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Toten trug man ohne Sang und Klang zur Gruft; die Taufen fanden auf dem
Kirchhof statt. — übte Geistlichen wurden durch den Cölibat, die Ohrenbeichte,
die Darbringung des Meßopfers und die Befreiung von der weltlichen Gerichts-
barkeit aus allen übrigen Ständen herausgehoben. Das Mönchs- und Nonnen-
wesen gewann immer mehr an Verbreitung; nicht besser meinte man Gott zu
dienen, als wenn man ein Kloster begabte oder selbst hinein ging. An allen
günstig gelegenen Punkten entstanden Klöster. Sie übten meist in jenen rohen
Zeiten durch Kultivierung des Bodens, Unterricht des Volkes, Besch,ützung ocr
Verfolgten, Pflege der Kranken, Studium der Wissenschaften und Übung der
Künste einen heilsamen Einfluß aus. Später schlichen sich mit dem Reichtum oft
Trägheit, Genußsucht, ja Laster in die gottgeweihten Räume.
4. Die Kunst blühte unter den Hohenstaufen mächtig auf, besonders Dicht-
und Baukunst. Die Minnesänger sangen von edler Minne oder Liebe, von den
Thaten der Helden, von Wohl und Wehe des Vaterlandes. Am gewaltigsten und
lieblichsten tönten die Lieder Walthers von der Vogelweide. Wolfram
von Eschenbach sang im „Parzival" den höchsten Glanz des weltlichen Ritter-
tums und die tiefste Versenkung m das Heil im Christentume. Gottfried von
Straßburg entwarf in „Tristan und Isolde" ein lockendes Bild des Lebens-
genusses, und Hartmann von der Aue im „armen Heinrich" einrührendes
Gemälde der Selbstverleugnung. Aus Volkssagen und Volksliedern entstauben
unsere großen Heldengedichte „Nibelungenlied" und „Gudrun." In den
Städten bildete sich später der Meistersang aus; die ehrsamen Handwerks-
meister kamen allsonntäglich zusammen, um in Singschulen ihre Lieder singend
und sagend vorzutragen. Der König aller Meistersinger war der Nürnberger
Schuhmacher Hans Sachs.
Der gotische oder deutsche Baustil
mit den Spitzbogen entwickelte sich zur höchsten
Blüte. Er suchte in den Bauwerken den deut-
schen Urwald nachzuahmen, so daß die Tempel
gleichsam in Stein erstarrte heilige Haine sind.
Die schlanken Säulen tragen verzierte Knäufe
gleich Baumwipfeln, und in edlem Schwünge
neigen sie sich in Bogenwölbungen einander
zu.' Überall ist der Laubschmuck nachgeahmt.
Die schmalen, kunstvoll gemalten Fenster
zeichtten herrliche Blumenteppiche auf den
Boden und erfüllen den Raunt mit geheimnis-
vollem Halbdunkel. Die herrlichsten gotischen
Kirchen sind der Dom zu Köln und das
Is. Der Kölner Dom. Mütlster zu Straßburg.
5. Die Rechtspflege. Ursprünglich standen die deutschen Rechte und Ord-
nungen nur in dem Bewußtsein des Volkes, später wurden sie imsachsen-
und Schwabensptegel aufgeschrieben. Das Geständitis wurde durch Folter-
qualen erpreßt; in zweifelhaften Fällen entschied ein Gottesurteil. Als in den
Fehden zwischen Fürsten und Rittern und in den Kämpfen zwischen Kaisern und
Päpsten die Unsicherheit und die Verbrechen zunahmen, da entstanden die Fem-
gerichte, die sich in Nacht und Schweigen hüllten. Wer als Ketzer, Zauberer,
Ehebrecher, Dieb und Mörder berüchtigt wurde, fand plötzlich einen Vor-
ladebries mit 7 Siegeln an der Thür oder dem nächsten Heiligenbilde.
Konnten sich die Angeklagten vor dein Freigrafen und den Schössen am Freistuhl,
wohin sie voit Vermummten mit verbundenen Augen geführt wurden, nicht recht-
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