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1. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 59

1910 - Berlin : Parey
Preußens Unglücksjahre 1806 und 1807. 59 die preußische Sache verlassen und dafür den Königstitel erhalten hatte. Endlich nutzte Preußen 120 Millionen Mark Kriegskosten zahlen; erst nach Zahlung dieser Summe sollten die preußischen Festungen und das Land von den Franzosen geräumt werden. Gleichzeitig nutzte Preutzen sich verpflichten, sein Heer auf 42 000 Mann herabzusetzen. So ging die Hälfte des preußischen Staates verloren, und die unerschwinglichen Kriegskosten und die im Lande verbleibende feindliche Besatzung sollten die letzte Kraft des geschwächten Staates untergraben. Des Königs Bundesgenosse, Alexander von Rußland, aber erlitt keine Einbuße; eine Teilung der Herrschaft in Europa war verabredet worden: Alexander den Osten, Napoleon den Westen. 4. Die Ursachen des Zusammenbruchs der preußischen Großmacht. a) Die preußische und diefranzösischekriegsmacht. Das preußische Heer hatte seit dem Tode Friedrichs des Großen viel von seiner Kriegstüchtigkeit eingebüßt. Es betrug zwar noch 200 000 Mann; aber nur ein kleiner Teil davon bestand aus Landeskindern, alle übrigen Soldaten waren angeworbene Fremde, denen die rechte Liebe zur Verteidigung des Vaterlandes abging. Am an Sold zu sparen, wurde ein sehr großer Teil im Frieden beurlaubt zu Arbeiten auf dem Lande oder in den Garnisonstädten. Mit den wenigen Zurückbleibenden aber konnten keine lehrreichen kriegsmäßigen Felddienstübungen vorgenommen werden; so litt dadurch die kriegsmäßige Ausbildung. Die Ausrüstung war mangelhaft, die Uniform eng und unpraktisch, und die schnelle Bewegung der Armee wurde behindert durch einen endlosen Troß von Packpferden und Packwagen. Die obersten Befehlshaber waren alt und grau und wollten nichts von Neuerungen wissen, wie sie jüngere Offiziere, wie Blücher, Kleist, Scharnhorst und Elausewitz schon damals angeregt hatten. ,,Am Alten getreulich festhalten," das war das Losungswort, nach dem man im preußischen Heere handelte; darum verachtete man auch die von Napoleon eingeführte zerstreute Gefechtsweise als feige Kampfesart und blieb bei dem geschlossenen Aufmarsch und Angriff. Und nun die französische Armee! Sie bestand in ihrem Kern aus alt gedienten, durch die vielen Kriege gut geschulten Truppen, geführt von jungen Offizieren, die zum größten Teil im Felde aus den einfachen Mannschaften hervorgegangen waren, und an der Spitze stand der Kaiser, selbst ein Sohn des Volkes und der größte Feldherr der damaligen Zeit. Durch die reichen Erfahrungen

2. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 14

1910 - Berlin : Parey
14 Die Begründung des brandenburgisch-preußischen Staates. auf, so daß schließlich überall und in allen Regierungsangelegenheiten nur sein Wort und Wille galt. Das war der Anfang der unumschränkten oder absoluten Monarchie in Kurbrandenburg. Der Kurfürst erhob von den Grundbesitzern auf dem Lande die .Gründ st euer, damals Kontribution genannt, und in den Städten führte er eine Abgabe auf alle Verbrauchs gegenstände des täglichen Lebens ein, auf Mehl, Fleisch, Kaffee, Tee, Tabak, Bier usw.; diese Steuer hieß Verbrauchssteuer oder Accise. In jeder Stadt befand sich ein kurfürstlicher Steuerkommissar, der sich von allen Waren, die von außen kamen, am Tor eine bestimmte Abgabe zahlen ließ. Diese Abgabe schlug dann der Kaufmann auf den Verkaufspreis. Weil solche Steuern von der Bevölkerung nicht direkt an die Steuerbeamten, sondern indirekt durch den Kaufmann entrichtet werden, so nennt man sie indirekte Steuern. Neben diesen beiden Steuern bestand noch für jeden Kopf der Familie eine Abgabe, die alljährlich direkt an die Steuerbehörde zu zahlen war. Das war die Kopfsteuer, die anfangs für alle, ob arm oder reich, gleich hoch war; erst später entwickelte sich daraus die Vermögenssteuer. Alle Steuern flössen in die gemeinsame Staatskasse. b) Des Kurfürsten Sorge für die Landwirtschaft. Mit der Sorge für eine bessere Verwaltung des Landes ging auch diejenige für die Landwirtschaft Hand in Hand. In die entvölkerten Gegenden rief der Kurfürst fleißige Holländer, die er an den Ufern der Havel, Oder und Warthe ansiedelte. Hier fanden sie ausgedehnte Sümpfe wie in ihrer Heimat und trockneten sie mit gleichem Eifer und gleicher Geschicklichkeit wie dort. Auch viele Schweizer kamen, die besonders erfahren in der Viehzucht waren. Allen Einwanderern gewährte der Kurfürst Reiseerleichterungen und Steuerfreiheit für eine Reihe von Jahren. Auch ganz neue, in der Mark bis dahin noch wenig bekannte Zweige des landwirtschaftlichen Betriebes suchte er einzuführen. In Gemeinschaft mit seiner Gemahlin Luise Henriette förderte er den Gartenbau, den er in Holland aus eigener Anschauung kennen gelernt hatte. Streng hielt er darauf, daß jeder Bauer bei seinem Hofe einen Obst- und Gemüsegarten anlegte, und die auf seinen Besitzungen angelegten kürfürstlichen Küchengärten wurden vorbildlich und regten zur Nachahmung an. Auch dem Tabaks- und Kartoffelbau suchte der Kurfürst in seinem Lande Eingang zu verschaffen. Bisher hatte man die Kartoffel nur als Gemüse in kleinen Mengen angebaut, und auch der Tabak war damals noch dem größten Teil der Landbevölkerung fremd.

3. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 15

1910 - Berlin : Parey
Des Großen Kurfürsten landesväterliche Fürsorge. 15 Von großer Wichtigkeit waren die neuen Einrichtungen, die der Kurfürst in der Verwaltung der Domänen traf, um sie zu einer großem Ertragsfähigkeit zu bringen. Sie wurden in Generalund Zeitpacht gegeben. Die Pächter suchten die Erträge der Güter zu steigern und brachten Ackerbau und Viehzucht zu neuer Blüte. Die Bauern aber sahen die Vorteile einer guten Wirtschaft und ahmten sie auf ihrem Hofe nach. So wurden die Großgüter die Ursache zur weitern Hebung der Landwirtschaft in den brandenburgischen Ländern. Durch den Erlaß zahlreicher Bauern-, Gesinde-, Hirten- und Schäferordnungen wurden auch die Dienstleistungen der Bauern festgestellt. c) Des Kurfürsten Sorge für Handel und Gewerbe. Auch dem Gewerbe wandte der Große Kurfürst seine landesväterliche Fürsorge zu. Er bot alles auf, um die Handwerker in den Städten zu vermehren, und erlaubte schließlich jedem Einwohner, ein Handwerk zu erlernen. Auch von außen her zog er geschickte Handwerker in sein Land; besonders wichtig aber wurde die Aufnahme von 20 000 evangelischen Glaubensgenossen, die ihres Glaubens wegen aus Frankreich ausgewandert waren. Die meisten der eingewanderten Franzosen aber waren geschickte Handwerker und tüchtige Fabrikanten und in vielen Künsten und Gewerbsarten den Brandenburgern überlegen. Sie brachten ganz neue Gewerbszweige ins Land und wurden gute Lehrmeister für die Einheimischen. So entwickelten sich unter ihrem Einfluß in den brandenburgischen Landen die Sammet- und Seidenweberei, die Goldschmiede- und Uhrmacherkunst, die Leinen-und Tuchweberei, die Hut- und Handschuhmacherei, so daß schließlich der Kurfürst sogar die Einfuhr vieler ausländischer Waren verbieten oder mit Zoll belegen mußte, um dadurch die heimischen Gewerbe zu schützen. Damit die Landleute und Handwerker ihre Waren auch besser verkaufen konnten, richtete der Große Kurfürst sein Augenmerk auch auf die Förderung des Handelsverkehrs. Um den Brief-, Paket- und Personenverkehr von Stadt zu Stadt und Land zu Land zu vermitteln, richtete er eine regelmäßige Post ein. Von Berlin aus ging sie wöchentlich einmal nach Königsberg und Memel, sowie nach Hamm und Cleve. So wurde der Große Kurfürst der eigentliche Schöpfer des brandenburgischen Po st wesen s. Wie er zu Lande die Wege, Brücken und Dämme verbessern ließ, so war er auch auf gute Wasser st raßen bedacht. Die Oder und Spree verband er durch den Friedrich-Wilhelmskanal, so daß bald die Lastkähne von Hamburg über Berlin nach Breslau fahren konnten. Sogar an den Seehandel dachte der Kurfürst. Er kaufte Schiffe,

4. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 61

1910 - Berlin : Parey
Die Neugestaltung des preußischen Staates 61 Kriegsentschädigung an Frankreich verwendet werden, und so kam es, daß den Beamten oftmals kein Gehalt ausgezahlt werden konnte. So war die Lage des ganzen preußischen Volkes nach dem verderblichen Kriege geradezu entsetzlich. Iii. Die Neugestaltung des preußischen Staates nach den Anglücksjahren. 1. Die treuen Helfer des Königs. Durch den Frieden zu Tilsit war Preußen tief gedemütigt worden; aber tröstlich ist es zu sehen, wie sofort nach diesen furchtbaren Schlägen in allen Volksschichten, von oben und unten her, auf eine Wiedererhebung Preußens hingearbeitet wurde. Man hatte die Schäden erkannt, an denen der Staat fast zugrunde gegangen war, und mit dieser Erkenntnis kam auch der Entschluß, eine notwendige und gründlicherm* gestaltung des gesamtenstaatswesensvorzunehmen.-larum berief der König kluge und Willensstärke Männer an seinen Hof. welche die bestehenden Einrichtungen verbessern sollten; zu diesen gehörten die Minister Freiherr von Stein, Hardenberg und Der General Scharnhorst. Ihnen kam es darauf an, dem Volke wieder einen vaterländischen Sinn einzuflößen, seinen Mut und sein Selbstvertrauen zu stärken und seine Freudigkeit zu jedem Opfer fürs Vaterland zu beleben. Bürger und Bauern sollten frei und selbständig gemacht werden, sollten selbst an der Verwaltung des Staats teilnehmen, aber auch an seiner Verteidigung mitarbeiten. Das waren die Gedanken der Helfer, von denen sie sich bei ihren Vorschlägen leiten ließen. 2. Der freie Bauernstand. Zunächst galt es, einen jjeien Bauern st and zu schaffen, der unabhängig über sein Eigentum, seinen Wohnsitz und seine Beschäftigung verfügen konnte. Was er erwarb, sollte ihm und seinen Kinbern gehören; das Felb, das er bebaute, sollte sein eigen sein, bamit er es um so opferfreubiger gegen alle Feinde verteibigen konnte. Das ist erreicht worben butch verschiebene Gesetze, die in einem besonberen Abschnitt (Seite 76) näher erörtert werben sollen. 3. Der freie Bürgerstand. Seit bent 30 jährigen Kriege waren die Städte mehr und mehr um die selbstänbige Verwaltung ihres Gemeinwesens gekommen. Sie würden von Bürgermeistern und Beamten verwaltet, die der Staat anstellte, die barum auch mehr für den Staat als für die Stadt arbeiteten. Die Bürger hatten nur zu gehorchen und waren von jeber Mitwirkung für das öffentliche Wohl ausgeschlossen. Daher fehlte auch ihnen aller Ge-

5. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 21

1910 - Berlin : Parey
Des Königs Sorge für sein Heer. 21 Schöpfer des preußischen B e amt en st an d es geworden, den er dem Staat als Erbe seines kräftigen Regiments hinterlassen hat. Besonders nahm er sich auch des St euer wesens gewissenhaft an. Wie er in seinem eigenen Haushalt auf Ordnung und Sparsamkeit hielt, so sollte es auch im Staatshaushalte sein. Vor allen Dingen kam es ihm darauf an, die Staatseinnahmen zu vergrößern. Qu Adeligen, die bis dahin meist steuerfrei gewesen waren, zog er zu den Staats steuern heran, so sehr sie sich auch dagegen sträubten. Sie mußten eine Steuer auf ihren Grundbesitz zahlen, die sich nach der Größe ihres Besitztums richtete. In den Städten wurde die Accife, die Steuer auf eingeführte Waren, weiter ausgebaut. Die Domänen, die bisher in Erbpacht standen, ließ er einziehen und sie immer nur auf 6 Jahre verpachten, wodurch ein höherer Pachtzins erzielt wurde. Zur Erhaltung des großen Heeres mußten neue Einnahmequellen eröffnet werden; es wurde die Kriegsmetze eingeführt ; das war eine,Abgabe auf jeden Scheffel Getreide, und die Kovalleriegelder, das war eine weitere Abgabe dafür, daß die Reiterei in Kasernen gelegt wurde und so dem Landmann nicht mehr zur Last fiel. In die „Rekrutenkasse" zahlte jeder eine bestimmte Summe, der ein neues Amt oder einen neuen Titel erhalten hatte. Bei all diesen Neueinrichtungen stieß der König oftmals auf Widerspruch. Aber mit unbeugsamem Willen setzte er durch, was er sich vorgenommen hatte, und zerbrach mit fester Hand altes Herkommen, wenn es mit dem Staatswohl in Widerspruch stand. „Raisonnier' er nicht!" donnerte er den an, der Einwendungen gegen seine Anordnungen machen wollte. 2. Des Königs Sorge für sein Heer. a) Die Anfänge der allgemeinen Wehrpflicht. Eine große, schlagfertige Armee betrachtete der König als die Hauptstütze des Staates. Bei seinem Regierungsantritt war das preußische Heer etwa 40 000 Mann stark; er hat es allmählich auf 83 000 Mann gebracht. Die allgemeine Wehrpflicht wie heute bestand damals noch nicht. Die" Soldaten wurden vielmehr immer noch im In- und Auslande angeworben; das aber führte oft zu Unzuträglichkeiten. Darum setzte der König fest, daß alle Einwohner des Landes zum Militärdienst verpflichtet sein sollten, nur die Söhne der Staatsbeamten, Geistlichen und Adeligen, die ältesten Söhne der Bauern und Fabrikbesitzer, die ihres Vaters Besitztum übernehmen wollten, die Söhne der reichen Leute, die ein Vermögen von 6000 Talern besaßen, und die erste Nachkommenschaft der fremden Einwanderer

6. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 24

1910 - Berlin : Parey
24 Preußens Aufstieg zur Großmacht. 4. Des Königs Sorge für die Landwirtschaft und den Bauernstand. a) Die Anfänge der Bauernbefreiung. König Friedrich Wilhelm I. erkannte, daß die Kraft des Landes vor allen Dingen auf dem Gedeihen der Landwirtschaft und der gesunden Entwicklung eines freien Bauernstandes beruhe. Seit dem 16. Jahrhundert war die Schollenpflichtigkeit der Bauern zur vollen Ausbildung gelangt und hatte immer mehr die Gestalt der Leibeigenschaft angenommen. In einer pommerschen Bauern- und Schäferordnung vom Jahre 1616 werden die Bauern ausdrücklich als Leibeigene bezeichnet, denen es verboten ist, ihre Höfe oder Hufen ohne Erlaubnis ihrer Herren zu verlassen. Auch wurde ihnen das Recht auf eine dauernde Nutzung ihrer Höfe abgesprochen, vielmehr den Herren das Recht zuerkannt, den Bauern ihre Höfe zu nehmen und sie beliebig andern Bauern zu geben oder sie zum Eutslande einzuziehen (Bauernlegen). Gleichzeitig erlangten die Gutsherren die vollständige obrigkeitliche und gerichtliche Gewalt über ihre Bauern. Sie legten ihnen Steuern auf und trieben sie ein; sie verhängten über sie Geld- und körperliche Strafen und entschieden über die Art und Höhe der bäuerlichen Dienste; selbst zum Eingehen einer Ehe bedurfte der Bauer der Erlaubnis seines Herrn. So vereinigte der Gutsherr in seiner Person die elterlichen, privatherrschaftlichen und obrigkeitlichen Rechte über die Bauern. Durch den 30 jährigen Krieg war die Lage der Bauern vielfach noch jchlimmer geworden, und für die Unterstützungen, die ihnen die Gutsherren beim Wiederaufbau ihrer Gehöfte gewährten, mußten sie auch den letzten Rest ihrer Freiheit ausgeben. Eine besonders starke Ausdehnung gewann das Bauernlegen. Vielfach zog der Gutsherr die wüsten Hufen, aber auch ganze Bauernhöfe ein und vereinigte sie mit dem Gutslande. Die ,,gelegten" Bauern und deren Kinder wurden dann gewöhnlich als Kätner, Büdner oder Häusler innerhalb des Eutsbezirks angesiedelt, erhielten eine kleine Landstelle zum widerruflichen Nießbrauch und mußten dafür mit allen ihren arbeitsfähigen Angehörigen der Herrschaft Dienste leisten. Dies Bauernlegen gewann besonders in Schwedisch-Pommern und Mecklenburg große Ausdehnung. Schon im 17. Jahrhundert versuchten zwar einige deutsche Fürsten, dem bedrückten Bauernstande zu helfen; aber sie waren noch zu sehr von den Ständen abhängig, als daß sie wagen konnten, mit besondern Machtmitteln gegen die Bedrückungen des Bauernstandes einzuschreiten. Erst im 18. Jahrhundert, als die land es Herr-

7. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 26

1910 - Berlin : Parey
26 Preußens Aufstieg zur Großmacht. forderte er die Untertanen auf, „sich bei ihrem Hofdienst nicht mit Peitschen- und Stockschlägen traktieren zu lassen, sondern sich gehörig darüber zu beschweren, wenn ihnen dergleichen widerführe". b) Urbarmachung und Besiedelung. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren die meisten Teile des Deutschen Reiches, namentlich aber der Nordosten, immer noch sehr spärlich bevölkert. Zahlreiche früher bebaut gewesene Bauernhufen lagen wüst; außerdem gab es in den Niederungen weite Landstrecken, die unter Wasser standen oder doch so sumpfig waren, daß von ihrer wirtschaftlichen Ausnutzung feine Rede sein konnte. Fürsten und Staatsmänner aber waren der Meinung, daß die Macht eines Staates weniger in der Ausdehnung des Landes als vielmehr in dem Reichtum und der Zahl seiner Bewohner bestehe. Darum erblickten sie in der Urbarmachung und Besiedlung unkultivierter Ländereien das nächstliegende und wirksamste Mittel zur Erreichung einer vermehrten Volkszahl. Dieser Ansicht war auch Friedrich Wilhelm I. In den Jahren 1708—1711 hatte in der heutigen Provinz Ostpreußen die Beulenpest sehr stark gewütet, so daß ein großer Teil dieser Provinz (Litauen) entvölkert war und 60 000 Hufen wüste und öde dalagen. Hier griff der König mit eisernem Willen ein, und der sonst so sparsame Fürst hat Millionen für die Ansiedlung neuer Familien geopfert. Sofort ließ er in allen Ländern bekannt machen: ,,Wem es daheim nicht mehr gefällt, sei er Bauer oder Handwerker, ober wer etwa gedrängt oder gedrückt werden sollte, der soll in mein Königreich kommen. Acker, Wiesen, Weibe, Wälder, Steine, Bauholz, Geräte und Gelb sinb für ihn da." Und nun eilten sie herbei, Schweizer, Franken, Hollänber und besonbers viele evangelische Salzburg er, die ihres Glaubens wegen die Heimat verlassen mußten. Sie alle fanben gastliche Aufnahme. In acht Jahren, von 1721—1729, würden mehr als 30 000 Familien, namentlich in den Gebieten von Memel, Tilsit, Gumbinnen und Insterburg angesiebelt und 10 Städte und 332 Dörfer in biesen Gegenben neu gegrünbet. In diese Zeit fällt auch die Errichtung des Gestüts Trakehnen, durch das der König den Grunb zu der später so berühmt geworbenen ostpreußischen Pferdezucht legte. Die Ansiedlung wurde auf alle mögliche Weise erleichtert. Die Kolonisten erhielten die Höfe als freien, erblichen Besitz; ihre Abgaben und Leistungen wurden auf ein geringes Maß festgesetzt oder ihnen auch für mehrere Jahre ganze Steuerfreiheit gewährt. Viele von ihnen erhielten Reifebeihilfen und lebendes und totes Inventar entweder umsonst oder zu einem billigen Preise von der Be-

8. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 77

1910 - Berlin : Parey
Maßnahmen zur Verbesserung der ländlichen Verhältnisse. 77 1. Gesetz vom 9. Oktober 1807, betreffend den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums, sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner. Es heißt darin: Mil dem Martinitage 1810 hört alle Gutsuntertänigkeit in unsern sämtlichen Staaten auf. Nach dem Martinitage 1810 gibt es nur freie Leute". — „Jeder Bürger oder Bauer ist berechtigt, aus dem Bauern- in den Bürger-, und aus dem Bürger- in den Bauernstand zu treten." — „Mit der Veröffentlichung dieser Lerorbnung hört das bisherige Untertänigfeitsoerhältnis derjenigen Untertanen und ihrer Weiber und Ainber, welche ihre Bauerngüter erblich ober eigentümlich, erbzinsweise ober erbpächtlich besitzen, gänzlich auf." 2. Gesetz vom 14. November 1811, betreffend Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnis e. Dieses Gesetz gewährte den Besitzern von nicht eigentümlich besessenen Bauernhöfen das volle und freie (Eigentumsrecht unter folgenben Bebingungen: .alle Lasten an die Gutsherren und alle Gegenleistungen der letzteren an die bäuerlichen Wirte sollen für beibe -teile aufgehoben fein, wenn die erblichen Wirte ein Drittel, die nicht erblichen die Hälft e ihrer Länbereien an den Gutsherrn abtreten. Statt der Lanbabfinbung war auch Gelbabfinbung (Kapital ober Rente» gestattet. Zu biesern Gesetz erschien 1816 eine Deklaration (Auslegung), welche u. a. die Bestimmung enthielt, daß solche Höfe, welche keine selbständige Ackernahrung bilbeten, b. H. so klein waren, daß sie keine bäuerliche Familie ernähren konnten, von der Regulierung ausgeschlossen werben sollten. Viele solche kleinen Stellen, auf benen sogenannte Bübner ober Häusler saßen, würden infolgebessen von den Gutsherren eingezogen und ihrem Grunbbesitz einverleibt. Das war ein Übelstanb, durch den es ver-hinbert würde, daß sich namentlich in den östlichen Provinzen ein Stand von grundbesitzenden Arbeitern bildete. 3. Verordnung vom 20. Juni 1817 zur Bildung von Generalkommissionen zur Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Hierdurch wurden besondere Behörden eingesetzt, benen die Durchführung der bisherigen Gesetze oblag. Noch heute bestehen in einzelnen Provinzen diese Generalkommissionen. Am 7. Juni 1821 erschienen dann noch drei weitere Gesetze, die den vorläufigen Abschluß der preußischen Agrargesetzgebung bildeten. Es sind das: 4. Die G emeinheitsteilungs-O r d nun g. Durch diese Ordnung wurden die noch bestehenden gemeinschaftlichen Weibeberechtig ungen auf Äckern. Wiesen und Forsten und die Nutzungsrechte auf Wald- und Heibeflächen beseitigt ober eingeschränkt. Die umfangreichen, ganz vernachlässigten gemeinschaftlichen Weiben sollten

9. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 78

1910 - Berlin : Parey
78 Preußens Niedergang und Erhebung. aufgeteilt und jedem Nutzungsberechtigten ein Anteil als freies Eigentum überwiesen werden., ---------- Auf diese Weise sind viele Millionen Morgen Landes in Einzelbesitz übergegangen. Die Gemeinheitsteilungen hatten aber sehr häufig eine ganz neue Einteilung der Feldmark und damit auch eine Zusammenlegung der den einzelnen Besitzern zugeteilten Grundstücke ju größeren Plänen zur Folge. Das ganze Verfahren nannte man in Preußen „Separation", auch „Verkoppelung", und geschah unter Beihilfe von königlichen Beamten. Überall wurden sie mit Freuden begrüßt. An Stelle der dürftigen Viehweiden, die sonst als Gemeinheit die Dörfer umgaben, sah man bald fruchtbare Äcker und reiche Gärten, und durch die Zusammenlegung zerstreut liegender Ackerstreifen zu größeren Koppeln wurde die Bewirtschaftung wesentlich erleichtert. 5. Verordnung wegen Ablösung der Dienste, Natural- und Geldleistungen von Grundstücken. Sie bildete eine Ergänzung zu dem Gesetz von 1811. 6. Gesetz über die Ausführung der Gemeinheits-teilungs- und Ablösungsordnung. In diesem Gesetz wurde vorgeschrieben, in welcher Weise die Generalkommissionen bei Gemeinheitsteilungen und Ablösungen zu verfahren hatten. Im Jahre 1850 wurde dann noch das umfangreiche Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse erlassen, das die ganze Regulierungsgesetzgebung aus den Jahren 1811—1821 einheitlich zusammenfaßte, namentlich aber auch die Regulierung der kleinen bäuerlichen Stellen gestattete, soweit sie noch nicht von den Gutsherren eingezogen waren. Die ganze Agrarreform ist das großartigste und schwierigste Werk gewesen, das die preußische Gesetzgebung je geleistet hat. Die Fesseln, die bisher auf der ländlichen Bevölkerung und dem landwirtschaftlichen Betriebe lasteten, wurden beseitigt. Die niedere ländliche Bevölkerung erhielt die persönliche Freiheit, sowie den uneingeschränkten Besitz ihrer Höfe; von den Fronden und Abgaben, die sie ihren Herren zu leisten hatten, wurden sie befreit, so daß sie nun über ihre Zeit und Arbeitskraft nach eigenem Ermessen frei verfügen konnten. Die Gutsherren hatten ebenfalls Vorteile.aus der Regulierung insofern, als sie nicht nur erhebliche Entschädigungen an Land oder Geld, sondern auch einen freien Arbeiterstand erhielten, der mehr leistete als früher der abhängige Bauer.

10. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 79

1910 - Berlin : Parey
Die ländliche Bevölkerung. 79 2. Die ländliche Bevölkerung. Während der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts vollzogen sich in der ländlichen Bevölkerung mancherlei bedeutsame Umwandlungen, und zu den bisherigen beiden Gruppen, den Gutsbesitzern und den Bauern, gesellte sich ein neuer Stand, der ländliche Arbeiterstand. a) Die Großgrundbesitzer. Die großen Güter gehörten zu Anfang des Jahrhunderts fast ausschließlich dem Adel; aber nur wenige unter ihnen waren zugleich auch ihre Bewirtschafter, die sich selber eingehend um ihre Wirtschaft bekümmerten. Das wurde aber nach Beendigung der Freiheitskriege anders. Durch die Regulierung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse waren den Großgrundbesitzern neben mancherlei Vorteilen auch bedeutende Geldkosten erwachsen. Die Vergrößerung ihrer Güter erforderte neue Gebäude und mehr lebendes und totes Inventar. Sie verloren die Dienste ihrer Bauern und mußten sich nun nach eigenen Lohnarbeitern umsehen und Zugtiere und landwirtschaftliche Geräte aus eigenen Mitteln anschaffen. Dadurch kamen die Großgrundbesitzer in eine recht schwierige Lage. Die Mehrzahl von ihnen aber war zu der Überzeugung gekommen, daß sie selbst die Bewirt--i(Haftung ihrer Güter in die Hand .nehmen müßten, wenn sie nicht Gefahr laufen wollten, sie zu verlieren und damit gleichzeitig die hervorragende Stellung einzubüßen, die sie seit Jahrhunderten in Staat und Gesellschaft eingenommen hatten. So vollzog sich denn allmählich eine große Umwandlung bei den adeligen Gutsbesitzern, sie wurden selbständigepraktischelandwirte, die auch in schwerer Zeit eine Ehre darin suchten, die großen Güter sich und ihren Familien nach Möglichkeit zu erhalten. Durch die Gesetzgebung jener Zeit war es jedem, auch dem Richt adligen, gestattet, ein Rittergut zu erwerben. Da nach den ^Freiheitskriegen die Bodenpreise sehr niedrig standen und zahlreiche Rittergüter freiwillig oder zwangsweise zum Verkauf gestellt wurden, so benutzten viele Kaufleute, auch manche bäuerliche Besitzer die günstige Gelegenheit, ein Rittergut billig zu erwerben und damit in den Stand der Großgrundbesitzer zu treten. Es waren unternehmende und geschäftskundige Leute, die mit Tatkraft den neuen Beruf ergriffen und alles aufboten, um Verbesserungen im landwirtschaftlichen Betriebe mit Nutzen einzuführen. So trat der bürgerliche Rittergutsbesitzer mit in die Reihe der Großgrundbesitzer, der Landwirtschaft zum Segen. b) Die Bauern. Durch die Agrarreform war der Bauer-persönlich frei und unabhängiger Herr auf seinem Hofe geworden.
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