1877 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Lübker, Friedrich
- Hrsg.: Erler, Max
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
70 Ammon —
Treue berichtet, interessante Schilderungen über die Sitten der Völker und geographische Beschreibungen, welche um so wichtiger sind, als Ammianus manche Länder, wie Germanien und Gallien, aus eigener Anschauung und durch längeren Aufenthalt daselbst kennen gelernt hatte. Auch au Andeutungen über settte Stellung zum Christenthum fehlt es nicht (21, 16, 18. 25, 4, 20.). „Ammianus ist eine soldatische Natur, von verständigem Urtheil, ehrlich und derb, abergläubisch und tolerant, gern prunkend mit seiner Gelehrsamkeit, auf dem Gebiete der Federführung aber gar nicht zu Hause. Seine Sprache ist fast nicht zu verstehen, unleidlich geziert und überladen, einequalfeinerleser"(Tenffel). Herausg. mit den Anmerkungen Lindenbrogs und der beiden Valois von Wagner und Ersurdt. Leipz. 1808 in 3 Bd. Versuch einer neuen Recension von Eyssenhardt, Berlin 1871, und von Gardthansen, Leipz. 1874.
Ammou oder Hammon, auch Amnn, urspr. ein in Libyen und Aegypten verehrter Gott, der von den späteren Griechen, wegen einiger Ähnlichkeit des ammonischen und dodouaiischen Orakels, mit dem Zeus identisicirt ward, so daß er von da an bei den Lakedaimoniern, zu Thebai in Boiotien, Aphytis in Pallene, Olympia rc. Tempel oder Altäre bekam. Aus die nämliche Weise kam der Dienst desselben nachmals auch zu den Römern (Catull. 7, 5. Lucan. 9, 511.). Der älteste geschichtlich nachweisbare Dienst des A. war in Theben (Dios-polis) in Oberägypten, von wo er sich auch nach Aethiopien, Libyen, Kyrenaika und Numidien verbreitete. Er wurde verehrt in der Gestalt eines Widders oder widderköpfigen, mit gewundenen Hörnern versehenen Mannes, welches nach Minu-toli das Zodiakalzeichen der Frühlingsnachtgleiche ist, so daß also A. selbst der Herr und Eröffner des Jahres und der Zeiten wäre. Die Entstehung dieser Form erklärt Herodot (2, 42.) so: Herakles habe durchaus deu Zeus sehen wollen, dieser aber habe es nicht gewollt; endlich aber, ans langes Anhalten des Herakles, habe Zeus einen Widder abgezogen, den abgeschnittenen Kops sich vorgehalten, das Vließ desselben angethan und so sich jenem gezeigt. Seitdem hätten die Aegypter das Bild des Gottes widderköpfig gemacht. Sein hauptsächlichster Tempel nebst berühmtem Orakel lag in der schönen, ihm geweihten Oase Ammonium, s. d. Das Orakel, das nur durch Zeichen Antwort ertheilte, wurde von Alexander dem Gr., den es als den Sohn des Gottes anerkannte {Gurt. 4, 29, 5 ff. Arr. 3, 4.), besucht. Die Nachricht bei Cur-tius (4, 31, 24.), daß bei Befragung des Orakels das aus Smaragd und aus Edelsteinen gefügte Bild des Gottes von Priestern in einein goldenen Schiffe getragen werde, zu dessen beiden Seiten viele silberne Schiffe herunterhängen, während Frauen und Jungfrauen mit einem kunstlosen Liede folgen, um die Gnade des Gottes für einen sicheren Spruch zu erlangen, wird durch neu aufgefundene Kunstdenkmäler bestätigt.
Ainmonios,’A^wvtog, 1) zubenannt Sakkas, gest. 243 od. 244 n. C., ans Alexandrien, war ursprünglich Christ, ging aber wieder zum Heidenthum über und wurde der Stifter der neuplatonischen Philosophie, indem er zur Abwehr des eindringenden Christenthums die verschiedenen philosophischen Systeme, besonders die des Platon und
Ampelius.
Aristoteles, zu vereinigen suchte. Ausgezeichnet durch Beredtsamkeit und ein seltenes Lehrtalent, wirkte er nicht als Schriftsteller, sondern mehr als Lehrer durch mündlichen Vortrag und versammelte um sich einen Kreis bedeutender Schüler, wie Plotinos, Longinos u. a. — 2) A. ans Alexandrien, Grammatiker um 400 n. C., schrieb ein lexikalisches Werk: negl oaoccov '/.ai St-acpogav Ib&cov, über den Gebrauch von synonymen oder ähnlich lautenden Wörtern, das Valckenaer (L. B. 1739) am besten herausgegeben hat. — 3) A., Sohn des Hermias, lehrte zu Alexandrien um 500 n. C. Philosophie und war auch als Mathematiker bekannt. Er hing der Heuplatonischen Schule an. Unter anderen Schriften verfaßte er auch Erklärungen zu Porphyrios und Aristoteles.
Ammonium, zb ’Amicäviov, Oase mitten in der libyschen Wüste, j. Siwah mit Ruinen, 12 Tagereisen westlich von Memphis, 5 Tagereisen südlich von Paraitonion, war 40 Stadien lang und ebenso breit. Mächtiger Priester- und Handelsstaat, berühmt durch den Ammonstempel mit dem Orakel, durch den heiligen Sonnenquell, sowie durch ein großes Salzlager (Sal Ammoniacnm, Salmiak). Vgl. Parthey, über das Orakel und die Oase des Jupp. A. in den Schriften der Berl. Acad. 1862.
’Ä/uvtjözia ist der spätere Name für eine allgemeine politische Maßregel, wodurch bei Staatsumwälzungen, die oft mit vielen Grausamkeiten verbunden waren, die siegreiche Partei erklärte, des Bösen nicht gedenken zu wollen (ross S alloig ov iivrjgikccy.ovvt£s, drj^io-Hqazovfisvoi zo Ioltzov £w£7io1itsvov, heißt es Thue. 8, 73. von den Sa-miern), was ihr von der Gegenpartei zugefügt war. Es durfte also Niemand wegen eines in der Zeit begangenen politischen Vergehens zur Verantwortung gezogen werden, was zuweilen auch aus andere Gesetzwidrigkeiten ausgedehnt wurde. Spuren einer Amnestie finden wir bei Solon; die berühmteste aber, die vorzugsweise den Namen hat, ist die des Thrasybnlos nach Vertreibung der Dreißig, durch welche die noch immer bedrohte Eintracht im Staate wieder hergestellt wurde (403 unter dem Archon Eukleides). Ausgenommen waren nur die 30 selbst und deren 10 Nachfolger sowie die Eismänner, denen jedoch, wenn sie wollten, Rechenschaft (sv&vvrj) verstattet wurde. Der Schwur, durch den die Amnestie bekräftigt wurde, ist uus bei Andokides (myster. §. 90.) aufbewahrt worden: xcu ov [ivrjglkcckrjgcd rcov 7tollzmv ovssvl, nlriv zmv tqlcikovtcc uai räv £v5fxof, ovds zovzcov, og uv s&slrj Ev&vvag Stdovai. zr\g Uqxvs r]S riq&v. Bei Nep. Thras. 3. lex oblivionis.
Amnlsos, ’Ä^vioog, Hafenstadt von Knoffos auf Kreta, am gleichnam. Flusse, schon Horn. Öd, 19, 188. genannt, in histor. Zeit Herakleion geheißen.
Amor s. Eros.
Amorg’osj ’Afioqyög, j. Amorgo, kleine Spo-radeninsel, auf welcher der Dichter Simonides (s. Iarabographen) lebte, bekannt durch die Bereitung seiner Kleiderstoffe. Unter den römischen Kaisern diente sie als Verbannungsort. Tac. ann. 4, 30. Minoa, Aigiale und Artefine waren die 3 Hauptortschasteu.
Ampelius, Lucius, lebte wahrscheinlich im 3. Jahrhundert n. C. und verfaßte eine Schrift, Jiber memorialis, einen (früher auch in Schulen vielbenutzten) dürftigen Auszug des merkwürdigsten
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Gar um
und Gemüsen findet sich bei Colninella (tut 10. Buche de cultu hortorum), ein Garten- und Wirthschaftskalender bei demselben (11, 3.).
Gamm, eine ans bent Blute und den Eingeweiden gewisser Seefische (namentlich des scombcr) bereitete Sauce, womit man die Austern beträufelte, ober welche man auch als Reizmittel genoß, etwa wie unsern Caviar. Plin. 31, 7, 43. Hör. sät. 2, 8, 46.
Garumna, Garumia, o rccqowcig, j. Garonne, Hauptstrom Aquitaniens, strömt von beupyrenäeu kommend in norbwestlicher Richtung, ist 2000 ©tabien weit schiffbar und erlangt bei Burbigala (Borbeaux) eine seeähnliche Breite, so daß Ebbe und Flut bemerkbar sinb. Die wichtigsten Nebenflüsse fittb rechts: Tarnis, j. Tarn, mit dem Beronius, j. Aveyron, Oltis, j. Lot, Dnranins, j. Dorbogne, Carantönus, j. Charente. An den Quellen des Flusses wohnten die Garumni. Caes. b. g. 3, 27. Strab. 4, 193 f.
Gauda, Mastanabals Sohn, Masiniffa's Enkel, körperlich und geistig gleich schwach. Sali. Jug. 65.
Gaugamela, t« rccvyüinqxci, Ort in der assyrischen Landschaft Aturia, wo die letzte Schlacht zwischen Dareios und Alexanber vorfiel (331), minber richtig auch Schlacht bei Arbela genannt. Arr. 3, 8, 7. 6, 11, 5. Plut. Alex. 31.
(Naurus monsj Gaurani montes, ein vuleani-sches Gebirge ^Cainpaniens zwischen Cnntae und Neapolis bei Puteoli, mit ausgebrannten, zu Seen geworbenen Kratern, so besonbers dem Averuer See. Dort befindet sich auch die ayoqu rov 'Htpai-ozov, die Solsatara. Strab. 5, 246. Die Abhänge tragen die edelsten Reben des Falerner- und Maf-fiker-Weiues. ^Bekannt durch den Sieg des Confuls Valerius Corvus über die ©amniten. Liv. 7, 32 ff.
Gausäpe, leinenes Zeug, welches durch besondere Bearbeitung auf der einen ©eite zottig war. Bald aber machte man gausape auch aus Wolle (Plin. 8, 48.) und verwendete diesen Stoff zur Anfertigung der paenula (daher gausapina, Mart. 14, 145.). Außerdem gebrauchte man diesen Stoff zu Abwischtüchern (Hör. sät. 2, 8, 11.), Tafel-lüchern (Mart. 14, 138.), Ueberzügen kostbarer Tische u. s. w.
Gaza, rd£u, 1) Stadt in der persischen Provinz Sogbiana (wahrscheinlich bei der j. Wüste Ghaz zu suchen), würde von den Makeboniem geplündert, die Einwohner niebergehauen. Arr. 4, 2, 13. — 2) Gaza ober Gazaka, Hauptstabt der ntebischen Lanbschast Atcopatene und Sommer-resibeuz der mebischen Könige am Spautasee, 450 Millien nordwestlich von Ekbatana. Strab. 11, 523. ! — 3) Berühmte Hafenstabt Palästinas, j. Ghazza, nach Strabon 7, nach Arriau 20 Stabien vom Meere entfernt und südliche Grenzfestung aus einer Höhe im Laube der Philister, oft genannt in der Bibel. Nach fünfmonatlicher Belagerung eroberte Alexanber der Große die Stadt. Arr. 2, 26, 2 ff. I 27, 6 ff. Diod. Sic. 17, 48. Curt. 4, 5, 7 ff. König j Alexanber Jaunäus zerstörte sie nach einjähriger Belagerung 96 v. C.; wiederhergestellt, wurde sie 65 it. C. von den Juden zerstört. Auch später ist G. wichtig geblieben.
Gebet. Das Gebet Dankgebet lncavog),
begrünbet in dem Gefühle menschlicher Abhängigkeit von den Göttern und in der Ueberzeugung von ihrer Macht und Bereitwilligkeit zu helfen,
— Gebet.
würde an die einzelne» Götter, in deren besonderer Macht und unter deren besonderem Schutze man zu stehen glaubte, oder auch an sämmtliche Götter zugleich gerichtet, theils um für einzelne Fülle ihre Hülse zu erflehen, theils um für empfangene Wohlthaten zu loben und zu bauten, oder um überhaupt die Anerkennung menschlicher Abhängigkeit vom göttlichen Willen auszusprechen. Eine feste Gewähr für die Erhörung gab es nicht, obgleich mau dem Gebete besonders frommer Menschen bei Griechen und Römern eine außerordentliche Wirkung zuschrieb (s. Aiakos); auch fand der Heide in seinem Gebete nie den, bei dem Christen auf den Glauben an die barmherzige Liebe Gottes in feinem Sohne begründeten Trost; die Ergebung des Griechen und Römers beruhte vorzugsweise auf der Vorstellung von der Macht der Götter. Bei Homer, wo meistens Bittgebete um eine einzelne Gnade in einem speziellen Falle vorkommen, hat das Gebet eine bestimmte, feste Form; nach der Anrede der Gottheit folgt meist die Bitte nebst der Begründung eines Anspruchs aus Erhörung, indem man sich auf früheren Beistand sowie auf dargebrachte Opfer u. dgl. beruft. Ii. 5, 115. 1, 39. 451. Vor dem Gebete wurden Waschungen als Symbol innerer Reinigung vorgenommen (Ii. 6, 266. Od. 2, 261. Ov. fast. 4, 778.), während desselben erhob man die Hände. Weitn man zu Meergottheiten betete, so streckte man gewöhnlich die Hände gegen das Meer (11. 1, 351., vgl. dagegen Od. 9, 526.), wenn zu einem unterirdischen Gotte, so gegen die Erde. Ii. 9, 568. Im Tempel wandte man sich gegen den Altar und das Bild des Gottes, ober man umfaßte den Altar. Platon sagt, daß jebes Unternehmen mit der Anrufung der Götter beginnen solle, und daß es für einen tugendhaften Mann das schönste sei, wenn er die Götter durch Opfer verehre und durch Gebete und Gelübbe fortwährende Gemeinschaft mit ihnen unterhalte. Gewöhnlich würde eine Dreizahl von Göttern angerufen. Der Römer verhüllte sich gewöhnlich beim Gebete, inbem er die Toga schleierartig über dem Hiuterkopse itt die Hohe zog, während beim griech. Ritus mit unbedecktem Haupte gebetet und geopfert ward. Griechen und Römer gaben ihren öffentlichen Angelegenheiten eine religiöse Weihe; so eröffneten die Griechen mit einem Gebet an Zeus die politischen Versammlungen, Kriegsunternehmuugen, die Spiele, das Theater it. s. w. Aehuliches thaten die Römer bei Beginn ihrer Comitieif, Senats sitzuugen, Volksmusterungen. — Eine besondere Art des Gebetes war die Verwünschung oder der Fluch kqkl, dirae, exsecrationes), der
entweder von Einzelnen bei tiefer persönlicher Verletzung (Oidipus gegen feine Söhne) ober of-sictell von dem Staate durch die Priester über den Frevler (Alkibiades) ausgesprochen wurde, indem man von den Göttern, besonbers beit unterirdischen, das Verberben desselben erflehte. In Athen wandten sich die Priester bei dem Ausspruche des feierlichen Fluches gegen Abenb und schwangen blutrothe Gewänber durch die Luft. Die Römer verfluchten feierlich eine zu erobernde Stadt, nachdem sie vorher die Götter evocirt hatten. Vgl. v. Lasaulx, über die Gebete der Gr. u. R. (1842) und über den Fluch bei Gr. it. R. (1843).
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die Polytheisten beten viele und verschiedenartige Götzen an. Je
nach dem Bildungsgrade der Völker sind die heidnischen Religionen vollkomm-
ner oder mangelhafter. Wir wollen sie der Vollständigkeit halber hier kurz
zusammenstellen.
1) Das Brahmathum der Inder stellt 3 Hauptgottheiten (Trimurti) auf,
Brahma, Wischnu und Schiwa, und verlangt daneben noch die Ver-
ehrung von einer Menge von Göttern und Göttinnen oder auch von
personisicirten Naturkräften. Die Lehre von der Seelenwanderung,
die Enthaltsamkeit von allen Fleischspeisen, die Eintheilung des
Volkes nach Kasten unterscheiden diese Religion wesentlich von andern
heidnischen Culten. (Vergl. § 81.)
2) Der Buddhismus, die Religion der Mongolen, ist uni die Mitte des
6. Jahrhunderts v. Chr. aus dem Brahmathum hervorgegangen.
Der Stifter dieser Religion, Buddha oder Gautama, verwarf die
blutigen Opfer, den Kastenunterschied, die alten Ceremonien, und
führte einen neuen Gottesdienst ein, welcher Manches mit der katho-
lischen Kirche (Weihwasser, Kerzen, Rosenkränze) gemein zu haben
scheint. Das Oberhaupt dieser religiösen Sekte ist der Dalai Llama,
welcher seinen Sitz in Lhassa, der Hauptstadt des buddhistischen
Kirchenstaats hat. (§ 81.)
3) Die Religion der feuernnbetenden Parsen, begründet von Zoroaster
oder Zerdusch (660 v. Chr.) erkennt ein Reich des Lichtes und
der Finsterniß an, von denen ersteres von Ormuzd, dem Urheber
alles Guten, letzteres von Ahriman, dem Urheber alles Uebels
auf Erden, regiert wird. Diese Lehre legt ihren Bekennern die
Pflicht auf, durch gute Handlungen und Nächstenliebe das Reich des
Lichtes zu fördern und die Macht des Fürsten der Finsterniß zu
brechen. Sie zählt nur noch wenige Anhänger, insbesondere auf der
Halbinsel Baku am kaspischen Meere und auf Guzerate in Vorderindien.
4) Die Neger in Afrika haben den traurigsten Götzendienst. Alle Reli-
gionen der äthiopischen Race verehren nämlich den bösen zürnenden
Geist, dessen Zorn jene Völker fürchten und durch zahlreiche Men-
schenopfer von sich abzuwenden suchen. Die Priester sind Zauberer
und bewegen das Volk, von den lächerlichsten Dingen Schutz für
ihre Person zu erwarten.
5) Die amerikanischen Jäger- und Fischervölker glauben an einen großen
Geist, der die Welt erschaffen hat; sie bringen ihm Opfer und
Geschenke dar, während sie neben ihm eine Menge guter und böser
Geister verehren. Merkwürdig bleibt es, daß bei diesen Indianern
Amerikas eine Sage von einer großen Sündfluth sich erhalten hat,
und der Glaube an eine Fortdauer nach dem Tode ziemlich allge-
mein verbreitet ist.
Wenn man die Gesammtmasse aller Menschen aus Erden zu ungefähr
1400 Mill. annimmt, und zwar in
Europa 287 Millionen
Asien 800
Afrika 200
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- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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einander? 19. Welche Orte in demselben haben historische Berühmtheit er-
langt? 20. Wie liegt Theben von Athen? 21. Welches Dorf liegt an
der Stelle des alten Delphi? 22. Was für Denkmäler erinnern dort noch
an das berühmte Orakel? 23. Welche 5 Nomarchien liegen im Pelo-
ponnes? 24. Welche bildet das Herz dieser Halbinsel? 25. Wie liegen
die vier andern von dieser? 26. Welche Inseln gehören zur Nomarchie
Attika, welche zu Argolis und Korinth? 27. Wo brach der griechische
Freiheitskamps zuerst aus? 28. In welchem Seehafen ward er ausge-
kämpft? 29. Welche 2 Städte Griechenlands liegen auf einer Insel, welche
durch eine Brücke mit dem Festlande verbunden ist? Wo wohnen die Nach-
kommen der alten Spartaner, und wie heißen sie? 31. Welches sind die
zu Griechenland gehörigen Inseln? 32. Welche ist die größte? 33. Welche
ist die wichtigste? 34. Wie bestimmt man die Lage der Insel Euboea?
35. Welche 2 Cykladen haben mit Hydra gleiche geographische Breite?
36. Welche Insel haben wir bereits kennen gelernt, auf welcher sich
die gleiche Erscheinung wie auf Mykonos zeigt? 37. Welche Landschaften
gehören zur europäischen Türkei? 38. Wie unterscheiden sich die unmittel-
baren Provinzen der Türkei von den Vasallenländern? 39. In welche 5
Ejalate zerfallen erstere? 40. Welche Landschaften umfaßt das erste Eja-
lat? 41. Welche das zweite? 42. Welches sind die wichtigsten Orte in
Thracien? 43. Wie liegen diese von einander? 44. Welche in Macedonien
und Thessalien? 45. Welches sind die wichtigsten türkischen Donaufestungen
von W. nach O.? 46. Zu welchem Ejalate gehören alle? 47. Was ist
von Belgrad insbesondere zu bemerken? 48. Welche Orte von Bosnien kennst
du? 49. Was bedeutet der Name Herzegowina? 50. Wie heißt die
Hauptstadt derselben? 51. An welche Staaten grenzt Bosnien? 52. Welche
Inseln helfen das Ejalat Dschesair bilden? 53. Was versteht man unter
den alten, den neuen und den kleinen Dardanellen? 54. Was ist von der
Insel Creta zu merken? 55. Welche Landschaften der europäischen Türkei
liegen am Meere? 56. Welche an der Donau? 57. Welche türkische
Festung liegt in der Nähe des schwarzen Meeres? 58. Was für eine Ver-
fassung hat das türkische Reich? 59. Wie heißen die Mitglieder des Staats-
rathes? 60. Wer sind die Ulemas? 61. Welches sind die Gruudzüge
des türkischen Charakters? 62. Wie steht es in der.türkei mit der Bil-
dung? 63. Welche Leistungen gewahrt man in der Agricultur? 64. Welche
Zweige der Viehzucht werden besonders sorgfältig gepflegt? 65. Welche
Handelsartikel der Türkei begehrt das Ausland? 66. In welchem Ver-
hältniß stehen die Christen zu den Muselmännern in Bezug auf die Zahl?
67. Welche 4 Hauptklassen sind in der Bevölkerung der europäischen Türkei
zu unterscheiden? 68. Wie wird es mit den: Steuereinzug in den Pro-
vinzen gehalten? 69. Welches sind die europäischen Vasallenländer des
ttirkischen Kaisers? 70. Welcher Staat übt einen größeren Einfluß auf
dieselben aus, als die Pforte? 71. Welches sind die Grenzen von Serbien?
72. Wie heißen seine Bewohner, und wodurch zeichnen sie sich von ihren
Stammesverwandten aus? 73. Welches sind die wichtigsten Wohnorte da-
selbst? 74. Welche 2 Städte liegen der Donau am nächsten? 75. Was
versteht man unter den Donaufürstenthümern? 76. Welche Sprache
reden die Bewohner derselben? 77. Welcher russischen Landschaft liegt die
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Meister. Zur Erhaltung des Friedens und der Verfassung besteht noch eine
dritte Staatsgewalt, das Bundesgericht, welches vom Kongreß und Präsi-
denten unabhängig ist und über die Verfassungsmäßigkeit der gefaßten Be-
schlüsse, Gesetze, über Streitigkeiten zwischen Unionsstaaten rc. entscheidet.
Die Mitglieder des Gerichts ernennt der Präsident mit Zuziehung des Se-
nats auf Lebenszeit. Ein stehendes Heer von 10,000 Mann dient nur
dazu, die Cadres der verschiedenen Regimenter im Falle eines Krieges zu
bilden; dagegen umfaßt die Miliz alle Bürger vom 18. bis 45. Lebensjahr
mit Ausnahme der Lehrer, Geistlichen, Richter, Advokaten und Matrosen,
und zählt 2 Mill. Mann. Die Marine zählt ohne die Handelsschiffe über
100 größere und kleinere Kriegsjahrzeuge, welche theils in Häfen der Union,
theils in Brasilien, theils im Mittelmeere, theils im chinesischen Meere
stationirt sind.
In kirchlicher Beziehung herrscht in der Union die unbeschränkteste
Freiheit. Die politischen Rechte sind durchaus unabhängig vom religiösen
Glaubensbekenntniß, da der Staat über die unzähligen Religionsparteien das
Oberaufsichtsrecht nicht in Anspruch nimmt und den Gemeinden die Er-
bauung der Kirchen und die Anstellung und Besoldumg der Geistlichen ganz
überläßt. Im Allgemeinen ist das amerikanische Volk trotz der unbeschränk-
ten Religionsfreiheit sehr religiös. Die Zahl der kirchlichen Sekten wächst
mit jedem Jahre; besondere Erwähnung verdienen hier von denselben die
Mormonen, welche seit 1850 das neue Territorium von Utah bewohnen.
Die Mormonen behaupten, die Gründer und Leiter ihrer Kirche hätten von
Gott die Sehergabe empfangen, und seien im Besitze neuer Offenbarungen,
wodurch das alte und neue Testament vervollständigt und die Absichten
Gottes für die gegenwärtige Welt geoffenbart würden. Sie glauben, die
Wiedererscheinung Christi sei nahe; sie nennen sich die Heiligen der Gegen- _
wart und geben vor, allein über den Inhalt des alten und neuen Bundes
erleuchtet zu sein. Sie ordnen darnach ihre Sitten und Gebräuche, billigen
die Vielweiberei und lehren die Gemeinschaft der irdischen Güter. Durch
diese Lehren sind sie schon oft mit den Regierungen in Konflikt gekommen,
und werden ohne Zweifel noch ernstere Händel anfangen', da sie mit Hülfe
bekehrter Indianer die Geldaristokratie der Union, ihre Todfeinde, vernichten
wollen. Ihre Apostel reisen mit Traktätlein und Zeitungen bereits in Europa
umher, um neue Anhänger zu gewinnen; leider ist ihnen dies gelungen.
I. Neu-England.
1. Mailie^ der nordöstlichste Staat der Union, erhebt sich terassenförmig
von S. nach R. Die zerrissenen, felsigen Küsten gleichen denen von Nor-
wegen. Das Klima ist streng und der Winter lang; trotz der häufigen
Nebel ist die Luft gesund. Die bedeutenden Wälder, Weiden und Eisen-
gruben machen die Ausfuhr zu einer ansehnlichen. Die Regierung ist in
Augusta (9000 E.). Wichtiger ist der Hafenplatz Portland (28,000 E.).
2. Nru-Hampkhire ist größtenteils eben, hat ein heiteres und bestän-
diges, aber kaltes und rauhes Klima. Landwirthschast, Industrie und Handel
nährt die Bewohner, welche dicht bei einander wohnen. Deutsche Einwanderer
wenden sich wegen des vorherrschenden Anglicismus nie hierher. Regierungssitz
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ihrer Dienstzeit oft noch besonderen Schulunterricht. Die ausgediente Mann-
schaft wird der Landwehr eingereihet. So ist Preußen „das Volk in Waffen"
geworden. Seine Kriegsmittel übertreffen an Vollkommenheit die aller an-
dern Völker. Der preußische Krieger ist menschlich, weil er gebildet ist.
Die preußische Handels- und Kriegsmarine hat in den letzten Jahrzehnten
einen bedeutenden Aufschwung genommen und besitzt jetzt in der Nord- und
Ostsee auch vortreffliche Häfen.
Preußen ist eine in männlicher Linie des Hauses Hohenzollern erbliche
constitutionelle Monarchie. Am 5. December 1848 gab Friedrich Wil-
helm Iv. seinem Lande eine constitutionelle Verfaffung, welche am 31. Jan.
1850 nach erfolgter Berathung in den beiden Kammern endgültig festgestellt
worden ist. Nach derselben steht dem Könige allein die vollziehende Gewalt
zu. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und
die beiden Kammern, das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten,
ausgeübt. Das Herrenhaus besteht aus den volljährigen Prinzen des könig-
lichen Hauses, den vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Herrn, aus
Mitgliedern der großen Grundbesitzer, der großen Städte und der Universi-
täten, denen persönlich oder erblich das Recht verliehen ist, im Herrenhause
zu sitzen. Das Haus der Abgeordneten besteht aus 352 aus indirecter
Wahl hervorgegangenen Mitgliedern.
Eintheilung.
Bis zum Jahre 1866 zerfiel der preußische Staat in die 8 Provinzen:
Preußen, Posen, Schlesien, Pommern, Brandenburg, Sachsen, Westfalen und
die Rheinlande. Jede dieser Provinzen ist in Regierungsbezirke eingetheilt,
jeder Regierungsbezirk in Kreise. An der Spitze jeder Provinz steht ein
Oberpräsident, an der eines Regierungsbezirkes ein Präsident, an der eines
Kreises ein Landrath. Ueber die Benennung und Eintheilung der neu erwor-
benen Landestheile fehlen jetzt noch die Bestimmungen; wir führen sie daher
vorläufig als Provinzen mit ihren bisherigen Namen und Eintheilungen auf.
1. Die Provinz Preußen.
(1179 Q.-M. und 3,015,000 Einwohner.)
Sie bildet den östlichsten Theil des Staates wie überhaupt Deutschlands,
wird im Osten und Süden von Rußland (Litthauen und Polen) begrenzt,
im Norden von der Ostsee. Von größeren Flüssen gehört der Provinz der
Pregel ganz an, von der Memel und Weichsel nur der Unterlauf. Etwa
der dritte Theil des Bodens wird durch einen unfruchtbaren sandigen Land-
rücken gebildet, der übrige Theil desselben ist dagegen sehr fruchtbar und
erzeugt neben großen Waldungen und fetten Wiesen eine Fülle von Weizen,
Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen und Kartoffeln, begünstigt daher auch die Vieh-
zucht in hohem Grade, namentlich die des Pferdes und Rindes. Die
Mehrzahl der Bewohner beschäftigt sich darum auch mit Ackerbau und Vieh-
zucht. Der Handel blüht in Danzig, Königsberg und Memel. Die ursprüng-
liche Bevölkerung besteht aus Litthauern, Slaven, Masuren und Kassuben;
die Deutschen, die jetzt 2/3 der Bewohner ausmachen, sind nach und nach
eingewandert.
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Vögel, Pfauen, Fasanen, alle Hühnerarten, Papageien, Kakadus, Geier, Pe-
likane' und andere Wasservögel, Krokodille, Schildkröten, Fische, giftige
Schlangen. Korallcuthiere re. finden sich dort. Westasien und die nördlichen
Steppen werden häufig von Heuschrecken heimgesucht; China ist das Heimath-
land der Seidenraupe und Seidenzucht.
8 81.
Asiens Völker und Staaten.
Asiens Volkszahl wird verschieden angegeben; die Angaben schwanken
zwischen 400 und 799 Millionen. In jedem Falle ist es für seine Größe
nicht so stark bevölkert als Europa, aber wieder bevölkerter als die andern
Erdtheile. Die asiatischen Völker gehören vorzugsweise 3 Raccn an:
1) Kaukasier sind über Kleinasien, die Länder des Kaukasus, über Ar-
menien, Syrien, Persien und Vorderindien bis zum Ganges und
Brahmaputra verbreitet.
2) Die Mongolen erstrecken sich über den ganzen Norden und Osten;
sie bilden 3 Gruppen: die Kalmücken im N. und in der Mitte
von Asien, die Eskimos in den Polarländern, und die Chinesen in
Ost- und Südostasien.
3) Tie Malayen bewohnen die Sunda-Inseln, die Molucken und Phi-
lippinen, sowie Malacka. Sie betreiben Schifffahrt und Seehandel,
finb verwegene Seeräuber, und bilden den Uebergang von der
mongolischen und kaukasischen Race.
1. Asien, die Heimath des ganzen Menschengeschlechts, ist zugleich auch
die Wiege der 3 monotheistischen Hauptreligionen (S. 58), aber der Sitz des
Heidenthums geblieben, welches sich vorzüglich in 3 Hauptformen, im Brah-
maismns, Buddhismus und Schamanenthum ausgebreitet hat.
a) Der Brahmaismus ist das Heidenthum der vorderindischen Völker,
und soll von Manu gestiftet sein, dessen Lehren in den heiligen Religions-
büchern der Vedams enthalten sind. Nach denselben gibt es ein ewiges,
allbelebendes, höchstes Wesen, Para-Brahma, welcher seine Macht den Tri-
murti, dem Brahma, Wischnn und Schiwa, übertragen hat; Wischnu ist
die erhaltende, schaffende Kraft, Schiwa das zerstörende, schadende Element;
Brahma der Ausfluß alles geistigen Lebens. Neben diesen Trimurti stellt
die Lehre der Brahminen noch eine Menge von Göttern und Göttinnen auf,
welche in den mannigfachsten Fratzengestalten verehrt werden. Die Lehre
der Vedams ist aber theils durch Sagen, theils durch die Brahminen ent-
stellt: die Seele, welche vom Brahma ausgegangen ist, muß, um zur Un-
sterblichkeit zu gelangen, aus einer Form in die andere wandern; sie gelangt
von der Psianze durch Thiere, Menschen, Geister und Götter zum großen
Brahma, mit dem sie sich zuletzt wieder vereinigt. Entfremdung von der
Welt, Versenkung in sich selbst, gänzliches Aufgeben des persönlichen freien
Willens, häufige Waschungen und Reinigungen, Opfer und Büßungen führen
zum Ziel. Den indischen Götzendienst charakterisiren neben dem Kastenwesen
mancherlei unnattirliche Ceremonien und Gräuel, z. B. das Selbstverbrennen
der Wittwen, Kinder- und Selbstmord, Selbstpeinigungen rc. Das Kästen-
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Wesen, welches mit dem Brahmathum unzertrennlich verbunden ist, hat dem
Brahmathum schon frühzeitig viele Anhänger entfremdet. Es sollen nämlich,
wie die Religionsbücher darthun, aus Brahmas Haupt die Brahmanen oder
Priester, aus seiner Brust die Krieger, aus dem Bauche die Acker- und
Kaufleute, aus den Füßen die Handwerker entstanden sein. Diese Stände
und Kasten sind streng von einander geschieden. Die 3 obern Kasten müssen
sich aller Fleischspeisen enthalten, die 4. und die unreinen Volksklassen, die
Pariahs, nicht. Kein Mensch kann bei seinen Lebzeiten in eine andere Kaste
gelängen; in derjenigen, in welcher er geboren ist, lebt und stirbt er. Durch
den Tod erst gelangt er vielleicht vermöge der Seelenwanderung und der
Läuterung seiner Seele in eine höhere Kaste. Ehen zwischen Gliedern ver-
schiedener Kasten können nicht geschlossen werden. Kein Unreiner darf durch
seine Nähe die Atmosphäre ^ines Brahmanen entweihen; er könnte ohne
Weiteres getödtet werden.
ll) Der Buddhismus ist aus dem Brahmathum hervorgegangen; der
Stifter derselben, Gautama, soll aus einer königlichen Familie stammen und
542 v. Chr. (?) gestorben sein. Gautama wollte die Religion aus den
Zustand zurückführen, wo die Vedams noch nicht geschrieben waren. Er
verwarf dieselben, legte auf Opfer und Selbstpeinigungen keinen Werth,
schaffte den Kastenunterschied ab und lehrte die Gleichheit aller Menschen.
Die Vielgötterei, die Lehre von der Seelenwanderung und das Verbot
des Fleischessens behielt er bei. Diese neue Lehre fand großen Anhang, ihr
Urheber mußte aber vor den Brahminen fliehen, und begab sich mit seinen
Anhängern nach Ceylon und von da nach Hinterindien, von wo aus sich
der Buddhismus über die Länder der mongolischen Völkerrace verbreitete.
Nach der Lehre Gautamas, der verschiedene Namen trägt (bei den Chinesen
heißt er Fo), gibt es ein höchstes, unsichtbares, unthätiges, unbegreifliches
Wesen und einen ewigen Weltenraum, in welchem die Welten entstehen und
vergehen. Diese sind von einer zahllosen Menge Menschen, sichtbarer und
unsichtbarer Gottheiten bewohnt. Der Mensch kann durch Weltentsagung
und schweigende Beschaulichkeit schon auf Erden die Würde eines Buddha
(d. i. Weiser oder Heiliger) erlangen; nach seinem Tode getaugt er in den
Zustand der Nirwana, d. i. Befreiung oder Seligkeit. Auch die Götter sind
dem Schicksale und der Seelenwanderung unterworfen. Kein Mensch ist
ohne Sünde, aber alle Menschen sind zur Seligkeit bestimmt; im Leben ste-
hen ihnen gute und böse Geister zur Seite. Durch Mäßigkeit, Friedfertig-
keit, Barmherzigkeit, Geduld und Standhaftigkeit nähert sich der Mensch der
Seligkeit; die Seele des Lasterhaften geht zur Reinigung in einen Thierleib
über und wird, wenn sie ungebessert bleibt, quälenden Geistern in der Hölle
übergeben. Die Priesterschaft (Bonzen, Lamas, Mönche re.) der Buddhisten
ist sehr zahlreich; sonderbar sind die Ceremonien dieses Cultus, welcher mit
Götzendienst verbunden ist und doch hin und wieder an die geoffenbarte
Religionen anstreift. Die Priester bilden keine besondere Kaste, alle Men-
schen sollen Priester sein. Ihnen liegen die Opfer, Gebete, Predigten, Be-
stattung der Todten, die Erziehung und Unterweisung der Jugend ob. Die
Opfer bestehen in Blumen und Sandelholz, und sind von feierlichen Um-
gängen begleitet. Weihwasser, Rosenkränze und andere Gebräuche sind dem
Buddhismus eigen. Alle Gebete werden erhört, wenn sie bewegt werden,
1867 -
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- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
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des in eine Pfanne mit siedendem Fett. Die Kunst besteht darin, daß das
Gericht eher auf den Tisch kommt, als das Eis in der Teighülle geschmolzen
ist. Entweder verbrennt man sich, wenn man dies verspeisen will, oder zer-
beißt man es, so empfindet man die Kälte des Eises.
Die chinesischen Frauen werden von Jugend auf schlecht behandelt und
verachtet. Das Mädchen lebt abgeschlossen von der Außenwelt, muß arbeiten
wie eine Magd, erhält keinen Unterricht als im Nähen, und wird zuletzt
wie eine Waare an den Meistbietenden wider ihren Willen verkauft. So
glänzend der Brautschmuck, so festlich die Hochzeit auch ist, so wenig benei-
denswerth ist das Loos, welches ihrer im Hause ihres Mannes wartet. Sie
darf nicht mit der Familie am Tisch essen, sondern muß den Mann und
die Söhne bedienen, und speist erst, wenn alle gesättigt sind, abseits nur
wenig und schlechtere Kost. Unter diesen Umständen ist es erklärlich, daß
viele Frauen sich tobten und viele Mütter ihre Töchter aussetzen. Die
Chinesen sagen, die Frauen haben keine Seele, sondern nur die Männer.
Ein Grundzug des chinesischen Charakters ist unbegrenzter Stolz; China ist
ihm der Mittelpunkt der Erde und berufen, über alle zu herrschen. Neben
diesem Stolze besitzt der Chinese eine lächerliche Kleinigkeitskrämerei. Alles
geschieht nach bestimmten Regeln, wie vor 2000 Jahren auch. Er steht
nach Regeln auf, er wäscht sich, macht und empfängt Besuche, grüßt, spricht,
schreibt arbeitet, ruht — Alles nach hergebrachten Regeln. Gefühllosigkeit, Ei-
gennutz, Unsittlichkeit, Falschheit werden als Schatten-, Wißbegierde, Höflichkeit,
Mäßigung, Heimathliebe, Achtung vor älteren Personen als Lichtseiten ihres
Charakters angegeben. Den angeborenen Hang zum Lernen unterstützen in
China unzählige Schulen aller Art, und die Aufmerksamkeit und Ehrerbietig-
keit der chinesischen Schüler gegen ihre Lehrer soll die in unseren Schulen
beobachtete weit übertreffen.
Der Beherrscher des himmlischen Reichs führt den Titel Kaiser, „der
himmlische Sohn"; er ist unumschränkter Herr über Leben und Tod
seiner Unterthanen. Er ernennt alle Beamte, welche Quane (Vorgesetzte)
oder Mandarine (Befehlshaber) heißen. Jeder von diesen muß studirt haben
und geprüft sein. Kein Mandarine kann ohne besondere Einwilligung des
Kaisers etwa neue Verordnungen erlassen oder alte außer Kraft erklären.
In keinem Lande der Erde sollen so weise und so väterliche Gesetze bestehen
als in China. Ueberall im Lande herrscht Ordnung und Sicherheit, für
welche Tag und Nacht eine zahlreiche Polizei wacht. Das Kriegsherr soll
13/2 Mill. Mann stark, aber schlecht bewaffnet sein. Die Mehrzahl führt
Bogen, Pfeile und Schwerter. Ihre Feuergewehre haben keine Schlösser.
Nicht selten tragen die Soldaten Sonnenschirme. Mit Recht bezweifelt man,
daß die chinesischen Soldaten einem europäischen Heere nachhaltigen Wider-
stand leisten könnten. Ihre Seemacht wenigstens ist noch jedesmal ordent-
lich zu Paaren getrieben worden. Dieselbe besteht aus 2000 Kriegsdschonken,
welche zwar stark bemannt, aber höchstens mit je 10 Kanonen armirt lind.
Im eigentlichen China soll es 2600 Städte geben; die Städte ersten Ranges
heißen Fu, die zweiten Ranges Tscheu.
' 1. Das eigentliche China
zerfällt in 18 wohlbevölkerte Provinzen. Hauptstadt ist Peking, 2 Mill. E.
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und nicht bloß in der angestammten Heimath, sondern auch in entfernten
Kolonien, wohin sie ausgewandert sind. Dagegen können wir die größte
Mehrzahl von der mongolischen Race zu. den Nomaden zählen, ebenso wie
die meisten Aethiopier. In Amerika und Australien finden wir endlich die
Heimath der wandernden Jäger- und Fischerstämme.
Es ist unzweifelhaft, daß die ackerbautreibenden Völker stets die gebil-
deteren waren. Der Ackerbau macht feste Wohnplätze nöthig und zwingt
den Menschen zum Nachdenken, wie er sein Feld bestellen und seine Geräth-
schäften und Bedürfnisse beschaffen soll; wie er die Ernte zu seinem Nutzen
verwende und aufspare, die Früchte zubereite und erhalte. Mit dem ruhi-
gen, friedlichen Ackerbauleben ist die Bildung und sittliche Vervollkommnung
der Völker unzertrennlich verbunden.
Ter Grad der Bildung eines Volkes wird aus seiner Nahrungsweife,
aus der Beschaffenheit seiner Wohnungen, seiner Kleidung, seiner Religion,
seiner Beschäftigung, seiner Gesetze und bürgerlichen Einrichtungen erkannt.
Wenn wir zunächst die Religionen der verschiedenen Völker des Erd-
balls betrachten, so verdient vor Allem bemerkt zu werden, daß man noch
kein Volk angetroffen, bei welchem sich nicht die Verehrung und Anbetung
irgend eines höheren Wesens auf die eine oder andere Weise kundgegeben
hätte. Die religiösen Vorstellungen und die Art der Verehrung dieses hö-
heren Wesens sind freilich sehr verschieden, und während sie bei einem groß-
ßen Theil auf einer göttlichen Offenbarung und Verehrung eines einzigen,
höchst vollkommnen und allmächtigen Wesens beruhen, beschränken sie sich bei
andern Völkern, die nur auf einer sehr niedrigen Stufe der Bildung stehen,
auf eine gewaltige Furcht vor bösen Geistern, die über die Witterung, Leben
und Tod, Glück oder Unglück, Armuth und Reichthum in der Welt zu ent-
scheiden haben. In Bezug auf die Religion zerfallen alle Völker in zwei
große Klassen: in Monotheisten und Polytheisten.
Die Monotheisten verehren ein höchstes Wesen; zu ihnen gehören die
Juden, Christen und Muhamedaner oder Moslemin. Die Juden hatten die
erste Offenbarung des einigen Gottes; sie waren stets auf ein kleines Ge-
biet beschränkt und vermochten nicht, ihrer Lehre auch bei andern Völkern
Eingang zu verschaffen. Nach der Zerstörung Jerusalems (70 «. Chr.)
zerstreuten sie sich in alle Welt; man schätzt gegenwärtig die Gesammtzahl
der noch lebenden Juden auf 7 Millionen. Das Christenthum, die Offen-
barung des wahren und einigen Gottes durch Jesum Christum, ist die
erhabenste aller Glaubenslehren. Es zertheilt sich in drei Hauptkirchen:
in die römisch-katholische, in die griechisch-katholische und in die protestantische.
Zur letztem gehören wiederum die Lutheraner, Reformirten, Anglikaner und
Presbyterianer (Puritaner). Minder verbreitete Sekten sind die Mennoniten,
die Herrnhuter, die Quäker und die Methodisten.
Der Islam, die Lehre der Muhamedaner, wurde 622 n. Chr. von
Muhamed gegründet, und beruht auf jüdischen und christlichen Glaubens-
sätzen, welche der Stifter nach Gutdünken erweiterte, verstümmelte oder sonst
veränderte. Unter den Sekten der Muhamedaner verdienen außer den Sun-
niten und Schiiten nur noch die Wechabiten in Arabien eine besondere
Erwähnung.