— 40? —
heftiegen/ und hatte nach mehreren andern jetzt einen
Herzog von Bourbon zum Minister. Dieser letzte nun
beleidigte jetzt den König von Spanien und seine Ge-
mahlin auf das empfindlichste, indem er eine spanische
Infantin, die Tochter der Königin Elisabeth, lste schon
in Paris war, um mit Ludwig Xv. vermahlt zu wer-
den, nach Spanien zurück schickte, und dagegen den jun-
gen König mir einer andern vermahlte, nämlich mit
Maria Leszinski, der Tochter jenes Stanislaus Leszinski,
welcher, wie erzählt worden, einige Zeit den polnischen
Thron besessen hatte), und jetzt nach seiner Vertreibung
am Rhein lebte. Diese große Beleidigung Frankreichs
gegen Spanien und die neu entstandene Eifersucht Eng-
lands gegen Oestreich hatten zur Folge, daß zwischen
Spanien und Oestreich eine neue Freundschaft entstand,
und daß diese beiden Mächte einen besonderen Vertrag
mit einander schlossen, in Wien, und sich mit einander
gegen Frankreich und die Seemächte verbanden, wodurch
sich denn der Congreß von Cambray sogleich wieder auf-
löste. Und da nun auf der anderen Seite die See-
mächte mit Frankreich, mit Preußen und anderen Staa-
ten das Bündniß von Herrnhausen schlossen, so schien
jetzt nach dem mißlungenen Friedenswerk doch wieder
ein großer und allgemeiner Krieg auszubrechen, wie denn
der König von England auch schon seine Kriegsflotte in
die See gehen ließ. — Indeß aber hatte in Frankreich
der Herzog von Bourbon seine Ministerstelle verloren,
und statt seiner war der Kardinal Fleury, der Lehrer
Ludwigs Xv., ein siebzigjähriger und dabei höchst edler
und friedliebender Mann, zur Verwaltung Frankreichs
gekommen, und er war es, der den Krieg verhinderte,
indem er mit Hülfe des römischen Pabstes Frieden stif-
tete. Durch die Absetzung des Herzogs von Bourbon
war auch das beleidigte Spanien versöhnt worden, und
der Kaiser, der jetzt nicht recht gerüstet war, gab es
zu, daß die Errichtung der Handelsgesellschaft in Ostende
noch sieben Jahre unterbleiben solle, bis wohin man auf
.inem neuen Congreß in Soissons alles friedlich beilegen
vollte. Dieser Congreß wurde auch im Jahre 1728 er-
öffnet, «nd kamen dort wieder Gesandte aus beinahe
allen europäischen Staaten zusammen. Aber auch er
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xv. Maria_Leszinski Maria Stanislaus_Leszinski Oestreich Oestreich Cambray Ludwigs_Xv.
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Paris Spanien Rhein Frankreichs Spanien Spanien Wien Frankreich Frankreich England Frankreich Frankreichs
— 390 —
ihrer Brüder, und wollte, um die Herrschaft ganz zu
ergreifen, ihren jüngern siebzehnjährigen Bruder Peter
ermorden lassen. Dieser aber erfuhr den Anschlag, ret-
tete sich erst durch die Flucht, kehrte dann mit feinen
Getreuen zurück, und ließ Sophien, indem er sie,über-
raschte, ergreifen und in ein Kloster sperren, worauf er
denn, indem Iwan entsagte, den Thron allein erhielt,
im I. 1689. — Auf diese Weise kam es in Rußland zu
Ende des siebzehnten Jahrhunderts zu der Alleinherr-
schaft Peters des Großen, welcher durch seinen merk-
würdig großen Charakter und durch seine klugen Ent-
würfe mit den Absichten des polnischen Friedrich August
und mit der Kriegslust des kühnen Karls Xii. von
Schweden so zusammentraf, daß sich aus diesem Zusam-
mentreffen am meisten der große nordische Krieg ent-
wickelte, welchen für die nordischen Lander das neue
achtzehnte Jahrhundert herbeiführte, und zwar in der-
selben Zeit, wo Ludwig Xiv. am Anfang des neuen
Jahrhunderts auch durch einen neuen großen Krieg den
Westen erschütterte.
Der spanische Successionskrieg. Die Entstehung des Königreichs
Preußen. Philipp von Anjou, Karl von Oestreich, Prinz Eugen von
Savoyen, der Herzog von Marlborough- Die Schlachten von Hoch-
stedt, von Turin und Malplaquet. Kaiser Joseph I. von Deutschland.
Die Königin Anna von England. Der Friede von Utrecht.
§. 5. Nämlich auch deshalb hatte Ludwig Xiv.
den Frieden von Ryswik beeilt, weil ein bevorstehender
großer Vorgang in Spanien seinem weit aussehenden
Ehrgeiz einen viel höheren Gegenstand darbot. Dort
wurde nämlich jetzt der Tod Karls Ii. erwartet, der als
letzter. König aus dem östreichischen Hause ohne Erben
war, so daß die große Frage für die europäischen Reiche
entstand, wer nun den spanischen Thron erhalten solle,
auf welchen natürlich das deutsch-östreichische Haus die
gerechtesten Ansprüche hatte, welchen aber jetzt Ludwig
Xiv. einem Prinzen aus seinem Hause zu verschaffen
suchte. Es war aber vorzüglich König Wilhelm Hi.
von England in dieser Zeit damit beschäftigt, es^ nicht
zu einem von beiden kommen zu lassen, daß nämlich
Spanien entweder mit der östreichischen Macht oder mit
-Frankreich vereinigt würde, wodurch ja eine so große
V
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Extrahierte Personennamen: Peter Iwan Friedrich_August Friedrich August Karls Ludwig_Xiv Ludwig Philipp_von_Anjou Philipp Karl_von_Oestreich Karl Eugen_von
Savoyen Eugen Joseph_I._von_Deutschland Anna_von_England Ludwig_Xiv Ludwig Karls Ludwig
Xiv Ludwig Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Karls Schweden Turin Utrecht Spanien Karls England Spanien
Macht entstehen mußte, daß das europäische Gleichge-
wicht in großer Gefahr stand. Er brachte es mit Hülfe
^ Hollands bei den beiden Mächten, welche nach dem groß-
ßen Erbe trachteten, dahin, daß sie sich beide mit einem
Theil davon begnügen wollten. Weil nämlich ein Erb-
prinz von Baiern, Joseph Ferdinand, der Enkel einer
spanischen Prinzeß, deshalb auch Ansprüche auf die spa-
nische Krone machen konnte, so gaben es in einem Thei-
lungsvertrag Frankreich und Oestreich zu, daß dieser
Prinz von Baiern das eigeutliche Königreich Spanien
erhalten sollte, aber die dazu gehörigen Nebenlander
wollte man davon losreißen und zwischen den» Enkel
Ludwigs Xiv., Philipp von Anjou, und dem jüngsten
Sohn des Kaisers Leopold I., dem Erzherzog Karl, thei-
len. Durch diese Bestimmung über das spanische Reich,
die noch wahrend der Lebzeiten König Karls Ii. gemacht
wurde, fühlte sich derfelbe, besonders da man sie ohne
ihn getroffen hatte, so beleidigt, daß er jetzt durch ein
Testament den baierschcn Prinzen zum alleinigen Erben
seines ganzen Reichs einsetzte, wodurch er zugleich auch
dessen Zerstückelung verhüten wollte. Aber dieser Prinz,
dem jetzt so großes Glück bevorsiand, starb, als er eben
nach Spanien abreisen wollte, so daß es mit der spa-
nischen Erbschaft von neuem zweifelhaft wurde. Jetzt
wandte sich der spanische König auf die Seite Oestrerchs
und bestimmte den Erzherzog Karl zu seinem Nachfol-
ger, verlangte aber, daß Kaiser Leopold diesen seinen
Sohn sogleich nach Spanien schicken, ihn iedoch auch
mit Kriegstruppen ausstatten sollte. Unoegreifiicher
Weise aber weigerte sich Kaiser Leopold dieser letzten
Forderung, und ließ dadurch seinen Vortheil gar unklug
aus der Hand gehen. Denn nun brachte es dev fran-
zösische Gesandte an dem spanischen Hofe, der kluge
Marquis von Harcourt dahin, daß Karl 11. den fran-
zösischen Prinzen Philipp von Anjou in einem Testamente
zum Erben der ganzen spanischen Monarchie einsetzte.
Als der König im Novbr. 174so starb, wurde dieses Te-
stament eiligst nach Frankreich geschickt, und Ludwig Xiv.
nahm cs an, und begleitete seinen Enkel Philipp selbst
bis an die Pyrenäen, von wo. dann dieser nach Madrid
ging, und sich daselbst als König Philipp V. anerkennen
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Extrahierte Ortsnamen: Hollands Baiern Frankreich Baiern Spanien Karls Spanien Spanien Frankreich Madrid
431
Theilungen Polens schon ihren Anfang genommen hatte,
und welche jetzt eine neue Zeit über den ganzen Welttheil
hin hervorbringeu sollte, wie es nun im folgenden nur
ganz allgemein und in großen Zügen erzählt werden
soll.
Die westlichen Länder in den Zeiten nach dem Hubertsburger Frieden.
Die nordamerikanische Revolution. Die französische Revolution. Hin-
richtung Ludwigs Xvi. Der Revolutionskrieg. Das Auftreten Buo-
napartes. Die Friedensschlüsse von Basel, Campo Formio, Luneville
, und Amiens.
§. 12. In den nächsten Zeiten nach dem Huberts-
burger Frieden war über das westliche Europa ein all-
gemeiner Friede verbreitet, dessen sich vorzüglich die
drei bourbonischen Mächte erfreuten, wiewohl die Kö-
nige von Spanien und Neapel denselben mehr zur Wohl-
fahrt ihrer Völker benutzten, als König Ludwig Xv., der
seine vieljährige Regierung nur zum Unglück seines
Landes fortsetzte, denn die höchste Sittenverderbniß sei-
nes Hofes und die härteste und schmachvollste Bedrü-
ckung des Volkes durch seine und seiner Hoflcute Ver-
schwendung machte damals Frankreich vor allen Län-
dern Europas unglücklich. Dagegen war damals in
Portugal eine berühmte Zeit, nämlich die des Ministers
Pombal, welcher dieses kleinere Reich unter König Jo-
seph Emanuel, wenn auch nur vorübergehend beglückte,
wobei sich die Vertreibung des Jesuitenordens aus die-
sem Lande ereignete, welche nachher auch in den bourbo-
nischen Reichen geschah. Aber nur vorübergehend war
die Beglückung Portugals durch diesen weisen Staats-
mann, da ihn nach Josephs I. Tode 1777, dessen Toch-
ter und Nachfolgerin Maria Franziska sogleich stürzte,
und sein Verbesserungswerk wieder vernichtete. An diese
innern Vorgänge der südwestlichen Reiche in den Frie-
densjahren nach dem Hubertsburger Frieden knüpfte sich
dann bald darauf ein bedeutender Vorgang mit Eng-
land, welcher am meisten zu der neuen Revolutionszeit
hinleitete, nämlich der nordamerikanische Befreiungskrieg,
durch welchen der König von England die Herrschaft
über die englischen Colonien in Nordamerika verlor.
Da diese Colonien, welche seit den Zeiten der Königin
Elisabeth zumeist durch Auswanderung englischer Re-
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Campo_Formio Ludwig_Xv. Ludwig_Xv. Emanuel Maria_Franziska Maria
Extrahierte Ortsnamen: Basel Amiens Europa Spanien Neapel Frankreich Europas Portugal Portugals Josephs England Nordamerika
432
ligionspartheien entstanden waren, jetzt von den engli-
schen Ministern zu unbilligen Abgaben sollten gezwungen
werden, so empörten sie sich zuerst in der Stadt Boston,
durch den sogenannten Theesturm im I. 1773, indem
sie den Thee mehrerer englischer Handelsschiffe, tzen sie
durchaus für einen bestimmten Preis kaufen sollten, ins
Wasser schütteten, und wie es nun darüber zuerst zwi-
schen dem Mutterlande und den Colonien zu den Waffen
kam, und sich nun in Amerika der berühmte Feldherr
Washington erhob, und die dortigen Provinzen durch
seine Siege von der englischen Herrschaft losriß, so
kam es endlich zu dem Congreß von Philadelphia, auf
welchem sich die Nordamerikaner im I. 1776 von
dem englischen Könige ganz lossagten und die Colonien
zu einer freien Republik machten. Doch war damit der
Krieg über diese Sache noch nicht beendigt, sondern
dauerte noch fort, und ob er gleich außerhalb Europa
in Amerik« und den dortigen Gewässern zumeist ge-
führt wurde, so nahmen doch in Europa auch Frank-
reich und Holland für Amerika daran Theil, so daß
auch auf den europäischen Gewässern Feindseligkei-
ten vorgingen, weshalb damals der dänische Minister
Dernstorff der Jüngere mit der Kaiserin Katharina die
bewaffnete nordische Neutralität errichtete, um Däne-
mark und die nördlichen Reiche dadurch zu schützen.
Endlich aber mußten die Engländer die Behauptung
ihrer Herrschaft doch anfgeben, und dieser Krieg en-
digte durch den Frieden von Versailles im I. 1783. —
Während desselben nun war in Frankreich Ludwig Xv.
gestorben, und ihm folgte sein Sohn, Ludwig Xvi. wel-
cher bei seiner Herzensgüte das Elend des französischen
Volkes schon lange zu lindern gewünscht, und nach
dessen Regierungsantritt die Franzosen sich längst ge-
sehnt hatten, so daß er den Namen Ludwig der Er-
sehnte erhielt. Aber es war nur zu traurig in dem
ganzen Gange der geschichtlichen Begebenheiten bestimmt,
daß die großen Verschuldungen seiner beiden Vorgänger
ihre schrecklichen Folgen auf ihn sollten fallen lassen,
denn eben nur nach wenigen Jahren seiner neuen Herr-
schaft begann die französische Revolution. Denn wie
nun eben das französische Volk die Härte, welche me
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Extrahierte Personennamen: Katharina Ludwig_Xv. Ludwig_Xvi Ludwig Ludwig_der_Er- Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Boston Amerika Washington Philadelphia Europa Amerik« Europa Holland Amerika Versailles Frankreich
— 433 —
Verschwendung der frühem Könige herbeigeführt hatte,
da hatten sich auch in Folge der Theilnahme an dem
nordamerikanischen Kriege und durch damalige falsche
Lehren ausgeartete Freiheitsgrundsatze unter den Fran-
zosen verbreitet, durch welche sie die Ehrerbietung vor
dem königlichen Thron verloren. Und als Ludwig Xvi.
mehrere Finanzminister nach einander ernannt hatte, die
der öffentlichen Landesnoth abhelfen sollten, ohne es je-
doch zu vermögen, weil sie zu groß war, da wollte er
mit seinem Volke selbst darüber zu Rathe gehen, und
berief deswegen eine allgemeine Reichsversammlung nach
Versailles, wie es seit Jahrhunderten in Frankreich
nicht mehr geschehen war. Auf dieser Reichsversamm-
lung aber kam es bald dazu, daß sich die Abgesandten
des Bürgerstandes mit denen des Adels heftig entzwei-
ten, und daß sie, indem ihnen auch der geistliche Stand
beitrat, erklärten, daß sie nun alle^ bisherigen Miß-
brauche völlig abschaffen und das Königreick- ganz neu
einrichten wollten. Und da mit diesen Männern bald
auch das pariser Volk gemeinsame Sache machte, so
entstand bald eine allgemeine Empörung gegen den Kö-
nig, der es erdulden mußte, daß ihn das pariser ge-
meine Volk von Versailles nach Paris führte, und nun
knüpfte sich eine Mißhandlung desselben an die andere,
und es wurde ihm in einer Verfassung vorgefchrieben,
wie er künftighin regieren sollte. Und da jetzt seine
Lage unter seinem zügellosen Volke immer schlimmer
wurde, so entschloß er sich aus seinem Reiche zu ent-
fliehen, wie es schon seine Brüder und ein großer Theil
des Adels gethan hatten, um auswärts Hülfe zu su-
chen. Aber auf seiner Flucht wurde er ergriffen und
nach Paris zurückgeführt, wo er mit seiner Familie als
Gefangener in den alten Templerthurm gebracht wurde.
Und so sehr verwilderte nun das Gefühl des französi-
schen Volkes und vorzüglich der hingerissenen Freiheits-
männer, welche in Paris die neue Einrichtung Frank-
reichs zu Stande bringen wollten, daß sie gar frevel-
-haft den gefangenen König zum Tode verurtheilen lie-
ßen. Auf einem großen Platz in Paris wurde ein
Schaffst errichtet, und Ludwig Xvi. bestieg es in Be-
gleitung eines treuen Geistlichen, welcher in den letzten
28
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xvi Ludwig Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Versailles Frankreich Versailles Paris Paris Paris Paris
Monat August die Schlachten von Großbeeren, durch
welche Berlin von dem Einfall der Franzosen gerettet
wurde, dann die an der Katzbach, die von Dresden
und Culm, bis endlich im October die Schlacht erfolgte,
welche dem ganzen europäischen Welttheil die Freiheit
wieder gab. Dieß war die ewig denkwürdige Schlacht
in den Ebenen von Leipzig, wo die gefammten Heere
zufammentrafen, und wo drei Tage nacheinander, vom
16. bis 18. October, zwischen den größten Hecresmassen
gefochten wurde. In derselben wurde Napoleon so ent-
schieden geschlagen, daß er nun auf das eiligste durch
Deutschland nach dem Rhein floh, um jetzt Frankreich
selbst gegen die verfolgenden Feinde zu vertheidigen.
Sogleich war auch wieder der Rheinbund aufgelöst: die
deutschen Fürsten traten nun sogleich auf die Seite der
Verbündeten, und mit dem Antritt des Jahres 1811
rogen die Heere derselben an mehreren Stellen über den
Rhein nach Frankreich, und der Krieg wurde nun in
diesem Lande fortgesetzt, indem Napoleon auf billige
Friedensantrage nicht hörte, sondern noch immer seine
vorige Größe und Macht wieder zu erreichen hoffte.
Nach vielen Schlachten und Kriegswechseln eroberten
die Verbündeten Paris selbst, und die drei Monarchen,
der König von Preußen, der Kaiser von Rußland und
der Kaiser von Oestreich zogen in die französische Haupt-
stadt ein, im März 1814, wahrend Napoleon von der-
selben abgeschnitten, nun sein Reich für verloren geben
mußte, indem nun auch die Bourbonen, die Brüder des
Hingerichteten Ludwigs Xvi., wieder zurückkehrten, weil
viele Franzosen jetzt die Wiederherstellung der alten kö-
niglichen Herrschaft wünschten. Unter solchen Umstän-
den entschloß sich denn Napoleon, seinem kaiserlichen
Thron zu entsagen. In Fontainebleau legte er die Krone
feierlich nieder, und war damit zufrieden, daß ihm die
kleine Insel Elba bei Toskana zum Besitz und Aufent-
halt angewiesen wurde, wohin er sich alsbald einschiffte.
Nun schlossen die verbündeten Monarchen mit Frank-
reich den Frieden von Paris, durch welchen Frankreich
mit seinen alten Grenzen, wie sie in den Zeiten vor der
Revolution gewesen waren, nuch die bourbonische Kö-
nigsfamilie wieder erhielt, indem nun Ludwig Xviiu,
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Extrahierte Personennamen: August Napoleon Napoleon Oestreich Napoleon Ludwigs Napoleon Ludwig_Xviiu Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Dresden Leipzig Deutschland Rhein Frankreich Rhein Frankreich Paris Ludwigs_Xvi Fontainebleau Elba Toskana Paris Frankreich
447
der Bruder Ludwigs Xvi., denn sein Sohn Ludwig Xvii.
war in der Revolution gestorben ^ den Thron bestieg.
Und auch in den übrigen Landern wurde alles wieder
hergestelltindem die Brüder Napoleons sogleich auch
ihre Throne und Herrschaften verlassen mußten, denn
iudeß hatten auch die Engländer in Spanien entschie-
den den Sieg davon getragen, und Ferdinand Vii. be-
stieg, aus der Gefangenschaft zurückkehrcnd, den Thron
seines Vaters Karl Iv., der indeß gestorben war. Auch
in Italien bekam Ferdinand Iv. den Thron von Neapel
wieder, das Kaiserthum Oesireich und das Königreich
Preußen wurden zu ihrer vorigen Größe wieder herge-
stellt, wie auch alle kleineren Fürsten in Deutschland
und Italien ihre Lander wieder erhielten. Diese allge-
meine Wiederherstellung aller früher» Verhältnisse zwi-
schen den Reichen Europas sollte nun aber auf genauere
Weise geordnet und festgesetzt werden, und deswegen ver-
sammelten sich die verbündeten Monarchen und die meisten
andern europäischen Herrscher auf einem großen Con-
greß zu Wien, im Novbr. 1814, wo alles darüber ver-
handelt werden sollte. Aber noch während dieser Ver-
handlungen zeigte sich Napoleon noch einmal mit feinem
kühnen Unternehmungsgeiste; plötzlich erschien er wieder
an den Küsten von Frankreich, und landete, und so
groß war in diesem Lande noch die Zahl seiner Anhän-
ger, daß er sogleich wieder ein Heer zusammen hatte,
und mit demselben schnell auf Paris losziehend, zwang
er Ludwig Xvhl zur eiligen Flucht, -und trat in der
Hauptstadt wieder als Kaiser auf. Er bot jetzt den
verbündeten Monarchen einen neuen Frieden an, und
daß er seine Herrschaft nur auf Frankreich beschränken
wolle; aber sie schlossen sogleich ein neues Bündniß, mit
dem gegenseitigen Versprechen, daß sie nicht eher das
Schwert niederlegen wollten, als bis sie den Ruhestörer
Europas aufs neue völlig überwunden hatten. Im'
Sommer des Jahres 1815 zogen also die Kriegsheere
noch einmal gegen Frankreich aus, und der Hauptschau-
platz des Krieges wurden die Niederlande. Dort ereig-
nete sich auch bald wieder eine neue Entscheidung, denn
in der Schlacht bei Belle-Alliance, am 18. Juni 1815,
wurde Napoleon von dem englischen Herzog Wellington,
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Extrahierte Ortsnamen: Spanien Italien Neapel Kaiserthum_Oesireich Deutschland Italien Europas Wien Frankreich Paris Frankreich Europas Frankreich Niederlande Wellington
451
drang im I. 1831 über Rußland in die europäischen
' Lander ein, und durchzog dieselben mit ihrem Schrecken,
so wie sie auch letzt in Sevilla, also im südwestli-
chen Spanien, noch nicht aufgehört hat. — Und zu die-
sen Bewegungen der letzten Jahre ist endlich noch ein
doppelter Erbfolgestreit auf der pyrenaischen Halbinsel
hinzuzufügen, welcher auch jetzt noch uicht entschieden
ist. Das Königreich Portugal sollte nach dem Tode
Johann Vi. auf seinen ältesten Sohn Pedro forterben.
, Weil derselbe aber schon Kaiser von Brasilien in Ame-
rika war, so trat er die portugiesische Krone seiner
Tochter Maria da Gloria ab. Ihr aber wurde sie von
ihrem Oheim Miguel, Pedros jüngerem Bruder, streitig
gemacht und auch auf mehrere Jahre entrissen, während
welcher sie in England verweilte. Und ob sie nun gleich
vor kurzem in,Begleitung ihres Vaters in Lissabon ein-
gezogen ist , und als ein junges Mädchen von vierzehn
Jahren den Thron von Portugal bestiegen hat, so ver-
weilt doch Don Miguel noch mit seinen Kriegstruppen
im Lande, ob es gleich sehr zu bezweifeln ist, daß er
nun wieder auf den Thron gelangen werde. — Und zu
allerletzt ist vor wenig Monaten der König Ferdinand Vii.
von Spanien gestorben, und hat sein Köüigreich seiner
noch unmündigen dreijährigen Tochter Jsabella Ii. hin-
terlassen, und zwar unter der Regentschaft ihrer Mut-
ter Christine. Aber auch gegen sie erhebt sich ihr Oheim,
Don Carlos, der Bruder des verstorbenen Königs, und
behauptet, daß die Krone von Spanien ihm zukomme.
Und da sich in den nördlichen Provinzen Navarra und
Biscaja eine Parthei für ihn als Karl den V. erklärt
hat, so sind die Kriegstruppen der Königin ausgerückt,
um dwse Gegenparthei, die spanischen Karlisten, zu un-
terdrücken, wie es auch den Anschein nach bald gesche-
hen möchte. — So sind also in diesem Augenblick die
beiden Länder der pyreuäischeu Halbinsel durch einen
innern Krieg um die Thronfolge beunruhigt, und es
steht wohl zu erwarten, ob die beiden jungen Köni-
ginnen auf ihren Thronen herauw ach sen werden.
e Am Schlüsse dieser ganzen Erzählung ist noch ein
fluchtiger Blick auf Amerika hinüber zu werfen, dessen
große Hauptvorgänge in den drei Jahrhunderten seit
29 *
j
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Extrahierte Personennamen: Johann Pedro Maria_da_Gloria Maria Ferdinand Jsabella Christine Carlos Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Sevilla Spanien Brasilien Pedros England Lissabon Portugal Spanien Spanien Navarra Biscaja Amerika
364
sogleich mit dem Kaiser Friede machen, und nach Däne-
mark zurückweichen mußte, und die Protestanten sahen
sich nun von neuem verlassen. Ans gar harte Weise
wollte nun der Kaiser seinen Sieg benutzen: durch das
Restitutions-Edict wollte er die Rechte der protestanti-
!Ä-en Fürsten vernichten, und dazu kamen jetzt auch die
Siege eines zweiten überaus berühmten kaiserlick)en Feld-
herrn, des Grafen Albrecht von Wallenstein aus Böh-
men, welcher, indem er unaufgehalten nach Norddeutsch-
land vordrang, den Fürsten von Meklenburg ihre Lander
nahm, mit denen ihn der Kaiser belehnte, und er soll
nichts geringeres im Sinn gehabt haben, als sich an
den Küsten der Ostsee selbst^ein großes Reich zu stiften.—
So sehr lag also das Glück der Protestanten danieder,
als ihnen ein Retter von außerhalb kam. Das war der
König Gustav Adolph von Schweden, der bei einem
großen und edlen Charakter, und als König eines pro-
testantischen Volkes seine Glaubensgenossen nicht ohne
Hülfe lassen, und den gereinigten Glauben in Deutsch-
land nicht wollte untergehen lassen. Und damals war
auch in Frankreich ein sehr berühmter staatskluger Mi-
nister, der Kardinal Richelieu, der eigentlich dieses Rei h
an der Seite des jungen Ludwig Xiii. beherrschte. Er
konnte, bei der alten Eifersucht des französischen Hofes
gegen die doppelte Macht des östreichischen Hauses, nicht
ruhig dabei bleiben, als jcht nicht nur dieses Haus in
Deutschland durch seine Siege so mächtig emporstieg,
sondern auch wieder eine gemeinsame Bestrebung an den
beiden östreichischen Höfen zur Erreichung der Oberge-
walt in Europa statt fand. Daher hatte er nicht nur
durch seine Ueberredung dazu beigerragen, daß Gustav
Adolph von Schweden nach Deutschland herüberkam, um
hier der Macht des Kaisers entgegenzutreten, sondern
er hatte auch selbst Ursache zum Kriege mit Spanien
gesucht, welche er in einigen Grenzstreitigkeiten in Ita-
lien fand, und hatte auch dort den Krieg in Italien und
an den Pyrenäen angehen lassen, so daß sich nun dieser
Krieg, welcher sich anfänglich in dem kleinen Lande Böh-
men entzündet hatte, so weit über Europa ausbreitew,
daß hier Schweden und dort Spanien an demselben
theilnehmen mußten. Und wie nun Gustav Adolph mit
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Wallenstein Albrecht Gustav_Adolph_von_Schweden Gustav Ludwig_Xiii Ludwig Gustav
Adolph_von_Schweden Gustav Gustav_Adolph Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Böh- Norddeutsch- Meklenburg Ostsee Deutsch- Frankreich Deutschland Oberge- Europa Deutschland Spanien Ita- Italien Europa Spanien