116
getheilt. Der eine Haufen, den Bohemund anführte, wurde bei Do-
ryläum (1097) plötzlich von Kilidsch Arslan mit 15,0,000 Mann an-
gegriffen. Es war ein fürchterlicher Kampf; denn die Kreuzfahrer
wurden mit Pfeilen überschüttet, und konnten mit ihren Schwertern
und Lanzen dem Feinde, der in der Fekne blieb, nichts anhaben. Schon
waren viele Kreuzfahrer gefallen, schon glaubten die Andern, hier ihr
Grab zu finden, als plötzlich Gottfried von Bouillon und Raimund
mit dem andern Heere herbeistürmten. Zwar zogen sich nun die Selb-
schucken wieder auf die Berge, von denen sie am Morgen herabge-
kommen waren, zurück; aber hier wurden sie von den angekommenen
Rittern unter dem tausendfachen Ruf: „Gott will es haben!" an-
gegriffen. Alles, was sich nicht durch die Schnelligkeit der Pferde
retten konnte, wurde von den rachedurstenden Kriegern niedergehauen,
und diese fanden in dem feindlichen Lager unermeßliche Beute. Allein
diese verschaffte ihnen nur für den Augenblick Aushülfe. Die Sara-
zenen hatten alle Vorräthe mit sich fortgeführt oder zerstört, und so
entstand bald der drückendste Mangel. Zuerst raffte dieser die Pferde
hin, und viel Ritter waren genöthigt, um nur nicht zu Fuße weiter
zu gehen, auf Ochsen zu reiten, und ihre Gepäck Schweinen, Ziegen
und Hunden auf den Rücken zu binden. An Brot war gar nicht zu
denken; man war froh, wenn man nur Aehren fand, die man zur
Stillung des fressenden Hungers ausrieb. Dabei wurden die Kreuz-
fahrer unaufhörlich von den lauernden Seldschucken angegriffen, welche
die Gegend genau kannten, und jeden Hinterhalt geschickt benutzten.
Ehe es sich jene versahen, flogen diese auf ihren leichten Pferden her-
bei, überschütteten sie mit einem Pfeilregen, und jagten eben so schnell
wieder davon, um bald wieder einen raschen Anfall zu machen. Hierzu
kam nun endlich noch die glühende Hitze in den engen Thälern, an
welchen dies Land reich ist. Einige wurden rasend, andere sanken
lechzend in den Sand, während sich sterbende Mütter neben den Leich-
namen ihrer Säuglinge auf dem glühenden Boden wälzten, und Hunde
vergebens keuchend nach einer Quelle auf den Feldern umherliefen.
Endlich traf das Heer auf einen Fluß. Ein Schrei des Entzückens
benachrichtigt auch die Zurückgebliebenen von dem köstlichen Funde,
und augenblicklich stürzen Alle, die letzten Kräfte zusammenraffend, zum
Flusse hinab, den brennenden Durst zu löschen; viele aber finden durch
das Uebermaß ihren Tod. Aber nicht Mangel allein droht den Kreuz-
fahrern Verderben; auch Uneinigkeit der Fürsten. Der tapfere Tankred
hatte mit dem Vortrab die Stadt Tarsos in Cilicien berennt, von
den Einwohnern das Versprechen, sich ihm zu ergeben, sobald das
Hauptheer Nachkommen würde, erhalten, und daher seine Fahne auf
einen der Mauerthürme aufgepflanzt. Als aber Balduin, Gottfrieds
stolzer Bruder, nachkam, verlangte er, daß die Stadt ihm übergeben
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
103
scheußliche Grausamkeiten verübt wurden*). Von der Tapferkeit Gottfrieds
hier nur ein Beispiel. Es waren einige genuesische Schisse mit neuen Kreuz-
fahrern gelandet. Viele ans dem Lager liefen ihnen entgegen bis zu dem
vier Meilen entfernten Hafen, ohne die mindeste Vorsicht. Raimund und
Bohemund eisten ihnen nach, um sie und die Ankömmlinge sicher in das Lager
zurückzuleiten. Dennoch stürzte eine wilde Rotte Sarazenen aus einem Hinter-
halte plötzlich hervor, als die Christen eben ganz sorglos einherziehen. Der
Schrecken ist so groß, daß in einem Nu Alle auseinander stieben, die Ritter
mögen rufen wie sie wollen. Bohemund jagt geschwind ins Lager, und ruft
athemlos: „Auf! auf! zu den Waffen!" Alles stürzt herbei, Gottfried, obgleich
er stvon einer Krankheit genesen, sitzt schnell zu Pferde, und sprengt mit Hugo,
Bohemund, den beiden Roberts und einer ganzen Schaar Reiter hinaus, den
andringenden Sarazenen entgegen, und nun beginnt ein furchtbarer Kampf.
Alle fechten wie die Löwen, aber vor Allen Gottfried. Vor seinem zermal-
menden Säbel muß Alles weichen, und bald ist der Boden um ihn herum
mit zersplitterten Lanzen, Helmen, Panzern, abgehauenen Aermen und Köpfen
besäet. Während er noch so arbeitet, fliegt plötzlich auf schnellem Rosse ein
Sarazene von gewaltiger Größe herbei, sich mit dem Helden zu messen. Er
schwingt das Schwert zu einem entsetzlichen Hiebe; aber Gottfried fängt diesen
mit dem Schilde auf, und ehe noch der Gegner Zeit hat, aufs Neue auszu-
holen, hebt er sich in den Bügeln; sein Schwert saust durch die Luft, und,
mit Riesenkraft geführt, fährt es in die linke Schulter des Türken, durchschneidet
im Nu den ganzen Leib, und fährt erst an der rechten Hüfte wieder heraus,
so daß der obere Theil des Körpers zu Boden stürzt. Die untere Hälfte
aber bleibt im Sattel sitzen, und das mit Blut übergossene Pferd sprengt
mit ihr — ein grausenhafter Anblick! — nach der Stadt zurück. — Die
Sarazenen begruben in der folgenden Nacht ihre Todten, und die Weiber
gaben ihnen unter lauten Klagen das Beste, was sie hatten, und die Waffen,
die jene in der Schlacht getragen hatten, mit ins Grab. Ein menschlicher
Feind hätte dies so natürliche Gefühl geehrt. Nicht so die Kreuzfahrer. Am
nächsten Morgen stürzten sie über die Grabhügel her, wühlten sie mit roher
Fühllosigkeit auf, verstümmelten die Leichen, und raubten, was sie in den
Gräbern fanden. Ihre elenden Lumpen hinwerfend, kleideten sie sich in die
seidenen Gewänder der Todten, drei bis vier Kleider über einander, und stol-
zirten so vor den Mauern der Stadt herum, die wehklagenden Weiber laut
verhöhnend. Aber die Strafe blieb nicht aus.
*) Man klagte einst, daß die Seldschncken so viele Kundschafter ins Lager der Kreuz-
fahrer schickten. „Die wollen wir bald los werden!" rief Bohemund. Er ließ sogleich
— es war zur Zeit des Abendessens — zwei gefangene Türken todten, braten, und öffent-
lich ausrufen: jeder Kundschafter solle von nun an gebraten und aufgegessen werden.
Das wirkte. Voll Grausen erzählte nun ein Türke dem andern, daß die Christen nicht
nur eroberten, plünderten und mordeten, sondern selbst Menschenfresser wären.
Ein reicher Graf saß einst mit seiner Frau im Schatten eines Gehölzes. Plötzlich
stürzten Türken herbei, hieben dem Grafen den Kopf ab, und schleppten das arme Weib
in die Stadt. Hier wurde sie den Mißhandlungen des Pöbels Preis gegeben, und dann
todt geschlagen. Ihren Kopf aber und den ihres Mannes schossen sie hohnlachend ins
Lager der Christen.
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Gottfrieds Raimund Gottfried Hugo Roberts Gottfried Gottfried