101
Iv.
Karl und Moritz im Streit.
1. Karl hatte seine Feinde zu Boden geworfen; der schmalkaldische Krieg hatte ihn zum Herrn von Deutschland gemacht. Als solcher erließ er jetzt eine Vorschrift, wie es einstweilen — bis zu einer allgemeinen Kirchenversammlung — in religiösen Dingen gehalten werden sollte. In Augsburg war diese Vorschrift berathen worden; einstweilen (— lateinisch: interim —) sollte sie gelten; darum nannte man sie das Augsburgerjnterim. Nach demselben sollten die Protestanten halb wieder katholisch werden; deswegen waren gar viele mit ihm unzufrieden. Magdeburg vor allem verweigerte die Annahme desselben. Der erzürnte Kaiser erklärte es darum in die Acht, und da er selbst anderweit beschäftigt war, so sollte sein Liebling Moritz dieselbe vollstrecken.
Moritz aber war nicht mehr der alte. Es hatte ihn tief verletzt, daß Karl trotz seines gegebenen Wortes seinen Schwiegervater Philipp von Hessen doch der Freiheit beraubt hatte und noch immer in harter Gefangenschaft hielt. Auch drückte es ihn, daß man ihm vorwarf, er habe seinen Glauben und seinen Vetter Johann Friedrichs an den Kaiser verrathen. Darum faßte er den Entschluß, für die Sache der Protestanten gegen den Kaiser die Waffen zu ergreifen und ihn zugleich zu zwingen, die gefangenen Fürsten frei zu geben.
Nachlässig betrieb er die Belagerung Magdeburgs, sammelte aber dabei ein bedeutendes Heer. Insgeheim verband er sich auch mit dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg und mit dem Könige von Frankreich. Der letztere verfolgte zwar die Protestanten in seinem eignen Lande, in Deutschland aber unterstützte er sie aus Haß gegen den Kaiser. Freilich umsonst wollte er es nicht thun. Moritz mußte darein willigen, daß er die an der französischen Grenze gelegenen deutschen Städte Metz, Toul und Verdun unter seine Herrschaft bringe.
2. Alles dies wurde so geheim gethan und so geheim gehalten, daß Karl V. nicht das mindeste davon merkte. Sorglos hielt er sich, freilich an der Gicht erkrankt, in Innsbruck auf. — Plötzlich fchloß Moritz 1552 mit Magdeburg Frieden und brach gegen den Kaiser auf. Er that dies mit solcher Schnelligkeit, daß er den völlig überraschten Kaiser beinahe gefangen hätte. Kaum behielt derselbe noch Zeit, sich in stürmischer Nacht aus schrecklichem Wege in einer Sänfte über die schneebedeckten Alpen tragen zu lassen. Seinen Gefangenen, Johann Friedrich, hatte er zuvor in Freiheit gesetzt, doch sollte ihm derselbe noch einige Zeit freiwillig folgen. Krank und ohne Heer, mußte sich der Kaiser zu Unterhandlungen verstehen. Er beauftragte damit seinen Bruder Ferdinand. In Pafsau kam dieser mit Moritz zusammen, und hier wurde noch in demselben Jahre 1552 ein Vertrag geschlossen der Passauer Vertrag); durch denselben
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Magdeburg Magdeburgs Frankreich Deutschland Magdeburg Pafsau
99
3. Nachdem auch noch der Papst dem Kaiser Geld und Truppen zur Bekämpfung der Ketzer zugesagt hatte, brach der Sturm los. Die Häupter des schmalkaldischen Bundes, Johann Friedrich der Großmüthige von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, wurden in die Acht erklärt, und es begann der schmalkaldische Krieg (1546 — 1547), Zu Anfang desselben hätte der Kaiser leicht in große Bedrängniß gerathen können, denn er hatte nur einige hundert Mann bei sich, während seine Gegner ein großes, wohlgerüstetes Heer in's Feld zu stellen vermochten. Allein die Evangelischen waren uneinig unter einander und unentschlossen, was sie thun sollten; so ließen sie den günstigen Zeitpunkt ungenützt verstreichen, und der Kaiser behielt Zeit, seine Kriegsvölker aus Spanien und Italien an sich zu ziehen.
Unterdeß war Moritz im Aufträge Karls in dem Kurfür-stenthume Sachsen eingefallen und hatte es mit seinen Truppen besetzt. Als Johann Friedrich die Nachrichr erhielt, trennte er sich sogleich törichterweise von seinen Verbündeten und eilte mit seinem Heere zurück in die Heimath. Mit leichter Mühe eroberte er sein Land wieder und den größten Theil des albertinischen Sachsens noch dazu. Aber seinem Beispiele folgten die übrigen protestantischen Fürsten: das Heer des schmalkaldischen Bundes löste sich auf; jeder wollte sein eignes Land vertheidigen; im Frühjahre wollte man dem Kaiser wieder gemeinsam entgegen treten.
Nun hatte Kaiser Karl freie Hand; er vereinigte sich mit dem Herzog Moritz und wendete sich gegen den Kurfürsten von Sachsen. Johann Friedrich, der der kaiserlichen Macht nicht gewachsen war, zog in Eilmärschen auf dem rechten Elbufer der Festung Wittenberg zu; Karl folgte auf dem linken Ufer. Bei Mühlberg trennte nur der Fluß die beiden Gegner. Der Kurfürst fühlte sich sicher, denn es führte keine Brücke über den Strom; ruhig wohnte er darum — es war ein Sonntag — dem Gottesdienste bei. Aber ein Bauer, dem die Kurfürstlichen zwei Pferde weggenommen hatten, zeigte aus Rache den Kaiserlichen eine Furt (— seichte Stelle im Fluffe); nun führte Karl sein Heer durch den Strom auf das andre Ufer. Johann Friedrich versuchte, mit seinen Truppen das feste Wittenberg zu erreichen; aber drei Stunden von Mühlberg (— auf der Lochauer Haide) holte ihn der Feind ein. Die Sachsen wurden geschlagen und der Kurfürst nach tapferer Gegenwehr gefangen. (1547). Man führte ihn blutbedeckt vor den Kaiser, der aus seinem Schlachtrosse mitten auf der Haide hielt. Mühsam stieg Johann Friedrich vom Pferde; als er dem Kaiser die Hand reichen wollte, wandte sich dieser unwillig zur Seite. „Allergnädigster Kaiser", redete ihn jetzt demüthig der Kurfürst an. Karl fiel ihm in die Rede und sprach: „So? Bin ich nun euer gnädigster Kaiser? Ihr habt mich lange nicht so genannt." Der Kurfürst bat um ein fürstliches Gefängniß; der Kaiser aber erwiderte: „Wohl, ihr sollt gehalten werden, wie ihr es verdient."
4. Karl belagerte nun die Festung Wittenberg, aber sie weigerte sich, ihm die Thore zu öffnen. Da ließ er, um jene zu
7*
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Extrahierte Personennamen: Johann_Friedrich_der_Großmüthige Johann Friedrich Philipp_von_Hessen Philipp Moritz Karls Johann_Friedrich Johann Friedrich Karl Karl Moritz Johann_Friedrich Johann Friedrich Karl Karl Mühlberg Karl Karl Johann_Friedrich Johann Friedrich Mühlberg Johann_Friedrich Johann Friedrich Karl Karl Karl
103
gehörigen Garten sah man ihn selbst mit Spaten, Messer, Säge und Hacke arbeiten. Gewerbe und Handel fanden an ihm einen eifrigen Gönner. Tausende von vertriebenen Niederländern nahm er auf; ihre Geschicklichkeit im Weben von Tuch und Leinwand kam seinem Lande zu gut. Die Annabergerin Barbara Uttmann verbreitete die Kunst des Spitzenklöppelns und gab damit den armen Erzgebirgern Arbeit und Brot.
In seinen Bemühungen zum Wohl des Landes wurde August von seiner trefflichen Gemahlin Anna unterstützt. Sie war namentlich eine Freundin und Wohlthäterin der Armen und Unglücklichen; diese hatten, wie sie selbst sagten, mit ihr einen Beutel, eine Apotheke, eine Küche. Mit Recht wurde darum das edle Fürstenpaar von den Unterthanen „Vater" August und „Mutter" Anna genannt. —
3. Kaiser Karl überlebte Moritz nur wenige Jahre. — Alles hatte er versucht, die Reformation zu unterdrücken, es war ihm nicht gelungen. Darüber verstimmt und durch körperliche Leiden ermüdet, sehnte er sich nach Ruhe. Darum beschloß er, die ihn drückende Last auf jüngere Schultern zu legen. Im Jahre 1556 entfagte er freiwillig der Regierung : d ie deu tsch e Kron e üb erließ er s einem Bruder Ferdinand, die übrigen Länder aber seinensohne Philipp. Hierauf begab er sich nach Spanien; im Kloster San Just suchte er die Ruhe, die er auf dem Throne nicht hatte finden können.
Vergleiche das Gedicht von Platen „Der Pilgrim von St. Just": Nacht ist's, und Stürme sausen für und für rc.
Noch zwei Jahre lebte er hier. Fromme Andachtsübungen, Gartenarbeiten, Verfertigung künstlicher Maschinen füllten seine Zeit. Immer ernster wurde sein Sinn, immer lebhafter gedachte er seines nahen Todes. Ja, er kam sogar auf den Gedanken, sein Leichenbegängniß im voraus feiern zu lassen. Mit schwarzen Fackeln, paarweise zum Leichenzuge geordnet, begaben sich seine Diener in die Kirche des Klosters; er selbst folgte im Todtengewande. Nachdem er sich in den Sarg gelegt, begann die Feier; Trauergesänge erschallten, und die Mönche sprachen die üblichen Gebete. Der alte Kaiser wurde tief erschüttert; schon am folgenden Tage ergriff ihn ein Fieber, und nach wenig Wochen wurde seine Todessehnsucht erfüllt: er starb im Jahre 1558.
Xvi.
I
Der dreißigjährige Krieg.
i.
1. Der augsburgische Religionsfriede hatte Evangelischen und Katho' tischen gleiches Recht gegeben; keine Partei sollte die andere um des Glaubens willen verfolgen und kränken. Karls V. Nachfolger in
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Extrahierte Personennamen: Barbara_Uttmann August Anna August Anna Karl_überlebte_Moritz Karl Kron Ferdinand Philipp Philipp Karls_V.
114
einer zu. Lautlos, mit ausgebreiteten Armen empfing Wallenstein den Todesstoß. So wurde er im Jahre 1634 zu Eaer ermordet.
3. Nach seinem Tode übernahm des Kaisers Sohn Ferdinand die Führung des Heeres. Er schlug die unter uneinigen Führern kämpfenden Schweden 1634 bei Nördlingm in Baiern Mutig auss Haupt. Da kehrten diesen viele ihrer bisherigen Freunde und Bundesgenossen den Rücken, allen voran der wankelmütige Kurfürst Johann Georg von Sachsen. Er schloß im Jahre 1635 zu Prag mit dem Kaiser Frieden. Durch denselben fiel die Lausitz an Sachsen (—der Kaiser überließ sie dem Kurfürsten für eine Kriegsschuld, die er nicht bezahlen konnte —).
Trotzdem nahm der Krieg kein Ende. Schweden fand einen neuen Bundesgenossen an Frankreich. Aber von jetzt ab wurde nicht mehr um der Religion willen gekämpft, sondern, um Länder zu erobern; Schweden und Frankreich hatten nur die Absicht, deutsche Provinzen an sich zu reißen.
4. Neugestärkt drangen die Schweden wieder siegreich vor, schlugen das kaiserliche und sächsische Heer und fielen in Sachsen ein. Furchtbar rächten sie sich jetzt dafür, daß Johann Georg ihnen die Treue gebrochen; leider aber mußte das arme Volk die Schuld des Fürsten büßen. — Mit unmenschlicher Grausamkeit wütheten die verwilderten Horden; mit teuflischer Lust erfand man immer neue Qualen. „ Man warf die Menschen in Backöfen und ließ sie braten; man hing sie auf und zündete Feuer unter ihnen an; die Kinder nagelte man an die Hausthüren und benutzte sie als Zielscheibe; den Männern sägte man die Kniescheiben halb durch, schnitt ihnen die Fußsohlen auf und streute Salz und Pfeffer in die klaffenden Wunden, schlug ihnen hölzerne Pflöckchen unter die Nägel der Finger und Zehen, oder man legte sie auf die Erde, steckte ihnen einen Trichter in den Mund und füllte so lange Jauche hinein, bis der Leib zum Zerspringen aufschwoll, dann trat man ihnen auf den Leib, daß die Flüssigkeit wieder zum Munde herauslief, und fetzte die Qual so lange fort, bis die Unglücklichen ihren Geist aufgaben. Das nannte man den „Schwedentrunk". — Andern zog man mit einer Ahle ein Roßhaar durch die Zunge; wenn man das nur ein wenig anzog, so verursachte es furchtbare Schmerzen, aber jeder Schmerzensschrei wurde mit neuer Marter bestraft. Andern wurde ein Seil um die Stirn gebunden und hinten mit einem Knebel zusammengedreht, daß das Blut zu Stirn, Mund, Nase und Augen ausfloß. — Fast alle sächsischen Städte geriethen in die Hände des furchtbaren Feindes. Wurzen hatte feine Marterwoche, Pirna fein schwedisches Elend. „Oelsnitz und Adorf wurden über hundertmal, die meisten andern Städte zehn- und zwanzigmal geplündert." Seit den Hussitenkriegen hatte es keinen solchen Jammer gegeben, und lange Zeit blieb der Ruf: „Kinder, Betet, die Schweden kommen!" ein Schreckensruf.
Erträglicher wurde die Lage erst, als Johann Georg
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Extrahierte Ortsnamen: Baiern Sachsen Frankreich Frankreich Schweden Sachsen Wurzen Pirna Schweden
35
4. Vorderindien.
162] Die von den Engländern unterworfene Halbinsel umfaßt drei Land-
schaften: den Himalaja, das Indische Tiefland und das Hochland Dekhan.
1) Vorderindien reicht im N. bis auf die Gebirgskette des Himalaja (d. i.
Schneegebirge); unter dessen mit ewigem Schnee bedeckten Bergen ist der
8800 m hohe Everest der höchste Berg der Erde. In einem Gebirgs-
thale liegt Kaschmir, weltberühmt durch die Anfertigung kostbarer Shawls
aus dem Haar der tibetanischen Ziege. — 2) Der Südfuß des Himalaja
steht auf dem großen Indischen T i e s l a n d e. Wasserreiche Himalaja-
Gewässer befruchten dieses: a) der Indus, der in das Arabische Meer
mündet; b) der Ganges, der heilige Fluß der Hindu, bildet vor seiner
Mündung in den Bengalischen Meerbusen ein Delta, in welches sich noch
c;) der Brahmaputra ergießt. Die reich bewässerte, warme Ebene ist die
Heimat der köstlichsten Gewürze: man gewinnt Zimt und Pfeffer, da-
neben Weizen, Reis, Zuckerrohr, Baumwolle und Indigo. Das Indische
Tiefland ist dichtbevölkert; die Bevölkerung sind die Hindu, eiu bildsames
Volk. Wegen der starken Bevölkerung ist das Land reich an großen Städten.
Im Innern liegt Delhi ('?), wo viele in Trümmern liegende Paläste
Denkmäler alter Herrlichkeit sind. Benäres (?) ist die heilige Stadt der
Hindu. Im Gangesdelta liegt Kalkutta, zumteil europäisch gebaut, die
wichtigste Handelsstadt Asiens (800). — 3) Südlich des Indischen Tieflandes
wird die Halbinsel durch j)«s Hochland Dekhan ausgefüllt. Auf der
östlichen Küste Koromandel ist Madras der wichtigste Handelsplatz
(450); an der westlichen Küste Malabar blüht der Hafenplatz Bombay
(bombe] (800).
Zu Vorderindien gehört die Insel Ceylon. Sie ist im Innern gebirgig, an
den Küsten flach, üppig bewaldet, mit ergiebigen Thee- und Zimtgärten.
5. Hinterindien.
163] Hinterindien ist ein großenteils bergiges Land. Vier Hauptgebirgs-
züge laufen vom östlichen Teile des Himälaja gegen S. aus; in den
zwischenliegenden, gegen das Meer verbreiterten Ebenen fließen breite
Ströme, unter denen der Mekong der größte ist. Das Klima, die Tier-
und Pflanzenwelt sind der Vorderindiens ähnlich. Im W. sitzt vorherrschend
indische, im O. mehr chinesische Bevölkerung. Die Halbinsel besteht aus:
1) Englischen Besitzungen längs der Westküste; die wichtigste Handels-
stadt ist das aus einer kkinen Insel gelegene Singapur; 2) den französischen
Schutzstaaten Kambodscha um die Mündung des Mekong (Hauptstadt Saigon
sßaigongs) und Annam im östlichen Küstengebiet (Hauptstadt Hue); 3) dem un ab-
b ä n g i g e n Königreich siam mit der Hauptstadt Bangkok.
6. Die indische Jnselslur.
164] Die indische Jnselflur umlagert Südost-Afieu in einem großen Bogen.
Die Eilande sind durchweg gebirgig, viele sogar vulkanisch. Unter heißem
Sonnenstrahl und furchtbaren Regengüssen gedeiht auf all' diesen Inseln
eine üppige Pflanzenwelt. Die Fülle an Würzpflanzen, welche den Eilanden
eigentümlich sind, hat die Europäer zur Ansiedelung gelockt.
^ 1. Di^ G roßen S u n d a i n s e l n : B ö r n e o , S e l e b e s, Sumatra und
^ a v a |jan>a"| mit der wichtigen Handelsstadt B a t ä v i a (teilweis niederländisch).
2*
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Extrahierte Ortsnamen: Japan Asien Japanische_Reich Japan Tokio Japan Daurischen_Ida-ürischen]_Alpenlande Himalaja O. Randgebirgen Deutschlands China Deutsche_Reich Peking Peking Mongolei Tibet Sibirien Kaukasien Nördlichen_Eismeeres
— 130 —
vom Meere entfernt liegen. — Die anßerordentlich reiche natürliche
Bewässerung der Lombardei wird durch ein teilweise uraltes Netz von
Berieselungskanälen den lechzenden Fluren zugeführt und dadurch
jene strotzende Üppigkeit hervorgebracht, die Oberitalien zu einem so
gesegneten Landstrich macht.
Der Boden ist höchst fruchtbar; er liefert zwei Ernten (Weizen
und Mais) nacheinander. Wiesen werden jährlich vier- bis fünfmal
gemäht. Die sumpfige Küstenniederung eignet sich besonders zum
Anbau von Reis. Außerdem bringt der Boden noch Wein, Feigen
und Kastanien hervor; auch wird überall der Maulbeerbaum gepflanzt.
In den Getreidefeldern find oft Feigen- und Maulbeerbäume reihen-
weise angepflanzt, indem sie zngleich die Stütze für die Weinrebe
bilden, so daß ein Grundstück neben Getreide noch Feigen und Wein
sowie Nahrung für die Seidenraupe liefert. Mit Recht wohl nennt
man daher die lombardische Tiefebene den „Garten Europas".
B. Die eigenttiche Kalöinset
hat ihr Rückgrat im A p e n n i n. Er zieht von den Meeralpen
aus in einem steil zum Meere abfallenden Bogen um den Golf von
Genua, nimmt dann eine südöstliche Richtung an und teilt sich in
zwei Züge, die das wilde Hochland der Abruzzen einschließen; die
östliche Kette steigt im schroffen Gran Sasso bis zu 3000 m an.
Wieder vereinigt verläuft das Gebirge, der Westseite Italiens sich
nähernd, mit abnehmender Höhe bis zur Südspitze der Halbinsel.
Die Gebirge Siciliens erscheinen als eine Fortsetzung des Apennin.
Hart an der Ostküste erhebt sich der riesige Vulkankegel des Ätna
fast 3300 m hoch.
Zu beiden Seiten des Apennin breiten sich mehrere kleine Ebenen
aus, so die toskanische, die römische, die apulische und
die campanische Ebene. Letztere, das „Paradies von Europa",
ist auf das sorgfältigste bebaut und mit zahlreichen Städten und
Dörfern übersät. In verschwenderischer Fülle hat die Natur ihren
Segen über die campagna felice (die glückliche Ebene) ausgegossen.
Dichte Kastanienwälder bedecken die Berge, an deren Abhängen die
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— 242
Die Hauptstadt Buenos Aires (d. i. gute Lüfte) am La
Plata hat 745 000 E. und ist die erste Handelsstadt der Republik.
Stromabwärts liegt La Plata (45 000 E.), ein neu angelegter,
besserer Hafenplatz. — Wichtige Handelsstädte im Innern sind:
Rosario (94000 E.) und Cordoba (48000 E.).
Tie Republik Paraguay
(253000 qkrii und 1:2 Million durchweg katholische Einwohner,
Weiße, Mischlinge und Indianer) ist neben Bolivia der einzige
Binnenstaat Südamerikas. Den wichtigsten Ausfuhrartikel des
geringen Handels bildet der Paraguay-Thee (getrocknete Blatter einer
Stechpalmenart), der in Südamerika statt des chinesischen Thees ge-
braucht wird. — Hauptort ist Asuncion am Paraguay (24 000 F.).
Tie Republik Uruguay
(179 000 qkm, 840000 katholische Einwohner, durchweg Weiße
und Mischlinge) umfaßt das Gebiet vom Urnguay-Strom bis zum
Atlantischen Ocean, größtenteils Grasland, mit ansgedehnter Vieh-
zucht. Die Produkte der Rind Viehzucht bilden fast ausschließlich
den Gegenstand des Ausfuhrhandels. Besonders bekannt ist
der hauptsächlich hier erzeugte Liebigsche Fleischextrakt, d. i.
verdichteter Rindfleischsaft. Außerdem werden noch Straußenfedern
und Getreide ausgeführt.
Die Hauptstadt Montevideo an der La Plata-Mündung
(250 000 E.) ist anch der wichtigste Handelsplatz.
Die Republik Chile
(776 000 qkm, 3 300 000 fast durchweg katholische Einwohner, del
Abstammung nach zumeist Kreolen und Mischlinge) erstreckt sich als
ein über 4000 km langer Küstenstreifen von der Südspitze Amerikas
bis Peru. Der Bodengestalt nach besteht Chile aus einen1
schmalen Küstensa um und dem Gebiete der Kordilleren, die in Chil^
ihren höchsten Gipfel haben. — Die Vegetation ist im mittlere»
und südlichen Teil des Landes sehr reich. Außer deu einheimisches
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Extrahierte Ortsnamen: La
Plata Rosario Cordoba Paraguay Südamerika Asuncion Paraguay Uruguay Atlantischen_Ocean Montevideo Chile Amerikas Peru
— 190 —
Kaukasien liegt zu beiden Seiten des Kaukasus, der als ein
wildes, schwer überschreitbares Gebirge sich vom Schwarzen bis zum
Kaspischen Meere erstreckt. Der Elbrns ragt 5600 m hoch empor.
Nordkaukasien ist vorherrschend Steppenland, Süd kau-
kasien hat mildes Klima und reiche Vegetation. — Die 9 Mil-
lionen Einwohner gehören verschiedenen Stämmen an, unter denen
die Tscherkessen und Georgier durch Körperschöuheit hervorragen.
Tiflis (161000 ($.) ist eine wichtige Handelsstadt. — Eine
Eisenbahn verbindet es einerseits mit Baku (112 000 E.) am
Kaspischeu Meere, in dessen Nähe sehr ergiebige Petroleumquelleu
sind, andererseits mit dem Hafen Batum am Schwarzen Meere.
Westturkestau (Turan) ist teils öde Sandwüste, teils Steppen-
land, dessen Bevölkeruug zum Nomadeuleben gezwuugen ist; nur
einige Oasen und Gebirgsthäler zeichnen sich durch Fruchtbarkeit
aus und liefern hauptsächlich Seide und Baumwolle.
Rußland beherrscht den größten Teil. Sitz der Regierung ist
die Stadt Taschkent (156 000 E.) am Fuße des Tienschan.
Wichtige Handelsplätze sind: Samarkand (55 000 E.) und
Kokaud (82 000 E.).
Die Chauate Chiwa und Buchara mit den gleichnamigen
Hauptstädten steheu unter russischer Schutzherrschaft.
Nordasien.
Ganz Nordasien wird von der russischen Provinz Sibirien ein-
genommen, welche sich vom Ural bis zum Großen Ocean erstreckt.
An Größe (12^ Millionen qkm) übertrifft Sibirien ganz Europa;
dagegen zählt es kaum 6 Millionen Einwohner. — Der west-
liche Teil ist Tiefebene, der östliche Gebirgsland. Mehr als die
Hälfte der uugeheueru Bodenfläche ist nicht anbaufähig. — Die
einheimische Bevölkerung sind mongolische Nomaden. Die
europäischeu Einwohner sind russische Ansiedler oder verbannte
Verbrecher und dereu Nachkommen.
Die Hauptprodukte Sibiriens sind: wertvolle Pelze, Holz
und Getreide, an Mineralien besonders Gold und Graphit, außerdem
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