oestreich.
Fast 1000 Jahre lang hatte das deutsche Reich bestanden.
Im Jahre 843 war es gestiftet worden. Gar viele mächtige,
ruhmreiche Herrscher haben auf dem deutschen Throne ge-
sessen und unser Vaterland zu hohen Ehren gebracht. Durch
Edelmut, Tapferkeit und andere Fürstentugenden ausgezeichnet
waren Heinrich I., der die ersten Städte erbaut und mit
festen Mauern umgeben hat, Otto der Große, Friedrich
Barbarossa, Rudolf von Habsburg, der in einer bösen
Zeit Recht und Gesetz wieder zu Ehren gebracht hat, Maxi-
milian I., zu dessen Zeiten Amerika entdeckt wurde und die
Reformation durch Doktor Martin Luther begann. Gar herr-
liche Thaten wissen die Bücher der Geschichte von diesen
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm leon_I. Oestreich Heinrich_I. Heinrich_I. Otto Friedrich
Barbarossa Friedrich Barbarossa Rudolf_von_Habsburg Rudolf Martin_Luther
.
Anhang
I. Die Uhemprsvm) und noch ein Dlick ans das
Königreich Preußen.*)
36 i. Von der Verwaltung des Staates und
der Provinz.
1.
- Wenn ein so großes Reich, wie das preußische Königreich, wohl
regiert werden soll, so sind viele tüchtige Beamte nöthig, die in des
Königs Namen die Regierungsgeschäfte besorgen und stets zuzusehen
haben, wo etwas fehlt und wo zu ändern und zu bessern ist. Die
obersten Räthe unsers Königs, die Minister, wohnen in der Haupt-
stadt Berlin. Jeder derselben hat über einen besondern Zweig der
Staatsverwaltung die Aufsicht zu führen. Der eine verwaltet die
Finanzen oder Staatsg elder,^die Einnahmen und Ausgaben,
und heißt darum Finanzminister,- der andere sucht alle Vertheidigungs-
mittel ves Staates, das ganze Kriegs w e s en in seinem guten Zu-
stande zu erhalten; ein dritter wendet seine Sorgfalt auf Handel
und Gewerbe und hat auch das Postwesen unter sich; ein vierter,
der Justizminister, hält eine gute Rechtspflege im Lande aufrecht.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts - und Medizinal-
angel e g en h eil e n beaufsichtigt alle Anstalten, die für die geistige
Bildung und leibliche Pflege in unserm Staate getroffen sind; für
viele Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche steht ihm jedoch
der Ob erkirchenrath zur Seite. Der Minister des Innern sorgt
für Alles, was die Wohlfahrt und Sicherheit der Staatsbürger be-
trifft; der Minister/der auswärtigen Angelegenheiten führt die
Verhandlungen mit den auswärtigen Mächten; der Minister für die
landwirthfchaftlichen Angelegenheiten sucht den so wich-
tigen Landbau zu fördern und zu heben. Alle Minister zusammenge-
nommen bilden das Staatsministerium, an deffen Spitze der
Ministerpräsident steht.
*) S. Nr. 266.
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248
die westfälischen Gebirge hin, besonders der Teutoburger Wald. Zuletzt
aber kommt die tiefliegende, mit See'n und Sümpfen bedeckte Ebene, die wir
schon in der Betrachtung der preußischen Provinzen kennen gelernt haben,
die aber auch noch Hannover, Oldenburg und andere Staaten im nörd-
lichen Deutschland umfaßt. Da hört freilich alle Schönheit auf. Die
Hauptflüsse haben wie ihre Nebenflüsse einen langsamen, trägen Lauf; die
User find flach und sandig, nur mit Schilf und niederm Strauchwerk
bedeckt..
Weit her aus dem Schweizerlande, vom St. Gotthardsberge herunter
strömt der Rhein. Auf der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz
durchfließt er den Bodensee und stürzt bei Schaffhausen über hohe Felsen
berab, so daß er einen berühmten Wasserfall bildet. Bei Basel aber wendet
er sich plötzlich nach Norden, bildet auf einer langen Strecke die Grenze
zwischen Deutschland und Frankreich und nimmt bei Mannheim den Neckar
und bei Mainz den Main auf. Später durchfließt er noch das Gebiet
mehrerer deutscher Staaten, zuletzt die preußische Rheinprovinz, die er bei
der Stadt Emmerich verläßt. Seine Mündung in die Nordsee geschieht
außerhalb Deutschlands, in den Niederlanden. Zuvor hat er sich in meh-
rere Arme zertheilt. Daß der Rhein bis in die Gegend von Bonn von
Gebirgen eingeschlossen wird und daß seine Ufer an Schönheit von keinem
andern Strome übertroffen werden, haben wir schon gehört.
3. .
Jetzt besteht unser deutsches Vaterland aus vielen Staaten, großen
und kleinen, die miteinander einen Bund geschlossen und sich gegenseitigen
Schutz versprochen haben. Einst aber war Deutschland ein Reich, an
dessen Spitze ein Kaiser stand. Alle die Fürsten, welche in den einzelnen
Theilen des Landes herrschten, die Herzöge, Fürsten und Grafen und auch
die Erzbischöfe und Bischöfe, die über Land und Leute regierten, waren dem
Kaiser untergeordnet. Dieser berief sie zu gewissen Zeiten zusammen und
hielt mit ihnen Rath über das, was dem ganzen Vaterlande Noth that.
Eine solche Versammlung wurde ein Reichstag genannt. Auch hatten
die mächtigsten unter diesen deutschen Fürsten das Recht, einen neuen Kaiser
zu erwählen, wenn der vorige gestorben war. Darum wurden diese Fürsten
Kur- oder Wahlfürsten genannt. Denn Deutschland war ein Wahl-
reich, kein erbliches Reich. Das war mit ein Grund dafür, daß die
Macht des deutschen Kaisers nach und nach immer geringer wurde, wogegen
sich die Macht der Fürsten des Reiches mehrte. Als endlich zu Anfang
dieses Jahrhunderts Napoleon, Kaiser der Franzosen, der gewaltige Kriegs-
sürst, in unser Vaterland einfiel, da hatte es mit dem Reiche ein Ende.
Im Jahre 1806 legte der letzte deutsche Kaiser die deutsche Kaiserkrone nieder
und nannte sich nur noch Kaiser von Oestreich.
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Oldenburg Deutschland Rhein Deutschland Schaffhausen Deutschland Frankreich Mannheim Mainz Main Nordsee Deutschlands Niederlanden Rhein Bonn Deutschland Deutschland
— 427 —
du setzest eine goldene Krone auf sein Haupt; du setzest ihn zum Segen
ewiglich. Denn der König hofft auf den Herrn und wird durch die
Güte des Höchsten fest bleiben. Sie gedachten dir Übles zu thun und
machten Anschläge, die sie nicht konnten ausführen." Mit einem
brausenden „Nun danket alle Gott!" schloß die kirchliche Feier.
Der König erhob sich und schritt, gefolgt von allen Prinzen und
Fürsten und dem Grafen Bismarck, gerade auf die Erhöhung zu, auf
welcher sich die Fahnenträger befanden. Am Rande dieser Erhöhung
stand der greise, fast 74jährige König, zu seiner Rechten der Kronprinz,
links der Bundeskanzler; die Fürsten traten weiter zurück. Mit bewegter
Stimme sagte der König, wie ihm die Kaiserkrone von allen deug
schen Fürsten und freien Reichsstädten und den Vertretern des nord-
deutschen Bundes angetragen worden sei, und daß er sie annehme und
in diesem Sinne heute eine Bekanntmachung an das ganze deutsche Volk
erlasse, die der Bundeskanzler jetzt verlesen werde. — Dieselbe lautet:
An das deutsche Volk!
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, verkünden
hiermit: Nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmütigen
Ruf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des deutschen Reiches die
seit mehr denn 69 Jahren ruhende Kaiserwürde zu erneuern und zu
übernehmen, und nachdem in der Verfassung des deutschen Bundes die
entsprechenden Bestimmungen vorhergesehen sind, bekunden Wir hiermit,
daß Wir es als Pflicht gegen das gesamte Vaterland betrachten, diesem
Ruse der verbündeten deutschen Fürsten und freien Städte Folge zu
leisten und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen.
Demgemäß werden Wir und Unsere Nachfolger in der Krone Preußens
fortan den Kaisertitel in allen Unseren Beziehungen und Angelegenheiten
des deutschen Reiches führen, und hoffen zu Gott, daß es dem deutschen
Volke gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen seiner alten Herrlich-
keit das Vaterland einer segensreichen Zukunft entgegen zu führen.
Wir übernehmen die kaiserliche Würde in dem Bewußtsein, in deut-
scher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den
Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands zu stützen und die
Kraft des Volkes zu stärken. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß
es dem deutschen Volke vergönnt sein werde, den Lohn seiner heißen und
opferwilligen Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen
zu genießen, welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte
Sicherheit gegen erneuerte Angriffe Frankreichs gewähren werden.
Uns aber und Unsern Nachfolgern in der Kaiserkrone wolle Gott
verleihen, allezeit Mehrer des deutschen Reiches zu sein, nicht in kriege-
rischen Eroberungen, sondern in Werken des Friedens auf dem Gebiete
nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung!
Nach der Verlesung dieser Bekanntmachung durch den Bundeskanzler
trat der Großherzog von Baden vor und ries mit lauter Stimme: „Es
lebe hoch König Wilhelm, der deutsche Kaiser!"
Üuter dem langen Jubelruse der Versammlung ward manches Auge
naß, und dein greisen Könige und Kaiser stürzten die hellen Thränen
aus den Augen. Man sah, wie die stattliche Gestalt erschüttert war
vor Rührung. Der Kronprinz von Preußen huldigte dem Kaiser durch
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Extrahierte Personennamen: Bismarck Wilhelm Gottes_Gnaden_König_von_Preußen Wilhelm
542
Franzosen, kam endlich am 24. Oktober 1648 der Friede zustande, welchen
man den westfälischen nennt. Im Rathause zu Münster wird noch der
Friedenssaal gezeigt. Dort auf den gepolsterten Sitzen saßen einst die Ge-
sandten bei ihren Beratungen; der kaiserliche Minister Graf von Traüt-
mannsdorf, der brandenburgische Gesandte Graf Johann von Wittgen-
stein und so viele andere, deren Bildnisse jetzt die Wände zieren. Da wurde
denn endlich als Preis des vergossenen Blutes das Recht der freien Reli-
gionsübung für Lutheraner und Reformierte in Deutschland verkündigt;
nur der Kaiser wollte dieses Recht in seinen Erbstaaten nicht anerkennen und
lieber Land und Leute verlieren. Die kirchlichen Güter, welche die Evange-
lischen am 1. Januar 1624 in Besitz gehabt, sollten ihnen auch verbleiben.
Aber den Franzosen sollte auch das schöne Elsaß verbleiben und den Schwe-
den Vorpommern nebst andern Küstenländern an der Ost- und Nordsee.
Den deutschen Fürsten wurde das Recht zugestanden, nach Gutdünken mit
auswärtigen Mächten Bündnisse zu schließen und Kriege zu führen. Des
alten Reiches Herrlichkeit war für immer dahin. Nicht lange- dauerte es,
da durchzogen die Kriegsscharen des ländergierigen Ludwig Xiv. von Frank-
reich die schönsten Provinzen am Rheine und schalteten darin wie Räuber und
Mordbrenner; Straßburg, die herrliche Grenzsestung, ist uns damals auch
geraubt worden (1681); Schweden und Türken tummelten sich auf deutschem
Boden umher, und es fehlte nicht viel, so hätte der Sultan seinen Halbmond
auf dem St. Stephansdome der prächtigen Kaiserstadt Wien aufgepflanzt
(1683). Die deutschen Kaiser thaten wenig für das Reich; hätte Branden-
burgs großer Kurfürst nicht seine Augen offen gehalten, wer weiß, wohin
es schon damals mit unserm Vaterlande gekommen wäre!
^erleih uns Frieden gnädiglich,
'o, Herr Gott, zu unsern Zeiten;
Es ist ja doch kein andrer nicht,
P Der für uns könne streiten.
Fried' und gut Regiment, daß wir unter ihnen
Ein geruhig's und stilles Sieben
Führen mögen in aller Gottseligkeit
Gieb unserm Fürsten und aller Vbrigkeit
13. Gebet um Frieden.
und Ehrbarkeit! Amen.
(Strophe 1:) Luther.
Pierer'sche Hofbuchdrulerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Graf_Johann_von_Wittgen- Johann Ludwig_Xiv Ludwig Gott Stephan_Geibel
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Nordsee Frank- Rheine Schweden Wien Altenburg
388
Papier-, Hanfspinn-, Mahl-, Nähmaschinen und so viele andere, mit und ohne
Anwendung der Dampfkraft. Auch beim Landbau kommen inehr und mehr Ma-
schinen in Gebrauch; alljährlich werden neue Verbesserungen in der Einrichtung
der Brenn- und Brauereien, der Spinn- und Webereien, der Gerbereien rc.
gemacht. Mit besonderem Eifer schreiten die nördlichen Staaten auf
dieser Bahn fort.. In den großen Seestädten wohnen dagegen die unter-
nehmendsten Handelsleute der Welt. Alles will reich werden und in mög-
lichst kurzer Zeit Schätze sammeln, und es ist nur zu beklagen, daß so Mancher
alles edlere Gefühl seiner Leidenschaft zum Opfer bringt und zum Sklaven
des Mammons wird. Die große Menge der schiffbaren Flüsse be-
fördert den Verkehr außerordentlich. Viele derselben konnten ohne große
Mühe durch Kanäle verbunden werden. Ungeachtet der großen Entfer-
nungen sind alle bedeutende Handelsplätze bis zum Mississippi hin bereits
durch Eisenbahnen inverbindung gesetzt, und schon ist derplan zu einem
Schienenwege von den Küsten des stillen Oceans bis zu denen des atlan-
tischen aufgetaucht. An Landstraßen freilich ist, namentlich im Süden und
Westen, noch großer Mangel.
4.
An der Spitze der Union steht ein auf vier Jahre gewählter Prä-
sident, dem die gesammte vollziehende G ewalt übertragen ist. Die
gesetzgebende Gewalt ruht dagegen in den Händen des Eongrcsses,
der aus dem Senate und dem Hause der Nepräsentanten besteht. Zu
der erster« Versammlung sendet jeder Staat zwei Vertreter für den Zeitraum
von sechs Jahren. Die Repräsentanten werden alle zwei Jahre vom Volke
gewählt, und zwar so, daß immer auf etwa 70,000 Einwohner ein Vertreter
kommt. Der Präsident leitet alle Staatsgeschäfte und giebt von Zeit zu
Zeit dem Congresse durch B otschäften Auskunft über deren Verlauf; er
führt den Oberbefehl über das Heer und die Flotte, schließt mit Ein-
willigung des Congresses Verträge und Bündnisse und ernennt die Beamten,
unter denen die Minister des Staates, der Finanzen, des Krieges, der Marine,
der General-Staatsanwalt und der General-Postmeister die höchsten sind.
Streitigkeiten zwischen den einzelnen Staaten werden durch das Bundes-
gericht beigelegt. Das stehende Heer ist sehr gering an Zahl; dagegen
gehört fast jeder männliche Einwohner von seinem 18. bis zum 45. Lebens-
jahre der Miliz, einer Art von Landwehr an. Die Flotte zählt eine bedeu-
tende Zahl von Kriegsfahrzeugen und ist bereits eine der ersten der Welt.
Lange Zeit wurde die Verfassung der Union als eine vortreffliche und
musterhafte gepriesen. Die ungeheure Vergrößerung des Staatsgebietes
und den gewaltigen Zusammenfluß von Menschen aus allerlei Nationen,
von denen manche nur den niedrigsten Leidenschaften folgen, konnte ihr edler
Gründer freilich nicht ahnen. Bald in diesem, bald in jenem Stücke wurde
sie zerbröckelt; seit einigen Jahren ist die Union in Gefahr, ganz zu zer-
fallen. Der Gegensatz zwischen den südlichen P f lanzer- oder Reg er-
st aalen und den nördlichen freien Staaten trat immer schroffer hervor
und artete zuletzt in offene Feindseligkeiten aus. Im Jahre 1860 erklärten
sieben Staaten (Süd - Carolina, Florida, Georgien, Alabama,
Mississippi, Louisiana und Teras) ihren Austritt aus der Union.
Mit der Zeit folgten noch einige andere (Nord-Carolina, ein Theil von
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