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3. des sächsischen Berglandes.
Es bildet die weitere nördliche Abdachung und beherbergt weder
Kohlen noch Erze. Dagegen trägt es auf seiner flachwelligen Oberfläche
teilweise sehr fruchtbaren Lößboden, während das allmählich zur Ebene
abfallende Hügelland vielfach mit älteren und jüngeren Ablagerungen
bedeckt ist.
Womit beschäftigen sich die Bewohner des Erzgebirges?
1. Mit Bergbau auf Erze und Kohlen.
a) Silber. Die Mengen des gewonnenen Erzes, besonders
des Silbers, sind ganz beträchtlich. Das Erzgebirge steht sogar
in dieser Hinsicht in Europa an erster Stelle.
Man unterscheidet besonders zwei Silberproduktions-
bezirke.
Der eine liegt im Gebiete der Städte Annaberg und
Joachim s tal hoch oben im Gebirge, wo über 230 Personen
auf 1 qkm wohnen.
Der zweite, wichtigere Silberbezirk hat zum Mittelpunkte
Freiberg an der Mulde.
Zwecks Gewinnung der Erze hat man hier viele Schächte,
Stollen, Teiche und Kanäle angelegt, die in ihrer Art muster-
gültig und für viele Verwaltungen anderer deutscher und auch
außerdeutscher Bergwerke vorbildlich geworden sind.
Unter den zahlreichen Gruben ist die » Himmelfahrt «-
Fundgrube die bedeutendste. Leider ist die Produktion von
Jahr zu Jahr erheblich geringer geworden.
Im Jahre 1893 belief sich das gesamte Ausbringen der
239 Betriebe, in denen etwa 3500 Personen beschäftigt wurden,
auf 40 376 t; dagegen 1902 nur noch auf 23 000 t im Werte
von 1,9 Mill. Mark gegen 9 Mill. Mark im Jahre 1880.
Von 23 000 t Erzen waren etwa 12 000 t Silbererze.
b) Andere Erze. Außer dem Silber werden besonders
noch Blei-, Nickel-, Eisen-, Zinnerze gewonnen. Für das letztere
Erz ist das Erzgebirge (Zinnwald) (Geising) die wichtigste
Fundstelle in Deutschland. Neben diesen Erzen nehmen Kobalt-
und Wismuterze eine beachtenswerte Stellung ein, ferner alle
Arten von Spaten.
In Gesellschaft der edlen Metalle werden auch noch Zier-
und Schmucksteine gefunden, wie Serpentin, Topas, Achat,
Jaspis und Amethyst. Auch der sonst sehr seltene Schmirgel
wird gewonnen.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit]]
Extrahierte Personennamen: Joachim
Extrahierte Ortsnamen: Europa Städte_Annaberg Freiberg Geising Deutschland
125
Aschersleben, Weißenfels und Zeitz, im wichtigsten deutschen
Braunkohlengebiete gelegen, bereiten aus Braunkohlen Teer,
Paraffin, Karbolsäure und Kreosot. Die deutsche Farben-
industrie ist heute weitaus die erste der Welt. Ihre Er-
zeugnisse stammen größtenteils vom Steinkohlenteer her, daher
der Name Teerfarben (Anilin). Die größten Farbwaren-
fabriken weisen Ludwigshafen, Elberfeld, Höchst, Frank-
furt a. M. und Berlin auf. Der Export von Anilin und anderen
Teerfarbstoffen erreichte im Jahre 1902 einen Wert von
89,3 Mill. Mark.
Andere Zweige der chemischen Industrie. Für die
Herstellung von Seifen und Parfümerien sind Köln, Berlin,
Düsseldorf und Stettin, für die Fabrikation ätherischer
Öle Leipzig und für die Erzeugung von Arzneien Dresden
von besonderer Bedeutung. Sprengstoffe (Pulver, Dynamit)
werden hauptsächlich im Rheinland (Opladen), Westfalen
und in den Königreichen Württemberg (Rottweil) und Sachsen
(Geyer im Erzgebirge) fabriziert.
c) Ein- und Ausfuhr. Den gewaltigen Umfang des Ein-
und Ausfuhrhandels der chemischen Industrie und Pharmazie
mag folgende Aufstellung für das Jahr 1902 veranschaulichen :
Einfuhr Ausfuhr
in Millionen Mark
an Rohstoffen .... 211,7 44,4
an Fabrikaten . . . . 111,2 386,0
4. Die Industrie der Steine und Erden.
a) Die Steinbruchindustrie hat die Aufgabe, die für den
Häuser- und Straßenbau erforderlichen Gesteinsarten zu be-
schaffen ; sie ist in Deutschland sehr verbreitet und beschäftigt
etwa 70 000 bis 80 000 Personen. Unter den Produkten
dieser Industrie sind die wichtigsten Granit, Basalt, Dach-
schiefer, Kalkstein und Marmor. Obwohl sich die Jahres-
produktion in diesen Felsarten auf etwa 50 bis 60 Mill. Mark
beläuft, so muß doch noch ein beträchtlicher Teil des Bedarfs
im Auslande gedeckt werden. Wenn auch die Steinindustrie
in fast allen Gebieten des deutschen Gebirgslandes anzutreffen
ist, so erlangen doch das rheinische Schiefergebirge
(Schiefer), das hessische Bergland (Basalt, Sandstein),
Thüringer und Frankenwald (Schiefer), das Fichtel-
gebirge (Granit, Marmor), das Erzgebirge (Granit, Schiefer),
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
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Extrahierte Personennamen: Geyer
Extrahierte Ortsnamen: Zeitz Ludwigshafen Elberfeld Berlin Berlin Stettin Leipzig Dresden Rheinland Westfalen Württemberg Rottweil Sachsen Häuser- Deutschland Frankenwald
126
das Elbsandsteingebirge (Quadersandstein) und die
schlesischen Gebirge (Granit, Sandstein, Schiefer) besondere
Bedeutung.
b) Die Zementindustrie, eine verhältnismäßig noch junge
Industrie, hat sich zu einer bedeutenden Exportindustrie ent-
wickelt, leidet aber gegenwärtig an einer starken Überproduktion.
Der Zement (Mörtelpulver), ein durch Brennen gewonnenes Ge-
misch von Kalk und Ton, findet im Wasser-, Straßen- und Hoch-
bau Verwendung. Für Herstellung von Zementwaren (Gesimse,
Umrahmungen von Tür- und Fensteröffnungen, Pfeiler, Säulen,
Ornamente) haben zahlreiche Großstädte des Deutschen Reiches,
besonders Berlin, München, Dresden und Leipzig, Be-
deutung erlangt.
c) Die Ziegelindustrie, welche die gewöhnlichste Art des
Tons, den Lehm, zu Mauer- und Dachziegeln sowie zu Ton-
röhren verarbeitet, findet sich überall in Deutschland, namentlich
aber in der Nähe großer Städte und im norddeutschen Tief-
lande. Hier zwingt der Mangel an Felssteinen zu umfang-
reicher Verwendung künstlichen Baumaterials.
d) Die Tonwarenindustrie. Das Rohmaterial der Ton-
warenindustrie sind Töpferton und Pfeifenton. Während der
letztere bei der Fabrikation von Fayence und Steinzeug Ver-
wendung findet, bereitet man aus dem Töpferton die ver-
schiedenen gewöhnlichen und feineren Tonwaren. Zu diesen, also
aus Töpferton hergestellten feineren Tonwaren gehören Terra-
kotten, Architekturwaren, Steingut, Majolika und Öfen.
Eine Zentralisierung der Tonwarenindustrie hat nicht
stattgefunden, vielmehr ist sie überall zur Entwicklung ge-
kommen, besonders natürlich dort, wo sich bedeutende Lager
von plastischem Tone befinden. Berühmt sind das Bunzlauer
Geschirr, die Töpferwaren von Großalmerode bei Kassel und
des Kannenbäckerlandes im Westerwalde. In der Fabrikation
von Steingut und Fayence sind Schlesien (Waldenburg),
das Königreich Sachsen und die Rheinprovinz (Mett-
lach) hervorragend. Charlottenburg und Nymphenburg
liefern Terrakotten in künstlerischer Vollendung. In den
Fabrikaten der deutschen Tonwarenindustrie, die sich gleich
der französischen und englischen Industrie zu künstlerischer
Vollkommenheit entwickelt hat, findet ein bedeutender Ausfuhr-
handel statt.
e) Die Porzellanindustrie befaßt sich mit der Fabrikation
des Porzellans, das als »beliebter Gebrauchsgegenstand und
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Dresden Leipzig Deutschland Majolika Kassel Westerwalde Waldenburg Sachsen Rheinprovinz Charlottenburg Nymphenburg
— 77 —
diesen allerdings räumlich getrennt auch Kohlen. Daneben liefert
er Gold, Platin, Kupfer und Silber. (Die russische Goldproduk-
tion betrug 1905 33 542 kg i. W. von rund 94 Mill. M, die Platin-
ausbeute mit 4500 kg etwa sieben Achtel der Weltförderung.) Das
Gebiet des Kaukasus liefert in Transkaukasien neben Kupfer und
Manganerzen besonders Naphtha, das in verschiedenen Gegenden,
besonders auf der Halbinsel Apscheron, in Baku (große Raffinerien)
und dessen Umgebung gewonnen wird. Die Naphthagewinnung hat
seit den Tiefbohrungen von 1872 einen riesenhaften Aufschwung
genommen (Röhrenleitung von Baku nach Batum; außerdem be-
sondere Zisterneneisenbahnwagen und Tankdampfer). Die „Russisch-
Amerikanische Öl-Kompagnie" versorgt ganz Südeuropa mit Petro-
leum, und viele Dampfer auf dem Kaspischen Meer und der Wolga
werden mit Naphtha geheizt. Rußland ist auch reich an Salz. In
den Bezirken Astrachan und Orenburg sind große Steinsalzlager,
und der Boden vieler früheren Steppenseen ist mit einer dicken
Salzkruste bedeckt. Auch die seichten Buchten des Schwarzen
Meeres dienen der Salzgewinnung.
3. Industrie. Die russische Industrie ist vor allem Hausindustrie.
Die langen Winter und der Mangel an guten Wegen zwingen die
Bewohner zur Verarbeitung der reichlich vorhandenen Rohmaterialien.
Bestimmte Orte verfertigen immer nur gewisse Artikel. (Die Be-
wohner vieler Dörfer um Moskau und Kasan Gold- und Silber-
arbeiten, die von Tula Samoware, ,,Tula"-Klingen und ,,Tula"-
Kurzwaren aus Stahl, Eisen und ,,Tula"-Silber.) Die Fabrik-
industrie hat sich trotz der Förderung durch die Regierung (hohe
Schutzzölle!) sehr langsam entwickelt, da es ihr mit Ausnahme des
polnischen Bezirkes an geschulten Arbeitern fehlt. (Die unter
Alexander Ii. ins Land gerufenen deutschen Ingenieure, Werk-
meister und Arbeiter wurden später nicht mehr mit demselben Wohl-
wollen behandelt.) Erst in jüngster Zeit sind namentlich in Polen
und dem südrussischen Kohlen- und Erzbecken moderne Großbetriebe
entstanden, außerdem haben auch Petersburg, Moskau und der
Kaukasus (Baku und Tiflis) eine rege gewerbliche Tätigkeit. Viele
Großbetriebe sind Abzweigungen deutscher Firmen.
An der Spitze steht die Textilindustrie. Der Baumwollenbedarf
wird zu einem Drittel im eigenen Lande gedeckt (Kaukasus, Turkestan),
wodurch die Baumwollwarenfabrikation sehr gefördert wird (Zahl der
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Alexander_Ii Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Kaukasus Transkaukasien Baku Baku Südeuropa Astrachan Orenburg Moskau Kasan_Gold- Tula Polen Petersburg Moskau Kaukasus_(Baku Tiflis Kaukasus
118
geschenkten Metalls, ermöglichte eine ausgedehnte Benutzung der wichtigen
Erfindung. Eiserne Dampfkessel wurden gebaut, um den Dampf schon bei
seiner Geburt in Fesseln zu schlagen, eiserne Maschinen, um ihn zur Arbeit
zu zwingen. Zahlreiche andere Maschinen entstanden, um die gewonnene
Arbeit nutzbar zu machen, um Wasser zu heben, zu spinnen, zu weben,
Metalle, Holz, Steine zu bearbeiten und vielfache andere Aufgaben zu erfüllen.
Jetzt erst war das Eisen im vollen Sinne des Wortes unentbehr-
lich geworden; dennoch wuchs seine Bedeutung abermals, als man an-
fing , die neue Betriebskraft auch zur Erleichterung des Verkehrs der
Menschen untereinander zu benutzen. Mit der Erbauung der Eisenbahn
im Jahre 1825 war die erste Masche eines eisernen Netzes begonnen,
das alsbald einen großen Teil des bewohnten Festlandes umspannen sollte.
Die Anlage und die Unterhaltung dieses Eisennetzes, sowie das rasche
Emporblühen gewerblicher Anlagen überall, wo Eisenbahnen entstanden,
riefen alsbald eine Steigerung des Eisenverbrauchs ins Ungeheure hervor.
Aus dem achtzehnten Jahrhundert besitzen wir leider keine Nachrichten
über die jährliche Eisenerzeugung der Erde. Am Anfange des neunzehnten
Jahrhunderts, also zu einer Zeit, da durch die Einführung der Dampfkraft
jedenfalls der Eisenverbrauch erheblich gewachsen war, betrug die jährliche
Eisenerzeugung etwa 400000 Tonnen. In der Gegenwart beträgt sie un-
gefähr 50 Millionen Tonnen. Sie hat sich also im Laufe des neunzehnten
Jahrhunderts auf das 125fache gesteigert. Nimmt man den Wert einer
Tonne Eisen in dem Zustande, wie es das Eisenwerk verläßt, zu durch-
schnittlich 100 Mark an — die meisten Sorten Walzeisen, Gußwaren usw.
werden auch in ungünstigen Zeiten erheblich höher bezahlt —, so ergibt
sich ein Gesamtwert der jährlichen Eisenerzeugung von 5000 Millionen Mark.
Die Erzeugung von Eisen, diesem bei weitem billigsten aller Metalle,
übertrifft die aller übrigen Metalle zusammen an Gewicht um fast das
Zwanzigfache, an Geldwert um das Anderthalbfache. Das Eisen ist in
der Tat zum wichtigsten Metall der Erde geworden. Wenn man dem
Menschen das Gold, das Silber, das Kupfer oder irgend ein anderes
Metall außer dem Eisen nähme — er würde unleugbar manche An-
nehmlichkeiten des Lebens entbehren müssen, aber er würde sich Ersatz
durch andere Metalle zu schaffen wissen, und sein Gesittungszustand würde
kaum einen erheblichen Rückschritt erfahren. Welche Zustände aber ein-
treten würden, wenn plötzlich das Eisen von der Erde verschwände, ist
man schwerlich imstande, sich deutlich zu vergegenwärtigen. Unsere Kleidung,
unsere Beleuchtung, unsere häusliche Ausstattung, unsere Literatur — alles,
alles wird mit Hilfe eiserner Werkzeuge, eiserner Maschinen, eiserner Ver-
kehrswege beschafft. Ganz unmöglich würde es sein, in unserer Zeit das
Eisen durch andere Stoffe zu ersetzen. Nach Ledebur.
59. Auf den Gold- und Diamantfeldern Südafrikas.
Läge Johannesburg in Europa, so würde ich die Behauptung wagen,
es sei trotz mancher großartigen Bauten einer der am wenigsten ansprechenden
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art]]
Extrahierte Ortsnamen: Südafrikas Johannesburg Europa
120
Deutsche befinden, mit Vorarbeiten beschäftigt sind. Als ich ans Tageslicht
zurückkehrte, war ich l1/^ km entfernt von dem Punkte, an dem ich in
die Tiefe gefahren war.
Über Pretoria, die Hauptstadt Transvaals, das man von Johannes-
burg in 2 Stunden erreicht, fuhr ich nach Kimberley iu Griqualand. Wir
sahen bei der Durchkreuzung des ehemaligen Oranje-Freistaats nichts als
Wüste, keinen Baum, keinen Strauch, nur ganz vereinzelt eine Farm.
Nach mehrmaligem Wagenwechsel und nach fast zweitägiger Fahrt langte
ich in Kimberley an. Die Diamantenstadt ist zum wenigsten zehnfach an-
ziehender als Johannesburg.
Nachdem ich mich von dem Staub der Landstraße einigermaßen
befreit hatte, verfügte ich mich in die Verwaltung der großen De Beers-
Minen. Der Leiter der Minen übertraf durch seine Zuvorkommenheit
alle Erwartungen.
Ein Beamter wurde beauftragt, mich zu begleiten, um mir vorerst
in den oberen Stockwerken des Gebäudes das Aussuchen der Diamanten
zu erklären. Es war ein unvergeßlicher Anblick. Zehn Herren saßen so
in einer Reihe, daß das Tageslicht auf ihre Hände fiel. Jeder hatte
einen ansehnlichen Haufen Edelsteine vor sich und war damit beschäftigt,
das Arbeitsergebnis der letzten Woche, das einen Wert von ungefähr
65000 Pfund vorstellte, zu sichten und auszulesen. Die Diamanten sahen
aus wie arabischer Gummi. Es ist schwer faßlich, wie diese unansehnlichen
Steine durch das Schleifen zu herrlichen Brillanten werden können. In
einem andern Raum bekam ich geschliffene Steine zu sehen. In geschmack-
vollen Behältern lagen wasserhelle, rosa, hellgelbe bis dunkelbraune, blaue
und grüne Diamanten.
Am nächsten Tage begab ich mich mit meinem Erlaubnisschein an
den Eingang der Diamantfelder. Unabsehbar nach beiden Seiten erstrecken
sich meterhohe Einfriedigungen. Am Eingangsschacht einer Mine wurde
ich in einen Bergmannskittel gesteckt, und mit großer Geschwindigkeit fuhren
wir 400 m abwärts in die Unterwelt. Hier fand ich alle Gänge durch
Bogenlampen erleuchtet und die Schächte untereinander, sowie mit den
Geschäftsräumen an der Erdoberfläche mit elektrischen Glocken verbunden.
Mein Führer und ich schritten die Stollen entlang. Uns entgegen kamen
die Kippwagen in einer langen Reihe, durch Maschinenbetrieb gezogen,
alle gefüllt mit der kostbaren, blaugrauen, vulkanischen Erde, die an der
Luft verwittert und zerfällt. Eine halbe Stunde durchwanderten wir das
unterirdische Heim der Diamanten, beobachteten die schwere Arbeft der
Neger und fuhren dann wieder an die Oberfläche. Wir besuchten nun
noch ein weites, ebenes Gelände, wo die aus den Minen geförderte
Erde durch die Witterungseinflüsse zersetzt wird, um später mit Karren in
die ausgedehnten Wäschereien gefahren zu werden. Umfangreiche Maschinen
spülen die schweren Bestandteile der Erde auf einen Hügel zusammen;
von hier aus wird sie in ein langes Zimmer gebracht, wo man die Steine
ausliest. Ich zählte bei einem mit dieser Arbeit beschäftigten Manne in
rund 2 Minuten 27 Diamanten von der Größe einer halben Erbse bis
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Ortsnamen: Pretoria Johannes-
burg Kimberley Oranje-Freistaats Kimberley Johannesburg
131
schritte, ja wir sind schließlich mit so viel verschiedenen Brennern, Docht-
arten, Zylrnderformen beglückt worden, daß die arme Hausfrau sich in
dem Reichtum gar nicht mehr auskennt. Die Petrolemnglühlichtlampe,
der sich zur berechtigten Freude der Landwirtschaft die Spiritusglühlicht-
lampe anreihte, sind die jüngsten Erscheinungen der vielverzweigten
Industrie.
Ganz neue Aufgaben aber erwuchsen dieser, als das elektrische Licht
aus dem Stadium der Versuche heraustrat, als neben dem nur für die
Beleuchtung der Straßen und großer Räume geeigneten elektrischen
Bogenlicht die kleine, zierliche Glasbirne, das elektrische Glühlicht, zur
Geltung gelangte. Wie schnell doch dieses sich wieder einbürgerte! Die
erste praktisch brauchbare Glühlampe wurde Ende der siebziger Jahre
erfunden — heute leuchtet sie nicht nur in Magazinen, Hotels, in
zahlreichen Privathäusern der Großstädte, sie hat auch in kleineren Orten
und in neuester Zeit selbst auf Gütern, wo immer nur billige Wasserkraft
zum Betrieb der elektrischen Kraftmaschine vorhanden ist, weiteste Ver-
wendung gefunden; ja gerade kleinere Städte haben vielfach den Sprung
von der Petroleumbeleuchtung direkt zur elektrischen Zentrale und zum
elektrischen Licht gemacht, ohne den Gasometer und das Gaslicht über-
haupt kennen gelernt zu haben.
Während das Gas für Zimmerlampen, die vom Orte beweglich, die
tragbar sein sollen, gar nicht in Betracht kommt, weil es an feste Röhren-
leitungen gebunden ist, kann die elektrische Glühbirne sehr wohl auch für
transportable Lampen verwendet werden. Zwar ist das Ideal, eine brauch-
bare elektrische Lampe mit einer wenig empfindlichen, billigen Akkumulator-
batterie im Fuß, die man mit elektrischem Strom laden würde, wie man
auf eine alte Lampe Ol aufgießt, noch nicht erfunden. Da jedoch der
elektrische Strom nicht in festen Röhren fortgeführt wird, wie das Leucht-
gas, sondern in schmiegsamen, innerhalb der Wohnungen oft fadendünnen
Drähten, so kann man eine elektrische Lampe bis zu einem gewissen Grade
im Zimmer herumtragen — sie bleibt freilich immer an jenen Draht ge-
fesselt, von dessen Länge abhängig. Aber bei der unvergleichlichen Be-
quemlichkeit aller sonstigen Bedienung — ein Ruck rechts am Schalter, und
sie leuchtet auf, ein zweiter Ruck, und sie erlischt — nimmt man diesen
Mißstand gern mit in den Kauf.
Ein Weihnachtsbaum mit elektrischen Glühlämpchen! Ich kann mir
denken, das klingt vielen übermodern, und, ehrlich gesagt, ich selbst
werde wohl Zeit meines Lebens nicht auf die duftige Wachskerze
im Tannengrün verzichten. Aber schön und von ganz eigenem, wahr-
haft poetischem Reiz ist solch ein dunkler Baum auch, aus dem
hundert ganz kleine Glühlämpchen mit magischem Licht herausleuchten
— das kann niemand leugnen, der ihn gesehen hat. Und wer weiß,
ob er sich nicht bei der fortschreitenden Verbreitung des elektrischen
Lichtes allgemeiner einbürgert, als wir heute glauben. Möchten dann
nur unsere Enkel ihn mit gleich frommen Gedanken und mit der
gleichen Freude im Herzen umstehen, wie wir unseren lieben, alten
Lichterbaum! Hanns von Spiolb-rg.
9*
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
132
65, Das erste Gaslicht.
Das Leuchtgas ist am Ende des 18. Jahrhunderts erfunden worden.
Der Engländer Murdoch beleuchtete 1792 sein Haus und seine Werk-
stätte mit Steinkohlengas. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, der
für die Entwicklung der Gasindustrie außerordentlich viel beigetragen
hat und die Straßenbeleuchtung von London (1814) einführte, er-
zählte über die Erfindung des Leuchtgases folgendes:
„Murdoch hatte mich als jungen Burschen bei seinen Versuchen
über die Verwendung des Kohlengases für die Erleuchtung zur
Hilfeleistung herangezogen. Wie einfach waren unsere Apparate! Ein
altes Flintenrohr hatten wir als Retorte, Ochsenblasen als Rezipienten
und Gasometer. Wie oft sind wir beim Licht eines Flämmchens
nach Hause gegangen, das der Alte mittels einer solchen Blase, die er
unter dem Arm drückte, und eines alten Pfeifenrohres als Brenner
unterhielt. Wir kamen weit mit dem Kohlengas, und bei dem Feste
für den Frieden zu Amiens (1802) hatten wir an der Front der
Fabrik in Soho eine Sonne von Gasflammen angebracht, die freilich tüchtig
qualmten, — der Jubel und das Staunen der Volksmassen wollte nicht
enden. — Wir beleuchteten die Werkstätten damit, noch einige Spinn-
mühlen, und es war besser als Lampenlicht; aber schlecht genug war
das Gas, und die Leute wurden krank von all dem Rauch und Ruß.
Als ich vor nunmehr 40 Jahren meine Reinigungsapparate
erdacht und fertig hatte, beleuchtete ich zuerst damit einen Verkaufs-
laden, ich glaube, der Besitzer war ein Farbenmacher am Strand in
London und hieß Ackermann. Die Flammen standen wie weiße
Sterne über den Brennern, und die Öllampen weit und breit wurden
rot und blind. Die Leute liefen zusammen, und die Wagen der Vor-
nehmen hielten vor dem Laden, dessen Besitzer bedeutende Geschäfte machte.
Eines Abends kam eine schöne, große Lady hereingestürmt und rief
uns an, sie müsse das Licht in ihrer Kutsche mit nach Hause nehmen,
es koste, was es wolle! Bei alledem wurde ich ausgelacht, als ich
mit dem Plane hervortrat, London mit Gas zu beleuchten. Und
unter den Lachern waren keine schlechteren Leute als Davy, unser
größter Physiker, und einer, dem es lieber verziehen sein soll, unser
größter Dichter von damals, Sir Walter Scott, der spottend ausrief:
„Die Welt steht auf dem Kopfe, London soll jetzt in Winternächten
mit dem Kohlenrauche beleuchtet werden, der unsere Wintertage zu
Nächten macht." Aber endlich, jetzt (1844) gerade vor 36 Jahren,
hatten wir eine mutige Gesellschaft zusammen, ein Gasometer war er-
baut, und es sollte mit dem „Lichtverkauf" begonnen werden. Da
hatten Gelehrte dem Magistrat gesagt, mein kleiner Gasbehälter sei
gefährlicher, als wenn er voll Schießpulver wäre, und durch das
kleinste Loch in seinem Blech könne das Gas Feuer fangen, explodieren
und halb Middlesex in die Luft sprengen.
Ich bekam keine Erlaubnis, auch nur eine einzige Flamme anzu-
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Murdoch Murdochs_Schüler Samuel_Clegg Samuel Ackermann Davy Walter_Scott
Extrahierte Ortsnamen: London Amiens London London London
136
So forderte, wie die meisten Errungenschaften der Kultur, auch
das Zündhölzchen alljährlich seine Opfer, obwohl wir zur Ehre der
deutschen Industrie hervorheben müssen, daß sie alles daran gesetzt hat,
um die Arbeiter vor den mit der Fabrikation verbundenen Gefahren zu
schützen. Die Phosphorvergiftungen sind in unseren Fabriken gott-
lob selten geworden. Um sie ganz unmöglich zu machen, ist neuer-
dings in verschiedenen Staaten die Verwendung des giftigen, weißen
Phosphors gänzlich verboten worden.
Etwas später, gegen das Jahr f850, trat der deutsche Lhemiker
B ö t t g e r mit einer sehr wichtigen Neuerung aus, welche den Be-
ginn eines neuen Zeitalters in der Zündholzfabrikation bedeutete. Er
setzte die Köpschenmasse aus chlorsaurem Kali und Schweselantimon
zusammen, indem er Gummi als Bindemittel benutzte, und stellte eine
besondere Reibfläche her, die aus einem Anstrich bestand, der Phos-
phor enthielt. Strich man nun das Köpfchen über diese Blasse, so
entzündete sich infolge der Reibung hier und dort ein winziges Teilchen
des Phosphors, dieses Fünkchen setzte wieder ein Teilchen des Zünd-
holzköpfchens in Brand und löste die Explosion der ganzen Blifchung
von chlorsaurem Kali und Schweselantinwn aus.
Das waren also „schwedische" Sicherheitszündhölzchen, die in
Deutschland schon in den fünfziger Jahren in mehreren Fabriken
nach der Böttgerschen Anweisung hergestellt wurden, aber damals
gegen die Phosphorhölzer nicht aufkommen konnten. Blan hatte
sich an die letzteren gewöhnt, sie ließen sich so bequem anzünden ;
wenn die Reibfläche verloren ging, so genügte ein Strich an der
)Vand oder der Hose, um Feuer zu erlangen. Bei den neuen
Hölzchen mußte man stets die Reibfläche mit Phosphor mit sich
führen; war diese abgenutzt, so waren die Zündhölzchen unbrauchbar;
denn sie versagten, wenn man sie an einer beliebigen rauhen
Fläche rieb.
Allein im Ansang der sechziger Jahre wurde der hohe Wert
der deutschen Erfindung anderswo erkannt. Der schwedische Ingenieur
Lundström gründete die berühmte Fabrik in Iönköping. Die
Blasse der Zündköpfchen und der Streichfläche blieb die alte, aber
die Schweden ersannen eine praktische Verpackung, lieferten die Hölz-
chen in den kleinen bequemen Schiebeschachteln, und so siel das
Haupthindernis einer weiteren Verbreitung weg. Die „schwedischen
Zündhölzchen", wie sie jetzt allgemein genannt werden, entzünden sich
nicht so leicht von selbst wie die alten Phosphorhölzer, sie sind darum
feuersicherer, und die Kinder können mit ihnen nicht so leicht Brände
stiften; ferner sind sie giftfrei. Vor allem aber sind diese Sicherheits-
hölzchen als eine wahre Wohltat für die Arbeiter in Zündwaren-
fabriken zu betrachten; denn der rote Phosphor ruft keine Phosphsr-
nekrose hervor.
Kein Wunder also, daß die „Schweden" einen förmlichen Siegeszug
durch die Welt antraten, sogar in den „dunklen" afrikanischen Welt-
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ahnungslos ein Mann mit großem Licht zu kommen brauchen, und sie
wären allesamt verloren gewesen und mit ihnen vielleicht alles, was in
der Grube war! Aber sie kamen glücklich heraus. Meldung am Grubeu-
tclephon — in einer halben Stunde war der ganze Berg von Menschen
geräumt. War aber auch die höchste Zeit; denn wie nun die inzwischen auch
schon herbeigerufene Grubenwehr einfuhr mit Atmungsapparaten und elek-
trischen Sicherheitslampen — ich war selber mit dabei —, da standen hier in
den Strecken schon 1000 Kubikmeter voll Wetter. Wir mußten schleunigst
den ganzen Pfeiler zumauern. Nur die Strecke hier ließen wir frei. Und
nun pumpen wir sie schon volle anderthalb Jahre lang aus, schicken jeden
Tag Hunderttausende von Kubikmetern frische Luft runter, aber kriegen das
Loch noch immer nicht wetterfrei. Ich bin nur neugierig, was wir heute
finden werden." Während mein Begleiter so sprach, hatte er die Bretter
mit den starken Nägeln vollends herausgerissen. Eine Lücke entstand,
groß genug, daß ein Mann durchkriechen konnte. Er nahm seine Lampe
und kletterte hinüber in die Wetterstrecke, ich ihm nach. Wortlos gingen
wir jetzt weiter, immer näher der Gefahr entgegen, bis der Obersteiger
stehen blieb.
„So, nun können wir immerhin schon mal nachsehen — wollen die
Wetter mal kommen lasten." Langsam hob er die Lampe zur Decke empor,
wo sich die Gase auch in geringeren Mengen schon zu zeigen pflegen.
Gespannt sah ich hin, nicht lange, und schon war ein kleiner, blauer Licht-
saum an der Flamme da; aber er blieb nicht so klein. Schnell wuchs
n empor ohne erkennbare Ursache, lautlos, geisterhaft, zu einem langen
bläulichen Lichtkegel, eine Art Stichflamme, die nun bis an den oberen
Rand der Lampe leckte — der den menschlichen Sinnen sonst verborgene
Feind war gestchtet.
Wenn die furchtbaren Gewalten der Zerstörung, die hier heimtückisch
lauerten, entfesselt würden! „Ja", mein Führer nickte, „was kann der
Mensch gegen solche Zufälle tun? Was helfen da alle Gesetze und Vor-
schriften? Schlägt man solchen Bläser an, da kann eben das Unglück
im Handumdrehen da sein, trotz allen Berieselns und der besten Wetter-
führung, und hinterher ist nicht einmal mehr ein Zeuge da, um es zu be-
stätigen." Der altersahrene, ruhige Mann mir zur Seite mochte wohl
recht haben. Langsam schritten wir den gleichen Weg, den wir gekommen,
auch wieder zurück — den Weg, den auch jene sechs damals so gegangen
waren, ruhig zurückweichend, die Gefahr hinter sich. Paul Grabein.
55. Was sich alles aus Steinkohlenteer herstellen taht.
Die (Lhemie, die jüngste unter den Naturwissenschaften, hat
die Gewerbtätigkeit wissenschaftlich befruchtet, die Arbeitsvorgänge
vervollkommnet, die Grundstoffe tausendfältig umgestaltet und mit
dem allen für die Zwecke der menschlichen N)ohlfahrt Großartiges
geleistet. Um dies an einem Beispiel zu erkennen, versetze man sich
im Geiste in eine Gewerbeausstellung.
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