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1. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 10

1915 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
10 Erster Zeitraum. Bis zur Grndung des Frankenreiches durch Chlodwig. Westfalen auch hofweise (Einzelhfe). In Stdten zu leben war dem Ger-manen verhat; sie erschienen ihm als Zwingburgen der Knechtschaft" (Tacitus). Die Beschftigung des freien Mannes bildeten hauptschlich Jagd und Krieg sowie der Besuch der Volks- und Gerichtsversammlung; oft lag er ganze Tage aus der Brenhaut und zechte mit seinen Nachbarn und Freunden. Die Arbeit im Felde und im Hause fiel den Unfreien, den Frauen und Kindern zu. Die geistigen Bedrfnisse waren gering. Bcher und Schulen kannte man nicht: doch war der Gebrauch einer eigenartigen Schrift, der aus dem lateinischen Alphabet gebildeten Runen, d. h. geheimnisvoller Zeichen (vgl. raunen, zu-raunen), allgemein verbreitet. Man ritzte sie besonders in Gerte und Waffen, um den Besitzer zu kennzeichnen oder Zaubersprche anzubringen Geistige Anregung und Unterhaltung boten auch die religisen und weltlichen Lieder, deren Gegenstand die Taten der Götter und der Helden, z. B. Siegfrieds, des deutschen Achilles, bildete. Jeder dichtete, wie es ihm der Geist eingab; einen Dichterstand (Skalden) gab es nur bei den Nordgermanen2. 8) Der Volksglaube. Wie alle Heiden, so sah auch der Germane in den Elementen und Krften der Natur hhere Wesen. Als wichtigste Gottheiten sind folgende zu merken: 1. Wodan, von den Nordgermanen Odin genannt, der Gott des Himmels, dessen Auge die Sonne ist, der Schpfer des Weltalls, der Vater der Götter und Menschen. Im blauen Mantel, den grauen Sturmhut auf dem Haupte, fhrt er rauschend durch die Lfte. Als Gott des Sturmes3 leitet er auch die strmende Feldschlacht und sendet die Kampfgttinnen (bei den Nordgermanen Walkren Totenwhlerinnen) aus, um die auf der Walstatt Gefallenen in die Himmelsburg Walhalla ( Totenhalle) zu geleiten. Zwei Raben, Hugin ( Gedanke) und Munin ( Erinnerung), sitzen auf seinen Schultern und fliegen hinaus, um Kunde von dem Laufe der Welt einzuziehen4. Unter den Wochentagen ist ihm der Mittwoch (niederd. Wunstag oder Gunstag Wodanstag) heilig. 2. Donar (nord. Tor), Wodans Sohn, der rotbrtige Gott des Gewitters, der auf seinem mit Ziegenbcken bespannten Donnerwagen einherfhrt und den immer wieder in seine Hand zurckkehrenden Blitzhammer schleudert. Er spendet den fruchtbaren Gewitterregen und wird daher als Beschtzer des Acker-b a u e s verehrt. Von den Tieren liebt er besonders den roten Fuchs und das rote Eichhrnchen, von den Bumen die Eiche. Der Donnerstag ist ihm heilig. 3. Ziu (nord. Tyr), in einigen Gegenden Er genannt, ebenfalls ein Sohn Wodans. Er war ursprnglich, wie der griechische Zeus, der Gott des Himmels; spter wurde er als Saxnot ( Schwertgenosse) zum Kriegsgott, der gleich 1 Im Gegensatz zu diesen Runenzeichen nannte man spter die Schriftzeichen in einem Buche Buchstaben (Stab Schriftzeichen). 2 Vgl. Uhlands Gedicht Der blinde König". Die Barden" gehren nicht der deutschen, sondern der keltischen Nation an. 3 Diese Vorstellung hat sich erhalten in den Sagen von dem wilden Jger" und von dem wtenden Heer", d. h. den Geisterscharen der Toten, welche unter der Fhrung Wodans namentlich in den Nchten zwischen Weihnachten und dem Feste der heiligen drei Könige durch die Luft strmen. 4 Ein Nachklang dieser Vorstellung tnt uns in der Sage von Kaiser Rotbart entgegen. Vgl. Rckerts Gedicht Barbarossa".

2. Hilfsbuch für den Unterricht in der alten Geschichte - S. 57

1918 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
Sokrates. Der Spartanerknig Agesilaus, 57 lichen Anteil und zeichnete sich durch standhaftes Ertragen von Beschwerden aus. Den 30 Tyrannen sagte er bittere Wahrheiten. Denselben Freimut zeigte er bei seinen Gesprchen mit solchen, die sich weise bnften: Sokrates belehrte sie, da sie eigentlich nichts wten. Dadurch machte er sich viele Feinde. Diese klagten ihn an, da er nicht an die Götter des Staates glaube und die Jugend verfhre. Nur mit schwacher Mehrheit wurde er sr schuldig erklrt. Als man ihn nun dem Herkommen gem ausforderte, sich selbst die Strafe zu bestimmen, stellte er den Antrag, man solle ihn, als einen Wohltter des Volkes, auf Staatskosten unterhalten. Das reizte den Zorn der Richter und fhrte seine Verurteilung zum Tode herbei. Im Gesngnisse sprach er mit seinen Freunden der die Unsterblichkeit der Seele. Dann leerte er den Giftbecher und starb voll Seelenruhe im Alter von 70 Jahren. 5. Der Spartanerknig Agesttns (398360). a) Seine Thronbesteigung. Bei der Erledigung des spartanischen Thrones im Jahre 398 hoffte Lys an der, König von Sparta zu werden. Als er damit nicht durchdrang, erhob er seinen Jugendfreund Agesilaus auf den Thron, in der Meinung, diesen selbst beherrschen zu knnen. Aber er tuschte sich in dem unscheinbaren, an einem Fue lahmen Manne. Gleich nach seiner Thronbesteigung bewies Agesilaus seine Tatkraft da-durch, da er eine gefhrliche Verschwrung unzufriedener Spartiaten unterdrckte. b) Sein Zng gegen die Perser. Mit derselben Entschiedenheit trat er in einem neuen Kriege gegen die Perser auf. Der Groknig grollte den Spartanern, weil sie den Cyrus untersttzt hatten. Anderseits glaubten diese als Vorsteher von Hellas" sich der klein asiatischen Griechen annehmen zu mssen, die, im Peloponnesischen Kriege den Persern preisgegeben, jetzt von dem Satrapen Tissaphernes hart bedrngt wurden. 100 Jahre nach Beginn des ionischen Aufstandes hatte der Krieg seinen Anfang genommen (400). Aber erst als Agesilaus, von Lysander begleitet, an die Spitze des Heeres trat, machten die Griechen ent-scheidende Fortschritte. Agesilaus besiegte die persischen Satrapen und schickte sich an, in das Innere Kleinasiens vorzudringen. Gleichzeitig lie er den Lysander. der sich als Herrn und Meister auf-spielte, seine berlegenheit fhlen. Als dieser sich beklagte, Agesilaus ver-stehe es, seine Freunde zu demtigen, erhielt er zur Antwort: Nur die, welche grer scheinen wollen als ich", und wurde mit einer Abteilung nach dem Hellespont gesandt. e) Der Krieg zwischen Theben und Sparta. Tod des Lysander. Der Groknig wute kein anderes Mittel, sich gegen Agesilaus zu schtzen, als einen Krieg in Griechenland zu erregen. Er schrte daher den all-

3. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 10

1899 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
10 Erster Zeitraum. Bis zur Gründung des Frankenreiches durch Chlodwig. Die Beschäftigung des freien Mannes' bildeten hauptsächlich Jagd und Krieg, sowie der Besuch der Volks- und Gerichtsversammlnng; oft lag er ganze Tage auf der Bärenhaut und zechte mit seinen Nachbarn und Freunden. Die Arbeit im Felde und im Hause fiel den Unfreien, den Frauen und Kindern zu. Die geistigen Bedürfnisse waren gering. Bücher und Schulen kannte man nicht; doch war der Gebrauch einer eigenartigen Schrift, der Rnnen, d. h. geheimnisvoller Zeichen (vgl. raunen, zuraunen), allgemein verbreitet. Man ritzte sie in hölzerne Stäbe und Bretter (daher das Wort „Buchstabe", eigentlich „Buchenstab"), besonders aber in Geräte und Waffen, um den Besitzer zu kennzeichnen oder Zaubersprüche anzubringen. Geistige Anregung und Unterhaltung boten auch die religiösen und weltlichen Lieder, deren Gegenstand die Thaten der Götter und der Helden, z. B. Siegfrieds, des deutschen Achilles, bildeten. Jeder dichtete, wie es ihm der Geist eingab; einen Dichterstand (Skalden) gab es nur bei den Nordgermanen *. o) Der Volksglaube. Wie alle Heiden, so sah auch der Germane in den Elementen und Kräften der Natur höhere Wesen. Als wichtigste Gottheiten sind folgende zu merken: 1. Wodan, von den Nordgermanen Odin genannt, der Gott des Himmels, deffen Auge die Sonne ist, der Schöpfer des Weltalls, der Vater der Götter und Menschen. Im blauen Mantel, den grauen Sturmhut auf dem Haupte, fährt er rauschend durch die Lüfte. Als Gott des Sturmes2 leitet er auch die stürmende Feldschlacht und sendet die Walküren (-- Totenwählerinnen) aus, um die auf der Walstatt Gefallenen in die Himmelsbnrg Walhalla ( Totenhalle) zu geleiten. Zwei Raben, Hugiu (—- Gedanke) und Munin (- Erinnerung) , sitzen auf feinen Schultern und fliegen hinaus, um Kunde von dem Laufe der Welt einzuziehen'. Unter den Wochentagen ist ihm der Mittwoch (niederd. Wunstag oder Gunstag = Wodanstag) heilig. 2. Donar (norb. Thor), Wodans Sohn, der rotbärtige Gott des Gewitters, der ans seinem mit Ziegenböcken bespannten Donnerwagen einherfährt und den immer wieder in seine Hand zurückkehrenden Blitzhammer schleudert. Er spendet den fruchtbaren Gewitterregen und wird daher als Beschützer des Ackerbaues verehrt. Von den Tieren liebt er besonders den roten Fuchs und das rote Eichhörnchen, von den Bäumen die Eiche. Der Donnerstag ist ihm heilig. 3. Ziu (norb. Tyr), in einigen Gegenden Er genannt, ebenfalls ein Sohn Wobans. Er war ursprünglich, wie der griechische Zeus, der Gott bes Himmels; später würde er als Saxnot (— Schwertgenosse) zum Kriegsgott, der gleich dem griechischen Ares sich mitten in die Schlacht stürzt. Der Dienstag (alemann. Zistag, altbayr. Ertag) ist ihm heilig. 1 Vgl. Uhlands Gedicht „Der blinde König". Die „Barden" gehören nicht der deutschen, sondern der keltischen Nation an. 2 Diese Vorstellung hat sich erhalten in den Sagen von dem „wilden Jäger" und von dem „wütenden Heer", b. h. den Geisterscharen der Toten, welche unter der Führung Wodans namentlich in den Nächten zwischen Weihnachten und dem Feste der heiligen drei Könige durch die Luft stürmen. 3 Ein Nachklang dieser Vorstellung tönt uns in der Sage von Kaiser Rotbart entgegen. Vgl. Rückerts Gedicht „Barbarossa".

4. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 68

1899 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
68 Vierter Zeitraum. Das Deutsche Reich von Heinrich I. bis zum Ende der Stanfer. f) Der dritte Zug »ach Italic». Otto I. fällt in Untcritalien ein. Theophano vermählt sich mit Otto It. Nachdem Otto einen Aufstand des römischen Adels niedergeworfen hatte, rückte er in Unteritalien ein (966), knüpfte aber bald Unterhandlungen mit dem byzantinischen Hofe an, um die Anerkennung seiner Kaiserwnrde und die Hand einer griechischen Prinzessin für seinen bereits zum Könige und Kaiser gekrönten Sohn Otto zu erlangen. Erst nach langjährigen Bemühungen kam er zum Ziele; doch mußte er ausdrücklich den griechischen Besitzstand in Unteritalien (Apulien und Kalabrien) anerkennen. Zur Osterzeit des Jahres 972 traf die Prinzessin Theophano, eine Nichte des griechisckwn Kaisers, in Rom ein und wurde hier mit dem jungen Otto vermählt. | D. Tie Persönlichkeit Cttos des Großen und sein Ende. Otto 1. erinnert sowohl durch seine Thaten als auch besonders durch seine Persönlichkeit an fein Vorbild Karl den Großen und ist wie dieser in Sagen und Liedern viel gefeiert worden. Mit einem kräftigen Körper ausgestattet, war er sein Leben lang ein eifriger Schütze und gewandter Reiter. Mächtig wallte der Bart gegen die alte Sitte auf die breite Brust herab. Feurige Augen leuchteten in dem gebräunten Antlitz. -— Stets trug er die heimische K leidung; ebenso pflegte er sich seiner sächsischen Mundart zu bedienen1, doch war ihm auch das Romanische und Slawische geläufig. Nach in seinem spätern Alter lernte er lesen. — Seine Beschäftigung teilte er zwischen Staatsangelegenheiten und Gottesdienst. Er war immerfort thätig und gönnte sich nur wenig Nachtruhe. Von Natur freundlich und gnädig, besaß er doch eine eiserne Willenskraft, die vor keinem Hindernisse zurückschreckte. — Von seiner Würde hatte er die höchste Vorstellung; er betrachtete sie als ein Geschenk der göttlichen Gnade und setzte nie die Krone aus, ohne vorher gefastet zu haben. Als Schirmherr der Kirche fühlte er sich verantwortlich für ihr Gedeihen. Am meisten wirkte er durch das Beispiel der größten Sittenstrenge, namentlich in Italien, wo die allgemeine Verderbnis auch das Papsttum ergriffen hatte. (Als Otto im Jahre 973 zu Quedlinburg das Osterfest feierte, erschienen Gesandte bcr Böhmen, Polen und Dänen, der Römer und Griechen, der Russen, Bulgaren und Ungarn, um dem mächtigsten Herrscher be-3 Abend-lanbes zu hulbigen. Bald nachher starb der Kaiser auf berfelben Pfalz wie sein Vater. Seine Gebeine ruhen jetzt im Dome zu Magdeburg. In dieser i Stadt hatte Otto mit Vorliebe geweilt; sie verdankte ihm ihr erstes Aufblühen. I 1 Eine allgemein deutsche Sprache gab es damals weder im schriftlichen noch im mündlichen Verkehr.

5. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 95

1899 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
Friedrich I. Rotbart (Barbarossa). 95 Deutschland zu verbinden. Friedrich warb persönlich für seinen Sohn Heinrich um Constanze, die voraussichtliche Erbin Siziliens und Apuliens. Die Verlobung kam zu stände (1185). Constanze hielt einen prunkenden '^inzug in Mailand und wurde hier mit dem Kaisersohne vermählt. Der Erfolg des Kaisers war mehr glänzend als segensreich; denn in ihm '«8 der Keim zu neuen Zerwürfnissen mit dem Papsttum, das die «hnshoheü über das Mische Reich in Anspruch nahm (S. 77) und nun fürchten musste, auf zwei Seiten von der staufischen Übermacht erdrückt zu werden. Schon «gönn die Flamme der Zwietracht emporzulodern, als die Nachricht, Jerii-alem, das auf dem ersten Kreuzzuge von den Christen erobert worden war, |et toiebcr in die Hände der Ungläubigen gefallen, zum Frieden mahnte. '. g) Friedrichs Kreuzzug und Tod. Obwohl schon hochbetagt, nahm Miedrich das Kreuz und zog mit einem trefflich gerüsteten Heere nach dem -^steii (dritter Kreuzzug), saud aber, bevor er das Heilige Land erreichte, >n dein Flüßchen Saleph seinen Tod (vgl. S, 106). Wo die Gebeine "es Kaisers bestattet worden sind, ist ungewiß. I h) Die Persönlichkeit deü Kaisers. Jisi Gegensatz zu den hoch gewachsenen Saliern (S. 82) war Friedrich I. wie alle Staufer von 'nittlerer Größe. Er hatte blondes Haar und einen blonden Bart, deshalb ihn die Italiener B a r b a r 0 s s a (Rotbart) nannten. Ein M e i st e r '» allen ritterlichen Künsten, bewahrte er seine körperliche Rüstigst bis zu seinem Ende. Seine Geistesbildung erhob ihn hoch über die leisten Fürsten seiner Zeit. Mit dem Verständnis des Lateinischen verband °r die Fähigkeit, sich in seiner Muttersprache gewandt und beredt auszudrücken. Die aufblühende vaterländische Dichtkunst erfreute >>ch seiner besondern Teilnahme. — Bei der Verfechtung seiner kaiserlichen chte und Ansprüche zuweilen leidenschaftlich und rücksichtslos, 'vußte er dennoch immer einen billigen Ausgleich zu finden, der auch den Gegner zufriedenstellte. Seine Frömmigkeit beruhte auf einer tief religiösen Gesinnung, die oft überwältigend hervorbrach. So erscheint Friedrich I. als die echte Verkörperung deutschen eseus. Wie seine Zeitgenossen, so haben auch die spätern Geschlechter neben Karl den Großen gestellt, den er sich selbst zum Vorbilde ^Nomine» hatte. Wie dieser und Otto der Große ist er ein Lieblings-K'ld der Sage geworden. Sie setzte allmählich seine Person an die stelle seines Enkels Friedrich Ii., von dem sich das Volk erzählte, daß ^ >»cht gestorben sei, sondern im Kyffhäuser schlafe, um dereinst "'herzukommen und die Herrlichkeit des Reiches zu erneuern >. 1 Vgl. Rückerts Gedicht „Barbarossa" und Geibels „Friedrich Rotbart". — N dem Kyffhäuser (in Thüringen) steht jetzt ein Denkmal Kaiser Wilhelms L

6. Dichtung der Neuzeit - S. 28

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
28 Sechste Periode, von 1624—1748. Lied der Freundschaft. Der Mensch hat nichts so eigen, So wohl steht nichts ihm an, Als daß er Tren erzeigen Und Freundschaft halten kann, Wenn er mit seinesgleichen Soll treten in ein Band, Verspricht sich, nicht zu weichen. Mit Herzen, Mund und Hand. Die Red' ist uns gegeben. Damit wir nicht allein Für uns nur sollen leben Und fern von Leuten sein; Wir sollen uns befragen Und sehn auf guten Rat, Das Leid einander klagen, So uns betreten hat. Was kann die Freude machen, Die Einsamkeit verhehlt? Das gibt ein doppelt Lachen, Was Freunden wird erzählt. Der kann sein Leid vergessen, Der es von Herzen sagt: Der muß sich selbst auffressen, Der insgeheim sich nagt. Gott stehet mir vor allen. Die meine Seele liebt: Dann soll mir auch gefallen. Der mir sich herzlich gibt. Mit diesen Bunds-Gesellen Verlach' ich Pein und Not, Geh' aus den Grund der Höllen Und breche durch den Tod. Ich hab', ich habe Herzen So treue, wie gebührt, Die Heuchelei und Scherzen Nie wissentlich berührt! Ich bin auch ihnen wieder Von Grund der Seele hold; Ich lieb' euch mehr, ihr Brüder, Als aller Erden Gold. Andreas Gryphius, geb. 1616 zu Glogau, gest. 1664 daselbst als Syndikus, ist nicht bloß lyrischer, sondern vorzugsweise dramatischer Dichter. Er hat jedoch größere Bedeutung durch seine mit derber Wahr- heit, frischem Humor und Naivetät geschriebenen Lustspiele als durch seine meist grauenvolle Stoffe behandelnden Tragödien. Die wichtigsten seiner Lustspiele sind: „Horribilicribrifax", in welchem er sich gegen die gesellschaftlichen Mißstände und die Sprachmengerei der Zeit des Dreißigjährigen Krieges wendet, und „Peter Squenz", eine Satire gegen die Volksschauspiele, die in ihrem Kerne auf das Zwischenspiel „Pyramus und Thisbe" in Shakespeares „Sommernachtstraum" zurückweist. Andreas Gryphius steht der ersten schlesischen Schule schon ferner. Hatten die Dichter der ersten schlesischen Dichterschule vorzugs- weise nach „Reinlichkeit" der Sprache und des Verses gestrebt, so suchten die der zweiten, welche besonders das Drama und den Roman pflegte, im Gegensatze zu dieser trockenen Richtigkeit nach einer „Lieblichkeit" des Ausdrucks, die sie namentlich durch Häufung von „durchdringenden, löb- lichen" Beiwörtern (d. h. durch einen unnatürlichen Schwulst) zu er- reichen wähnten. Die Vertreter dieser Schule, Christian Hoffmann von Hoffmannswalpau (1618—1669) und Kaspar von Lohen- 'f'tic $$ t%Ci '¿wfs«¿vhf 1 jy/H-

7. Dichtung der Neuzeit - S. 29

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
A. Poesie. 29 •i ; - ■}} -k*Xi... ‘jj stein (1636—1683), begnügen sich aber nicht mit diesem Haschen nach der Lieblichkeit des Ausdrucks, sondern sie schlagen nicht selten einen leicht- fertigen, ja frivolen Ton an. In einem Gegensatze zu dieser den ästhetischen und den moralischen Verfall der Poesie herbeiführenden Unnatur der zweiten schlesischen Schule stehen durch Streben nach Einfachheit und Wahrheit Christian Günther, Christian Weise und Barthold Heinrich Brockes. Christian Günther (1695—1723) ist ein trefflicher Lyriker voll tiefer Empfindung, gleichsam ein Vorbote der modernen deutschen Lyrik. Einzelne seiner Lieder sind Zierden der Poesie jener Zeit. Abcndtied. (Abgekürzt.) „Abermals ein Teil vom Jahre, Abermals ein Tag vollbracht! Abermals ein Brett zur Bahre Und ein Schritt zur Gruft gemacht. Also nähert sich die Zeit Nach und nach der Ewigkeit, Also müssen wir aus Erden Zu dem Tode reifer werden. Treuer Vater, deine Güte Heißet überschwenglich groß. Drum erquicke mein Gemüte, Sprich mich ledig, frei und los! Gib der Buße stets Gehör! Denn dein Knecht verspricht nunmehr, Dein Gesetze, deinen Willen Nach Vermögen zu erfüllen. Das Verdienst der vielen Wunden, Die mein Heiland scharf gefühlt. Hat in seinen Todesstunden Deine Zornglut abgekühlt. Schweig, wenn dieses Lösegeld Meiner Schuld die Wage hält, Und beschicke mich im Schlase Durch kein Aufgebot der Strafe. Laß mich an der Brust erwärmen, Die am Kreuze nackend hing! Wiege mich in dessen Armen, Der den Schächer noch umfing! Stelle mir der Engel Chor Ais die beste Schildwacht vor! Satan möchte sonst ein Schrecken In der Finsternis erwecken. Gute Nacht, ihr eitlen Sorgen! Ich begehre meiner Ruhz Jesus schließet bis auf morgen Auge, Tür und Kammer zu. Sanftes Lager, sei gegrüßt. Weil du dessen Vorbild bist. Das ich dermaleinst im Grabe Sicher zu erwarten habe." Leider verkam der begabte Dichter frühzeitig durch Leichtsinn und Zügel- losigkeit. Dem entsprechend urteilt auch Goethe über ihn: „Günther besaß alles, was dazu gehört, im Leben ein zweites Leben durch Poesie hervor- zubringen; aber er wußte sich nicht zu zähmen, und so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten." Christian Weise (1642—1708) ist ein fruchtbarer Dramatiker, der über 100 Dramen, namentlich Schulkomödien, schrieb, bei seinem

8. Dichtung der Neuzeit - S. 86

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
86 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Wie wird ihm, da er sie erblickt! „Sie ist's! sie ist's!" ruft er und läßt entzückt Den blutigen Stahl und seinen Turban fallen Und wird von ihr erkannt, wie seine Locken wallen. Obwohl Wieland den übrigen Dichterheroen seiner Zeit bedeutend nachsteht und die meisten seiner Werke wegen ihres leichtfertigen Inhaltes verdienter Vergessenheit anheimgefallen sind, so hat er dennoch um die Literatur Verdienste, die der Anerkennung würdig sind: 1. Er machte die durch Klopstock schwülstig, oft dunkel und schwer- fällig gewordene Sprache wieder schlicht, durchsichtig und gefällig. 2. Er setzte den von Klopstock verschmähten Reim wieder in sein altes Recht ein. 3. Er führte der Poesie neue Stoffe zu, eröffnete ihr nament- lich das Gebiet der Romantik. 4. Er gewann durch seine oft mit feinem Witz und gemütvollem Humor gewürzten Werke die vornehme Welt, die bislang fast ausschließlich der französischen Literatur zugewandt gewesen war, für die deutsche Dichtung. 8 20. Der Göttinger Dichter- oder Hainbund. Einen scharfen Gegensatz zu Wieland bildeten poetisch begeisterte Jünglinge, welche in der Universitätsstadt Göttin gen einen Bund schlossen, um in Nacheiferung Klopstocks, ihres schwärmerisch ver- ehrten Vorbildes, die deutsche Dichtkunst wieder zu Ehren zu bringen, Liebe zur Natur und zum Vaterlande zu entflammen, für Religion zu begeistern und Tugend zu verbreiten. Es war am 12. September 1772, als sie auf einem Abendspaziergange „in einem kleinen Eichengrund Mond und Sterne zu Zeugen ihres Bundes riefen und einander ewige Freundschaft versprachen". Der Bund wurde bald der Göttinger Hainbund ge- nannt, sei es, daß derselbe in einem Eichenhaine gestiftet war, sei es, daß man nach Klopstocks Vorgänge (Ode „Der Hügel und der Hain") mit dem Namen Hain die vaterländische Dichtung, das Ziel des Strebens der jungen Dichter, bezeichnen wollte. Die Richtung Klopstocks war auch die ihrige: gleich ihm schwärmten sie in jugendlicher Begeisterung für Frei- heit und Vaterland, für Natur, für Tugend und Freundschaft, gleich ihm förderten sie die Ausbildung der antiken Versmaße. Ihr gemeinsames Organ war der zu Göttingen herausgegebene „Musen- almanach", welcher die Mitglieder auch später noch in etwa geistig zu- sammenhielt , nachdem der Bund mit seinem Jugendrausch längst zer- sprengt war.

9. Dichtung der Neuzeit - S. 87

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 21. Voß. 87 Die bedeutendsten Dichter des Hainbundes sind: 8 21. . 1. Voß (1751-1826). Johann Heinrich Voß, 1751 als Sohn eines armen Pächters zu Sommersdorf in Mecklenburg geboren, betrieb in Göttingen das Studium der Theologie und Philologie, namentlich das der alten Klassiker. Bald die Seele des Hainbundes geworden, redigierte er von Wandsbeck aus den Musenalmanach und lebte von 1782 bis 1802 als Rektor der Schule zu Eutin in freundschaftlichem Verkehre mit dem Hainbundgenossen Grafen Leopold zu Stolberg, mit dem er jedoch in bitterste Feindschaft geriet, als derselbe im Jahre 1800 öffentlich zum Katholizismus übertrat. Im Jahre 1805 ging er mit dem Titel eines badischen Hofrates nach Heidelberg, wo er im Jahre 1826 starb. Die Bedeutung des Dichters, dem die Musen bei seiner Geburt gerade nicht gelächelt, liegt nicht in seinen trockenen und verstandesmäßig gehaltenen Liedern und Oden, sondern in seinen mit gemütlicher Behaglich- keit geschriebenen Idyllen und seiner meisterhaften Übersetzung Homers. Unter den kleineren Idyllen ragt hervor: „Der siebzigste Geburts- tag", eine anmutige poetische Kleinmalerei. Seine umfangreichste Idylle ist: „Luise, ein ländliches Gedicht in drei Gesängen" (1. „Das Fest im Walde", gefeiert von Luise, der Tochter des Pfarrers zu Grünau; 2. „Der Besuch" des Bräutigams Walther, Pfarrers zu Seldorf; 3. „Die Vermählung"), in welchem in naturgetreuer, auch un- bedeutende Einzelheiten behaglich ausmalender Weise das ländliche Still- leben geschildert und gefeiert wird. Jedoch sindet sich auch in dieser vom Dichter übermäßig hoch geschätzten, selbst über Goethes „Hermann und Dorothea" gestellten Idylle, zu w e n i g H a n d l u n g, und die P e r s o n e n treten nicht hinreichend individuell hervor. Höher zu schätzen ist Voß als Übersetzer, namentlich Homers. Den Geist und das Wesen der griechischen und römischen Dichtung klar und scharf erfassend, strebte er nach genauer Wiedergabe seines Originals in Inhalt und in Form. Treffend sagt Scherer: „Endlich erschien der wirkliche Homer in deutschem Gewände, schlicht, einfältig, treuherzig, im Tone weder zu niedrig noch zu hoch, im Stile verständnisvoll nachgebildet, das Formelhafte nicht verwischt, die Beiwörter glücklich bewahrt, ein Werk hingebenden Fleißes und ernster Vertiefung, überall auf einer klaren An- schauung altgriechischer Zustände ruhend." Der Übersetzung der Odyssee vom Jahre 1781 folgte die der Ilias erst im Jahre 1793. Minder ge- lungen sind seine Übersetzungen des Vergil, Horaz, Ovid, Tibull, Properz,

10. Dichtung der Neuzeit - S. 42

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
42 Sechste Periode, von 1624—1748. dem ersten Redakteur der Zeitschrift, dem Humoristen Zachariä, dem Satiriker Raben er, verdient besondere Erwähnung Christian Fürchtegott Gellert, geb. zu Hainichen bei Freiberg in Sachsen 1715, seit 1751 außerordentlicher Professor der Poesie und Beredsamkeit zu Leipzig, wo er 1769 starb. Mild und warm empfindend, wurde er der beliebteste und einflußreichste Dichter seiner Zeit, bekannt durch seine die sittliche Veredlung des Volkes bezweckenden Fabeln und Erzählungen und durch geistliche Lieder. Unter seinem Einflüsse standen auch die Fabeldichter Lichtwer, Willamov und Pfeffel (Verfasser der „Türkenpfeife"). 1. Der ju Ein junger Mensch, der viel studierte Und, wie die Eltern ganz wohl sahn, Was Großes schon im Schilde führte, Sprach einen Greis um solche Schriften an. Die stark und sinnreich denken lehrten. Mit einem Wort, die zum Geschmack gehörten. Der Alte ward von Herzen froh Und lobt' ihm den Homer, den Plato, Cicero Und hundert mehr aus alt und neuer Zeit, Die mit den heil'gen Lorbeerkränzen Der Dichtkunst und Wohlredenheit, Umleuchtet von der Ewigkeit, 2. Die Geschilt Das ei Der erste, der mit kluger Hand Der Männer Schmuck, den Hut, er- fand, Trug seinen Hut unaufgeschlagen; Die Krempen hingen flach herab; Und dennoch wußt' er ihn zu tragen, Daß ihm der Hut ein Ansehn gab. Er starb und ließ bei seinem Sterben Den runden Hut dem nächsten Erben. Der Erbe weiß den runden Hut Nicht recht gemächlich anzugreifen; Er sinnt und wagt es, kurz und gut, Er wagt's, zwo Krempen auszusteifen. : Gelehrte. Den Jünglingen entgegenglänzen. „D!" hub der junge Mensch mit stolzem Lächeln an, „Ich habe sie fast alle durchgelesen; Allein" — „Nun gut", sprach der ge- lehrte Mann, „Sind sie nach seinem Sinn gewesen. So muß er sie noch zweimal lesen. Doch sind sie ihm nicht gut genug ge- wesen, So sag' er's ja den Klugen nicht; Denn sonst erraten sie, woran es ihm gebricht. Und heißen ihn die Zeimng lesen." von dem Hute. Buch. Drauf läßt er sich dem Volke sehn; Das Volk bleibt vor Verwundrung stehn Und schreit: „Nun läßt der Hut erst schön!" Er starb und ließ bei seinem Sterben Den ausgesteiften Hut dem Erben. Der Erbe nimmt den Hut und schmält. „Ich", spricht er, „sehe wohl, was fehlt." Er setzt darauf mit weisem Mute Die dritte Krempe zu dem Hute. „O", rief das Volk, „der hat Verstand! Seht, was ein Sterblicher erfand! Er, er erhöht sein Vaterland!"
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