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1. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 286

1891 - München : Oldenbourg
286 7. Kurfürst Maximilian Joseph Iv., erster König von Bayern. Ebenmaß; die Staatsführung ohne Einheit, Klarheit und Kraft, in vielerlei Landesverwaltungen zersplittert, welche sich in ehrgeiziger Nebenbuhlerei trennten. Die Staatsverfassung, alten Zeiten entstammt, mit den Mängeln, ohne die Tugenden ihres Ursprungs, anders in Bayern, anders in der oberen Pfalz, anders im Herzogtum Neuburg; die ständische Landschaft „ ohne Achtung, ohne Wert für das öffentliche Heil; die Erziehung des Volkes versäumt; die Freiheit der Presse vernichtet; die Bevölkerung durch ältere und neuere Kriege, durch Erschwerung der Ehen für die Grundholden, welche, wo nicht den Namen, doch oft Last und Schmach noch der Leibeigenschaft trugen, durch Untrennbarkeit der Bauerngüter, durch Fesseln des Gewerbfleißes geschwächt. So fand Maximilian Joseph Bayern. Selten empsing ein Fürst aus der Hand des Schicksals eine schwerere Aufgabe des Lebens. Aber unter den furchtbarsten Kriegen und Umwälzungen des Welt- teils, da alte Throne und Reiche vergingen, neue emporstiegen, nichts blieb, wie es gewesen, gründete er Bayerns Zukunft, gab seinem Volke neue Verfassungen, Ordnungen und Gesetze und erweiterte die Grenzen seiner Lande. Im siebenten Jahre der Herrschaft nahm er die königliche Krone auf sein Haupt, daß an ihm in Erfüllung zu gehen schien, was weiland Maria Eleonora von Sulzbach in weissagenden Gesichten er- blickt zu haben glaubte. Es wird erzählt, die fromme Pfalzgräfin habe einst im großen Spiegel ihres Gemachs bei hellem Tage Zeichen und Wunder wahrgenommen, die kein anderes Auge gesehen, und in der Entzückung ausgerufen: „Ich schaue den Stamm der Pfalzgrafen, und unter denselben einen herrlicher vor den übrigen glänzen, ihn höher denn alle". Was Maximilian Joseph, der König Bayerns, seinem Volke gewesen, wie er den Staat neu geordnet, die Gerechtigkeit gehandhabt, die öffent- liche Verwaltung bestellt, Kunst und Wissenschaft gepflegt, Erziehung und Unterricht vaterländischer Jugend gebessert, Gewissens- und Denk- freiheit geschirmt, Glauben, Gottesfurcht und Sittenstrenge emporgehalten, das Heer im Kriege achtbar, das Land im Frieden blühend gemacht hat: darüber richte du, unbestechlicher Ernst der Nachwelt! Eins nur zeug' ich von ihm in Wahrheit: Ich habe gesehen, wie der königliche Greis sein Volk geliebt hat, und wie das Volk ihm mit jener rührenden Inbrunst zugethan war, mit der es einst dem ersten Maximilian Joseph angehangen. Das Leiden verhängnisschwerer Zeiten brach manches Glück und Herz, nicht diese Liebe. Und wohl von allen früheren Fürstinnen zu Bayern konnre keine sich kindlich-freudigerer

2. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 5

1891 - München : Oldenbourg
5. Die drei Hausräte. 6. Von der Ordnung. 5 5. Die drei Hausräte. «Möcht’ nur wissen, wie Ihr’s anfangt, Nachbar, dass Euer Hauswesen so wohl bestellt ist, und man findet doch nichts Be- sonderes an Euch und an dem, was bei Euch vorgeht? Wir andern arbeiten doch auch und lassen’s uns sauer werden, wenn’s an den Mann geht, und doch will’s nicht flecken.» Der Nachbar antwortete: «Da wüfst’ ich nicht, was schuld daran sein sollte; es müssten denn gerade meine drei Hausräte sein, denen ich das alles zu verdanken habe!» — «Eure drei Hausräte? Wer sind denn die ?» «Nun — der Haushahn, die Hauskatze und der Haushund.» — «Geht mir, Ihr spasset 1» «Nein, nein, ’s ist purer Ernst. In aller Frühe, wenn der Tag anbricht, kommt der Haushahn und ruft: «Aufgestanden!» Darnach kommt die Hauskatz’, sitzt unter den Ofen und putzt sich; die ruft: «Aufgeputzt!» Und endlich der Haushund; — der merkt auf jedermanns Ein- und Ausgang, kennt Freund und Feind und ruft: «Aufgepasst!» «Aha! Ich verstehe, Nachbar, was Ihr damit sagen wollt. Ihr meinet, dass drei Dinge notwendig sind, um ein Hauswesen emporzubringen und in gutem Stand zu halten: Fleiss, Rein- lichkeit und Achtsamkeit!» «Wenn Ihr’s so nehmen wollt, ist mir’s auch recht; aber meine Hausräte lob’ ich drum, weil sie mich alle Tage gemahnen, was zu thun ist; — ich könnt’s sonst leicht vergessen.» (Karl Heinr. Caspari, geb 1815 zu Eschau (Unterfr.), ® f 10. Mai 1861 als Pfarrer zu München.) 6. Won der Ordnung. Wie in der ganzen Schöpfung alles den Gesetzen einer ewigen Ord- nung gehorcht, so soll ein Geist der Ordnung dem häuslichen Wirken der Frau einen erhöhten Wert verleihen und Ordnung die Bahn sein, auf welcher sich die kleine Welt, in der die Frau herrscht, still und sicher fortbewegt. Ich möchte der Ordnung drei verschiedene Wirkungskreise zuteilen: nämlich das Thun, den Raum und die Zeit. Ordnung im Thun, in der Arbeit der Hände, ist durchaus not- wendig, wenn die Arbeit eine gelungene, eine dauerhafte sein soll. Erst dann gewährt uns der Fleiß Befriedigung, wenn er mit Ordnung ver- bunden ist, wenn dieses Geschwisterpaar bei Verschönerung unseres Haus- haltes mitwirkt, uns unsere Häuslichkeit freundlich, gemütlich und folglich auch lieb macht. Eine tüchtige Hausfrau soll sich schon um der Zeit- ersparnis willen einer pünktlichen Arbeit befleißen und dieselbe auch

3. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 271

1891 - München : Oldenbourg
3. Geschichtliches über die deutschen Frauen. 271 noch immer im höchsten Ansehen stand, geht daraus hervor, daß ein großer Sittenprediger damaliger Zeit auch gegen die „Gilberinnen" (die ihr Haar blond färbten) auftrat. Einen wohlthuenden Gegensatz zu dem sehr weltlichen Sinne der meisten Edelfrauen jener Zeit bildet die rührende Gestalt der edlen Landgräfin Elisabeth von Thüringen, die ihr Leben dem Dienste der Armen und Kranken gewidmet. Während in Deutschland das Rittertum verfiel, blühten die Städte auf, (vom 13. bis zum 16. Jahrhundert.) Ihre Bewohner spalteten sich in zwei große Klassen, den städtischen Adel oder die Patrizier und die Handwerker. Allmählich erkämpften sich letztere, durch Zünfte erstarkt, das Recht, an der Verwaltung und Regierung der Stadt teilzunehmen. Dennoch hielten sich das ganze Mittelalter hindurch die patrizischen Gesellschaftskreise streng von denen des Volkes geschieden. Die Bürger- häuser und deren Einrichtung waren lange Zeit höchst einfach; erst im 15. und 16. Jahrhundert entstanden jene stolzen Patrizierhöfe, auf welche der Landadel mit neidischen Augen blickte. An fröhlichen Festen, Gastereien und Kurzweil aller Art fehlte es den Städterinnen weniger als den adeligen Damen auf dem Lande. Der wachsende Wohlstand aber machte die Bürger nicht selten übermütig; Männer und Weiber gefielen sich in prahlerischem Anfwande, so daß sich in vielen Städten der Rat veran- laßt sah, durch Verordnungen die Verschwendungs- und Putzsucht ein- zudämmeu. So schrieb ein Erlaß des Magistrates in München um das Jahr 1400 vor, „daß die Frauen nicht mehr als 2 Lot Perlen auf ihren Haarkränzen tragen und den Mantel nicht länger als 2 Quer- finger am Boden nachschleppen dürften." Um jene Zeit nämlich kam die Schleppe auf, die manchmal „etliche Ellen lang" getragen wurde. Das Oberkleid war an den Seiten geschlitzt und wurde ausgenommen, um das reiche Unterkleid zu zeigen. Die Gewänder waren aus gemustertem Stoff, mit reichen Stickereien in Gold, Silber oder Seide verziert und am Saume häufig mit Schellen besetzt. Verheiratete Frauen trugen große, aus Krausen bestehende Hauben. In der Fußbekleidung ahmte man schon die in Frankreich übliche Mode der Schnabelschuhe nach. Bei Festlichkeiten wurde übertriebener Aufwand in noch höherem Maße gemacht. Meister Gundlinger, ein Augsburger Bäcker, richtete seiner Tochter 1493 eine Hochzeit aus, die 8 Tage dauerte; dabei brauchte er zur Speisung der 270 Gäste 20 Ochsen, 30 Hirsche, 49 Ziegen, 46 Kälber, 95 Schweine, 25 Pfauen, 106 Gänse, 515 Wildvögel und 15,000 Fische und Krebse.

4. Landwirtschaft und Gewerbe, Handel und Verkehr - S. 126

1878 - München : Oldenbourg
126 3. Wie die Feudalherrschaft aufgekommen ist. Der von religiösen Anschauungen gestützte Ständeunterschied stand dem wahren Rechte und darum dem wahren Volkswohle und dem Aufschwünge der Landwirtschaft schroff entgegen. Von allem heidnischen Roste war die Herrschsucht des Herrentums am tiefsten eingefressen. Der sonst allerfreieste Stand der Welt mußte in seiner Knechtung verkümmern. Das Christentum sollte ihm endlich Erlösung bringen in der Lehre von der Gleichheit aller Menschen als Kinder des einen gütigen Vaters. Diese Lehre drang aus den Städten und Burgen der römischen Ansiedler auch in West- und Süddeutschland aufs Land hinaus. In vielen Gebieten wurde die Knechtschaft der Bauern ge- mildert, und wenn auch die wilden Scharen der großen Völkerwanderung das Land verheerend durchbrausten und rohe heidnische Stämme sich als Herren niederließen: die edlen Keime waren gelegt. Besonders am Rheine hat sich die von den Römern überkommene Verbesserung der Landwirtschaft, haben sich die Lehren des Christentums nie ganz verloren, bis es endlich unter den Frankenkönigen zur herrschenden Religion geworden. 3. N)ie die Feudalherrschaft aufgekommen ist. Man unterschied bei unseren fernen Vorfahren, Gott weiß wie frühe schon, je nach dem Bcsitzverhältnisse zweierlei Güter: volleigene Güter nämlich, solche die man Allod (Vollgut) — und nutzeigene Güter, solche, die man Fe-od (Vieh-Gut) nannte. Das Feod besaß man nur zur Benutzung und der Benutzer hatte nur an den Bewirtschaftungsgegenständen (dem jetzt sog. Inventar) das volle Eigentum; darunter bildet das Vieh wie auch heutzutage noch bei Pachtgütern, den Hauptwert, daher der Name Viehgut. In jener Zeit als man auch das Aller- dentscheste mit Latein verkauderwelschte, nannte man das Voll- Eigen All o d iu m oder Allodialgnt und das Nutz-Eigen Feodnm oder Fend um, Feudalgut. Als Söldlinge der Römer hatten die Deutschen deren Schwäche kennen gelernt und waren nach feinerem Lebensgenüsse in wohlangebantem Lande lüstern geworden. Deshalb fluteten zahlreiche deutsche Volsstämme über das hinsiechende, römische Reich. Rom wurde mehrmals erobert und zerstört; in Deutsch-

5. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 266

1906 - München : Oldenbourg
266 167 Geschichtliches über die deutschen Frauen. Während in Deutschland das Rittertum verfiel, blühten die Städte aus (vom 13. bis zum 16. Jahrhundert). Ihre Bewohner spalteten sich in zwei große Klassen, den städtischen Adel oder die Patrizier und die Handwerker. Allmählich erkämpften sich letztere, durch Zünfte erstarkt, das Recht an der Verwaltung und Regierung der Stadt teilzunehmen. Dennoch hielten sich das ganze Mittelalter hindurch die patrizischen Gesellschaftskreise streng von denen des Volkes geschieden. Die Bürger- häuser und deren Einrichtung waren lange Zeit höchst einfach; erst im 15. und 16. Jahrhundert entstanden jene stolzen Patrizierhöfe, auf welche der Landadel mit neidischen Angen blickte. An fröhlichen Festen, Gastereien und Kurzweil aller Art fehlte es den Städterinnen weniger als den adeligen Damen auf dem Lande. Der wachsende Wohlstand aber machte die Bürger nicht selten übermütig; Männer und Weiber gefielen sich in prahlerischem Aufwande, so daß sich in vielen Städten der Rat veran- laßt sah, durch Verordnungen die Verschwendungs- und Putzsucht ein- zudämmen. So schrieb ein Erlaß des Magistrats in München um das Jahr 1400 vor, „daß die Frauen nicht mehr als 2 Lot Perlen auf ihren Haarkränzen tragen und den Mantel nicht länger als 2 Ouer- finger am Boden nachschleppen dürften". Um jene Zeit nämlich kam die Schleppe auf, die manchmal „etliche Ellen lang" getragen wurde. Das Oberkleid war an den Seiten geschlitzt und wurde aufgenom- men, um das reiche Unterkleid zu zeigen. Die Gewänder waren aus gemustertem Stoff mit reichen Stickereien in Gold, Silber oder Seide verziert und am Saume häufig mit Schellen besetzt. Verheiratete Frauen trugen große, aus Krausen bestehende Hauben. In der Fuß- bekleidung ahmte man schon die in Frankreich übliche Mode der Schnabelschnhe nach. Bei Festlichkeiten wurde übertriebener Aufwand in noch höherem Maße gemacht. Meister Gundlinger, ein Augsburger Bäcker, richtete seiner Tochter 1493 eine Hochzeit aus, die 8 Tage dauerte; dabei brauchte er zur Speisung der 270' Gäste 20 Ochsen, 30 Hirsche, 49 Ziegen, 46 Kälber, 95 Schweine, 25 Pfauen, 106 Gänse, 515 Wildvögel und 15000 Fische und Krebse. Iii. Neuzeit. Zur Zeit der Reformation war die Beteiligung deutscher Frauen und Mädchen an der religiösen Bewegung sowie an dem wieder erwachten Studium des Altertums eine sehr lebhafte, wenn auch selbstverständlich keine allgemeine. Prinzessinnen und Bürgerstöchter liebten es, sich die Sprache Ciceros und Virgils anzueignen. Auch damals waren manche

6. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 280

1906 - München : Oldenbourg
280 171. Kurfürst Maximilian Joseph Iv., erster König von Bayern. Nach wenigen Wochen hielt er seinen Einzug in die Hauptstadt. Mit ihm kam seine Gemahlin Karoline, eine Fürstin des alterlauchten Hauses von Baden; Karl Ludwig, sein Sohn aus erster Ehe, ein geist- voller, blühender Knabe von dreizehn Jahren; Auguste Amalie Luise, Karoline Auguste, seine Töchter, in keimender Schönheit, und Karl, von den Seinen der jüngste. So kam er, ein zärtlicher Hausvater unter seinen Kindern. Und als ihn die Bayern erblickten in seiner stattlichen Gestalt, in seinem Antlitz den gemütlichen Biedersinn, in seinem Wort und Wesen die ganze Huld der alten Fürsten zu Bayern, schloß sich alles Volkes Herz gegen ihn auf und sprach: „Wahrlich, dieser ist Maximilian Joseph der andere, aber im Kreise schöner Kinder glückseliger als der erste." Er war es. Doch sturmvoll und mühsam war seiner Herrschaft Antritt: das ganze Land von den Kriegsvölkern Österreichs angesiillt, die nun über den Lech zum Rhein drängten, welchen die Feldherren Frankreichs schon feindselig überschritten hatten; das bayerische Heer, zum Schirm des Vaterlandes, ohne Übung, Zucht und Stärke; der Schatz erschöpft; die Schuldenmenge des Staates sowie der wahre Ertrag der Gefälle kaum recht bekannt; das Steuer- und Aufschlagswesen ohne Verhältnis und Ebenmaß; die Staatsführung ohne Einheit, Klarheit und Kraft, in vielerlei Landesverwaltungen zersplittert, welche sich in ehrgeiziger Nebenbuhlerei trennten. Die Staatsverfassung, alten Zeiten entstammt, mit den Mängeln, ohne die Tugenden ihres Ursprungs, anders in Bayern, anders in der oberen Pfalz, anders im Herzogtum Neuburg; die ständische Landschaft ohne Achtung, ohne Wert für das öffentliche Heil; die Erziehung des Volkes versäumt; die Freiheit der Presse vernichtet; die Bevölkerung durch ältere und neuere Kriege, durch Erschwerung der Ehen für die Grundholden, welche, wo nicht den Namen, doch oft Last und Schmach noch der Leibeigenschaft trugen, durch Untrennbarkeit der Bauerngüter, durch Fesseln des Gewerbfleißes geschwächt. So fand Maximilian Joseph Bayern. Selten empfing ein Fürst aus der Hand des Schicksals eine schwerere Aufgabe des Lebens. Aber unter den furchtbarsten Kriegen und Umwälzungen des Welt- teils, da alte Throne und Reiche vergingen, neue emporstiegen, nichts blieb, wie es gewesen, gründete er Bayerns Zukunft, gab seinem Volke neue Verfassungen, Ordnungen und Gesetze und erweiterte die Grenzen seiner Lande. Im siebenten Jahre der Herrschaft nahm er die königliche Krone auf sein Haupt, daß an ihm in Erfüllung zu gehen schien, was weiland Maria Elenora von Sulzbach in weissagenden Gesichten er- blickt zu haben glaubte. Es wird erzählt, die ftomme Pfalzgräfin habe

7. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 270

1906 - München : Oldenbourg
270 167. Geschichtliches über die deutschen Frauen. Deutschland die Mode ein, den Gürtel möglichst hoch anzubringen, wo- durch der Oberkörper ebenso unverhältnismäßig kurz als der Unterkörper- lang wurde. Erfreulicherweise gab es aber in der schlimmsten Zeit dieses Jahr- hunderts noch bürgerliche Kreise genug, in denen die gute alte Sitte sich erhielt. Außer dem Gatten und Vater übte auch der ältere Bruder ein Aufsichtsrecht über die Mädchen des Hauses. Es galt für sündlich, Romane zu lesen, für unanständig, ohne Begleitung über die Straße zu gehen. Die Tochter sollte zur guten Hausfrau erzogen werden und dazu brauchte sie nicht jene vornehme Bildung, die in französischem Geplauder, etwas Spinettschlügerei und etwas italienischem Ariengedudel bestand. Verdarben die Töchter des Adels sich durch französische Romane, so lasen die Töchter des Bürgerstandes, durch die Sitte von jenen streng geschieden, Erbauungsbücher und Katechismus. Aber auch an fürstlichen Frauen fehlte es nicht, welche bemüht waren, durch Wort und Beispiel in den höheren Kreisen wieder echt weibliche Sitte und edlen Anstand einzuführen. Von diesen sind unter anderen zu erwähnen: die große Kaiserin Maria Theresia, ferner Her- zogin Amalie von Braunschweig, die Mutter, und Luise von Hessen, die Gemahlin des Herzogs Karl August von Weimar, vor allem aber Luise, Königin von Preußen, die Seele der Erhebung Deutschlands gegen den französischen Unterdrücker. Die Zeit der Befreiungskriege hat überhaupt manch unver- welkliches Blatt in den Ehrenkranz des deutschen Frauentums gewunden. Ohne die lebhafte Beteiligung der Frauen und Jungfrauen an der großen Sache hätte eine Begeisterung, wie sie damals die Herzen der Männer und Jünglinge schwellte, kaum einen so tatkräftigen Aufschwung genom- men. Überall entwickelten die Frauen einen tief eingreifenden und höchst wohltätigen Eifer. Mütter schickten ihre Söhne, Schwestern ihre Brüder, die Braut den Bräutigam in den heiligen Krieg. Reiche Damen opferten ihren Schmuck, ihr Silberzeug, arme Mädchen ihre Sparpfennige. Viele holten sich als liebevolle Pflegerinnen der Verwundeten in den Lazaretten den Tod. Es ist hier nicht möglich, all die deutschen Frauen zu erwähnen, welche zu Anfang dieses Jahrhunderts teils selbst in Wissenschaft und Kunst Bedeutendes geleistet, teils als Mütter, Gattinnen und Freun- dinnen von hervorragenden Dichtern erheblichen Einfluß auf deren Wirken gehabt; aber eins steht fest: die deutschen Frauen haben an der viel- hundertjährigen Bildungsarbeit der Nation redlich und wirksam teil- genommen.

8. Lesebuch für unterfränkische Fortbildungsschulen - S. 96

1917 - München : Oldenbourg
96 alte Tracht im Stiche läßt, hebt die Zersetzung des Bauernstandes an. Wenn einmal mit dem Mieder und Kittel der alte Geist verschwunden ist, fallen auch die Stützen der früheren Bauerngröße: Gottesfurcht, Einfachheit, Genüg- samkeit, Nüchternheit, Arbeitsfreudigkeit und sparsamer Sinn. Wie sehr ist es bah er zu begrüßen, daß sich in neuerer Zeit da und dort Vereine ge- bildet haben, die aus Erhaltung der sinnigen Volkstracht hinwirken. Wenn nur auch ihr Bestreben von gutem Erfolg begleitet ist! Nach S. Baron, Dr. Meinen u a V. Gesundheitspflege. 56. Gesundheit. Wir sind gesund, das ist so gut, Das ist so dankenswert! Wer auf dem Krankenbette ruht, Fühlt erst, was er entbehrt. Wie mancher lebt durchs ganze Jahr Nicht einen frohen Tag! Das ist ein Leben ja fürwahr, Das man nicht neiden mag. Was hilft uns vieles Geld und Gut, Was Hoheit, Macht und Ruhm, Fehlt uns Gesundheit, froher Mut, Das schönste Eigentum? Und was ist Dasein ohne Kraft? Ein Irren in der Nacht, Ein Leben, das nur Elend schafft Und andern Kummer macht. Drum danke doch ein jeder Gott Für der Gesundheit Glück Und bebe vor dem falschen Spott Der Leidenden zurück! Matthias Claudius

9. Lesebuch für unterfränkische Fortbildungsschulen - S. 412

1917 - München : Oldenbourg
412 unterzog, so war ihm auch die Pflege wahrer Religiosität und -er wirksame Schutz aller Konfessionen sowie die Wahrung des kirchlichen Friedens unter den verschiedenen Bekenntnissen heilige Regentenpflicht. Vor allem huldigte der Fürst aber auch einem tiefen Zuge seines Gemütes: der werktätigen Menschenliebe. Der Handel erfuhr eine bedeutsame Förderung durch zeitgemäße Entwicklung des Post-, Telegraphen- und Telephonwesens, fortwährende Erweiterung des Eisenbahnnetzes, Anlage von Doppelgleisen und Errichtung von Lokalbahnen, durch welche weite Gebiete des König- reichs dem Verkehr erschlossen wurden. Ebenso zeigte der Regent auch für die industrielle und gewerbliche Tätigkeit des Landes, für die Land- wirtschaft, den wein- und Obstbau, die Viehzucht regstes Interesse. Es wird wenige Fürsten geben, die in so ständigem und regem Verkehr mit den verschiedensten Klassen der Bevölkerung stehen, wie es bei Prinzregent Luitpold von Bayern der Fall war. Fast täglich empfing er Männer aus allen Berufsarten; öfters in der Woche hatte er Gäste, die außerhalb der Hofkreise standen, an seiner Tafel: Künstler, Gelehrte, Beamte, Industrielle, städtische Vertreter. Auf seinen Reisen und Jagden kam der erlauchte Herr mit Hunderten von Leuten aus allen Ständen in Berührung; er unterhielt sich eingehend mit ihnen, fragte sie und freute sich ihrer oft recht offenen Antworten. warmen Anteil nahm er an seines Volkes Leid und Lust und manches Volks- und Vereinsfest verschönte er durch seine Gegenwart ohne durch sein Erscheinen den Reiz der unbefangenen Heiterkeit zu stören; aber auch das bayerische Volk feierte kein bedeutsames Fest ohne seines vielgeliebten Landesfürsten zu gedenken und nahm stets herzlichen Anteil an seinem und seines Hauses Glück und Schmerz, wem es vergönnt war auch nur kurze Zeit in der Nähe des Regenten zu verweilen, dem bleibt das Bild dieser fürstlichen Persönlichkeit un- vergeßlich, in der die gewinnendste uno wohlwollendste Liebens- würdigkeit mit entzückender Einfachheit und Herzensgute sich vereinten. Man erzählt sich viele Züge aus dem Privatleben des Regenten, die geeignet sind, seine Persönlichkeit nicht minder volkstümlich zu machen als die seines in der Geschichte wie in der Erinnerung des bayerischen Volkes unvergeßlichen Großvaters und Vaters, des Königs Max I. und Ludwig I. wie innig Prinzregent Luitpold mit seinem oayenschen Volke verwachsen war, davon gab em seltenes Zeugnis die Ferer seines 90. Wiegenfestes, verbunden mit der Feier seiner viertelhundertjährigen gesegneten Regierung. Ein Jubel ohnegleichen durchbrauste Sau Land,
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