Aorworl.
Obgleich das vorliegende Büchlein, dessen Erscheinen von dem Unterzeichneten bereits vor zwei Jahren in der Vorrede znr vierten Auflage von Cassian Iii. in Aussicht gestellt worden ist, fast allen geschichtlichen Lehrbüchern an Umfang weit nachsteht, glaubt der Verfasser doch, daß es hinreichenden Stoff nicht blos für die bei der ersten Ankündigung ins Auge gefaßten höheren Töchterschulen sondern überhaupt für alle Lehranstalten bieten werde, die ihre Schüler etwa bis zum 16. Lebensjahre unterrichten. Einen Widerspruch gegen diese Ansicht befürchiet er kaum in Bezug auf die Geschichte des Altertums, die mit mehr als fünf Bogen bedacht ist, weil es nicht gerathen schien denjenigen Theil des historischen Wissens durch Abzüge zu kürzen, dessen Kenntnis von jedem Gebildeten erwartet werden darf, da dieselbe erforderlich ist, um überhaupt politische Zustände und Veränderungen zu verstehen.
Dagegen mag Manchem die zweite Abtheilung zu dürftig und knapp erscheinen und zwar hauptsächlich wegen ihrer Beschränkung auf die deutsche Geschichte. Der Verfasser indessen hat durch jahrelange Lehrtätigkeit die Erfahrung gewonnen, daß ein Uebergreifen über die Grenzen, die er sich in dem hier gebotenen Werkchm gesteckt hat, weit davon entfernt die Geschichtskenntnis der Schüler zu vermehren, vielmehr durch die Fülle der Daten verwirrt. Aber auch abgesehen von diesem pädagogischen Grundsatz erachtet er es als patriotische Pflicht der Schule vor allem im eigenen Hause zu orientieren, was Franzosen und besonders Engländer bisher weit besser verstauben haben als wir. Ihm gilt als Norm jene alte Vorschrift Schleiermachers, dem jungen Geschlechte das Christentum und den Staat, d. i. das Vaterland, klar zu machen.
Die erste Aufgabe fällt wesentlich dem Religionsunterrichte
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TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
— 155 -
Ii. Schweiz und Holland werden für unabhängig vom Reiche erklärt.
Iii. Frankreich erhält den faktischen Besitz von Metz, Toul und Verdun rechtlich zugesichert, außerdem das österreichische Elsaß, Alt-Breisach und das Besatzungsrecht in Philippsburg.
Schweden nimmt für sich Vorpommern mit Rügen, Stettin, Wismar, die Bistümer Bremen und Verden und 5 Mill. Thaler. Es besitzt seitdem die Mündungen der Oder, Elbe und Weser und kann den ganzen deutschen Handel lahm legen.
Iv. Baiern behält die Qberpfalz und die Kurwürde; die Rheinpfalz mit der neugeschaffenen achten Kur wurde dem Sohne des unglücklichen Winterkönigs gegeben. Sachsen erhält die Lausitz, Hessen Hersfeld und Schaumburg, Mecklenburg Schwerin und Ratzeburg.
Brandenburg wurde für den verlorenen Theil Pommerns durch Halberftadt, Minden, Cammin und Magdeburg entschädigt, Hinterpommern fiel ihm durch Erbschaft zu.
V. Alle deutschen Fürsten wurden für souverän erklärt; sie durften Bündnisse schließen und Krieg führen nur eingeschränkt durch die inhaltlose Formel, „soweit es unbeschadet Kaiser und Reich geschehen könne".
Der Papst erkannte den westfälischen Frieden nicht an, auch Oesterreich setzte sich über die Bestimmung, welche den Protestanten Religionsfreiheit verlieh, in seinen Erblanden hinweg.
§ 34. Folgen -es Krieges.
Vor dem Kriege war Deutschland ein reiches Land gewesen, in dem Handel und Wandel blühte, große Städte zu Macht und Ansehen herangediehen, Wissenschaft, Kunst und Handwerk gepflegt wurden. Das alles war verschwunden; von einer Menge Ortschaften kannte man die Stätte nicht mehr, wo sie gestanden; ehedem fruchtbare Fluren waren mit Gestrüpp überwuchert oder mit Wald bewachsen. Die Bevölkerung war mindestens bis zur Hälfte zusammengeschmolzen. Und das war nicht einmal die schlimmste Folge. Das Volk hatte, durch den Anblick so vieler
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Metz
Extrahierte Ortsnamen: Holland Frankreich Alt-Breisach Philippsburg Stettin Wismar Rheinpfalz Sachsen Hessen_Hersfeld Schaumburg Mecklenburg_Schwerin Ratzeburg Brandenburg Minden Magdeburg Hinterpommern Oesterreich Deutschland
240
Dritte Periode der neueren Geschichte.
Erlasse wurde das tyrannische System der Continentalsperre noch weiter
ausgebildet.
Im Frieden König Friedrich Wilhelm Iii. suchte von Königsberg aus durch
ner^Preu'ßen Öro^e ^Pfer ten Frieden von Napoleon zu erlangen; allein da dieser
den grbßern immer härtere Bedingungen stellte, so sah sich der König zur Fortsetzung
3:1fflrttlte!*8 ^v*e9e§ genöthigt und schloß mit dem Kaiser Alexander von Ruß-
land ein Bündniß. Hinter der Oder bereinigten sich beide Heere, und
nach einer zweitägigen mörderischen Schlacht bei Eilau (1807) rühmten
sich beide Parteien des Sieges, zogen sich aber beide zurück. In der
folgenden Schlacht bei Friedland siegte jedoch Napoleon so entscheidend,
daß Rußland Friedensanträge stellte. Auf einem Floße mitten im
Niemen, unweit der für neutral erklärten Stadt Tilsit, kamen zuerst die
beiden Kaiser und später auch der König zu einer Unterredung zu-
sammen. Hier ward ein sür Preußen empfindlicher Friede zu Stande
gebracht, wonach es alle seine Länder zwischen Rhein und Elbe und
alle seit 1772 gewonnenen polnischen Länder abtreten mußte. Aus den
an den König ersteren bildete er das Königreich Westfalen, zu dem noch Kurhessen
Westphalen unl? Braunschweig gezogen wurden, mit der Hauptstadt Cassel und be-
und an den lehnte damit seinen Bruder Ierome, aus den letzteren das Großher-
^Sa'chsen" Warschau, welches der König von Sachsen empfing. Rußland
erkannte die Brüder Napoleons als Könige, sowie den Rheinbund als
zu Recht bestehend an.
Die vergeb- In Tilsit war auch die edle Königin Louise von Preußen er-
ltchenbemüh- schienen. Sie sollte versuchen den gewaltigen Gebieter Europas zu
^Kdnigi/ milderen Gesinnungen gegen Preußen zu stimmen. „Was mich dieser
Louise von Schritt kostet", schrieb sie damals in ihr Tagebuch, „weiß mein Gott
allein; denn wenn ich diesen Mann nicht geradezu hasse, so betrachte
ich ihn doch als den, welcher meinen Gemahl und das preußische Volk
ins Elend gebracht hat. Gegen ihn höflich und artig zu sein, wird
mir höchst schwer werden; aber man fordert diese Selbstverläugnung
von mir, und ich bin es schon gewohnt, Opfer zu bringen." Ihre
Fürsprache war vergeblich; Napoleon ließ sich Nichts abdringen. Die
Königin schrieb nach dem verhängnißvollen Friedensschlüsse von Tilsit
an ihren Vater die prophetischen Worte: „Wir bleiben sittlich frei und
das wird politische Freiheit herbeiführen. Ich bin überzeugt, daß die
Art, in der dieser Friede geschlossen ist, gewiß früher oder später (viel-
leicht erlebe ich cs gar nicht) ein Segen für Preußen sein wird." Wie
wahr hatte die edle Königin gesprochen!
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Königsberg Napoleon Alexander_von_Ruß- Alexander Napoleon Rußland_Friedensanträge Cassel Napoleons Louise_von_Preußen Napoleon
149
und seiner Gemahlin Sophie Charlotte von Hannover mit eigener Hand am 18. Januar 1701 zu Knigsberg unter ge-waltiger Pracht die Knigskrone auf und nannte sich fortan König in*) Preußen. Tags vorher hatte er den schwarzen Adlerorden mit der Devise suum cuique gestiftet. Preußen gab den Namen zu dem Knigstitel her, weil dieses ein so u-vernes Herzogthum war, während Brandenburg fr ein Reichslehen angesehen wurde.
Friedrich vergrerte sein Gebiet durch die oranische Erb-schaft; er erhielt nmlich aus der Nachlassenschast Wilhelms Iii. Knigs von England, der ein Neffe seiner Mutter war und keine Kinder hatte, die Grafschaft Mrs, die obendrein ein clevisches Lehen war, und die Grafschaft Lingen 1702; aus derselben Erbschaft erhielt er auch 1707 Neufchatel und Valengin**).
Friedrich war wohlwollend und gutnmthig, aber ohne die nthige Selbstndigkeit. Er liebte Pracht und Aufwand; seine Residenzstadt Berlin schmckte er kniglich aus; das knigliche Schlo, das Zeughaus. Charlottenburg sind seine Bauten; ein neuer Stadttheil, die Friedrichsstadt, entstand unter ihm. Der Kunst kam feine Prachtliebe zu gute. Auch fr die Wissen-schaft that er viel; er grndete die Universitt zu Halle und nach dem Plane des groen Philosophen Leibnitz, welcher ein Freund seiner hochgebildeten Gemahlin Sophie Charlotte von Hannover war, die Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Friedrich Wilhelm I. 1713-1740. Friedrich I. hatte das Ende des spanischen Erbfolgekrieges nicht erlebt. Der Friede von Utrecht fllt in den Anfang der Regierung Friedrich Wilhelms I. Preußen erhielt nur ein kleines Stck aus der
*) Der Titel König von Preußen trat erst nach der ersten Theilung Polens ein.
**) Die Herren von Chalons, die Ahnherren der Prinzen von Ora-nien, waren von Rudolf von Habsburg mit Neufchatel und Valengin belehnt worden. Im Jahre 1856 gab Friedrich Wilhelm Iv. diese Ge-biete auf.
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Extrahierte Personennamen: Sophie_Charlotte_von_Hannover Friedrich Wilhelms Friedrich Friedrich Leibnitz Sophie_Charlotte_von_Hannover Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_I. Friedrich Wilhelms_I. Rudolf_von_Habsburg Rudolf Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Knigsberg Brandenburg Wilhelms_Iii England Berlin Charlottenburg Berlin Utrecht Polens
Htssbuch
fr den
ersten Anterricht
in der
deutschen Geschichte
X
(Pensum der Tertia)
Von
Prof. Dr. Gottfried Eckertz,
Oberlehrer am K. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Kln.
Siebente Auflage.
Im Anschlu an das Hlfsbuch fr den ersten Unterricht in alter Geschichte von Direktor Jger.
Mainz.
C. G. Kunze's Nachfolger. 1877.
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Afrika — Ni gritien.
595
Anbau schon 12 Stunden aufwärts, und die Ortschaften vergrößern sich, namentlich
blüht die Stadt Ediua, deren Klima besonders gesund sein soll, rasch auf. Man
baut Reis und Mais, Arrowroot, Orangen, Ananas, Pisang, Zucker, Kaffee. Indigo
und Baumwolle, und hat der Ansfnhrgegenstände noch außerdem mehrere, B. Maha-
gony-, Tik- und Farbhölzer, Elfenbein, Erdnnß- und Palmenöl, Gummi u. s. w.
Gewerbe, Handel und Bildung haben erkleckliche Fortschritte gemacht und die farbigen
Stämme der Umgegend werden langsam, doch sichtlich in den Kreis des Bildnngs-
ganges gezogen. — Die Verfassung des Staates ist ganz der nordamerikanischen nach-
gebildet und, wie sich bei diesem Staate von selbst verstand, mit Verbot der Sklaverei
und mit Verpflichtung der Kinder zum Schulbesuch.
Frankreich hat seine Comptoirs an der Goldküste (Grand-Bassam, As-
sinie :c.) seit 1871 aufgegeben.
Nigritien oder Sudm.
Beide Namen heißen so viel als: das Land der Schwarzen
hinter der Sahara. Insbesondere verstand man darunter nicht das
Küstenland, sondern das Innere, woselbst man sich einen großen Fluß, den
Niger oder Strom der Schwarzen dachte, der es der Länge nach von W.
nach O. durchströme und sich entweder mit dem Nil vereine, oder in einen
See ergieße. Lange Zeit war das Nigerland ein Räthsel. Man wußte
nur, daß einzelne Oasen der westlichen Sahara von Tuaregs, der östlichen
aber von halbschwarzen Tibbns bewohnt würden, daß beide dem Kara-
wanenhandel sowohl mit Steinsalz, wovon es mächtige Lager in der Sa-
harü. gebe, als auch mit Gold, Elfertbeiu und Sklaven, förderlich seien, und
daß die Karawanen sich vorzüglich nach Timbuktu, einer großen Stadt am
Niger richteten. Näheres zu erfahren war schwer, bis endlich in den letzten
70 Jahren sich allmählich das Räthsel löste. Man kennt jetzt die Gegend,
wo die Sahara aufhört, mau ist mehrseitig ins Innere Nigritiens einge-
drnngen, hat neue Seen, Ströme und Berge, neue Völker und Städte ge-
sehen, und der Niger, weit entfernt vom Nil, ist als Dscholiba oder
Quorra mit ganz andrer Richtung erschienen. Der Name Nigritien
oder Sndsn ist aber dem Lande geblieben, welches im N. von der Sahara,
begrenzt wird, im S. bis an den Aeqnator, im W. bis an den Fuß der
innern Bergländer von Senegambien und Guinea und im O. bis an die
zwischen Kordofsn und Darsur liegende Steppe und bis an den Fuß der
abessiuischeu Gebirge reicht*). Die Heimat der Negerrasse erstreckt sich
allerdings viel weiter und nimmt auch den größten Theil Hochafrikas ein.
*) Die arabische Bevölkerung des Nigerlandes dagegen versteht unter Sndän jetzt
gewöhnlich nur die Landstriche von Bornn bis Timbuktn, schließt also das Reich Bornn,
sowie Wadai und Darsur, selbst Timbnktu davon aus. In der ägyptischen Geschäfts-
spräche heißen insbesondere alle Besitzungen des Vicekönigs oberhalb des eigentlichen
Aegyptens Sudänland (Biled-el-Sudän).
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TM Hauptwörter (100): [T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Ediua Frankreich Sahara Niger Timbuktu Niger Nigritiens Niger Sahara Guinea
974
Europa —
Rußland.
Kaptschak zerfiel in Trümmer. Sofort erhob sich nach 272 Jahrhunderten das russische-
Großfürstenthum. Jwun I. Wasiljewitsch, Großfürst zu Moskau, machte durch
die Schlacht bei Ugra (1480), wo ein russisches und ein mongolisches Heer miteinander
kämpften und beide vor einander flohen, sich von mongolischer Herrschaft frei, eroberte
die Länder bis zum weißen Meer, erklärte das Reich für nntheilbar, schickte sogar 1491
zum deutschen Reichstage nach Frankfurt Gesandte (deren Wortführer italienisch sprach)
und zeigte sich als ein Fürst, der den Stamm Ruriks wieder mit Glanz umgab. Er
kann für den zweiten Gründer des russischen Reiches gelten.
Leider gab es in seinem Volke kein Element der Freiheit, keines der Kultur. In
Priestern und Mönchen zeigte sich weder Neigung zu Studien noch Forjchungssinn;
kaum daß die Mehrheit von ihnen lesen konnte. Schmutz, Roheit und knechtischer
Sinn hielten jede geistige Anlage in Banden. Kein freigesinnter Adel, wie in Polen,
zügelte den Despotism; und die einzigen Grundlagen der Bildung, nämlich die
städtischen Einrichtungen zu Nowgorod und Pleskow, vernichtete man, sobald beide
Republiken bezwungen waren, gänzlich. Die Bürger wurden Leibeigene des Zars oder
Kaisers (Casars), der überhaupt als Herr über Leben, Ehre und Vermögen der Unter-
thanen betrachtet ward. Nur die Nachkommenschaft ehemaliger Fürsten und der Bo-
jarenrath behaupteten gewisse erbadlige Vorrechte. Der Despot regierte mit Hilfe
einiger 1000 Strelzen oder Strelitzen, als Beginn künftiger stehender Heere: zum
Kriege jedoch mußten alle Knäsen und Bojaren mit ihren Knechten erscheinen. Be-
denklich für den Westen wäre übrigens dieser geistlose Staat, obwohl er seit 1552 über
die Türkenreiche Kasan und Astrachan und bald auch über Sibirien sich erstreckte,
nicht geworden, wenn nicht das mächtige Polen sich selbst durch wilde Faktionen zer-
rüttet, und der so tapfre Schwedenkönig Karl Xii. nicht aufs tollste die Kräfte seiner
Nation vergeudet, und ein günstiges Geschick nicht einen ausgezeichneten Mann, Peter
den Großen, auf den russischen Thron gebracht hätte.
Dieser Zar, gleichsam der dritte Gründer des Reiches, gehört einer neuen Regenten«
familie an, dem den Ruriks verwandten Hause Romanow, das von 1613 bis 1730
herrschte. Erst 17 Jahre alt, als er 1689 den Thron bestieg, zeigte er bald, welch' ein
aufstrebender Geist an die Spitze des Volkes gekommen sei. Roh und grausam wie
andre russische Fürsten, war er voll Begier zu lernen, voll Talent zum Nachahmen,
voll Thatkraft, feine Pläne auszuführen. In den 36 Jahren seiner Regierung wurden
die Russen aufs vielfachste angeregt, und durch Fremde, besonders Deutsche, zum Nach-
ahmen in Gewerken und mechanischen Künsten veranlaßt. Die empörerischen Strelzen
mußten einer europäischen Garde, die Unordnung des wilden Aufgebots einem ge-
regelteren Kriegsheere weichen. Zuerst von Karl Xii. bei Narwa 1700 besiegt, hatte
er endlich die Freude, wenn auch durch Uebermacht, einen Sieg über die Schweden (bei
Poltawa 1709) zu erringen und sein heißes Verlangen nach Besitz an der Ostsee zu
befriedigen. Livland, Esthland, Jngermannland mit Karelen und Wi-
borg verblieben ihm, und Petersburg, das er schon 1704 gegründet, erhielt Krön-
schlot (kleine Insel bei Kronstadt) zum Hafen, damit es mit dem gebildeten Europa
zur See in Verbindung komme. Von den Polen wurde Kiew und Eherson, von
dm Türken Taganrog am asowschen Meer erworben, und unerwartet sah man zu
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
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Extrahierte Personennamen: Kaptschak Stamm_Ruriks Karl_Xii Karl Peter Karl_Xii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Frankfurt Polen Kasan Astrachan Sibirien Schweden Poltawa Ostsee Livland Esthland Petersburg Kronstadt Europa Kiew
Europa —
Nußland.
983
man jährlich an 500000 Ctr. Auch der lebhafte Bergbau und Hütteubetrieb im Ural
gehört diesem mittleren Landgürtel an. — Im Junern sind Moskau und Nischnej
Nowgorod (wohin die ehemalige Makariew-Messe verlegt ist), Kasan, Oreuburg und
Charkow die bedeutendsten Handelsplätze; an der See: Petersburg und R'.ga,
Odessa, Astrachan, Archangel. Die meiste Ausfuhr besteht in Flachs und Flachs-
sameu, Häuf und Hanfsamen, Getreide, Nutzholz, Wolle, Talg,
Häuten, Pelzwerk, Schlachtvieh, Pferden, Graphit u. a. Rohprodukten,
ferner (besonders nach Asien hin) in Metall-, Webe- und S eilerw a aren,
Seifen und Kerzen, sowie Leder, letzteres vorzüglich als Saffian und als Insten,
das seinen Geruch durch Gerbung mit Birkentheer erhält. Der Handel zur See ist
übrigeus noch zum großen Theil in den Händen der Ausländer; die Haudelsstotte zählt
ca. 2600 Schiffe (hievon 750 Seeschiffe, 114 Dampfer) mit 230000 Tonnen (ä 1000
Kilogramm) Tragfähigkeit. Die Gesammtansfnhr von Rußland und Polen hat einen
Werth von 410, die Einfuhr von 384 Mill. vr. Thalern; dazu kommt noch Finnland
mit einer Ausfuhr von 10 und einer Einfuhr von 11 Mill. Thlr. Der innere
Verkehr hebt sich, da man die Flußsysteme durch Kanäle, besonders die Wolga mit
der Newa und Dwina, den Dnjepr mit Riemen und Düna in Verbindung gesetzt hat,
und gegenwärtig Schienenwege baut. Die kleine Eisenbahn von Petersburg nach
den nahen kaiserlichen Schlössern war der Anfang, worauf die von Libau zum Riemen
folgte; in den Jahren von 1867 bis 1872 hat sich das russische Eisenbahnuetz um
1255 Mln. verlängert, und der größte Theil dieser Linien entfällt auf die Verbindung
mit Südrußland. Deutlich bekundet Rußland durch diese Bahubanten das Streben,
durch die Verbindung des Westens und Nordens mit dem Süden seine politische und
wirtschaftliche Entwicklung immer mehr gegen das schwarze Meer hin zu verlegen und
anf diesem Wege die orientalische Frage in Europa, die kaukasische in Asien einer Lösung
entgegenzuführen. Durch diese Bahubauteu steht einerseits Petersburg mit Königsberg
und (über Warschau) mit Krakau in Verbindung, anderseits führt eine Hauptlinie von
Libau und Riga nach Odessa, eine andere von Finnland und Petersburg uach Moskau
und von da nach Odessa, nach Sewastopol und auch zur Wolga und nach Astrachan.
(Selbst jenseit des Kaukasus wird zur Verbindung von Poli und Baku, also des
schwarzen und des kaspischeu Meeres eiue Bahu gebaut und ist durch dieselbe bereits
Tiflis mit dem Pontus verbunden). Die Länge der russischen Bahnen betrug schon
1872 ca. 1900 Mln. — Obwohl die Zahl der Schulen sich vergrößert, ist der Volks-
Unterricht (mit Ausnahme der Ostseeproviuzeu und Finnlands) doch noch sehr Mangel-
Haft, da vonseiten der griechischen Kirche gar nichts für Hebung desselben geschieht.
Kaum Vio der Bevölkerung des Reiches genießt Elementarunterricht; i. I. 1869 konnten
von der Gesammtzahl der eingestellten Rekruten 30^o °/o weder lesen noch schreiben. Es
gibt unter den Grundbesitzern und Kanflenten Millionäre, die nicht lesen und nicht
schreiben können. Gymnasien sind zwar jetzt in jedem Gouvernement; doch werden
nurv gewisse Stände zum höhern Unterricht zugelassen, und es herrscht (wie auch an
andern Mittelschulen und an den Universitäten) an den meisten großer Lehrermangel.
Universitäten hat das Reich 8: zu Moskau, Petersburg, Dorpat, Kiew, Kasan, Char-
kow, Odessa, Helsingfors. Sehr hart war es, daß Kaiser Nikolaus die 1816 gestiftete
Warschauer Universität 1832 wieder aufhob und den Polen nur die medicinifch-chirur-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Kasan Oreuburg Charkow Petersburg Odessa Astrachan Asien Webe- Polen Finnland Petersburg Libau Europa Asien Petersburg Königsberg Warschau Krakau Libau Riga Odessa Finnland Petersburg Moskau Odessa Sewastopol Astrachan Baku Tiflis Ostseeproviuzeu Finnlands Moskau Petersburg Dorpat Kiew Kasan Odessa Helsingfors
44
Vorbegriffe und Planzeichnen.
Mit Veränderung desselben verändert sich der Horizont, und je höher
der Platz liegt, je größer die uns umgebende Ebene, desto freier ist der
Horizont.
Anmerk. Verschieden von dem eben beschriebenen natürlichen Horizonte sind
der scheinbare oder astronomische und der wahre Horizont, die bei geometrischen
Vermessungen in Anwendung kommen.
§. 30. Die Windrose.
Um von unserm Platze die Lage der umliegenden Gegenstände anfzu-
fassen, ist die Kenntnis mehrerer Weltgegenden nöthig, als der vier ge-
nannten. Zuerst bestimmt man die Punkte N. S. O. und W. im Hori-
zonte. Dann bezeichnet man die Mitten zwischen den Hauptgegenden und
bekommt dadurch die 4 ersten Nebengegenden, nämlich Nordost, Nord-
west, Südost und Südwest. Um die Benennung der wiederum da-
zwischen liegenden Punkte (der sogenannten 8 zweiten Nebengegenden) zu
verstehen und dem Gedächtnis einzuprägen, bemerke man, daß jede der 4
Hauptgegenden die ihr zunächst liegenden Punkte durch Voranstellung ihres
Namens zu dem Namen der nächsten Nebengegend bezeichnet. Neben Nord
liegen also Nord Nordost Nno und Nordnordwest Nnw. Neben
Ost liegen Ostnordost Ono und Ostsüdost Oso; neben Süd liegen
Sso und Ssw; neben Westen Wsw und Wnw.
Außer den 16 Benennungen bezeichnen die Schiffer, um auf ihrer
Windrose mehr Winde zu benennen, nochmal die Mitten der dazwischen
liegenden Bögen und erhalten dadurch 16 neue, sogenannte dritte Neben-
gegeudeu, ja durch uochmalige Halbiruug der Bögen 32 vierte Neben-
gegenden, also zusammen 64 Benennungen. Die Namen der dritten Neben-
gegenden werden gebildet aus den Bezeichnungen der nächsten Haupt- oder
ersten Nebengegenden, welchen man je nachdem die zu bezeichnende Gegend
links oder rechts von jenen liegt, das Wörtchen „in" oder „gen" beisetzt.
Bon Süd nach West folgen demnach aufeinander: S, S geu W, Ssw,
Swins, Sw, Sw gen W, Wsw, W in S, W. Windrose (Fig. 27)
nennt man jene den Horizont vorstellende Zeichnung, worauf im Kreife die
Weltgegenden angegeben sind, und im Mittelpunkte sich eine schwebende
Magnetnadel befindet, um jederzeit zu wissen, wo Norden ist, und bestimmen
zu können, aus welcher Weltgegend der Wind weht.
Heber Abweichungen der Magnetnadel siehe Abschnitt Iii. §. 23.
Es knüpfen sich hieran einige Hebungen, die sich ans Schule, Haus und Umgegend
beziehen; man muß sich darin orientiren lernen. Dieses Wort kommt her von
orieus der Morgen. Weiß man. wo Ost oder Morgen ist, so kann man sich leicht
nach den Weltgegenden orientiren, d. h. zu recht finden. Es ist also im Schul-
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
Extrahierte Ortsnamen: Nordost Nord Nord_Nordost_Nno Westen_Wsw Swins Wsw
Die Rhone.
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rückzukehren und das Ganze als Gesammtmaffe zu betrachten. Da aber im letzten Abschnitte
das deutsche Reich, dieschweiz, die Niederlaudeuudoesterreich-Ungarn
in der Reihe der europäischen Staaten besonders behandelt werden, so mag es für jetzt
genng sein, wenn die Schüler sich nach den obigen Kapiteln folgende Fragen beant-
Worten: 1) Wo ist die Sprachgrenze der deutschen Völker? — 2) Wie weit dehnte sich
in ältester Zeit das Land der Deutschen aus? — 3) Wie verhalten sich die verschiedenen
Gebirgshöhen zu einander? — 4) Wie verhalten sich die verschiedenen Berg-Hügelländer,
höheren, mittleren und tiefliegenden Ebenen zu einander, und zwar nach ihrer Er-
höhung überm Meerspiegel? — 5) Welche altdeutschen Völker wurden genannt, und
welche Gegenden bewohnten sie? — 6) Zusammenstellung aller genannten und ansge-
zeichneten Männer. Hiermit verbindet sich die interessante Beschäftigung, in eine Karte
gefammter deutscher Länder die berühmten Namen auf ihren Gebnrtsplätzen, oder, wo
diese nicht mitgetheilt sind, an ihrem Hauptwohnorte einzuzeichnen; was man gelegent-
lich vervollständigen kann, da hier, natürlich des beschränkten Ranmes wegen, mancher
ehrenwerthe Name weggeblieben ist. — 7) Welches sind die auffallendsten Unterschiede
des Klimas im N-, S., W. O. und im Innern?
Daß gerade die Beachtung der letzteren Frage benutzt werden kann, um zur Lehre
vom Erdkörper zu führen, braucht kaum bemerkt zu werden. Um also die Beschreibung
des übrigen Europas und der Welttheile überhaupt vorzubereiten, bedarf es Kenntnis
der mathematischen und allgemeinen physischen Geographie, zu welcher wir hiermit
übergehen.
Dritter Abschnitt.
Me Lrdkugel, oder <Felmn aus der mathematischen und
physischen Heographie.
§. 1. Meinungen des Alterthums über den Erdkörper.
Äöer noch nie gehört hat, daß die Erde eine Kugel ist, worauf es
kein Unten und Oben gibt, die man ringsherum bereisen kann, ohne herab
zu fallen, der wird ungläubig bei einer solchen Behauptung den Kops
schütteln. Es scheint ihm natürlicher, sie sür ein weitausgedehntes Land
mit Bergen und Thälern, Flüssen und Meeren zu halten; und da man
überall von jeder Höhe einen runden Horizont um sich erblickt, so ist viel-
leicht die ganze Erde nichts als eine runde Scheibe. Wie weit nach Unten
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]