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schildert, da der tapfere Streiter Gottes im Jahre 1521 auf der Reife nach Worms begriffen war, wo er sich wegen seiner Schriften und Lehren vor Kaiser und Reich verantworten sollte. Man erkennt, wie ihn die Professoren der Universität, allen voran der Rektor Crotus Rubianus mit seiner Amiskette und der Dichter Eobanus Hessus, mit Verehrung begrüßen, wie sich hinten das Volk herzudräugt, um das bleiche, kühne Angustinermcnchlein zu sehen, das Papst und Kaiser Trotz bieten und Widerspruch leisten will. —
Umgebung: Man hat den Ort für das Denkmal mit gutem Bedacht im Norden des belebtesten Platzes der Stadt vor der altersgrauen Kaufmanns-Kirche gewählt, deren schöne Türme sich im Hintergründe erbeben.
So steht das Denkmal da in der Nähe ehrwürdiger Kirchenmauern, ihm zur Seite srisches, lebendiges Grün der Bäume und Sträucher, und rings herum eilt der geschäftige Verkehr. Ta schreitet der Wandersmann vorbei, sieht mit Ehrerbietung zu dem ehernen Manne empor und wandert weiter der unbekannten Ferne zu. Der Bauer, welcher zum Markte hereinfährt, wirft dem Standbilde einen grüßenden Blick zu, und fast jeder Vorübergehende nimmt sich ein Weilchen Zeit, das Denkmal zu betrachten. Und auch du, lieber Leser, verweile ein wenig, wenn dich der Weg vorbeiführt, und denke des wackeren Mannes Luther in Treue, gedenke deiner Väter, die für ihn begeistert waren, die sür den Glauben an dieses Mannes lautere Lehren einst gelebt und gelitten haben.
K. Lürtzing.
4-ö. Dr. Faust in Erfurt.
(Eine Sage.)
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, ungefähr bis zum Jahre 1520, hat dieser berübmte und zugleich berüchtigte Mann, der aus Knittlingen in Schwaben stammte, in Ersnrt gelebt. Er wohnte
in der Michelsgasse neben dem großen Kollegium und las als ein
gelehrter Professor im großen Hörsaale der Universität über griechische Dichter. Namentlich erklärte er seinen Zuhörern, den Studenten, den Homer und beschrieb ihnen die Heldengestalten der unsterblichen Gedichte Ilias und Odyssee so lebendig, daß das Verlangen rege wurde, dieselben mit Augen zu erschauen. Als einem Meister der Magie (Zauberkunst), die in jener Zeit als „dunkle Philosophie" (Weltweisheit) selbst auf deutschen Hochschulen gelehrt wurde, war es dem in allen damals bekannten Künsten der Physik bewanderten Faust leicht möglich, den Studenten die Schattenbilder griechischer Helden leibhaftig vor Augen zu stellen. Zuletzt
ließ er den greulichen Riesen Polyphem auftreten, vor dessen über* gewaltiger Erscheinung die ganze Zuhörerschaft bebte ls. Rathausbild).
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Dietrich ist nur noch Johann Philipp 1664 als Eroberer eingezogen, ihm mußte die Stadt ihr Landgebiet und das gesamte Stadlvermögen uberlassen. inach Prof. Dr. Carl Beyer.)
31. Erfurt im 14. Jahrhundert.
Ein Stadtbild.
Der heutige Mensch ist kaum noch imstande, sich das Stratzen-leben einer mittelalterlichen Stadt in seiner ganzen Vielgestaltigkeit vorzustellen.
Aeutzeres der Stadt: Die Gassen waren damals schmale
Häuserreihen, die sich oft so nahe gegenüberstanden, daß die Nachbarn sich ohne allzugroße Anstrengung über sie hinweg die Hand reichen konnten. Schon das Obergeschoß war stark übergebaut, und das „Uebergezimbre" ragte mit jedem neuen Stockwerk weiter bor. Oft neigten sich die Spitzen der Giebel so nahe gegeneinander, daß Licht und Luft nur sehr dürftig in die Gassen und in die Häuser hinabdringen konnten. In der Erfurter Altstadt finden sich heute noch zahlreiche Gassen, die mit ihrer ganzen Regellosigkeit und Enge aus dem frühen Mittelalter stammen, nur daß die alten Häuslein längst verschwunden sind und daß die heute dort stehenden Häuser gar keinen Begriff von dem starken „Uebergezimbre" der alten Zeiten geben. Besonders bezeichnend für die Beschaffenheit der Straßen im alten Erfurt ist, daß man die Marktstraße, heute in ihrem östlichen Teile eine der engsten Verkehrsstraßen der Stadt, die „breite Straße" ober auch kurzweg „die Straße" nannte, weil in ihr zwei Wagen vorüberfahren konnten.
Dann kam im alten Erfurt noch etwas anderes hinzu: die Klingen. Es gab viele Gassen, in denen die offenen, von der Gera und der Hirschlache gespeisten Kanäle die ganze Breite einnahmen. Ließen die sonstigen Verhältnisse der Gasse einen Wagenverkehr überhaupt zu, dann fuhren die Wagen eben in den Klingen, also im Wasser. Ja, an einigen Stellen, z. B. am Langen Stege, der heutigen Schlösserbrücke, mußten die Wagen, wenn sie das jenseitige Ufer gewinnen wollten, durch das Flußbett fahren. Allerbings war der Wagenverkehr damals nicht groß und brauchte darum auf ihn bei der Anlage der Gassen und Brücken nur geringe Rücksicht genommen zu werden. Der Leiterwagen eines Bauern oder ein Wagen mit Kaufmannsgütern — das war so ziemlich alles, und es mag wohl geschehen fein, daß sich in vielen Straßen tagelang kein Wagen sehen ließ. Für die Fußgänger waren Trittsteine in die Klingen gelegt. Sie ermöglichten es, trockenen Fußes von einer Seite der Gasse zur andern zu kommen. Die letzten dieser Klingen sind erst mit dem Ban der Wasserleitung (nach 1870) verschwunden. Bis dahin haben sie ihre Be-
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Extrahierte Personennamen: Johann_Philipp Johann Philipp Carl_Beyer
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Cftjeitß des Petersberges über. Zuletzt waren die neuen Anbauer sogar gezwungen, die bisher wegen der Überschwemmungsgefahr gemiedene Geraebeue auszusuchen. Nun vollzog sich an der Gera-surt zwischen einheimischen und fremden, zumal slawischen und auch jüdischen Händlern, ein reger Marktverkehr. Auf dem jetzigen Wenigen Markt, der bequemen Anfuhr zur Furt, tauschten und handelten die fremden Kaufleute schon vor mehr als 1400 Jahren mit den alten Erfurtern. Es ist darum auch nicht ausgeschlossen, daß der Name des Platzes eine Zusammenziehung des Namens „Wendischer Markt" ist und an die alten Beziehungen zwischen Erfurt und den wendischen oder slawischen Kaufleuten erinnert.
Deutung des Namens: Die alten Chronisten berichten uns von mehreren Dörfern, aus denen sie die Stadt entstehen lassen. Eins derselben soll Schilderode geheißen haben, und die Gegend, in der es lag, zeigt heute wohl noch die Schildchensmühle an. Das andere ist die weit ältere Siedlung am Petersberge. Infolge ihres steten Wachstums, zu dem besonders die vorübergehenden Märkte und vielleicht auch die Flüchtlinge aus Burg Scheidungen (s. Der Sturz des thüringischen Königreiches, Nr. 9) beitrugen, vereinigten sich bald beide Orte. Dabei nahm Schilderode den Namen der älteren Siedlung, welche „ze dem Erphesberge" hieß, an. Dadurch wurde aus der Siedlung am Berge in der Nähe eines Erphes, d. H. eines fließenden Wassers, eine Furtstadt. Sie hat den Namen Erphesfurt, d. i. Furt im fließenden Wasser, für immer behalten und nennt sich heute Erfurt. Doch wird der Name auch anders gedeutet: Erpesfurt = Furt des Erpes, des ersten Thüringer Königs oder eines Müllers, den die Sage im Brühl oder in der Furtmühle wohnen läßt; Erfurt = Gerfurt, d. i. Furt in der Gera; Eorphesfnrt — Viehfurt.
Erfurts weitere Entwicklung: Die Gründung Erfurts durch den ersten Thüringer Kriegskönig Erpes (f. S. 12) ist ebenso sagenhaft wie die Person des Gründers; ebenso gehört die Vergrößerung der Stadt durch König Merwig, einen seiner Nachfolger, und der Bau des Palastes auf dem Petersberge, sowie die Errichtung der Merwigsburg bei Möbisburg*) durch ihn ins Gebiet der Sage. Doch lassen diese, wenn auch sagenhaften Berichte erkennen, daß in jener Zeit das Schicksal Erfurts mit den Geschicken Thüringens eng verbunden war und daß die Geschichte Erfurts in jenen Tagen mit der Thüringens zusammenfällt (s. 1. Was die Sage usw. u. 2. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 3 n. Nr. 5; s. a. Sage von der Merwigsburg bei Möbisburg, Nr. 4).
An der Stelle, an der Erfurt liegt, an dem günstigen Kreuzpunkt „zweier großer Straßen, von denen die eine vom Harz nach dem Thüringer Wald, die andere aus den Slawenländern im
9 Hat mit König Merwig nichts zu tun, wie ihr alter Name Meinwartis-burc beweist.
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Osten nach dem Rheine führte", mußte sich unbedingt eine größere Siedlung entwickeln. Sie fand Bonifacius bot, als er auf seinen Missionsreisen nach Thüringen kam (s. Bonifacius kommt nach Thüringen, Nr. 13 it. Bonifacius in Erfurt, Nr. 14). Doch schon bor ihm hatten iroschottische Missionare, Kilian und Willibrord, um die Wende des 7. Jahrhunderts in Thüringen das Christentum gepredigt. Was aber sonst über die Verbreitung des Christentums und über die Gründung bort Kapellen auf Erfurter Gebiet in der Zeit bor Bonifacius gesagt wird, ist sagenhaft (s. Die zwölf Schüler, Nr. 11 u. Adeodatus, Nr. 12). Der von den ersten Missionaren ausgestreute Same scheint nur spärlich ausgegangen zu sein, so daß der Apostel der Deutschen von neuem mit der Ausbreitung der christlichen Lehre beginnen mußte. Seine wiederholten Besuche in Erfurt überzeugten ihn aber, daß die Stadt infolge ihrer günstigen Lage zum Sitz eines Bischofs und zum Mittelpunkt aller Bestrebungen, das Christentum in Thüringen auszubreiten. wie geschaffen sei. Er errichtete darum (742) das Bistum Erfurt. Es ging jedoch nach seinem und des ersten Bischofs Tode, dessen Namen die Geschichte nicht bezeichnet hat, wieder ein. Die christliche Lehre aber, die festen Fuß gefaßt hatte, blieb, und ihre Lehrer gründeten noch manche kirchliche und klösterliche Stiftung. Aus dieser Zeit stammt der herrliche Dom und das einst so berühmte Petersklofter (s. Bei den Mönchen von Skt. Peter, Nr. 15).
Die frommen Stiftungen wurden für das wachsende Erfurt von größter Bedeutung; denn die Klosterbrüder berbesserten Ackerbau und Viehzucht, trieben Wein- und Gartenbau und gründeten die ersten Meierhöfe, die Ansänge unserer heutigen Dörfer. Sie gaben der Gera bestimmte Ufer und überbrückten sie mehrmals; auch erlaubten sie gegen ein geringes Standgeld den Verkauf von Waren auf den Brücken, wodurch sie Handel und Verkehr bedeu-tend förderten. Solche Brücken sind die heute noch stehende Krämer-und Lehmannsbrücke. Aus ersterer ist sogar eine geschlossene Straße geworden, in welcher man von dem darunter fließenden Wasser nichts mehr wahrnimmt.
„So wuchs Erfurt sowohl an äußerer Größe, als an innerem Wohlstand und war schon zu Karls des Großen Zeiten bedeutend genug, daß dieser es zu einer Stapelstadt auswählte." Er traf die Bestimmung, daß die Kaufleute, welche mit den slawischen Völkern jenseits der Saale und Elbe Handel treiben wollten, hier ihre Niederlage zu halten hatten (f. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 5). Unter feiner Regierung wird urkundlich auch die Pfalz auf dem Petersberge erwähnt (802), ein Gebäude, in welchem die königlichen Beamten wohnten und die Synoden und Reichstage abgehalten wurden.
Nach ihm gehörte die Stadt (seit 843) politisch mit dem übrigen Thüringen dem Könige Ludwig dem Deutschen, der in ihr
i
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Kilian Kilian Willibrord Apostel Peter Karls Ludwig_dem Ludwig
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dringen der Angeln aus Norden an. Diese besetzten die Landstriche an der unteren Saale, der Unstrut und ihren Nebenflüssen und die Umgegend von Gotha. Sie unterwarfen die eingesessenen Cherusker und gründeten zwischen der einheimischen Bevölkerung eine große Menge neuer Dörfer und Höfe, die jetzt noch an der Namensendung „leben" kenntlich sind. Sie wird am besten mit „Erbe" erklärt, und die Vorsilbe bezeichnet den Gründer. In den anglischeu Dorfherren kann man die Vorfahren des zahlreichen thüringischen Adels vermuten.
Anderweite Deutung: Woher aber stammt dann der Name Thüringer? Nun die Angeln brachten die Stammsilbe Thor, die bei ihnen auch gleichbedeutend mit Donar ist, aus ihrer alten Heimat mit und nannten sich in ihren neuen Wohnsitzen Thoringe = Thüringer. Da die Silbe „ing" ein Hervorgehen, eine Abstammung vom Vorhergehenden bezeichnet, so bedeutet Thüringer „Söhne Thors", welche Benennung durch eine mit den Cheruskern auf Thors Heiligtum beschworene Eidgenossenschaft erklärt werden könnte.
Grenzen Thüringens: Das Land, das unsere Altvorderen bewohnten, erstreckte sich weit von Norden nach Süden. Hier reichte es bis an die Donau, während es im Osten von der Saale und Elbe begrenzt wurde. Nach Norden schloß es noch die Altmark in sich, und im Nordwesten reichte es bis zur Oker. Im Südwesten aber bildete, wenn auch nicht haarscharf, die Werra dl" Grenze zwischen Altthüringen und Hessen.
Das Königreich Thüringen: Der Völkerbund der Thüringer, der diesen schmalen, aber sehr langen Gebietsstreisen bewohnte, hatte viele und schwere Kämpfe mit den Grenznachbarn zu bestehen, zumal mit den nördlich wohnenden Sachsen (vergl. Was die Sage usw., Nr. 3). Darum entwickelte sich bei den Thüringern gar bald eine staatliche Ordnung. Es bildete sich das Königreich Thüringen, an dessen Spitze ein Kriegskönig stand, erwählt aus der Schar der Tapfersten. Die Namen der ersten Könige und ihre Taten sind uns aber nicht geschichtlich beglaubigt. Nur die Sage kennt sie und erzählt der Wundermären viel. Bestimmt wissen wir, daß in der zweiten Hälste des 5. Jahrhunderts König Bisinus über Thüringen herrschte. Er hatte seinen Königssitz in der Burg Scidiugi an der unteren Unstrut, dem heutigen Burgscheidungen. Bisinus starb ums Jahr 500 und hinterließ drei Söhne: Jrminsrid, Berthar und Baderich. Baderich erhielt Südthüringen, etwa das jetzige Königreich Bayern bis zur Donau. Berthar bekam den mittleren Teil, den wir jetzt noch als Thüringen bezeichnen. Er soll zu Vargula und Hersridesleba (Herbsleben) residiert haben. Jrminsrid erbte Nordthüringen, das Stück von der Unstrut bis zum Harz und darüber hinaus, und nahm seine Wohnung auf der väterlichen Burg Scidiugi.
^ Damals bestand die Sitte, daß bei der Erbteilung der älteste Sohn bevorzugt wurde. Er erbte nicht nur ein größeres Stück
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mehrere Wochen, Egerbrunnen trinkend, hier verweilt. Sie hatten im Hause der Witwe des Biereigen und Holzhändlers Beyer am Plänchen, jetzt Langebrücke 36, mietsweise eine Privatwohnung inne, die Wohl Professor Dominikus ausfindig gemacht hatte. Noch ist eine Glasscheibe der damaligen Wohnung (im Erfurter Städtischen Museum befindlich) erhalten, in die, vermutlich von des Dichters eigner Hand, der Name „Schiller" eingeritzt ist. Vorhanden ist auch noch das im ersten Stock gelegene Erkerstübchen, die Arbeitsstätte des teuren Mannes, aus deren südlichem Fenster man einst in einen duftenden Garten und gerade auf einen herrlichen Apfelbaum hinabsah. Geblieben ist auch der durch eine schmale Galerie (Gang) vom Schillerzimmer aus zu erreichende Vorsaal, unter dessen Stuckdecke der fleißige Forscher so oft mit über den Rücken hängendem Zopfe sinnend hin und her gewandelt ist.
Da sich der Egerbrunnen von wohltuender Wirkung auf Schillers Befinden erwies, so zog neue Kraft bei ihm ein. Bereits am 6. September meldete er an Körner nach Dresden, daß er imstande sei, zwei bis drei Stunden des Tages zu lesen, ohne sich anzustrengen, und in der zweiten Hälfte des Septembers diktierte er täglich vier, auch fünf Stunden an der Fortsetzung seines „Dreißigjährigen Krieges".
Aber nicht nur der Geschichtsschreiber, sondern auch der dramatische Dichter Schiller sand in jenen Erfurter Tagen Beschäftigung. Die Gesellschaft des Weimarer Hoftheaters führte damals in Erfurt etwa 20 Stücke aus, darunter am letzten Tage, am 25. September, aus des Dichters eigene Veranlassung den „Dom Karlos". Der Erfurter Theaterzettel besagte, daß die Ausgabe, nach welcher das Stück aufgeführt werde, von dem Herrn Verfasser eigens neu bearbeitet fei (eine Theaterbearbeitung in Versen, wie eine solche schon am 6. April 1788 in Mannheim über die Bühne gegangen war); und aus einem Briese eines mitwirkenden Schauspielers wissen wir, daß Schiller gewissermaßen als Dramaturg (Bühnenkenner) mit der Besetzung der Rollen für diese Aufführung zu tun hatte. Einen Tag später wurde hier auch der „Fiesko" ausgeführt, doch nicht von den Weimaranern, sondern von der „hiesigen Nationalgesellschaft", einer Vereinigung Erfurter Dilettanten (Liebhaber).
Während des Erfurter Aufenthaltes pilgerten verschiedene ausrichtige Verehrer des Dichters, vornehmlich seurige Jünglinge, doch auch Männer, nach hier, um Schiller ihre Huldigung darzubringen.
Leider drückten den Dichter damals Geldsorgen. Der Koadjutor, welcher „recht freundlich um ihn bekümmert" war, und bei dem er die Abende zuzubringen pflegte, konnte ihm, da er selbst einen unverhältnismätzigen Aufwand machte, in dieser Beziehung nicht Helsen. Doch bat Schiller auf sein Anraten den Herzog von Weimar brieflich nm eine Besoldung, die hinreichend wäre, ihn im äußersten Notfälle außer Verlegenheit zu setzen. Der Herzog
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70. Ankündigung der Feier des Geburtstages Rapoleons
in Erfurt.
„Ilapoleons=Feft zu Erfurt, den 15. fluguft 1811."
Zur Feier der Geburt des großen Napoleon, der die Zeit verherrlicht, in der wir leben, ist den löten August zu Erfurt, das unter der Aegide (Schutz) der großen Kaisers besteht, ein Fest bereitet, zu dem jeder sich einfinden wolle, der Sinn und Gefühl hat für große Eindrücke in großen Tagen. Ohne der hohen Bedeu tung des Tages selbst zu gedenken, wird er ein Festtag sein für Kenner und Verehrer der Kunst und für jeden, der eines hohen Genusses empfänglich ist. Außer den Freuden des Tages wird die Kunst den Würdigen preisen. Ein seltener Verein von Kennern der Musik der ersten Kapellen des benachbarten Deutschlands wird sich bestreben, dem Herrlichsten das herrlichste Opser des Genius und Talentes zu bringen, und mit dem ersten Meister-
werke deutscher Tonkunst die Meisterkunst ihrer Darstellung zu vereinen. Die erhabenen deutschen Fürsten der Nähe, des Königs
von Sachsen Majestät, haben ihre Künstler dem großen Festtage
bestimmt, und feierlich bringt jeder das Fest seines eignen Genusses zum allgemeinen Feste. Unter der Leitung des Herrn Kantors Bischofs zu Frankenhausen, der durch seine musikalischen Ausführungen geehrt ist, wird der Abend des feierlichen Tages mit den großen Kompositionen (Tondichtungen) schließen, in welchen Deutschland seine ersten Künstler erkennt. Die kolossale Barfüßerkirche, prächtig erleuchtet, wird dem Orchester Raum geben, in welchem 300 meisterliche Spieler und Sänger mit deutscher Kunst und mit der Sängerkunst des befreundeten Italiens dem Protektor (Beschützer) des Vaterlandes huldigen. Noch nie versammelte sich in unserer Nähe eine solche musikalische Akademie (Gesell-
schaft); sie konnte keinen größeren Tag ehren als diesen.
Es bedarf wohl kaum unserer Ladung ans Publikum, daß es diese schönen Genüsse teile. Das Große und Erhabene hat in sich seine Beglaubigung, und es wird uns Freude sein, durch seltenen Genuß eines Tages Feier zu erhöhen, der dem Großen gilt und dem Erhabenen.
Erfurt, im Juli 1811.
Die Finanz- und Domänenkammer, von Resch, Präsident.
71. Wie die Franzoien aus Rußland zurückkehren und in Erfurt Einkehr halten.
1812—1813.
Noch im Spätsommer des Jahres 1812 zogen schön geordnete Truppen in kühnem Siegesbewußtsein durch die Stadt nach
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Extrahierte Personennamen: Rapoleons Napoleon August
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Viii. Wissenschaft und Kunst.
Während des Mittelalters hat das Reichsland, besonders das Elsatz, an den wissenschaftlichen und künstlerischen Bestrebungen Deutschlands großen Anteil genommen. Eine ansehnliche Zahl der bedeutendsten poetischen Werke verdanken wir den Elsässern, ebenso wichtige prosaische Werke geschichtlichen oder pädagogischen Inhaltes; in der Kirche wirkten zahlreiche Gottesgelehrte als Prediger und Schriftsteller. Auch in der Kunstgeschichte nimmt das Reichsland durch feine Bauwerke eine hervorragende Stelle unter den deutschen Landen ein. In Stratz-burg erfand Gutenberg die Buchdruckerkunst.
1. Dichter und Gelehrte.
Zur Zeit Ludwigs des Deutschen (um-850) lebte in Weißenburg als einfacher Mönch ein Dichter, der zu hohem Ruhme emporstieg. Otsried ist sein Name. Um das Christentum zu fördern, um das Heidentum und die heidnischen Volksgesänge zurückzudrängen, dichtete Otsried seinen „Krist", ein Evangelienbuch, in dem er das Leben Jesu erzählt und die Grundlehren des Christentums vorsührt. Das Buch ist besonders sür den Sprachsorscher von hoher Bedeutung, da man ohne Otsrieds Gedicht die deutsche Sprache im 9. Jahrhundert nur sehr unvollkommen kennen würde.
Ungefähr dreihundert Jahre später lebte im Elsaß ein anderer, nicht weniger berühmter Dichter, Heinrich der Gleißner. Sein Gedicht, mit dem Titel „Jsengrimms Not", stellt die Feindschaft und die Kämpfe des Wolfes und Fuchses dar. Es ist demnach die Bearbeitung einer Tiersage, eines Stosses, an dem unsere Vorfahren große Freude hatten.
Heinrich der Gleißner schrieb in der Zeit Barbarossas. Damals lebten viele Dichter, die wegen ihrer zarten Lieder gern mit Nachtigallen verglichen wurden. Und die Führerin dieser Nachtigallenschar war die Nachtigall vou Hagenau, Reinmar der Alte. Das Elsaß dars sich rühmen, in ihm einen der gefeiertsten Dichter des deutschen Mittelalters zu besitzen.
Ein ariderer Dichter damaliger Zeit ist Gottfried von Straßburg, Stadtschreiber daselbst. Sein Gedicht „Tristan und Isolde" gehört nach Form und Sprache zu dem Schönsten, was das Mittelalter hervorgebracht hat, leidet jedoch durch Mangel an sittlichem Ernst und Tiese.
Eine Zeitgenossin Gottfrieds war Herrad von Landsperg, Äbtissin auf Odilienberg, die von Barbarossa öfters besucht wurde. Sie war eine gelehrte Frau und trug in einem Buche, das sie Lust- oder Wonnegarten (hortus deliciarum) nannte, sorgsam alles zusammen, was die damalige Welt an wissenschaftlichen Schätzen besaß.
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Extrahierte Personennamen: Gutenberg Ludwigs Heinrich_der_Gleißner Heinrich Heinrich Barbarossas Barbarossas Reinmar_der_Alte Gottfried_von_Straßburg Ernst Gottfrieds Barbarossa Barbarossa
Iv_____________Vorwort zu den Präparandenheften.
usw., sondern hier ist wieder eine zweckmäßig gehaltene Aufforderung am Platze,
wie sie in §17, Zeile 1—3 steht. An anderen Stellen muß man dagegen wieder
mit greifbaren Angaben und zweckmäßigen Hilfen zur Hand sein, um den Zögling
nicht zu entmutigen. Kurz, ein Lernbuch darf nicht nach der Schablone den
Stoff gleichmäßig abwickeln, es muß vielmehr gleichsam einen Instinkt für das
jeweilige Bedürfnis des Lernenden haben. Essoll ihn soviel selbst arbeiten
lassen als möglich und ihm soviel helfen als nötig ist.—Außerdem einprägen-
den Stil (f. insonderheit auch die fettgedruckten Kernsätze im Deutschlandteil) und
der straffen Gliederung dienen dein Einprägezweck die stummen Skizzen
(und das eigene Skizzieren), sowie die Namentafeln am Schlüsse jeder Einheit.
Über den Wert der stummen Skizzen kann es wohl kaum noch zweierlei Meinungen
geben (f. das genannte Begleitwort zum Schülerheft). Aber auch deu Namen-
tafeln dürfte ein bedeutender Wert innewohnen. Nehmen wir als Beispiel die
erste dieser Tafeln, § 28, Seite 33 oben. Alfo: die Süddeutsche Hochebene mit ihren
Randgebirgen ist erledigt und soll wiederholt werden. Da beantwortet die Namen-
tabelle auf das bündigste die auf deu Zögling eindringende Frage: Was ist denn
nun eigentlich alles vorgekommen? Darauf kann die Atlaskarte nicht
antworten, weil sie zuviel und die stumme Buchskizze nicht, weil sie zu wenig
enthält und zudem stum in ist. Da bietet sich ihm prompt die Namentabelle an
mit einem hic Rhodus, hic salta! Man versuche einmal die entsprechende Auf-
gäbe: Wo liegt und was ist im einzelnen zu sagen über: —--zu er-
füllen ! Vom Alphabet hin und her geworfen, fühlt man sich bald einem sehr scharfen
Examinator gegenüber, der jedes Nichtwissen unbarmherzig an den Tag bringt
und dadurch den Zögling — und darauf kommt's an — rechtzeitig warnt.
Darum, will er nicht mit großer Selbsttäuschung in den Unterricht gehen, so
möge er die stumme Skizze und die abschließende Namentabelle nicht versäumen!
Daß diese Tabellen nicht etwa dem Lehrer in seinen Wiederholungsmaßnahmen
vorgreifen sollen und auch nicht können, liegt auf der Hand. Sie wollen einzig
den Zögling durch die scharfe Selbstprüsung befähigen, den verschiedenartigsten
Wiederholungsaufgaben des Lehrers standhalten zu können. — Übrigens bietet
jeder Abschnitt zwei solcher Namentafeln, eine kleine ani Ansang und eine
größere, abschließende am Ende. Die kleine am Ansang will vor Beginn des
eigentlichen Unterrichts das elementare Schulwissen wieder festlegen. Lehrer
und Schüler müssen sich zunächst klar darüber werden, was bereits vorhanden
ist. Man klagt, es sei wenig! Aber dieses Wenige soll respektiert und als Sockel
festgelegt werden. Die Präparandenanstalt soll doch nicht zur Kinderschule herab-
sinken. Sie soll doch nicht vollständig von vorn wieder anfangen: Im Westen
Deutschlands fließt der Rhein; er entspringt am Sankt Gotthard usw. usw. So
gut das Seminar von der Präparandenanstalt einen stattlichen Etagen-Rohbau
verlangt, mit ihn im Innern auszubauen und mit einem Dach zu krönen, so gut
kann die Präparandenanstalt von der Schule den zugehörigen Sockel verlangen,
zumal es sich doch um eine Auslese ihrer Kinder handelt. Und dieser Sockel
ist auch vorhanden. Allerdings, bei dem einen ist mehr Wissen vorhanden als bei
dem andern, aber gerade darum ist eine dem Unterricht vorausgehende Normte-
ruug erwünscht. Und sie will die jeweilige erste Tabelle bieten, also z. B. in
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Vi _____Vorwort zu den Präparandenheften.
über einen Kamm scheren. Allerdings für den wissenschaftlichen Betrieb des geo-
graphischen Unterrichts spielen die Städte keine größere (eher eine geringere)
Rolle als die Berge, Flüsse usw., aber für die Bedürfnisse des praktischen
Lebens mit seinem Handel und Verkehr, seinem Zeitnngs- und Nachrichtenwesen
liegt der Schwerpunkt bei weitem bei den Städten. Der im praktischen Leben
stehende Mann wird wohl schwerlich Veranlassung haben, sich auf den Dapsang,
das Nanschangebirge, das Stanowoigebirge, den Purus, den Madeira und deu
Tocantins besinnen zu müssen, aber eine mangelhafte Städtekenntnis wird er
tagtäglich schmerzlich empfinden, weil Handel, Verkehr und Nachrichtenwesen sich
fast immer auf diese, also auf die Wohnstätten der Menschen, beziehen. — Aus
diesem Grunde sind die Abschnitte über die Städte ziemlich reichlich ausgestattet^).
Es ist aber nicht so gemeint, daß jeder nun auch jede Stadt dieses Abschnittes
behalten solle. Die abschließenden Namentafeln schränken die An-
forderuugen sofort wieder auf ein geringeres Maß ein, und die
stummen Skizzeu bedeuten eine noch weitere Beschränkung. Das für
alle verbindliche Normalmaß wollen die Namentafeln sein. Und bei ihnen
kann jeder Lehrer seine individuellen Wünsche aufs schnellste und bündigste für
die Zöglinge zum Ausdruck bringen, indem er vor der Benutzung dieser Tabellen
nötigenfalls Streichungen oder Ergänzungen vornehmen läßt. Übrigens wird
man sich angesichts der Tabellen wohl nieist wundern, welch eine große Zahl von
Namen doch eigentlich bei jedem Land oder Landesteil herausspringt. Und schon
in dieser Beweisführung sehe ich einen Wert dieser Einrichtung!
Eigentliche geologische Kenntnisse setzen die Präparandenhefte weder
voraus, noch bieten sie solche, um dem Seminarunterricht nicht vorzugreifen.
Über die wichtigsten wirtschaftlichen Verhältnisse des betreffenden Landes
unterrichtet jedesmal ein ganz kurzer Sonderabschnitt. Ob diese Abschnitte mit
zur Erledigung kommen, oder ob das Wirtschaftliche auch iu seinen elementarsten
Grundzügen für das Seminar zurückgestellt werden soll, muß anheim gegeben
werden.
Zum Schluß spreche ich meinen herzlichen Dank dem Herrn Seminarlehrer
Ranninger in Ratzeburg aus, der die Freundlichkeit hatte, die Hefte besonders
inbezug auf die aufgenommene Stoffmenge kritisch durchzusehen. Da Herr
Ranninger auch Präparauden in der Erdkunde unterrichtet, so war mir seine
Beurteilung besonders wertvoll. — Verbesserungsvorschläge werden freundlichst
erbeten und mit Dank entgegengenommen.
Plön, Luisenhöhe, im September 1912.
ß. ßarms.
i) Die Städtebetrachtung sott natürlich nicht erst bei diesen Sonderabschnitten ein-
setzen, sondern im Unterricht mit der Gesamtdarstellung verwebt, mindestens aber an jede
Einzellandschaft unmittelbar angeschlossen werden, weshalb es am Schluß einer Einzel-
betrachtung auch meist heißt: Die Städte dieses Gebietes s. § x, Abschnitt y.
Sie auch hier, bei diesem Einzelabschnitt, zu behandeln, gestattete der Raum nicht.
Einmal konnteu sie nur geboteu werden, und da zog ich die Zusammenstellung in einem
Sonderabschnitt vor.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe]]