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der vierte, indem er sich bemühte, das innere Leben des großen Staa-
tes der europäischen Gesittung zu nähern. Die christlichen Unterthanen
erfuhren eine mildere Behandlung, die Verwaltung wurde geordnet, die
Grenzfestungen in Vertheidigungszustand gesetzt, Heer und Flotte durch
Ausrechthaltung kriegerischer Zucht gestärkt. Auch als Hösein 1702
starb, verfolgte sein Nachfolger im Vezierat, Rami, dieselbe Richtung.
Aber des Zwanges müde, erhoben sich die Spahi's und Janitscharen,
Mustapha Ii. wurde in den Prinzenkerker gebracht und verschied hier
unlange darauf (1703).
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
728
Friedmsun-
terhantlun-
gen zu L lle
und Rastadt.
Thronbestei-
gung Fried-
rich Wil-
helms Iii.
genoffen und ihrer Gegner in den gesetzgebenden Räthen durch einen
kühnen Schlag zu entledigen. Sie beriefen Augereau nach Paris und
übertrugen ihm den Befehl über die pariser Militärdivision. Am 18.
Fructidor oder 4. September 1797 früh um vier Uhr besetzte Auge-
reau mit Truppen die Tuilerien und ilahm daselbst die Generale Piche-
gru und Willot und mehrere andere Deputirte in Verhaft. Den gan-
zen Tag hindurch wurden Abgeordnete, Journalisten und andere den
Triumviren mißfällige Personen nach dem Tempelgefängniß geführt,
Barthelemy befand sich unter ihnen; Carnot hingegen entkam. Den
erstaunten Parisern wurde bekannt gemacht, daß daß Direktorium eine
royalistische Verschwörung entdeckt habe. Auf den Wink der Triumvirn
sprachen die beiden Räthe über zwei Direktoren, elf Mitglieder deß
Raths der Alten und zwei und vierzig der Fünfhundert und eine Menge
anderer Personen die Strafe der Deportation aus, vernichteten die Wah-
len von acht und vierzig Bezirken und bevollmächtigten die Direktoren,
die Verfolgung der zurückgekehrten Auswanderer und Priester zu er-
neuern. Von diesem Tage an wurden die beiden Räthe bloße Decretir-
maschinen des Direktoriums, und dieses ergänzte seine Fünfzahl durch
zwei der bisherigen Minister, den Juristen Merlin und den Schöngeist
Franpois von Neufchateau. Ein halber Terrorismus waltete seitdem
über der Republik. Als die Wahlen für die Abgeordneten des Jahres
1798 größtentheils auf Gegner des Direktoriums fielen, hob dieses alle
ihm mißfälligen Wahlen geradezu auf.
Die Politik des Direktoriums kehrte seitdem zu dem revolutionären
Geiste der Schreckenszeit zurück; Verachtung aller völkerrechtlichen Verhält-
nisse und Bruch aller Verträge, sobald sie die Ansprüche und Rechte
anderer Völker betrafen, und dagegen die schärfste Beachtung und kleinlichste
Geltendmachung derselben, sobald sie auch nur einen Scheingrund für
die zweifelhaftesten Anmaßungen Frankreichs darboten, verbunden mit
einer gebieterischen, alles Herkommen und die gegenseitige Gleichheit der
Nationen verletzenden Sprache kam damals bei den Machthabern Frank-
reichs in Gang. Diese Diplomatik wurde zuerst bei den Unterhandlun-
gen versucht, welche mit England zu Lille geführt wurden. Aber
Pitt ließ sich durch solche Künste nicht schrecken, und die gebieterische
Direktorial-Diplomatik führte nur zum Bruch der angefangenen Unter-
handlung. Dagegen wurde der am 9. December 1797 zu Rastadt er-
öffnete Congreß eine Triumphstätte für den republikanischen Siegerstolz
und eine Schule der Demuth für die deutschen Fürsten.
Wenige Wochen vor Eröffnung des Congreffes zu Rastadt war
Friedrich Wilhelm Ii. am 16. November 1797 zu Potsdam gestor-
den. Sein Privatleben war nicht frei von Schwächen, aber auch nicht
arm an schönen, wohlwollenden Zügen. Er gab seinem Volke ein Ge-
setzbuch, das Allgemeine Landrecht, dessen Idee schon Friedrich Ii.
gefaßt und zum Entwürfe gebracht hatte. In den letzten Zeiten Fried-
rich Wilhelms Ii. kamen in Berlin und Breslau Aufstände vor, die in,
der Ferne als Anfänge einer preußischen Revolution verkstadigt wurden,
die aber nichts als örtliche, durch zufällige Reizungen entstandene und
durch ungeschickte Polizeimaßregeln geförderte Pöbeltumulte waren. Die
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Extrahierte Personennamen: Barthelemy Schöngeist
Franpois_von_Neufchateau Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Ii Friedrich Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Paris Frankreichs Frank- England Lille Potsdam Berlin Breslau
durch Entwickelung der Standesverhältnisse die Einrichtung einer
republikanischen Verfassung veranlaßt.
Die ritterlichen Lehnsleute wurde» im 10. Jahrhundert ins-
gesammt als Milites bezeichnet, die nicht lehntragenden Freien
als Arimannen, Cives, Populus. Doch bedeuteten Cives im
weiteren Sinne auch die freien Bewohner einer Civitas überhaupt.
Und in diesem Sinne gehörten zu den Civcs auch die Milites und
bildeten den ersten Stand derselben. Man unterschied ferner zwei
Klassen der Milites als Valvassores majores oder Capitanei und
Valvassores minores, die auch schlechtweg Valvassores hießen.
Beide Klassen des Ritterstandes werden im 11. Jahrhundert als
Adel bezeichnet, welchem das Volk gegenüber gestellt wird. Im
Volke entwickelte sich dann noch ein Unterschied, indem die Kauf-
leute als angesehenere Bürger unterschieden wurden.
Durch die beständigen Parteikampfe und die kirchlichen Strei-
tigkeiten traten die Standesunterschiede zurück, indem Leute der ver-
schiedenen Stände auf beiden Parteien und gegen einander standen.
Die verschiedenen Stände erkannten ihre Rechte gegenseitig an, die
Stände näherten sich einander und die Parteistellung der Stände
hörte auf. Die Parteikämpfe hatten aber auch weiter den Erfolg,
daß die Regierung von den Bischöfen und deren Capitanen an die
mächtigen Parteiführer überging. So war z. B. in Mailand die
Regierung von den Grafen an den Erzbischof und dessen Capitane
übergegangen und von diesen gelangte sie nach langen Parteikämpfen
an die Consuln. Die Cvnsuln sind eine neue Würde, deren Ur-
sprung und Bedeutung mit dem Entstehen der Stadtgemeinde aus der
Vereinigung der Stände zusammenhängt. Die Schöffen waren
Vertreter der Gemeinde der Freien gewesen und hatten für die
Freien im Gericht des Grafen das Recht gefunden. Der Unterschied
der Freiheit und Unfreiheit war immer mehr zurückgetreten, Be-
rufsstände hatten sich gebildet, in welchen sich freie und minderfreie
Standesgenossen aneinander schlossen. Die Consuln vertraten die
besonderen Stände, während die Schöffen die Freien vertreten hat-
ten. Das Schöffenthum wurde ebenso durch die Vorsteher der be-
sonderen Stände bei Seite geschoben wie das Amt der Grafen durch
die Obrigkeit, welche die Consuln in ihrer Vereinigung ausmach-
ten. Häupter und Anführer hatten die Stände schon lange; doch
kam gegen das Ende des Ii. Jahrhunderts die Neuerung hinzu
(und das bezeichnete eben der Name der Consuln), daß jene nun
auch zu einer gemeinschaftlichen Regierung zusammentraten. Und
hiermit entstand zugleich die Gesammtgemeinde der Stadt, das so-
genannte Commune Civitatis, welches zuerst nur wie eine äußer-
liche, vertragsmäßige Verbindung der Stände erscheint, dann aber
ein lebendiges Gemeinwesen aus sich herausbildete.
Bei der Ungleichheit des Ansehens und der Macht unter den
Ständen, bei dem Uebergewicht, welches der kriegerische Adel, be-
sonders die mächtigen Capitane noch lange Zeit behaupteten, ist
wohl eine ganz gleiche Theilnahme der Stände an der städtischen
Regierung von vornherein nicht anzunehmen. Aber allmälig ge-
wöhnte man sich daran, in dem Streben für die allgemeine Wohl-
fahrt der Stadt, sich gegenseitig als Mitbürger zu betrachten und
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
472
rasch und brachte in den mittlern Klassen eine gänzliche Verände-
rung der Lebensweise hervor. Auch der Ackerbau gewann dadurch,
daß der Landmann, welcher an dem Zug Theil nahm, hier und da
eine Befreiung von drückenden Abgaben erhielt. Nicht minder
stammt aus der Romantik der Kreuzzüge jener Antrieb zu weiten
Reisen und zur Erforschung ferner Länder, der das 14. und 15.
Jahrhundert auszeichnete.
Die nächsten Handelsvortheile brachten die Kreuzzüge Italien.
Wie einst im Alterthum wurden jetzt wieder das Mittelmeer und
das schwarze Meer mit ihren Meerbusen, Inseln und Küsten der
Schauplatz des wiederhergestellten Verkehrs zwischen den drei Erd-
theilen. Doch blieb der Handel, wie im Alterthum, vorzugsweise
Landhandel, die Schifffahrt Küstenfahrt. Die aus dem Morgen-
lande eingeführten Gegenstände des Handels waren fast dieselben
wie im Alterthum. Denn der Verbrauch von Kolonialwaaren, von
Reis, Zucker, Thee und Kaffee, wurde erst mit der Entdeckung
von Amerika allgemeiner und war in dieser Zeit noch unbedeutend.
Wichtiger waren gewisse Rohstoffe, wie Seide, Baumwolle und
Färbestoffe, welche besonders nach Italien und nach den Niederlan-
den gingen. Der Handel mit Indien blieb passiv, d. h. er mußte
mit baarem Gelbe getrieben werden; die europäische Industrie war
noch nicht auf der Stufe, um fremde Welttheile mit ihren Fabrika-
ten zu beherrschen. Auch mußte der Kaufmann alles selbst besor-
gen, sich entweder selbst aufmachen und die Waaren begleiten, oder
einen zuverlässigen Diener mitschicken oder Faktoreien und Kom-
manditen in den fremden Plätzen errichten.
Die italienischen Städte waren um die Mitte des 12. Jahr-
hunderts bereits zu einer gewissen Selbständigkeit und Macht ge-
langt. Ihre innere Verfassung litt freilich noch an großen Ge-
brechen; noch war keine festgeordnete Freiheit im Innern her-
gestellt. Dennoch herrschte in diesen Städten ein Geist, der zu küh-
nen Unternehmungen in Handel und Schifffahrt ermunterte und
der den Gewerben, Wissenschaften und Künsten förderlich war. Ve-
nedig, Genua und Pisa beuteten die Kreuzzüge zu ihrem Vortheil
aus. Kein anderer europäischer Staat war damals im Stande, die
nöthigen Schiffe zu liefern, um die Heere nach Constantinopel und
den Küsten Syriens überzuschiffen und sie mit Lebensmitteln und
Kriegsbedürfnissen zu versehen. Bei vielen Unternehmungen beglei-
teten die Venetianer, Genuesen und Pisaner mit der Flotte das zu
Land operirende Heer und bereicherten sich durch die Lieferungen.
Sobald sie es bei der Eroberung eines Platzes räthlich fanden, eine
Niederlassung einzurichten, erlangten sie von den Kreuzfahrern die
wichtigsten Vorrechte, Handelsfreiheit, das Eigenthum ganzer Vor-
städte und Straßen und das Privilegium eigner Gerichtsbarkeit
über Landsleute und Schutzergebene. In Folge so vieler Vortheile
wuchs außerordentlich der Wohlstand und Reichthum der italieni-
schen Handelsstaaten. Sobald diese einmal den Levarnehandel fast
allein besaßen, waren sie darauf bedacht, seinen Absatz auszudeh-
nen und den Geschmack an morgenländischen Produkten über ganz
Europa zu verbreiten. Früher war der Handel mit dem Morgen-
lande nur durch einzelne Schiffe betrieben worden, jetzt kamen ganze
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Ortsnamen: Italien Amerika Italien Niederlan- Indien Genua Constantinopel Syriens Europa
520
der Bischof von Laon, und Johann v on Pecquigny, der Statthal-
ter von Artois. Es wurden 22 der vornehmsten Staatsbeamten ent-
setzt und dem Dauphin eine Commission der Stände zur Seite gestellt.
Der ständische Ausschuß erhielt aber wenig Einfluß auf die Regierung;
die abgesetzten Räthe blieben mit dem Generalstatthalter in Verbin-
dung, das verwirrte republikanische Treiben und der überwiegende
Einfluß des Bürgerstandes erregten Widerstand gegen die ständische
Herrschaft; die Ritterschaft benutzte die Anarchie zu schändlichen Be-
drückungen des Landvolkes. Die Fehden des Adels, der Druck, den
die Ritter gegen das Landvolk und die Geistlichen übten, die Strei-
fereien einzelner Söldnerschaaren, an die sich andres Gesindel an-
schloß, machten das Land unsicher. Alles drängte sich daher in Pa-
ris zusammen. Hier fürchtete man nicht bloß den auswärtigen Feind
und die ritterlichen Räuber, sondern auch den Dauphin und dessen
Umgebung. Paris wurde neu befestigt. Der Dauphin wollte Trup-
pen in die Stadt ziehen, aber dagegen wurden damals zuerst Bar-
rikaden errichtet. Von Pecquigny wurde Karl der Böse aus seiner
Haft befreit, und kam nach Paris. Er sprach zum Volke und regte
dasselbe durch die Schilderung der erlittenen Mißhandlungen auf.
Auf Karl's des Bösen Betrieb wurden die Gefängnisse geöffnet und
eine Menge gemeiner Verbrecher in Freiheit gesetzt. Die Hauptstadt
spaltete sich in die Parteien des Dauphin, Marcels und Karls des
Bösen. Marcel gab seinen Anhängern zweifarbige Mützen halb von
rother, halb von blauer Farbe. Als der Dauphin den Mörder sei-
nes Schatzmeisters hatte hinrichten lassen, ließ Marcel am 22. Fe-
bruar 1358 die Sturmglocken läuten und die Zünfte unter ihren
Fahnen versammeln. Die aufgereizten Schaaren drangen in den
Palast des Dauphin und ermordeten vor den Augen desselben zwei
Marschälle, so daß der Dauphin mit Blut bespritzt wurde. Als die-
ser erschrocken frug, ob man sich auch an ihm vergreifen wolle,
sagte Marcel: Nein, doch zur Sicherheit hier meine Mütze. Er
setzte seine zweifarbige Mühe dem Dauphin und dessen Barett sich
selbst auf. Darauf brachte Marcel den Dauphin nach dem Rathhause,
wo derselbe an's Fenster trat und mit lauter Stimme erklärte: die
beiden Getödeten seien falsche Verräther, er heiße es gut, wie mit
ihnen verfahren sei.
Bald nachher gab der Dauphin dem Gange der Dinge eine an-
dere Wendung. Er verließ unter einem gutgewählten Vorwand
Paris, hielt zuerst einige Provinzialstände-Versammlungen, und
dann berief er die allgemeinen Reichsstände nach Compiegne. Der
Adel und die vornehme Geistlichkeit gewährten ihm Unterstützung.
Er rückte mit dem Heere vor Paris, schnitt der Stadt die Zufuhr
ib und hemmte den Handel. Da sank das Ansehen Marcels; noch
mehr, als er Karl von Navarra zum Oberbefehlshaber gegen den
Dauphin vorschlug. Man sagte dem Volke, Karl gehöre zum Abel
und sei ein Feind der Bürger, er sei mit den Nationalfeinden, den
Engländern, verbunden. Als Marcel des Nachts Karl von Na-
varra heimlich in die Stadt einlassen wollte, spaltete ihm einer sei-
ner bisherigen Anhänger, Jean Maillard, den Kopf. Seine Ge-
treuen wurden niedergehauen, die Nationalmützen verschwanden, und
der Dauphin hielt seinen Einzug (August 1358). Er wurde von
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
Extrahierte Personennamen: Johann_v_on_Pecquigny Johann Pecquigny Karl_der_Böse Karl Karls Marcel Karl_von_Navarra Karl Karl Karl Karl_von_Na- Karl Jean_Maillard August
Extrahierte Ortsnamen: Laon Paris Karls Paris Paris
23
Druiden und Häuptlinge auf den Oberbefehl im Kriege beschränkt,
aber wahrscheinlich erblich, wie man aus dem Vorkommen von Kö-
niginnen schließen kann. Im südlichen, durch den Handelsverkehr
gebildeten England und vorzüglich in Kent fand Cäsar bedeutenden
Getraidebau, den das milde Klima begünstigte und der durch die
Kunst des Mergelns gehoben wurde. Von dem in Höhlen aufbe-
wahrten ungedroschenen Korne wurde der tägliche Bedarf herausge-
nommen und geröstet, nicht als Brot gebacken. Gartenkunst war
nicht vorhanden. Den Römern fiel die große Zahl der Gebäude,
der Menschen und des Viehs auf« Die runden kunstlosen Hütten
aus Rohr ober Holz glichen den gallischen. Kupfer und eiserne
Ringe dienten als Geld. Die Sitte, sich mit blauer Farbe zu be-
malen, sowie die des Tätowirens hatte sich noch später bei dem im
Norden wohnenden Britten erhalten; auch die Frauen zogen bei
einigen Opfern auf ähnliche Weise gefärbt und unbekleidet umher.
Langes Haupthaar und Bärte auf der Oberlippe waren bei den
Britten allgemein. Gleich den Galliern schmückten sie den Mittel-
finger mit einem Ringe. Die gallischen würfelartigen Mäntel sind
in den Hochlanden noch gewöhnlich. Die Kleidung hüllte den gan-
zen Körper ein; ein Gürtel umschloß den Leib; Metallketten hin-
gen um den Hals. Der Griff der Schwerter war mit den Zähnen
großer Seefische verziert. Die Britten fochten zum Theil auf Streit-
wagen, an deren Achsen Sicheln befestigt waren. Der Wagenlen-
ker war der Vornehmere; die Diener führten die Waffen. Der
Angriff auf die Feinde wurde mit herausfordernden Gesängen und
betäubendem Geschrei gemacht. Die Festungen bestanden in der na-
türlichen Schutzwehr undurchdringlicher Wälder. Die Bewohner des
inneren und nördlichen Landes waren noch viel roher, und auf
Viehzucht und Jagd beschränkt, kleideten sich in Felle und lebten
von Milch und Fleisch. Einfachheit, Rechtlichkeit, Mäßigkeit, nicht
ohne einen Hang zur Streitsucht, werden als Charakterzüge des
Volkes angegeben; der Ruhm der Tapferkeit ist besonders den nor-
dischen Stämmen geblieben.
Von den brittischen Volksstämmeu nennen wir die Kantii,
deren Namen die Grafschaft Kent bewahrt hat. Zu ihrem Staate
rechnet Ptolemäus Londinium (London), schon damals ein bedeu-
tender Handelsvrt. Nördlich von der Themse wohnten die Trino-
banten. Die Coritaner besaßen die Städte Lindum (Lincoln)
und Rhate (Leieester). Das größte Volk war das der Brigan-
ten, welche das nördliche Land bis zur Südgrenze Schottlands
inne hatten. Die Vorfahren der alten Waliser waren die Ordo-
viken. Das alte Zinnland, Bretland, jetzt Cornwall und Devon-
shire, war von den Dumuoniern bewohnt. Oestlich von diesen
wohnten die Durotrigen und die Belgen. Die Einwohner der
schottischen Hochlande werden von den Römern Kaledonier ge-
nannt.
Cäsar setzte zweimal nach Britannien über (55 und 54 v. Chr.)
und erreichte bei seiner zweiten Landung, daß ein Theil der im süd-
lichen Britannien wohnenden Völker Geiseln stellte und Unterwer-
Brittische
Stämme.
Britannien
unter römi-
scher Herr-
schaft.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
49
hgltnisse änderten, führten die neue Entwickelung herbei. In der
Regel ist es das Volk selbst, das den König wählt und zu dieser
Würde erhebt und zwar meistens den, welcher bisher schon als
Fürst oder Herzog an der Spitze desselben gestanden hat. Die Ge-
sammtheit der Volksgenossen wählte, nicht das Gefolge allein; moch-
ten auch einmal die Getreuen die Anregung geben. Das Königthum
war im Bewußtsein des Volkes wesentlich von jeder anderen Herr-
schaft verschieden. Fast immer ist es ein bestimmter Akt, durch den
es eingeführt wird, nicht immer ist er historisch nachweisbar, oft
aber wird er wenigstens in der Sage als wichtige Verfassungsverän-
derung festgehalten.
Das Königthum war nicht nur lebenslängliche, sondern auch
erbliche Gewalt. Die Herrschaft ging aber nicht nach strengem Erb-
recht von einem auf den andern über, sondern das Königsgeschlecht
hatte nur den Anspruch, daß aus feiner Mitte der König genom-
men wurde. Das Recht, den Fürsten zu wählen, war nicht auf-
gehoben, aber an die Familie gebunden, mehr oder minder streng
auf diese beschränkt. Es finden sich, schon aus älterer Zeit, Zeug-
nisse, daß ein Köniz abgesetzt werden konnte, wegen Untüchtigkeit,
weil er den Göttern verhaßt zu sein schien; doch sind das sehr seltene
Ausnahmen. Der König ist Herrscher, und alles was bei anderen
Stämmen dem Fürsten zusteht, das gehört zum Recht und zur Ge-
walt des Königs. Der König ist der Anführer im Krieg, und es
kann sein, daß die Kriegsführung bei einigen Völkern den Anlaß
gegeben hat, das Königthum zur Anerkennung zu bringen; aber
die Herrschaft des Königs im Frieden ist von nicht geringerer Be-
deutung. Der König beruft und leitet die Versammlung, empfängt
die Geschenke, die man ihm darbringt, er hat den Vorsitz im Ge-
richt, vielleicht die Macht zu richten und zu entscheiden. Das letzte
freilich nur in beschränkter Weise. Nicht eine ungebundene, abso-
lute Gewalt steht dem König zu. Doch vermochte eine kräftige
Persönlichkeit viel auch ohne strenge Berechtigung.
Auch dem Könige gereichte es zur Ehre, daß er mit zahlrei-
chem Gefolge umgeben war. An die Stelle der Fürsten waren Kö-
nige getreten, und diese waren es nun auch, die allein oder doch
vorzugsweise ein Gefolge hielten. Edle und Freie dienten in dem
Gefolge. Wer unter den Franken in ein solches Verhältniß zum
Könige trat, genoß ein dreimal höheres Wehrgeld, als ein anderer
Freier; auch bei den Longobarden waren die Gasindi des Kö-
nigs, wie hier die Gefährten des Königs heißen, durch größeres
Wehrgeld ausgezeichnet. Am weitesten, am künstlichsten ist dies bei
den Angelsachsen ausgebildet worden, denn hier bestimmte das Ver-
hältniß zum König, die Art des Dienstes, nicht allein das Wehr-
geld, sondern auch die sonstige Bedeutung, den Rang des Einzel-
nen in mannigfacher und gliederreicher Abstufung. Es bildete sich
aus diesen Verhältnissen eine Verschiedenheit des Standes, ein neuer
Adel. Es war das ein reiner Dienstadel, dessen Bedeutung in der
Ehre lag, die ihm der Dienst gewährte. Dieser Dienstadel ist aber
ganz und gar verschieden von dem alten Adel; er hat nichts als die
höhere Ehre, die er genoß, mit ihm gemein. In den Dienst des
Königs trat nicht nur der alte Adel, sondern auch Freie; sogar
4
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
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Ausländer waren, gewiß mehr darauf bedacht waren, die römi-
sche Bildung in das Frankenreich zu verpflanzen, als die natio-
nale, die deutsche Bildung zu heben. Auch war die nach dem Fran-
kenreich verpflanzte römische Bildung nur den Großen und Vor-
nehmen zugänglich. Aber diese fremde Bildung trug zur schnelleren
und schöneren Entwickelung der einheimischen und nationalen
Bildung wesentlich bei. Und auch diese suchte Karl zu heben.
Er versuchte nämlich nach den Versicherungen seines Biographen
Eginhard eine deutsche Sprachlehre zu schreiben, ließ die alten Hel-
denlieder sammeln und bestimmte die deutschen Wind- und Mo-
natsnamen.
Der Unterricht ging mit der religiösen Erziehung Hand in
Hand und war ganz unter die Pflege der Kirche gestellt.
Karl gab nur gebildeten Männern die besseren Pfründen und
befahl aus das strengste bei allen Kathedralen (Pfarrkirchen eines
Bischofs) und Klöstern Schulen einzurichten, in welchen Lesen,
Schreiben und das Christenthum gelehrt und in welche ihre Kinder
zu schicken die Laien angehalten werden sollten. In den höheren
Schulen sollten auch die Wissenschaften z. B. die Arzneiknnde ge-
lehrt werden. Unter diesen Schulen zeichneten sich besonders die zu
Fulda, Mainz, St. Gallen, Reichenau, Weißenburg,
Paris und Soissons ans. Eine eigene Schule richtete Karl am
Hofe ein, in welche alle seine Diener, die hohen wie die niederen,
ihre Söhne schicken mußten. Er selbst wohnte zuweilen dem Un-
terrichte bei. Als er einst sah, daß die ärmeren Schüler viel mehr
Talent und Fleiß zeigten, als die vornehmeren, schalt er die letzte-
ren tüchtig aus. Für die Geistlichen, welche selbst keine Predigt
ausarbeiten konnten, ließ Karl durch Paul Warnefried eine Samm-
lung von Vorträgen älterer Kirch enlehrer veranstalten und
machte diese zum Gebrauch in den Kirchen mit einer Vorrede be-
kannt, in welcher er die Geistlichen zum eifrigen Studium der hei-
ligen Schrift ermahnte. Ferner forderte er die Mönche zum Bü-
cherabschreiben ans und sammelte sich selbst eine Bibliothek. Auch
der Verbesserung des Kirchengesangs widmete Karl seine
Aufmerksamkeit. Papst Hadrian sandte ihm ans Rom zwei seiner
besten Sänger. Karl wies dem einen zu Metz, dem anderen zu
Soissons seinen Wohnsitz an, und von ihnen mußte sich jeder, der
an einer Schule den Gesang lehren oder an einer Kirche Vorsänger
werden wollte, in der römischen Gesangweise unterrichten lassen.
Auch den Unterricht im Orgelspiel ordnete Karl an. Aber die Fran-
ken stellten sich eben so ungeschickt zum Singen als zum Orgelspie-
len an. Die Italiener verglichen ihren Gesang mit dem Geheul
wilder Thiere und dem Gerumpel eines Lastwagens auf einem Knüp-
peldamm.
Karl, der selbst ein Muster vou Mäßigkeit und Ordnung war,
suchte durch Gesetze^der Trunkenheit und anderen Lastern entgegen-
zuwirken, er ergriff Maßregeln gegen Räubereien und sorgte für
das Armenwesen. In seinen Verordnungen erinnerte er die entar-
teten Mönche an ihre alte Zucht und wies die Geistlichkeit in ge-
wisse Schranken zurück.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Eginhard Karl Karl Karl Karl_durch_Paul_Warnefried Karl Kirch Karl Karl Hadrian Karl Karl Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Fulda Mainz Reichenau Weißenburg Paris Rom
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Kriege mit Ludwig Xi», wie er erwartet hatte, und ließ sich von
Ludwig durch eine bedeutende Summe zur Rückkehr nach England
bewegen. Als Karl der Kühne im Kampfe gegen den Herzog von
Lothringen bei Nancy 1477 gefallen war, zog Ludwig Xi. nicht
nur das Herzogthum Burgund als ein eröffnetes französisches Lehn
ein, sondern bemächtigte sich auch der Grafschaft Burgund, die ein
Lehn des deutschen Reichs war.
Ludwig Xi. suchte nicht in den Waffen seinen Ruhm, sondern
in Unterhandlungen. Durch Intriguen und Ränke, durch Hinter-
list und Treulosigkeit gelangte er langsam, aber sicher zu seinem
Ziel. Er hinterließ seinem Nachfolger eine weit unbeschränktere
Macht, als er selbst von seinem Vater erhalten hatte. Das Reich
war vergrößert und beruhigt; alle Staatskräfte waren geregelt und
in der Hand des Herrschers vereinigt. Die Macht der großen Va-
sallen war vernichtet und deren Besitzungen zum größten Theil vom
König eingezogen, die Kraft der Ritterschaft war gebrochen, der
Einfluß der Bürgerschaft beseitigt. Die Reichsstände wurden nicht
mehr berufen, weil der König die Steuern ohne Bewilligung ein-
fordern ließ. Die von Karl Vii. eingeführten Freischützen schaffte
Ludwig ab und nahm sechs bis achttausend Schweizer in Sold, die
sich zu allem gebrauchen ließen. Als Staatsmann bewies Ludwig
Einsicht und Thätigkeit; er übersah und ordnete alles, seine Beam-
ten waren nur Werkzeuge in seiner Hand; er trug auch Sorge für
Kunstfleiß und Gewerbe. Er nahm seine Räthe und Diener und
Gesellschafter aus den niederen Ständen und richtete in seinem Lande
und an fremden Höfen mit ungeheurem Aufwand ein sehr ausge-
bildetes Spionirsystem ein. Mit den zunehmenden Jahren vermehr-
ten sich sein Mißtrauen und sein Argwohn; in jeder Miene glaubte
er Lust zur Empörung oder Freude über seinen nahen Tod zu lesen.
Auf den geringsten Verdacht hin setzte er seine Diener ab und
sperrte sie in eiserne Käfige, die nur acht Fuß ins Gevierte hatten
und an Ketten in der Luft schwebten. Ueberall Verrath fürchtend,
zog er sich auf das mit furchtbaren Mauern, Eisengittern und Ge-
schütz verwahrte Schloß Plessis les Tours zurück. Vierhundert
Bogenschützen besetzten die Zugänge und schossen des Nachts auf
jeden, der sich näherte. Fast täglich wechselte Ludwig seine Bedie-
nung und nahm zuletzt nur einfältige Personen in das Schloß.
Seine Räthe ließ er nur selten vor sich und legte dann die präch-
tigsten Kleider an, um seine verfallene Gestalt zu verbergen. Damit
die Welt glaube, er genieße die beste Gesundheit, ließ er mit groß-
ßen Kosten die besten Jagdhunde, Pferde und Maulthiere kaufen,
Löwen aus Afrika, Nennthiere aus Norwegen kommen, ohne sie
dann nur zu sehen. Er that Böses, nur damit man im Reiche
wisse, daß er noch lebe. Der einzige Mann, der sich dem von To-
desfurcht gequälten Tyrannen unentbehrlich zu machen wußte, war
sein Arzt Jakob Cottier. Dieser überredete ihn, wenn er ihn weg-
schicke, werde er nicht mehr acht Tage leben. Die Gebräuche der
Kirche beobachtete Ludwig sorgfältig, aber wahre Religiosität war
ihm fremd. Seinen einzigen, von der Natur kärglich bedachten
Sohn ließ er ganz unwissend aufwachsen. Seit Jahren hatte er
ihn nicht gesehen, als er ihn im Vorgefühl des Todes vor sich ließ,
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xi» Ludwig Ludwig Ludwig Karl_der_Kühne Karl Nancy Ludwig_Xi Ludwig Ludwig_Xi Ludwig Karl_Vii Karl Ludwig Ludwig Ludwig
Einsicht Ludwig Ludwig Ludwig Jakob_Cottier Ludwig Ludwig
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In Beziehung auf die Rechtspflege erließ der Statthalter bei
seiner Ankunft ein Edict, in welchem er mit Berücksichtigung des
Edictes des städtischen Prätors in Rom die Grundsätze seiner Ver-
waltung entwickelte. Während des Winters reiste er in der Pro-
vinz umher und hielt an den von ihm bestimmten Orten Landtage,
um Recht zu sprechen und die Streitigkeiten zu schlichten. Auf die-
sen Conventen fanden sich auch die in der Provinz stch aufhaltenden
Römer ein und bildeten einen eigenen Convent. Ueber seine Ver-
waltung mußte der Prätor nach seiner Rückkehr aus seinen und
seines Quästors Büchern Rechnung ablegen.
Als kein Volk mehr übrig war, welches den siegreichen Waffen
der Römer einen dauernden und kräftigen Widerstand entgegensetzen
konnte, ging mit dem ganzem Leben der Römer eine große Ver-
änderung vor, welche den römischen Staat mit reißender Schnellig-
keit seinem Untergange entgegenführte. Mit den Schätzen der er-
oberten Länder zogen auch Luxus und Schwelgerei, Sittenlosigkeit
und Habsucht und alle Laster triumphirend in Rom ein. Der zur
Erlangung der höheren Staatsstellen nöthig gewordene Aufwand
und das Zusammenhalten der Nobilität, welche hartnäckig das Em-
porkommen noch nicht berühmter Familien zu verhindern suchte,
hatten die höchsten Staatsämter in die Hände einer kleinen Zahl
von Familien gebracht. , Während diese durch Verwaltung der Ma-
gistraturen und namentlich in den Provinzen und durch die in denselben
schamlos verübten Erpressungen ungeheure Reichthümer aufhäuften
und alle Vortheile des Staates wie ihr ererbtes Eigenthum be-
trachteten, versank der größere Theil des Volkes durch die immer-
währenden Kriegsdienste, Theuerung und Wucher in immer drücken-
dere Armuth. Ein wohlhabender Mittelstand, die Stütze des Staa-
tes, fehlte gänzlich, und immer greller trat der Gegensatz zwischen
einer kleinen Zahl unermeßlich reicher und dem fast bis zu Bettlern
verarmten großen Haufen hervor. Der Kampf dieser beiden Par-
teien war um so hartnäckiger und um so erbitterter, je mehr die
alten Tugenden und die guten Sitten verschwanden, welche einst
den Kampf der Patricier und Plebejer in einer steten edlen Mäßi-
gung erhalten hatten.
Ein Hauptgegenstand der Klagen der ärmeren Bürger und des
beginnenden Streites zwischen beiden Parteien waren die Verhält-
nisse der Ländereien. Durch die Unterwerfung von Italien war das
römische Staatsland bedeutend vermehrt, dasselbe aber fast allein
von den Reichen in großen Strecken in Besitz genommen und nur
sehr selten zu kärglichen Ackeranweisungen an ärmere Bürger be-
nutzt worden. Bei ihren Besitzungen auf dem Staatslande über-
schritten die Reichen das durch Licinius Gesetz (S. 539) bestimmte
Maß von fünfhundert Jugera und entzogen sich überdies der Ent-
richtung des Zehnten, ja sie vereinigten nicht selten durch Kauf oder
List und Gewalt mit ihren Besitzungen die benachbarten Felder der
Armen. Die ärmeren Bürger hingegen wurden durch die beständi-
gen Kriege von der Bebauung ihrer kleinen Hufe abgehalten, sahen
sich genöthigt Schulden zu machen oder wohl gar ihren Acker zu
verkaufen. Da nun nach der Ansicht der Römer Handel und ein
Tidcrilis
Gracchus.
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