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Solche Traumgesichte befestigten immer mehr in ihm den Entschluß,
als Prediger des Evangeliums zu den Heiden zu gehen. Um sich nun die
zu diesem Berufe nöthigen Kenntnisse zu erwerben, widmete er sich mit
dem größten Eifer den Wissenschaften, sodaß er im Alter von 20 Jahren
schon zum Vorsteher der Klosterschule ausersehen ward. Zwei Jahre lang
hatte er so mit Lust und Liebe für das Wohl seiner Schüler gesorgt, als
er mit anderen Mönchen nach dem Kloster Neu-Corvey in Westfalen ver-
setzt wurde, welches der Kaiser Ludwig der Fromme zu einer Missionsstätte
unter den Sachsen bestimmt hatte. Hier verweilte er drei Jahre lang als
Rector der Schule und Volksprediger unter mancherlei Müben und
Prüfungen, bis sein innigster Wunsch sich unerwartet erfüllen sollte. Es
kam ihm die Kunde, daß Harald, der König von Südjütland, mit großem
Gefolge am Hofe Ludwig's zu Ingelheim bei Mainz erschienen sei, um
Hülse gegen seine Feinde zu suchen, und den christlichen Glauben ange-
nommen babe, daß der Kaiser ihn ausersehen habe, den neubekehrten
König auf seiner Rückkehr in sein Reich zu begleiten, ihn im Erlauben zu
stärken und unter seinem Schutze den heidnischen Dänen das Evangelium
zu verkündigen. Mit hoher Freude vernahm Ansgar seine Wahl, und
alle Bemühungen seiner furchtsamen Freunde, ihn in seinem Entschlüsse
wankend zu macken, waren vergebens. Nur ein Klosterbruder, Autbert mit
Namen, war entschlossen, sich mit ihm dem heiligen Werke zu weihen.
Getrosten Muthes traten sie mit Harald und seinem Gefolge die Reise
an, fuhren den Rhein hinab in die Nordsee und errichten im Spälherbste
des Jahres 826 bei Hollingsted an der Treene die dänische Küste. Nördlich von
dem Danevirk, dem Grenzwall der Dänen, zu Hethaby (Hafenstadt) oder
Sliasvic (Ort an der Schlei) schlugen sie ihre Wohnsitze aus. Es war
ein vielbesuchter Hafenplatz, wo Kaufleute aus allen umliegenden Ländern
zusammenströmten und alle Waaren, welche von der Nordsee nach der Ostsee
geschafft werden sollten, aufgespeichert wurden. Sogleich begannen die
Glaubensboten ihre Predigt, allein sie wurden mit Mißtrauen und
finsteren Blicken empfangen. Das Volk glaubte, daß ihr Gott Thor,
der Herr des Donners, bald die Verkündiger des neuen Glaubens mit
seinem Hammer zerschmettern würde, und mieden die Nähe derselben. Trotz-
dem war die Arbeit Ansgar's und Autbert's nicht vergebens. Sie fragten
und suchten eifrig nach gefangenen Knaben, um dieselben zu kaufen und
zum Dienste des Herrn zu erziehen, und gründeten in Hethaby die erste
christliche Schule; selbst der König Harald übergab willig mehrere aus
seinem Gefolge ihrem Unterrichte. — Aber schon im folgenden Jahre (827)
mußte er wieder vor seinen Feinden weichen, und auch Ansgar und Autbert
folgten ihm über die Eider nach einem Gute, welches der Kaiser Ludwig
ihm geschenkt hatte. Von hier aus verkündigten sie bald unter den Heid-
Ästchen Dänen, bald unter den christlichen Sachsen das Evangelium, und
durch Beispiel und Lehre wurden viele zum Glauben bekehrt und täglich
wuchs die Zahl der Gläubigen. Nachdem sie so zwei Jahre lang in unserem
Lande gewirkt hatten, wurde Autbert durch Kränklichkeit gezwungen, in das
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Harald Ansgar Harald Harald Ansgar Ludwig Ludwig
464
Kloster, wovon sie ausgegangen waren, heimzukehren. Bald darauf ward
auch Ansgar von seinem Werke abberufen, da der Kaiser ihm eine Ge-
sandtschaft nach Schweden übertrug, wo sich ein neues Feld zur Ausbreitung
des Evangeliums öffnete. Nach seinerrückkehr jedoch wurde er in dankbarer
Anerkennung seiner Verdienste um die Mission unter den nordischen Völkern
zum Erzbischof von Hammaburg (d. h. die Burg im Walde) ernannt. Un-
ermüdlich war er jetzt thätig, die schon gegründeten Gemeinden im Glauben
zu stärken, und durchzog predigend und taufend das nahegelegene Nord-
albingien und erbaute Kirchen zu Bramsted, Kellinghusen, Wipenthorp
oder Faldera.
Die Gemeinden blühten auf und versprachen die beste Frucht, als sich
von Norden her ein Sturm erhob, der alles zu vernichten drohte. Schon
lange hatten die wilden Normannen unter ihren Seekönigen die Nordsee-
küsten mit Feuer und Schwert verwüstet, und jetzt erschien (845) der Dänen-
könig Horic (Erich) mit einer großen Raubflotte plötzlich vor Hamburg.
Die überraschten Einwohner flohen, Ansgar und seine Schüler retteten
kaum ihr Leben, Hamburg ward von Grund aus zerstört, und Kirche und
Schule, die Ansgar daselbst gegründet hatte, gingen in Flammen auf.
Ganz Sachsenland ward mit Schrecken erfüllt und die christlichen Ge-
meinden zerstreuten sich. In dieser Noth fanden Ansgar und seine Ge-
fährten in Ramsola, einem Landgute einer frommen Edelfrau im Lüne-
burgschen, eine sichere Zusluchtsstätte. Hier sammelte er allmählich seine
Mitarbeiter und nahm bald mit neuer Zuversicht sein begonnenes
Werk wieder auf. Vorzüglich lag ihm am Herzen, den König Horic, den
Urheber alles Unheils, welches das Land betroffen, für das Christenthum
zu gewinnen. Im Jahre 850 erschien Ansgar als kaiserlicher Gesandter
am Hofe des dänischen Königs und wußte bald durch Worte und Thaten
jeden Haß und Argwohn aus der Seele desselben so sehr zu entfernen, daß
er von nun an nicht mehr der Predigt in seinem Lande Hindernisse in den
Weg legte. Auf dem Holm zu Schleswig (nicht in dem Dorfe Haddeby)
ward jetzt die erste Kirche nördlich von der Eider errichtet, welche Ansgar
der Maria, der Mutter Jesu, weihte (850). Mit Freuden sah er die zer-
streuten Gemeinden sich wieder sammeln, wie Hamburg sich wieder aus der
Asche erhob und seine Gefährten in die alten Stätten zurückkehrten. Gern
folgte er dem Rufe des Kaisers, als dieser die Bisthümer Hamburg und
Bremen vereinigte und ihn zum Erzbischof beider erhob. Aber auch in
Bremen, wo er fortan wohnte, fand er noch keine Ruhe. Noch einmal
riefen ihn grausame Christenverfolgungen nach Schweden, und als er
kaum zurückgekehrt war, vernahm er mit Trauer, daß nach einem blutigen
Bürgerkriege Horic der Jüngere in Hethaby die Kirche habe schließen
lassen und die Priester mit allen ihren Glaubensgenossen entflohen seien.
Zum dritten Male zog er nach Norden, an den Hof des dänischen Königs,
und wiederum gelang es ihm auch das Vertrauen desselben zu gewinnen.
Nicht allein wurde der christliche Gottesdienst in Sliasvic hergestellt, sondern
auch in Ripen eine zweite Kirche erbaut (860). So schied er denn und
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465
überließ treuen Männern die weitere Leitung seiner nordischen Gemeinden,
an denen sein Herz mit Liebe und Sorge noch in seinem Alter hing. Mit
hohem Dankgesühl gegen Gott konnte er jetzt endlich von seiner jahre-
langen angestrengten Arbeit in Bremen ausruhen. Aber die Kräfte seines
Körpers waren frühzeitig durch Entbehrung und Enthaltsamkeit erschöpft; ein
härenes Gewand war seine Kleidung und Wasser und Brot seine Speise.
Endlich warf ihn eine schmerzliche Krankheit darnieder, und nun quälte ihn
die Vorstellung, daß er im Dienste des Herrn nicht genug gethan habe und
daher der verheißenen Märtyrerkrone nicht für würdig befunden sei. Doch,
wie einst in seiner Jugend, glaubte er auch wieder eine Stimme zu hören, die
ihm zurief, er solle nicht an Gottes Verheißung zweifeln. Alsbald kehrte
der Friede seiner Seele zurück, und er verschied in vollem Gottvertrauen am
3. Febr. 865.
5. Vicelin (Wessel), der Apostel der Holsten und Wagrier.
Es kam eine Zeit, wo alle Gemeinden, welche Ansgar im Lande der
Holsten gegründet hatte, wieder vernichtet wurden. Im Jahre 1066 brachen
die Abodrieten, wilde heidnische Wendenstämme, aus Wagrien (Grenzland)
und Mecklenburg (große Burg) unter ihrem Fürsten Kruko hervor, mordeten
mit ruchloser Grausamkeit die Priester, zerstörten die Kirchen und Klöster
und stellten das Heidenthum wieder her. Hamburg und Schleswig lagen
in Schutt, alle Stormarn waren getödtet oder in die Sklaverei weggeschleppt;
600 Familien verließen ihre unglückliche Heimat und siedelten sich am Harze
an, denn das Land war voll von Räubern und Mördern. Wohl hatte ein
Mann, der zu jener Zeit lebte, Grund auszurufen: „Herr, die Heiden sind
gefallen in dein Erbtheil und haben verwüstet deinen heiligen Tempel."
Erst im Anfang des zwölften Jahrhunderts kehrten ruhige und für das
Christenthum günstige Zeiten zurück, als der Fürst Heinrich die Herrschaft
über die Wenden gewonnen hatte. Und bald kam auch ein Mann in's
Land, der trotz der Kriegsstürme, die das Volk bewegten, die Herzen desselben
für das Christenthum zu gewinnen wußte. Es war Vicelin, aus Hameln
an der Werra, ein Mann von großer Gelehrsamkeit und Frömmigkeit. Längere
Zeit predigte er in der Kirche zu Lübeck, wo Heinrich Hof hielt. Als dieser
aber, der ihn bisher beschützt hatte, im Kampfe gefallen war, mußte er aus
Lübeck weichen. Bald jedoch (im Jahre 1125) kehrte er im Gefolge des
Erzbischofs von Bremen zurück, der auf einer Visitationsreise im Lande
der Holsten und Stormarn (d. h. Anwohner der Stör) begriffen war. Als
sie auf ihrer Wanderung nach Melders (Melinthorp) gelangt waren, erschienen
mehrere Einwohner aus Faldera (dem späteren Neumünster) vor ihnen und
baten um einen christlichen Priester. Auf den Wunsch des Erzbischofs
folgte Vicelin dem Rufe. Als er nun unter dem Schutze eines angesehenen
Mannes, Markrad, glücklich nach Faldera gelangte, fand er eine endlose,
dürre Heidefläche und die Bewohner roh undungebildet; vom Christenthum
hatten sie nicht mehr als den Namen, und eine verfallene hölzerne Kirche
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Extrahierte Personennamen: Wessel Apostel Ansgar Heinrich Heinrich Heinrich_Hof Heinrich
466
erinnerte nur noch an die Gründung Ansgar's. Neben dem Gotte der
Christen verehrten sie noch die Götzen ihrer Väter und brachten denselben
in heiligen Hainen und an Quellen Opfer dar. Da er also in der Mitte
dieses entarteten und verderbten Volkes zu wohnen begann, an dem Orte
schauervoller Einsamkeit, empfahl er sich um so mehr dem göttlichen Beistände,
je verlassener er von menschlichem Troste war; der Herr aber, berichtet uns
der Priester Helmold aus Bosau, sein Zeitgenosse, gab ihm Gnade in den
Augen des Volkes, als er von der Vergebung der Sünden, der Auferstehung
der Todten und der Herrlichkeit Gottes zu predigen begann. Eine große
Menge wandte sich zur Buße, und die Stimme seiner Predigt erscholl durch das
ganze Land. Darauf rief er Mönche aus den Ländern südlich von der Elbe
herbei und gründete in Faldera ein neues Kloster (Novum monasterium
= Neumünster), um in den unruhigen Zeiten einen sicheren Zufluchtsort
zu haben. Dann begann er die umliegenden Ortschaften in Stormarn und
Holstein zu besuchen, zerstörte die Opseraltäre und heiligen Haine und stellte
überall, wo früher Kirchen gestanden hatten, den christlichen Gottesdienst wieder
her. Vor allem aber lag ihm die Bekehrung der Wenden in Wagrien am Herzen.
Doch erst als Knud, der Herzog von Schleswig, von dem Kaiser Lothar
zum König der Wenden erhoben wurde und mit starker Hand das Christen-
thum schützte, konnte Vicelin daran denken, zunächst die einst von Heinrich
erbaute Kirche in Lübeck wieder einzuweihen. Oft besuchte Knud auch das
Land der Wagrier, kehrte in Faldera ein und bewies sich gegen Vicelin und
seine Genossen freundlich gesinnt und verhieß ihnen viel Schönes, wenn der
Herr sein Unternehmen im Wendenlande fördern würde. Doch schon nach
2 Jahren ward er auf Seeland schmählich ermordet, und von da an war
sein Reich schutzlos wilden wendischen Fürsten überlassen, mit denen der
heidnische Gottesdienst und die blutigen Menschenopfer zurückkehrten. Besorgt
um seine Gemeinden eilte Vicelin an den Hof des Kaiserslothar und wußte
ihn zu bewegen, selbst in s Land zu kommen und an der Grenze Wagriens
auf dem Alberge die Sigburg zu erbauen. Die Fürsten der Wenden mußten
hier vor ihm erscheinen und sahen mit Ingrimm auf das Werk des kahl-
köpfigen Priesters, wie sie den Vicelin nannten. Am Fuße des Berges ließ
Lothar ein festes Kloster und eine Kirche errichten und nahm sich vor, das
ganze Volk der Wenden dem christlichen Glauben zu unterwerfen. Aber
der Tod hinderte ihn an der weiteren Ausführung seiner Pläne. Bald
jedoch gewann der Schauenburger Graf, Adolf Ii. von Holstein und
Stormarn, das ganze Land der Wagrier, und die Wenden wurden nach
Oldenburg und Lütjenburg, an die Küstengegenden, zurückgedrängt. Weil
nun das übrige Land menschenleer war, so sandte er Boten aus in alle
Lande und ließ alle, welche keinen Besitz hätten, auffordern, mit ihren Familien
nach dem fruchtbaren Wagrien zu kommen. Den Holsten und Stormarn
ließ er sagen: „Habt ihr nicht das Gebiet der Wenden unterworfen und
es mit dem Blute eurer Brüder und Väter erkauft? Warum kommt ihr
denn zuletzt es in Besitz zu nehmen?" Da erhob sich eine unzählige Menge
aus verschiedenen Völkern, und sie kamen mit ihren Familien und ihrer
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Extrahierte Personennamen: Knud Lothar Heinrich Heinrich Knud Lothar Adolf Adolf
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Habe zum Grafen Adolf, um das Land, welches er ihnen versprochen hätte,
in Besitz zu nehmen. Zuerst erhielten die Holsten Wohnsitze an den sichersten
Oertern von der Trave bis an den Ploenersee. Die Westfalen bezogen die
Gegend um Segeberg, Holländer besetzten Eutin und die Friesen bekamen
Süsel. Kaum aber batte Adolf das Land so eingerichtet und bevölkert, da
brachen die Abodrietcn noch einmal aus Mecklenburg hervor und streiften selbst
bis nach Bornhovd und schleppten Weiber und Kinder in die Sklaverei.
Aber die befestigten Ortschaften leisteten tapferen Widerstand; berühmt ist vor
allen der Kampf bei Süsel, wo der Geistliche Gcrlav an der Spitze seiner
friesischen Gemeinde in heftigem Streite die Feinde zurückschlug. — Erst
allmählich gelang es Adolf, Ruhe und Sicherheit wiederherzustellen und dem
Christenthum eine sichere Stätte in Holstein und Wagrien zu bereiten. In
den unablässigen Kriegen war der Sinn des Volkes rauh und wild geworden.
Wer nicht rauben wollte, galt für träge und feige. Wie wilde Waldesel,
bedurften sie der Zähmung, aber Adolf zwang sie mit starker Hand, daß sie
die Wege des Friedens wandelten.
Jetzt war es Zeit, eine kirchliche Ordnung im Lande durchzuführen.
Das Bisthum Oldenburg ward wieder hergestellt, und Vicelin, der sich lange
Zeit vor den feindlichen Wenden in sein befestigtes Kloster hatte zurückziehen
müssen, ward jetzt von dem Erzbischof von Bremen zum Bischof von Olden-
burg geweiht. Aber in Oldenburg, das noch von Heiden bewohnt ward,
fand er keine günstige Aufnahme, deshalb begab er sich nach Bosau, einem
Dorfe am Ploenersee, welches ihm zu seinem Unterhalt geschenkt war. Von
hier aus zog er, wie einst Ansgar, predigend und taufend im Lande umher
-und erbaute daselbst die erste Kirche in Wagrien. Ein großes steinernes
Fußgestcll, das zum Taufstein Vicelin's gehörte, wird noch jetzt auf dem
Bosauer Kirchhof gezeigt. —
Doch war es ihm nicht beschieden, die ganze Vollendung seines Werkes
zu schauen. Mehr als dreißig Jahre hatte er unter den ungünstigsten Ver-
hältnissen für die Ausbreitung des Christenthums in Wagrien gearbeitet,
als seine zerrüttete Gesundheit ihn nach Neumünster zurückzukehren zwang.
Hier starb er nach langem Siechthum im Jahre 1154.
6. Knud Laward.
Um das Jahr 1100 herrschte in Dänemark der König Niels. Knud, der älteste
Sohn des verstorbenen Königs, hatte wegen seiner Jugend seinem Oheim die Herr-
schaft überlassen müssen. Als er herangewachsen war, verließ er sein väterliches
Reich, zog in die Fremde und verlebte mehrere Jahre am Hofe des Herzogs Lothar
von Sachsen. In den Waffen geübt und mit vielen Kenntnissen ausgerüstet, kehrte
er dann heim, um die Grenzen Dänemarks gegen die Einfälle der räuberischen
Wenden zu schützen. Als Herzog und Statthalter des Königs hielt er Hof in der
Stadt Schleswig und erbaute zum Schutze des Hafens und des Handels auf der
Möveninsel in der Schlei eine feste Burg, die Jürgensburg genannt. Unermüdlich
war er thätig , die Ordnung in seinem Lande herzustellen und die Straßen zwischen
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Extrahierte Personennamen: Adolf Adolf Adolf Adolf Adolf Ansgar Kirchhof Knud_Laward Knud Lothar
von_Sachsen
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Schlei und Eider vor Räubern zu sichern. Die Stadt Schleswig, welche die Wenden
verbrannt hatten, erstand unter seiner segensreichen Regierung neu aus ihren
Trümmern. Zahlreiche deutsche Kaufleute und Handwerker rief er in seine Residenz;
er selbst kleidete sich deutsch, liebte deutsche Sitte und war von deutschen Sängern
und Kriegern umgeben. Die Bevölkerung hing ihm an, und er selbst war Mitglied
einer Gilde, deren Genossen einander Leib und Leben zu schützen gelobten. So
regierte Knud, obwohl als Däne geboren, wie ein deutscher Fürst sein Land.
Mit Freuden vernahm Lothar, der unterdessen Kaiser geworden war, wie
Knud die Wenden bezwang; deshalb erhob er ihn zum König derselben und
setzte ihm mit eigener Hand die Krone auf's Haupt. Seit der Zeit nannten ihn
seine Unterthanen Hlaford(Lord) d. h. ihren Herrn und verliehen ihm gleiche Ehre
und Würde, als seinem Oheim, dem dänischen Könige. Mit Neid und Eifersucht
sahen die Dänen, wie seine Macht immer mehr zunahm. Denn selbst in ihrem
Lande galt sein Wort >iehr, als dasjenige Niels. Als nämlich zwischen seinen
Brüdern auf Seeland ein blutiger Krieg ausbrach, den Niels vergebens zu endigen
suchte, mußten sie bei Strafe der Verstümmelung am Hofe des Herzogs in Schles-
wig erscheinen und sich seinem Richtersprucbe fügen. Vor Zorn entbrannte vor
allen Magnus, der Sohn des Königs, als er einst in einer Versammlung in
Schleswig den Knud mit der Wendenkrone ans dem Haupte neben seinem Vater
vor allem Volke sitzen sah. Er begann zu fürchten, daß Knud ihm dereinst Reich
und Leben nehmen könnte, und auch die Seele des Königs erfüllte Mißtrauen und
Angst vor seinem mächtigen Neffen.
Zn Ripen klagte Niels vor dem versammelten Volke: „Knud will meinen
Tod nicht erwarten, sondern sich des Thrones bemächtigen. Darum nennt er sich
auch jetzt schon König!" Knud erwiderte, auf das Heft seines Schwertes gestützt:
„Laward, einen Herrn nennen mich die Meinen, nicht König. Ich habe die Wenden
im Kampfe bezwungen, die Küsten und Meere sind jetzt sicher, daß der Däne ruhig
am Ufer der Inseln wohnen und der König ohne Wachen am Grenzwall in Schles-
wig schlafen kann. Aber für all die Mühen und Wunden, die ich im Kampfe für
das Vaterland davon getragen habe, ernte ich jetzt nur Haß und Verfolgung. Und
doch bin ich ein treuer Dienstmann des Königs und trachte nicht nach der dänischen
Krone." Das versammelte Volk jubelte Knud Beifall zu, und der König entließ
ihn scheinbar versöhnt aus der Versammlung. Aber Magnus, mit furchtbarem
Haß im Herzen, beschloß, sich mit Gewalt seines gefürchteten Gegners zu entledigen,
und viele dänische Prinzen standen zu ihm. Durch einen feierlichen Eid band
er alle, nichts von ihrer Absicht zu verrathen. Bei der Berathung lagerten sie auf
dem Boden, um schwören zu können, daß sie weder sitzend noch stehend ans den
Untergang des Herzogs bedacht gewesen seien. Nur der Schwager Knud's verließ
plötzlich die Versammlung, als er den Mordanschlag gegen das Leben seines Ver-
wandten vernahm; er wollte den Plan nicht theilen, aber ihn auch nicht verrathen.
Bald darauf verlautete, Magnus wolle zum heiligen Grabe pilgern, vorher
aber solle eine Versammlung aller Familienmitglieder auf Seeland stattfinden.
Auch Knud ward geladen, das heilige Weihnachtsfest im frohen Kreise der Seinen
mit zu begehen; ihm vor allen gedenke Magnus Habe und Gut anzuvertrauen.
In der Königsburg zu Roeskilde gab es fröhliche Tage; ein festliches Gelage
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Knud Lothar Knud Niels Niels Magnus Magnus Knud Knud Niels Knud Knud_Beifall Magnus Magnus Magnus Magnus Knud Magnus Magnus
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seines Reiches seinen Erstgeborenen krönen. Noch nie hatte ein dänischer Könige
vor ihm solchepracht entwickelt, als dort zur Schau getragen wurde. lobischöfe,
3 Herzöge, ebenso viele Grafen und eine große Menge Edle waren um ihn versam-
melt. Das war die Frucht eines zwanzigjährigen siegreichen Kampfes mit den
benachbarten Völkern. Ihm waren Unterthan die Gestade der Ostsee, Esthland,
Pommern, Rügen, Schwerin; das Land der Friesen zahlte Zins; ganz Nord-
albingien war ihm unterworfen, und alle festen Plätze des Landes, Itzehoe, Ploen,
Lüneburg, Reinaldesburg (Rendsburg), Travemünde, Lauenburg, Ratzeburg von
seinen Mannen besetzt. Selbst Lübeck huldigte ihm und empfing ihn einst als König
der Dänen und Wenden und Herrn von Nordalbingien festlich in seinen Mauern.
Der Graf Adolf Iii. von Schauenburg hatte Land und Leute verloren. Von
den Dänen gefangen genommen, mit Ketten beschwert und schimpflich behandelt,
hatte er auf all sein Land verzichten müssen, um nur seine Freiheit zu erhalten.
Er begab sich auf seine Stammburg Schauenburg an der Weser, von wo sein
Großvater ausgegangen war, um über Nordalbingien zu herrschen, und verbrachte
hier die übrige Zeit seines Lebens, ohne je wieder seinen Fuß auf holsteinischen
Boden zu setzen.
Wohl waren die Holsten der fremden Herrschaft abgeneigt und empfanden,
heißt es später, schwer, daß sie nicht nach ihren einheimischen Rechten, sondern nach
dem Recht der Dänen regiert wurden. Aber die Hand Waldcmar's und seines
Statthalters Albrecht von Orlamünde hielt alle in Furcht und Gehorsam; hatten
sich doch der Kaiser der Deutschen und die norddeutschen Fürsten vergeblich dem
gewaltigen König der Dänen entgegen gestellt, der 160,000 Krieger zu den Waffen
rufen konnte und mit seinen 1400 Schiffen die Meere beherrschte. — Da erscholl
plötzlich die Kunde durch alle Lande, daß Waldemar und sein ältester Sohn von
dem Grafen Heinrich von Schwerin gefangen hinweggeführt seien und in dem
festen Schlosse Dannenberg wohl verwahrt würden. Ganz Dänemark war von
Schrecken gelähmt, und die unterworfenen Völker erhoben sich gegen die fremde
Herrschaft. Unzufriedene holsteinische Große traten zusammen und luden den
Sohn ihres früheren Herrn ein, von der väterlichen Erbschaft Besitz zu nehmen.
Adolf kam über die Elbe und alles Volk fiel ihm zu. Aber Albrecht sammelte ein
Heer und gedachte die Feinde seines Königs zu schlagen und diesen selbst aus der
schmählichen Gefangenschaft zu befreien. Bei Mölln focht man vom frühen Mor-
gen bis zum späten Abend, aber als die Sonne unterging, war das Heer der
Dänen vernichtet und der tapfere Führer derselben gefangen. Da ward Ham-
burg von Adolf eingenommen, und Lübeck und die Ditmarsen fielen von den Dänen
ab. Als nun Waldemar keine Rettung mehr sah, ttat er alle seine Eroberungen
ab und versprach Holstein, Stormarn, Wagrien und die Festung Rendsburg dem
Grafen Adolf zu übergeben. Aber erst nachdem er gelobt, ein hohes Lösegeld zu
zahlen, und seine Söhne als Geiseln für den Vertrag ausgeliefert hatte, kam er
aus der Gefangenschaft frei. Doch sein kühner Sinn war nicht gebeugt; er hoffte
alles Land durch Waffengewalt wiederzugewinnen. Als sein ältester Sohn aus
der Haft entlassen war, ließ er sich vom Pabste in Rom seines Eides entbinden
und drang mit einem großen Heere über die Eider. In kurzer Zeit gewann er
ganz Ditmarsen und die Feste Rendsburg wieder, und nur mit Mühe gelang es
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Adolf_Iii Adolf Schauenburg Albrecht_von_Orlamünde Albrecht Heinrich_von_Schwerin Heinrich Adolf Albrecht Albrecht Adolf Adolf Adolf
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So stand der Held, der Adolf, und feurig lief das Blut
ihm durch die Adern, die Treue gab ihm so hohen Muth.
Wie in den Jugendtagen, fo blitzt' ihm^hell das Auge:
ihn freut' es, daß die Blüte vom alten Stamm noch immer tauge.
Und kräftig scholl die Stimme: „O Gott! dir sag' ich Dank,
daß immer noch die Jungen geben ohne Wank
der wackern Alten Wege. Dich haben sie bezeuget,
da vor dem armen Mönche die Knie sie in den Sand gebeuget.
So recht, ihr braven Söhne jener Ritterschaft,
die einst mit mir erprobet die hohe Gotteskraft.
In Furcht des Herrn, in Treue, für's Recht in Muth entflammet,
so stehe der, so wirklich den Siegern von Bornhövd entstammet.
Ihr seid des Landes Adel. Wohlauf! das Heldenblut
bewähre sich dem Volke in kühnem frommem Muth.
Wer feig das Recht verließe, Schmach auf seinen Namen!
zu Spott und Lüge würde die Abkunft ihm von Heldensamen.
Ihr aber, meine Söhne, bringt die Treue nie
auf glattem Eis zu Falle. Der euch die Macht verlieh,
der ist der Oberlehnsherr. Zum ewigen Gott gewendet,
sollen mit euch die Mannen vor allem meiden, was ihn schändet.
So steht mit eurem Volke in Gottesfurcht vereint,
daß gleich dem blanken Erze seine Treue scheint.
Dann wird das feste Bollwerk wider die Dänenstürme
nie sinken dem deutschen Reiche: dann seid ihr dieses Landes Thürme.
Empfaht des Priesters Segen. Der Herr euch behüt',
sein Angesicht leuchte jedem in's Gemüth,
euch allen sei er gnädig. Stets und allerwegen
verleih' er diesem Lande seinen milden Vatersegen!" —
So betete dort der Priester im jungen Ritterkreis.
Amen! sagten jene und küßten die Hand dem Greis.
Stumm ritten jetzt sie dannen, manches überdenkend.
Der Mönch nahm das Körblein, die Schritte nach dem Kloster lenkend.
9. Abel, der Brudermörder.
Als Waldemar gestorben war, erhob sich zwischen seinen Söhnen, dem Könige
Erich und dem Herzog Abel von Südjütland, ein Streit, der lange Jahre ihre
Länder verheerte. Denn Abel, den der Graf Adolf zum Vormund seiner jungen
Söhne eingesetzt hatte, wollte seinem Bruder keine Hülfe gegen seine Schwäger
leisten und ihm überhaupt keine Dienste schuldig sein. Aber Erich zwang ihn
durch Heeresmacht, daß er ihn für sein Herzogthum als seinen Herrn anerkannte.
Darauf schwuren sie einander mit starken Eiden stete Freundschaft und Brüder-
lichkeit, stellten Siegel und Briefe aus und gaben von jeder Seite zwanzig Ritter
als Geisel zur Sicherheit des Vertrages. Aber Abel schied nicht versöhnt von
seinem Bruder. Auf seiner Burg zu Schleswig wartete er auf die Stunde der
Rache. Hier sammelten sich alle, welche mit dem Könige unzufrieden und seinen
Nachstellungen entkommen waren. Die erbittertsten Feinde Erich's umgaben den
Herzog und waren seine nächsten Getreuen. Plötzlich lief die Nachricht ein, daß
Graf Johann mit großer Heeresmacht von Holsten vor Rendsburg stehe, das
der König besetzt hielt. Erich eilte zum Entsätze des wichtigen Platzes herbei und
gedachte auf dem Wege eine Zeitlang bei seinem Bruder zu verweilen.
Es war am 7. August 1250, als der König mit wenigen Begleitern in
Vaterländisches Lesebuch. 31
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Extrahierte Personennamen: Adolf Waldemar Erich Adolf Adolf Erich Johann Johann Holsten August
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Schleswig einzog und von Abel freundlich auf seiner Burg auf der Möveninsel
empfangen wurde. Den Sommerabend brachten sie in einem kleinen Hause zu,
welches an einer Brücke lag, die die Insel mit dem Festlande verband, und ver-
trieben sich die Zeit bis spät in die Nacht beim Würfel- und Bretispiel. Eben
war Erich in ein Spiel mit einem Ritter verliest, als Abel plötzlich hereintrat und
das Gespräch ans ihre früheren Zwistigkeiten brachte. „Gedenkst du noch der
Zeiten," schrie er, „wo du Schleswig plündertest und meine Tochter nackt und
bloß in's Elend jagtest?" „Sei getrost!" erwiderte der König, „ich habe noch
so viel, daß ich deiner Tochter wieder zu neuen Schuhen verhelfen kann." Diese
Worte aber reizten noch mehr den Zorn Abel's; er erklärte den König für seinen
Gefangenen lind übergab ihn einem Ritter mit der Weisung ihn wegzuführen,
wohin er wolle. Dieser ließ ihn ergreifen, fesseln und in ein Boot bringen,
welches unter der nahen Brücke bereit lag. Man ruderte mitten auf die Schlei
nach Osten zu. Bald aber hörte man starke Ruderschläge und laute Stimmen
hinter sich. Der König selbst ward aufmerksam und wandte sich mit Fragen an
seine Begleiter. Gleich darauf bemerkten sie die Umrisse eines Bootes, das sich
ihnen ra>ch näherte. Der König erkannte in dem Führer desselben seinen Tod-
feind Lauge Gudmundson und sah sich einem sicheren Tode preisgegeben. Aus
seine dringende Bitte ward ein Priester aus der Nähe von Miffunde herbeigeholt,
dem er dann mit angsterfülltem Herzen beichtete. Darauf erschlug ihn Gud-
mundson mit eigner Hand und ließ den Leichnam, mit Ketten beschwert, in die
Schlei senken. Bald aber fanden Ftzcker die Leiche und begruben sie. Doch als
Abel dies erfuhr, ließ er sie wieder ausgraben und feierlich in der Domkirche zu
Schleswig beisetzen. Dann ichwnr er mit 24 Rittern starke Eide, daß er den Tod
seines Bruders nicht befohlen habe, sondern, daß des Königs Feinde ohne sein
Vorwissen den Mord vollzogen hätten. Die däni>chen Großen glaubten seinen
Worten und wählten ihn zu ihrem Könige.
Kaum fühlte Abel sich sicher auf dem dänischen Thron, als er einen Zug
gegen die Friesen vorzubereiien begann, weil sie sich weigerten, ihm Zins und
Steuer zu zahlen. Er hegte aber auch einen alten Zorn gegen die trotzigen Be-
wohner der Inseln, die ihn als Herzog nicht hatten anerkennen wollen, und dachte
sie mit der Macht seines Reiches in einem Feldzuge zu unterwerfen. Aber es war
schwer die Friesen zu bezwingen. Das Gebiet derselben, das jetzige Eidersted,
war damals noch von Meerengen und Fiüsien durchschnitten und bestand aus
drei Inseln, die man die Utlande d. h. die Außenlande nannte. Deshalb begann
Abel mitten im Winter, als alle Gewässer und Moore fest zugefroren waren,
seinen Zug und lagerte zum Schrecken der Friesen auf der Borgeest an der Milden-
burg, um über die mit Eis bedeckte Eider zu rücken. Aber die Frie>en, um das
Bild ihres heiligen Christian, das auf einem Wagen dahergesührt ward, geschart,
zogen ihm entgegen über den Deich auf das tzis und gelosten, wenn sie den Sieg
gewännen, so wollten sie den heiligen Christian mit dem allerbesten Golde be-
schlagen lassen. Und es geschah, wie ihre alte Chronik erzählt, daß Gott den
Frieien Gnade gab und plötzlich so starker Regen vom Himmel siel, daß sie kaum
ihren Heiligen von dem berstenden Eise retten konnten. Während so die Friesen
in großen Ehren nach Hause zogen, mußte Asel eiligst unter großen Verlusten
seinen Rückzug antreten, um aus der gefährlichen Marsch herauszukommen. Aber
schon in dem heißen, alle Marschgräben austrocknenden Sommer stand er wieder
mit großer Macht an der '1' ildendurg, woschrffe bereit lagen, das Heer die Eider
hinunterzufahren. Südlich von Oldensworth schlug er sein Lager auf und ver-
heerte und brandschatzte alles umliegende Land. Die Noth der Außenlande rief
hier Slammesgenossen auf ihrer alten Thiugstätte, am Bauermaunswege, zu-
sammen, wo sie alle aus einem Munde riefen, daß der große Kaiser Karl ihre
Voreltern durch seine kai erliche Macht freigegeben hätte, und ehe sie König Abel
huldigen oder Schatz und Zins zahlen wollten, wollten sie alle darum sterben
oder König Abel solle sterben. Daraus richtete jede Harde ihr Banner aus, und
um 7 Fahnen geschart zogen sie dem königlichen Lager zu. Eben begann es zu
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Extrahierte Personennamen: Erich Christian Christian Oldensworth Karl Karl
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tagen, und der König war im Begriff sich zurückzuziehen, als die Friesen vor seinem
Lager erschienen. Mit Zurücklassung aller Beute und in der größten Unordnung
wich der König mit dem Heere zurück, um sich auf seinen Fahrzeugen einzuschiffen.
Aber eben war die Zeit der niedrigsten Ebbe, und die Schiffe saßen auf dem
Grunde. Da eilte der König weiter auf dem Deiche nordwärts, um den Ueber
gang über die Eider zu gewinnen. Aber schon hatten die Friesen den Milder-
dämm, der durch die Niederung ging, welche Eidersted mit dem /-estlande verband,
besetzt, als das Heer des Königs vor demselben in der größten Unordnung an-
langte. Das ganze Heer tvard vernichtet, und ein edler, freier Friese, ein Wagen-
zimmermann aus Pelworm, Wessel Hummer genannt, spaltete dem flüchtigen
Könige mit seiner Streitaxt das Haupt. Das geschah am 29. Juni 1252. Die
Leiche des Brudermörders und die seiner Gefährten blieben auf dem Schlachtfelde
unbeerdigt liegen zum Fraße für Wölfe und Raben.
10. Gerhard der Große.
Nach Adolf's Tode hatten seine Nachkommen das Land unter sich getheilt
und hielten Hof zu Kiel und Segeberg, zu Ploen und Rendsburg. Weil sie aber
große Feindschaften gegen einander hegten, waren sie auch nicht mehr so gefürchtet
wie früher und mußten wiederholt ihre alten Feinde, die Könige von Dänemark,
als Schiedsrichter herbeirufen. Diese gewannen immer mehr Macht und hatten
schon Lübeck wieder ihrer Herrschaft Unterthan gemacht. Da war es der junge
Graf Gerhard von Rendsburg, der sein Haus und sein Land durch gewaltige
Kriegsthaten wieder zu neuer Macht und neuem Ansetzn brachte. Bon ihm wird
erzählt, daß er anfangs kein Schloß und kein Eigenthum als einige Windhunde
gehabt und zu Rendsburg auf einem Kornspeicher gewohnt habe, bis Hartwich
Reventlow, ein aus Ditmarsen vertriebener Ritter, ihn der Dürftigkeit entrissen
und mit Waffen und Pferden ausgerüstet habe, mit denen er sich dann wider seine
Stammvettern eine Herrschaft erkämpfte. Im Bunde mit seinem Vetter Johann
dem Milden von Ploen suchteer, von Ehrgeiz getrieben, seine übrigen Verwandten
ihrer Länder zu berauben. Der eine ward aus einem Fenster seines Schlosses zu
Kiel in den Burggraben geworfen, ein anderer auf seiner Burg zu Segeberg des
Nachts im Bette von Reventlow erschlagen. Selbst der alte Graf Johann, der
so seine beiden Söhne verloren hatte, ward überfallen und gefangen hinwegge-
führt und auf seinem Schlosse zu Kiel bewacht. All' ihr Land theilten die Sieger
unter sich. Da erhoben sich ihr Vetter, Adolf von Schauenburg, und andere
Fürsten und gedachten, von den Ditmarsen unterstützt, Gerhard wegen der schweren
Gewaltthaten zu strafen. Weil die Fürsten aber einzeln angriffen, wurden sie
von Gerhard leicht überwältigt und gefangen hinweggeführt. Nur die Ditmarsen
drangen siegreich bis Kiel und Bornhövd vor. Als sie aber mit großer Beute
beladen in ihr Land zurückkehren wollten, wurden sie von Gerhard überfallen
und mußten ihm alle ihre Beute preisgeben. „Da wuchs dem jungen Grafen
immer mehr sein Gut und es wuchs ihm auch der Muth von dem Streite" und
er beschloß, einen Rachezug gegen die Ditmarsen zu unternehmen. Mit vielen
adeligen Herren zog er aus und schlug die Ditmarsen zweimal im Streite. Die,
welche entflohen, eilten in die Kirche von Oldenwöhrden. Als die Holsten sich
nun davor legten und Feuer heranbrachten, baten sie um Gnade und wollten des
Grafen getreue Unterthanen sein. Der aber wollte ihnen kein Gehör geben und
ließ das Feuer stärker anfachen. Als nun schon das geschmolzene Blei des
Kirchendaches auf sie herunterträufelte, wollten die Ditmarsen das alleräußerste
wa^en: sie brachen aus der Kirche hervor, stürzten sich auf die sorglos zerstreuten
Feinde und erschlugen ihrer so viele, daß sie im Blute wateten. Wie nun Gerhard
sich in Traurigkeit mit seinen Haufen zurückziehen wollte, fand er die engen Wege
der Marschen besetzt, so daß bier noch viele Edle den Tod durch die Hand der
Bauern erlitten. Als Gerhard nun erkannte, daß er die tapferen Bewohner der
Marschen nicht zu unterwerfen vermöchte, beschloß er, alle Zwietracht mit ihnen
31 *
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Extrahierte Personennamen: Wessel_Hummer Gerhard_von_Rendsburg Hartwich
Reventlow Johann Johann Reventlow Johann Johann Adolf_von_Schauenburg Adolf Gerhard Gerhard Gerhard
Extrahierte Ortsnamen: Segeberg Rendsburg Rendsburg Kiel