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Xxih. §. 4. Fortschritt der Reformation während politischer Kämpfe. 489
nicht Alles, was Luther wünschen konnte? Nicht als ob er um die
Gutheißung und den Schutz des Reichsregiments und einer deutschen
Kirchenversammlung sehr verlegen gewesen wäre. Selbst seines vä-
terlich sorgenden Kurfürsten Friedrich Schutz schlug er nicht hoch an.
Aus seiner stillen Zufluchtsstätte auf der Wartburg hatte er sich kühn
wieder nach Wittenberg mitten in den wildesten Kampf geworfen.
Was lag ihm an seiner Person, wenn nur das Wort des Herrn kei-
nen Schaden, noch Befleckung litte. Aber das war eben damals zu
fürchten. Während Luther's Abwesenheit auf der Wartburg war es
in Wittenberg wild hergegangen. Luther hatte bisher im Gottesdienst
und kirchlichen Einrichtungen Nichts geändert, nur die Lehre hatte er
gereinigt, nur die heilsame Wahrheit verkündigt. Da waren nun aber
unruhige Geister unter den Amtsgenossen Luther's in Wittenberg.
Die konnten es nicht abwarten, bis allerlei unangemessene Dinge beim
Gottesdienst von selber fielen. Sie wollten mit Sturm und Drang
den ganzen Cultus umgestalten, die Messe, die Beichte, die Abend-
mahlsfeier, sie warfen sogar die Bilder aus den Kirchen. Zu ihnen
kamen Andere, Jnspirirte aus Zwickau, die da meinten, des ge-
schriebenen Wortes Gottes nicht mehr zu bedürfen, da sie an der in-
nern Erleuchtung schon genug hätten. Diese Letzteren trieb Luther
entschieden von sich; den Stürmern aber in Wittenberg führte er zu
Gemüthe, daß alle äußere Form des Gottesdienstes unwesentlich sei,
nur wie das Herz zum Herrn stehe, darauf komme es an. Er brachte
Ordnung und Stille in das Reformationswerk zurück. Der Herr
hatte ihn ja selbst auf der Wartburg recht in die Stille geführt.
Desto gedeihlicher breitete sich sein Werk nach allen Seiten auö. Den
ganzen Norden nahm die neue Lehre ein. Dänemark und Schweden
und der Hochmeister von Preußen bekannten sich bald offen und ent-
schieden für sie. In Polen, Ungarn und Siebenbürgen fand sie den
entschiedensten Anklang. In der Schweiz hatte sie sich bereits einen
eigenthümlichen Heerd gegründet. Wir sahen schon, wie Zwingli,
von ganz anderen Grundlagen ausgehend, die Züricher Gemeinde be-
wogen hatte, sich vom Bisthum und somit von der ganzen katholischen
Kirche loszureißen, alle „Gebräuche, die in der heiligen Schrift nicht
Grund haben," abzuschaffen und nach Möglichkeit die altapoftolische
Form einer Christengemeinde wiederherzustellen. Von Zürich aus
brachen sich die evangelischen Ideen weithin in die Nachbarschaft
Bahn, sie stiegen bis zu den eisbedeckten Gipfeln der Alpen hinan, sie
ergossen sich von den völkertrennenden Firsten hinab in die Thäler
und Ebenen Savoyens und der Lombardei, durch die ganze italienische,
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Xxih Friedrich_Schutz Friedrich Zwingli
116 X. §. 2. Ursprüngliche Zustände in Griechenland.
tung zu bringen, und hatte ihnen solche politische Einrichtungen ge-
geben, hatte ihre Schicksale so geleitet, daß sie fast mit Nothwendig-
keit darauf hingedrängt wurden, aller in sie gelegten Kräfte sich bewußt
zu werden, sie zu gebrauchen, zu üben, zur Vollkommenheit zu bringen.
Deshalb sind noch bis auf den heutigen Tag die griechischen Schrift-
steller, Dichter und Philosophen, die griechischen Künstler aller Art
bei der gelehrten und kunstliebenden Welt in so hohem Ansehen, daß
sie fast als die Lehrmeister des neuern Geschlechts mitten in der
Christenheit erscheinen, ja daß selbst Christen bedauern, die Schön-
heit griechischer Formen nicht in den heiligen Schriften, nicht in dem
Buch der Bücher wiederzusinden.
Kunst, so weitste die Anmuth, Lieblichkeit, Gefälligkeit der äußern
Form bezeichnet, ist freilich dem Worte und Volke Gottes fremd.
Nicht die Schönheit, sondern die Angemessenheit der äußern
Form kommt dort allein in Betracht. Wenn das, was zu sagen und
darzustellen ist, auf die zweckmäßigste, dem Inhalt entsprechendste Art
dargestellt wird, so genügt das den: Knecht Gottes, mag dann die Form
auch in manchen Fällen als unschön, als hart, als anstößig, als wehe-
thuend erscheinen. Denn um Wahrheit und Verständniß ist es den
Knechten Gottes allein zu thun; und um der Wahrheit willen muß
auch das rauhere Wort gesagt werden, um des Verständnisses willen
muß es in scharfer Entschiedenheit gesprochen sein. Die Form darf
hier nichts für sich selber gelten. Das aber ist das Eigenthümliche
des Griechenvolks, daß es Alles, was es hervorbringt, in die schönsten
Formen kleidet, daß die Form, auch ganz abgesehen von dem Inhalt,
schon durch ihre eigne Lieblichkeit entzückt. Gleich wie der ewig heitere
reine griechische Himmel, die reizenden Formen der griechischen Berge
und Thäler, Seen und Flüsse, die einladende Anmuth seiner Meere
und Küsten Alles bezaubert, so schmiegt sich auch das Menschenwerk
in lieblichster Weise den malerischen Naturformen an; und wie die Na-
tur selbst zum Hingeben und Genießen einladet, so prägt sie auch den
Hervorbringungen des Menschengeistes den gleichen Stempel des ausru-
henden Genießens auf. Aber nichts desto minder beweist die Geschichte
des herrlichen Griechenvolks nur die Wahrheit des alten Satzes: alles
Fleisch ist wie Heu und alle seine Herrlichkeit ist wie des Grases
Blume.
§. 2. Ursprüngliche Zustände in Griechenland.
Die hohe Entwicklung des griechischen Volks konnte nur darum
zu Stande kommen, weil in ihm jeder Einzelne Gelegenheit zur
Entfaltung der in ihn gelegten Kräfte hatte. Bei keinem andern
Heidenvolk der alten Welt war das der Fall. Unter den hami-
tischen Culturvölkern sahen wir die einzelnen in die engen Formen
der Kaste eingezwängt, und die enggeschlossenen Corporationen ver-
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Ackerflächen und rotbackigen
Häusern angenehm unter-
brochene Odargauer Bruch, aus
dein sich am Horizont westlich
ein schmaler bewaldeter Saum,
östlich die gelbweißen Dünen
scharf abheben. Und dahinter
wogt, soweit das Auge reicht,
die blaue Ostsee. — Aus der
großen Reihe bemerkenswerter
Blöcke seien nur noch die fol-
genden genannt: der große Stein
bei Mirchau im Kreise Karthaus
(17 m Umfang, 5 >>> Länge und
über 3 m Höhe), der Wingen-
stein bei Cadinen (Umfang
15.30 w, Länge 41/4 m, Breite
3.30 in, Höhe etwas über 3 in),
der große Stein von Owsnitz im Kreise Bereut (13,20 in Umfang, 41/2 ,»
Länge, 2v2 '» Breite und 2,20 ,» Höhe svgl. Abb.s), der Teufelsstein von
Schwetzin und Buchrode im Kreise Putzig (12,75 in Umfang, 5 m Länge,
5.30 in Breite und über 13/4 m Höhe (vgl. Abb.s), der Ziemannstein in der
Oberförsterei Sobbowitz (12 m Umfang, 474 m Länge, 3 m Breite und fast
2h2 m Höhe), der Kanzelstein bei Kvlkan im Kreise Neustadt (12 m Umfang,
472 m Länge, 23/4 m Breite und ungefähr l,20 in Höhe über der Erde), der
Stein am Marienfee (10v4 m Umfang, 4 m Länge, 3 in Breite und unge
fähr 3 m Höhe). Diese wenigen Zahlen vermögen uns ein Bild von der
Größe vieler Blöcke in Westpreußen zu geben.
Die Blöcke verteilen sich auf drei Hauptverbreitungsgebiete, das End-
moränengebiet bei Karthaus und Bereut, das Grundmoränengebiet bei Neustadt
und Putzig und das Grundmoränengebiet nordnordöstlich von Elbing. Das
völlige Fehlen erratischer Blöcke in den Kreisen Danziger Niederung und
Marienburg erklärt sich geologisch durch die ausgedehnten Schlickbildungen der
Weichselniederung zwischen Danzig, Dirschau, Marienburg und Elbing, die
„als ein altes Delta der Weichsel bei ihrer Einmündung in das früher bis
Dirschau und Marienburg sich ausdehnende Frische Hass anzusehen ist".
Während der Diluvialzeit rückte von Norden her in riesiger, vielleicht
einige tausend Meter betragender Mächtigkeit das Inlandeis vor und
bedeckte wie ein Schild das norddeutsche Flachland zeitweise bis zum Rande
der deutschen Mittelgebirge. Bei seinem Vorwärtsschreiten schob das
Gletschereis den Verwitterungsschutt des Untergrundes vor sich her, nahm
ihn als Grundmoräne in seinem Fuße auf und hobelte und schrammte damit
auch den festen, felsigen Untergrund. Beim Abschmelzen des Eises blieb
der Moränenschutt als Geschiebemergel mit zahlreichen, kantengerundeten,
kleinen und größeren Steinen und Blöcken zurück. An Stellen, wo der
Eisrand, abgesehen von kleineren Schwankungen, längere Zeit stetig ver-
harrte, entstanden die parallel dem konvexen Gletscherende gelagerten, bogen-
förmigen Endmoränen, wallartige Erhebungen, die aus dem am Rande des
Eises ausgeschmolzenen gröberen Schutt bestehen.
Der Teufelsstein von Schwetzin und Bnchrode
im Kreise Putziq.
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127
An der Landschwelle von Nieder-Brodnitz.
gen Nordosten, nach Zuckau zwangen? Es muß ein gewaltiger Aufstau ge-
wesen sein, der es der Radaune ermöglichte, sich durch die ungeheuren Sand-
massen zwischen Fließenkrug und Ruthken eine abgrundtiefe Schlucht von
einer Meile Länge hindurchzunagen! Auch muß dieser Aufstau beträchtliche
Zeit angehalten haben und schrittweise in dem gleichen Maße gesunken sein,
wie sein Abfluß sich in den Berg einsägte. Daß dies wahr ist, kann man
schon daran erkennen, daß die Seen, z. B. die Brodnoseen, an manchen Stellen
die Marken eines weit höheren Wasserstandes in Gestalt schmaler Terrassen-
sänme in ihren Gestaden hinterlassen haben. Auf diesen Terrassen liegen
dann oft ziemlich starke Lager von Seekalk, einem Kalk, der sich hauptsächlich
aus den Kalkkrusten an Stielen und Blättern gewisser Wasserpflanzen, be-
sonders Algenarten (Characeen) im Laufe der Zeit aus dem Flachwasser-
grunde bei den Ufern anzuhäufen pflegt.
Aber nicht allein die Täler bringen in die Landschaft eine auffällige,
fast planmäßige Gliederung, auch die Hügel, so unregelmäßig sie gewöhnlich
gestaltet sind, schließen sich in einzelnen Landstrichen deutlich zu besonderen
Gruppen, Ketten und Höhenzügen zusammen. Oft sind es breite, wuchtige,
weithin die Gegend beherrschende Massive, oft auch wieder lange Zonen mit
einem Gewirr unruhiger kleiner Kuppen und Kessel zwischen zwei weiten,
welligen Flächen. Damit Pflegt dann auch ein auffälliger Wechsel der
Bodenart verbunden zu sein: kommt man z. B. von Eggertshütte zum Turm-
berg, so durchquert man eine wellige Hochfläche aus ziemlich schwerem Lehm-
boden und ersteigt dann im Turmberg und den Nachbarhöhen (Schöneberge,
Gans-Berge) einen mächtigen Rücken von grobem Sande mit vielen großen
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180
Wenn ich an dem Getrümmer dieses Schlosses stand, mußte ich immer
wieder an die Ruine von Roggenhausen denken. Hier wie dort finden wir
dieselben Bestandteile der Landschaft, das tiefeingeschnittene Erosionstal eines
Flusses und anmutig geschweifte Randberge. Aber dennoch kann man sich
kaum verschiedenere Bilder denken. An der Ossa grünem Strande ver-
schwindet die Ruine beinahe im Baumgrün, und längs des Flüßchens, das
durch blumige Wiesen rauscht, bilden Erle und Hasel dichte Hecken. Kaum
bedürfte es da noch der blütenreichen Obstgärten im Grunde, um unsere
Seele mit idyllischem Frieden, behaglicher Lebensfreude zu erfüllen. Hier
an der Drewenz redet die Natur zu uns in einer ernsteren Sprache. Hier
umhüllt fein schattiger Buchenwald die Randberge des Tales; baumlos und
kahl liegt der breite Grund vor uns da, und auch die Hopfenplantage von
Marienhof vermag die Halden nicht freundlich zu beleben, da sie allzu ver-
einsamt in der weiten Fläche daliegt.
Herb und ernst ist die Stimmung der ganzen Landschaft, herb und ernst,
wie die Gedanken an frühere Zeiten, die uns in ihr kommen müssen, lagerte
doch in diesem Grunde dereinst die Macht der Ordensritter, um Jagiello
und seinen blutdürstigen Tartaren den Weg ins deutsche Land zu wehren,
den sie sich wenige Tage später durch die Schlacht bei Tannenberg dennoch
bahnen sollten.
Aber dennoch verlohnt auch dieser Gau unserer Heimat einen Besuch,
denn die Landschaft besitzt dort einen Stimmungswert, der sie von anderen
Gegenden scharf unterscheidet. Wandern wir später in den Forsten bei
Loukorsz am Ufer schmaler, flußähnlicher Waldseen dahin, von deren unter
Schilf und Binsen verborgenen Flut die Wildenten in ganzen Wolken hoch-
gehen, überschauen wir vom hohen Ufer den buchtenreichen Spiegel des
Partenschinsees, so werden wir diese Landschaften im Geiste sicherlich gar
oft mit der charaktervollen Flußlandschaft vergleichen, von der der wuchtige
Nawraberg und die trutzige Schloßruine von Kauernik aufragen.
Fritz Braun.
Abschied.
i§in Birkchen stand am Weizenfeld.
Gab Schatten kaum erst sechzehn Jahr';
Das hat den Bauer sehr erbost,
Daß die paar Fuß der Sonne bar.
Ich ging vorbei, der Bauer schlug,
Dem Stümmchen war so wund und weh,
Es quält die Axt, das Bäumchen ächzt
Und ruft mir zu: „Ade, ade!"
Die Krone schwankt, ein Böglein kam,
Das seinen Frieden hatte dort,
Noch einmal sucht im Hin und Her
Das Krallchen Halt im grünen Port.
Das Bäumchen sinkt, der Vogel fliegt
Mit wirrem Zwitscherlaut ins Land;
Ich schämte niich vor Baum und Tier
Und schloß die Augen mit der Hand.
Detlev v. Liliencron.
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abgeschliffenen Steinen gespickte Ton, der bei zahlreichen Brunneugrabungen
angetroffen wird. Dieser „Geschiebemergel", in den obersten ein bis zwei
Metern gewöhnlich zu lehmigem Sande und bräunlichem Lehm verwittert,
liegt weithin auf der Danziger Höhe und in der Kaschubei, z. B. bei Karthaus,
zutage und gibt einen fruchtbaren, milden Ackerboden. In der von der Ver-
witterung noch nicht erreichten Tiefe von —3 in enthält er eine bis zu
20 % betragende Beimischung feiner und gröberer Kalkteilchen, eine Folge
der Zerreibung größerer Kalksteine und Kreidestücke beim Gletschertransport.
Auch der von den Schmelzgewässern vor, auf und unter dem Eise zusammen-
gespülte Sand und Kies ist in unverwittertem Zustande kalkhaltig — eine
für die Pflanzenernährung sehr wertvolle Eigenschaft. Die Feldspatkörner
des Geschiebemergels und Sandes enthalten Kali und Natron, andere Mine-
ralien, Phosphorsäure usw., während im Gegensatz dazu die tertiären Boden-
arten des tieferen Un-
tergrundes sehr nähr-
stoffarm sind. Der
unwirtliche Gletscher
brachte also gute Ga-
den für die Landwirt-
schaft!
Doch zu Größerem!
Höhen und Tiefen, Seen
und Täler der Kaschu-
bei sind samt und son-
ders Schöpfungen der
Eiszeit (und zwar der
letzten Eiszeit) In den
Betten der Radaune-
seen, des Brodno-, Ost-
ritz-, Patullisees usw., schäumten die Schmelzströme des abtauenden Gletschers
südwärts ins freie Land; der Turmberg und seine Nachbarhöhen, so groß
sie dem Menschen erscheinen, sind nichts als hochgelegene Sandhaufen, die
in etlichen Jahrhunderten (oder nur Jahrzehnten) vor dem Eise zusammen-
gespült wurden, und auch jene sehenswerten Blockanhäufungen bei Mischi-
schewitz, aus denen unsere heidnischen Vorfahren das Material zu ihren Grab-
hügeln zusammenschleppten, sind nur ein wenig oberflächlicher Gletscherschntt,
vom sommerlichen Tauwasser am Rande einer Sandebene aus dem Schmutz
hervorgewaschen.
Allerlei merkwürdige Erscheinungen verlieren ihre Rätselhaftigkeit, wenn
wir mit solcherlei Vorstellungen uns ihrer bemächtigen. Quer über das
Radaunetal streicht von Borkau über Glintsch gegen Krissau ein breiter
Gürtel von Sandbergen und Kuppen, zwischen denen sehr tiefe, runde oder
längliche Einsenkungen, auch kleine Täler und Wiesengründe liegen. Be-
sonders auf der Höhe von Borkau, unmittelbar nördlich der Chaussee von
Zuckau nach Karthaus, nimmt diese Landschaft die sonderbarsten, abenteuer-
lichsten Formen an. Tiefe Pfuhle, oft mit versumpftem Grunde, liegen Wand
an Wand wie vulkanische Krater in die Hügel eingebettet. Einige rücken
sich so nahe, daß die trennenden Rücken halb eingerissen sind; manche liegen
ganz isoliert, andere schließen sich zu Gruppen und Reihen aneinander, und
Ostritzsee mit Turmberg. Echter Rinneusee.
(Aus Sonntag, Geologischer Führer durch die Danziger Gegend.)
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aus einer solchen Reihe entwickelt sich eine zum Karlikauer See hinabführende
Mulde. Wir sehen also in diesem Fall einen genetischen Zusammenhang
zwischen den Pfuhlen und dem See. Ein gewaltiger Pfuhl liegt auch in
dem schmalen, hohen Kiesriegel, der den Karlikauer See vom Glembokisee
trennt. Man hat den Eindruck, als sei hier voreinst ein mächtiger Glet-
scherbach vom Eise herabgeströmt und habe das Bett des Karlikauer Sees
ausgestrudelt; beim Rückgang des Gletschers scheint sich dann zeitweise der
Bachlauf verstopft und bald hier- bald dorthin verlegt zu haben und gleich-
zeitig eine enorme Kiesaufschüttung in der ganzen Umgebung erfolgt zu sein.
Darauf schuf sich das Wasser wieder eine regelmäßigere Bahn und strudelte
Erosionsterrassen des Radanneflusses bei Goschin.
Die alluviale Talsohle ist z. T. mit einer Eiskurste vom Winterhochwasser bedeckt. Jenseits erhebt sich eine
untere Terrasse, über deren Abhang Pflanzgräben laufen. Die steinige Böschung im Vordergrund links
korrespondiert mit dieser Terrasse. Darüber sieht inan jenseits den mit Büschen (Wacholder) bedeckten Ab-
hang der Hochlerrasse.
in stetem Zurückweichen die breite, tiefe Rinne des Glembokisees (— „tiefer
See") aus, an den Rändern die Rinne ruhig überwallend. Die kreisrunden
oder länglichen Pfuhle aber mögen teils von demselben Gewässer, teils von
Nachbarbächen ausgestrndelt sein, die vom steilen Eisrand zu Boden stürzten.
Der Boden ist, wie gesagt, überall Kies und Sand, durchsetzt mit vielen
großen Steinblöcken. Das Ganze ist eine so eigenartig entwickelte End-
moräne, wie man sie in ganz Deutschland kaum irgendwo wiederfindet.
Wie merkwürdig zerschlitzt die Eisgrenze auf der Danziger Höhe und
in der Kaschubei lange Zeit gewesen sein muß, läßt sich bis zu einem gewissen
Grade aus der oberflächlichen Verbreitung der Bodenarten ermitteln. In
der Gegend von Kölvin südlich von Karthaus treten bedeutende, horizontal
gelagerte Tonschichten nicht allein an den Talgehängen, sondern auch auf
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Extrahierte Personennamen: Karthaus
Extrahierte Ortsnamen: Karlikauer_See Goschin Deutschland
140
Breite der Talsohle erscheinen hier die Umrisse der Landschaft viel wuchtiger
als bei Oliva. Neben der Wangelinshöhe muß selbst der hastende Tourist
den Rand des Teufelsgrundes in der Nähe der Försterei Sagorsch aufsuchen.
Der Fernblick über die blau verdämmernden Waldberge und das rege Schmelz-
tal ist von eigenartigem Reiz, und kehrt der Wanderer am Fuße der Berge
nach Sagorsch zurück, so wird er sicherlich mehr als einmal von der Höhe
der Waldhänge überrascht werden. Wenn man durchaus die Fremde zum
Maßstabe der Heimat
machen will, hat man
hier wohl ein Recht, von
einem Klein-Thüringen zu
sprechen.
Ebenso wie die Rand-
berge des Schmelztales
weisen auch die Hänge
des Kielauer Kessels große
landschaftliche Schönhei-
ten auf. Wie der „heilige
Berg" in unmittelbarer
Nähe des Ortes bieten
auch die Höhen im Hinter-
gründe des Kessels, wo
rechts und links Seiten-
täler einmünden, über-
raschend schöne Rundblicke.
Allerdings findet man in
diesen Bergen kaum Weg
und Steg und muß sich
in Waldschlägen oder gar
quer durchs Dickicht em-
porarbeiten. Doch diese
Mühe ist nicht so groß,
daß sie dem frischen Wan-
derer jene grünen Berge
verleiden könnte.
Am dichtesten drängen
sich die Randtäler auf der
Buchenwald bei Psaffenbrunn tut Forstrevier Oliva. Strecke Zoppot — Strieß
zusammen, und diesem Um-
stande verdankt jener Teil des Höhenzuges den Ruf seiner landschaftlichen
Schönheit. Am reichsten hat hier die Natur mit Gaben der Schönheit Oliva
bedacht; die Aussicht vom „Karlsberge" gilt als die schönste der ganzen nord-
deutschen Küste. Gönnen wir Brandstäter das Wort, der, wie wenige, mit
warmem Herzen an den Fluren der Heimat hing:
„Haben wir den Karlsberg bestiegen, so umfaßt der Blick das weite
Panorama mit allen jenen herrlichen Punkten, welche einzeln schon geeignet
wären, einen tiefen und wohltuenden Eindruck auf die Seele zu machen.
Von Redlau streift der Blick an der flachen Küste entlang, über Zoppot,
Karlikau, Saspe, Brösen, Neufahrwasser und Weichselmünde, bis in die
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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142
Goldammer ihr trübseliges Lied spinnt, machen einen kümmerlichen, wind-
zerzausten Eindruck. Man tut am besten, dieses Gebiet zur Herbstzeit zu
durchwandern, wenn die helle Luft die Bergkonturen in fast durchgeistigter
Klarheit hervortreten läßt und der Wanderer nach Belieben rechts und links
vom Wege über die Stoppeln schreiten kann, um hier einen Berg zu ersteigen,
dort eine Schlucht zu entdecken. An solchen klaren Herbsttagen entbehrt
auch diese Gegend nicht einer eigentümlichen, wehmütigen Poesie, die den
einsamen Wanderer bald in stille Gedanken versenkt und ihm den ganzen
weltfremden Zauber der Heide vergegenwärtigt. Neben den früher erwähnten
Waldbäumen, der Kiefer vor allen, ist die Eberesche der Charakterbaum
Pommerellens. Selten nur findet man ebenmäßig gewachsene Bäume, aber,
so krumm und verwachsen sie auch sein mögen, immer sind sie im höchsten
Grade malerisch. Wenn sie
zur Herbstzeit im Schmucke
ihrer roten Beeren dastehen,
machen sie einen geradezu süd-
lichen Eindruck und bilden
einen eigenartigen Gegensatz
zu den schlichten Hütten, die sie
beschatten, den naturwüchsigen
Kaschubenkindern, die unter
ihnen spielen.
Durchschreiten wir die öle
Seenplatte von Ost nach West,
so kommen wir zu dem wieder
dichter mit Wald bestandenen
Zentrum der pommerellischen
Höhe, die das System der
Schönberge überragt. Der
Blick vom Dorfe Ostritz ans
den Turmberg gehört zu den
schönsten Fernsichtcn Pomme-
rellens. Bis zum plätschernden
Strande dehnen sich schattige
Buchenhänge. Vom andern Ufer grüßt der Laubwald der Vorberge, und
hinter ihnen erhebt sich im blauschwarzen Farbtone der Kiefernwälder die
Kuppe des 331 m hohen Turmberges, der den Spiegel des Sees um
ungefähr 180 ,» überragt. (Vgl. Abb. S. 131.)
Zu den schönsten Aussichtspunkten der inneren Kaschubei gehören die
Präsidentenhöhe bei Chmielno mit weiter Fernsicht über die nördlichen
Radauneseen, sowie der Blick vom Spitzberge auf den malerischen Markt-
flecken Karthaus. Sucht man romantische Größe, so findet man im Babental,
südwestlich von Zuckau, am ehesten seine Rechnung. Wer am heiteren Sommer-
tage das Babental durchstreift, von der waldigen Höhe herniederschaut auf
den reißenden Fluß oder von blumiger Waldwiese hinaufblickt an den steilen
Wänden des Ufers, die bei Ruthken eine Eisenbahnbrücke in luftiger Höhe
verbindet, wird sicher von diesem lieblichen Grunde ungern scheiden.
Ebenso schön, wenn auch ganz anders gestaltet, ist das Radaunetal bei
Kahlbude. Hat man den Hang im Osten erklommen, um das friedliche Bild
Am Ottomilier See.
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