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sobald ich ihrer bedarf.“ Da sprach der Kaiser: „Wie bald kann
eine gute Mauer hierum gemacht werden?“ „Eher denn in drei
Tagen“, antwortete Ludwig. Der Kaiser lachte und sprach: „Das
wäre ja wunder; und wenn alle Steinmetzen des deutschen Reichs
hier beisammen wären, so möchte das kaum geschehen.“ — Es war
aber an dem, daß der Kaiser zu Tische ging; da bestellte der Land-
graf heimlich mit seinen Schreibern und Dienern, daß man von
Stund an Boten zu Roß aussandte zu allen Grafen und Herrn in
Thüringen und ihnen meldete, daß sie zur Nacht mit wenig Leuten
in der besten Rüstung und Schmuck auf die Burg kämen. Das ge-
schah. Frühmorgens, als der Tag anbrach, richtete Landgraf Lud-
wig das Volk also an, daß ein jeder auf den Graben um die Burg
trat, gewappnet und geschmückt in Gold, Silber, Samt, Seiden und
den Wappenröcken, als wenn man zu streiten auszieht; und jeder
Graf oder Edelmann hatte seinen Knecht vor ihm, der das Wappen
trug, und seinen Knecht hinter ihm, der den Helm trug; so daß
man deutlich jedes Wappen und Kleinod erkennen konnte. So
standen nun alle Dienstmannen rings um den Graben, hielten bloße
Schwerter und Äxte in Händen, und wo ein Mauerturm stehen sollte,
da stand ein Freiherr oder Graf mit dem Banner. Als Ludwig alles
dies stillsehweigends bestellt hatte, ging er zu seinem Schwager und
sagte, die Mauer, die er sich gestern berühmt hätte zu machen, stehe
bereit und fertig. Da sprach Friedrich: „Ihr täuscht mich,“ und
segnete sich, wenn er es etwa mit der schwarzen Kunst zuwege ge-
bracht haben möchte. , Und als er auswendig zu dem Graben trat
und so viel Schmuck und Pracht erblickte, sagte er: „Nun hab’ ich
köstlichere, edlere, teurere und bessere Mauern zeit meines Lebens
noch nicht gesehen; das will ich Gott und Euch bekennen, lieber
Schwäher; habt immer Dank, daß Ihr mir solche gezeigt habt.“
Brüder Grimm.
194. Der Hartgeschmiedete Landgraf.
Zu Ruhla im Thüringer Wald liegt eine uralte Schmiede, und
sprichwörtlich pflegte man von langen Zeiten her einen strengen, un-
biegsamen Mann zu bezeichnen: er ist in der Ruhl hart geschmiedet
worden.
Landgraf Ludwig zu Thüringen und Hessen war anfänglich ein
gar milder und weicher Herr, demütig gegen jedermann; da huben
seine Junker und Edelinge an stolz zu werden, verschmähten ihn und
seine Gebote; aber die Untertanen drückten und schätzten sie aller
Enden. Es trug sich nun einmal zu, daß der Landgraf jagen ritt am
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Grimm Ludwig Ludwig
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Allein die allzu große Güte Elisabeths wurde doch manchmal ihrem Ge-
mahl bedenklich. Sie schenkte alles weg, was sie nur hatte: sie versagte
sich selbst bisweilen das Notwendige, um es den Armen zu geben, und
oft waren es Betrüger, die sich für Arme ausgaben. Deshalb machte
ihr der Landgraf Vorstellungen. „Geben ist gut," sagte er, „aber man
muß doch auch wissen, wem man gibt, und ob man selbst so viel ent-
behren kann." Allein Elisabeth konnte nicht nein sagen, wenn jemand sie
bat, und deshalb geschah es immer wieder. Um nicht erkannt zu werden,
zog sie die Kleider einer Magd an; denn sie wollte immer lieber selbst
geben als es durch andere tun lassen. Einst hatte sie wieder die Schürze
voll Nahrungsmittel, um sie einer armen Familie zu bringen; da begegnete
ihr der Landgraf, und weil er ihre Absicht vermutete, so rief er ihr zu:
„Nun, Elisabeth, wohin?" Die Landgräfin wurde rot; denn obgleich ihr
Werk ein gutes war, so war es ihr doch leid, gegen den Willen ihres Ge-
mahls gehandelt zu haben. Als sie aber ihre Schürze vor dem Land-
grafen öffnete, siehe, da war diese voll Rosen.
3. Noch hatte die Ehe Ludwigs, den man den Tugendsamen hieß, mit
der heiligen Elisabeth nicht lange gedauert, da zog der Kaiser in das Ge-
lobte Land, um es von den Türken zu befreien und wieder christliche
Kirchen dort zu errichten. Da wollte Ludwig nicht zurückbleiben, und
Elisabeth, so groß auch der Schmerz war, den sie über die Trennung
fühlte, mochte ihn doch an einem so heiligen Zuge nicht hindern. Aber
schon unterwegs wurde Ludwig krank, und Elisabeth sah nur seine Leiche
wieder. Der neue Landgraf, sein Bruder, behandelte sie hart und vertrieb
sie sogar aus dem Schlosse Wartburg. Da verlor sie vollends alle Lust
an den Freuden der Welt. Sie tat nichts mehr als Hungrige speisen,
Kranke pflegen, Unglückliche trösten; deshalb verehrte das Volk sie schon
bei ihren Lebzeiten als eine Heilige. Als sie aber nach wenig Jahren starb,
weil sie sich zu sehr gegrämt und angestrengt hatte, da erklärte sie auch
der Papst für eine Heilige, und ihre Verwandten bauten über ihrem Grabe
die schöne Elisabeth-Kirche zu Marburg. Ludwig Bechstein.
193. Landgraf Ludwig baut eine Mauer.
Einmal führte der eiserne Landgraf den Kaiser Friedrich Kot-
bart, seinen Schwager, nach Naumburg aufs Schloß; da ward der
Kaiser von seiner Schwester freundlich empfangen und blieb eine
Zeitlang da bei ihnen. Eines Morgens lustwandelte der Kaiser, be-
sah die Gebäude und ihre Gelegenheit, kam hinaus auf den Berg,
der sich vor dem Schloß ausbreitete, und sprach: „Eure Burg be-
hagt mir wohl, nur daß sie nicht Mauern hier vor der Kemnate
hat; die sollte auch stark und fest sein!“ Der Landgraf erwiderte:
.Itm die Mauern sorg’ ich nicht, die kann ich schnell erschaffen,
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Ludwigs Elisabeth Ludwig Ludwig Elisabeth Ludwig_krank Ludwig Elisabeth Ludwig_Bechstein Ludwig Ludwig Ludwig Friedrich_Kot- Friedrich