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1. Lehrbuch der allgemeinen Erdkunde - S. 286

1836 - Leipzig : Schumann
286 Allgemeine Erdkunde. Namen. In Deutschland heißen sie in mehren Staaten, z. B. Preußen, Barern, Oesterreich, Landwehr, in anderen Bürger- garden, z. B. Kurhessen, Sachsen, Braunschweig; in noch ande- ren Landern, z. B. den Bereinigten Staaten von Nord-Amerika, Miliz, in Spanien Urbanos oder Nationalmiliz, in Nord- niederland Schuttery, m Frankreich Nationalgarde, in Eng- land Peomanry. Bei den barbarischen Völkern ist jeder erwach- sene Mann Krieger und verpflichtet, in's Feld zu rücken. Ist ein barbarisches Volk zugleich ein Nomadenstamm, so hat es nur Rei- terei. Mehre halbcivilisirte Staaten, wie die Türkei, Persien, Ae- gypten, halten seit mehren Jahren einen großen Theil ihrer Armeen ganz auf europäischem Fuße, und haben eine bedeutende Anzahl von französischen, englischen und deutschen Offizieren und Ingenieu- ren in ihrem Dienste. — Ein Platz, der in einem solchen Zustande ist, daß er mit Erfolg der Belagerung eines feindlichen Heeres län- gere Zeit Widerstand zu leisten vermag, heißt eine Festung. Die denselben vertheidigende Truppenmacht nennt man Besatzung. §. 1174. Die Kriegsmarine eines Staates besteht aus einer Anzahl von Kriegsschiffen, welche die Flotte bilden. Die auf einem Schiffe befindliche, aus Marinesoldaten und Matrosen bestehende Mannschaft heißt dessen Equipage. Die Kriegsschiffe sind entweder Linienschiffe, die in Seeschlachten in Linie auf- gestellt werden, oder Fregatten, Corvetten, Briggs, Gve- dette n, Kutters oder Galeeren, welche Ruder und «Leget zu- gleich haben, oder Bombardierschaluppen, Brander rc. Der Rang eines Schiffes richtet sich nach der Anzahl von Kanonen, welche es führt. Die Linienschiffe führen von 50 oder 60 bis 100, 120 ja bis zu 140 Kanonen; die Fregatten bis zu 64. Eine aus weniger als 15 Fahrzeugen bestehende Flotte nennt man Flottille oder Geschwader. Befestigte Plätze mit Häfen, in welchen Kriegs- schiffe einlaufen und stationirt sind, nennt man Kriegs Häfen. §. 1175. Ein gebirgiges Land bietet dem Feinde, der es angreifen will, immer große Schwierigkeiten dar; die zu demselben führenden Pässe und Schluchten sind schwer zu passiren, jeder Berg ist gleichsam eine Festung, jedes Thal ein Zufluchtsort, wie wir ge- genwärtig in den baskifchen Provinzen sehen, und wie es mehrmals in Tyrol, der Schweiz und Norwegen der Fall war. Gebirgsläw- der, in denen die Civilisation auf einer niedrigen Stufe steht, be- herbergen insgemein zahlreiche Räuberbanden, weil diese sich leicht verbergen und in steilen, unzugänglichen Gegenden Schutzs suchen können; wie in einigen Theilen Italiens, in den türkischen Ländern, Persien, rc. — Gebirgsvölker und solche, die auf Hochebenen wohnen, sind fast immer kräftiger und energischer als die im flachen Lande lebenden. Daher sind diese letzteren so häufig eine Beute der erste- ren geworden; das große China z. B. ist von einer Handvoll Mon- golen unterworfen worden. §. 1176. Gegenden, welche dünn bevölkert sind, werden leicht erobert, sind aber in der Regel sehr schwer zu behaupten, weil der eindringende Feind seine Kräfte nach vielen Seiten hin verthei- len muß, oft Mangel an Mundvorräthen leidet, und daher leicht

2. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 195

1846 - Aachen : Benrath
195 Wimpel und der Verglücker träge hängen, die Segel rühren sich nicht mehr;, vergebens sieht sich der Schiffer nach allen Seiten um, vergebens niacht er einen Finger naß und hält ihn in die Höhe, um zu erfahren, ob nicht von irgend einer Seite derselbe kälter werde, als aus der andern, — ein Zeichen, daß dort die Verdunstung des Wassers stärker ist, daß von dorther also ein Lüftchen sich regt, — Alles bleibt sich gleich, keine Spur ist wahrzunehmen von auch nur dem leisesten Hauche. Das Schiff ist wohl versorgt mit Allem, was es für eine lange Fahrt braucht, — noch hat ein Aufenthalt von etlichen Tagen nichts zu bedeuten, aber aus den wenigen Tagen werden einige Wochen und noch immer steht das Schiff wie angemanert, und aus dem schwülen stagnirenden Meerwasser erheben sich faulige Dünste, welche die Atmosphäre verpesten; das Wasser scheint seine Flüssigkeit zu verlieren und zu einer zähen, gallertartigen Masse geworden zu sein, man sieht keine Fische, nur der kleine Pilot bringt den schrecklichen Hay herbei, der, auf baldigen Fraß hof- fend, den Seefahrern ein Omen der übelsten Art ist. Mit Schrecken sieht der Seemann den kleinen Fisch nahen, der immer vor dem Hayfisch herschwimmt und ihn zu leiten, ihm Nachricht zu brin- gen scheint, der furchtlos das gefräßigste Ungeheuer von allen Seiten umschwärmt und nie von demselben angegriffen wird; mit Entsetzen sieht der Matrose das gräuliche Thier schwerfällig in einiger Entfernung zurückbleiben, während der kleine flinke Pilot das Schiff umschwärmt, von allen Seiten umgaukelt, ob sich nicht irgend ein guter Fang für seinen Nachfolger zeigt, und sich be- sonders um die Löcher unter der Küche aufhält, wo hinaus aller Abfall von den zu bereitenden Speisen geschüttet wird, und wohin er auch seinen Begleiter abholt, nachdem er ihm, wie es scheint, förmlich Rapport über den Zustand des Schiffes abgestattet hat; mit Grauen sieht der auf dem Fahrzeuge festgehaltene Passagier die Zahl der Hapfische sich mehren und fürchtet mit dem aber- gläubigen Matrosen bald ihr Raub zu werden; doch sie, die ein- zigen lebenden Wesen, welche noch das verlorne Schiff umspielten, sie selbst wenden sich hinweg, und fast traurig sieht man die furchtbaren Thiere scheiden, sich nun doppelt verlassen fühlend, da selbst diese, der tropischen Glut und des Meeres, als ihres Elements, gewohnten Räuber es nicht in der vergifteten, in

3. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 196

1846 - Aachen : Benrath
196 Gährung übergegangenen Masse aushalten können. Nun treten Faulfieber ein; zuerst werden nur wenige, dann, mit zunehmender Verderbniß der Lnft immer mehrere davon befallen ; ein unerträg- licher Geruch verbreitet sich im Schiffe, man flieht auf das Ver- deck, die Ausdünstung der See ist noch ärger, denn auch sie ist in Verwesung übergegangen, man flieht wieder in die Kajüte, nur um sie abermals wieder zu verlassen. Jetzt werden die Schrecken der Lage immer gehäufter — das Wasser in den Fässern ist verdorben, fingerdicke, fußlange Wür- mer haben sich darin erzeugt und leben und mästen sich von den zuerst sich bildenden Jnfusionsthicrchen, und von den immer grö- ßern, stufenweise ausgebildeter sich zeigenden Maden; das Durch- seihen hilft nichts, die kleinen Würmer gehen durch das Filtrir- zeug, Kochen Hilst nicht, denn man erhält alsdann eine ekelhafte Gallerte statt des Wassers, eine wahre Würmcr-Bouillon. Das Fleisch ist in Fäulniß übergegangen, das Brod mit Schimmel überzogen, von zahllosen Insekten, von Käfern, Ohrwürmern durchlöchert, welche bei jedem Schnitt, den man hinein thut, haufenweise heransstürzen. Der Ekel verhindert das Essen, der Ekel das Trinken; an einer Erqnicknng ist ohnedies nicht zu den- ken — etwas Wein und Essig, die einzigen Substanzen, welche noch genießbar geblieben, verwahrt der Arzt und der Kapi- tal mit weiser Vorsicht für die Kranken — ach bald nicht mehr krank, denn ist es einmal so weit gediehen, daß die Faulficber ausgcbrochen sind, so machen wenig Tage den Leiden des davon Befallenen ein Ende — zehn Mann, zwanzig Mann sterben da- hin — der Tod decimirt nicht, er halbirt die Mannschaft — kalt und gefühllos sehen die noch Uebrigen ihre Genossen in das Meer versenken, auf dessen Boden die Hayfische, welche ab- und zu- komnien und gehen, sie nicht gelangen lassen — noch mehr Opfer fordert der Tod, die noch übrige Hälfte wird wieder halbirt — jetzt faßt Verzweiflung auch den Herzhaftesten — wer wird der Unglückliche sein, der zuletzt aushält, der diese gräßliche Noth am längsten überdauert? so fragt man sich schaudernd und Jeder be- neidet die vorangegangenen Brüder um ihr Loos, was glücklich war im Vergleich mit dem der Zurückbleibenden. Sind diese gar rohe Gemüther (Matrosen oder Schiffssolda- ten), so führt ihre Lage sie zu den schauderhaftesten Gräueln.

4. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 200

1846 - Aachen : Benrath
200 Hoffnung, (te wieder in's Leben zu bringen. Jammernde Haus- haltungen durchzogen die Schutthaufen, die noch am Morgen eine frohe belebte Stadt waren, um einen Bruder, einen Freund zu suchen, dessen Schicksal noch unbekannt war. Hier und dort hörte man dumpfe Stimmen aus deni Schutte heraus uni Hülfe rufen. Ueber zwei tausend Verwundete wurden hervorgezogen. Dabei fehlte es an Werkzeugen zur Hinwegräumung des Schuttes; man mußte sich der bloßen Hände bedienen. Die Verwundeten und Kranken wurden an das Gestade des kleinen Guyaraflusses gela- gert: die schattigen Bännie waren ihr einziges Obdach; Betten, Leinwand zuni Verband der Wunden, Arzneien, alle Gegenstände der ersten Bedürfnisse waren vergraben; in der Stadt war kaum reines Wasser zu finden. Die Bestattung der Todten war sowohl durch die Religion, als durch die Sorge der Gesundheit geboten. Da es aber unniöglich war, sie einzeln zu beerdigen, so wurden Kvmmissarien verord- net, welche für die Verbrennung sorgen mußte». Dieses traurige Geschäft dauerte viele Tage. Dabei sanimelteu sieh mehrere Han- sen von Menschen und stellten feierliche Prozessionen an, bei wel- che» sie Todtenlieder saugen. Andere von Geistesverwirrung befal- len, beichteten laut auf der Straße. Rückerstattungen wurden von Leuten verheißen, die niemand eines Diebstahles beschuldigt hatte. Familien, die lange in Feindseligkeit mit einander gelebt, ver- söhnten sich in dem Gefühle genieinsanien Unglückes. 8. Plinius (des Jüngern) Briefe an Tncitns. „Mein Oheim," so schreibt Plinius, *) „befand sich zu Mi- senum (in gerader Linie 3 Meilen von Pompeji entfernt), wo er *) Plinius der Aeltere (geb. 23 n. Chr.) war einer der größten Gelehrten Roms und Befehlshaber der römischen Flotte. Cr ward bei dem furchtbaren Ausbruch des Vesuv vom Jahre 79, durch welchen auch die schon genannten Städte Hereu- lauum und Pompeji überschüttet wurden, ein Opfer seiner Wißbegier. Plinius, der Jüngere, des erster» Schwester- sohn (geb. 62 n. Chr.), schwang sich durch seinen unermüd- lichen Fleiß bis zu der Würde eines römischen Konsuls.

5. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 203

1846 - Aachen : Benrath
203 dichter, als jemals eine war, und man suchte-sie durch Fackeln „nd andere Erleuchtung zu erhelle». Mau fand für gut, an den Strand zu gehen, um zu sehen, ob das Meer die Fahrt gestatte, welches jedoch noch aufgeregt und entgegen war. Hier, auf einem Teppich gestreckt, forderte mein Oheim mehrmals kaltes Wasser und trank. Hierauf vertrieben Flammen und der ihnen vorange- hende Schwefelqualm die Andern; ihn nöthigten sie, aufzustehen. Auf zwei Knaben gestützt, erhebt er sich, sinkt aber sogleich todt nieder, da ihm, wie ich vermuthe, in dein dichten Dunst der Athem beklommen ward, und sich ihm die Brust, die von Natur schwach, beengt und öfter stöhnend war, schloß. Als es wiederum Tag ward — es war nach dem, den er zuletzt gesehen hatte, der dritte — fand man ihn unversehrt und unbeschädigt, vollständig angekleidet, deni Ansehen nach mehr einem Schlnmniernden, als einem Entschlafenen ähnlich." Plinius, der Neffe und Erzähler dieses Ereignisses, war, wie gesagt, in Misennnl zurückgeblieben. Die Ereignisse, welche er hier bei der Eruption des Vesuvs erlebte, schildert er in dem zweiten Briese an Tacitus. ,,Nach der Abreise des Oheims," sagte er, „verwendete ich die übrige Zeit auf literarische Beschäf- tigungen. Viele Tage war eine Erderschütternng vorausgegangen, von weitem furchtbar, weil nicht allein die Castelle, sondern sämmtliche Städte Campaniens nicht bloß erschüttert, sondern von Grund aus umgestürzt zu werden schienen. Meine Mutter stürzte in mein Schlafzimmer, ich war mit ihr zugleich aufgestan- den, um sie zu wecken, im Falle sie noch schlafen würde. Wir setzten uns in den Hofraum des Hauses, welcher durch geringen Zwischenraum das Meer von der Wohnung trennte. — Schon war die erste Stunde nach Sonnenaufgang vorüber, und doch schien der Tag noch zweifelhaft und gleichsam matt; die Furcht aber vor Einsturz der Gebäude war in dem engen, obschon offe- nen Raume, da Alles schon wankte, groß und unvermeidlich. Endlich fanden wir es für gut, die Stadt zu verlassen. Das er- schrockene Volk folgte nach, und es zog, was bei der Furchtsam- keit als Klugheit galt, fremden Rath dem eigenen vor und drängte und trieb die Hinausziehenden in ungeheueren Haufen. Draußen errichteten wir Bedachungen; viel Wunderbares erlebten wir uiid erlitten große Angst. Die Wagen, welche wir hatten hinausbrin-

6. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 209

1846 - Aachen : Benrath
209 Massen außerhalb des Wassers hervorrage, so berechnet Förster, daß der ganze Inhalt eines solchen schwimmenden Eisgebirges zusammen gegen 700 Millionen Kubikfuß enthalten habe. „Diese ungeheuren Eismassen," fährt dieser Weltuniseglcr fort, „machen einen unbeschreiblichen Eindruck auf den Seefahrer. Das Große dieses Anblicks übertrifft alle Erwartung. Wir zählten vom Mast- korbe 186 große Eisniassen. Zwischen den uuabsehlichen Flächen festen Eises standen ungeheuere Eisinseln. > Diese zeigten sich bald wie Gebirge, bald wie Thürme, Kirchen oder andere große Ge- bäude, ja wie ganze Städte." Oftmals erreichen solche treibenden Eisniassen den Grund und bilden dauernde Eisfelscn im Meere. So stehen in Diskbay, im westlichen Grönlande, zwei davon unter den Benennungen der Städte Harleni und Amsterdam, und trotzen seit vielen Jahre» der dort nicht untergehenden Sommersonne. Werden aber diese Eisfelsen durch Strömung oder Sturm zer- stückelt, dann zeigen sie gigantische furchtbare Scenen. Zwei sol- cher Eismassen zertrümmern, gegen einander getrieben, Alles, was sich zwischen ihnen findet. Mit unbeschreiblichem Krachen treiben die Eisgebirge, vom Westwinde und den Strömen gejagt, oftmals gegeneinander. Die großen Balken des vielartigen Treib- holzes , welche sich dann gerade dazwischen befinden, werden zer- malmt und gerathen hiebei in Brand. Alsdann sieht man ein neues bewundernswerthes Schauspiel. Flammen und Rauch stei- gen aus diesen Eisgefilde» empor, das Meer gebiert gleichsam Vulkane: daher vormals die Sage vom Brennen des Eises. Wallfische werden zerschniettcrt; bedeutende Felsenstücke der Küsten, ja kleine Inseln finden sich durch den ungeheuern Kanipf dieser Eis- berge gegen einander mit fortgerissen. Solche Eisniassen setzen sich oftmals an Islands Küsten fest, und der Name Island (Eis- land) ist dieser Insel dadurch zuerst zugetheilt worden. Stets brin- gen sie aber Kälte, Hunger und Elend. . Auch das Treibholz ist ein sehr merkwürdiges, den Polarlän- dern höchst wohlthätiges Phänomen. Es besteht aus echten Tan- nen, Rothtannen, großen Birken, aber auch a»S Holzarten, die dem Fernambuk, den, Brasilienholze und andern Hölzern der neuen Welt ähnlich sind. Durch die Gewalt der großen Flüsse von Amerika und Asien, durch Nesierschemmungen und Orkane l4

7. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 218

1846 - Aachen : Benrath
218 die nomadischen Tatar», sagt er, verlassen sie heerweise plötzlich ihre Heimath. Ganz Kauitschatka ist von ihnen auf einmal ge- räumt; ihm zufolge, aus einem Vorgefühl sehr nasser Jahre oder großer Ucberschwemmungen. Pallas hingegen ninunt hierzu die Ahnung eines dort so häufigen vulkanischen Ausbruchs oder Erd- bebens au. Indeß scheint oft wohl nur ihre übermäßige Volkszahl und der daher entstehende Nahrungsmangel die wahre Ursache; denn die um die Ortschaften lebeudeii Mäuse, welche sich leichter zu ernähren Gelegenheit finden, verlassen das Land nicht. Jii großen Haufen versammeln sie sich schon im Frühjahre und wandern daun in ungeheuren Heeren fort. Der Zug übersteigt jeden Berg, stürzt sich in jeden Fluß und See, und läßt Tausende der schlechten Schwinimer oder Schwächer» als Wahrzeiche,i der groß- ßen Wanderung todt an den jenseitigen Ufern zurück. Viele werden auch das Opfer der gefräßigen Lächse und der Wasservogel. Hat der große Zug die Wassersahrt bestanden, so ruhen die Thiere sich aus, sonnen und trocknen sich. Sobald der Penschinökische Meer- busen erreicht ist, umgehen sie diesen, und ziehen stets nach Süden fort, so, daß sie noch im Julius im Ochotzkischen Gebiet au dcnl Jndomau- uild Ochota-Flusse anlangen. Welch ein unermeßlicher Weg für ein kleines Thier, das noch kein Loth wiegt! Selbst nur von jenem Meerbusen an gerechnet, weit über 150 deutsche Meileut Wer war ihr Wegweiser, wer ihr Führer, wer ihr Erhalter auf dieser gefahrvollen erstaunlichen Reise? denn ihre Menge ist so ungeheuer, daß das Heer oft 2 Stunden Weges einnimmt. Im Ansauge des Oktobers kehren diese Wanderer zu ihrer Hei- math; während eines einzigen Sommers haben sie mithin jenen großen Weg zweimal vollendet. Die Kamtschadalen feiern ihre Rückkunft mit Frohlocke». Sie sehen sie nämlich als ein günstiges Zeichen an, daß das Jahr für sie einträglich an jagdbaren Thieren sein werde. Denn Füchse, Zobel und Wiesel folgen in zahlreichen Horden diesen Mänsehceren, als ihrer Beute. Daher ist denn der Kamtschadale gegen jene Thiercheu dankbar. Wo er ihrer gewahr wird, längs den Seen und Flüssen, an deren Ufern sie vor Er- mattung oft wie todt liegen, hegt, pflegt, trocknet er sie, und bemühet sich, sie wieder lebendig zu niacheu. Wer kennt nicht die dem Menschen so segensreichen Heerzüge der Harrnge und der Lachse? Jene bewohnen vorzüglich die

8. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 222

1846 - Aachen : Benrath
222 aus, hierauf folgen die Weibchen und zwar so gedrängt neben einander, daß sie den Boden völlig bedecken. Das Rasseln dieser gepanzerten Armee ist besonders zu Nacht, da sie am liebsten marschieren, sehr laut und hindert den Schlaf. Am Tage, vor- züglich bei Sonnenschein, machen sie Halt, bis die Kühlung des Abends eintritt. Bewunderungswürdig ist aber hierbei ihr geome- trisches Talent, genau den geraden, kürzesten Weg zum Meere zu wählen. Nichts lenkt sie von ihrer Richtung ab. und jedes Hinder- niß wird auf das sonderbarste von ihnen überwältigt. Treffen sie auf ein Gebäude, auf eine Kirche oder ein Haus, so suchen sie diese zu erklimmen, und setzen sodann genau in der vorigen Rich- tung ihren Weg zum Meere fort. Man hat gesehen, wie sie Nachts in die Fenster gestiegen, die Schlafenden in den Betten überrascht und erschreckt haben, und ans der andern Seite wieder hinausge- stiegen um ihre Marschroute zu verfolgen. Stellet sich ihnen ein Mensch entgegen, dann heben sie ihre Scheeren drohend in die Höhe, schlagen sie mit vielem Geräusch an einander und kneipen sehr schmerzhaft. Nur wenn sie heftig geschreckt werden, oder beim Streite den Kürzern zieh», weichen sie, wie in die Flucht ge- schlagen, zurück, und retten sich auf die eiligste und unordentlichste Weise in's Land. Auf ihrem Marsche richten sie in den Garten vielen Schaden an, sowohl durch das Abfressen und Abkueipen der Gewächse, als durch das dabei zerdrückte Kraut. Endlich gelangen sie nach ihrem gefahrvollen Zuge und nach dem Verluste vieler Mannschaft zum Meere, und nun bereiten sie sich znm Fortpflanzungsgeschäfte. Die Weibchen gehen nämlich dicht an das Ufer, oder vielmehr sie treten an dessen äußerste See- kante, denn sie scheuen übrigens das Meerwasser. Hier lassen sie die Wellen zu mehreren Malen über sie hingehen. Wahrscheinlich wird hierdurch das Reifen der Eier nur befördert; denn einigen mir indessen nicht sehr wahrscheinlichen Nachrichten zufolge wer- den die Eier nicht, wie bei den Krebsen, unter dem Schwänze ausgebrütet, und die Weibchen gehen daher nachher nochmals zur Seeküste und werfen die Eierbüschel, oft von der Größe eines Hühnereies, in das Meer. Hier werden! sie im Sande des Mee- res und durch die Sonne ausgebrütet. Es muß mithin gerade der umgekehrte Fall von dem, was bei dem Lachse erzählt worden ist, Statt haben. Hier muß nämlich das, wodurch sich das Meer-

9. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 223

1846 - Aachen : Benrath
223 Wasser von dem süßen unterscheidet, zur Entwickelung der Eier nothwendig fein; widrigenfalls könnten die Krabben nur in den Flüssen laichen, ohne die mühsame Reise zu unternehmen. Ob nun gleich gerade um diese Zeit, ebenfalls durch den In- stinkt getrieben, eine Menge Fische sich daselbst cinfinden, um an den Krebseiern ein reiches Mahl zu halten, so kommen dennoch bald darauf Millionen kleiner Krabben von der Größe eines klei- nen Pfennigs zum Vorschein. Diese verlassen indeß sogleich das Element, welches sie ausbrütete, und nehmen langsam ihren Zug vor iu's Binnenland. Die Diogeneskrabbe (auch Soldat und Diogenes genannt) macht ähnliche Züge zum Meere. Sie hat einen völlig nnbeschütztcn, unbeschalten, weichen, fast schneckenförmigen, gebogenen Hinter- leib ; nur der Vorderleib und die daran gewachsenen acht Beine sind krebsartig mit Schalen bedeckt. Dafür schuf Gott ihnen an dem letzten Absätze des weichen Körpers mehrere fleischige Häkchen, vielleicht Sänger, und theilte der Krabbe das Xofient' mit, sich Schneckenhäuser zu wählen, die geilan für ihre Größe und Form passen, sich darin gänzlich zu verbergen und vermittelst jener klei- nen Füße oder Häkchen so festen Besitz davon zu nehmen, sich darin so fest zu klammern, daß die größte Kraft nicht zureicht, sie wider ihren Willen herauszuziehen, sie davon zu trennen, son- dern vielniehr das Thier selbst in Stücke reißt. Sie leben ans dem Lande, jedoch nicht sehr weit vom Meere. Zur Laichzeit wan- dern sie dorthin, um ihre Brut den Wellen anzuvertrauen. Kaum ist das junge Thier dem Ei entschlüpft, so sucht es dort eine für seine Größe und Gestalt passende Seeschnecke ans. Gewöhnlich trifft dies Loos die Pyramiden- oder Schraubenschnecken. Sie greifen, Ulloas eigenen Erfahrungen zufolge, die Bewohner der Schneckenhäuser mörderisch an, tödten sie und bemeister» sich dieser Wohnung. Daher der kriegerische Name; die Spanier nennen sie Soldado, die Franzosen Soldat, und die Engländer Soldier-Crab. Wahrscheinlich dient ihnen der -Proprietär des Hauses zur Nah- rung, da die meisten Krebsarten fleischfressend sind. Sie senken den Hinterleib zuerst in die Schneckenhäuser, klammern sich mit den kleinen Füßen darin fest, und legen den beschälten Theil des Körpers beim ruhenden Zustande in eine solche Stellung, daß die große Klane gleichsam die Wohnung verschließt. Sie ist eine

10. Naturgemäßer Unterricht in der Erdkunde - S. 224

1846 - Aachen : Benrath
224 mächtige Schutzwehr; denn sie kneipen damit alles, was sich ihnen nähert, mit solcher Gewalt, daß Einige behaupten, man fühle es mehrere Tage auf das schmerzhafteste. Nach Andern soll es sogar wie der Stich des Skorpions wirken, und auch gleicher Gegen- mittel bedürfen; wahrscheinlich ist letzteres übertrieben. Der Soldat verläßt oftmals sein Hans willkührlich, um desto bequemer seiner Nahrung nachzugehen. Er weiß sodann seine Schneckenschale genau von allen übrigen, gleichfalls leeren, selbst von eben dieser Art wieder zu erkennen. Setzt man mehrere so herausgekrochener Krabben von eben dem Alter neben einander, so ninß man ihre Unterscheidnngskiaft bewundern. Trifft es sich aber, daß zwei eine und dieselbe Schale wählen, wenn man ihnen »ämlich die ihrige genommen hat, dann erhebt sich zwischen ihnen ein heftiger Streit; der heftigste Kneiper, der Sieger, bezieht sodann das mühsam errungene Hans. So wie diese Krabbe an Größe zunimmt, sieht sie sich ge- zwungen, ans eine geräumigere Wohnung zu denken. Sie verläßt die alte, greift eine größere Seeschnecke an, und bemächtigt sich ihrer Schale. Mit dieser verläßt sie sofort den Strand und zieht landeinwärts. Wandert sie dann in Zügen zum Absetzen der Brut zum Meere, so ereignet es sich zu Zeiten, daß ihre Richtung, gleich der der Landkrabben, sie über die Häuser der Strandbe- wohner hinwegführt. Die ans dem Marsche mit fortgeschleppten Schneckenhäuser setzen alsdann durch ihr sonderbares Gepolter ans den Dächern die Bewohner in Schrecken. Oftnials rächen sich diese, sammeln die Krabben in großer Menge ein, und finden daran eine eben so schniackhafte als nahrhafte Speise. Bekannter noch, aber auch weit gefürchteter sind die Züge eini- ger Heuschrecke,«arten. Die Wanderheuschrecke findet sich an vielen Orten Deutschlands einzeln, *) und vermehrt sich bei uns nur wenig; im Osten aber so ungeheuer, daß sie nebst einigen ähnlichen Arten zur schrecklichsten Landplage wird. Sie bilden dann unabsehbare Schwärme, welche schwarzen Gewitterwolken gleichen, wandern, fressen » wo sie hinkommen, ganze Landstrecken jo kahl, *) Ich fand sie zum erstenmale aus der sandigen, hügeligen Heide zwischen Herlen und Gangelt, wo sie mit zwei andern Arten gar nicht selten war.
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