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bedeutend gewesen und rasch geheilt sein. Die noch erkennbaren Spuren
eines größeren Brandes, dem namentlich die kaiserlichen Wohngemächer
zur Beute fielen, werden aus dem Jahre 1289 herrühren.
Welche Erinnerungen werden hier angesichts dieser ruhmreichen und
ehrwürdigen Stätte wach! Hier bedrängten Heinrich Iv. die ausstäudischen
Sachsenfürsten, hier schmolz ein Blitzstrahl das Schwert über dem ruhig
schlummernden Heinrich V.; Konrad Iii. entsetzte hier Heinrich den Stolzen
seiner Lande, Friedrich I. belehnte hier seinen Vetter Heinrich den Löwen
mit den Harzforsten, Pfalzgraf Heinrich überreichte hier dem Kaiser
Friedrich Ii. die Reichskleinode. Von den deutschen Königen und Kaisern,
die in Goslars Mauern weilten, haben elf im Kaiserhause längere oder
kürzere Zeit residiert — wobei ich Heinrichs Iv. Gegenkönige nicht rechne;
und nicht weniger als 23 glänzende Reichs- und Hoftage sind hier gehalten.
Das nach dem Brandschaden von 1289 wiederhergestellte Haus hat
keines Kaisers Fuß mehr betreten, und bald ging es in den Besitz der
Stadt über. Diese benutzte es als Gerichts-, dann als Munitionshaus.
Im Dreißigjährigen Kriege richteten Jesuiten darin eine Schule ein; später
diente es als Schauspielhaus, zuletzt als Kornmagazin für den Harz. Und
wohl dieser Verwendung allein verdanken wir seine Erhaltung; nun mußte
doch, um das Korn vor Nässe zu schützen, wenigstens Dach und Fach in
Ordnung erhalten werden. Die Thronstütte unserer Könige, wo einst der
Salier und Hohenstaufen ruhmreicher Schild im hohen Kaisersaal prangte,
war nun eben noch gut genug, des Bergmanns Brotkorn aufzunehmen.
Doch diese Schmach ist nun gesühnt. Nach der glorreichen Wieder-
herstellung des Reiches unter seinem ruhmgekrönten Kaiser Wilhelm I. ge-
dachte man auch wieder dieses Denkmals der glanzvollsten Zeit des alten
Reiches und bewilligte die bedeutende Summe von 200 000 Mk. zur Fort-
führung und Vollendung der von der hannoverschen Negierung begonnenen
Wiederherstellung. Und heute blickt die alte Kaiserpfalz als ein Wahr-
zeichen der Einigung unseres Volkes wieder hoch und stolz vom hohen
Kaiserbleek auf die alte Stadt herab.
2. Wir treten nunmehr in das Kaiserhaus selbst ein. Sein Inneres
ist zum größten Teile durch den gewaltigen Reichssaal ausgefüllt, der eine
Länge von 55 m, eine Tiefe von 7,5 m und in der Mitte eine Höhe
von 12 m hat. Dieser Saal ist durch die Hand des feinsinnigen Pro-
fessors Wislicenus mit einem farbenprächtigen und durch seinen Inhalt
tief ergreifenden Bilderschmucke ausgestattet worden. Die Hauptbilder
erzählen uns die Geschichte von dem Werden, Blühen, Vergehen und
Wiedererstehen der deutschen Kaiserherrlichkeit. Im ersten Bilde sehen wir
die deutsche Kaisermacht glanzvoll sich erheben in Karl dem Großen, der
das Heidentum stürzt und das Evangelium zum Siege führt. Da aber
in den folgenden Jahrhunderten die Päpste auf die Vergrößerung ihrer
22*
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_V. Heinrich_V. Konrad_Iii Konrad Heinrich Heinrich Friedrich_I. Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Friedrich_Ii Friedrich Heinrichs Wilhelm_I. Karl
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des Bistums erfüllt war. Und diesem Bischof, der als der Ratgeber zweier
Kaiser, als Künstler und Priester vielleicht der hervorragendste aller deutschen
Kirchenfürsten gewesen ist, dankt die Stadt noch heute außerordentlich viel.
2. Der hervorragende Mann entstammte einem edlen niedersächsischen
Geschlecht und trug alle Züge seines Volksstammes in scharfer Ausprägung
an sich: den strengen und unbeugsamen Sinn neben kindlicher, demütiger
Frömmigkeit, den ernsten und rastlosen Fleiß, die zähe Beharrlichkeit in
der Verfolgung des gesteckten Ziels. Dazu gesellten sich hohe Gaben und
eine glückliche Fügung der Verhältnisse seiner Zeit. Der Jugend ist das
Leben Bernwards geradezu ein leuchtendes Vorbild. Schon als Knabe
zeigte Bernward den ernsten Trieb, durch Wissen und Können Freude zu
bereiten; ja er war der Stolz und die Freude seiner Eltern und Lehrer.
Als Jüngling vertiefte und erweiterte er durch die Beschäftignug mit den
Wissenschaften seine Bildung. Da machte er sich auch in den Domwerk-
stätten zu schassen, die schon geschickte und im Kunsthandwerk erprobte
Arbeiter aufzuweisen hatten; dort lernte er die Kunstgriffe der Goldschmiede
und Erzgießer, der Architekten und Steinhauer, der Schreiber und Miniatur-
maler; und aller Künste Meister wurde er in dem goldenen Mainz, wo
er seine Studien vollendete, wo er auch von Willigis, dem Erzkanzler des
Reiches, die höheren Weihen empsing.
3. Unter den vielen Werken Bernwards erregen die Bronzearbeiten,
die Erztüren und die Christussünle im Dom unsere höchste Bewunderung.
Eine Bilderbibel in Erz waren sie dem des Lesens unkundigen Volke;
wir aber staunen heute über die Kunst des Meisters, die in einem Lande,
wo man damals von Erzguß so viel wie nichts verstand, so Großes schuf.
Das goldene Bernwardskreuz in der Magdaleuenkirche, dieses herrliche
Stück der Goldschmiedekunst, mit seinen 230 Edelsteinen zeigt, wie des
Bischofs Fingern auch die zartesten Goldfäden gehorchten. Der Entwurf
des großen Radleuchters im Dom, der ein Bild des himmlischen Jerusalems
darstellen soll, stammt ebenfalls von Bernward. Und großartige Bauwerke
hat er dazu aufgeführt, von denen die prächtige Michaeliskirche auf uns
gekommen ist. In der Krypta derselben wollte er nach seinem Tode aus-
ruhen; da steht in der Gruft noch heute der von dem Bischof selbst gemeißelte
Sarg, der mit Engelsköpfen geschmückt ist und die Inschrift trägt: „Ich
weiß, daß mein Erlöser lebt, und er wird mich hernach aus der Erde
auferwecken." Am Kopsende steht: „Bernward, Bischof, Knecht der Knechte
Christi."
4. Unter weiteren kunstsinnigen Bischöfen, namentlich Godehard, Hezilo
und Bernhard, ist der Ruf der niedersüchsischen Residenz gesteigert worden;
aber auch in Hildesheim klopfte die nervige Faust des Bürgertums an
die Tore, und es fand Eingang mit seiner Gefolgschaft, mit Handel und
Verkehr. Das Rathaus wurde gebaut, und vor demselben erhob sich ein
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Extrahierte Personennamen: Bernward Steinhauer Willigis Großes Bernward Godehard Bernhard
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Christussünle Magdaleuenkirche Christi Hildesheim
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mahlen und von den Maschinen gleich in die bereitstehenden Eisenbahn-
wagen geschüttet, um dann als Düngesalz versandt zu werden. Andere
Arten von Kalisalzen werden in der chemischen Fabrik zu verschiedenen
Zwecken verarbeitet.
9. In der Schachthalle sowohl als auch in der Fabrik sind Bade-
räume vorhanden, in welchen die Arbeiter nach vollendeter Schicht sich
reinigen und umkleiden können. Dampfbäder, Brause- und Wannenbäder
und in Zukunst auch elektrische Lichtbäder stehen ihnen unentgeltlich zur
Verfügung. In Kantinen ist gegen billiges Geld Kaffee zu haben. Schnaps
und Bier zu trinken ist während der Arbeit jedem streng untersagt. Auch
viele gute und bequeme Wohnungen für Beamte und Arbeiter hat das
Werk gebaut. Die Verwaltung verschafft auch billiges Brennmaterial und
billige Nahrungsmittel und sorgt für geistige Nahrung durch gute Lese-
stoffe. Aber nicht nur für die Beamten und Arbeiter des Werks ist dieses
zu einer Quelle des Segens geworden, sondern auch für den ganzen Ort
und seine Bewohner. Die neue Wasserleitung, die jedem Einwohner gutes
Wasser unentgeltlich ins Haus liefert, die Pflasterung der Straßen, die
Anlage einer Eisenbahn, die ohne Gründung des Kaliwerks vielleicht noch
nicht gebaut wäre, geben Zeugnis davon. Auch der Grundbesitzer, der
zwei- oder dreimal jährlich seinen Förderzins erhebt, schaut mit Befriedigung
auf das segensreiche Werk.
Wie hier in Salzdetfurth, so hat schon an vielen anderen Stellen
die Kaliindustrie große Werte geschaffen und der Bevölkerung Nahrung
und Wohlstand gebracht; und noch immer dehnt sie sich aus. Überall,
besonders im Hildesheimschen und im Leinetal, erheben sich die bekannten
hölzernen Bohrtürme, die Fragezeichen einer goldenen Zukunft.
Ferdinand Ludewig.
218. Das Kaiserhaus zu Goslar.
1. Auf der Höhe des Kaiserbleekes liegt, die Stadt überragend, das
Kaiserhaus, der älteste nichtkirchliche Bau Deutschlands diesseit des Rheins.
Von hier aus konnte Kaiser Heinrich Iii., der Erbauer des Palastes, die
Stadt und seine Lieblingsschöpfungen, den Dom und das Petersstist, über-
schauen und über diese hinaus, in der Richtung nach der älteren Kaiser-
pfalz Werla an der Oker, den Blick in die Ferne schweifen lassen.
Im Jahre 1050 wird das Kaiserhaus, wenn auch noch nicht in allen
seinen Teilen vollendet, doch schon bewohnbar gewesen sein. Als Bau-
meister sieht man den jungen Geistlichen Benno an, den Kaiser Heinrich
aus dem schwäbischen Kloster Hirschau nach Goslar berief; er starb als
Bischof von Osnabrück.
Im Jahre 1065 brach Feuer im Palaste aus und 1132 wird von
einem Einsturze berichtet; doch müssen die Schäden beide Male nicht
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Ludewig Ferdinand Heinrich_Iii Heinrich Benno Heinrich Heinrich Osnabrück
Vi. Bilder Aus der Geschichte.
248. Das Bömerlager Saalfourg
1. Mächtiger Flammenschein rötete an verschiedenen Stellen
den nächtlichen Himmel. Gellende Trompetensignale weckten die
Schläfer aus der Ruhe, und bald strömten die Mannschaften des
römischen Lagers an der Mainfurt von allen Seiten zusammen, um
vor der Exerzierhalle Aufstellung zu nehmen. Noch ehe der Befehl
zum Abmarsch gegeben wurde, erschienen reitende Boten und brachten
die Nachricht von dem neuen Überfall. Die Kasten waren von den
Taunushöhen heruntergestiegen und hatten die am Fuße des Gebirges
gelegenen Ansiedelungen überfallen. Die Bewohner dieser Nieder-
lassungen lagen, soweit sie nicht geflohen oder gefangen genommen
waren, erschlagen auf der Landstraße oder unter den Trümmern
ihrer Häuser, in die der Germane die Brandfackel geworfen hatte.
Mas an Waffen und Kostbarkeiten zu erbeuten war, hatte er mit-
genommen; das Vieh war in langen Zügen den dichten Wäldern,
die den Taunus bedeckten, zugetrieben worden. Als die römischen
Soldaten im Eilschritt die Stätten der Verwüstung erreicht hatten,
war der Feind schon längst im Schutze der undurchdringlichen
Forste; das Vieh wie die Gefangenen waren wohlbehütet in den
großen Ringwällen untergebracht, die, auf Bergeshöhen errichtet,
sicheren Schutz gegen unverhoffte Angriffe gewährten.
Immer und immer wieder gelang es den Katten, die Ansiede-
lungen in der Main ebene und am Gebirgshang zu überfallen und
zu plündern. Die kleinen Grenzkastelle, durch die der Kaiser
Domitian (81—96 n. Chr.) die Gegend zu sichern gedachte, boten
nicht den genügenden Schutz. Darum mußte die Grenze weiter nach
Norden vorgeschoben und über den Kamm des Gebirges gelegt
werden. Jene festen Trutzburgen, wie sie die Ringwälle bildeten,
mußten in römischem Besitz sein, und die Taunushöhe mußte so
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432
und unterhalb Neuwied an den Rhein stößt. Gegen tausend Wacht-
türme und 80 Kastelle schützten diesen Limes, der anfangs kriege-
rischen Zwecken, später aber als Zollgrenze diente.
4. Bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts mag die Saalburg mit
ihren Nachbarfesten bestanden haben. Da schleuderten die in immer
neuen Scharen vordringenden Alemannen und Franken die Brandfackel
in die eroberten Kastelle. Auch die Saalburg sank in Schutt und
Asche. Noch ehe das 4. Jahrhundert anbrach, deckten Gestrüpp und
junger Baumwuchs die Trümmer der Römerfeste. Sie blieb versunken
und vergessen, bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts die ersten Aus-
grabungen vorgenommen wurden. Die schön behauenen Quader
boten zeitweilig den nahegelegenen Ortschaften, vornehmlich Hom-
burg, willkommenes Baumaterial. Hundert Jahre später wurden die
wichtigsten Baulichkeiten der ganzen Anlage ausgegraben, die von da
an von Fremden oft besucht wurde. Kaiser Wilhelm I. kam oft zur
Saalburg, ebenso der Kronprinz Friedrich Wilhelm, der mit seinen
Söhnen wiederholt den Ausgrabungen beiwohnte.
Die gemachten Funde sind so zahlreich, daß sie ein ganzes
Museum mit mehr als 10 000 Nummern füllen. Sie sind deshalb so
wertvoll, weil sie ein deutliches und abgeschlossenes Bild von dem
Leben in einem römischen Grenzkastell, zugleich aber auch von der
gewaltigen kolonisatorischen Tätigkeit des Römervolkes geben. Alle
diese Kastelle und Ansiedlungen an der Grenze des römischen Rei-
ches sind wichtige Pflanzstätten für die Kultur der unterworfenen
und anwohnenden Völker geworden. Jede Art von Handwerk wurde
auf eine höhere Stufe der Entwicklung gebracht; es sei nur an die
Töpferei, die Tischlerei, die Schneiderkunst erinnert. Die Verwen-
dung des Steins zu kunstvollen Bauten ist römisches Erbe. Aus den
römischen Lagerorten sind germanische Städte geworden — man denke
an Mainz, Xanten, Frankfurt, Wiesbaden, Köln, Straßburg.
Hoch auf dem Taunuskamm, von dem einst der römische Adler
siegesstolz hinunter ins Germanenland schaute, hat Kaiser Wilhelm Ii.
den Römerbau wieder aufrichten lassen. Er selbst hat den Grund-
stein gelegt mit den bedeutungsvollen Worten: „So weihe ich diesen
Stein mit dem ersten Schlage der Erinnerung an Kaiser Friedrich Iii.,
mit dem zweiten der deutschen Jugend, den heranwachsenden Ge-
schlechtern, die hier in dem neuerstandenen Museum lernen mögen,
was ein Weltreich bedeutet, und zum dritten der Zukunft unseres
deutschen Vaterlandes, dem es beschieden sein möge, in künftigen
Zeiten durch die einheitliche Zusammenwirkung der Fürsten und Völ-
ker, von ihren Heeren und Bürgern, so gewaltig, so fest geeint und
so maßgebend zu sein,'wie es einst das römische Weltreich war, damit
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Friedrich_Iii Friedrich
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Sprüchen geziert, und solch ein Erker erscheint dann am Hause, wie
das Chor in der Kirche, als das schmuckreichste Heiligtum.
4. Am frühesten aber entwickelte sich die Pracht der Bau-
kunst an den öffentlichen Gebäuden. Denn zwischen Hütten und
Strohdächern erhoben sich kunstvolle, riesige Bauten, die Gemeinde-
zwecken dienten, Rathäuser und Kirchen. Je mehr sich der Wohl-
stand und das Behagen der Städte im vierzehnten Jahrhundert
steigerte, desto mehr wetteiferten sie, mit Stolz zu zeigen, was Geld
und Arbeit vermöge. Es bildeten sich enggeschlossene Verbindungen
der Baugewerkleute, namentlich der Maurer und der Steinmetzen,
die sogenannten Bauhütten, die allmählich zu förmlichen Schulen
der Baukunst wurden. Ihre Lehre war eine geheime, außer den
Mitgliedern durfte niemand die Hütte betreten. Aber aus dem un-
glaublichen Wetteifer und dem uneigennützigen Zusammenwirken
der verschiedenen Baugewerke ging die Vollendung der gotischen
Baukunst hervor. Jede größere Stadt wollte ihren Dom haben.
Da schien die schwere Masse leicht und frei emporzusteigen; da
wuchsen die Pfeiler wie Bäume hervor und schlossen sich oben in
spitzen Bogen ab, über dem Dache aber wurden sie durch spitze, in
die Wolken ragende Türme fortgesetzt; die Fenster waren von un-
geheuerer Größe, aber das hereinbrechende Licht ward gemildert
durch kunstreiche Glasgemälde; die Erhabenheit des Ganzen endlich
barg sich in die reichsten und lieblichsten Verzierungen der Stein-
hauerarbeit, so daß die Masse sich aus unermeßlich vielen, gleichsam
lebendigen Steingewächsen aufzubauen schien. Es waren riesige
Werke, berechnet auf die frommen Beiträge vieler nacheinander
folgenden Geschlechter. Der Baumeister, welcher den Plan entworfen
hatte, sah wohl nie die Vollendung, ja, mit solcher Uneigennützig-
keit übergab er die Fortsetzung des Werkes seinen Nachfolgern,
daß wir nur in wenigen Fällen den Namen des ersten Urhebers
kennen. Das größte dieser Wunderwerke der Kunst ist der Dom
von Cöln; das indes erst 1840 bis 1880 ausgebaut ist. Ihm zunächst
kommt der Straßburger Münster, an welchem vier Jahrhunderte
lang gearbeitet worden ist.
Dabei ärgerte es den deutschen Bürger nicht, wenn zwischen
Dom und Rathaus sich vielleicht eine Wasserpfütze mit schwimmenden
Enten befand und daneben die alte Linde, die noch an eine Zeit
erinnerte, wo die Stadt noch nicht war, und wo die Waldvöglein
noch in ihren Zweigen sangen.
5. Die häusliche Einrichtung entsprach der Einfalt des Zeit-
alters. Der Hausrat, ohne Putz, war dem einfachsten Bedürfnis
gemäß und roh gearbeitet. Beim Mahle aßen Mann und Frau aus
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Würde im nächsten Augenblick mit dem Schwall mitgerissen werden. Der
Wasserstaub aber weht uns so kühl und feucht an, daß wir uns freuen,
wieder in den Hellen Sonnenschein hinauszutreten, der uns früher lästig
dünkte. Helene Stökl.
197. Dreimal in Straßburg.
i.
1. Mit dem Ränzel auf dem Rücken und dem Stab in der Hand
rückten wir unter der heißen Sonne des 4. Juli 1870 in Straßburg
ein. Über alle Dächer und Schanzen hinweg hatte der erhabene
Münsterturm längst auf uns herabgeschaut, und wir sprachen nur
von ihm. Als wir aber durch das Festungstor geschritten waren,
da hatten meine Begleiter nur Auge und Ohr für die fremdartigen
Gestalten der französischen Soldaten, die ebensowohl durch die Uni-
form, als auch durch die Haltung und Bewegung sich so wesentlich
vom deutschen Militär unterschieden. Einzeln und in Gruppen be-
gegneten sie uns, meist die Hände in den weiten roten Hosen und
das kurze Pfeifchen im Munde. Nun rückte eine Kolonne Infanterie
heran, aber auch die Bewegungen der Masse waren anders als bei
uns. Insbesondere konnten sich meine jungen Freunde gar nicht
darein finden, daß gar mancher Soldat im Gliede sich mit seinem
Nachbar laut und zwanglos unterhielt.
2. So waren wir zum Münster gekommen. Hier aber übte die
herrliche Westfassade dieses Riesenwerkes ihren Zauber auch auf
meine jungen Freunde aus. Im ersten Augenblick wirkte nur die
ungeheure Masse und die schwindelnde Höhe. Dann gewahrten wii
mit steigendem Wohlgefallen, wie treffliche Gliederung, wohltuende
Maßverteilung und anmutiger Schmuck von kundiger Bildhauerhand
diese ungeheure Wand durchgeistigen und ihr Leben einhauchen.
Vier Strebepfeiler, kräftig aus der Wandfläche hervortretend, sondern
diese in drei Teile, von denen sich wieder drei Stockwerke erkennen
lassen. Das unterste derselben zeigt stolze Eingangspforten von
mächtiger Größe. Uber dem Mittelportal befindet sich das berühmte
Rundfenster, dessen Durchmesser ungefähr so groß ist wie die Höhe
eines mehrstöckigen bürgerlichen Wohnhauses, nämlich 13,5 m. Trotz
des erstaunlichen Umfanges erhält dieses Radfenster ein wahrhaft
zierliches Aussehen durch das reizende Maßwerk, von welchem es
übersponnen wird.
3. Der obere Abschluß der Fassade zeigt deutlich, daß der Bau-
plan zwei Türme vorgesehen hatte. Nur der nördliche ist zur Aus-
führung gekommen. Die höchste Spitze läuft in eine Kreuzblume
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment]]