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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 402

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
402 nehmen. Oder es wird ein Kind angenommen. So kann der Stamm nie aussterben, was schon aus religiösen Gründen wegen der Opser, die die Nachkommen den Vorfahren zu bringen haben, vermieden werden muß. Da es, wie gesagt, keine kinderlosen Häuser gibt, da Kindersegen, namentlich die Geburt von Knaben, etwas sehr Erwünschtes ist, so nimmt die Bevölkerung, die heute auf 46 Millionen angewachsen sind, fortwährend stark zu. Das Land kann aber nicht mehr Einwohner mit Reis versorgen. Es ist an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Das Innere ist gebirgig, felsig, vulkanisch. Was in den Tälern, an den Küsten, an Bergabhängen landwirtschaftlich angebaut werden kann, ist bereits alles in Bebauung genommen und wird schon jetzt so bebaut, daß eine Ver- mehrung des Ertrages kaum denkbar ist. Da muß dann die Regierung Umschau halten, ob nicht irgendwo in der Nachbarschaft für das aufstrebende und ausdehnungsbedürftige Volk ein neuer Ellbogenraum, ein größerer Platz an der Sonne zu stnden sei. Da mußten ja naturgemäß die Blicke auf Korea und die dahinterliegende Mandschurei fallen. Aber die war in den Händen der Russen. Sie hatten zwar förmlich, feierlich, vertragsmäßig versprochen, die Mandschurei zu räumen, aber sie räumten sie auf eine Weise, die eher ein Vorwärts- als ein Rückwärtsgehen genannt werden mußte. Das konnten die Japaner nicht dulden. Es war für sie einfach eine Lebensfrage, eine Brot- oder vielmehr Reisfrage, es zu hindern. Ein- sichtige Leute sahen daher den Russisch-Japanischen Krieg, so sehr er viele überrascht hat, auch kommen. Er mußte kommen. 7. Auch daß der Krieg so ausfiel, wie er verlaufen ist, wundert den Kundigen nicht. Der Japaner ist ein ganz vortrefflicher Soldat. Wir sahen schon, wie genügsam er ist. Vortrefflich ausgebildet nach preußischem Muster ist er auch. Und eins hat er vor allen Dingen, was ihn auf die Dauer unüberwindlich macht, eine heiße, brennende, glühende Liebe zum Vaterlande. Er besitzt eine Opferfreudigkeit, wie sie nur die edelste Vaterlandsliebe gewähren kann. Sie hat nicht nur mit wunder- barer Hingebung und großen Opfern eine Armee nach deutschem Muster geschaffen, sondern auch, ebenfalls wie wir, eine ganz ansehnliche Flotte gebaut. Und zwar hat Japan sich, wiederum genau wie Deutschland, für den Bau seiner Schiffe vom Auslande unabhängig gemacht. So bleiben die Millionen, die für die Flotte ausgegeben werden, im Lande und kommen der Hebung des heimischen Gewerbefleißes zugute. Das Geldfwird ja nicht ins Wasser geworfen; es kommt unter die Leute, geht aus einer Hand seiner Bestimmung gemäß in die andere, kommt schließlich auch zu den Steuerzahlern, wenigstens teilweise im natürlichen Kreislauf wieder zurück, so daß es als frucht- bringend nicht nur viele Arbeiterfamilien ernährt, sondern auch sonst Handel und Gewerbe belebt. Übrigens haben die Bürger und Beamten Japans die Regierung beim Bau der Flotte in tatkräftiger Vaterlandsliebe sehr

2. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 471

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
471 Pferde und Gepäck behalten. Damit war das Kurfürstentum ganz der Gnade des Feindes anheimgegeben. Nichts verpflichtete die Franzosen, das Land zu schonen, denn einen früheren Vertrag hatte Napoleon nicht anerkannt. 2. In den Gang der Verwaltung des Landes führte der General Mortier nur wenig Veränderungen ein, um das Gerichtswesen kümmerte er sich gar nicht. Das änderte sich auch nicht, als im Februar 1804 der Marschall Bernadotte, der spätere König von Schweden, den Oberbefehl erhielt. Es kam den französischen Machthabern in erster und letzter Linie darauf an, möglichst viel Vorteile aus den eroberten Ländern zu ziehen. Am weitesten in seinen Ansprüchen ging der General Mortier. Gleich nach seiner Ankunft forderte er eine Kriegs- steuer von 2 Millionen Mark von dem hannoverschen Lande, an- geblich, um sie zu Belohnungen für das Heer zu verwenden; sie war aber vorwiegend, vielleicht ausschließlich für seine eigene Tasche und die seiner nächsten Verwandten bestimmt. Damit war jedoch die Reihe der „Geschenke“, welche Mortier erhielt, noch nicht zu Ende. Von den Ständen des Landes bekam er eine „Gabe“ von 80 000 Mark. Bei anderer Gelegenheit erhielt er sechs Gedecke des feinsten Tisch- zeuges. Ein besonders beliebtes und begehrtes Geschenk waren Wagen und Pferde. Die ganze französische Generalität, Mortier an der Spitze, mußte damit versehen werden. Es kam sogar vor, daß fran- zösische Generale ein Pferd, welches ihnen aus irgend einem Grunde nicht gefiel, oder welches unbrauchbar geworden war, zurückschickten und sich ein neues, besseres ausbaten. Die Frau des berühmten französischen Ministers Talleyrand ließ eines Tages einem hannoverschen Rate mitteilen, die hannoverschen Abgesandten in Paris hätten ihr zu erkennen gegeben (was natürlich eine Lüge war), daß man in Hannover die Absicht hege, auch ihr ein Geschenk zu machen; sie würde aber höchstens einiges Tafelgerät annehmen. So erhielt sie ebenfalls sechs Gedecke feines Tischzeug. Der Schwager Mörders hatte gleich zu Anfang 15 000 Mark erhalten. Nicht lange danach wünschte er sich einen kostbaren Ring, den er im Schaufenster ge- sehen hatte, und aus Furcht vor seiner Rache wurde derselbe für 87 000 Mark gekauft und ihm zum Geschenk gemacht. Dem Mar- schall Bernadotte mußte ebenfalls ein Geschenk von 80 000 Mark gemacht werden, und diese Gabe wurde später noch zweimal wieder- holt. Im ganzen hatte das Land für solche Zwecke über 4 Millionen Mark auszubringen. Dazu kamen noch die oft beträchtlichen Ge- schenke, mit denen die einzelnen Städte und selbst Dörfer sich das Wohlwollen ihres französischen Befehlshabers erkaufen mußten. Von Osnabrück erhielt ein General allein 100 000 Mark.

3. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 465

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
465 seiner Familie und der ganzen Bevölkerung empfing. Unter den Linden wurden sie, wie auch die spätern Reisezüge, welche durch Berlin kamen, bewirtet und beschenkt: der König und die Königin erschienen selbst, um den so weit Eingewanderten Mut, Trost und Zuversicht einzuflößen. Der König befragte die Angekommenen nach ihrem Glaubensbekenntnis und schloß dann seine freundliche Zu- sprache mit den Worten: „Seid getrost, ihr sollt es gut haben, Kin- der — ihr sollt es gut bei mir haben.“ Bis Ende September betrug die Anzahl der Eingewanderten nahezu 17 000, und noch folgten immer neue Züge. Nun meldeten sich auch die armen Leute des Abtes von Berchtesgaden an, die evan- gelisch geworden waren, 1200 an der Zahl. Die Salzburger siedelten sich fast sämtlich in Ostpreußen, besonders in Litauen um Memel, Tilsit, Gumbinnen und Insterburg an, wo ihnen guter Acker, Wiesen, Weide, Fischerei und Wälder überlassen, auch das nötige Vieh und Ackergerät größtenteils unentgeltlich gewährt ward. Bis nach Preußen und Litauen hinein war ihnen Vorspann zur Fortschaffung ihrer Habe gestellt worden. Auch Kirchen und Schulen errichtete ihnen ihr neuer Landesherr und tat überhaupt alles, um ihnen die preußische Heimat so lieb zu machen wie die frühere. Der sonst so sparsame König hat Millionen hingegeben für die Unglücklichen Glaubens- brüder. Er verwendete wohl sechs Millionen Taler zugunsten der Salzburger, nachdem schon vorher an 80000 Gulden Zehrungsgelder an sie verabfolgt worden waren. Und Gottes Segen war bei seinem Werke, denn die neu gewonnenen Landeskinder bevölkerten wieder große, kurz zuvor von der Pest arg heimgesuchte Strecken Landes. Im Anfang seiner Regierung hatte Friedrich Wilhelm dort 12 bis 15 entvölkerte Städte, 4 bis 500 wüste Dörfer vorgefunden, in denen nun eine neue Bevölkerung sich ansiedelte. Die Salzburger haben sich allezeit als treue Untertanen erwiesen und wesentlich zum Wohlstand der Provinz Ostpreußen beigetragen. 5. Ganz besondere Verdienste hat sich König Friedrich Wilhelm um die Hebung des damals noch ganz daniederliegenden Volksschul- wesens erworben. Er darf mit Recht als der Vater der preußischen Volksschule bezeichnet werden. Wenn es ihm auch noch nicht völlig gelungen ist, die allgemeine Verpflichtung zum Schulbesuch durchzusetzen, so hat er doch einen wirksamen Anfang zur Ein- führung des Schulzwangs in Preußen gemacht. Schon im Jahre 1717 erließ er eine Verordnung an alle Konsistorien und kirchlichen Behörden, daß die Eltern, namentlich auf dem platten Lande, bei nachdrücklicher Strafe angehalten werden sollten, ihre Kinder vom Kappey u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 30

4. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 466

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
466 fünften bis zwölften Jahre im Winter täglich, im Sommer ein- oder zweimal in der Woche zur Schule zu schicken. Kein Kind sollte zum Konfirmandenunterricht zugelassen werden, das nicht wenigstens lesen und schreiben könne. Unbekümmert um den Widerspruch, den er dabei erfuhr, trug er auch in diesem Falle kein Bedenken, seinen Willen mit Gewalt durchzusetzen. Als die preußische Regierung allerhand Einwände gegen den Schulzwang erhob, schrieb er an den Rand ihrer Eingabe: „Dieses ist nichts; denn die Regierung will das arme Volk in Barbarei erhalten. Denn wenn ich baue und verbessere das Land und mache keine Christen, so hilft mir alles nichts.“ Der König beschränkte sich aber nicht darauf, die Einrichtungen von Schulen anzuordnen, sondern bei aller seiner sonstigen Sparsamkeit spendete er freigebig für dieselben die größten Summen. Für jeden Schulhausbau bewilligte er freies Bauholz und einen Morgen Land, sowie freies Brennholz für die Heizung der Schulzimmer. Unter seiner Regierung sind über 2000 neue Schulen errichtet worden; in Ostpreußen und Litauen, wo das Volk ganz besonders noch in tiefster Unwissenheit und Roheit dahin lebte, verdanken allein 1160 Dorf- schulen der Fürsorge des Königs ihre Entstehung. Nach Bernhard Rogge. 261. Aus Friedrichs des Großen Weisungen an den Grafen Finkenstein. Berlin, den 10. Januar 1757. In der entscheidenden Lage, in der sich unsere Verhältnisse befinden, muß ich Ihnen meine Weisungen geben, damit Sie in allen Unglücksfällen, welche sich möglicherweise ereignen, ermächtigt sind zu Schritten, welche getan werden müssen. Sollte ich getötet werden, so sollen die Dinge ihren Fortgang nehmen ohne die geringste Veränderung und ohne daß man merke, daß sie in andern Händen seien, und in diesem Falle soll man ebenso hier wie in Preußen und besonders in Schlesien Eidesleistung und Huldigung be- schleunigen. Wenn ich das Unglück haben sollte, in die Hände des Feindes zu fallen, fo verbiete ich, daß man auf meine Person auch die geringste Rücksicht nehme oder demjenigen die geringste Bedeutung beilege, was ich aus meiner Gefangenschaft schreiben könnte. Wenn mich ein solches Un- glück träfe, so will ich mich für den Staat opfern, und man soll meinem Bruder gehorchen, welcher ebenso wie alle meine Minister und Generale mir mit seinem Kopfe dafür haften wird, daß man weder eine Provinz noch einen Heller für mich opfern und den Krieg mit Verfolgung der eigenen Vorteile fortsetzen wird, ganz als wenn ich niemals auf der Welt existiert hätte.

5. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 535

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
535 der Thronrede bei Eröffnung des Reichstages im Jahre seines Regierungs- antritts sprach er es aus, daß er als ein teures Vermächtnis seines Groß- vaters die Aufgabe übernommen habe, die von demselben begonnene Gesetz- gebung zum Besten der Arbeiter fortzuführen. Das ist geschehen durch das Gesetz über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung (1891). Jeder Arbeiter, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, ist zur Versicherung verpflichtet. Alle Arbeiter sind nach der Höhe ihres Jahresverdienstes in fünf Lohnklassen geteilt. Die Beiträge werden zur Hälfte vom Arbeit- geber, zur Hälfte vom Arbeitnehmer geleistet. Sie werden in Form von Arbeilsmarken entrichtet, die auf eine Karte zu kleben sind, welche Platz für 52 Wochenmarken bietet. Zum Aufkleben der Marken ist der Arbeit- geber verpflichtet. Durch seine Leistungen erwirbt der Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente für den Fall, daß er dauernd erwerbsunfähig (invalide) wird. Doch muß er, um in den Genuß dieser Rente zu ge- langen, wenigstens 200 Wochenbeiträge oder fünf Beitragsjahre aufweisen können. Man bezeichnet diese Zeit als die „Wartezeit" auf die Invaliden- rente. Aber auch für das Alter ist gesorgt. Arbeiter, die 70 Jahre alt sind und eine „Wartezeit" von 1200 Beitragswochen oder 3o Beitrags- jahren hinter sich Ihaben, bekommen eine Altersrente. Die Höhe der Renten richtet sich nach der Lohnklasse, in welcher die versicherte Person gestanden hat. Handelt es sich bei diesen Renten auch nicht um große Summen, so ist doch der Arbeiter vor der äußersten Not geschützt, wenn er alt ist oder durch Krankheit und Unfall erwerbsunfähig wird. Dazu hat er die Genug- tuung, daß die Beträge, die ihm aus der Versicherung gezahlt werden, nicht ein Almosen, sondern sein gutes Recht sind. Tausende und aber Tausende genießen alljährlich den Segen der Invalidenversicherung. Im Jahre 1900 umfaßte sie 13 Millionen Versicherte, und allein in diesem Jahre wurden 92 Millionen Mark [an invalide Arbeiter gezahlt. — Die Summe aber, die den Arbeitern infolge der Arbeitergesetzgebung in der Zeit von 1885 bis 1900 überhaupt zugute gekommen ist, erreicht die erstaunliche Höhe von 23/4 Milliarden Mark. 8. Ein sehr wichtiges Gesetz zugunsten der Arbeiter ist auch das Arbeiterfchutzgesetz von 1891. Dieses Gesetz verbietet die Sonntags- arbeil oder schränkt sie doch noch weit mehr ein, als es früher geschehen war. In den Arbeitsräumen und an den Maschinen müssen Vorrichtungen getroffen werden, die den Arbeiter soviel als möglich vor Gefahren schützen, die sein Leben und feine Gesundheit bedrohen. Die Arbeitszeit der Arbeiterinnen und der jugendlichen Arbeiter ist bedeutend herabgesetzt. Wichtige Bestimmungen enthält das Gesetz über die Kinderarbeit. Kinder, die noch nicht 13 Jahre alt sind, dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden, ältere nur dann, wenn sie nicht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind. — Mit dem Erlaß all dieser Gesetze hat aber die Für-

6. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 253

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
253 3. Es dauerte keine zwei Stunden, so hielten die Reisenden vor einem Zollhause von Lippe-Detmold. Der herantretende Zollwächter machte ein sehr grimmiges Gesicht und verlangte den Wagen zu unter- suchen, obgleich die Reisenden versichert hatten, nichts Zollbares bei sich zu führen. Der Beamte stieg in den Wagen, hob das Sitzkissen auf und sah in den Kutschkasten. „Was ist in dem Sacke da?" rief er, indem er den verhängnisvollen Kaffeesack dem erstaunten Herrn Professor vor Augen hielt. Die Frau Professor wurde leichenblaß und hielt es für das Zweck- mäßigste, sofort in eine tiefe Ohnmacht zu fallen. Ihr Gatte war durch diese Vorgänge sehr erregt und trug seine teure Gattin zunächst ins Zoll- haus. Dort wurde sie durch Reiben, durch Besprengen mit kaltem Wasser und stark riechenden Stoffen wieder ins Leben zurückgerufen, während die Zollbeamten den Kaffee wogen und die Strafe berechneten. Wie es fast bei allen Überschreitungen des Zollgesetzes geschieht, wurde der Kaffee konfisziert, d. h. weggenommen. Der Professor war nun froh, ihn los zu sein; aber seine Frau hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, den echten Bremer Kaffee nach Hause zu bringen. Sie bestand daher darauf, daß er wieder eingelöst würde, und der Herr Professor mußte um des lieben Friedens willen nachgeben. Er bezahlte also erstens den Zoll, zweitens die Strafe und drittens den Kaffee. Für den gezahlten Preis hätte er zu Hause die allerbeste Sorte bekommen. 4. Die Frau Professor nahm nun den Kaffeesack, steckte ihn in den Kutschkasten, und hurtig ging die Reise weiter. Der Schmerz der Reisenden war noch nicht überwunden, so hielt der Wagen auch schon wieder vor einem preußischen Zollhause. Die Frage nach dem Zollbaren wurde gewissenhaft mit „ja" beantwortet, der Kaffeesack hervorgeholt und die erhaltene Quittung vorgelegt. Der Beamte sah sie genau an und sagte dann: „Ich bitte um die Quittung über den gezahlten Zoll." „Die ist ja hier," antwortete der Professor. „Nein," erwiderte der Beamte, „Sie haben mir nur die Quittung über die Strafe vorgelegt, nicht aber über den in Detmold gezahlten Zoll." Nun wurde erst dem Herrn Professor klar, daß er vergessen hatte, sich die Quittung über den Zoll ausstellen zu lassen, llm nun die Strafe nicht noch einmal zahlen zu müssen, wurde ein Bote nach Detmold geschickt, der die Quittung über den Zoll holen mußte. Dem Herrn Professor war die Sache recht unangenehm, und er wünschte den Kaffee dahin, wo der Pfeffer wächst. Nach Verlaus mehrerer Stunden war die Quittung da; der Herr Professor bezahlte den Boten für seinen Gang, den preußischen Zoll und fuhr dann glücklich über die kurhessische und hannoversche Grenze, bezahlte aber auch dort jedesmal den abverlangten Zoll. In Göttingen hielten sich unsere Reisenden einige Tage auf und verlebten dieselben in Gesellschaft des lieben Freundes sehr angenehm.

7. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 214

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
214 schäftigte mich wie früher, malte zu meiner Lust, zeichnete Wäsche zum Sticken, schrieb für den Gerichtsdirektor Akten in Reinschrift und verdiente immer etwas. Allein es drängte mich und meine Eltern, daß ich einen entscheidenden Beruf wählen möchte. Maler zu werden, konnte mir nicht einfallen, mein Vater hatte sich zu entschieden aus Mangel an Mitteln da- gegen ausgesprochen. Die Laufbahn eines preußischen Beamten, welcher aus Pulsnitz war und als Schreiber begonnen hatte, brachte mich auf die Idee, ob nicht eine solche auch mir sich öffnen könnte. Ich schrieb mit Bewilligung meiner Eltern auf einige Aufforderungen in den Zeitungen zu Meldung eines Schreibers an die betreffenden Stellen, erhielt aber keine Antwort. 4. Die Sorge meiner Eltern wuchs, und um sie zu beseitigen, forderte ich meinen Vater auf, mich zu einem Tischler oder Drechsler in die Lehre zu geben — dies waren die einzigen Handwerke, zu denen ich mir noch einige Lust zutraute. Mein Vater fühlte in meiner Aufforderung den Entschluß der Verzweiflung, und der Gedanke, ob es denn doch nicht mög- lich sei, mich auf die Akademie nach Dresden zu bringen und daselbst zu erhalten, gewann mehr und mehr Platz in ihm. Freilich konnte „mich erhalten" nur so viel heißen: mich mit einigen kleinen Zuschüssen meinem guten Glücke überlassen, denn bei 120—150 Talern jährlicher Einnahme, wovon noch Zinszahlungen und alte Schulden ihr Teil in Anspruch nahmen, konnte aus Geldzuschüsse nicht viel gerechnet werden. Mein Vater zog Erkundigungen bei einem Hofbaukondukteur Guido ein, welcher Ver- wandte in Pulsnitz hatte und diese bisweilen besuchte. Er zeigte diesem meine Zeichnungen und Malereien, die ihm so gesielen, daß er meinem Vater zuredete, mich jedenfalls Künstler werden zu lassen, er wolle mit dem Inspektor der Akademie, Professor Seifert, sprechen und uns Nach- richt geben. Es geschah. Wir wurden aufgefordert, uns zu melden, und ich ging mit meinem Vater nach Dresden — mit wunderlichen Gefühlen. 5. Die Aussicht auf eine nicht geahnte und gehoffte Erfüllung von Wünschen, deren ich mir selbst nicht recht bewußt geworden war, brachte mich in eine Spannung und Erregung, wie wenn ein ungeheures Ereignis, das einem so fern, so unmöglich geschienen, auf einmal zur Wahrheit ge- worden. Ich konnte nicht sagen, daß die Kunst als solche es war, die mich erfüllte, ich kannte von der Kunst nichts, hatte nie ein Kunstwerk ge- sehen, weder Gemälde noch Werke der Bildhauerkunst, die auf den Namen eines solchen Anspruch machen durften. Niemand hatte mit mir. davon gesprochen; ich hatte von<Akademien das erstemal durch den Handlungs- kommis gehört. Wesen, Idee und Bedeutung der Kunst waren mir un- bekannt, mich erfüllte nur die Lust, ja Leidenschaft am Zeichnen und Malen, jeden Gegenstand aufzunehmen und ihn mit aller Liebe und Hin- gebung darzustellen. Ich dachte mir, daß es nur mein Ziel werden würde, das, was ich bisher erstrebt, mit höchster Vollkommenheit auszuüben und

8. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 230

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
230 181. Goldene Regeln zur guten Führung eines Haushaltes. 1. Man kaufe nie etwas, ohne vorher gut zu überlegen, ob es notwendig ist. Ohne Überlegung Geld ausgeben, ist ebenso schlimm als auf der Straße Geld verlieren. Darum darf man die kleinste Ausgabe nicht un- besonnen machen, sollte es sich auch nur um wenige Pfennige handeln. Kommt die Lust, etwas zu kaufen, dann muß man sich immer erst fragen: „Ist das auch notwendig, oder — kann ich's noch entbehren?" Weder von einem zudringlichen Hausierer, noch durch billigere Preise auf einem Aus- verkäufe oder einer Versteigerung darf man sich verleiten lassen, unnötige Sachen zu kaufen. Allerdings soll man bei jedem Einkaufe überlegen: Wo und wie komme ich am billigsten zurecht? Man muß aber auch be- achten, daß das auffallend Billige meistens schlecht ist und deshalb sehr teuer wird. Ein Anzug, Stiefel, Wäsche, die doppelt so lange halten wie andere, machen sich doppelt bezahlt. Der niedrige Preis kommt nur dann in Betracht, wenn man von der Güte und Dauerhaftigkeit der Sache über- zeugt ist. Vor allem aber muß das bloß Wünschenswerte immer vor dem Notwendigen zurücktreten. Pünktlich Miete zahlen, Brot im Schranke, Öl auf der Lampe, Kohlen im Kasten haben, ist notwendiger als vieles andere; hierfür muß zuerst gesorgt sein, ehe man an weniger notwendige, bloß wünschenswerte Dinge denken darf. 2. Man verzeichne jede, auch die kleinste Ausgabe im Ausgaben- buche. Wer nicht gern rechnet, wird niemals gut haushalten lernen, eben- sowenig, wer nicht gern und genau alles aufschreibt. Eine klare Über- sicht über die wirklichen Bedürfnisse der Haushaltung ist nicht möglich, ohne alle Ausgaben aufzuschreiben. Man muß immer noch einmal nach- sehen können, was man in dieser oder jener Woche gebraucht hat und was man für einzelne Sachen bezahlen mußte. Wenn man nicht alles anschreibt, dann ist Überlegen, Berechnen, Überschauen des Notwendigen und also auch ein sparsames Haushalten nicht möglich. Um sich das genaue Anschreiben zu erleichtern, muß man eine Schreibtafel oder ein Notizbuch zur Hand haben und sein Ausgabenbuch gut einrichten. In Geldsachen soll man sich auf sein Gedächtnis nicht zu viel verlassen. Jede Ausgabe, die im Laufe des Tages gemacht worden ist, wird sofort kurz aufgeschrieben, und diese Aufzeichnungen werden jeden Abend ins Ausgabenbuch eingetragen.

9. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 283

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
283 Güte als auch au Preiswürdigkeit unübertrefflich. Das hat sich in- zwischen geändert; die Schweiz, Frankreich und andere Länder des Festlandes, vor allem aber die in den letzten Jahrzehnten so gewaltig aufstrebende Industrie Deutschlands sind gegenwärtig mit großem Er- folge bemüht, ihm seinen Rang streitig zu machen. Aus dem Neuen Universum. 198. Die Steinkohle, ein Geschenk der Urwelt. 1. Vor vielen Tausenden von Jahren hat eine, wenn auch nur teil- weise Umgestaltung der Erdoberfläche stattgefunden, als deren Hinterlassen- schaft die Steinkohlen auf uns gekommen sind. Wir sind die glücklichen Erben dieser unermeßlichen Hinterlassenschaft, obgleich eine ungeheuer lange Zeit verging, ehe der Mensch auf die Erde kam, um diese beglückende Erb- schaft anzutreten, und ehe er sie wirklich antrat. Die alten Römer scheinen sie noch nicht gekannt zu haben, und so beginnen erst sehr späte Geschlechter, diesen Schatz zu heben. 2. Wem füllt bei dem Gedanken an die Steinkohlen nicht der un- geheure Gewerbfleiß Großbritanniens, Belgiens und Deutschlands ein? Wer denkt dabei nicht sofort an die Eisenbahnen? Tief unten in der Erde liegt in vieltausendjührigem Schlummer der mächtige Zauberer, der jetzt überall dem Menschen hilfreich beispringt, um ihm seine Erze zu schmelzen, seine Hochöfen zu heizen, seine Eisenhämmer zu heben, seine Millionen Spindeln, seine Webstühle zu drehen, seine Reisen zu Wasser und zu Lande abzukürzen. Was wäre Großbritannien ohne seine unerschöpflichen Steinkohlenvorrüte! Wie wäre das bewundernswerte, ungeahnte Aufblühen der deutschen Industrie möglich gewesen ohne den unberechenbaren Schatz, den die vaterländische Erde an „schwarzen Diamanten" birgt! 3. Aber ist denn nicht zu befürchten, daß die Steinkohlengruben einst erschöpft sein werden? Glücklicherweise ist dazu noch keine Besorg- nis vorhanden. Man hat darüber schon oft Wahrscheinlichkeitsrechnungen angestellt. Dabei hat sich die Gewißheit ergeben, daß viele der jetzt betriebenen Gruben noch Jahrhunderte ausdauern werden, und in vielen Ländern harren Steinkohlenlager von gewaltiger Ausdehnung noch der Erschließung. Deutschland selbst ist von der Natur reich mit Kohlen bedacht. Unter seinen Kohlenlagern ist das Ruhrkohlengebiet das bedeu- tendste. Es erstreckt sich über eine Fläche von 2000 qkm und gilt als das reichste Kohlenlager Europas. Weit über 200 000 Bergleute fördern seinen Reichtum zutage. Aber auch Ober- und Niederschlesien, das Saar- brückener Becken, die Lager von Chemnitz und Zwickau, sowie das Aachener Revier liefern reiche Ausbeute. 4. Vor tausend und abertausend Jahren, ehe noch ein menschlicher

10. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 250

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
250 Straße die Lampe anzündet, so hast du das deinen Steuern mit zu ver- danken. Wenn heute die Seuchen viel weniger Opfer fordern als früher, weil unterirdische Kanäle alle faulenden, ungesunden Stoffe wegführen, weil für breite, luftige Straßen, für weite Anlagen mit Ruheplätzen, für Spielplätze, Eis- und Rodelbahnen gesorgt ist, so war das nur möglich durch Steuern. Wenn du deine Kinder acht Jahre hindurch unentgeltlich zur Schule schicken kannst, um sie geschickt zu machen für Zeit und Ewigkeit, so brauchst du das nicht als ein Almosen anzusehen, sondern deine Steuern sind auch ein Baustein in dem stolzen Gebäude des Bildungswesens. Wenn du ruhig deinem Berufe leben kannst, weil überall die „heil'ge Ordnung", die segenreiche Himmelstochter, regiert, so darfst du mit freudigem Stolze bekeunen: „Diese Ordnung, der ich mich fügen muß, ist doch auch zugleich mein Werk, denn meine Steuern tragen zu ihrer Erhaltung bei." Wenn es überall in deutschen Landen Gerichte gibt, wo auch der geringste Bürger „das Recht mag schöpfen in dem Streit", wenn jeder an der Regierung selbst teilnehmen kann, indem er sein Wahlrecht ausübt, so können diese Grundfesten eines Staates nur bestehen mit Hilfe der Steuer. 3. Ja, denkt mancher, was du da sagst, ist alles recht und gut, Ordnung muß sein, Gerichte und Schulen müssen wir haben, aber warum sollen wir die vielen Millionen so nutzlos wegwerfen für Heer und Flotte? Mögen Fürsten und Völker sich vertragen, dann braucht's keine Soldaten und Matrosen, und statt der Kanonen, Kasernen, Festungen und Kriegs- schiffe bauen wir Brotkorn und Kartoffeln die Fülle. Ganz recht! Schön wär's, wenn wir die Milliarde, die jährlich etwa für Landheer und Marine ausgegeben wird, behalten und dafür Moor und Heide urbar machen, Handel und Gewerbe unterstützen und allerlei zum Wohl der Menschheit schaffen könnten. Aber, die guten Leute, welche so denken, vergessen dabei zweierlei, zunächst, daß alles Geld, was für Heer und Flotte ausgegeben wird, im Lande bleibt und vielen Tausenden von Familien Brot ins Haus bringt, zum andern, daß wir ohne ein gewaltiges, schlagfertiges Heer in kurzer Zeit eine Beute unsrer neidischen und rachedürstenden Feinde würden, welche uns nicht nur die mit dem Blute der Väter er- rungenen Provinzen wieder rauben, sondern unsern blühenden Handel, unsre gewaltig emporstrebende Industrie gründlich schwächen würden. Dadurch aber würden dem deutschen Volke außer der furchtbaren Demüti- gung ungeheure Lasten an Geld auferlegt, die viel drückender wären als alle Steuern. 4. An der Notwendigkeit der Steuern ist also nicht zu zweifeln; aber zweierlei kann der Steuerzahler mit Recht verlangen, nämlich, daß nicht mehr verlangt wird als nötig ist, und daß die Abgaben gerecht ver- teilt werden. Für das erste zu sorgen, ist Sache der Regierungen und
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