Useguha, Nguru und Usagara. 11
werden. In der Mitte der Landschaft Usagara liegen die Pumba-
Berge, die durch Eisengruben interessant sind. Einen Bericht über
die Erzgewinnung gab Last in der Zeitschrift der London. Geogr.
Gesellschaft. -
„Es giebt hier herrliche Gegenden für Ansiedelungen; das nötige
Land würde vom Herrscher des betreffenden Platzes für ein geringes
Geschenk an Zeug leicht zu haben sein, oft auch umsonst, da diese
Häuptlinge immer froh sind, einen Weißen in ihrem Lande zu haben.
Das Klima ist sehr gesund, namentlich in den Bergdistrikten. In
Mamboia freute ich mich während der Monate April bis Ende Juli
wegen der Kälte stets, des Abends ein Feuer zu haben. Das Ther-
mometer zeigte während dieser Monate um 6 Uhr morgens durch-
schnittlich etwa 8° R., und pflegte mittags bis 15° oder 18° zu
steigen. In den wärmeren Monaten steigt es mitunter bis auf
32° auf der Veranda, und auch die Nächte sind dementsprechend
wärmer: aber es ist niemals so heiß, daß man eine Punkah (in Ost-
indien ein Schirm an der Zimmerdecke zur Erzeugung von Luftzug)
nötig hätte.
Die Eingeborenen sind sämtlich Ackerbauer und züchten nur hie
und da ein wenig Vieh. Jeder Häuptling hält womöglich eine
Herde von Ziegen und Schafen, jedoch mehr als Zeichen seines
Reichtums, als des Nahrungswertes halber. Im Charakter sind alle
Stämme sich gleich, sämtlich sehr feige. Die Bewohner von Ufeguha
treten großthuerisch und polternd auf, wenn sie sich einem schwäche-
ren Feinde gegenüber befinden; zu Zeiten der Gefahr halten sie
aber nicht besser Stand, als die ruhigeren Eingeborenen von Nguru
und Usagara. Die letzteren sind ein eminent friedliebendes Volk.
Ich habe nahezu acht Jahre unter ihnen gelebt und fand sie stets
sehr freundlich gegen mich gesinnt, und so würden sie sich gegen
jeden Fremden betragen, der ihnen friedfertig entgegentritt. — Es
heißt, daß die Deutschen daran denken, eine Eisenbahn von der
Küste nach dem Gebiet der großen Seen zu bauen, die Useguha und
Usagara durchziehen würde. Ist dem so, dann dürfen wir hoffen,
daß dies reiche und schöne Land bald aufgeschlossen wird, und daß
viele Ansiedler an seinen lieblichen Berghängen ihr Heim gründen
werden. Jeder ihnen gut Gesinnte kann eines freundlichen Empfanges
bei den friedliebenden Eingeborenen sicher sein, und wenn er in
seinem Verkehr mit ihnen ehrenhaft und artig ist, wird er sie stets
bereit finden, ihm zu helfen und ihn zu respektieren."
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Leben und Treiben in einem ostafrikanischen Dorfe. 43
Bauer zwischen sechs und sieben Uhr morgens seine Hütte, manch-
mal ohne etwas genossen zu haben, weil jetzt Nahrungsmittel seltener
werden; er speist erst, wenn er bis Mittag gearbeitet hat und dann
wieder heimkommt. Nachmittags arbeitet er wieder ein wenig, und
dabei müssen ihm die Weiber Helsen. Abends gehen alle unter Ge-
sang ins Dorf zurück.
Zur Zeit des Mondscheins ergeht es dem Afrikaner wie dem
Schakal; er wird aufgeweckt und ungewöhnlich regsam. Die Mädchen
werden unter Getrommel und Getöse aus den Hütten geholt, um
den Tanz mit anzusehen, der übrigens nur höchst selten für beide
Geschlechter gemeinschaftlich ist. Bei ihren Sprüngen sind sie alle-
mal sehr ernsthaft, und auch von ihrer Mnsik läßt sich nicht viel
Rühmliches sagen. Sie halten den Takt ganz vortrefflich, aber im
übrigen ist es mit ihrem musikalischen Sinne schlimm bestellt; sie
bringen es nicht über die einfachsten und einförmigsten Tonkombina-
tionen hinaus, und auch in dieser Beziehung, wie in allen anderen
Dingen, sehlt ihnen das Talent zum Schaffen. Doch muß hervor-
gehoben werden, daß sie an Harmonie ihre Freude haben; der Fischer
singt zum Ruderschlag, der Träger, wenn er seine Last schleppt, die
Frau, wenn sie Korn zermalmt. Manchmal sitzen die Bauern am
Abend stundenlang im Kreise und wiederholen mit unablässigem
Eifer immer und immer wieder ein paar Noten, die sich stets gleich
bleiben, und ein paar Worte, die eigentlich nichts bedeuten. Das
Recitativ wird vom vollen Chore unterbrochen, der zumeist in
Dur singt.
In die Einförmigkeit des täglichen Lebens und Treibens kommt
einige Abwechslung durch häufige Trinkgelage und zuweilen durch
eine Jagd. Die Gäste versammeln sich früh am Tage, und nehmen
im Kreise Platz und setzen sich je zu Dreien oder Vieren dicht neben-
einander, damit die Schale besser herumgehen könne. Der Mwan-
dasi, der Mann, welcher dieselbe füllt und jedem einzelnen reicht,
bedenkt und bedient zuerst die Häuptlinge und Ältesten, welche auch
größere Gesäße erhalten als die übrigen. Der Sonso, Trinkbecher,
der auch auf Reisen als Feldflasche dient, wird von den Frauen aus
einer Grasart, Mawu, oder wilden Palmblättern verfertigt. Die
Stengel werden gespalten und zu seinen Fäden gedrillt, welche dann
von unten aus zusammengerollt, aneinandergelegt und zusammen-
gebunden werden^ so daß das Ganze einem abgestumpften Kegel oder
einer türkischen Kappe, dem Fez, gleicht. Häufig wird dieser Becher
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84 Straßenbilder aus Mombassa und Feretown.
Auf dem mattenbedeckten Boden der weiten Halle verrichten die
Frommen ihre Gebetsgymnastik; andere liegen im Schlafe des Ge-
rechten versunken an den kühlsten Stellen. Am Fenster nach der
Straße zu sitzt ein arabisches Schneiderlein; er sitzt hier Tag für
Tag und führt mit beschaulicher Andacht seine Nadel. Hinter seinem
linken Ohr hängen die langen Nähsäden. Jeder Vorübergehende
kennt ihn und tauscht Begrüßungen mit ihm aus. Ein halbes
Dutzend junger Schriftgelehrten sitzt daneben mit untergeschlagenen
Beinen und plappert mit rasender Geschwindigkeit und Monotonie
Kapitel nach Kapitel aus dem Koran her, jeder eine andere Sure,
wodurch, wie leicht zu denken ist, ein heilloser Lärm entsteht. Aber
er wird noch weit übertönt von dem gellenden Gesänge einer eben
vorüberziehenden langen Reihe von Neger-Mädchen und -Knaben,
welche, vom Strande kommend, Holzblöcke und Korallensteine auf
dem Kopfe tragen, um damit einen Kalkofen zu errichten. Sie haben
mich bemerkt und mögen sich an einen Europäer erinnern, der sich
einst in Mombassa häuslich niederließ und dann nach Europa zurück-
kehrte, denn sie singen:
0 Mzungu mbaia
Yenga yumbo
U quenda uleia.
Das heißt:
O böser Europäer!
Baust dir ein Haus (errichtest einen Hausstand)
Und gehst (wieder) nach Europa (zurück).
Vorüber zieht die lustige Schar.
Ein anderes, wohl noch lebhafteres Bild zeigt sich. Ein kleiner
Knabe, der die Schule geschwänzt, wird von seinem Vater zur herben
Pflicht zurückgeführt, indem seine Füße mit einer Schnur derart ge-
fesselt sind, daß er nur kleine Schritte machen kann. Er ist über
und über mit Laub und Federn behangen und seine Schulkameraden
tanzen um ihn und lachen ihn aus. Es ist das gewiß ein sehr pro-
bates Mittel gegen das Schwänzen.
Zwischen den morschen Trümmern eines alten Stadtthores hin-
durch und durch enge Gassen zwischen hohen Häusermassen, auf denen
Schmutz und schwarze Algentünche den Glanz längst vergangener
besserer Tage verhüllen, an einem Brunnen vorbei, erreicht man
endlich das Ende der Stadt und tritt in die Plantage. Einige
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Extrahierte Ortsnamen: Mombassa Holzblöcke Mombassa Europa Europa
Der Ramadan-Taumel.
177
5. Der Ramadan-Taumel.
Scenen aus dem mohammedanischen Leben.
Wenn am ersten Tage des neunten Monats des arabischen
Mondjahres ein Moslem, aus der Wüste zurückkehrend, vor dem
Kadi beschworen hat, daß er am Himmel den ersten Streifen des
Neumonds sah, so nimmt der dreißigtägige Ramadan (d. h. der
Fastenmonat, welchem noch das Bairamsfest folgt) feinen Ansang.
Kanonendonner verkündet der Stadt das freudige Ereignis und
schreiende Kinder ziehen mit dem jubelnden Rufe: Ziäm! Ziäm! Ziäm!
(Fasten! Fasten! Fasten!) durch die belebten Straßen. Die Nacht
wird durchjubelt, es beginnt die Laternenfreiheit, d. h. es ist jedem
gestattet, ohne Laterne des Nachts in den Straßen herum zu gehen,
was sonst streng verboten ist; die Verkaufsläden bleiben geöffnet,
und jeder Moslem ißt und trinkt, so lange nur Geldbeutel und
Magen aushalten will. Zwei Stunden bevor die Morgenröte heraus-
dämmert, rollt der Donner eines einzigen Kanonenschusses über die
noch lebendige Stadt, und jeder gute Muselmann würde es für eine
Todsünde halten, von jetzt ab bis dahin, wo man am Abend einen
weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden kann, und wo man
auf der hochgelegenen Citadelle Kairos abermals eine Kanone ab-
feuert, auch nur das Geringste zu genießen. Nicht Rauch noch
Wasser darf er trinken (der Orientale fagt: „anna oschrub", ich
trinke Rauch und Wasser), noch irgend eine Speise zu sich nehmen;
Kinder und Kranke unterliegen jedoch diesem Gebote nicht. Die Ge-
nauigkeit, womit der Mohammedaner diese, eine seiner vornehmsten
Religionsvorschriften befolgt, ist ganz bewunderungswürdig, und
selbst Kinder und Kranke schließen sich davon nicht aus, wenn es
ihnen irgend von Eltern oder Wärtern gestattet wird. Ich habe
mit Arabern zur Ramadanzeit die Wüste durchzogen und es mit
eigenen Augen gesehen, wie Weiber und Männer, wovon letztere noch
zu Fuß in der Glut der Augustsonne den Kamelen nachzogen, es
über sich brachten, am Tage so wenig Speise als Trank zu sich zu
nehmen. Sie begnügten sich, die dürren Lippen mit Wasser zu be-
netzen und den trockenen Mund auszuspülen, worauf sie das Wasser
fortspieen. Diese Erfrischung ist ebenso wie die Waschungen mit
Sand, wenn in der Wüste Wassermangel vorherrscht, erlaubt. Der
Monat Ramadan durchläuft in dem Zeitraum von 33 Jahren alle
Jahreszeiten, und so kommt es, daß derselbe in die glühenden
Baumgarten, Afrika. i?
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98 Die Somal.
in Armen und Beinen sind gut ausgebildet, und ist der Somal sehr
zähe und ausdauernd. Ich selbst sah die mich auf meinen Streif-
zügen begleitenden Somal von morgens 3 Uhr bis abends 10 Uhr,
außer 4 Stunden Mittagsruhe, stets auf den Beinen, immer vergnügt
und lustig plaudernd und nicht müde, während meine Zanzibarneger
kaum vorwärts zu bringen waren.
Das innere häusliche Leben, in das ich mit der Zeit einen Ein-
blick gewonnen habe, ist wie solgt:
Der Somal, der streng nach den Vorschriften des Koran lebt,
hat in hiesiger Gegend meist nur eine Frau, welche ihm den inneren
Haushalt führt und die kleinen Kinder erzieht. Sie steht dem Manne
vollständig ebenbürtig zur Seite. Wenn mehrere Frauen im Hause
sind, so wechseln sie sich tage- oder wochenweise dergestalt ab, daß
eine Frau dem Eheherrn Gesellschaft leistet, während die anderen
das Hauswesen besorgen. Für alle Beschäftigungen außerhalb des
Hauses, wie Kochen, Brotbacken, Holz und Waffer herbeischaffen,
sind die Sklaven da, welche außer diesen Arbeiten ein sehr faules
und gutes Leben führen. Die Tageseinteilung der Städter in hiesiger
Gegend und jetziger Jahreszeit beginnt um 5 Uhr morgens. Nach dem
Aufstehen wird gebadet refp. die im Koran vorgeschriebene körper-
liche Waschung vorgenommen und dann gebetet. Das Frühstück, um
6 Uhr eingenommen, besteht aus Milch, Kaffee oder Thee mit Brot.
Den ganzen Morgen bis 11 Uhr verbringen besonders die Männer
mit Besuchmachen und -empsangen. Da die wenigsten Geschäfte
haben, so genieren sie sich gegenseitig nicht. Um 11 Uhr beten
wiederum einige, andere lesen im Koran. Von 12—1 Uhr speist der
Somal, und zwar Männer allein und Frauen allein in einem großen
Haushalt; in kleinen dagegen speist das Ehepaar zusammen, die
Kinder zusammen und ebenso die Sklaven. Nach dem Mahle wird
eine zweistündige Siesta abgehalten. Da der Somal sehr gesellig ist,
so liebt er es, Freunde bei sich in seiner Häuslichkeit zu sehen und
zu bewirten, welches zweifelhafte Vergnügen mir gar oft zu teil
wurde.
Nach den landesüblichen Begrüßungsscenen erhält der Gast Thee
oder Kaffee, dann Kettebettes mit Syrnpsance, ein recht schmack-
Haftes Gericht, ferner Pfannkuchen von Mehl, Butter und Zucker
und zum Schluß wieder Kaffee oder Thee. Die ganze Mahlzeit
nimmt man, aus der Erde liegend oder mit untergeschlagenen Beinen
sitzend, mit den Händen ohne Messer und Gabeln oder Löffel aus
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206 Mohammedanische Lebensbilder aus Algerien.
Häuschen; verschleierte Frauengestalten huschen vorüber und entziehen
sich bei der nächsten Straßenwendung den neugierigen Blicken des
Rumi. In kleinen, nischenartigen Buden, welche nur von einer ein-
zigen, zugleich Thüre und Fenster vorstellenden Öffnung Luft und
Licht empfangen, betreiben die eingeborenen Handwerker unter den
Augen der Vorübergehenden ihr Geschäft. Mit bewundernswerter
Geschicklichkeit handhaben sie ihre Werkzeuge, welche seit Jahr-
Hunderten unverändert dieselben geblieben sind, und bedienen sich bei
der Arbeit in gleichem Maße der Hände und der Füße. Die Zunft
der Sattler hat schon zur Zeit der Könige von Tlemcen besonderes
Ansehen genossen ob ihrer Kunstfertigkeit; noch heute bleibt man er-
staunt vor ihren kleinen Werkstätten stehen und bewundert die äußerst
geschmackvoll mit Gold und Silber gestickten Sattel und Zaumzeuge
aus rotem marokkanischen Leder gefertigt, wahre Meisterstücke. —
Wir drängen uns durch die engen Gassen, immer neue Bilder
rein orientalischen Lebens hemmen den Schritt. Dnrch die Fuß-
gänger suchen sich mit ihren schwerbeladenen Bnrrikos (Esel) die Land-
bewohner Bahn zu brechen, dabei ihre Waren: Orangen, Citronen
und sonstigen Erzeugnisse mit lautem Rufe feilbietend. Wo brei-
tere Straße den schmalen Weg kreuzt, fesselt seltsamer Aufzug das
Auge: in langer, ungeordneter Reihe ziehen Kamele vorüber, die
zerlumpt aussehenden Tiere sind mit großen, sackartigen Körben be-
lastet, die zu beiden Seiten tief herabhängen; mit wunderlichem
Hausrate sind sie angefüllt: mächtige, mit Henkeln versehene Thon-
krüge, den alten Amphoren vergleichbar, ragen daraus hervor, allerlei
Hausgeräte und abgebrochene Zelte sind sichtbar und daneben hängen
in holder Eintracht Hähne und Hennen an den Beinen zusammen-
gebunden in beklagenswerter Lage, aber stoisch in ihr Schicksal er-
geben. Und auf dem Rücken der Tiere zusammengekauert sitzen un-
verschleierte Frauengestalten in blauen, wollenen Gewändern. Buntes
Kopftuch umschlingt die wirren, pechschwarzen Haare; an silbernen
Kettchen befestigte Goldmünzen verschiedener Größe decken, wie eine
Krone, die gebräunte Stirne; kunstreich aus Silber getriebene schwere
Kugeln und Ringe fallen, wieder durch silberne Ketten gehalten,
.von den Schläfen zu den Schultern herab; ähnlicher Zierrat ist um
den Hals gelegt, und bei jedem schwerfälligen Schritte des zottigen
Kamels klirrt und klingt der Schmuck wie viel hundert silberne
Glöckchen. Die Oberarme und die Gelenke und die Knöchel der
zierlichen Füße umschließen silberne Spangen aus breitgeschlagenem
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Der arabische Adel in der Wüste. 225
in Palankins, die nicht immer fest verschlossen sind. Es giebt ein
malerisches Untereinander von Pferden, Kriegern und Fußvolk.
Der feindliche Stamm seinerseits trifft Vorbereitungen, und nach
drei oder vier Tagen treffen die feindlichen Parteien aufeinander.
Die Tirailleurs begegnen einander zuerst, und sie beginnen die Feind-
seligkeiten mit Schmähungen und Schimpfworten, wie die Helden
Homers; allmählich entwickelt sich der Kampf in Gruppen von fünf-
zehn oder zwanzig Personen, bis alles hineingezogen wird. Das
Gedränge wird allgemein, alle Flinten knallen, alle Zungen schreien,
schimpfen und fluchen und endlich kommt es auch zum Schwertkampfe.
Endlich tritt die Zeit ein, daß der Stamm, welcher die meisten
Leute verloren hat, namentlich Häuptlinge und Pferde, sich zurück-
ziehen muß. Es beginnt dann eine allgemeine Flucht, in welcher
nur d'ie Tapfersten sich von Zeit zu Zeit umkehren, um dem Feinde
noch einige Kugeln auf Geratewohl zuzusenden. Nicht selten stürzt
sich der Häuptling verzweifelt, mit dem Säbel in der Hand, in das
dichteste Gedränge und findet einen ruhmvollen Tod. Dem Siege
folgt die Plünderung in allgemeiner Unordnung, und in dieser wird
es noch manchem Besiegten möglich, seine Frauen, seine Pserde und
seine kostbarste Habe zu retten.
Kommt der Stamm siegreich zurück, so wird er freudig em-
pfangen und gegen die Bundesgenossen übt man die großartigste
Gastlichkeit, bis man sie endlich drei bis vier Stunden weit zurück-
begleitet.
Je älter der Araber wird, um so mehr Ernst und Würde er-
langt er; jedes weiße Haar in seinem Bart regt ihn zu ernsten Ge-
danken an; er geht häufiger mit den Dienern Gottes um und erweist
sich freigebiger gegen dieselben; er wird frommer; man sieht ihn
minder oft auf der Jagd und bei Hochzeiten. Seine Beschäftigungen
als Stammeshaupt lassen ihm auch weniger Zeit, obgleich der ritter-
liche Sinn seiner Jugend in ihm nur schlummert und er niemals
in seinem Zelte bleibt, wenn einer seiner Stämme für angethane
Beleidigung Rache verlangt. „Ich würde mich glücklich preisen,"
sagt er, „könnte ich als Mann sterben im Kampfe und nicht wie
ein altes Weib". Manche vornehme Familien rühmen sich auch,
daß seit Menschengedenken keiner ihrer Vorfahren auf seinem Lager
gestorben sei. Gensrai Daumas,
La "Vie arabe, P. 1869.
Baumgarten, Afrika.
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Extrahierte Personennamen: Ernst Gensrai_Daumas Baumgarten
Die Westküste von Afrika. 247
Lehmhäuser der Neger stehen unter und an dem Hügel, von dem die
freundlichen Wohnungen einer englischen Missionsstation, im euro-
Peuschen Stile gebaut, herabschauen.
Der Kalabar war lange Zeit ein bedeutender Ausfuhrhafen
für Sklaven, aber in einem 1842 auf Verlangen der englischen
Kreuzer unterzeichneten Vertrag machten sich die damaligen Häupt-
linge, Eyo und Eyamba, verbindlich, dem Menschenhandel zu ent-
sagen, und seitdem hat die Kultur des Palmöls und seine Ausfuhr
bedeutend zugenommen. Sie ist fast ganz in den Händen der Eng-
länder, und mehrere Ölfchiffe, die in ihrem abgetakelten Zustande,
mit Strohdächern überbaut, schwimmenden Häusermassen glichen,
lagen auf dem Fluß vor Anker.
Die Hütten des von den Engländern Duke-Town genannten
Fleckens, der bei den Eingeborenen Atarpah heißt und gegen tausend
Familien enthalten mag, stehen ordnungslos auf dem unebenen Ter-
rain umher, so daß von Straßen, deren Reihen zwar angedeutet,
aber nicht eingehalten sind, kaum eine Rede sein kann, zumal jeder
die Straße zugleich als Hof benutzt, um allen Unrat dorthin zu
werfen. Der Boden ist ein roter Lehm, der bei Regenwetter sich in
einen schlüpfrigen Morast verwandelt, und macht es oft bedenklich,
die Abhänge hinabzuspringen, die meistens ein Haus von dem an-
dern trennen. Die Häuser selbst sind aus leichtem Fachwerk ausge-
führt, das von außen mit Thon befchmiert und von innen durch
Matten und Abteilungen getrennt ist. Viele derselben standen zer-
fallen oder wenigstens unbenutzt, da der Sohn beim Tode seines
Vaters die Wohnung für ein ganzes Jahr leer stehen läßt, um die
Ruhe der Seele, die folange darin fortlebt, nicht zu stören. Ehe er
aufs neue einzuziehen wagt, errichtet er ein sogenanntes Teufels-
haus für die jetzt heimatlose Seele, wo sie von den nekromantischen
Ceremonieen-Kundigen beschworen und zu den gewünschten Aus-
sprächen gezwungen werden kann.
Die Häuser der Reichen schließen freie Plätze ein, um welche
Veranden laufen, und tragen mitunter einen balkonartigen Aufsatz
als zweiten Stock, zu welchem Treppen hinaufführen. Man könnte
leicht versucht sein, viele derselben für Möbelmagazine oder die Bude
eines antiquarischen Trödlers zu nehmen, da der gute Ton unter der
Negeraristokratie verlangt, ihre Wohnungen möglichst mit allen Arten
europäischer Luxusartikel vollzupfropfen, obwohl niemand an ihre
Benutzung denkt, oder sie auch nur verstünde. Einen der Matadore
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148 Äthiopische Bilder.
Palast des Kalifen verschwand vor seiner Pracht, wie das Antlitz
des Mondes verschwindet, wenn die Sonne sich über den Horizont
erhoben hat. Die Mauern waren von Marmor, weiß wie Schnee,
die Thore von Elfenbein mit Perlen eingelegt; die Kuppeln ver-
goldet, so daß, wenn die Sonne schien, das Auge sie nicht anblicken
konnte; und aus einem großen silbernen Springbrunnen im Hofe
sprang ein Strahl rosenfarbigen Wassers, welches einen angenehmen
Duft verbreitete, in die Luft. Von diesem Palaste konnte man mit
den Worten des Dichters sprechen: „Er gleicht wahrhaft dem Para-
diese; oder ist es das verlorene Haus von Jrem, das von den
Schätzen des Königs Scheddad gebaut wurde? Möge Freundlichkeit
wohnen auf den Lippen des Herrn dieses Palastes und Mitleid eine
Zufluchtsstätte in seinem Herzen finden, damit er für würdig gehalten
werde, solchen Glanz zu genießen!"
Während der Palast gebaut wurde, ließ Zubeydeh den Holz-
Hauer von den besten Lehrern in allem unterrichten, was seine gegen-
wärtige Stellung von ihm verlangte. In kurzer Zeit war er ein
wahres Muster von Artigkeit; seine Worte waren gewählt und er
sprach mit Würde und Anstand, und sein Benehmen war das eines
Mannes, der nicht zum Gehorchen, sondern zum Befehlen geboren
ist. Als er ihren Wünschen vollkommen entsprach, fing sie an, ihm
Schach spielen zu lehren, und brachte mehrere Stunden täglich da-
mit zu, bis er endlich ebenso gut wie sie spielte. Inzwischen war
der Palast fertig geworden, und nachdem sie Pferde und Sklaven
und alles Nötige für einen fürstlichen Haushalt gekauft, bezogen
Zubeydeh und der Holzhauer denselben bei Nacht, um nicht von dem
Kalifen bemerkt zu werden. Zubeydeh bat den Holzhauer, sich an
das Versprechen zu erinnern, das er ihr gegeben. Sie behielt ihre
besonderen Gemächer nebst einer Anzahl von Sklavinnen zu ihrer
Bedienung, und schenkte ihm, da ein Harem sich für einen Fürsten
ziemt, 20 Circassierinnen, deren jede schöner war, als der Morgen-
stern.
Am nächsten Morgen ließ sie den Holzhauer rufen und redete
ihn folgendermaßen an: „Ihr seht, Herr, was ich für euch gethan
habe. Ihr erinnert euch, in welchem Elende ich euch fand, und wie
sich alles verändert hat, indem ihr meinem Rate gefolgt seid. Ich
beabsichtige, euch noch höher zu erheben, und damit meine Pläne
nicht vereitelt werden, bitte ich euch nun, mir zu versprechen, daß
ihr mir auf einen Monat von heute ab in allen Dingen gehorchen
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Die Neger der Goldküste.
279
Hauses eingeschlossen ist und selten starker Wind weht, so ist die
Lust während des Kochens oft mit dickem Qualm erfüllt.
Häufig hat die eine Seite des Hoses und bisweilen alle Seiten
noch ein zweites Geschoß. Dies gilt für notwendig, um der Idee
eines Hauses des weißen Mannes zu entsprechen, dem sie ja so gern
in allem nachzuahmen Pflegen.
Wir haben oben bemerkt, daß diese Häuser von Lehm oder
Swisch gebaut sind. Sie haben ein starkes Dach von Balken und
Stroh, das meistenteils über die Mauern des Hauses um zwei bis
drei Fuß vorsteht und den Bewohnern einen angenehmen Schatten
bietet, unter welchem sie auf einer Niedern Bank oder einem Sitze
von Erde, der an den sämtlichen Seiten des Hofes hinläuft, sitzen.
Diese niedrige Bank, die mit einer roten Erde eingeriebenen und
davon glänzenden Fußböden, die weißangestrichenen Mauern, kurz
die ganze äußere und innere Einrichtung — alles trägt das Gepräge
der Reinlichkeit, Nettigkeit und eines gewissen Glanzes an sich, und
sein malerischer Anblick wird noch mehr erhöht durch Musketen und
andere kriegerische Werkzeuge, die an den Wänden des offenen Haupt-
Zimmers, das der Herr des Hauses als Empfangszimmer und Audienz-
saal gebraucht, in Parade aufgehängt sind.
In anderen Teilen des Hauses finden wir die Wände mit einer
Menge Porträts und Kupferstichen, hauptsächlich französisches Fabrikat
und gemeine Sudelei, behangen. Die Afrikaner find ganz toll darauf,
ihre Zimmer mit Bildern auszuschmücken, und diesen Hang zu be-
sriedigen, muß alles herhalten, was ihnen gerade in die Hände fällt.
Hier kann man Napoleon in feinem dreieckigen Hute zu Fuße und
zu Rosse, entweder schreiendbunt gemalt oder einfach in Holzschnitt,
und Georg Iv. (jetzt K. Victoria) im Krönungsornate um den Platz
streiten sehen mit Pnnch und seinem Hunde Toby, wie sie an der
Spitze seines Blattes (des „Punch") erscheinen, ferner mit den
Krügen, Thee- und Kaffeekannen von Cox, Savony & Comp., wie
sie in ihren Ankündigungen zu fehen sind, oder auch mit dem könig-
lichen Wappen von England, strahlend im ganzen Glänze einer An-
zeige eines Krämers Ihrer Majestät.
Dieses Modewerden von Bildern ist weit entfernt, die einzige
europäische Neuerung zu sein, die unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Bis dahin, wo ihnen die Sucht nach Änderung eingeimpft ward,
die ihr Verkehr mit Europäern täglich mehr und mehr entwickelt,
waren ihrer häuslichen Bedürfnisse äußerst wenige und diese von der
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Georg_Iv Victoria) Toby Cox