52
Viertes Hauptstück.
Dieser Sieg trug goldne Früchte für Chlodwig.
Ein Theil der geschlagnen Alemannen erkannte ihn als
König. „Laß das Schwert nicht ferner wüthen," riefen
sie: „von nun an sind wir die Deinen." Andre,
die nm jeden Preis fremder Herrschaft entrinnen woll-
ten, zogen hinweg, kamen jedoch, wiewohl erst nach
neun Zähren, zum Theile wieder zurück. Die Mei-
sten aber suchten und fanden Schuh bei Thevderich
dem Ostgvthcn, der sie, wie früher erzählt, in Hvhen-
rhäticn oder Graubündten anfnahm, und Chlodwig in
einem Briefe um Schonung der Besiegten bat. Und
wirklich hielt der Franke im Laufe seiner Eroberungen
inne; denn er war zu klug, als daß er den mächtigen
König Italiens gerade jetzt zum Kampfe gereiht hätte,
wo so manche Anordnung nvthig war, um das bereits
Eroberte festzuhalten. Eben deßwegen behandelte er auch
die Alemannen sv gelinde als möglich. Nur seine Hoheit
mußten sie anerkennen, und nach ergangner Aufforderung
Kriegsdienste thun: sonst blieben ihre Verhältnisse, wie
sie vorher gewesen. Die Alemannen galten als ein freies
Volk, behielten ihre Herzoge, und zahlten keine Abgaben.
Auch ihre Besitzungen erstreckten sich nach wie zuvor über
ganz Schwaben, einen Theil der Schweiz und das Elsaß.
Blos die streitigen Bezirke längs des Rheins, vom Neckar
bis zum Maine und der Lahn, giengen verloren. Ihre
Bewohner hatten sich meistens geflüchtet, und Chlodwig
behandelte diese eroberten Gegenden als königliche Do-
mänen, die er unter seine Getreuen vertheilte. Dieß
war der Anfang von Rheinfrancien, und nach einem
Kriege Chlodwigs gegen die Thüringer, von denen ein
Theil in der Gegend von Würzburg saß, wurde die ge-
nannte Landschaft noch weiter ausgedehnt.
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Waffenglück d. Franz., welches z.milirärdespvtiömus führt. '295
in der Hauptmasse, an Fußvolk, zu übcrbieten. Begin-
nen konnten sie den Angriff vom Nicderrheine her mit
größrer Leichtigkeit, weil sie dort schon Düsseldorf inne
hatten, am Oberrhein hingegen mit näherer Aussicht aus
Entscheidung, weil sie hier unmittelbar nach dem Neckar
und der Donau Vordringen konnten. Da jedoch die Zu-
sammenziehung vieler Truppen auf einen Punkt thcilö
mehr Zeit gekostet, thcils den Feind leichter aufmerksam
gemacht hätte, befahl der Wohlfarthsausschuß, die Of-
fensive solle zugleich ergriffen werden bei Kehl und an
der Lahn. Wm"de dieß mit Glück ansgesührt, so war es
möglich, daß die beiden Feldherrn bei Regcnsburg sich
trafen, und dergestalt nach Ucberwaltigung des südlichen
Deutschlands einen furchtbaren Einbruch ins Oestrcichische
bewerkstelligten. Aber Ließ ist noch nicht Alles: früher
als am Rhein sollten die Operationen in Italien cröff-
net, Piemonteser und Ocstreicher geschlagen, die lombar-
dischen Ebnen durchstürmt, und so die kaiserlichen Erb-
lande auch auf der Südseite, von den Alpen her, gefaßt
werden. In wessen Kopf dieser riesige Plan entsprungen
ist, werden wir dann sehen, wenn von den Kämpfen in
Italien die Rede scyn wird; denn der italiänische Gene-
ral hat den ganzen Zweck erreicht, obgleich die größre,
mehr versprechende Hälfte des Entwurfs gescheitert war.
Das Unternehmen nach der Donau wurde durch Len Um-
stand sehr erschwert, daß die Deutschen einem Be-
fehlshaber gehorchten, und daß Dieser, der 25jährige
Erzherzog Karl, ebenso sehr den General Jourdan an
Takt, als den General Moreau an Entschlossenheit über-
traf. Karl setzte auf den 1. Juni 96 das Ende des Waf-
fenstillstandes und den Beginn der Feindseligkeiten fest.
Vergeblich rückte die Sambre- und Maasarmee an die
Lahn: der Erzherzog siegte am 15. Juni bei Wetzlar,
und warf sie über den Rhein zurück. Jndeß aber mußte
der am Oberrhein postierte Feldmarschall Wurmser den
18. Juni mit 25,000 Mann zur Rettung Mantuas nach
Italien aufbrechen; Moreau überschritt 6 Tage später mit
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Jourdan Karl Karl Feldmarschall_Wurmser
Waffenglück d. Franz., welches z.milltärdespotksmus führt. 297
rückte ostwärts bis Schwarzenberg an der Nab. Karl,
den rechten Zeitpunkt geschickt ergreifend, ließ Moreau
gegenüber den Feldzeugmeister Latour am Lech zurück,
raffte alle entbehrlichen Truppen auf, eilte zu Wartens,
leben, überrumpelte den weit vorgedrungnen Bernadotte
am 22. Aug. bei Teining, manövrirte 2 Tage nachher
den General Jourdan selbst von Amberg weg, schlug ihn
den 3. Sept. bei Würzburg, und zwang ihn hiedurch zu
einer ungestümmen Flucht, die erst auf dem linken Rhein»
ufer endete. Moreau ahnte Nichts von dem, was bei
Teining und Aizcherg geschah, und marschierte überdieß,
statt gegen Regensburg, auf München zu, wo er dem
Churfürsten Karl Theodor kostbare Gemählde und 10 Mil-
lionen Franken abforderte. Allein wie er das Schicksal
der Maasarmee erfuhr, und voraussehen mußte, der
Erzherzog werde ihm von Mannheim her die Pässe über
den Schwarzwald abschneiden, entschloß auch er sich zum
Rückzug, und zwar so, daß er die Donaulinic preisgab,
um die Iller zu gewinnen; doch öffnete ihm ein den
2. Okt. bei Biberach erfochtner Sieg die Straße in den
Schwarzwald: umschwärmt von dem kräftigen Gebirgs-
volke, das nach Rache dürstete, passierte er gleichwohl
ohne großen Verlust das Höllenthal; vor Emmcndingen
aber versetzte ihm Karl den 19. Oktober eine Schlappe:
hierauf überschritt Desair bei Breisach mit 2 Divisio-
nen den Rhein; dasselbe that Moreau den 25. und 26.
Okt. bei Hüningen, nachdem er noch in dem Treffen vor
Schliengen den Kürzer» gezogen hatte. Keine große,
zermalmende Schlacht zeichnet diesen Feldzug aus: desto
belehrender ist er in strategischer Hinsicht, zumal, wenn
wir Karls eignes Werk hierüber lesen, dessen bescheidne
Wahrheitsliebe dem Äerzen des Verfassers nicht weniger
Ehre macht, als die Rettung Deutschlands seinem Feld-
herrntalent.
Den Ereignissen in Italien müssen wir einige Worte
über den Mann vorausschicken, welcher von nun an Mit-
telpunkt und Triebrad der europäischen Geschichte wird.
»
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Latour Jourdan Moreau Karl_Theodor Karl Karl Karl Karls
406
Zehntes Hauptstück.
ohne Zögerung losschlagen, und die Franzosen in den
Quartieren Frankens, Bayerns und Schwabens überfal-
len ; hieraus entsprang folgender Plan: der König mit
dem Centrum rückt über Vach und Fulda gegen Würz-
burg , General Nüchel mit dem rechten Flügel nach
Frankfurt, Ludwig mit dem linken Flügel und 18,000
Sachsen über Freiberg, Zwickau, Hof nach Bamberg.
Ferdinand stimmte gegen schnelle Maßregeln: man habe
Zeit genug, meinte er; denn er wisse aus bester Quelle,
daß Napoleon Bedenken trage, die Offenstve zu ergreifen.
Diese Meinung schien bestätigt zu werden, da sammtliche
den Rhein passierende Franzosen die Straße über Frank-
furt nach Aschaffenburg und Würzburg einschlugeu: man
glaubte daher, der Kaiser wolle eine unangreifbare Stel-
lung in Franken nehmen, und beschränkte somit den er-
sten Operationsplan auf ein kleineres Terrain: der König,
Fürst Ludwig und Nüchel sollten mit einer großen Masse
den thüringer Wald überschreiten, und sich der Linie des
Mayns bemächtigen. Zugleich gierigen ein vom 25. Sept.
datirter Brief Friedrich Wilhelms und das preussische
Ultimatum nach Paris ab: „Deutschland muß augenblick-
lich von den Franzosen geräumt, Wesel zurückgegeben,
der Beitritt zum nordischen Bunde allen, die nicht Mit-
glieder des rheinischen sind, gestattet werden.,, Auf ein
solches Ultimatum konnte Napoleon nach Ansicht des Für-
sten Ludwig nur mit Krieg antworten; dennoch beschloß
der am 5. Okt. in Erfurt zusammenberufne Kriegsrath,
noch bis zum 8. auf eine Erwiederung zu harren. Am 9.
endlich sandte Ferdinand den Herzog von Weimar mit
leichter Reiterei über den thüringer Wald, um nächsten
Tags die Feindseligkeiten zu eröffnen. Zudeß hatte Na-
poleon am 25. Sept. Paris verlassen, am 28. Sept.
Maynz, am 2. Okt. Würzburg, am 6. Bamberg erreicht,
wo Tags darauf das preussische Ultimatum und des Kö-
nigs Brief von Paris her einliefen. Er antwortete zu-
nächst durch ein Meisterstück seiner Kriegskunst: die Fran-
zosen, verstärkt durch den Rheinbund und dessen neues
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: General_Nüchel Ludwig Ludwig Freiberg Ferdinand Napoleon Ludwig Ludwig Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Napoleon Ludwig Ludwig Ferdinand Zudeß
Extrahierte Ortsnamen: Frankens Bayerns Schwabens Fulda Frankfurt Sachsen Zwickau Bamberg Rhein Aschaffenburg Paris Wesel Erfurt Weimar Paris Rheinbund
Kaiser Napoleon u: die französische Universalmvnarchte. 407
Mitglied, den Großherzog von Würzburg, rückten in
Eilmärschen vor, Soult und Ney mit dem rechten Flü-
gel gegen Hof, Davoust, Bernadotte und Murat mit
dem Centrum gegen Saalburg, Lannes und Augereau mit
dem linken Flügel auf Koburg, Grafenthal, Saatfeld,
und nacheinander wurden zwei vorgeschobne feindliche Corps
besiegt, am 9. das unter General Tauenzien bei Schleiy
durch Bernadotte, am 10. Hohenlohes Vorhut bei Saat-
feld durch Marschatl Lannes: der Führer des letztgenann-
ten Corps, Prinz Ludwig Ferdinand, büßte sein kriege-
risches Feuer ruit dem Leben. Nun endlich zerstob die
Täuschung, in welche der Herzog von Braunschweig sich
gewiegt hatte: man mußte einen Rückzug antreten, be-
vor der Feldzug recht angefangen war: Fürst Hohenlohe
rieth, den Ettersberg bei Weimar zu besetzen, und von
dort entweder eine Hauptschlacht anzubieten, oder in
Masse nach dem Elbestrom zu ziehen; Ferdinand hinge-
gen, der als höherer General durchdrang, th eilte die
Armee von 100,000 Mann und 20,000 Pferden: er selbst
mit dem König marschierte auf Weimar, Hohenlohe und
Nüchel, unter dem scheinbaren Oberbefehl des Feldmar.
schalls Möllen dors, marschierten auf Jena zu. Wäh-
rend dieß geschah, erreichte Bernadotte Zeitz, Murat
streifte bis Leipzig, Davoust verfolgte den Weg nach Naum-
burg, wo der Feind Magazine hatte, Lannes eilte über
Roda, Augereau über Kahla, Napoleon mit Soult und
Ney kam von Gera: kurz, die Preussen waren dergestalt
Überflügelt und umgangen, daß sie den Rücken, die Fran-
zosen aber das Gesicht gegen den Rhein kehrten. In
dieser gebieterischen Stellung sandte der Kaiser durch Or-
donanzoffizier Eugen Montcsquiou ein versöhnliches
Antwortsschreiben an Friedrich Wilhelm: den 13. in Ho-
henlohes Hauptquartier Kapellendorf augelangt, mußte
Montesquiou bis Nachts 10 Uhr auf den Fürsten war-
ten, und durfte dann erst am 14. Morgens weiter rei-
sen, als schon die Kanonade der großen Schlacht begann.
Der Fürst dehnte sich nämlich über eine Hochebne ober-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Großherzog_von_Würzburg Davoust Bernadotte Marschatl_Lannes Ludwig_Ferdinand Ludwig Ferdinand Ferdinand_hinge- Ferdinand Bernadotte_Zeitz Murat Davoust Napoleon Gera Eugen_Montcsquiou Eugen Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm