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zeigte den Lindwurm und deutete damit vielleicht auf den Drachen, den
Siegfried erschlug. Hamburg und vielen anderen Städten behagte das
dreifach betürmte Stadtthor; Berlins ältester Bär schritt aufrecht zum An-
griff und trug nicht Halsband noch Kette.
Hinter den düsteren Mauern der Städte wurde Gesang und Saiten-
spiel gepflegt. Auch diese Kunst bildete sich nach der Sitte der Zeit in
Zunft und Schule aus und erheiterte das ernste Leben der Bürger. Manche
Städte unsers Vaterlandes waren erfüllt mit einer Unzahl von Spielleuten.
Fiedel, Harfe, Pfeife und Zinke waren teure Instrumente. Alte Helden-
degen ließ man in Liedern erklingen. Auch die Lust an der Natur war iu
den dumpfen Gassen erwacht. Überall wurde in den deutschen Städten das
Frühlingsfest mit Lust und Jubel begangen, und im Freien ward getanzt.
Man dachte sich den Winter als einen feindseligen Riesen, den Sommer als
einen knabenhaften, holden und zugleich starken Jüngling, welcher gewappnet
in den Wald zog, um den gehaßten Gegner aufzusuchen und zu überwältigen.
Ein Knabe zog daher als Sonnengott an der Spitze gewappneter Genossen
in den Wald. Er trug Laub und Blumenkränze an Stirn, Brust und
Schulter und kehrte, nachdem Scheinkämpfe im Walde gehalten waren, als
Sieger mit Jubel heim. Sein Gefolge führte zum Beweise des Sieges
grüne Birkenzweige mit sich. Ein hoher, glattgeschälter Baum mit grüner
Krone wurde aufgepflanzt. Unter allerlei Leibesübungen und Spielen, mit
Gesang und Tanz begleitet, verlebte man den Tag. Diese Sitte war aus
dem Dorfe mit den eingebürgertern Bauern in die Stadt gezogen, ver-
wandelte sich aber im 14. Jahrhunderte in einen Auszug der Schützenbrüder-
schaften. Ein bunter Frühlingsvogel wurde nun von der Stange herab-
geschossen und der beste Schütze bekränzt. Nur die Ratsherren begingen
noch hier und da für sich einen Mairitt unter festlicher Musterung des
waffengeübten Volkes. In der Frühe des ersten grünen Maitags ritt der
jüngste Ratsherr — ihm voran noch ein schöner bekränzter Knabe — mit
den stattlich geputzten Ratsherren in den Wald hinaus, führte den Mai ein
und verlebte den Abend mit Weib und Sippschaft im laubgeschmückten Rat-
hause bei festlicher Kost und bei Tanz. Die Straßburger begingen am
1. Mai ein lustiges Fischerstechen auf dem Rhein, wobei im Jahre 1286 die
mit Zuschauern überfüllte Brücke zusammenstürzte.
Das Kriegswesen lag den Bürgern ob. Jeder zünftige Meister
mußte mit Waffen versehen sein. Diese waren von der verschiedensten Art
und den wunderlichsten Namen. Im gewöhnlichen Leben war das Tragen
derselben auf Markt und Gasse verboten; aus Reise und Fahrt ging aber
jedermann bewehrt. Jede Zunft war im Besitze eigener Banner und Zeug-
häuser; die Zunftmeister waren die Führer gegen den Feind. Die gebräuch-
lichste Waffe war die Armbrust, deren Erfindung dem Morgenlande ange-
hört; die Bürger gebrauchten sie mit großer Wirkung von den Zinnen ihrer
Städte herab. Es entstanden nun auch die Schützengilden der Kaufleute
und Handwerker. Braunschweig ging in der Ausbildung des Schützen-
wesens voran. Dort gab es schon im Jahre 1265 eine Schützenstraße,
und das Armbrustschießen nach dem Vogel auf hoher Stange blieb noch
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er unzweifelhaft zur Rettung von Straßburg hineilen" — dieses wichtige
Straßburg war französisch geworden, mitten im Frieden, und der ver-
räterische Bischof, Egon von Fürstenberg, hatte den König Ludwig mit dem
Gruße Simeons bei seinem Einzuge empfangen: „Herr, nun lässest du
deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland
gesehen." — Ludwig stellte sogleich viele Franzosen in Straßburg an und
ließ es dann durch ungeheuere Festungswerke uneinnehmbar machen. Er
befahl, die deutsche Tracht abzulegen, und namentlich den Frauen, sich
streng nach der neuesten, französischen Mode zu kleiden, um sie von ihren
einfachen deutschen Sitten abzuziehen. Außer jenem Bischof gab es leider
der Verräter noch mehrere in Deutschland, selbst unter Gelehrten und
Ministern, die der schlaue Ludwig zu bestechen wußte. So weit war
Deutschland heruntergekommen. Den Ministern ließ er namhafte Geschenke
zugehen und nannte sie Cousins; die Gelehrten, die in ihren Schriften
Frankreich über alles erhoben, begnadigte er mit Pensionen und ließ ihnen
schreiben, wenn er auch nicht das Vergnügen habe, ihr Herr zu sein, so
gewinne er und die französische Nation doch von jedem Fortschritte der
Wissenschaft, und er sei deshalb den Förderern derselben immer verpftichtet.
Nicht umsonst schmeichelte Ludwig diesen unpatriotischen Leuten; er wollte
sich die römische Kaiserkrone verschaffen, und jene thaten das Ihrige redlich
dazu, ihn als den ersten Monarchen, den die Welt habe, darzustellen.
Dabei verstand er es, den französischen Hof zum blendenden Mittelpunkt
des irdischen Glanzes zu machen. Seine Lustschlösser mit den großen
Marmortreppen und berühmten Spiegelgalerieen, seine Gartenanlagen mit
den beschnittenen Alleeen und Springbrunnen, seine Hoftrachten, Hoffeste,
Hofgebräuche wurden das Musterbild für Europa, namentlich in Deutsch-
land. Alle, auch die kleinsten Reichsritterschaften, ahmten ihm rasch
und eifrig nach; jeder schuf sich ein Versailles, ein Palais Ludwigs, wie es
die Welt vorher nicht gesehen. Auch die kurzen Beinkleider mit dem Frack,
die Schuhe mit den seidenen Strümpfen wurden überall eingeführt.
Selbst die französischen Perücken fanden Eingang, die allenfalls die leichten,
gewandten Franzosen tragen konnten, die sich aber auf den Köpfen der
ernsten Deutschen gar übel ausnahmen, und doch zwang die Mode alle
Stände, die Perücken zu nehmen, sogar die Geistlichen; ja, so weit verirrte
man sich, daß man selbst die Bäume in den Gärten perückenförmig zuschnitt.
Aber nicht nur die Sitten wurden französisch, auch die Sprache ward es.
Eine kräftige, schöne deutsche Sprache war geschaffen worden, man benutzte
sie nicht. Um vornehm zu thun, trat man den Franzosen nach, verschnörkelte
und verhunzte mit französischen Brocken die reiche, edle deutsche Sprache,
und der außerordentliche Aufschwung, den sie erst genommen hatte, ver-
mochte sich nicht zu halten, bis endlich ein Klopstock, Lessing, Goethe,
Schiller die deutsche Sprache wieder zu Ehren brachten. Französische Lehrer
und Tanzmeister wurden nach Deutschland berufen, um französische Bildung
zu lehren; wer Geld hatte, unternahm Reisen nach Paris, um hier im
Mittelpunkte sich verfeinern und nebenbei sich mit seinem derben deutschen
Wesen ausspotten zu lassen von den leichtfüßigen Franzosen. Alles wandte
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Extrahierte Personennamen: Egon_von_Fürstenberg Ludwig Ludwig Simeons Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwigs Lessing Goethe Schiller
Extrahierte Ortsnamen: Straßburg Straßburg Deutschland Deutschland Frankreich Europa Deutsch- Deutschland Paris
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66. Die Stiergefechte in Spanien.
Zu den Hauptvergnügungen der Spanier gehören die Stiergefechte.
Bricht ein feierlicher Kampftag an, so ruhen alle Geschäfte. Schon tags
vorher wogen die Menschen auf dem Amphitheater herum, um sich den
Schauplatz recht zu betrachten, wo die Stiere gehetzt werden sollen. Die
oberen Sitze haben eine Decke in Form einer offenen Galerie und werden
gewöhnlich von den Damen eingenommen; die übrigen Sitzreihen sind ganz
offen. Sie find 21/2 m über dem Kampfplatze erhaben, um alles recht
gut übersehen zu können. Der innere Raum wird von einer zweiten
Schranke umgeben; es ist eine 2 m hohe Mauer, die zwischen sich und
den Zuschauern einen Raum von etwa zehn Schritten Breite läßt. In
dieser Mauer sind mehrere Öffnungen, durch welche die Fnßkämpfer, wenn
der Stier ihnen zu heftig zusetzt, schlüpfen können; gewöhnlich springen sie
aber mit großer Gewandtheit über die Mauer hinweg. Zwar springen die
Stiere zuweilen nach; aber dann schlüpft der Fußkämpfer geschwind durch
eine der Öffnungen wieder zurück, und der Stier wird durch ein Thor auf
den Kampfplatz zurückgetrieben. — Vor dem Tage eines Stiergefechts gehen
wenige der geringen Leute zu Bette, um nur rechtzeitig einen Platz ein-
nehmen zu können. Schon von Nachmittag an wogt es durch die Straßen
nach dem Amphitheater. Die Stiere, die zum Kampfe bestimmt sind, werden
von den Feldern auf eine weite Ebene nahe bei der Stadt getrieben, und
achtzehn von ihnen nach dem Kampfplatze geführt. Diese Scene hat einen
eigentümlichen, wilden Charakter. Alle Liebhaber des Schauspieles, zu
Pferde und mit Lanzen bewaffnet, eilen nach dem Orte, wo die Tiere
Weiden.
Die Hirten treiben die zu der Ehre des Kampfes ausgewählten Stiere
zusammen und leiten sie nach der Stadt durch zahme Ochsen, die an Half-
tern geführt werden und am Halse tieftönende Glocken tragen. Von allen
Seiten wird die Herde von den Reitern umringt, und so im Trab bis etwa
eine Viertelstunde vom Amphitheater gebracht. Von hier an ist ein Weg
für die Stiere abgepfählt, der bis zum Kampfplatze führt; doch geben die
Seitenbalken nur eine schwache Schutzwehr gegen die unbändigen Tiere.
Das Amphitheater gewährt, wenn es voll Zuschauer ist, einen über-
raschenden Anblick. Die meisten erscheinen in der andalusischen Kleidung.
Die Mäntel der Herren sind entweder dunkelblau oder scharlachrot, und
in der schönen Jahreszeit von Seide. Ihre kurzen, offenen Jacken zeigen
den lebhaftesten Farbenwechsel, und die weißen Schleier, welche die Damen
bei dieser Gelegenheit zu tragen pflegen, schicken sich vortrefflich zu ihrem
übrigen munteren Anzuge. Endlich erscheint die Stunde des Anfangs. Der
Schauplatz — die Arena — muß nun geräumt werden. Ein Regiment
Fußvolk marschiert zu dem einen Thore herein, über die Arena hin, treibt
das Volk vor sich her, und wenn der Platz menschenleer ist, ziehen die Sol-
daten zu einem andern Thore hinaus. Jetzt ziehen die Doreros (Stier-
fechter), von denen die eine Hälfte blaue, und die andere Scharlachmäntel
trägt, in zwei Reihen über die Arena, um den Behörden ihre Verbeugungen
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zu machen. Sie sind gewöhnlich 12—14 Mann stark, die beiden Nataäor68
(Hauptfechter) und ihre beiden Gehilfen mit eingerechnet. Ihnen folgen die
Picadores (Pikenträger) zu Pferde in Scharlachjacken, mit Silber besetzt.
Ihre sehr weiten ledernen Beinkleider sind mit weichem, braunem Papier
ausgestopft, welches den Hörnern der Tiere großen Widerstand leistet.
Sie nehmen ihren Platz längs der Schranke in einer Reihe, zur Linken des
Thores, durch das die Stiere kommen, und in einer Entfernung von dreißig
bis vierzig Schritten von einander. Die Fußkämpfer, ohne Waffen oder
irgend ein Verteidigungsmittel, außer ihren Mänteln, halten sich bei den
Pferden, um den Pikenträgern nötigenfalls Beistand leisten zu können.
Wenn dies alles nun in Ordnung ist, reitet ein Stadtdiener in altspanischer
Tracht zur Hauptgalerie hin und empfängt in feinem Hute den Schlüssel
zu dem Stierbehälter, der ihm vom Balkon zugeworfen wird. Der Stadt-
diener befördert den Schlüssel sogleich weiter an den Hausmeister. Die
Waldhörner ertönen unter dem lauten Jubel der Menge; die Thore öffnen
sich, und der erste Stier stürzt heraus auf den Kampfplatz. —
Wir lassen einen Reisenden den weiteren Verlauf erzählen:
Der Stier stand einen Augenblick still, übersah mit wildem Blick den
Schauplatz, fixierte sodann den ersten Reiter und machte einen heftigen Aus-
fall gegen ihn, ward aber mit der Spitze der Pike empfangen, die der Regel
gemäß nach dem fleischigen Teile des Halses gerichtet wurde. Eine ge-
schickte Bewegung mit der linken Hand und dem rechten Beine lenkte das
Pferd auf die linke Seite, wodurch es dem Horn des Stieres auswich, der
durch die erhaltene Wunde nur noch wilder gemacht, sogleich den nächsten
Pikenreiter angriff und dem Pferde desselben, das nicht so gewandt war
wie das erste, eine so tiefe Brustwunde beibrachte, daß es augenblicklich tot
niederfiel.
Die Heftigkeit des Stoßes hatte den Reiter auf der andern Seite des
Pferdes hinabgeworfen. Ein ängstliches Schweigen folgte. Die Zuschauer,
von ihren Sitzen aufstehend, sahen, zwischen Furcht und Hoffnung schwan-
kend, wie der wilde Stier an dem gefallenen Pferde feine Wut ausließ,
während der Mann, der sich nur dadurch retten konnte, daß er bewegungs-
los liegen blieb, allem Anschein nach wirklich tot war. Diese peinliche
Scene dauerte jedoch nur wenige Augenblicke, indem die Fußkämpfer, unter
lautem Geschrei und ihre Mäntel hin- und herfchwenkend, von allen Seiten
herankamen, und die Aufmerksamkeit des Stieres von dem Pferde ab und
auf sich zogen. Als nun die Gefahr des Reiters vorüber war, er wieder
auf die Beine kam und ein anderes Pferd bestieg, da war der Ausbruch
der Freude und des Beifalls so groß, daß man ihn am andern Ende der
Stadt mußte hören können. Unerschrocken und von der Rache gespornt,
griff er seinerseits den Stier an. Ohne mich jedoch in eine umständliche
Schilderung der blutigen Auftritte einzulassen, die nun folgten, will ich bloß
erwähnen, daß das wütige Tier die Reiter zu zehn Malen angriff, die
Pferde verwundete und zwei tötete. Eines dieser edlen Geschöpfe, obgleich
es aus zwei Wunden blutete, stellte sich, ohne zu wanken, dem Stiere ent-
gegen, bis es zu schwach ward und mit dem Reiter niedersank. Und doch
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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schäften bemalt. Nicht minder ist der Baum ein Schmuck der Gebirge und
ein Liebling der Maler. Zwar sagt man, daß er unserm Weidenbaum
ähnlich sehe, der bekanntlich kein schöner Baum ist; aber sicherlich übertrifft
er ihn in dem Wuchs seiner feinen, zierlich verschlungenen Zweige, in dem
silberfarbenen, leichten Blatte seiner Krone, in den lieblichen Gruppen, die
er an den Bergabhängen Italiens bildet, deren Rücken sich meistens nackt
mit scharfen, bestimmten Linien in die reine, tiefblaue Lust des Südens er-
heben und aus der Ferne blau erscheinen. Er ist der vielbesungene Baum
der alten Griechen, die ja, wie kein Volk, die Schönheit zu schätzen wußten,
soll aber erst aus Palästina nach Europa gekommen sein. Im alten Testa-
mente wird seiner zuerst bei der Sündstut gedacht. Die Taube, welche
Noah zum zweiten Male ausfliegen ließ, trug, als sie zurückkam, ein
frisches Ölblatt in ihrem Schnabel, und Noah erkannte daran, daß das
Gewässer gefallen sei. Dieses grüne Friedensblatt, im Schnabel der treuen
Taube gehalten, ward später bei den ersten Christen ein sinniges und liebes
Denkmal. Auf ihren Friedhöfen sah man nämlich häufig die Taube mit
dem Ölblatte in Stein ausgehauen. Salomo ließ aus dem Holze der
Olive zwei Cherubim, 6 m hoch, anfertigen und dieselben in seinen
herrlichen Tempel bringen. In der Stiftshütte brannte das allerreinste,
lauterste Olivenöl auf einer Lampe, und aus Olivenöl wurde das heilige
Salböl zubereitet, mit welchem Samuel sein Horn füllte, als er den David
mitten unter seinen Brüdern zum König salbte. Auch der Frankenkönig
Chlodwig, der bis zur Schlacht bei Zülpich ein Heide gewesen, wurde am
Weihnachtsfeste des Jahres 496 von einem Bischöfe mit solchem Öle gesalbt,
und die Sage geht, daß eine Taube dasselbe in einem Fläschchen vom Himmel
gebracht habe. Wie Samuel den David zum König weihte, indem er ihn
mit Olivenöl besprengte, so weihte Jakob, als er gen Mesopotamien zu
Laban zog, den Stein, aus dem sein Haupt geruht, da er die Himmels-
leiter sah, mit eben solchem Öl und that dabei ein Gelübde und sprach:
„So Gott wird mit mir sein und mich behüten auf dem Wege, deu ich
reise, und Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen, so soll dieser Stein
ein Gotteshaus werden!" Auch ohne feierliche Veranlassung gebrauchte
jeder Morgenländer das Olivenöl. Tropfenweise goß er es auf den Kopf,
um Haupt und Nerven zu stärken, und damit auch der Arme die köstliche
Gabe nicht entbehre, so sprach Moses zu den Besitzern der Ölgärten:
„Wenn du deine Ölbäume geschüttelt hast, so sollst du nicht nachschütteln;
es soll des Fremdlings, der Waisen und der Witwen sein." Die arme
Witwe zu Zarpath teilte zur Zeit einer Hungersnot das Öl in ihrem Kruge
mit dem Propheten Elias, und in dem dunkeln Schatten des Ölberges bei
Jerusalem hat unser Herr und Meister gewandelt. Auch in bildlicher Rede-
weise gedenkt die Bibel oft der Olive. So sagt der Psalmist von den
Gottlosen: „Ihre Worte sind gelinder denn Öl, und haben doch bloße
Schwerter", und von den fröhlichen Herzen, die der Herr erquickt und
stärkt, sagt er: „Du salbest ihr Haupt mit Öl und schenkest ihnen voll ein.
Der Fromme wird bleiben wie ein grüner Ölbaum im Hause Gottes, und
seine Kinder werden sein wie der Ölzweig um den Tisch her"; aber „der
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Extrahierte Personennamen: Salomo Samuel David David Chlodwig Samuel David_zum_König David Jakob Elias
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Europa Jerusalem Gottes
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man ihn? Nein, sie scheint dem Armen in seine hohlen Augen und in
seine hohle Hand, die er dem Reichen hinhält, wie dem in seinen vollen
G-eldbeutel, in dem er unterdes nach dem kleinsten Stücke zum Almosen
sucht. (Matth. 5, 45 etc.; Luc. 6, 31.) B. Auerbach.
101. Max Stolprian.
Es giebt ein gewisses Unglück in der Welt, lieber Leser, das man
freilich für kein Unglück hält und das doch eins ist. Ich bin das redende
Beispiel davon. Mein Vater, Gott hab' ihn selig! hielt mich fleißig zur
Schule; ich lernte was, wiewohl unsere Stadtschulen damals noch ziem-
lich schlecht eingerichtet waren. Man sagte überall von mir: „Herr
Max Stolprian ist ein gar geschickter Mann; aber man kann ihn nicht
brauchen, er weiss sich nicht in die Welt zu schicken; er weiss nicht
mit den Leuten umzugehen; er weiss nicht, wo er Hände und Füsse
hinstrecken soll. Sonst ist er ein guter braver Mann.“ So sagte man
von mir. Merkst du jetzt, wo es mir fehlte? Ich war in der Erziehung
versäumt. Ich war in der Schule und bei der Arbeit fleifsig, aber in
meinen Kleidern unreinlich und unordentlich. Ich war fromm, dienst-
gefällig, redlich, aber schüchtern, lief davon, wenn fremde Leute kamen,
wusste nicht, wo mit den Augen hinlaufen, wenn mich ein Fremder
anredete, und wenn ich endlich gar einem Frauenzimmer freundlich und
artig begegnen sollte, stand ich steif und stumm da. Genug, was man
Höflichkeit und feine Sitte nennt, gehört zum Leben und Lebensglück,
so gut wie Brot und Erdäpfel und ein Glas Wein. Viele unserer jungen
Herren haben’s in dieser Kunst auch noch nicht weit gebracht, wie ich
merke. Mancher, wenn er in Gesellschaft kommt, weiss nicht, wohin er
mit Armen und Beinen soll, und man sieht’s ihm an, er hätte sie lieber
daheimgelassen. Mancher weiss nicht, wo er die Hände einquartieren
soll; bald steckt er sie in die Weste, bald gar in die Hosen, bald kratzt
er sich damit zur Abwechselung im Nacken. Ich bitte dich daher, meine
Geschichte und mein Unglück für andere bekannt zu machen; denn
manches böse Schicksal habe ich mir durch meine Unbeholfenheit zu-
gezogen.
Sobald meine Base Sparhafen gestorben und ich, als ihr einziger
Erbe, ziemlich vermögend geworden war, wollte man mir in meinem
dreißigsten Jahre ein Mädchen zur Frau geben, das schön war, haus-
wirtlich, tugendhaft, freundlich und vermögend. Jungfer Bärbeli gefiel
mir; die Sache sollte in Richtigkeit gebracht werden; ich sollte Jungfer
Bärbeli näher kennen lernen; ich ward von ihrem Vetter zu Gast geladen,
wo ich sie finden sollte. Ich ging nicht gern in grosse Gesellschaft, weil
ich durch üble Erziehung scheu und schüchtern war. Aber was thut
man nicht einer Jungfer Bärbeli zu Gefallen! Ich kleidete mich in sonn-
tägliche Feierkleider; weifse, seidene Strümpfe, ein neuer Haarbeutel,
ein apfelgrüner Rock mit Perlmutterknöpfen —- genug, ich war zierlich
wie ein Bräutigam. Als ich aber vor das Haus des Herrn Vetters kam,
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Extrahierte Personennamen: Luc Max_Stolprian Max Max_Stolprian Max
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„Allerdings", erwiderte der Lehrer, „empfangen viele Menschen mehr
Dienstleistungen, als sie gewähren; und ich merke, daß du die Reichen im
Auge hast."
„Ganz richtig, Herr Lehrer."
„Michel, du bist ein Schneider und arbeitest, so viel ich weiß, für
Herrn Hosmann, Herrn Schwarz und Herrn Busch, die allerdings reicher
sind als du; aber machst du ihnen die Kleider umsonst?"
„Nein, gewiß nicht; wovon sollte ich denn leben?"
„Nun gut, wenn sie dir zu arbeiten geben, leisten sie dir einen Dienst;
sie bezahlen dich für deine Arbeit, und du schaffst dir mit dem Gelde
deine Bedürfnisse an. Wollen denn die Reichen sich etwas umsonst ver-
schaffen? Dienstleistung um Dienstleistung. Alles will in der Welt auf
irgend eine Art bezahlt sein, sei es mit Geld, sei es mit Arbeit."
„Ja, Herr Lehrer; aber ich gebe den Reichen meine Arbeit, die mich
viel kostet, und sie geben mir Geld, das sie wenig kostet."
„Was liegt daran, Michel, wenn das Geld, das du empfängst, nur
deiner Arbeit entspricht? Warum immer die Eifersucht? Wäre die Arbeit
mehr wert als das Geld, das du empfängst, so würdest du den Herren
nicht mehr arbeiten, und wäre sie weniger wert, so würden sie die Kleider
anderwärts machen lassen. Gewiß machst du ihnen keine wohlfeileren
Preise als Leonhard und Gotthard; im Gegenteil, sie werden dich besser
bezahlen, weil sie sorgfältigere Arbeit verlangen. Ich wiederhole dir,
Michel, Dienst um Dienst."
„Wenn man aber sieht", fuhr Michel fort, „wie ein Reicher so viele
Diener hat für seine Person, so begreift man doch schwer die Gegen-
seitigkeit der Dienstleistungen."
„Michel, du wiederholst dich nur. Brauchen die Reichen viele Diener,
so geschieht dies ja nicht umsonst, sie müssen sie ja bezahlen. Du hältst
die Reicheu für bevorzugt, weil ihnen viele Leute zu Gebote stehen; aber
hast du je gezählt, wie viele Leute du in deinem Dienste hast?"
„In meinem, Herr Lehrer? Wir thun in unserm Hanse ja alles selbst."
„Und doch sage ich dir, daß diesen Morgen mehr denn 20 000 Men-
schen in deinem Dienste waren."
„Herr Lehrer, Sie wollen sich über mich lustig machen."
„Michel, sage mir, was hast du diesen Morgen gethan?"
„Nun, Herr Lehrer, nachdem ich aufgestanden war, habe ich Ihren
Überzieher vollends fertig gemacht; dann habe ich im Keller ein paar
Bretter festgenagelt und das Gitterthor in meinem Garten zum Schutze
gegen die Hühner ausgebessert; dann habe ich mit meinem Buben dessen
Schulaufgaben durchgegangen, hernach haben wir gefrühstückt, ich habe
mich rasiert und angekleidet, bin in die Kirche gegangen und jetzt bin ich hier."
„Gut, Michel, du hast deinen Morgen gut angewendet. Betrachten
wir nun näher, was du verrichtet! Du hast dich angekleidet, Strümpfe,
ein Hemd, Beinkleider, Hosenträger, eine Halsbinde, eine Weste, einen
Überrock, Schuhe, einen Hut angelegt. Von diesen Kleidungsstücken hast
du dir vielleicht einiges selbst gemacht, aber keineswegs die Stoffe dazu.
Diese Stoffe aber, wo sind sie her und wie viel Arbeit und Personen waren
erforderlich, bis sie zu deiner Verfügung standen? Die Baumwolle zu
deinen Strümpfen kommt aus Amerika; da waren Pflanzer nötig, um sie
zu bauen, zu ernten, zu reinigen. Dann mußte sie an den Verschiffungs-
hafen gebracht und eingeladen werden, und Matrosen mußten das Schiff
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Personennamen: Schneider Hosmann Schwarz Michel Leonhard Gotthard Michel Michel Michel
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15. Ter Götterglaube der Germanen.
Der oberste Gott der alten Deutschen hieß Wuotan oder Odin.
Der blaue Himmel war dieses Götterkönigs wallendes Gewand, dessen
Gold- und Purpursaum den Augen der Menschen zur Morgen- und
zur Abendzeit sichtbar wird. Kampfesrüstigkeit galt unseren Alt-
vordern als des Mannes vornehmster Schmuck. Darum vermochten
sie sich auch nur Wuotan in voller Waffenherrlichkeit, Helm und
Harnisch an sich tragend, mit dem Schwerte umgürtet, die Kriegslanze
in der Rechten haltend, vorzustellen. Zumeist thront er in Walhalla,
seiner mit goldenen Schildern gedeckten und mit goldenen Speerschäften
getäfelten himmlischen Burg, ernst hinabschauend auf der Menschen
Thun. Auf den Schultern sitzen ihm die beiden weisen Raben Hngin
und Munin (Gedanke und Erinnerung), ihm in die Ohren raunend,
was sie auf dem Fluge durch die Welt erschaueten. Am Fuße des
Thrones liegen, gewärtig des Aufbruchs, emporschauend, die blitzäugigen
Wölfe Geri und Freki. Weisheit und Würde ist der Ausdruck des
weißbebarteten Antlitzes Wuotans. Nie kam an Wohlgestalt ein Sterb-
licher dem Götterkönige gleich. Nur ein Fehl ist an ihm zu schauen;
er hat nur ein Auge. Aber dieser Maugel hebt seine Würde, denn
er opferte ein Auge für das höchste geistige Gut, für die Weisheit.
Als er in grauester Vorzeit aus dem Brunnen der Weisheit zu trinken
begehrte, forderte der den Quell bewachende Mimer ein Auge als
Pfand, da opferte er für den Trunk ein Auge, und seitdem schimmert
es aus der Wasserflut empor, sobald Wuotan mit seinem strahlenden
Sonnenauge auf dieselbe herniederblickt.
Wie Wuotan alles lenkt, so ist er insbesondere auch Lenker der
Schlacht. In den Kampf selbst steigt er nicht hinab. Dagegen leihet
er geliebten Helden seine Waffen, die nach errungenem Siege ihrer
Hand so plötzlich und geheimnisvoll entschwinden, wie sie in dieselbe
gelangt waren. Besteigt er sein schneeweißes achtfüßiges Roß, dann
umfliegen die Raben sein Haupt, die Wölfe umkreisen ihn mit freudigem
Geheul, und dahin in Gedankenschnelle jagt der Götterkönig durch den
Himmelsraum. Nicht immer schenkt er seinen Lieblingen unter den
Helden den Sieg. Nach rühmlichem Kampsesleben kündet die Todes-
wunde dem Helden den Augenblick an, in dem Walhallas Pforten sich
ihm erschließen Während der Schlacht wölbt sich — nicht jedesmal
sichtbar der Sterblichen Auge—walhallas Brücke, der farbige Regen-
bogen zwischen Himmel und Erde, und die himmlischen Schlachtenjung-
frauen, die Walküren, geschmückt mit goldenem Schuppenharnisch und dem
blitzenden Helme, unter dem der Locken Gold hervorquillt, jagen auf
Wolkenrossen hernieder ans das Kampfgefilde. Sie heben die toten
Helden auf ihre Rosse, und wiederum stampfen deren silberbeschlagene
Hufe den farbigen Himmelsbogen. So gelangen die mit Todeswunden
Geschmückten in die unermeßlich große Goldburg des Gottes, wo sie
alsbald zu neuem Leben erwachen.
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
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Staate ein kleines erspartes Kapital ohne Zinsen während der Kriegs-
periode. Viele besoldeten eine Anzahl Freiwilliger im Felde. Mancher
einzelne schenkte mehrere Tausende von Thalern. Berlin allein hat so viel
Freiwillige gestellt und ausgerüstet, wie erforderlich sein würden, um mehrere
Infanterie- und Kavallerieregimenter daraus zu errichten. So nach Ver-
hältnis in den Provinzen. Neun Prinzessinnen, an der Spitze die hoch-
herzige Prinzessin Wilhelm von Preußen, Mariane geborene Prinzessin
von Hessen-Homburg, gründeten einen Frauenverein zum Wohl des
Vaterlandes und erließen einen Aufruf an die Frauen im preußischen
Staate. Sogleich gab auch das weibliche Geschlecht alles her, woraus es
doch sonst hohen Wert legt, jede Art von Schmuck, jedes Kleinod, jedes
Ersparte. Witwen gaben einen Teil ihrer dürftigen Pension her, die Ärmste
doch noch irgend etwas, die meisten ihre Arbeitskräfte. Auch die dienende
Klasse blieb nicht zurück. Ein glänzendes Beispiel gab in Breslau ein
junges Mädchen, deren Namen wir leider nicht anzugeben wissen, die ganz
arm, aber im Besitz eines schönen, reichen Haares war, welches man ihr
oft vergebens hatte abkaufen wollen. Sie opferte dasselbe, um das gelöste
Geld den Freiwilligen zukommen zu lassen. Ihr edler Zweck wurde voll-
kommen erreicht. Denn die schöne That blieb nicht verschwiegen; viele
wünschten die Erinnerung daran bleibend zu machen, und es fand dankbare
Anerkennung, als jemand das verkaufte Haar wieder kaufte und daraus
allerlei Zieraten, Ringe, Ketten u. s. w., anfertigen ließ, nach denen das
Verlangen so groß war, daß der Verkauf derselben nach wenigen Wochen
dem Freiwilligenfonds die Summe von 139 Thalern eingebracht hat. Gol-
dene Trauringe wurden aus allen Gegenden des Landes zu mehreren Tau-
senden hingegeben. Es war die Veranstaltung getroffen, daß man dafür
eiserne Ringe mit der Inschrift: „Gold gab ich für Eisen 1813" zurückerhielt,
und diese Ringe werden in den betreffenden Familien noch jetzt wie ein
Heiligtum betrachtet. Außer diesem Sinn der Frauen, das Liebste her-
zugeben, zeigten sie sich auch in unausgesetzter Thätigkeit für die gute Sache.
Frauen und Mädchen aus allen Ständen, selbst ans den höchsten, nähten
Montierungsstücke, Mäntel, Hofen, Hemden, zupften Wundfäden und strickten
mit Emsigkeit für die Freiwilligen, und nicht wenige waren es, die, nicht
imstande, wie andere Geld und Kleinodien darzubringen, aus solche Weise
durch ihrer Hände Arbeit dem Baterlande den innigsten Tribut zollten.
Später aber haben sie bei Kranken und Verwundeten in den Lazaretten und
Krankenhäusern eine Aufopferung bewiesen, die des schönsten Kranzes wert
ist. Überhaupt war das weibliche Geschlecht von einem Feuer für die
Sache des Vaterlandes entbrannt, dem an Glanz und Glut kaum etwas
gleichkommt, was irgend die Geschichte berichtet.
Ohne die patriotischen Beiträge hätte die Bildung der freiwilligen
Jägerabteilungen und anderer freiwilligen Scharen weder den Umfang ge-
winnen können, den sie wirklich gewann, noch hätte im Kriege selbst der
Bestand derselben erhalten werden können. Millionen sind in dieser Absicht
vom Lande freiwillig geopfert worden. Ohne den thatkräftigen Beistand
der Frauen aber hätte alles nicht so schnell ins Werk gerichtet, später noch
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Mariane_geborene_Prinzessin
von_Hessen-Homburg
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Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
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89. Ein Bild vom Leben in China.
Unser erstes Geschäft, als wir in Peking unsern Aufenthalt genommen
hatten, war die Anschaffung einer chinesischen Bekleidung. Wir mußten fast
selbst über uns lachen, als wir endlich in unserer chinesischen Kleidung da-
standen und uns auch die Haare bis auf ein Büschel am Wirbel hatten
abscheren lassen. Beiläufig gesagt, unsere Umwandlung war auch eine sehr
kostspielige Sache, da sie uns über 500 Silberrubel kostete. Unsere Hans-
kleidung bestand nun aus leinenen genähten Strümpfen mit gestopften
Sohlen, aus schwarzen Schuhen von chinesischem Atlas, aus seidenen Knie-
stücken, die am Kniebande befestigt waren, aus einem Überrocke von Hammel-
pelz mit seidenem Überzüge und einem blauen Kreppgürtel, einem Biber-
kragen und einer runden, kleinen Atlasmütze mit einem roten, seidenen
Knopfe und einer dicken, herabhängenden Troddel. Zum Ausgehen zogen
wir an ein Winterkleid, d. h. einen blauen Krepprock mit seidenem Futter
und einen Rock von Eichhornfellen mit Schlitzen hinten und vorn, bedeckt
mit einem blauseidenen, mit Biber besetztem Stoffe. Darüber kam ein be-
sonderer Biberkragen und ein kurzes Oberkleid mit breiten, kleinen Ärmeln,
und über den Eichhornpelz ein seidener Gürtel, der mit schwarzem Atlas
besetzt war und womit man den Rock zusammenband. An diesen Gürtel
hängt man sieben bis acht kleine Beutelchen. In dem einen befindet sich
eine europäische Taschenuhr, in dem andern eine steinerne chinesische Dose
mit einem bleiernen Löffelchen und ganz zu Staub gestoßenem Schnupf-
tabak, in dem dritten sind beißende Sachen, an denen die Chinesen nach
dem Essen kauen, in dem vierten ist Gold u. s. w. Unter diesen Beutelchen
hängt ein Futteral mit einem Messer und zwei beinernen Stäbchen, welche
die Stelle der Gabel vertreten.
So kleideten wir uns also wie echte Chinesen. Alsbald fuhren wir
in gemieteten Karriolen durch die Straßen der Hauptstadt. Zuerst lenkten
wir nach dem kaiserlichen Winterpalaste, der einen außerordentlichen Raum
einnimmt und aus einer Menge einstöckiger, aus Backsteinen ausgeführter
Häuser besteht. In dem einen wohnt der Kaiser, in dem andern macht er
seine Geschäfte ab, im dritten ist die Kaiserin, in noch anderen sind die
Kinder, die Frauen des verstorbenen Kaisers, das weibliche Hofgesinde u. s. w.
Jede Abteilung ist mit einer hohen Mauer umgeben, über welche nur die
gelben Dächer aus glasierten Ziegeln herüberblicken. — Mitten in jeder
Hauptstraße von Peking, die alle ungepstastert sind, ist ein etwa ein Meter
hoher Erdaufwnrf für leichte Fuhrwerke und Fußgänger; schwer beladene
Wagen müssen zur Seite auf dem schmalen Wege fahren. Nur zur Zeit
starken Regens dürfen auch schwere Wagen auf dem Damme fahren, der
aber durch darauf stehende Buden und Zelte sehr beengt ist. Wenn der
Kaiser ausführt, werden jedesmal diese Zelte und Buden abgebrochen.
Den ganzen Tag sind die Straßen Pekings mit zwei ununterbrochenen
Reihen von Wagen bedeckt, welche sich langsam in entgegengesetzter Richtung
fortbewegen. Eine wahre Not ist es, wenn ein zu Fuße gehender Chinese
einem fahrenden Bekannten begegnet, und dieser nun, der chinesischen Höf-
Weite Welt. 7. und 8. Schuljahr. N. 0. 12
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Ortsnamen: China Peking Peking Pekings