Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Das Deutsche Reich - S. 70

1905 - Berlin : Mittler
— 70 — 3. des sächsischen Berglandes. Es bildet die weitere nördliche Abdachung und beherbergt weder Kohlen noch Erze. Dagegen trägt es auf seiner flachwelligen Oberfläche teilweise sehr fruchtbaren Lößboden, während das allmählich zur Ebene abfallende Hügelland vielfach mit älteren und jüngeren Ablagerungen bedeckt ist. Womit beschäftigen sich die Bewohner des Erzgebirges? 1. Mit Bergbau auf Erze und Kohlen. a) Silber. Die Mengen des gewonnenen Erzes, besonders des Silbers, sind ganz beträchtlich. Das Erzgebirge steht sogar in dieser Hinsicht in Europa an erster Stelle. Man unterscheidet besonders zwei Silberproduktions- bezirke. Der eine liegt im Gebiete der Städte Annaberg und Joachim s tal hoch oben im Gebirge, wo über 230 Personen auf 1 qkm wohnen. Der zweite, wichtigere Silberbezirk hat zum Mittelpunkte Freiberg an der Mulde. Zwecks Gewinnung der Erze hat man hier viele Schächte, Stollen, Teiche und Kanäle angelegt, die in ihrer Art muster- gültig und für viele Verwaltungen anderer deutscher und auch außerdeutscher Bergwerke vorbildlich geworden sind. Unter den zahlreichen Gruben ist die » Himmelfahrt «- Fundgrube die bedeutendste. Leider ist die Produktion von Jahr zu Jahr erheblich geringer geworden. Im Jahre 1893 belief sich das gesamte Ausbringen der 239 Betriebe, in denen etwa 3500 Personen beschäftigt wurden, auf 40 376 t; dagegen 1902 nur noch auf 23 000 t im Werte von 1,9 Mill. Mark gegen 9 Mill. Mark im Jahre 1880. Von 23 000 t Erzen waren etwa 12 000 t Silbererze. b) Andere Erze. Außer dem Silber werden besonders noch Blei-, Nickel-, Eisen-, Zinnerze gewonnen. Für das letztere Erz ist das Erzgebirge (Zinnwald) (Geising) die wichtigste Fundstelle in Deutschland. Neben diesen Erzen nehmen Kobalt- und Wismuterze eine beachtenswerte Stellung ein, ferner alle Arten von Spaten. In Gesellschaft der edlen Metalle werden auch noch Zier- und Schmucksteine gefunden, wie Serpentin, Topas, Achat, Jaspis und Amethyst. Auch der sonst sehr seltene Schmirgel wird gewonnen.

2. Das Deutsche Reich - S. 125

1905 - Berlin : Mittler
125 Aschersleben, Weißenfels und Zeitz, im wichtigsten deutschen Braunkohlengebiete gelegen, bereiten aus Braunkohlen Teer, Paraffin, Karbolsäure und Kreosot. Die deutsche Farben- industrie ist heute weitaus die erste der Welt. Ihre Er- zeugnisse stammen größtenteils vom Steinkohlenteer her, daher der Name Teerfarben (Anilin). Die größten Farbwaren- fabriken weisen Ludwigshafen, Elberfeld, Höchst, Frank- furt a. M. und Berlin auf. Der Export von Anilin und anderen Teerfarbstoffen erreichte im Jahre 1902 einen Wert von 89,3 Mill. Mark. Andere Zweige der chemischen Industrie. Für die Herstellung von Seifen und Parfümerien sind Köln, Berlin, Düsseldorf und Stettin, für die Fabrikation ätherischer Öle Leipzig und für die Erzeugung von Arzneien Dresden von besonderer Bedeutung. Sprengstoffe (Pulver, Dynamit) werden hauptsächlich im Rheinland (Opladen), Westfalen und in den Königreichen Württemberg (Rottweil) und Sachsen (Geyer im Erzgebirge) fabriziert. c) Ein- und Ausfuhr. Den gewaltigen Umfang des Ein- und Ausfuhrhandels der chemischen Industrie und Pharmazie mag folgende Aufstellung für das Jahr 1902 veranschaulichen : Einfuhr Ausfuhr in Millionen Mark an Rohstoffen .... 211,7 44,4 an Fabrikaten . . . . 111,2 386,0 4. Die Industrie der Steine und Erden. a) Die Steinbruchindustrie hat die Aufgabe, die für den Häuser- und Straßenbau erforderlichen Gesteinsarten zu be- schaffen ; sie ist in Deutschland sehr verbreitet und beschäftigt etwa 70 000 bis 80 000 Personen. Unter den Produkten dieser Industrie sind die wichtigsten Granit, Basalt, Dach- schiefer, Kalkstein und Marmor. Obwohl sich die Jahres- produktion in diesen Felsarten auf etwa 50 bis 60 Mill. Mark beläuft, so muß doch noch ein beträchtlicher Teil des Bedarfs im Auslande gedeckt werden. Wenn auch die Steinindustrie in fast allen Gebieten des deutschen Gebirgslandes anzutreffen ist, so erlangen doch das rheinische Schiefergebirge (Schiefer), das hessische Bergland (Basalt, Sandstein), Thüringer und Frankenwald (Schiefer), das Fichtel- gebirge (Granit, Marmor), das Erzgebirge (Granit, Schiefer),

3. Das Deutsche Reich - S. 126

1905 - Berlin : Mittler
126 das Elbsandsteingebirge (Quadersandstein) und die schlesischen Gebirge (Granit, Sandstein, Schiefer) besondere Bedeutung. b) Die Zementindustrie, eine verhältnismäßig noch junge Industrie, hat sich zu einer bedeutenden Exportindustrie ent- wickelt, leidet aber gegenwärtig an einer starken Überproduktion. Der Zement (Mörtelpulver), ein durch Brennen gewonnenes Ge- misch von Kalk und Ton, findet im Wasser-, Straßen- und Hoch- bau Verwendung. Für Herstellung von Zementwaren (Gesimse, Umrahmungen von Tür- und Fensteröffnungen, Pfeiler, Säulen, Ornamente) haben zahlreiche Großstädte des Deutschen Reiches, besonders Berlin, München, Dresden und Leipzig, Be- deutung erlangt. c) Die Ziegelindustrie, welche die gewöhnlichste Art des Tons, den Lehm, zu Mauer- und Dachziegeln sowie zu Ton- röhren verarbeitet, findet sich überall in Deutschland, namentlich aber in der Nähe großer Städte und im norddeutschen Tief- lande. Hier zwingt der Mangel an Felssteinen zu umfang- reicher Verwendung künstlichen Baumaterials. d) Die Tonwarenindustrie. Das Rohmaterial der Ton- warenindustrie sind Töpferton und Pfeifenton. Während der letztere bei der Fabrikation von Fayence und Steinzeug Ver- wendung findet, bereitet man aus dem Töpferton die ver- schiedenen gewöhnlichen und feineren Tonwaren. Zu diesen, also aus Töpferton hergestellten feineren Tonwaren gehören Terra- kotten, Architekturwaren, Steingut, Majolika und Öfen. Eine Zentralisierung der Tonwarenindustrie hat nicht stattgefunden, vielmehr ist sie überall zur Entwicklung ge- kommen, besonders natürlich dort, wo sich bedeutende Lager von plastischem Tone befinden. Berühmt sind das Bunzlauer Geschirr, die Töpferwaren von Großalmerode bei Kassel und des Kannenbäckerlandes im Westerwalde. In der Fabrikation von Steingut und Fayence sind Schlesien (Waldenburg), das Königreich Sachsen und die Rheinprovinz (Mett- lach) hervorragend. Charlottenburg und Nymphenburg liefern Terrakotten in künstlerischer Vollendung. In den Fabrikaten der deutschen Tonwarenindustrie, die sich gleich der französischen und englischen Industrie zu künstlerischer Vollkommenheit entwickelt hat, findet ein bedeutender Ausfuhr- handel statt. e) Die Porzellanindustrie befaßt sich mit der Fabrikation des Porzellans, das als »beliebter Gebrauchsgegenstand und

4. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 77

1908 - Berlin : Süsserott
— 77 — diesen allerdings räumlich getrennt auch Kohlen. Daneben liefert er Gold, Platin, Kupfer und Silber. (Die russische Goldproduk- tion betrug 1905 33 542 kg i. W. von rund 94 Mill. M, die Platin- ausbeute mit 4500 kg etwa sieben Achtel der Weltförderung.) Das Gebiet des Kaukasus liefert in Transkaukasien neben Kupfer und Manganerzen besonders Naphtha, das in verschiedenen Gegenden, besonders auf der Halbinsel Apscheron, in Baku (große Raffinerien) und dessen Umgebung gewonnen wird. Die Naphthagewinnung hat seit den Tiefbohrungen von 1872 einen riesenhaften Aufschwung genommen (Röhrenleitung von Baku nach Batum; außerdem be- sondere Zisterneneisenbahnwagen und Tankdampfer). Die „Russisch- Amerikanische Öl-Kompagnie" versorgt ganz Südeuropa mit Petro- leum, und viele Dampfer auf dem Kaspischen Meer und der Wolga werden mit Naphtha geheizt. Rußland ist auch reich an Salz. In den Bezirken Astrachan und Orenburg sind große Steinsalzlager, und der Boden vieler früheren Steppenseen ist mit einer dicken Salzkruste bedeckt. Auch die seichten Buchten des Schwarzen Meeres dienen der Salzgewinnung. 3. Industrie. Die russische Industrie ist vor allem Hausindustrie. Die langen Winter und der Mangel an guten Wegen zwingen die Bewohner zur Verarbeitung der reichlich vorhandenen Rohmaterialien. Bestimmte Orte verfertigen immer nur gewisse Artikel. (Die Be- wohner vieler Dörfer um Moskau und Kasan Gold- und Silber- arbeiten, die von Tula Samoware, ,,Tula"-Klingen und ,,Tula"- Kurzwaren aus Stahl, Eisen und ,,Tula"-Silber.) Die Fabrik- industrie hat sich trotz der Förderung durch die Regierung (hohe Schutzzölle!) sehr langsam entwickelt, da es ihr mit Ausnahme des polnischen Bezirkes an geschulten Arbeitern fehlt. (Die unter Alexander Ii. ins Land gerufenen deutschen Ingenieure, Werk- meister und Arbeiter wurden später nicht mehr mit demselben Wohl- wollen behandelt.) Erst in jüngster Zeit sind namentlich in Polen und dem südrussischen Kohlen- und Erzbecken moderne Großbetriebe entstanden, außerdem haben auch Petersburg, Moskau und der Kaukasus (Baku und Tiflis) eine rege gewerbliche Tätigkeit. Viele Großbetriebe sind Abzweigungen deutscher Firmen. An der Spitze steht die Textilindustrie. Der Baumwollenbedarf wird zu einem Drittel im eigenen Lande gedeckt (Kaukasus, Turkestan), wodurch die Baumwollwarenfabrikation sehr gefördert wird (Zahl der

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 118

1913 - Leipzig : Hahn
118 geschenkten Metalls, ermöglichte eine ausgedehnte Benutzung der wichtigen Erfindung. Eiserne Dampfkessel wurden gebaut, um den Dampf schon bei seiner Geburt in Fesseln zu schlagen, eiserne Maschinen, um ihn zur Arbeit zu zwingen. Zahlreiche andere Maschinen entstanden, um die gewonnene Arbeit nutzbar zu machen, um Wasser zu heben, zu spinnen, zu weben, Metalle, Holz, Steine zu bearbeiten und vielfache andere Aufgaben zu erfüllen. Jetzt erst war das Eisen im vollen Sinne des Wortes unentbehr- lich geworden; dennoch wuchs seine Bedeutung abermals, als man an- fing , die neue Betriebskraft auch zur Erleichterung des Verkehrs der Menschen untereinander zu benutzen. Mit der Erbauung der Eisenbahn im Jahre 1825 war die erste Masche eines eisernen Netzes begonnen, das alsbald einen großen Teil des bewohnten Festlandes umspannen sollte. Die Anlage und die Unterhaltung dieses Eisennetzes, sowie das rasche Emporblühen gewerblicher Anlagen überall, wo Eisenbahnen entstanden, riefen alsbald eine Steigerung des Eisenverbrauchs ins Ungeheure hervor. Aus dem achtzehnten Jahrhundert besitzen wir leider keine Nachrichten über die jährliche Eisenerzeugung der Erde. Am Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, also zu einer Zeit, da durch die Einführung der Dampfkraft jedenfalls der Eisenverbrauch erheblich gewachsen war, betrug die jährliche Eisenerzeugung etwa 400000 Tonnen. In der Gegenwart beträgt sie un- gefähr 50 Millionen Tonnen. Sie hat sich also im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts auf das 125fache gesteigert. Nimmt man den Wert einer Tonne Eisen in dem Zustande, wie es das Eisenwerk verläßt, zu durch- schnittlich 100 Mark an — die meisten Sorten Walzeisen, Gußwaren usw. werden auch in ungünstigen Zeiten erheblich höher bezahlt —, so ergibt sich ein Gesamtwert der jährlichen Eisenerzeugung von 5000 Millionen Mark. Die Erzeugung von Eisen, diesem bei weitem billigsten aller Metalle, übertrifft die aller übrigen Metalle zusammen an Gewicht um fast das Zwanzigfache, an Geldwert um das Anderthalbfache. Das Eisen ist in der Tat zum wichtigsten Metall der Erde geworden. Wenn man dem Menschen das Gold, das Silber, das Kupfer oder irgend ein anderes Metall außer dem Eisen nähme — er würde unleugbar manche An- nehmlichkeiten des Lebens entbehren müssen, aber er würde sich Ersatz durch andere Metalle zu schaffen wissen, und sein Gesittungszustand würde kaum einen erheblichen Rückschritt erfahren. Welche Zustände aber ein- treten würden, wenn plötzlich das Eisen von der Erde verschwände, ist man schwerlich imstande, sich deutlich zu vergegenwärtigen. Unsere Kleidung, unsere Beleuchtung, unsere häusliche Ausstattung, unsere Literatur — alles, alles wird mit Hilfe eiserner Werkzeuge, eiserner Maschinen, eiserner Ver- kehrswege beschafft. Ganz unmöglich würde es sein, in unserer Zeit das Eisen durch andere Stoffe zu ersetzen. Nach Ledebur. 59. Auf den Gold- und Diamantfeldern Südafrikas. Läge Johannesburg in Europa, so würde ich die Behauptung wagen, es sei trotz mancher großartigen Bauten einer der am wenigsten ansprechenden

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 120

1913 - Leipzig : Hahn
120 Deutsche befinden, mit Vorarbeiten beschäftigt sind. Als ich ans Tageslicht zurückkehrte, war ich l1/^ km entfernt von dem Punkte, an dem ich in die Tiefe gefahren war. Über Pretoria, die Hauptstadt Transvaals, das man von Johannes- burg in 2 Stunden erreicht, fuhr ich nach Kimberley iu Griqualand. Wir sahen bei der Durchkreuzung des ehemaligen Oranje-Freistaats nichts als Wüste, keinen Baum, keinen Strauch, nur ganz vereinzelt eine Farm. Nach mehrmaligem Wagenwechsel und nach fast zweitägiger Fahrt langte ich in Kimberley an. Die Diamantenstadt ist zum wenigsten zehnfach an- ziehender als Johannesburg. Nachdem ich mich von dem Staub der Landstraße einigermaßen befreit hatte, verfügte ich mich in die Verwaltung der großen De Beers- Minen. Der Leiter der Minen übertraf durch seine Zuvorkommenheit alle Erwartungen. Ein Beamter wurde beauftragt, mich zu begleiten, um mir vorerst in den oberen Stockwerken des Gebäudes das Aussuchen der Diamanten zu erklären. Es war ein unvergeßlicher Anblick. Zehn Herren saßen so in einer Reihe, daß das Tageslicht auf ihre Hände fiel. Jeder hatte einen ansehnlichen Haufen Edelsteine vor sich und war damit beschäftigt, das Arbeitsergebnis der letzten Woche, das einen Wert von ungefähr 65000 Pfund vorstellte, zu sichten und auszulesen. Die Diamanten sahen aus wie arabischer Gummi. Es ist schwer faßlich, wie diese unansehnlichen Steine durch das Schleifen zu herrlichen Brillanten werden können. In einem andern Raum bekam ich geschliffene Steine zu sehen. In geschmack- vollen Behältern lagen wasserhelle, rosa, hellgelbe bis dunkelbraune, blaue und grüne Diamanten. Am nächsten Tage begab ich mich mit meinem Erlaubnisschein an den Eingang der Diamantfelder. Unabsehbar nach beiden Seiten erstrecken sich meterhohe Einfriedigungen. Am Eingangsschacht einer Mine wurde ich in einen Bergmannskittel gesteckt, und mit großer Geschwindigkeit fuhren wir 400 m abwärts in die Unterwelt. Hier fand ich alle Gänge durch Bogenlampen erleuchtet und die Schächte untereinander, sowie mit den Geschäftsräumen an der Erdoberfläche mit elektrischen Glocken verbunden. Mein Führer und ich schritten die Stollen entlang. Uns entgegen kamen die Kippwagen in einer langen Reihe, durch Maschinenbetrieb gezogen, alle gefüllt mit der kostbaren, blaugrauen, vulkanischen Erde, die an der Luft verwittert und zerfällt. Eine halbe Stunde durchwanderten wir das unterirdische Heim der Diamanten, beobachteten die schwere Arbeft der Neger und fuhren dann wieder an die Oberfläche. Wir besuchten nun noch ein weites, ebenes Gelände, wo die aus den Minen geförderte Erde durch die Witterungseinflüsse zersetzt wird, um später mit Karren in die ausgedehnten Wäschereien gefahren zu werden. Umfangreiche Maschinen spülen die schweren Bestandteile der Erde auf einen Hügel zusammen; von hier aus wird sie in ein langes Zimmer gebracht, wo man die Steine ausliest. Ich zählte bei einem mit dieser Arbeit beschäftigten Manne in rund 2 Minuten 27 Diamanten von der Größe einer halben Erbse bis

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 131

1913 - Leipzig : Hahn
131 schritte, ja wir sind schließlich mit so viel verschiedenen Brennern, Docht- arten, Zylrnderformen beglückt worden, daß die arme Hausfrau sich in dem Reichtum gar nicht mehr auskennt. Die Petrolemnglühlichtlampe, der sich zur berechtigten Freude der Landwirtschaft die Spiritusglühlicht- lampe anreihte, sind die jüngsten Erscheinungen der vielverzweigten Industrie. Ganz neue Aufgaben aber erwuchsen dieser, als das elektrische Licht aus dem Stadium der Versuche heraustrat, als neben dem nur für die Beleuchtung der Straßen und großer Räume geeigneten elektrischen Bogenlicht die kleine, zierliche Glasbirne, das elektrische Glühlicht, zur Geltung gelangte. Wie schnell doch dieses sich wieder einbürgerte! Die erste praktisch brauchbare Glühlampe wurde Ende der siebziger Jahre erfunden — heute leuchtet sie nicht nur in Magazinen, Hotels, in zahlreichen Privathäusern der Großstädte, sie hat auch in kleineren Orten und in neuester Zeit selbst auf Gütern, wo immer nur billige Wasserkraft zum Betrieb der elektrischen Kraftmaschine vorhanden ist, weiteste Ver- wendung gefunden; ja gerade kleinere Städte haben vielfach den Sprung von der Petroleumbeleuchtung direkt zur elektrischen Zentrale und zum elektrischen Licht gemacht, ohne den Gasometer und das Gaslicht über- haupt kennen gelernt zu haben. Während das Gas für Zimmerlampen, die vom Orte beweglich, die tragbar sein sollen, gar nicht in Betracht kommt, weil es an feste Röhren- leitungen gebunden ist, kann die elektrische Glühbirne sehr wohl auch für transportable Lampen verwendet werden. Zwar ist das Ideal, eine brauch- bare elektrische Lampe mit einer wenig empfindlichen, billigen Akkumulator- batterie im Fuß, die man mit elektrischem Strom laden würde, wie man auf eine alte Lampe Ol aufgießt, noch nicht erfunden. Da jedoch der elektrische Strom nicht in festen Röhren fortgeführt wird, wie das Leucht- gas, sondern in schmiegsamen, innerhalb der Wohnungen oft fadendünnen Drähten, so kann man eine elektrische Lampe bis zu einem gewissen Grade im Zimmer herumtragen — sie bleibt freilich immer an jenen Draht ge- fesselt, von dessen Länge abhängig. Aber bei der unvergleichlichen Be- quemlichkeit aller sonstigen Bedienung — ein Ruck rechts am Schalter, und sie leuchtet auf, ein zweiter Ruck, und sie erlischt — nimmt man diesen Mißstand gern mit in den Kauf. Ein Weihnachtsbaum mit elektrischen Glühlämpchen! Ich kann mir denken, das klingt vielen übermodern, und, ehrlich gesagt, ich selbst werde wohl Zeit meines Lebens nicht auf die duftige Wachskerze im Tannengrün verzichten. Aber schön und von ganz eigenem, wahr- haft poetischem Reiz ist solch ein dunkler Baum auch, aus dem hundert ganz kleine Glühlämpchen mit magischem Licht herausleuchten — das kann niemand leugnen, der ihn gesehen hat. Und wer weiß, ob er sich nicht bei der fortschreitenden Verbreitung des elektrischen Lichtes allgemeiner einbürgert, als wir heute glauben. Möchten dann nur unsere Enkel ihn mit gleich frommen Gedanken und mit der gleichen Freude im Herzen umstehen, wie wir unseren lieben, alten Lichterbaum! Hanns von Spiolb-rg. 9*

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 132

1913 - Leipzig : Hahn
132 65, Das erste Gaslicht. Das Leuchtgas ist am Ende des 18. Jahrhunderts erfunden worden. Der Engländer Murdoch beleuchtete 1792 sein Haus und seine Werk- stätte mit Steinkohlengas. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, der für die Entwicklung der Gasindustrie außerordentlich viel beigetragen hat und die Straßenbeleuchtung von London (1814) einführte, er- zählte über die Erfindung des Leuchtgases folgendes: „Murdoch hatte mich als jungen Burschen bei seinen Versuchen über die Verwendung des Kohlengases für die Erleuchtung zur Hilfeleistung herangezogen. Wie einfach waren unsere Apparate! Ein altes Flintenrohr hatten wir als Retorte, Ochsenblasen als Rezipienten und Gasometer. Wie oft sind wir beim Licht eines Flämmchens nach Hause gegangen, das der Alte mittels einer solchen Blase, die er unter dem Arm drückte, und eines alten Pfeifenrohres als Brenner unterhielt. Wir kamen weit mit dem Kohlengas, und bei dem Feste für den Frieden zu Amiens (1802) hatten wir an der Front der Fabrik in Soho eine Sonne von Gasflammen angebracht, die freilich tüchtig qualmten, — der Jubel und das Staunen der Volksmassen wollte nicht enden. — Wir beleuchteten die Werkstätten damit, noch einige Spinn- mühlen, und es war besser als Lampenlicht; aber schlecht genug war das Gas, und die Leute wurden krank von all dem Rauch und Ruß. Als ich vor nunmehr 40 Jahren meine Reinigungsapparate erdacht und fertig hatte, beleuchtete ich zuerst damit einen Verkaufs- laden, ich glaube, der Besitzer war ein Farbenmacher am Strand in London und hieß Ackermann. Die Flammen standen wie weiße Sterne über den Brennern, und die Öllampen weit und breit wurden rot und blind. Die Leute liefen zusammen, und die Wagen der Vor- nehmen hielten vor dem Laden, dessen Besitzer bedeutende Geschäfte machte. Eines Abends kam eine schöne, große Lady hereingestürmt und rief uns an, sie müsse das Licht in ihrer Kutsche mit nach Hause nehmen, es koste, was es wolle! Bei alledem wurde ich ausgelacht, als ich mit dem Plane hervortrat, London mit Gas zu beleuchten. Und unter den Lachern waren keine schlechteren Leute als Davy, unser größter Physiker, und einer, dem es lieber verziehen sein soll, unser größter Dichter von damals, Sir Walter Scott, der spottend ausrief: „Die Welt steht auf dem Kopfe, London soll jetzt in Winternächten mit dem Kohlenrauche beleuchtet werden, der unsere Wintertage zu Nächten macht." Aber endlich, jetzt (1844) gerade vor 36 Jahren, hatten wir eine mutige Gesellschaft zusammen, ein Gasometer war er- baut, und es sollte mit dem „Lichtverkauf" begonnen werden. Da hatten Gelehrte dem Magistrat gesagt, mein kleiner Gasbehälter sei gefährlicher, als wenn er voll Schießpulver wäre, und durch das kleinste Loch in seinem Blech könne das Gas Feuer fangen, explodieren und halb Middlesex in die Luft sprengen. Ich bekam keine Erlaubnis, auch nur eine einzige Flamme anzu-

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 136

1913 - Leipzig : Hahn
136 So forderte, wie die meisten Errungenschaften der Kultur, auch das Zündhölzchen alljährlich seine Opfer, obwohl wir zur Ehre der deutschen Industrie hervorheben müssen, daß sie alles daran gesetzt hat, um die Arbeiter vor den mit der Fabrikation verbundenen Gefahren zu schützen. Die Phosphorvergiftungen sind in unseren Fabriken gott- lob selten geworden. Um sie ganz unmöglich zu machen, ist neuer- dings in verschiedenen Staaten die Verwendung des giftigen, weißen Phosphors gänzlich verboten worden. Etwas später, gegen das Jahr f850, trat der deutsche Lhemiker B ö t t g e r mit einer sehr wichtigen Neuerung aus, welche den Be- ginn eines neuen Zeitalters in der Zündholzfabrikation bedeutete. Er setzte die Köpschenmasse aus chlorsaurem Kali und Schweselantimon zusammen, indem er Gummi als Bindemittel benutzte, und stellte eine besondere Reibfläche her, die aus einem Anstrich bestand, der Phos- phor enthielt. Strich man nun das Köpfchen über diese Blasse, so entzündete sich infolge der Reibung hier und dort ein winziges Teilchen des Phosphors, dieses Fünkchen setzte wieder ein Teilchen des Zünd- holzköpfchens in Brand und löste die Explosion der ganzen Blifchung von chlorsaurem Kali und Schweselantinwn aus. Das waren also „schwedische" Sicherheitszündhölzchen, die in Deutschland schon in den fünfziger Jahren in mehreren Fabriken nach der Böttgerschen Anweisung hergestellt wurden, aber damals gegen die Phosphorhölzer nicht aufkommen konnten. Blan hatte sich an die letzteren gewöhnt, sie ließen sich so bequem anzünden ; wenn die Reibfläche verloren ging, so genügte ein Strich an der )Vand oder der Hose, um Feuer zu erlangen. Bei den neuen Hölzchen mußte man stets die Reibfläche mit Phosphor mit sich führen; war diese abgenutzt, so waren die Zündhölzchen unbrauchbar; denn sie versagten, wenn man sie an einer beliebigen rauhen Fläche rieb. Allein im Ansang der sechziger Jahre wurde der hohe Wert der deutschen Erfindung anderswo erkannt. Der schwedische Ingenieur Lundström gründete die berühmte Fabrik in Iönköping. Die Blasse der Zündköpfchen und der Streichfläche blieb die alte, aber die Schweden ersannen eine praktische Verpackung, lieferten die Hölz- chen in den kleinen bequemen Schiebeschachteln, und so siel das Haupthindernis einer weiteren Verbreitung weg. Die „schwedischen Zündhölzchen", wie sie jetzt allgemein genannt werden, entzünden sich nicht so leicht von selbst wie die alten Phosphorhölzer, sie sind darum feuersicherer, und die Kinder können mit ihnen nicht so leicht Brände stiften; ferner sind sie giftfrei. Vor allem aber sind diese Sicherheits- hölzchen als eine wahre Wohltat für die Arbeiter in Zündwaren- fabriken zu betrachten; denn der rote Phosphor ruft keine Phosphsr- nekrose hervor. Kein Wunder also, daß die „Schweden" einen förmlichen Siegeszug durch die Welt antraten, sogar in den „dunklen" afrikanischen Welt-

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 109

1913 - Leipzig : Hahn
109 ahnungslos ein Mann mit großem Licht zu kommen brauchen, und sie wären allesamt verloren gewesen und mit ihnen vielleicht alles, was in der Grube war! Aber sie kamen glücklich heraus. Meldung am Grubeu- tclephon — in einer halben Stunde war der ganze Berg von Menschen geräumt. War aber auch die höchste Zeit; denn wie nun die inzwischen auch schon herbeigerufene Grubenwehr einfuhr mit Atmungsapparaten und elek- trischen Sicherheitslampen — ich war selber mit dabei —, da standen hier in den Strecken schon 1000 Kubikmeter voll Wetter. Wir mußten schleunigst den ganzen Pfeiler zumauern. Nur die Strecke hier ließen wir frei. Und nun pumpen wir sie schon volle anderthalb Jahre lang aus, schicken jeden Tag Hunderttausende von Kubikmetern frische Luft runter, aber kriegen das Loch noch immer nicht wetterfrei. Ich bin nur neugierig, was wir heute finden werden." Während mein Begleiter so sprach, hatte er die Bretter mit den starken Nägeln vollends herausgerissen. Eine Lücke entstand, groß genug, daß ein Mann durchkriechen konnte. Er nahm seine Lampe und kletterte hinüber in die Wetterstrecke, ich ihm nach. Wortlos gingen wir jetzt weiter, immer näher der Gefahr entgegen, bis der Obersteiger stehen blieb. „So, nun können wir immerhin schon mal nachsehen — wollen die Wetter mal kommen lasten." Langsam hob er die Lampe zur Decke empor, wo sich die Gase auch in geringeren Mengen schon zu zeigen pflegen. Gespannt sah ich hin, nicht lange, und schon war ein kleiner, blauer Licht- saum an der Flamme da; aber er blieb nicht so klein. Schnell wuchs n empor ohne erkennbare Ursache, lautlos, geisterhaft, zu einem langen bläulichen Lichtkegel, eine Art Stichflamme, die nun bis an den oberen Rand der Lampe leckte — der den menschlichen Sinnen sonst verborgene Feind war gestchtet. Wenn die furchtbaren Gewalten der Zerstörung, die hier heimtückisch lauerten, entfesselt würden! „Ja", mein Führer nickte, „was kann der Mensch gegen solche Zufälle tun? Was helfen da alle Gesetze und Vor- schriften? Schlägt man solchen Bläser an, da kann eben das Unglück im Handumdrehen da sein, trotz allen Berieselns und der besten Wetter- führung, und hinterher ist nicht einmal mehr ein Zeuge da, um es zu be- stätigen." Der altersahrene, ruhige Mann mir zur Seite mochte wohl recht haben. Langsam schritten wir den gleichen Weg, den wir gekommen, auch wieder zurück — den Weg, den auch jene sechs damals so gegangen waren, ruhig zurückweichend, die Gefahr hinter sich. Paul Grabein. 55. Was sich alles aus Steinkohlenteer herstellen taht. Die (Lhemie, die jüngste unter den Naturwissenschaften, hat die Gewerbtätigkeit wissenschaftlich befruchtet, die Arbeitsvorgänge vervollkommnet, die Grundstoffe tausendfältig umgestaltet und mit dem allen für die Zwecke der menschlichen N)ohlfahrt Großartiges geleistet. Um dies an einem Beispiel zu erkennen, versetze man sich im Geiste in eine Gewerbeausstellung.
   bis 10 von 24 weiter»  »»
24 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 24 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 1
1 13
2 0
3 14
4 54
5 26
6 8
7 13
8 1
9 4
10 6
11 0
12 2
13 7
14 1
15 25
16 8
17 1
18 5
19 24
20 0
21 4
22 4
23 0
24 28
25 15
26 8
27 0
28 12
29 145
30 1
31 0
32 0
33 4
34 12
35 1
36 1
37 18
38 11
39 246
40 10
41 15
42 0
43 0
44 3
45 84
46 0
47 2
48 0
49 13

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 1
4 6
5 1
6 12
7 0
8 1
9 0
10 1
11 0
12 7
13 0
14 0
15 0
16 8
17 2
18 0
19 1
20 0
21 1
22 0
23 0
24 0
25 1
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 5
37 0
38 1
39 0
40 17
41 1
42 3
43 0
44 0
45 7
46 1
47 0
48 0
49 1
50 0
51 0
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 1
61 4
62 0
63 0
64 2
65 0
66 1
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 1
76 0
77 3
78 0
79 0
80 0
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 5
92 14
93 0
94 2
95 0
96 0
97 1
98 0
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 26
2 0
3 3
4 0
5 0
6 1
7 0
8 0
9 0
10 0
11 1
12 20
13 0
14 4
15 0
16 0
17 0
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 3
25 1
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 1
33 1
34 2
35 1
36 1
37 0
38 1
39 4
40 0
41 0
42 0
43 2
44 0
45 0
46 1
47 1
48 0
49 0
50 2
51 1
52 22
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 2
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 1
66 3
67 0
68 0
69 0
70 3
71 0
72 0
73 0
74 0
75 8
76 2
77 0
78 15
79 0
80 0
81 6
82 1
83 0
84 0
85 0
86 1
87 2
88 0
89 2
90 1
91 2
92 0
93 0
94 2
95 11
96 0
97 0
98 0
99 0
100 1
101 7
102 2
103 0
104 0
105 0
106 0
107 28
108 0
109 0
110 0
111 0
112 0
113 4
114 1
115 0
116 0
117 0
118 0
119 1
120 0
121 0
122 0
123 2
124 30
125 2
126 0
127 0
128 0
129 1
130 3
131 3
132 0
133 4
134 0
135 0
136 7
137 2
138 0
139 1
140 0
141 0
142 0
143 0
144 0
145 0
146 0
147 3
148 0
149 0
150 0
151 1
152 2
153 3
154 2
155 0
156 0
157 0
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 0
166 0
167 0
168 5
169 0
170 0
171 0
172 0
173 1
174 0
175 1
176 0
177 0
178 2
179 0
180 0
181 0
182 2
183 12
184 0
185 0
186 0
187 0
188 18
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 0
196 1
197 0
198 0
199 2