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der ein Name, noch irgend eine Inschrift eingegraben, nur die Kaiserkrone ist auf der halbrunden Fläche der Vorderseite angebracht. Was braucht es auch eine rühmende, lobpreisende Inschrift für diesen gütigsten Mann, der je aus einem Fürstenthrone gesessen, was sollen üppige Wappenzierden und prunkende Siegeszeichen am Gedächtnismale unseres alten, weisen Kaisers? — Auch ohne Sieger- und Herrscherpracht bleibt er in unseren Herzen und Gemütern leben als des jungen Deutschlands erster, großer und gütiger Kaiser! — K. Lürtziug.
100. Kailerbeluche in Erfurt, a) Besuch der Kaiserin flugufta.
Noch ehe Kaiser Wilhelm I. selbst einmal Erfurt mit seinem Besuche beehrte, traf seine Gemahlin zur Besichtigung der „Allgemeinen Deutschen Gartenbau-Ausstellung" ein (September 1876).
Leider war es ein regnerischer Septembertag, an dem die Kaiserin die festlich geschmückte Stadt unter Glockengeläute und Kanonendonner durchfuhr. Die Schulkinder halten zur Begrüßung in den Straßen Aufstellung genommen. Auf den Domstufen bildeten die weißgekleideten und mit Blumenkränzen geschmückten Schülerinnen der Mittelschule ein großes A, während die Knaben die Zwischenräume füllten. Als aber der Wagen der Kaiserin herankam, liefen alle in großer Freude die Stufen herunter, um der hohen Frau ihre Huldigung darzubringen.
Beim Eintreffen auf dem Ausstellungsplatze, dem Nordabhang der Friedrich Wilhelmshöhe, teilten sich die schweren Wolkenmassen. Die Sonne brach machtvoll durch und bestrahlte das Häusermeer der Stadt. Da konnte sich die Kaiserin nicht enthalten auszurufen: „O, wie prächtig ist es hier! Und daß gerade jetzt ein Sonnenblick die Gegend erhellt! Wie trefflich ist dieser Platz für die Ausstellung gewählt!" —
Die zur Ausstellung benutzte Oertlichkeit wurde im Jahre darauf in einen Park umgewandelt, welcher mit Zustimmung der Kaiserin den Namen „Angnstapark" erhielt. Die in ihm aufgestellte Säule, welche ein Adler krönt, ist ein Gefchenk der Kaiserin.
b) Kaiser Wilhelm I. in Erfurt.
Die Bekanntgabe des Besuches Kaiser Wilhelms I. in unserer Stadt versetzte die gesamte Bürgerschaft in helle Freude. Wohl war der Kaiser als junger Prinz mehrmals mit seinem Vater in Erfurt gewesen, auch hatte er in den Jahren 1831 und 1851 für längere Zeit hier geweilt, aber seit dieser Zeit nicht wieder.
Schon lange vor dem 20. September 1883, dem Tage der Ankunft, waren viele Hände tätig, die Stadt festlich zu schmücken. Selbst der Aermste unterließ es nicht, sein bescheidenes Heim zu
17'
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lassen, wie wir solche noch bei Hopfgarten und Nieoerzimmern sehen. Ein Wächter, der baneben in einem kleinen Häuschen wohnte, hielt von der Plattform des Turmes Umschau und melbete burrf) Anzünben von Reisigbünbeln die brohenbe Gefahr. Die Bauern hatten dann Zeit genug, sich zu bewaffnen und zur Gegenwehr anzuschicken, währenb ein Eilbote von der Stadt Hilse erbat.
Gründung der Universität: Von ihrem Reichtum machte
die Stadt auch anberweit guten Gebrauch. So gründete der Rat ans eigenen Mitteln 1392 die Universität, die fünfte in Deutsch lanb. Sie erfreute sich balb unter den Stubenten wegen der Tüchtigkeit ihrer Lehrer eines hohen Rufes. Luther, wohl der berühmteste ihrer Schüler, bezeichnete die übrigen Universitäten im Vergleich mit ihr als Schützenschulen. Zu seiner Zeit hatte die Erfurter Hochschule ihren höchsten Ruhm. — Von ihr ging b am als der Schlag aus, der die scholastische Wissenschaft') vernichtete; beim die „epistolae virorum obscurorum“, jene Satiren, die ihr den Tobesstoß versetzten und die 1515 ohne Nennung des Verfassers und des Druckortes erschienen, haben sicher den Ersurter Gelehrten Crotus Rubianus zum Verfasser. Auch gebührt der Erfurter Universität der Ruhm, die erste gewesen zu sein, welche der humanistischen Wissenschaft?) im Hochschulbetriebe zum Siege verhelfen hat. — Doch schon balb erblich der Glanz der Hochschule. Vor mehr als 100 Jahren führte sie bis zu ihrer Aufhebung im Jahre 1816 nur noch ein kümmerliches Dasein. — Ein Bilb im Rathaussaal erinnert an die Blütezeit der Hochschule. Der Künstler hat die vier bebeutenbsten Männer derselben gewählt und sie auf feinem Bilbe verewigt: Luther, der Gottesgelehrte, Amplonins, der Heil funbige, Henning Goebe, der Rechtsgelehrte und Eoban Hesse, der Weltweise, vertreten die vier Fakultäten (Hauptabteilungen einer Hochschule) und hulbigen der Universität (Gesamtheit der Wissenschaften), die als sttzenbe Frauengestalt bar gestellt ist (Luther- u. Amploniusstraße). Sonst erinnern an die Universität nur noch einige der Stätten, an benen früher unterrichtet wurde, z. B. das Hauptgebäube, das große Collegium (Michaelisstraße 39).
Mittelalterliche Bauart (Gotik): Auch die Bürger ver-
wcinbten ihren Reichtum in nützlicher Weise. Herrliche Bauten entstauben bamals und führten eine bebeutcnbe Verschönerung der Stadt in ihrem Aeußeren herbei. Hatte man sich vorher fast burch-weg auf die einfachsten Holzhäuser beschränkt (s. Erfurt im 14. Jahrfmnbert usw., Nr. 31), so wurde das nun anders. Große Anlagen würden geschaffen: nach der Straße zu erhob sich ein mächtiges Vorbergebäube, an das sich beiberseits lange Seitengebäube anschlossen, die durch ein ansehnliches Hintergebäube verbunden waren. Die ganze Gebäubeanlage schloß einen länglichen Hof ein.
!) Scholastik — streng wissenschaftliche Gottesgelebrtheit des Mittelalters. 2) Humanismus - - Pflege des altklassischen Schrifttums.
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allen bekannten Vorschriften in größter Ordnung und Ruhe zur Besetzung der Außenwälle und inneren Stadtmauer ihrer Viertel ab. Für den ersten Augenblick standen der Stadt wohl gegen 2000 Bürger zur Verfügung. Rüstung und Waffen hatte jeder auf eigene Kosten zu beschaffen, und wurden diese alljährlich vor dem 1. Mai auf ihre Tauglichkeit geprüft. Die reichen Bürger, namentlich die Stadtjunker, erschienen ganz in ritterlicher Ausstattung. Die Biereigen und wohlhabenden Handwerker führten als Waffen anfänglich die Armbrust, später vorwiegend Büchsen; den Leib schützten sie durch Harnisch, Kettenhemd und Eisenhut. Tie übrigen hatten nur Spieß, Eisenhut und Joppe, ein leichtes Kettenhemd.
War eine Belagerung vorauszusehen, dann wurde auch das Landvolk aufgeboten, und in Notfällen griff man fogar auf die Handwerksgesellen, die Juden und selbst auf die Geistlichen zurück. Türme, Tore und die hölzernen Bohl- oder Bollwerke auf den Außenwällen besetzten die Armbrust- und Büchsenschützen. Die weniger gefährdeten Wallabschnitte und die innere Befestigung wurden den leichter bewaffneten Bürgern und Bauern anvertraut. Einige von ihnen mußten auch die Türme besetzen, um bei einem etwaigen Sturmangriff Kalk und Steine herabzuschleudern. Für den Fall eines Brandes durch feindliches Feuer war bestimmt, daß die Frauen und Lehrjungen in den Häusern Wasser zum Löschen und Kessel und andere Geräte zum Ersticken der Pechkränze und Brandpfeile bereit zu halten hatten.
An einem Ausfall beteiligten sich auch die Söldner. Für alle bildete dann das Stadtbanner, das weiße Rad im roten Felde, den Sammelpunkt. Die Rettung des Banners war Ehrensache: sein Verlust war das Zeichen zum Rückzug oder zur Flucht.
Das Zeughaus: Das städtische Zeughaus enthielt einen
großen Vorrat von Schutz- und Trutzwaffen. Es war zuerst im Blydenhofe, später in einem Hintergebäude des Rathauses eingerichtet. Als letzter Rest des ehemaligen Waffenvorrates der Stadt sind neben der Armbrust noch eine größere Zahl Schilde, mit denen sich die Schützen deckten, erhalten geblieben. Sie bilden ein ebenso seltenes, wie wertvolles Besitztum des städtischen Museums. Nahe dem Blydeuhofe stand auch einer der städtischen Kornhöfe (heute Magazin des Kgl. Proviantamtes), eine der großen Vorratskammern der Stadt zur Zeit des Krieges. (Nach Prof. Dr. Karl Beyer, Major Vollrath u. a.)
22. Rudolf von ßcibsburg in Erfurt 1289 — 1290.
Um auch Thüringen den langersehnten Landfrieden zu bringen, entschloß sich König Rudolf, selbst nach Norddeutschland zu kommen. Er erkor sich Erfurt für die Dauer seines Aufenthaltes
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Extrahierte Personennamen: Karl_Beyer Karl Major_Vollrath Rudolf_von_ßcibsburg Rudolf König_Rudolf Rudolf
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schildert, da der tapfere Streiter Gottes im Jahre 1521 auf der Reife nach Worms begriffen war, wo er sich wegen seiner Schriften und Lehren vor Kaiser und Reich verantworten sollte. Man erkennt, wie ihn die Professoren der Universität, allen voran der Rektor Crotus Rubianus mit seiner Amiskette und der Dichter Eobanus Hessus, mit Verehrung begrüßen, wie sich hinten das Volk herzudräugt, um das bleiche, kühne Angustinermcnchlein zu sehen, das Papst und Kaiser Trotz bieten und Widerspruch leisten will. —
Umgebung: Man hat den Ort für das Denkmal mit gutem Bedacht im Norden des belebtesten Platzes der Stadt vor der altersgrauen Kaufmanns-Kirche gewählt, deren schöne Türme sich im Hintergründe erbeben.
So steht das Denkmal da in der Nähe ehrwürdiger Kirchenmauern, ihm zur Seite srisches, lebendiges Grün der Bäume und Sträucher, und rings herum eilt der geschäftige Verkehr. Ta schreitet der Wandersmann vorbei, sieht mit Ehrerbietung zu dem ehernen Manne empor und wandert weiter der unbekannten Ferne zu. Der Bauer, welcher zum Markte hereinfährt, wirft dem Standbilde einen grüßenden Blick zu, und fast jeder Vorübergehende nimmt sich ein Weilchen Zeit, das Denkmal zu betrachten. Und auch du, lieber Leser, verweile ein wenig, wenn dich der Weg vorbeiführt, und denke des wackeren Mannes Luther in Treue, gedenke deiner Väter, die für ihn begeistert waren, die sür den Glauben an dieses Mannes lautere Lehren einst gelebt und gelitten haben.
K. Lürtzing.
4-ö. Dr. Faust in Erfurt.
(Eine Sage.)
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, ungefähr bis zum Jahre 1520, hat dieser berübmte und zugleich berüchtigte Mann, der aus Knittlingen in Schwaben stammte, in Ersnrt gelebt. Er wohnte
in der Michelsgasse neben dem großen Kollegium und las als ein
gelehrter Professor im großen Hörsaale der Universität über griechische Dichter. Namentlich erklärte er seinen Zuhörern, den Studenten, den Homer und beschrieb ihnen die Heldengestalten der unsterblichen Gedichte Ilias und Odyssee so lebendig, daß das Verlangen rege wurde, dieselben mit Augen zu erschauen. Als einem Meister der Magie (Zauberkunst), die in jener Zeit als „dunkle Philosophie" (Weltweisheit) selbst auf deutschen Hochschulen gelehrt wurde, war es dem in allen damals bekannten Künsten der Physik bewanderten Faust leicht möglich, den Studenten die Schattenbilder griechischer Helden leibhaftig vor Augen zu stellen. Zuletzt
ließ er den greulichen Riesen Polyphem auftreten, vor dessen über* gewaltiger Erscheinung die ganze Zuhörerschaft bebte ls. Rathausbild).
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oder Vierherren genannt, wurden alljährlich von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte gewählt. Sie hatten das 91 echt, sich im Rathaus aufzuhalten, die Klagen der Bürger anzuhören und vor den Rat zu bringen. Dieser mußte in einem solchen Falle sofort seine Verhandlungen unterbrechen, den Kläger hören und ihm ein Urteil geben. Doch schon wenige Jahre darauf wurden die Vierherren in den Rat ausgenommen. Sie erlangten in ihm eine solche Bedeutung, daß sie sich später als die eigentlichen Stadtregenten ansehen konnten. Zu dieser Zeit wurden sie wieder ans den ratsfähigen Familien gewählt. Mit der Ausnahme der Vierherren in den Rat hörten die inneren Zwistigkeiten aus (1322) und ruhten fast 200 Jahre.
Zu dieser Zeit bestand der Rat aus vier Ratsmeistern, vier Vierherren und zwanzig Ratsmannen, bei fünfjährigem Tranfitns also aus 140 Personen. Er hielt sich an die aufgezeichneten Vorschriften und vermied jede Parteilichkeit und den Mißbrauch städtischer Gelder. Er richtete vielmehr sein Augenmerk aus die Erhaltung des Landfriedens und den Straßenschutz, wovon die Macht der Stadt und der Wohlstand der Bürger abhing. Beide hoben sich darum auch zusehends trotz der mancherlei Unglücksschlüge. Häufige Mißernten riefen große Hungersnöte hervor (1315 und 1368), und mehrmals (1345, 1382 u. 1462) brach die Pest aus
(s. Der schwarze Tod in Erfurt und die Geißler, Nr. 26 u. das Pestkreuz in den Anlagen an der Nachoderstraße).
In diesem Zeitabschnitt wurde Erfurt zur „einzigen wirklichen Großstadt Mitteldeutschlands, die sich an Reichtum und Volkszahl mit Straßburg und Frankfurt und mit Nürnberg und Danzig messen konnte."
Erfurter Handel: Der Stadtsäckel wurde gefüllt aus den
reichen Einnahmen, die das Stapelrecht1) brachte. Die Bürger dagegen sammelten ihre Reichtümer aus dem Handel mit Waid, dem damals einzig vorhandenen Blau- und Grünsärbemittel und aus dem Handel mit den gegen den Waid eingetauschten Kolonial-
waren und den Erzeugnissen der heimischen Wollweberei und Gerberei (s. 1. Erfurter Handel und Handelsstraßen, Nr. 32, 2. Auf
i) Alle Kaufleute, die mit ihren Wagen in einem bestimmten Umkreis Thüringen durchfuhren, mußten nach Erfurt kommen und hier niederlegen, d.h. an die Bürger verkaufen. Diese besaßen das Vorkaufsrecht. Erst nach ihnen konnten auch Fremde kaufen. Das Niederlegen geschah im Kaufhaus
oder in der Wage, einem besonders dazu eingerichteten Gebäude mit großem
Hof und vielen Kammern, welche die Kaufleute pachten mußten^ Anfänglich diente wohl das untere Stockwerk des Rathauses diesem Zwecke. Im 14. Jahrhundert aber stand das Kaufhaus Michaelisstraße 7. Heute erinnert noch die Wagegasfe an dieses Gebäude. Später diente der Packhof, der auch Wage genannt wird, als Kaufhaus (Anger, Ecke Bahnhofstraße). — Auf jedes Geschäft mußte ein Zoll entrichtet werden, bald vom Verkäufer oder vom Käufer allein, oft aber auch von beiden zugleich. Die Einrichtung t>es_ Niederlegend war für die Kaufleute ein sehr häßlicher Zwang. Sie hörte im 16. Jahrhundert, als Leipzig durch Begünstigung der sächsischen Fürsten fast den ganzen thüringischen Handel an sich riß, allmählich auf.
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Osten nach dem Rheine führte", mußte sich unbedingt eine größere Siedlung entwickeln. Sie fand Bonifacius bot, als er auf seinen Missionsreisen nach Thüringen kam (s. Bonifacius kommt nach Thüringen, Nr. 13 it. Bonifacius in Erfurt, Nr. 14). Doch schon bor ihm hatten iroschottische Missionare, Kilian und Willibrord, um die Wende des 7. Jahrhunderts in Thüringen das Christentum gepredigt. Was aber sonst über die Verbreitung des Christentums und über die Gründung bort Kapellen auf Erfurter Gebiet in der Zeit bor Bonifacius gesagt wird, ist sagenhaft (s. Die zwölf Schüler, Nr. 11 u. Adeodatus, Nr. 12). Der von den ersten Missionaren ausgestreute Same scheint nur spärlich ausgegangen zu sein, so daß der Apostel der Deutschen von neuem mit der Ausbreitung der christlichen Lehre beginnen mußte. Seine wiederholten Besuche in Erfurt überzeugten ihn aber, daß die Stadt infolge ihrer günstigen Lage zum Sitz eines Bischofs und zum Mittelpunkt aller Bestrebungen, das Christentum in Thüringen auszubreiten. wie geschaffen sei. Er errichtete darum (742) das Bistum Erfurt. Es ging jedoch nach seinem und des ersten Bischofs Tode, dessen Namen die Geschichte nicht bezeichnet hat, wieder ein. Die christliche Lehre aber, die festen Fuß gefaßt hatte, blieb, und ihre Lehrer gründeten noch manche kirchliche und klösterliche Stiftung. Aus dieser Zeit stammt der herrliche Dom und das einst so berühmte Petersklofter (s. Bei den Mönchen von Skt. Peter, Nr. 15).
Die frommen Stiftungen wurden für das wachsende Erfurt von größter Bedeutung; denn die Klosterbrüder berbesserten Ackerbau und Viehzucht, trieben Wein- und Gartenbau und gründeten die ersten Meierhöfe, die Ansänge unserer heutigen Dörfer. Sie gaben der Gera bestimmte Ufer und überbrückten sie mehrmals; auch erlaubten sie gegen ein geringes Standgeld den Verkauf von Waren auf den Brücken, wodurch sie Handel und Verkehr bedeu-tend förderten. Solche Brücken sind die heute noch stehende Krämer-und Lehmannsbrücke. Aus ersterer ist sogar eine geschlossene Straße geworden, in welcher man von dem darunter fließenden Wasser nichts mehr wahrnimmt.
„So wuchs Erfurt sowohl an äußerer Größe, als an innerem Wohlstand und war schon zu Karls des Großen Zeiten bedeutend genug, daß dieser es zu einer Stapelstadt auswählte." Er traf die Bestimmung, daß die Kaufleute, welche mit den slawischen Völkern jenseits der Saale und Elbe Handel treiben wollten, hier ihre Niederlage zu halten hatten (f. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 5). Unter feiner Regierung wird urkundlich auch die Pfalz auf dem Petersberge erwähnt (802), ein Gebäude, in welchem die königlichen Beamten wohnten und die Synoden und Reichstage abgehalten wurden.
Nach ihm gehörte die Stadt (seit 843) politisch mit dem übrigen Thüringen dem Könige Ludwig dem Deutschen, der in ihr
i
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Kilian Kilian Willibrord Apostel Peter Karls Ludwig_dem Ludwig
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und salbte den Kaiser, wenn die Krönung in seinem Gebiete geschah. Sein weltliches Gebiet umfaßte die fruchtbarsten Gaue Deutschlands und sein geistliches erstreckte sich weit über die Grenzen seines weltlichen. Aus allen diesen bedeutenden Stellungen des Kurfürsten und dem ihm gezollten hohen Ansehen ist es erklärlich, daß sein Wappen, das Rad, von jeher die Aufmerksamkeit der Geschichtsforscher und Wappenkundigen erregt und mancherlei Deutungen erfahren hat. Besonderen Beifall unter den Laien fand die nachstehende, romantische Sage:
Im Jahre 975 wurde Willegis, ein frommer und gelehrter Mann, zum Erzbischof von Mainz gewählt. Er war von geringer Herkunft und eines armen Wagners Sohn aus Schöuiugeu im Braunschweigischen. Deshalb haßten ihn die adligen Domherren und Stiftsgenossen, nahmen Kreide und malten Räder an die Wände und Türen feines Schlosses. Sie gedachten, ihm damit eine Schmach anzutun. Als der fromme Bischof ihren Spott vernahm, ließ er einen Maler rufen und befahl ihm, in alle Gemächer weiße Räder in rote Felder zu malen und dazu den Reim zu setzen:
„Willegis, Willegis, erinnere dich,
Wer du bist und woher du gekommen bist."
Seit dieser Zeit haben dann alle Erzbischöfe zu Mainz weiße Räder im roten Felder geführt. Andere Berichte fügen noch hinzu, Willegis habe seitdem aus Demut an seiner Bettstatt ein hölzernes Pflugrad hängen gehabt.
Eine andere Deutung des Wappens geht dahin, daß dieses überhaupt kein Rad, sondern ein Kreuz mit einem darauf gelegten Andreaskreuz vorstelle, die durch einen Ring miteinander verbunden seien. Das Rad wäre somit ein altes Christenzeichen, wie man es öfters als ein Weihezeichen in Kirchen antrifft. Diese Meinung hat man auch beim Entwurf des großen Königlich Preußischen Wappens als die richtige ausgestellt, denn in der Verordnung wegen des Königlichen Titels und Wappens vom 9. Januar 1817 wird verfügt, daß wegen Erfurt „im roten Felde ein silberner Zirkel und in diesem ein gewöhnliches und ein Andreaskreuz geführt werden soll."
Die Farben des Wappens sind Silber (Weiß) und Rot. Ueber ihren Ursprung ist folgende Meinung verbreitet: Die fränkischen
Herren hatten die Gewohnheit, ihre Schilde rot und weiß anstreichen zu lassen, und da nun das Erzbistum Mainz zu Franken gehörte, ja die erzbischöfliche Residenz Mainz die alte Hauptstadt des Landes war, fo ließen auch die Erzbischöfe diese Farben anwenden. Zugleich nahmen sie das ihnen zuständig gewesene Sinnbild, das Rad, ins Wappenbild auf. (Nach K. Herrmann.)
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suchte die Stadt, Anschluß an Sachsen zu gewinnen. Durch die vereinten Bemühungen des Oberratsmeisters Adolarins Huttener und des berühmten Rechtslehrers Dr. jnr. Henning Goede, wurde mit Sachsen ein freundschaftlicher Vertrag geschlossen. Durch ihn wurden alle seit 1509 den Mainzern eingeräumten Rechte sür null und nichtig erklärt und der Zustand von diesem Jahre wieder hergestellt. — So hatte Mainz in dem großen Kampfe um Erfurt doch endlich verspielt. Es war der Stadt gelungen, ihre Unabhängigkeit zu behaupten, ob freilich zu ihrem Vorteil, das bleibt dahingestellt. Wenn auch von Sachsen mit Rat und Tat unterstützt, so war Erfurt doch in Wirklichkeit auf sich allein angewiesen und dies zu einer Zeit, in welcher es durch die großen Entdeckungen und die dadurch bedingte Aenderung der Verkehrsstraßen abseits der neuen Handelswege zu liegen kam. Auch wurde der
Stadt durch die Einführung des Indigo großer Schaden zugefügt,
da der Waidhandel immer geringer wurde. Außerdem erhielt sie in dem von den sächsischen Fürsten begünstigten Leipzig eine gewaltige Wettbewerberin, die allmählich einen großen Teil des
Erfurter Binnenhandels an sich riß. Ihr war durch kaiserliche
Gunst gleich Erfurt Niederlage und Stapel und noch das Recht geworden, daß „hinfüro" kein Jahrmarkt, keine Messe oder Niederlage fünfzehn Meilen rings um die benannte Staidt aufgerichtet und gehalten werden solle, in keinerlei Weise." Wäre Erfurt damals unter sächsische Herrschaft gekommen, dann wäre ihm sicherlich eine größere Zukunft befchieden gewesen; es wäre an Leip-
zigs Stelle getreten. So aber ging es mit ihm in jeder Hinsicht weiter bergab.
Auch auf wissenschaftlichem Gebiete ging es rückwärts. Zwar stand die Universität zur Reformationszeit noch auf der Höhe ihres Ruhmes. Eine Zahl junger, tüchtiger Gelehrter, um den hochgefeierten Dichter Eoban Hesse geschart, verbreitete den wissenschaftlichen Ruf der Hochschule im Reich und im Ausland (s. Nr. Ii). Bald aber kehrten viele Studenten wegen der durch die Reformation veranlaßten Streitigkeiten Erfurt den Rücken und wandten sich nach den aufblühenden Universitäten Leipzig und Wittenberg. Zumal die letztere hatte einen starken Zulaus, da Luther an ihr
lehrte und wirkte, der vorher als Student und Augustinermönch in Erfurt geweilt hatte (f. Nr. 38a—c, 39, 40, 41, 45 u. 46).
Der Bauernaufstand 1525 brachte der Stadt keine große Schädigung. Wohl ließen die Bauern ihre blinde Wut am Mainzer Hof, der damaligen Wohnung des Statthalters, aus und plünderten eine Anzahl Kirchen und Klöster. Als aber die Nachricht von der Niederlage ihrer Gesinnungsgenossen bei Frankenhausen eintraf, verließen sie eilig die Stadt (s. Nr. 42, 43 u. 44).
Die Zeit vor dem 3vjährigen Kriege, die Renaissance-zeit: Die nun folgende lange Friedenszeit, die bis zum Beginn
des 30jährigen Krieges dauerte, war der Stadt und dem Wohl-
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zu mißhandeln. Nun griff der Erzbischof von Mainz, der Vollstrecker der Acht, mit Waffengewalt ein. Unterstützt durch sranzö-sische Truppen, die unter dem Befeble des Generals Pradel standen, gelang es ihm mit einem Heere von 15000 Mann, die Stadt, die kaum noch 10000 Einwohner zählte, einzunehmen. Am 15. Oktober 1664 mußte sich Erfurt dem Kurfürsten gegen das Versprechen des Straferlasses und der Religionsfreiheit ergeben. Anfang November hielt er seinen Einzug, und der Rat mußte ihm huldigen (Rathaussaalbild). Von nun an war Erfurt eine rnain zische Landstadt. Um sich aber dauernd ihres Besitzes erfreuen zu können, schuf der Kurfürst die Befestigungen auf dem Petersberge.
Friedliche Entwicklung nach 1664 (Barock- urrd Rokokozeit) : Für Erfurt kam nun eine Zeit vieljähriger Ruhe, in welcher die von Mainz eingesetzten Statthalter versuchten, die Wunden des großen Krieges und der Folgezeit zu heilen. Durch die fürsorgende Tätigkeit der Statthalter v. Boynebnrg (Boynebnrgufer) und v. Warsberg kehrte auch ein bescheidener Wohlstand und ein stilles Bürgerglück in die Stadt zurück. Dem ersten verdankt Erfurt eine Reihe prächtiger Bauten, z. B. den neueren Teil des Regierungsgebäudes mit dem prächtigen Barockportal (1713—1714) und den sogenannten Packhof (1715), der ebenfalls im Barockstil errichtet wurde. Außerdem wurde unter ihm das alte Rathaus verschönert. Der Statthalter von Warsberg aber sorgte sür den Wiederaufbau der Stadt nach dem großen Brande von 1736, der besonders in der Gegend der Predigerkirche gewütet hatte. Er
ließ sich ferner die Hebung von Handel und Gewerbe angelegen sein, gründete (1754) die noch bestehende Akademie (gelehrte Gesellschaft) der Wissenschaften und legte der Statthallerei gegenüber den Hirschgarten an (1740), in dem eine Anzahl Hirsche gehalten wurden. Später wurde der Platz in einen Garten umgewandelt und noch später mit Standbildern aus der griechischen
Götterwelt geschmückt, die dem Schloßpark von Molsdorf entstammten (s. Bei Graf Götter in Molsdorf, Nr. 57).
Sonst verlief die Zeit für die Erfurter in Ruhe und Frieden. Der Welt Händel gingen lange Zeit spurlos an Erfurt vorüber; seine Bürger sahen nur die um ihres Glaubens willen vertriebenen Salzburger. Mehrere ihrer Züge berührten auf der Wanderung nach Preußen erfurtifches Gebiet (s. Die Salzburger auf ihrem Zuge durch das Erfurter Gebiet, Nr. 56).
Der siebenjährige Krieg: Bald aber trat ein neuer Still-
stand in der friedlichen Entwicklung der Stadt ein. Der Kurfürst von Mainz, der auf der Seite der Feinde Friedrichs Ii. stand, hatte sich ans dem Reichstage zu Regensburg die Belegung des Königs mit der Acht besonders angelegen sein lassen. Friedrich, dem dies nicht unbekannt geblieben war, erteilte darum den Befehl, die kurfürstlichen Staaten als Feindesland zu behandeln. Von dieser Maßregel wurde nur der Thüringer Teil des Mainzer
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Extrahierte Personennamen: Warsberg Friedrichs Friedrich Friedrich
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mehrere Wochen, Egerbrunnen trinkend, hier verweilt. Sie hatten im Hause der Witwe des Biereigen und Holzhändlers Beyer am Plänchen, jetzt Langebrücke 36, mietsweise eine Privatwohnung inne, die Wohl Professor Dominikus ausfindig gemacht hatte. Noch ist eine Glasscheibe der damaligen Wohnung (im Erfurter Städtischen Museum befindlich) erhalten, in die, vermutlich von des Dichters eigner Hand, der Name „Schiller" eingeritzt ist. Vorhanden ist auch noch das im ersten Stock gelegene Erkerstübchen, die Arbeitsstätte des teuren Mannes, aus deren südlichem Fenster man einst in einen duftenden Garten und gerade auf einen herrlichen Apfelbaum hinabsah. Geblieben ist auch der durch eine schmale Galerie (Gang) vom Schillerzimmer aus zu erreichende Vorsaal, unter dessen Stuckdecke der fleißige Forscher so oft mit über den Rücken hängendem Zopfe sinnend hin und her gewandelt ist.
Da sich der Egerbrunnen von wohltuender Wirkung auf Schillers Befinden erwies, so zog neue Kraft bei ihm ein. Bereits am 6. September meldete er an Körner nach Dresden, daß er imstande sei, zwei bis drei Stunden des Tages zu lesen, ohne sich anzustrengen, und in der zweiten Hälfte des Septembers diktierte er täglich vier, auch fünf Stunden an der Fortsetzung seines „Dreißigjährigen Krieges".
Aber nicht nur der Geschichtsschreiber, sondern auch der dramatische Dichter Schiller sand in jenen Erfurter Tagen Beschäftigung. Die Gesellschaft des Weimarer Hoftheaters führte damals in Erfurt etwa 20 Stücke aus, darunter am letzten Tage, am 25. September, aus des Dichters eigene Veranlassung den „Dom Karlos". Der Erfurter Theaterzettel besagte, daß die Ausgabe, nach welcher das Stück aufgeführt werde, von dem Herrn Verfasser eigens neu bearbeitet fei (eine Theaterbearbeitung in Versen, wie eine solche schon am 6. April 1788 in Mannheim über die Bühne gegangen war); und aus einem Briese eines mitwirkenden Schauspielers wissen wir, daß Schiller gewissermaßen als Dramaturg (Bühnenkenner) mit der Besetzung der Rollen für diese Aufführung zu tun hatte. Einen Tag später wurde hier auch der „Fiesko" ausgeführt, doch nicht von den Weimaranern, sondern von der „hiesigen Nationalgesellschaft", einer Vereinigung Erfurter Dilettanten (Liebhaber).
Während des Erfurter Aufenthaltes pilgerten verschiedene ausrichtige Verehrer des Dichters, vornehmlich seurige Jünglinge, doch auch Männer, nach hier, um Schiller ihre Huldigung darzubringen.
Leider drückten den Dichter damals Geldsorgen. Der Koadjutor, welcher „recht freundlich um ihn bekümmert" war, und bei dem er die Abende zuzubringen pflegte, konnte ihm, da er selbst einen unverhältnismätzigen Aufwand machte, in dieser Beziehung nicht Helsen. Doch bat Schiller auf sein Anraten den Herzog von Weimar brieflich nm eine Besoldung, die hinreichend wäre, ihn im äußersten Notfälle außer Verlegenheit zu setzen. Der Herzog
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