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Ritterwürde, nach einer sehr sorgfältigen Vorbereitung
empfangen, die von früher Kindheit bis zum Mannes»
alter das ganze Leben in Anspruch nahm. Im siebenten
Jahre trat der Sohn edler Eltern als Edelknabe
oder Page schon in die Dienste des Ritters, und machte
sich hier mit den ersten Pflichten seines dereinstigen Be-
rufes bekannt. Im sicbenzehnten Jahre wurde ec Kn a ppe,
mit den Waffen geschmückt, und folgte seinem Herrn
als unzertrennlicher Gefährte in den Kampf. Hatte
sich hier der Jüngling bis zum ein und zwanzigsten
Jahre untadelich betragen, so konnte er die Ritter-
würde erhalten, durch deren Besiy sich selbst Fürsten
und Könige geehrt fühlten. Bevor er jedoch dieselbe
empfing, mußte ec das Gelübde ablegen: die Wahr,
heit zu reden, das Recht zu behaupten, die
Religion sammt ihren Häusern und Dienern,
alle Schwache und Unvermögende, alle Witt,
wen und Waisen zu beschirmen, die unter-
.drückte Unschuld zu retten, keinen Schimpf
gegen edle Frauen und Jungfcaaenzu dulden,
und alle Ungläubigen zu verfolgen; dann wurde
er mit völliger Rüstung, mit Streitkolben, Schwert,
Schild, Lanze und Spornen geschmückt, und im Na-
men des heiligen Georgs und Michaels durch drei flache
Schwertschlägt auf Hals und Schultern zum Ritter ge-
schlagen. Viel Köstliches ging aus dem Rttterthume,
dem schönsten Erzeugnisse des Mittelalters, hervor: es
wurde die Schule des Gehorsams, der Tapferkeit und
des Ehrgefühls; es verrdelte die Sitten; gab dem
weiblichen Geschlechts seine Rechte wieder; war der
Anfang einer gemeinsamen Fürsorge für Sicherheit und
Ordnung; und das beste Mittel, im Adel wahr,
Haft edle Gesinnungen zu bewahren Vorzüglich erhielt
das Ritterwesen den Sinn für Leibes- und Waffenübun.
gen durch die Kampfspiele oder Turniere, die. von
den Arabern entlehnt, in Frankreich ihre vollendetere
Form empfingen, darauf zu den andern germanischen
Völkern übergingen, und die schönsten Feste des Mittel-
alters wurden. Ain wirksamsten aber zeigte sich lein
Einfluß auf die Menschheit in den Ritterorden,
welchen die Kccuzzüge d^S Daleon gaben. Die vor-
nehmsten derselben waren: der Johanniterorden, der
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Der trojanische Arieg.
Ander kleinasiatischen Küste, nicht weit vom südlichen Ein-
gänge in den Hellespont (die Meerenge der Dardanellen) blühte
noch 1200 Jahre vor Christo eine reiche und mächtige Stadt,
Troja oder Jlios, von der nichts mehr als die Geschichte ihres
Unterganges übrig ist.
Priamos, der Beherrscher Troja's, hatte 50 Söhne, un-
ter welchen sich Paris, mit demzunamenalerandros (Hilfs-
mann, Retter) durch Schönheit und Körperkraft auszeichnete.
Dieser machte einst eine Reise in das damals aus vielen kleinen
Staaten bestehende Hellas oder Griechenland. Menelaos, Kö-
nig von Sparta, nahm den Fremdling nach der damaligen from-
men Sitte gastfreundlich aus, erfuhr aber dafür den schnödesten
Undank. Der König hatte nämlich eine junge Frau, Namens
Helena, von ausgezeichneter Schönheit. Diese wußte der schlanke,
schönlockige Jüngling durch Schmeicheleien so zu gewinnen, daß
sie sich von ihm bereden ließ, ihren Gemahl zu verlassen und ihm
nach Troja zu folgen. Menelaos ahnete nichts von dem Ver-
rathe. Sorglos entfernte er sich von Hause. Da ersah sich der
untreue Gastfreund eine günstige Gelegenheit, nahm die Gattin
nebst vielen Kostbarkeiten des Königs mit sich auf sein Schiff,
und segelte eiligst davon.
Ihr könnt euch denken, wie dem Könige zu Muthe sein
mußte, als er bei seiner Rückkehr sich so hintergangen und seines
Liebsten beraubt sah. Sein Bruder Agamemnon, der zu My-
kene herrschte, sowie ganz Griechenland war aufs höchste entrüstet
über die Frevelthat. Man beschloß, den König von Troja auf-
zufordern, Helena mit den geraubten Schätzen schleunigst wieder
herauszugeben. Aber Priamos war nicht geneigt, den gerechten
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Extrahierte Personennamen: Christo Namens
Helena Helena
Extrahierte Ortsnamen: Troja Paris Griechenland Sparta Troja Griechenland Troja
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Der trojanische Krieg.
Forderungen der Abgesandten Gehör zu geben. Unsere Küste,
sprach er, hat durch die Räubereien und den Mnthwillen der
Griechen schon viel gelitten. Durch euern Herkules ist Troja
zerstört und mein Vater Laomedon erschlagen worden. Was
Paris an euch gethan, mögt ihr als gerechte Vergeltung hinneh-
men. Kehrt in eure Heimath zurück und sagt dem Könige von
Sparta, er werde seine Gattin und seine Schätze nie wiedersehen.
Ganz Hellas war aufgebracht über die trotzige Antwort.
Es wurde beschlossen, die freche Verletzung des Gastrechts mit
der Zerstörung Troja's und dem Blute seiner Bewohner zu rä-
chen. Die Rüstungen begannen ohne Säumen. Besonders eifrig
bewiesen sich dabei der schlaue Ulysses oder Odysseus, König
der zwischen Akarnanien und Cephallenia gelegenen Insel Jthaka
(Theaki), und der kluge Nestor, Beherrscher von Pylos im Pe-
loponnes (Morea), nicht weniger Diomedes, König vonargos.
Diese drei Männer durchzogen ganz Griechenland nebst den be-
nachbarten Inseln und ermunterten die Fürsten, welche der erlit-
tene Schimpf noch nicht bewaffnet hatte, durch die Hoffnung auf
reiche Beute an Schätzen und Sklaven und die Ehre, welche aus
einem solchen Zuge erwachsen müsse, zur Theilnahme an dem
Unternehmen. Die Rüstungen dauerten zehn Jahre. Aulis,
(jetzt Megalobathy) ein Hafenort in Böotien, Chalcis gegenüber,
war zum Sammelplätze bestimmt worden. Aus allen Gauen
Griechenlands strömten kampflustige Schaaren herbei, und unter
Fürsten und Völkerschaften, die ohne diesen Zug vielleicht einan-
der nie gesehen hätten, knüpften sich Bekanntschaften an, welche
ungemein wichtig für die spätere innigere Vereinigung der grie-
chischen Staaten wurden. Ein so zahlreiches und glänzendes
Heer hatte Griechenland noch nie bei einander gesehen. Die vor-
nehmsten Helden darunter außer Agamemnon, dem man seiner
Macht und nahen Verwandtschaft mit Menelaos wegen den Vor-
rang gestattete, waren Menelaos und Odysseus, der schnell-
füßige Achilleus, Sohn des Peleus, des Königs der Myrmi-
donen in Thessalien, und sein Freund Patroklos, Ajas, Kö-
nig von Salamis, Diomedes und Jdämeneus von Kreta.
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Der trojanische Krieg. *1
Kalchas sollte die Opfer besorgen und den Willen der Götter
erforschen.
Dieser Priester bewog den Agamemnon, noch bevor die
Flotte den Hafen verließ, zu einer grausenvollen That. Da näm-
lich lange kein günstiger Wind erschien, welcher das Auslaufen
der Schiffe gestattet hätte, so schien dieß den Griechen den Zorn
der Götter anzuzeigen. Kalchas wurde deshalb befragt, wie man
dieselben versöhnen könne. Er antwortete, Agamemnon müsse,
weil er ein der Artemis (Diana) heiliges Reh getödtet habe,
seine Tochter Iphigenia den Göttern opfern. Mit blutendem
Herzen übergab der betrübte Vater sein geliebtes Kind dem Prie-
ster; aber Artemis verhüllte sic, wie die Fabel erzählt, vor dem
versammelten Heere in eine Wolke und entzog sie so dem Schlacht-
inesser. Statt des Mädchens unterschob sie ein Reh, das nun
geopfert wurde. Wahrscheinlich aber fand die Vaterliebe Mittel,
die Griechen zu hintergehen und die theure Tochter tu Sicherheit
zu bringen. Dem sei nun, wie ihm wolle, Zeus schien versöhnt;
denn sogleich zeigte sich ein günstiger Wind, die steinernen Anker
wurden gelichtet, und auf 1186 Ruderschiffen langte das gegen
100,000 Mann starke Heer glücklich an der trojanischen Küste
an. Man zog einen großen Theil der Fahrzeuge ans Land, schlug
Gezelte auf uitb befestigte ein Lager am Landungsplätze.
Indessen hatten auch die Trojaner alles aufgeboten, um
einem so mächtigen Feinde mit Erfolg Widerstand leisten zu kön-
nen. Zu ihrer Hülse zogen viele kleinasiatische Fürsten mit Mann-
schaft herbei. Die Stadt hatte feste Thürme und war mit starken
Mauern, mit Gräben und Wällen umgeben. Bei dem damali-
gen Mangel an Feuerwaffen und ordentlichem Belagerungszeug
konnte sie nicht leicht erstürmt werden, besonders da die Belager-
ten, der Zahl nach beinahe eben so stark wie das griechische Heer,
einen trefflichen Anführer hatten. Dieß war Hektor, des Pria-
mos Sohn, der an Körperkraft, Waffenübnng, Klugheit und
Muth keinen: Griechen nachstand.
Die Feindseligkeiten begannen; doch mehr in kleinen Ge-
fechten als in Gesammtangriffen. Bei den Griechen machte sich
J
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Der trojanische Krieg.
der Mangel an Lebensmitteln bald auf eine empfindliche Weise
fühlbar; daher durchstreiften täglich unzählige Schaaren das
platte Land, um Getreide und Vieh zu erbeuten. Dabei litt das
Landvolk schrecklich, Wohnungen wurden zerstört; Männerund
Weiber als Sklaven weggeführt; niemand war seiner Freiheit,
seiner Habe und seines Lebens sicher. Achilleus allein soll zwölf
See- und eilflandstädte erobert und beraubt haben.
Die Zersplitterung der griechischen Streitkräfte durch solche
Streifzüge wurde von den Trojanern oft eben so klug als erfolg-
reich benützt. Waren größere Schaaren mit einigen der gefürch-
tetsten Helden abwesend, so stürzten sie aus ihren Thoren heraus
und brachten ihren Feinden bisweilen empfindliche Verluste bei.
Die damalige Kriegsart war übrigens von der heutigen so
verschieden, daß es euch schwer werden wird, euch eine klare
Vorstellung davon zu machen. Die Hauptwaffen waren ein lan-
ger Speer und ein Schwert, welches jedoch wenig gebraucht
wurde. Geübte Schützen bedienten sich der Pfeile und Bogen,
um in der Ferne zu verwunden, und waren die Speere verschleu-
dert, so sah man nicht selten berühmte Krieger nach Feldsteinen
greifen. Durch Panzer, Helme und Schilde, welche bei den vor-
nehmsten Helden mit künstlicher Arbeit verziert waren, suchte man
sich gegen Verwundung zu schützen. Geordnete Angriffe nach ei-
nem wohlüberdachten Plane mit ganzer Heeresmacht in Reih
und Glied unter einem Oberfeldherrn wurden nicht gemacht.
Jene künstlichen Bewegungen, durch welche in neuerer Zeit große
Heerführer oft beinahe ohne Blutvergießen viele Tausende besie-
gen, waren noch unbekannt. Auf beiden Seiten standen unge-
ordnete Schlachthaufen. Von Zeit zu Zeit trat einer hervor und
suchte einen Gegner durch Schmähungen zu reizen; dieser ant-
wortete wieder mit Schimpfreden und prahlte mit seinen Vorfah-
ren und seinen Thaten. Endlich warf einer den Spieß auf den
Feind. Hatte er nicht gut getroffen, so lies er davon; war'aber
der Gegner tödtlich verwundet, so fiel er über ihn her, um ihm
die Rüstung auszuziehen und sie als Siegeszeichen forttragen zu
können. Diesen Schimpf suchten gemeiniglich die Landsleute und
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Der trojanische Krieg.
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Freunde des Erschlagenen von ihm abzuwenden; auf der andern
Seite wurde dem Sieger Beistand geleistet, und so entspann sich
allmählich ein größeres Gefecht, in dem noch mancher das Leben
verlor. — Reiterei hatte man noch nicht. Die Fürsten standen
aus kleinen zweispännigen Streitwagen, welche einer ihrer Freunde
leitete, und fochten wie der gemeine Mann. Helden wie Achil-
leus, Hektor, Diomedes konnten ganze Haufen in die Flucht
jagen.
Nach einem blutigen Kampfe, in welchem viele gefallen wa-
ren, trat gewöhnlich des folgenden Tages Waffenruhe ein, damit
jede Parthei ihre Todten ungestört aufsuchen und ordentlich be-
statten konnte. Die Leichname wurden verbrannt, ihre Gebeine
in eine Urne gelegt und darauf ein Grabeshügel errichtet. Be-
rühmte Helden ehrte man nach ihrem Tode dadurch , daß man
an ihrer Begräbnißstätte Spiele veranstaltete, welche im Ringen,
Werfen, Faustkampfe, Wagenrennen, in Wettlaufen u. drgl.
bestanden. Die Sieger empfingen köstliche Preise, etwa eine in
Kunstarbeiten geübte Sklavin, ein Paar treffliche Pferde, schöne
Waffen, künstlich gearbeitete Kessel, Becken, Becher.
Ein unglückseliger Streit zwischen zwei der angesehensten
Helden brachte den Griechen großes Unglück. Agamemnon hatte
nämlich dem Achilleus seine schöne Sklavin Brise'is mit Gewalt
wegnehmen lassen, worüber dieser so erbittert war, daß er an
dem Kampfe gegen Troja von Stund an keinen Antheil mehr
nahm. War es ja doch die Sache des Menelaos, dessen Bruder
ihn so tief verletzt hatte! Er bezog mit seinen Myrmidonen ein
abgesondertes Lager; Jagd und Plünderung waren seine einzige
Beschäftigung. Jetzt wüthete Hectors Lanze schrecklich unter den
Griechen; keiner konnte ihm widerstehen, viele der angesehensten
Männer und eine Menge Volks sandte er in die Unterwelt. Ein
Abgesandter nach dem andern wurde zu dem schwer beleidigten
Achilleus geschickt, um ihn zu bewegen, sich seiner schwer be-
drängten Landsleute wieder anzunehnvn; allein der harte Mann
blieb mit eisernem Sinne bei seinem Entschlüsse. Selbst das
Versprechen, daß er die Brise'is wieder bekommen und noch viele
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12
Der trojanische Krieg.
stattung seines Freundes. Schafe, Hornvieh, Pferde, Hunde,
ja selbst zwölf gefangene Trojaner starben an dem Scheiterhaufen
des Hingeschiedenen den Opfertod. Seine Gebeine wurden in
einer goldenen Urne aufbewahrt, und beit Schluß der Leichen-
feier machten Wettspiele im Wagenrennen, Faustkampfe, Ringen,
Laufen, Waffenkampfe, Kugelwurf, Bogenschuß, Speerwurf.—
Nach einer schlaflos zugebrachten Nacht schleifte Achilleus Hektors
Leib noch dreimal um des Patroklos Grab.
In dem Pallaste des Prianios ertönte indessen aus allen
Gemächern lautes Weinen und Wehklagen. Das Schmerzlichste
für die verwittwete Andromache, die trauernden Eltern und Ge-
schwister war, daß der geliebte Hektor unbestattet bleiben und —
nach dem damaligen Glauben — keine Ruhe finden, sondern als
ächzender Schatten umherwandeln sollte. Durch ein Traumgesicht
ermuntert, faßte endlich der greise Vater den kühnen Entschluß,
sich in stiller Nacht mit reichen Geschenken an Gold, Gewändern
und schon gearbeiteten Gefäßen aufzumachen, um den Leichnam
seines Sohnes von Achilleus zurückzufordern. Glücklich gelangte
er zu dem Zelte, umschlang die Kniee des Helden und sprach
also: „Gedenke deines alternden Vaters, o göttergleicher Achil-
leus. Vielleicht bedrängen auch ihn jetzt benachbarte Völker, und
niemand ist, der ihm Jammer und Weh entferne. Doch hört er
von dir, so steigt ihm die freudige Hoffnung auf, wiederzusehn
den trautesten Sohn. Ich.unglücklicher! Fünfzig Söhne hatte
ich, als das Volk der Griechen unsere Küste betrat; viele schon
raffte der Krieg hinweg, und den einen, der die Stadt und uns
alle beschirmte, hast du getödtet, da er kämpfte den Kampf für
die Heimath. Diesen von dir zu erstehen, komme ich mit reicher
Lösung. O erbarme dich meiner! Dulde ich doch, was keiner
der Sterblichen erduldet; siehe, ich küsse die Hand, die meine
Kinder getödtet!" Achilleus war gerührt. Er gedachte des eigenen
Vaters, bot dem Greise die Hand und hob ihn liebreich tröstend
auf. Dann ging er hinaus, ließ Hektors Leichnam waschen und
salben, und legte ihn in schönen Gewändern auf seines Vaters
Wagen. Nachdem Priamos ein trauliches Mahl eingenommen
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Trojas Eroberung.
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des Priesters Laokoon und tobten sie mit ihrem giftigen Bisse.
Der Vater will den Knaben zu Hülfe eilen; doch auch ihn um-
stricken sie, und unter fürchterlichen Schmerzen sinkt der Priester
todt nieder. Die Ungeheuer verschwanden jetzt, und schrecken-
bleichrief das Volk aus: „Seht, wie schrecklich der Priester büßen
mußte für den Frevel, daß er frech mit seinem Speere der Göttin
geheiligtes Bild verletzte! Auf zum Tempel mit dem Bilde!"
Man reißt einen Theil der Mauer ein, und im Triumphe wird
das unheilschwangre Thier ans Walzen in die Stadt gezogen.
Viermal erklangen beim Eingang warnend die Waffen im Bauche;
aber die verblendete Menge acktete es nicht. Vor dem Tempel
wurde einstweilen das Roß aufgestellt.
Indessen brach die Nackt herein und hüllte die Trojaner in
einen tiefen Schlaf, von dem sie furchtbar wieder aufgeschreckt
werden sollten. Der Verrätbcr Sinon schlich sich zu dem Pferde,
öffnete die verborgene Thüre, Ulysses, Menelaos, Neptolemos
stiegen mit den übrigen Helden heraus und stießen die Wachen
nieder, indeß die andern Griechen, welcke sich bei der Insel Te-
nedos verborgen hatten und mit einbrechender Nacht an das
trojanische Ufer zurückgekehrt waren, auf ein gegebenes Zeichen
durch die Thore hereinstürzten und mit Feuer und Schwert Ver-
derben um sich her verbreiteten. Hoch prasseln jetzt die Flammen
zum Himmel empor; das Gebrüll der wüthenden Soldaten, das
Geackz der Sterbenden nnb Verwundeten tönen schauerlich durch-
einauder. In der Asche der eingestürzten Häuser fließen Ströme
von Blut. Weder Alter noch Geschlecht, weder Stand noch An-
sehen schützten vor dem Grimme der Krieger. Priamos fiel mit
den wenigen Söhnen, die ihm noch geblieben waren, vor seinem
Hausaltare, und seine Gemahlin, seine Töchter, selbst die edle
Andromacke, Hektors verwittwete Gattin, wurden als Sklavin-
nen weggeführt. Helena aber, die an allem Unheil schuld war,
nahm Menelaos wieder mit sich nack Griechenland. Unter den
wenigen, welche entkamen, war Aeneas, ein trojanischer Fürst.
Dieser trug seinen alten Vater Anchises auf dem Rücken aus
der brennenden Stadt und landete mit seinem Söhnchen Aska-
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Honitluö Cocles.
4»
Umgehung des Gesetzes geben; vor seinen Augen wurden die
beiden Unglücklichen entkleidet, mit Ruthen gepeitscht und ent-
hauptet. Dann aber verließ er den Richterstuhl, um zu Hause
seinen Schmerz auszuweinen.
Indessen hatte Tarquinius in der Nachbarschaft Hülfe ge-
funden und zog mit einem zahlreichen Heere gegen die Stadt, in
welcher er einst geherrscht hatte. Die Rörner rückten ihm entge-
gen, Brutus mit der Reiterei voraus. Durch die ihn begleitenden
Liktoren in der Ferne schon kenntlich, wird er von Aruns, Tar-
quins jüngerem Sohne, erblickt. Von dem heftigsten Zorne
entbrannt, ruft dieser: „Da ist er, der uns aus der Vaterstadt
vertrieben hat! Seht, wie er, mit den Zeichen unserer Würde
geschmückt, so stolz einherschreitet! Steht mir bei, ihr rächenden
Götter!" Mit diesen Worten gibt er seinem Pferde die Sporen
und sprengt auf den Consul zu. Dieser sieht ihn kommen, eilt
ihm entgegen, und mit furchtbarer Wuth rennen sie sich gegenseitig
die Lanzen durch den Leib, so daß beide todt vom Pferde stürzen.
Nach beendigter Schlacht, bei der sich keine Partei den Sieg zu-
schreiben konnte, brachten die Römer den Leichnam ihres gefalle-
nen Consuls in die Stadt und trauerten lange um ihn wie um
eineu Vater.
Horatius Locles.
(508 v. Chr.)
Da Tarquinius mit der Hülse der zunächst um Rom gele-
genen Städte nichts batte ausrichten können, so wandte er sich
an den mächtigen König der hetrurischen Stadt Clustum,
Namens Porsenna. Dieser rückte wirklich mit einem zahlreichen
und wohlgerüsteten Heere an, um den vertriebenen König wieder
einzusetzen und bemächtigte sich eines Hügels, welcher Rom ge-
rade gegenüber lag. Die Römer, welche eine schmale, über die
Tiber führende Pfahlbrücke bewachen sollten, waren bestürzt über
die Nähe eines so mächtigen Feindes, und als sie vollends die
Hugendubel, Weltgeschichte. 4
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Die olympischen Spiele.
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Ringer nackt erschienen, dursten sich nicht anfassen, sondern blos
schlagen. Sie umwanden sich Arm und Hand kreuzweis mit
Riemen; mancher verließ blutrünstig oder mit Verlust der Ge-
sundheit den Kampfplatz. Der Kampf, bei welchem Ringen und
Schlagen verbunden war, hieß Pankra^ion. Auch im Sprin-
gen und Werfen des Diskos (einer metallenen Scheibe) wurde
gewetteisert. Künstler stellten ihre Werke aus, Geschichtschreiber
wie Herüdotos, und Dichter wie Aeschylos, Sophokles,
Eurípides lasen vor dem versammelten Griechenlande, was
ihr Geist Großes und Bewundernswürdiges geschaffen hatte.
Den Beschluß des Festes machte die Krönung der ausge-
zeichnetsten Kämpfer, Nach einem feierlichen Opfer zogen die
Sieger mit Palmzweigen in der Hand in schönen Gewändern
unter Flötenmusik an den Sitzen der Zuschauer vorbei. Jedem
wurde unter dem lauten Ausrufen seines Namens ein Oliven-
kranz auf das Haupt gesetzt. Und die Griechen hätten diesen
einfachen Schmuck mit keinem andern vertauscht. Ein Greis
starb vor Freude, als sein bekränzter Sohn ihn umarmte. Zu
Hause wurden die Sieger von ihren Mitbürgern mit Lobgesan-
gen empfangen und der ausgezeichnetsten Ehrenstellen gewürdigt;
ihre marmornen Bildsäulen, zu Olympia aufgestellt, und Dich-
ter, welche ihr Lob besangen, brachten ihren Namen auch auf
die Nachwelt.
Der Einfluß der olympischen und ähnlicher Spiele auf die
Griechen war unverkennbar. Kraft, Gewandtheit und Ge-
schmeidigkeit zeichnete ihren Körper aus; die entferntesten Völker-
schaften lernten sich als Glieder eines Volkes kennen, und wett-
eiferten mit einander in dem, was der Grieche für ruhmwürdig
hielt. Man theilte sich wechselseitig Nachrichten aus allen Thei-
len Griechenlands mit; man erneuerte alte Freundschaften, schloß
neue und freute sich des Ruhmes, den die Sieger dem Gesammt-
vaterlande gebracht hatten.
Hugendubel, Weltgeschichte.
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