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1. Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung - S. 72

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
72 Das Dekhan. §. 22. Gebirges, bildet in der Mitte ein von dem übrigen Hochlande Hinter- asiens vollständig isolirtes Tafelland (3000—5000' hoch), welches im O. und W. von den Ghatta-Gebirgen (noch 1000—2000' höher) be- grenzt und eingeschlossen wird. а. Die Westküste des Dekhan ist wegen ihrer günstigen Lage für den Seehandel von den ältesten Zeiten ein Hauptziel der Schifffahrt gewesen und in neueren Zeiten zunächst von den Portugiesen angesiedelt worden, von deren ehemals bedeutenden Besitzungen an der Küste das verfallene Goa der einzige Ueberrest ist. Die britische Hauptstadt des westlichen Dekhan ist Bomb ay (566,000 (§.?) mit trefflichem Kriegshafen. In der Nähe liegen die berühmten unterirdischen Felsentcmpel Indiens; namentlich ist zu Ellora der (1 M. lange) sagenannte Götterberg van oben bis unten in stackwerkartig übereinander befindlichen Grotten ausgehöhlt und in un- zählige Tempel (von denen allein 20 dem Gotte Siwa angchören) zu einem wahren Pantheon der Inder umgeschaffen. Das südwestliche Küstenland oder Malabar gleicht einem großen terrassenförmigen Garten, in welchem vorzüglich die Pfeffer- und Betel- Ranke, die Palme, Zucker u. s. w. gedeihen, höher folgen die Tekwälder mit ihrem fast unverweslichen Holze und, wo diese aufhören, beginnen die Waldungen des kostbaren Sandelholzes. Daher ward dieser Küsten- strich einer der frühesten Centralpunkte des Welthandels mit zahlreichen Emporien. б. Das Tafelland, welches sich in progressiver Steigung von N. gegen S. erhebt, nimmt den bei weitem größten Theil des Dekhan ein. Es wird nur von wenigen Hügelreihen durchzogen und senkt sich allmählich gegen O., weshalb die Flüsse einen trägen Lauf haben. Das Land hat einzelne sehr fruchtbare Theile, andere von mittlerer Frucht- barkeit, viele Striche liegen unangebaut da, namentlich seit der Herr- schaft der Mahratten. Die wichtigste Stadt im Innern ist ein zweites Haid arabad (200,000 E.). c. Die Ostküste oder die sandige Küste Koromandel, eine der gefährlichsten und hafenlosesten (vgl. §. 7, 3), konnte bei ihrem heißen, ungesunden Klima und wegen des Mangels an eigenthümlichen Erzeug- nissen nicht die Bedeutung gewinnen, welche der Küste Malabar durch ihre tropische Begetatiou zu Theil ward. Doch war sie durch ihre Lage und die Natur des bengalischen Meerbusens auf Handelsverkehr nllt Hinterindien, dem indischen Archipel, Ceylon und dem Gangeslande angewiesen. Daher entstanden die Handelsplätze Mansaltpatam, Madras (720,000 E. ?), der Hauptsitz des indischen Perlen- und Edelstein-Handels, und die französische Niederlassung P o n d i ch e rr y (25—30,000 E.). D. Die Insel Ceylon (1154 sz M.) wird vom Festlande ge- trennt durch eine gefährliche Meerenge, voll Felsenriffe und Sandbänke, an denen sich die von den Monsoous hergetriebeuen Meeresströmungen in heftigen Brandungen brechen und welche (namentlich die sogenannte Adamsbrücke) die Durchfahrt für größere Schiffe unmöglich machen.

2. Deutsche Prosa - S. 238

1900 - Gera : Hofmann
238 Georg Gerland. lich sehen wir den Weg, der zum Ziele fuhrt, die Methode unserer Arbeit, uns vorgezeichnet. Mühevoller ist heute die wissenschaftliche Thätigkeit als früher, aber sie geleitet uns, streng durchgeführt, zu sicherem Erfolg. Dies ist die Art der Arbeit, wie sie den Forscher erfreut. Und dazu kommt die trotz aller politischen Gegensätze stets wachsende Einigung der Völker in der Kulturarbeit, die in immer lebhafterer Aus- bildung dazu dienen wird, jene Gegensätze, so weit sie die gemeinsamen Ziele der Menschheit schädigen, mehr und mehr zu mildern. Und ferner nun die heutige Überwältigung von Raum und Zeit: es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich es ausspreche, daß wir im Anfange einer ganz neuen Entwicklungsphase der Menschheit stehen. Es sei mir vergönnt, an meiner Fachwissenschaft, der Erdkunde, kurz nachzuweisen, welche gewaltigen Fortschritte in den letzten fünf Jahrzehnten gemacht sind. Wie sahen vor dieser Zeit unsere Karten aus! Das große deutsche Nationalwerk, der Stielersche Atlas, der von Gotha aus heute sich die Welt erobert hat und Atlas aller Völker wurde, wie unvollkommen war er damals! Afrika, Australien, Süd- amerika fast leer, ebenso die Polargegenden, und wie falsch waren oft die Einzelheiten! Und noch schlimmer stand es mit der Physik der Erde. Schließt sich doch die ganze Tiefseeforschung erst an den prak- tischen Vorgang der Kabellegung an: war doch eine klimatologisch all- gemeine Forschung noch unausführbar, das Wissen von der Eiszeit und ihren Folgen in den ersten Anfängen — so war eine wirkliche Erd- kunde, die Wissenschaft von der Wechselwirkung der großen physikalischen Kräfte, die, an die Erdmaterie gebunden, durch ihre Gesamtwirkung die Erscheinungen, Gestaltungen und Wandlungen der Erde, der Länder der Meere hervorbringen — eine solche Wissenschaft war damals noch gar nicht möglich. Giebt es nun Teile der Erde, welche für die Erforschung der Natur unseres Planeten besonders wichtig sind? Unstreitig; doch er- scheint dem Menschen zunächst das Unbekannte als das Wichtigste. Das galt von Afrika, wo allerdings auch praktische Fragen schwer in das Gewicht fielen; das gilt von der Polarforschung, wo doch von praktischen Erfolgen kaum die Rede sein kann. Und so ist gerade das Interesse, welches wir an der Polarforschung haben, die Art, wie sie heute be- trieben und für die Zukunft geplant wird, ganz besonders charakteristisch für unsere neue Zeit, für ihre Arbeit und ihre Erfolge. Liegt es da nicht nahe, daß wir heute, wo wir uns ein Bild der Leistungen unserer Zeit vorführen wollen, als Beispiel bei der Polarforschnng etwas länger verweilen, gerade heute, wo uns alle durch Nansens un- erhörte Erfolge die Polarwelt besonders beschäftigt, heute aber auch, wo wir alle wissen, wie lebhaft unser Kaiser an diesem allgemeinen

3. Deutsche Prosa - S. 240

1900 - Gera : Hofmann
240 Georg Gerland. so wirkten auch jene ältesten arktischen Fahrten zunächst pfadfinderisch erschließend. Ihnen folgten die Schiffe der Wal- und Robbenfänger, eine Bucht, eine Insel und Straße nach der anderen auffindend, be- nennend und für die Nachkommenden kartographisch festlegend. Und nun traten im siebzehnten Jahrhundert Männer auf wie Kepler, die Cassini, Newton, Bayle; von Frankreich ans entwickelte sich der so merkwürdige Streit über die Gestalt der Erde, dessen letzte Frucht, das einheitliche Metermaß, ebenfalls zu dem wertvollsten Besitz der Menschheit zählt. Von Frankreich aus verbreitete sich eine ganz neue Kartographie, welche an die Stelle der früheren roh-schematischen Topographie das natürliche Bild des Landes setzte; von Frankreich aus gingen die Ideen, welche politisch zur Revolution, wissenschaftlich zu jener Umwandlung des Denkens führten, durch welche sich das neun- zehnte Jahrhundert so scharf vom achtzehnten scheidet — alles dies machte sich sofort ans dem Gebiete der Gesamtauffassung der Erde, der Erd- kunde, geltend, wie dieselbe ja immer mit den großen Geistesbewegungen der Menschheit besonders nahen Zusammenhang gezeigt hat. Und so ist auch die Polarforschung im neunzehnten Jahrhundert plötzlich eine ganz andere. Wohl suchte man noch die nordwestliche, die nordöstliche Durchfahrt, aber nicht mehr um Indien zu erreichen; als die erstere 1852 von Mac Clure, die letztere 1879 von Nordenskjöld gefunden war, bestand der Wert der Auffindung nicht in der Durchfahrt, er bestand vielmehr in dem endlich sicheren Bild der Nordküste beider Kontinente und in der reichen wissenschaftlichen Ausbeute beider Ent- decker. Solcher Ausbeute, nicht mehr den Handelsinteressen, galten auch die hohen Preise, welche die englische Regierung noch in unserem Jahr- hundert für die Auffindung der Durchfahrt aussetzte, die kostspieligen Expeditionen, welche sie zu gleichen: Zwecke ausrüstete: die früheren Handelsfahrten waren zu wissenschaftlichen Forschungsreisen geworden, und erforschen wollte man die gesamte Natur der polaren Erde. Gleiche Ziele verfolgten die einzelnen. Der Waler Skoresby, neben seinem Walfischfang zugleich Prediger in Schottland, machte auf seinen Jagdfahrten ununterbrochene und wissenschaftlich höchst wertvolle Studien über Hydrographie, Magnetismus, Meteorologie der arktischen Gegenden; ebenso bereiste der nachmalige Dubliner Professor der Mineralogie, Karl Ludwig Gieseke 1807—1813 West- und Ostgrönland nur, um seine grundlegenden Studien über die geologische Beschaffenheit dieser Küsten zu machen. Übrigens war er ein Deutscher, aus Augsburg, und zwar ein Dichter, den wir alle gar nicht selten im Munde führen: der Dichter der Zauberflöte, was hier erwähnt sein mag, da heute ja auch der Geburtstag des Mannes ist, der selbst die Giesekischen Knittel- verse unsterblich machen konnte, der Geburtstag Mozarts.

4. Deutsche Prosa - S. 242

1900 - Gera : Hofmann
242 Georg Gerland. Daß trotz der Fabeleien von einem großen Südland, welches wohl gar das Goldland des Salomo sein sollte — daher der Name der Salomo-Inseln bei Australien — daß trotzdem der Südpol so gänzlich vernachlässigt wurde, hat seinen Grund in der Ungunst seiner Umgebung. Größere Landmassen sehten; die ungeheure Wasserwüste des Südens zeigt nur wenige Inseln, und diese besitzen weder größere Säugetiere noch gar menschliche Bewohner, während die Eskimo des Nordens für die Polarforschung unschätzbar wichtig sind. So blieb Magelhaens' Südfahrt 250 Jahre lang ohne Folge; der erste, der nach ihm hohe Südbreiten erreichte, war 1774 James Cook; ähnliche Expeditionen erfolgten erst nach weiteren fünfzig Jahren. Die be- kanntesten sind die der Franzosen unter Dumont d' Urville 1839, der Amerikaner unter Wilkes, der Engländer unter James Roß, der 1842 bis zum 78. Grad, der höchsten bisher erreichten Südbreite vordrang. Nach dem einjährigen Aufenthalt einer deutschen Station auf der Insel Südgeorgien, einer französischen an der Südspitze Amerikas, welche beide in den Kreis der internationalen Polumzingelung des Jahres 1883 gehören, nach einigen neuen Südvorstößen der letzten Jahre rüsten und sammeln gegenwärtig auch wieder eine Reihe von Nationen, Deutschland, Östreich, England, Amerika und andere, zu einer neuen internationalen Polbelagerung, die diesmal am anderen Ende der Welt stattfinden und für die Wissenschaft von allergrößtem Wert sein wird. Aber hier drängt sich uns die Frage auf: Warum? Warum erstreben wir nun gar das unzugängliche Südland? Was haben wir, die Menschheit, die Wissenschaft, von diesem so unsäglich opfervollen Studium der unwirtlichsten, schrecklichsten Gegenden der Welt? Eins empfanden wir alle beim Lesen einer arktischen Reise: neue, übergewaltige Eindrücke stürmten auf uns ein. Die schroffen Felsen und brandenden Küsten; das Eis bald in endlos ausgedehnter, öder Fläche, bald wild über einander getürmt; der tobende Kampf von Wasser, Fels und Eis neben totenstarrer, furchtbarer Stille; das röt- lich fremde Licht einer nicht untergehenden Sonne, die sich häufig in die seltsamsten Gebilde verzerrt; oder finsterer Nebel und endlose Dunkelheit, bisweilen jäh aufleuchtend in dem geisterhaften Wallen und Strahlen des Nordlichts, in welchem Plato und Pytheas die Oberfläche der wahren Erde, der Erde höherer Geister sahen — diese Natur hat eine überwältigende Erhabenheit. Nansen berichtet, daß die Eskimo den Tupilik, den bösen Dämon der Einsamkeit, fürchten, der dem Menschen die Sprache raube; es ist derselbe Dämon der Einsamkeit und ihres Schauders, vor dem die Griechen als dem großen Pan er- schraken, dem Böcklin in seinem „Schweigen des Waldes" ein so ent-

5. Leitfaden bei dem Unterricht in der vergleichenden Erdbeschreibung - S. 39

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die sog. Colonialbest'tzungen der Chinesen. Japan. 39 lichen Tribut in Pferden, Kameelen, Schafen und andern Thieren oder deren Häuten entrichten, wogegen sie aber Geschenke erhalten, damit sie in Unterwürfigkeit bleiben. Das Land ist eine Hochebene, der es fast ganz an Holz und Wasser fehlt, die Mitte derselben nimmt die Wüste Gobi (s. S. 36) ein. Iv. Das westliche Centralasien (Jli). Sowohl am Nord- als unmittelbar am Südfuße des Himmels- gebirges (Thian-Schau) liegt eine Reihe von Handelsstädten, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts als Grenzprovinzen dem chinesischen Reiche einverleibt wurden. Unter den Handelsstädten am Südfuße, welche nicht durch Ort- schaften und Dörfer mit einander verbunden sind, ist die prächtigste ganz im W. Kaschghar (80,000 E.). Die nordwestliche Grenzmark des chinesischen Reiches ist das Dsungaren-Land (Songarei). V. Tibet oder das südliche Centralasien. Die Nordseite des Himalapa nimmt die erhabenste (13,000 bis 1-4,000' hohe) Plateaulandschaft der Erde, Tibet, ein, mit L'hassa, der Residenz des Dalai-Lama, des geistlichen Oberhauptes der Tibetaner. Die Thierwelt des Hochlandes wird gegen die Kälte des Klimas durch ein ungewöhnlich dichtes Haar geschützt, namentlich liefert die Be- kleidung des tibetanischen Schafes den Stoff zu den berühmten Geweben, die von Kaschmir aus in den Handel kommen. Außer den genannten Ländern rechnen die Chinesen noch zu ihrem Reiche im Osten das Königreich Korea und im Westen das Königreich Ladakh am obern Indus; beide Reiche zahlen einen Tribut an den chinesischen Kaiser, find aber durch ihre Lage zugleich einem zweiten Herrn tributpflichtig, nämlich Korea den Japanern, Ladakh den Afghanen. Auch die Beherrscher Cochin-Chinas erhalten vom Hofe zu Peking ihre Belehnung. §. 29. ' Das Jnselreich Japan. Das Kaiserthum Japan, welches zum Osten Asiens eine ähnliche Stellung einnimmt, wie Großbritannien zum europäischen Festlande, besteht aus drei großen Inseln: Nipon, Kiu-siu und Sikok, und aus einer Menge (3500?) kleiner Inseln. Auch rech-

6. Leitfaden bei dem Unterricht in der vergleichenden Erdbeschreibung - S. 44

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
44 Ceylon, Kaschmir, Butan und der indische Archipel. Masulipatam, Madras (400,000 E. ?) und die französische Nie- derlassung Pond ichery. D. Die Insel Ceylon enthalt im Innern ein reich bewässertes und fruchtbares Bergland mit Wäldern riesenhafter Bäume (Kokus- und andere Palmen, Brodfruchtbäume, Bananen, indische Feigenbäume, neben der Baumwollenstaude der mächtige Baumwollenbaum). Haupt- sächlich aber ist Ceylon die eigentliche Gewürzinsel, und der ächte Zimmtbaum war bis vor wenigen Jahren ihr allein eigentümlich. Der Boden enthält eine außerordentliche Menge und Mannichfaltigkeil edler Steine, während das Meer die kostbaren Perlenaustern und großen Seemuscheln (zu Gefäßen, Instrumenten, Schmucksachen dienend) nährt. Daher hat man die Insel mit Recht die „Krone der indischen Lande" genannt. H. Die noch unabhängigen Alpenlandschaften im Norden. 1. Kaschmir am äußersten Nordwestrande des Himalaya. Als im Jahr 1849 das Pengab mit dem Indo-Britischen Reiche vereinigt wurde, blieb das Gebiet von Kaschmir davon ausgeschlossen. Das kleine Alpenland Kaschmir hat ein durch die hohe Lage und die südliche Breite glücklich temperirtes Klima und galt einst im Morgen- und Abendlande als ein an Naturschönheiten unver- gleichliches Paradies, welches orientalische Dichter mit ihren gewohn- ten Uebertreibungen das „Meisterstück der Natur" genannt haben. In der Hauptstadt (Kaschmir oder) Sirinagur werden die berühmten Kaschmir-Schawls verfertigt, wozu die nördlichen Nachbarländer die Wolle liefern. 2. Butan, ein kleines Gebiet in der Ostgruppe des Hi- malaya. §. 32. Der indische Archipel. Der indische Archipel besteht aus vier größern Inseln: Su- matra, Java, Borneo und Celebes, die fast so bedeutend sind, wie Festländer, und aus einer unzähligen Menge kleinerer und ganz kleiner Eilande. Da, mit Ausnahme der Philippinen, alle diese Inseln in der Nähe des Aequators liegen, so folgt daraus eine gewisse Gleichförmigkeit des Klimas und der Erzeugnisse des Thier- und Pflanzenreiches. Neben dem Reisbau, wofür insbesondere Java geeignet ist, und ver- schiedenen Palmarten, die Brod, Palmwein und Zucker liefern, findet sich hier die Gewürznelke (auf den Molukken) und die Muskatnuß, der Kampher- baum, der Gummibaum (welcher einen beliebten Weihrauch gewährt); aus

7. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 42

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
42 I. Beschreibende Prosa: Kulturgeschichte. und Sogdiana zwischen dem Hindu Kho und dem Jaxartes (Syr); end- lich das kühne Vordringen in das Fünfstromland von Vorderindien. Fast überall hat Alexander hellenische Ansiedelungen gegründet lind in der ungeheuern Länderstrecke vom Ammonstempel in der libyschen Oase und von Alexandria am westlichen Nildelta bis zum nördlichen Alexandria am Jaxartes griechische Sitten verbreitet. Die Erweiterung des I d e e n k r e i s e s — und dies ist der Stand- punkt, von welchem aus hier des Macedoniers Unternehmen und die längere Dauer des baktrischen Reiches betrachtet werden müssen — war begründet in der Größe des Raumes, in der Verschiedenheit der Klimate von Cyropolis am Jaxartes (unter der Breite von Tiflis und Rom) bis zu dem östlichen Jndusdelta bei Tira unter dem Wendekreise des Krebses. Rechnen wir dazu die wunderbar wechselnde Gestaltung des Bodens, von üppigen Fruchtländern, Wüsten und Schneebergen mannig- faltig durchzogen, die Neuheit und riesenhafte Größe der Erzeugnisse des Tier- und Pflanzenreiches, den Anblick und die geographische Verteilung ungleich gefärbter Menschenrassen, den lebendigen Kontakt mit teilweise vielbegabten, uralt kultivierten Völkern des Orients, mit ihren religiösen Mythen, ihren Philosophemen, ihrem astronomischen Wissen und ihren sterndeutenden Phantasien. In keiner andern Zeitepoche (die achtzehn und ein halbes Jahrhundert später erfolgende Begebenheit der Entdeckung und Ausschließung des tropischen Amerika ausgenommen) ist ans ein- mal einem Teile des Menschengeschlechts eine reichere Fülle neuer Natur- ansichten, ein größeres Material zur Begründung der physischen Erdkenntnis und des vergleichenden ethnologischen Studiums dar- geboten worden. Für die Lebhaftigkeit des Eindrucks, welchen eine solche Bereicherung der Ansichten hervorgebracht, zeugt die ganze abendländische Litteratur; es zeugen selbst dafür, wie bei allem, was unsere Einbildungs- kraft in Beschreibung erhabener Naturscenen anspricht, die Zweifel, welche bei den griechischen und in der Folge bei den römischen Schriftstellern die Berichte des Megasthenes, Nearchus, Aristobulus und anderer Be- gleiter Alexanders erregt haben. Diese Berichterstatter, der Färbung und dem Einfluß ihres Zeitalters unterworfen, Thatsachen und individuelle Meinungen eng miteinander verwebend, haben das wechselnde Schicksal aller Reisenden, die Oscillation zwischen anfänglichem bitterem Tadel und später mildernder Rechtfertigung erfahren. Die letztere ist in unseren Tagen um so häufiger eingetreten, als tiefes Sprachstudium des Sanskrit, als allgemeinere Kenntnis einheimischer geographischer Namen, als bak- trische, in indischen Grabhügeln, sogen. Topen, aufgefundene Münzen und vor allem eine lebendige Ansicht des Landes und seiner organischen Er- zeugnisse der Kritik Elemente verschafft haben, die dem vielverdammenden

8. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 49

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. 49 Altertums, Kunst und Wissenschaft auf Griechenland, Gesetze und Ein- richtungen auf Rom, so viele Dinge, die uns im täglichen Leben um- geben, auf beiden. Die griechische Bildung erhielt nicht nur in der römischen eine be- wunderungswürdige Zugabe, sondern hätte auch schwerlich ohne die römische Macht Dauer und Verbreitung gewonnen. Es erscheint gerade hier in der Weltgeschichte eine der größten Verkettungen geistiger Zwecke und nach Irdischem strebender Kräfte. Vor allem aber darf man in Rom nicht Italien vergessen. An dem Geiste des Altertums mußte sich die neuere Bildung emporschlingen, um sich zu etwas allseitiger Vollendetem zusammen- zuwölben, und in dieser entscheidenden, von allen Punkten ihres Erscheinens anziehenden Umgestaltung spielt dieses wundervolle, in Himmel, Lage, Er- zeugnissen, Schönheit und Anlagen der Menschenuatur so begünstigte Land die erste und bedeutendste Rolle. In den meisten künstlerischen, wissen- schaftlichen, philosophischen, bürgerlichen, politischen, dann in den großen durch Handlungs- und Forschungsgeist geleiteten länderverbindenden Ent- wicklungen menschlicher Thätigkeit schritt Italien dem übrigen Abendlande in jenen denkwürdigen Jahrhunderten, in welchen das Moderne sich zuerst in geistiger Würdigkeit dem Antiken gegenüberzustellen anfing, voran. An diesem neuern Ruhme Italiens haben zwar, wenn man gerecht sein will, andere Städte größern Anteil, als gerade Rom. Allein alles floß doch in Italien zu diesem Mittelpunkte zurück, und die Glorie legte sich gleich- sam freiwillig um das Haupt, das schon so viele Kronen zierten. So ist Rom für uns eins geworden mit den zwei größten Zuständen, auf welche sich unser geeinigtes Dasein gründet, dem klassischen Altertum und dem Emporwachsen moderner Größe an der antiken, und zwar beruht dies nicht auf trockenen, eingeredeten Verstandesbegriffen. Rom spricht in allem damit an, in ungeheuren Überresten, in seelenvollen Kunstwerken, und wohin man den Fuß setzt, in nicht abzuwehrenden Erinnerungen. Es ist wohl zugleich ein Hauch der Einbildungskraft, ein dichterischer Schimmer, der diese Stadt umschwebt, ein Schein, der vor einer nüch- ternen Betrachtung gewisser Art wie Morgenduft verrinnt, aber ein Schein, welcher, wie der künstlerische und poetische, die Wahrheit reiner und ge- diegener in sich hält, als die gewöhnlich so genannte Wirklichkeit. W. v. Humboldti. 1 1 Wilhelm von Humboldt, älterer Bruder Alexanders von Humboldt, be- deutend als Sprachforscher (hervorragend sein Werk über die Kawisprache (auf der Insel Javad und als Ästhetiker. Geboren 1767 zu Potsdam, preußischer Staatsmann seit 1808, abgegangen als Staatsminister 1819, starb er, den Wissenschaften ergeben, auf seinem Gute Tegel bei Berlin 1835. Sein Briefwechsel mit Schiller und Goethe ist von großer Wichtigkeit für die Litteraturgeschichte. Hense, Lesebuch. Iil 4

9. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 45

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
2. Der Einfluß der Heerzüge Alexanders d. Gr. auf die Wissenschaft. 45 Die macedonische Expedition, welche einen großen und schönen Teil der Erde dem Einflüsse eines einzigen und dazu eines so hochgebildeten Volkes eröffnete, kann demnach im eigentlichsten Sinne als eine wissen- schaftliche Expeditio n betrachtet werden: ja, als die erste, in der ein Eroberer sich mit Gelehrten aus allen Fächern des Wissens, mit Natur- forschern, Landmessern, Geschichtsschreibern, Philosophen und Künstlern umgeben hatte. Unter den geistreichen Begleitern des Königs glänzte vor allen ein Verwandter des Aristoteles, Kallisthenes aus Olynth. Von anserwählten Männern ans der Schule des Stagiriten unter- stützt, hatte er, als ein schon in Griechenland mit der Natur vertranter Philosoph, in den neu ausgeschlossenen weiteren Erdkreisen die Forschungen seiner Mitarbeiter zu höheren Ansichten geleitet. Nicht die Pflanzenfülle und das mächtige Tierreich, nicht die Gestaltung des Bodens oder die Periodicität des Anschwellens der großen Flüsse konnten allein die Auf- merksamkeit fesseln; der Mensch und seine Geschlechter in ihren mannigfaltigen Abstufungen der Färbung und Gesittung mußten nach dem eigenen Aussprnche des Aristoteles als der Mittelpunkt und Zweck der gesamten Schöpfung erscheinen: „als komme der Gedanke des göttlichen Denkens hienieden erst in ihm zum Bewußtsein". Aus dem Wenigen, was uns von den Berichten des im Altertum so getadelten Ouesikritus übrig ist, ersehen wir, wie sehr man in der macedonischen Expedition, weit zum Sonnenaufgange gelangend, verwundert war, zwar die von Herodot genannten dunkelfarbigen, den Äthiopen ähnlichen indischen Stämme, aber nicht die afrikanischen kraushaarigen Neger zu finden. Man beachtete scharf den Einfluß der Atmosphäre auf Färbung, die verschiedene Wirkung der trockenen und feuchten Wärme. In der frühesten homerischen Zeit und noch lange nach den Homeriden wurde die Abhängigkeit der Luftwärme von den Breitegraden, von den Polarabständen vollkommen verkannt; Osten und Westen bestimmten damals die ganze thermische Meteo- rologie der Hellenen. Die nach dem Aufgang gelegenen Erdstriche wurden für „sonnennäher", für „Sonnenländer" gehalten. „Der Gott färbt in seinem Laufe mit des Rußes finsterm Glanze die Haut des Menschen und kräuselt ihm dörrend das Haar." Alexanders Feldzüge gaben zuerst Ver- anlassung, in einem großen Maßstabe die besonders in Ägypten zusammen- strömenden afrikanischen Menschenrassen mit den arischen Geschlechtern jenseits des Tigris und den altindischen sehr dunkel gefärbten, aber nicht kraushaarigen Urvölkern zu vergleichen. Die Gliederung der Menschheit in Abarten, ihre Verteilung auf dem Erdboden, mehr Folge geschichtlicher Ereignisse als des langdauernden klimatischen Einflusses da, wo die Typen einmal festgesetzt sind, der scheinbare Widerspruch zwischen Färbung und Wohnort mußten denkende Beobachter auf das lebhafteste anregen. Noch

10. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 47

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. 47 Was der Kontakt der Hellenen mit den Völkern indischen Ur- sprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervor- gerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahr- scheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem Fünfstromlande (in dem Pantschanada), nachdem er das Reich des Porus zwischen dem cederreichen Hydaspes und dem Acesines durchzogen, nur bis zum Hyphasis vorgedrungen war, doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmut seiner Kriegsvölker und Besorgnis vor einem allgemeinen Aufstande in den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen Katastrophe der Rückkehr. A. v. Humboldt N 3. Rom in seiner Bedeutung für Kunst und Wissenschaft. Wie durch eine besondere Gunst des Geschickes, der wir uns dankbar erfreuen können, steht Rom für uns da, zugleich als ein Vollendetes und Unendliches der Einbildungskraft und der Idee, das sich aber in leben- digem Dasein erhalten hat, mit leiblichen Augen geschaut werden kann. Goethe nennt dies sehr ausdrucksvoll „die Gegenwart des klassischen Bodens, die sich dem Gefühl, dem Begriff, der Anschauung offenbart". Wie der Künstler sich eines Modells bedient, um sich von der festen Grundlage der Wirklichkeit zur Idee zu erheben, so ist umgekehrt in dieser Stadt und in ihren Umgebungen die Idee des höchsten Kntistschönen, der Begriff des welthistorischen Ganges der Menschheit, das Gefühl des not- wendigen Sinkens alles Bestehenden in der Zeit, wie in einem ungeheuern Bilde, auf alle Zeiten verkörpert hingestellt. Die Wirkung Roms beruht nicht ans dem Reichtum, den es in sich saßt; es gilt durch sich" selbst. Es gewährt „die sinnlich geistige Überzeugung, daß dort das Große war, ist und sein wird". Seine Größe liegt, neben so unendlich vielem Ein- zelnen, in etwas, das unentreißbar an das Ganze, an das Gemisch antiker und moderner Pracht, die Trümmer, welche das Auge meilenweit verfolgt, 1 1 Alex ander von Humboldt, der größte der jüngeren deutschen Natur- forscher. Geboren 1769 zu Berlin, gebildet zu Frankfurt an der Oder, zu Göttingen und Freiberg, machte er großartige Reisen und lebte längere Zeit zu Paris, zuletzt zu Berlin, wo er, eng befreundet mit Friedrich Wilhelm Iv., 1859 starb. Seine Hauptwerke: „Ansichten der Natur", „Reise in die Äquinoktialgegenden des neuen Kontinents" und „Kosmos oder Entwurf einer physischen Erdbeschreibung" bekunden eine große Tiefe und Schärfe des Geistes und enthalten die gründlichsten Forschungen auf dem Gebiete der Geographie, Ethnographie, Botanik, Zoologie, Mineralogie, Geognosie, Astronomie u. s. w.
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