Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 154

1858 - Leipzig : Engelmann
154 Das Mittelalter. Städtc- rvesen. Minoriten verbreitete sich schnell über alle Länder. Gleichzeitig mit den Fran- ziscanern, die sich mit der Zeit in mehrere Zweige theilten, entstand der von einem vornehmen gebildeten Spanier (Dominicas) gestiftete Orden der Domini- can er oder Predigermönche, Deren nächstes Ziel die Reinerhaltung des herr- schenden Glaubens und die Vertilgung aller ketzerischen Ansichten waren. Die Be- kehrung der Albigenser (§. 228. 4), unter denen der Stifter lange verweilte, war die nächste Aufgabe des Ordens, dessen Glieder gleichfalls das Gelübde gänzli- cher Armuth ablegtcn und durch Entbehrung und strenge Andachtsübungen den Himmel zu erwerben trachteten. Darum wurden ihnen auch die Inquisitions- Gerichte mit ihren schrecklichen Verhören, Kerkern und Strafen übertragen. Die Strenge, womit Konrad von Marburg und seine Genossen dieses Richtcramt in Hessen und Thüringen ausübten, erregte den Groll des Volkes in solchem Grade, daß es den Ketzerrichtcr erschlug und der Glaubensverfolgung, deren Andenken sich noch bis zur Stunde in dem „Ketzerbach" bei Marburg erhalten hat, ein Ende machte. Die Bettel-Orden waren die mächtigste Stütze des Papstthums, von dem sie daher auch mit den größten Vorrechten begabt und der Gerichtsbarkeit der Landesbischöfe entzogen wurden. Die Minoriten besaßen das Herz des Volks, an dessen Leiden und Freuden sie Theil nahmen und wirkten daher hauptsächlich als Seelsorger; die Dominicaner widmeten sich den Wissenschaften, füllten allmählich die Lehr- stühle auf den Universitäten und zählten die größten Kirchenlehrer unter ihren Mit- gliedern. §. 246. 3) Dem Nähr st ande gehörten die Land- und Städtebewohner an, die den Geschäften des Friedens oblagen. Anfangs begriff man, wenigstens in Deutschland, unter dem Nährstand ausschließlich den Bauernstand, der größ- tentheils unfrei am öffentlichen Leben keinen Theil hatte. (In den Ländern, die früher Bestandtheile des römischen Reichs waren, haben die Römerstädte sich erhal- ten und fortentwickelt.) Als aber durch die Bemühungen der sächsischen und hohenstaufischcn Kaiser die Zahl der Städte zunahm und sich viele Landbewoh- ner in denselben ansiedelten, spaltete sich der dritte Stand in Bürger und Bauern und erwarb sich allerlei Rechte und Freiheiten. Die deutschen Städte zer- fielen in Reichsstädte, die unmittelbar unter dem Kaiser standen und bei den Reichstagen vertreten waren, und in L a n d st ä d t e, die zu dem Gebiete eines Landesfürsten oder Bischofs gehörten. Jene waren sowohl die ältesten als die reich- sten und mächtigsten, und in ihnen bildete sich das mittelalterliche Städtewesen aus. Mit der Zeit erhielten die Stadtgemeinden durch Schenkungen, Kauf oder Vertrag (Handfesten) gewisse Hoheitsrechte z. V. städtische Gerichtsbarkeit, Münz- recht, Markt-, Zoll-, Stapelrecht u. dergl. Die Einwohner der deutschen Reichs- städte, besonders im Süden, bestanden ursprünglich, wie im alten Rom, aus freien Patriziergeschlechtern und aus zinspflichtigen hörigen Gewerbs- und Ackers leu ten, die als Hintersassen oder Schutzbürger keinen Antheil an den bürgerlichen Rechten besaßen. Aus jenen wurde der Sch öffenrath gewählt. Mit der Zeit bekämpften die untern Bürger die Herrschaft der Patrizierfamilien. Zu dem Zweck trat der Handwerkerstand in Zünfte und Innungen zu- sammen , wodurch ein Gemeingeist geweckt und eine Erstarkung des untern Bürger- standes bewirkt wurde. Balv erlangten die Handwerkerzünfte, deren Kraft in den derben Fäusten der „Gesellen" bestand, solche Macht, daß sie sich nicht nur al- lenthalben bürgerliche Rechte und Antheil an der städtischen Verwaltung erkämpften, sondern daß in sehr vielen Städten das aristokratische Geschlechterregiment durch eine demokratische Zunftregierung verdrängt wurde. Die Zünfte zogen unter der Leitung ihrer Zunftmeister mit eigenen Fahnen ins Feld und schützten die Freiheit nach Außen, wie sie dieselbe im Innern zu erringen und zu behaupten ge-

2. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 159

1858 - Leipzig : Engelmann
159 Verfall des Ritterwesens und Entartung der Kirche. traten den Gedanken an eine Fortentwickelung der nationalen Gesellschaft und hielten den Glauben an die Zusammengehörigkeit fest. Sehr hart war dagegen das Loos des unfreien Bauernstandes. In den ritterlichen Fehden wur- den oft die Dörfer und Höfe niedergebrannt und die Ernte verwüstet; die Jagden wie das Wild waren den Saaten verderblich, die persönlichen Leistun- gen und Abgaben waren endlos; ohne Recht und Schutz der Gesetze war der unfreie Mann den härtesten und entehrendsten Strafen ausgesetzt. 2. Entstehung der Habsburger Macht und der Schweizer Eidgenossenschaft. §. 251. Während des Zwischenreichs hatten sich viele Fürsten und Bischöfe Landeshoheit (Territorialrecht) angeeignet. Um nun das Erworbene nicht wieder einzubüßen suchten die Großen, von denen damals die Wahl (Kur) vorzugsweise ausging, und die daher Kürfürsten genannt wurden, die Erhebung eines an Land und Leuten mächtigen Fürsten zu hintertreiben. Zugleich bedurfte man aber doch eines kräftigen Mannes, welcher im Stande wäre, der herrschenden Gesetzlosigkeit zu steuern und die drohende Uebermacht des Königs Ottokar von Böhmen, Mähren und Oe st reich zu brechen. Alle diese Eigenschaften besaß Graf Rudolf von Habsburg, auf den jetzt der Rudolf ihm befreundete Erzbischof von Mainz die Wahl lenkte. Seine mäßigen ®™ur Stammgüter im Elsaß und in der Schweiz flößten den Wahlsürsten keine'1273— Furcht ein; seine Tapferkeit, Kraft und Klugheit waren längst erprobt und an- 1291 erkannt, und was seine Erhebung besonders förderte, war seine Frömmigkeit und die Zuneigung, die er stets der Kirche und dem Klerus bewiesen. Als da- her Rudolf dem Papste und den deutschen Fürsten den Fortbestand ihrer errun- genen oder angemaßten Gebiete und Rechte zugesichert hatte, wurde die Wahl allgemein anerkannt und Alfons von Castilien zur Entsagung gebracht. Rur Ottokar verweigerte die Huldigung und erschien nicht auf dem angekün- digten Reichstag. Da erklärte ihm Rudolf den Krieg, rückte unter dem Bei- stände seiner Schweizer und Elsässer und der deutschen Fürsten, die er durch Verheirathung mit seinen zahlreichen Töchtern an sein Haus geknüpft, in das Gebiet des Feindes und gewann den glorreichen Sieg auf dem March- felde. Ottokar fand in der Schlacht seinen Tod; seinem Sohne Wences- 12js laus verblieb nur Böhmen mit Mähren; die übrigen Länder, Oe streich, Steher mark und Krain, verlieh Rudolfseinen Söhnen und wurde dadurch der Gründer des habsburgisch-östreichischen H auses. §. 252. Da Rudolf von Habsburg jede Einmischung in Italiens Ange- legenheiten mied, so konnte er seine Kräfte ungetheilt den deutschen Landen zuwenden. Durch eine Reihe von Feldzügen und Kämpfen, besonders in Schwaben gegen den raubsüchtigen Eberhard von Würtemberg und in Burgundien, gelang es ihm, viele dem Reiche entfremdete Lehen, Güter, Rechte und Gefälle wieder zu erwerben. Sein größtes Verdienst aber bestand in der Sicherung des Landfriedens und der Herstellung gesetzlicher Ordnung. Er zog im ganzen Reiche umher und hielt strenges Gericht über den Raubadel. Ließ er doch allein in Thüringen 29 Raubritter hinrichten und 66 Burgen zerstören; und in Franken und am Rhein bezwang er in einem einzigen Jahr über 70 Schlösser. Auf einem dieser Züge starb er in hohem Alter zu Germersheim und wurde in Speyer begraben. Seine Einfachheit, Tugend ,291. und Rechtschaffenheit verschafften ihm nicht weniger Achtung als sein Verstand,

3. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 164

1858 - Leipzig : Engelmann
164 Das Mittelalter. Karl Iv. 1347— 1378. 1348. 1356. Wenzel 1378— 1400. f 1419. reu Seuche, der schwarze Tod genannt, schwer heimgesucht. Als endlich die Seuche erlosch, „Hub die Welt wieder an fröhlich zu sein, und die Menschen machten sich neue Kleider und sangen neue Weisen." 4. Die luxemburgischen Kaiser. §. 260. Karl Iv . war ein kluger, nur auf seinen Vortheil und auf Ver- größerung seiner Hausmacht bedachter Fürst, dem Geld und Gut über Ruhm und Ehre ging. Durch ihn verlor in Italien die kaiserliche Macht vollends alles Ansehen, indem er sich von Fürsten und Städten die Reichsrechte abkaufen ließ. Nunmehr hörte der Kampf der Guelfen und Ghibellinen auf; dafür strit- ten jetzt Fürsten und Freistädte um Erweiterung ihrer Gebiete und statt der früheren Bürgerheere wurden nunmehr (wie einst in Griechenland) Miethtrup- pen gebraucht, deren unternehmende Führer (Condottieri) nicht selten das Schicksal der Staaten in ihrer Hand hatten und sich Herrschaften erwarben. — Auch in Deutschland waren Karls Bemühungen hauptsächlich auf Befrie- digung seiner Habsucht und Ländergier gerichtet. Er verkaufte den Reichsstädten Freiheiten und Rechte; er verlieh Adelsbriefe für Geld; er brachte Bran- denburg und andere Länder an sein Haus. — Am wohltätigsten war seine Wirksamkeit in Böhmen, das durch ihn zu hoher Blüthe gelangte. Künstler und Handwerker wurden aus Deutschland und Italien herbeigerufen, Dörfer und Städte gegründet (Karlsbad), Ackerbau und Gewerbfleiß befördert, Stra- ßen und Brücken angelegt, Haiden und Wälder urbar gemacht. In Prag er- richtete Karl mit Bewilligung des Papstes und unter Mitwirkung des Dichters Petrarca (tz.240.) die erste deutsche Universität, die bald 5000 bis7000 Studirende zählte. — Von Karl Iv. rührt das erste unter dem Namen der goldenen Bulle bekannte Reichsgrundgesetz her, das die Wahl der Kaiser aus- schließlich den sie b e n K u r s ü r st e n zuwies, die kaiserliche Wahl- und Krönungs- ordnnng festsetzte und die Rangverhältnisse der Fürsten bestimmte. Die kurfürst- liche Würde, welche den ersten Rang nach dem Kaiser verlieh, trugen die drei Erzbischöfe am Rhein, Mainz, Trier, Köln, sodann der Pfalz graf bei Rhein und die Beherrscher von Sachsen, Brandenburg und Böhmen. §. 261. Das kaiserliche Ansehen war sehr gesunken und in ganz Deutsch- land herrschte Gesetzlosigkeit und Verwirrung. Die Verordnungen über Land- friedensbruch wurden wenig beachtet; das Faustrecht, das allein Geltung fand, forderte zur Selbsthülfe auf, und damit diese um so nachdrücklicher sei wurden Bündnisse geschlossen. Dieser Zustand der Verwirrung trat besondersein unter Karls Iv. Sohn und Nachfolger Wenzel (Wenceslaus), einem Fürsten, der im Anfang bemüht war, den Schwachen vor der Gewaltthat der Starken mit gerechtem Sinne zu schützen, aber bald der Macht der eigenen Leidenschaften und den schwierigen Verhältnissen der Zeit erlag und zu einem rohen, jähzor- nigen, dem Trünke ergebenen Manne ausartete. Denn während der Kaiser in Böhmen seinem wüsten Jagdleben nachging, sich mit dem Adel und der Geist- lichkeit herumstritt, und durch das barbarische Verfahren gegen den General- Vicar Pomuk (Nepomuk), den er von der Prager Brücke in die Moldau werfen ließ, so wie durch seine Grausamkeit sich verhaßt und verächtlich machte, war das deutsche Reich mit seinen Kämpfen und Nöthen sich selbst überlassen. Diestädte in Sch w aben, in Franken und amrhein schlossen den schwä- bischen Städtebund zur Erhaltung des Landfriedens und zur Abwehr des Raubadels. Die dadurch bedrohten Ritter, die vom Raub und Wegelagern

4. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 165

1858 - Leipzig : Engelmann
165 Verfall des Rittcrwesens und Entartung der Kirche. (vom Stegreif) lebten, ahmten das Beispiel ihrer Feinde nach und stärkten sich durch Ritterbündnisse (die Sch leg l er; der Löwen- und H örnerbund u. a.). Beide Bundesgenossenschaften lagen in unaufhörlichen Kämpfen mit einander, bis endlich die Ermordung des Bischofs von Salzburg durch einen bayerischen Herzog den großen Städtekrieg herbeiführte, der das südliche ,388. Deutschland mit schwerer Roth heimsuchte. In Bayern waren die Bürger sieg- reich ; in Franken hielt die Tapferkeit der Nürnberger das Kriegsglück schwan- kend; aber in Schwaben, wo der tapfere Städtefeind Eberhard der Grein er von Würtemberg an der Spitze des Adels stand, erlitten sie bei Döffingen großen Schaden und bei Worms und Frankfurt erlagen sie den stahlsesten Reihen der Ritter aus Hessen und Pfalz. Desto siegreicher kämpfte um dieselbe Zeit der Schweizerbund gegen den süddeutschen Herrenstaud. Herzog Leopold von Oe streich überzog mit einem Heer gewappneter Ed- len, die ihn als die Blume der Ritterschaft ehrten, die freiheitliebenden Eid- genossen. Aber in der Schlacht von Sempach, wo der hochherzige Arnold w86. von Winkelried aus Unterwalden seinen Landsleuten in die geharnischten Reihen der Ritter „eine Gasse bahnte," indem er eine Menge Lanzen erfaßte und sich in die Brust grub, erlag der stolze Herzog mit656edlen unter denkolben- schlägen helvetischer Landleute. An diesem Tage erloschen viele altehäuser und der Glanz der fürstlichen Hoflager ging auf lange Jahre unter. §. 262. Das Unvermögen des Kaisers, der herrschenden Verwirrung zu steuern, bewog endlich die Kurfürsten auf einer Versammlung in Lahnstein 'wo. Wenzels Absetzung auszusprechen, weil er der Kirche nicht zum Frieden verhel- fen, dem reichen und klugen Galeazzo Visconti in Mailand den Herzogs- titel verkauft, den Landfrieden nicht gehandhabt und in Böhmen grausam und Ruprecht tyrannisch regiert habe. Statt seiner wurde Ruprecht von der Pfalz, der falz Enkel jenes Ruprecht, der im Jahre dersempacherschlacht die Universität mo. Heidelberg gegründet hatte, zumkaiser gewählt. Aber auch dieser war,trotz w86. mancher guten Eigenschaften, den schwierigen Verhältnissen nicht gewachsen. Er mußte geschehen lassen, daß eine Anzahl Fürsten und Städte Süddeutsch- lands hinter seinem Rücken zu Marbach einen Bund schlossen, „zu Schutz und Trutz mit gewaffneter Hand gegen Jedermann wer er wäre, der es wagen würde, einen von ihnen oder ihren Leuten an ihren Freiheiten, Rechten, Landen oder Gut zu beschädigen." Damit war den Reichsständen das Recht zugestanden, auch ohne weitere kaiserliche Erlaubniß Bündnisse zu schließen und den Land- frieden nach ihrer Art zu handhaben. Einen nicht minder kläglichen Ausgang hatte Ruprechts Auftreten in der Lombardei. Als er Mailand wieder an das Reich bringen wollte, erlitt er von den italienischenrottenführern(ß.260.), die eine neue kunstreichere Kriegs weise (Taktik) begründet hatten, eine Niederlage. Nicht glücklicher waren seine Bemühungen um Herstellung des Sigis- Kirchenfriedens, den erst sein Nachfolger Sigismund, Wenzels Bruder, mit unsäglicher Mühe zu Stande brachte. Dieser kluge und mächtige Kaiser 1437. widmete der Begründung der Einheit in Kirche und Staat seine ganze Lebens- kraft. In letzterem Bestreben wurde er unterstützt von dem einsichtsvollen Friedrich von Hohenzollern, Burggrafen von Nürnberg. Zum Lohn für seine treuen Dienste und für seine Ergebenheit an das kaiserliche Haus setzte ihn daher Sigismund „zum erblichen Verweser und oberstenhauptmann in den Marken" ein, belehnte ihn also mit der Mark Brandenburg sammt der Kurwürde und gab dieser Belehnung durch die Verschreibung von 150,000 Goldgulden eine festere Garantie, indem daran die Bedingung ge- knüpft war, daß im Falle einer Rückforderung jene Summe an den Burggrafen

5. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 169

1858 - Leipzig : Engelmann
Verfall des Ritterwesens und Entartung der Kirche. 169 6. Deutschland unter Friedrich Iii. und Maximilian I. §. 267. Als mit Sigismund der luremburgische Mannstamm erlosch, er- hielt sein Schwiegersohn Albrecht Ii. von Oe st re ich die deutsche Kaiser- Orstrnch kröne, die fortan dem Hab sburgisch-öst reicht sch en Hause verblieb. Al- ’¿so. brecht war ein wohlgesinnter, thatkräftiger Mann; da aber Böhmen und Ungarnseine ganze Thätigkeit in Anspruch nahmen, so konnte er während der kurzen Zeit seiner Regierung nichts Bedeutendes leisten. Sein Neffe Frie- _ drich Iii. wurde sein Nachfolger im Reich, ein mit häuslichen Tugenden, aber mo geringen Herrschergaben ausgerüsteter Fürst, der den vielen Trübsalen feiner —1493 langen Regierung nur thatlose, stumpfe Gleichgültigkeit entgegensetzte. Er sah unthätig zu, wie die Türken sich Constantinopels bemächtigten und verhee- 145 ' rend bis in die östreichischen Erblande vordrangen, wie Ungarn und Böh- men sich einheimische Könige wählten, wie Karl der Kühne von Burgun - dien sein Reich bis an den Rhein erweiterte (§. 293.), wie Mailand und die Lombardei dem deutschen Reich entfremdet wurden (§. 286). In Deutschland gerieth das kaiserliche Ansehen in gänzliche Mißachtung, indem die Landesfürsten sich unabhängig machten und ohne Scheu das Fehdewesen übten. In Bayern setzte sich dielandesherrlichkeit über die Reichsgesetze weg, so daß Herzog Ernst von München „aus väterlicher Liebe" die schöne Agnes Bern au er in von Augsburg, seines Sohnes Albrecht angetrautes Ehegemahl, öffentlich in der Donau ertränken ließ, ohne deshalb in Strafe zu verfallen. Der schwäbische Bund lag im heftigen Kampf mit Alb rech t (Achilles oder Ulysses), dem streitbaren Markgrafen der Brandenburgischen Lande in Franken (Bayreuth), ein Kampf, in welchem binnen Jahresfrist über 200 Ort- schaften eingeäschert und neun Treffen geliefert wurden. In Sachsen und Thü- ringen wüthete 5 Jahre lang zwischen Kurfürst Friedrich dem Sanftmüthigen und Herzog Wilhelm ein unseliger Bruderkrieg, der den bekannten P r i n - z e n r a u b durch den verwegenen Ritter Kunz vonkaufungen auf Schloß Altenburg zur Folge hatte. Die Gegenden am Rhein und Neckar wurden durch die Pfälzerfehde verwüstet, worin zwar der Pfalzgraffriedrich der Siegreiche, der ohne Genehmigung des Kaisers statt seines unmündigen Neffen den kurfürstlichen Titel führte, die glorreiche Schlacht bei Seck en heim n6i. (Friedrichsfeld) gewann und seine Feinde (Ulrich von Würtemberg, den Mark- grafen von Baden und den Bischof von Metz) gefangen nahm, aber dennoch 1462. die Absetzung seines Bundesgenossen, des gebannten Erzbischofs Dieter von Mainz, zu dessen Schutz er die Waffen ergriffen, nicht hindern konnte. §. 268. Dieser Zustand von Selbsthülfe und Verwirrung machte den Wunsch nach einer neuen Reichsversammlung immer mehr rege. Da aber die Fürsten von ihren erworbenen oder angemaßten Rechten keine opfern wollten, so stieß jeder Vorschlag, der eine Erhöhung der Kaisermacht und eine Schmä- lerung der Fürstengewalt nach sich zu ziehen drohte, auf harten Widerstand. Marimi- Zuletzt vereinigte sich Maximilian I. mit den Kurfürsten, den geistlichen und 1*93— weltlichen Herren und den Abgeordneten der freien Städte, auf dem Reichs- 1519 tage zu Worms über eine Verfassungsform, die dem bisherigen Fehdewesen 1495 steuerte, aber das kaiserliche Ansehn vollends untergrub. Auf diesem Reichs- tage wurde nämlich der ewige Landfrieden gestiftet und jede bewaffnete Selbst- hülfe bei Acht und Bann verboten. Zur Schlichtung aller Streitigkeiten der Reichsglieder unter einander errichtete man sodann das Reichskammergericht und theilte etwas später das Reich in zehn Kreise (I. Oestreichischer Kreis ;

6. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 170

1858 - Leipzig : Engelmann
170 Das Mittelalter. 1499. Ludwig Vii. 113" —1180. 2. Bayerischer Kr. 3. Schwäbischer Kr. 4. Fränkischer Kr. 5. Kurrheinischer Kr. 6. Oberrheinischer Kr. 7. Niederrheinisch-westphälischer Kr. 8. Obersäch- sischer Kr. 9. Niedersächsischer Kr. 10. Burgundischer Kr.). Durch diese Aen- derung wurde die Macht der Landesfürsten noch erhöht, so daß sie zuletzt in ihren Staaten als unbeschränkte Gebieter schalten und walten konnten. Die Eidgenossen, die damals mit Frankreich im Bunde standen, versagten dem Reichskammergericht die Anerkennung und verweigerten die Kriegsmannschast. Da wollte sie Maximilian mit Waffengewalt zwingen, zog aber den Kürzern und mußte in dem Baseler Frieden von seinen Forderungen abstehen und dadurch die Unabhängigkeit der Schweiz von Deutschland aner- kennen. tz. 269. Maximilians Regierung bildet den Uebergang aus dem Mittel- alter in die neue Zeit. Er selbst in seiner stattlichen Erscheinung, mit seinen kühnen und gefahrvollen Jagden, mit seinen tapsern Thaten im Feld und im Turnier, kann als der „letzte Ritter" auf dem deutschen Kaiserthron bezeichnet werden; seine Liebe für die gesunkene Ritterdichtung („Theuerdank"), seine Vermählung mit Maria vonburgun dien, seine Kriege in den Nieder- landen und in Italien tragen ganz den Charakter des Mittelalters. Dagegen zeigten sich zu gleicher Zeit in Italien die Anfänge einer seinem Staatskunst, und eines großartigen Bölkerverkehrs, welche, verbunden mit den gleichzeitigen Entdeckungen und Erfindungen, die neue Zeit herbeiführten. Vi. Geschichte der übrigen europäischen Staaten im Mittelalter. 1. Frankreich. a) Frankreich unter den Capetingern der älteren Linie (987—1328). §. 270. Die ersten Nachfolger Hugo Cap ets (h. 205.) besaßen geringe Macht und ein beschränktes Gebiet. Die Herzoge und Grafen der verschie- denen Provinzen betrachteten den König, der eigentlich nur Herr von Fran- cien war, als ihres Gleichen, und gestanden ihm nur insofern den ersten Rang unter ihnen zu, als sie ihn als O berlehnsh errn anerkennen mußten. Diese oberlehnsherrlichen Rechte durften die Edelleute aber nicht schwächen, wenn sie nicht ihren eigenen Unterthanen das Beispiel des Treu- bruchs geben und zu ähnlichem Verfahren gegen sich ermuntern wollten. Im Uebrigen waren die Besitzungen der großen Vasallen unabhängige Grafschaften und Fürstenthümer, und hingen mit der französischen Krone nicht enger zusam- men, als die westlichen Landschaften an der Seine, Loire und Garonne, die den englischen Königen gehörten, und die östlichen (burgundi- fchen) Länder an der Rhone und am Jura, die Bestandtheile des deut- schen Reich s waren. Diese beschränkte Königsmacht suchten die Capetinger nach Kräften zu heben und wurden in ihrem Streben nicht minder vom Glück als von ihrer Klugheit unterstützt. Ein Glück war es, daß bei der langen Le- bensdauer der meisten Könige die Krone selten erledigt ward, daß fast immer ein volljähriger Sohn dem Vater nachfolgte und daruni nie ein Thronstreit entstand. Klugheit aber war es, daß die ersten Könige noch bei ihren Lebzei- ten ihren ältesten Sohn krönen ließen und zum Mitregenten annahmen, so daß bei dem Hintritt des Vaters die Regierung fast keine Veränderung erlitt. Die bedeutendsten Könige nach Hugo Capet waren: Ludwigen., der den zwei- ten Kreuzzug unternahm(§. 222.), und während seiner Abwesenheit die Regie-

7. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 178

1858 - Leipzig : Engelmann
178 Das Mittelalter. traten. Rechte Ansprachen und übten, wie sie sonst in keinem Königreiche gefun- den wurden. Die Stände vonaragonien besaßen nicht nur das Recht der Ge- setzgebung und Steuerbewilligung, sondern der König war auch ge- halten, bei der Wahl seiner Räthe ihre Meinung einzuholen. Streitigkeiten Der Stände mit dem König entschied ein unabhängiger Oberrichter (Ju- sticia). Peter Iii. §. 281. Unter den arago Nischen Königen ist der ritterliche Peteriii., Alfonsx.der Eroberer von Sicilien (§. 240.), unter den castilischen Alfons X. *262- der Weise am bekanntesten. Der letztere befaßte sich mit Astronomie und ' Astrologie, mit Musik und Dichtkunst, erweiterte die Universität Sa- lamanca, beförderte die Ausbildung der Land essprache und ließ Gesetz- und Geschichtsbücher anfertigen; aber die praktische Lebensweisheit ging ihm ab. Um das Schattenbild der römischen Kaiserkrone zu erlangen (§. 250.) und seinem Hang nach Pracht und Genüssen folgen zu können, drückte er sein Alfons Volk mit Steuern und stürzte sein Land durch Verschwendung und Verschlech- xi. umterung der Münze in Verwirrung. Alfons Xi. besiegte die Mauren am Flusse Salado und eroberte das feste Algeziras in Andalusien. Zur Bestreitung der Kriegskosten wurde von den Ständen die für Handel und Verkehr höchst nachtheilige Steuer Alcavala eingeführt, welche von allem beweglichen und unbeweglichen Gut, so oft es verkauft oder vertauscht ward, erhoben wurde. Seitdem hat diese Auflage in Spanien fortbestanden. Sem Sohn P e t e r d e r Peter der Grausame wüthete gegen seine Frauen, Brüder und Verwandte, gegen Adel ’i3il»—*uni Volk so lange, bis ihn sein ritterlicher Halbbruder mit Hülfe französischer 1369 Sölvnerschaaren überwand und tödtete und dann dessen Stelle einnahm. — Die Vermählung der Königin Isabella von Caftilien mit Ferdinand dem 1474- Katholischen von Aragonien führte gegen das Ende des 15. Jahrhunderts 1504. eine Vereinigung der beiden Königreiche und dadurch eine neue Zeit für Spa- ?'L"°°!>uen herbei. lacke §. 282. Ferdinand und Isabella, geleitet von den Ratschlägen des klu- 'l.-uit gen Kardinals Fimenez, strebten nach einem gemeinsamen Ziel; sie suchten diemacht des Adels und der Geistlichkeit zu vermindern und die Königs ge Walt zu erhöhen. Zu dem Zwecke verschaffte sich Ferdinand von dem Papste die Großmeisterwürde der drei reichen castilischen Ritterorden und das Recht, die spanischen Bisthümer zu besetzen. Dann entzog er dem Adel die Rechtspflege, um sie den königlichen Gerichtshöfen zu übertragen und errichtete die bewaffnete Hermandad (Gensd'armerie) zur Erhaltung des Landfriedens und Abstellung des Raub- und Fehdewesens. Das wichtigste Mittel aber zur Hebung der Königsmacht war das Inquisitions-Gericht, bei welchem der König den Gr oß - In q uisit or und alle Rick) ter zu ernen- nen hatte. Dieses königliche, mit geistlichen Waffen ausgerüstete Glaubens- gericht war nicht blos der Schrecken der Ketzer und heimlichen Mohammedaner und Juden, sondern hielt auch Adel und Klerus in Furcht und legte der freien Geistesthätigkeit schwere Fesseln an. Der leiseste Verdacht, das falsche Zeugniß eines Feindes konnten in die grauenvollen Jnquisitionskerker führen, wo man durch die furchtbarsten Folterqualen Geständnisse der Schuld zu erpressen und durch Schlingen, Verdrehungen und bestrickende Fragen den Standhaften zu umgarnen suchte. Zahllose Schlachtopfer wurden unter Pomp und Gepränge (Auto da fe) dem Feuertode übergeben oder schmachteten Zeitlebens in den moderigen Kerkern, indeß sich die Staatskasse mit ihren Gütern bereicherte. Nie waren Thron und Altar in einem so gefährlichen Bunde gegen die Freiheit Der Völker, als in Spanien seit der Begründung der Inquisition.

8. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 73

1858 - Leipzig : Engelmann
C. Das Rom erreich. 73 tragene Geschäft; und ihre Gesetze fanden am Ende des Jahres bei der Volks- versammlung solchen Beifall, daß man zur gänzlichen Vollendung des Werks auch für das zweite Jahr das Deeemvirat bestehen ließ. Aber jetzt miß- brauchten die patrizischen Zehnmänner ihre unumschränkte Macht zu Handlun- gen der Willkür und Gewaltthat. Sie wütheten mit Kerker, Geldbuße, Bann und Henkerbeil gegen ihre plebejischen Widersacher, ließen, als ein Krieg mit den Aequern und Volskern ausbrach, einen alten Plebejerhelden im Felve ermor- den und führten, nachdem ihr zweites Jahr verflossen und die Abfassung der Zwölstafelgesetze vollendet war, eigenmächtig ihr Amt fort. Da brachte die lü- sterne Frevelthat des adelsstolzen Appius Claudius, des angesehensten unter den Decemvirn, die allgemeine Unzufriedenheit zum Ausbruch. Dieser trug näm- lich Verlangen nach der schönen Virginia, Tochter eines Plebejerführers und Braut eines andern. Um zu ihrem Besitz zu kommen, beredete er einen seiner Untergebenen, die Jungfrau für seine entlaufene Sclavin zu erklären und vor des Decemvirs Richterstuhl als Eigenthum anzusprechen. Vor einer großen Menschenmenge hörte Appius Claudius auf dem Forum die Klage an; kaum aber hatte sein Richterspruch die Virginia dem Kläger überantwortet, als der Vater hinzueilte und ihr ein Messer ins Herz stieß. Erstarrt über die unerhörte That, umstand noch das Volk die Leiche der schönen Jungfrau, als das plebe- jische Heer unter seinen Tribunen in die Stadt einzog, sich auf dem Aventinus lagerte und mit Drohen die Entfernung der Decemvirn und die Rückführung der alten Ordnung verlangte. Beides geschah. Appius Claudius tödtete sich selbst im Kerker; ein anderer wurde hingerichtet; die übrigen büßten ihre Fre- velthaten mit ewiger Verbannung. Die Zwölstafelgesetze blieben jedoch in Wirksamkeit und wurden die Grundlage des römischen Rechts. §. 104. 3. Bald darauf erlangten die Plebejer auch das Zugeständniß, daß beide Stände gültige Ehen mit einander eingehen dürften, ohne Ver- lust der Standesrechte für die Kinder; und zuletzt sprachen sie auch die Theilnahm e am C onsulat an. Aber dieser Anmuthung widerstanden die Patrizier aus allen Kräften und als endlich die Plebejer die Aushebung für den Kriegsdienst hinderten, erklärten sie, daß sie lieber gar keine Consuln mehr haben, als in die Zulassung der Plebejer willigen wollten. Hierauf ver- einigte man sich dahin, daß von jedem der beiden Stände jährlich drei oder vier Militärtribunen (Kriegsobersten) mit consularischer Gewalt als Heerführer und oberste Beamten gewählt werden sollten. Diese Einrichtung bestand gegen hundert Jahre. Doch geschah es bisweilen, daß die Patrizier die Oberhand erlangten, dann wurden einige Jahre lang wieder Consuln gewählt oder man ließ die plebejischen Militärtribunen bei Seite. Als Ersatz für den Verlust errichteten die Patrizier das Amt der Censoren. Diese, zwei an Zahl, hatten die Führung der Verzeichnisse, worin alle Römer nach Ver- mögen und Rang als Senatoren, Ritter und Bürger aufgesührt waren, leiteten den Bau der Tempel, Straßen und Brücken und führten eine sitten- richterliche Aufsicht, wobei sie moralische Vergehungen und Handlungen „wider Ziemlichkeit und öffentliches Wohl" mit Entziehung der staatsbürgerli- chen oder Standesrechte bestraften. c) Roms Einnahme durch die Gallier (889) und die Gesetze des Licinius Stolo (300). §• 105. Während dieser innern Kämpfe fochten die römischen Heere sieg- reich gegen die Feinde. Durch die Einrichtung, daß während des Kriegs die

9. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 286

1858 - Leipzig : Engelmann
286 Die neue Zeit. wenige Tausend Gulden herabgesunken. Gegen vierthalbhundert erbliche oder gewählte Fürsten und republikanische Gemeinwesen mit der verschiedensten Macht und dem ungleichsten Länderbesitz herrschten mit vollkommenen Hoheits- rechten in Deutschland und ließen dem gemeinsamen Oberhaupte nichts übrig, als die Bestätigung gegenseitiger Verträge, Standeserhöhungen,' Volljährig- keitserklärungen unv Rangbestimmungen. Bei Kriegen standen deutschefürsten nicht selten auf feindlicher Seite, wie denn Bayern stets mit Frankreich im Bunde war. — Der Reichstag, der schon seit längerer Zeit seinen Sitz in Regenöburg hatte und auö Abgesandten der Fürsten unv Reichsstädte be- stand, hatte alles Ansehen verloren, indem er vor Reden und Unterhandlungen selten zu einem Beschluß kam, oder, wenn er dazu kam, demselben keinen Nach- druck zu geben vermochte. Mit kleinlicher Eifersucht verfocht man veraltete Rechte, wachte mit der größten Sorgfalt über Rang, Titel und Slimmberech- tigung und widmete zwecklosen Confesfionsstreitigkeiten alle Zeit und Thätig- keit, während fremde Völker Deutschland zum Schauplatz ihrer Kriege machten und den ohnmächtigen Staatskörper mit Uebermuth und Verachtung behandel- ten. — Nicht minder traurig stand es um das Gerichtswesen. Das Reichs- kammergericht in Wetzlar, vor welchem die Klagen der Reichsstände unter einander oder mit ihren Unterthanen zur Untersuchung kamen, verfuhr mit sol- cher Bedächtigkeit und Weitschweifigkeit, daß die Prozesse viele Jahre anhängig waren, ehe es zum Spruch kam, daß die klagenden Parteien oft darüber starben oder verarmten und daß die Gerichtsakten sich ins Unermeßliche anhäuften. Dabei sahen sich die Richter hinsichtlich ihrer Besoldung größtentheils auf die , . , Sporteln angewiesen, wodurch der Bestechung Tbür undthor geöffnet war. ^176^—' Ein Versuch Kaiser Josephs H., den Rechtsgang beim Reichskammergericht 179°* zu verbessern und zu beschleunigen, scheiterte an dem Eigennutz derbetheiligten. Was aber die niedere Gerichtsbarkeit angeht,so war es bei der großen Verschiedenheit der Landesgesetze, bei der Menge kleiner Staaten und bei der unbegrenzten Herrschaft der Beamten und Richter für den geringen Mann sehr- schwer, sich Recht zu verschaffen. Der Schwache war schutzlos jeder Ungerech- tigkeit und Bedrückung des Klugen und Starken preisgegeben. Juristen und Advokaten hatten ihr goldenes Zeitalter. §. 447. Während das deutsche Reich mehr und mehr herabsank, stieg Preußen unter seinem einsichtsvollen und kräftigen König zu immer größerer Macht und Wohlfahrt. Die Wunden, die der siebenjährige Krieg geschlagen, suchte Friedrich nach Kräften zu heilen, indem er die herabgekommenen Guts- besitzer und Fabrikanten in Schlesien und der Mark mit Geld unterstützte, ihnen auf etliche Jahre die Steuern erließ und das Loos der Bauern erleichterte. Er beförderte Ackerbau, Forsteultur und Bergbau, legte in den unbebauten Gegen- den seines Reichs Kolonien an und ließ der Betriebsamkeit, den Gewerben und dem Handel die größte Pflege angedeihen. Dadurch kam Wohlstand ins Land und er konnte seine Einkünfte erhöhen, ohne das Volk zu drücken. Eigene Sparsamkeit, Einfachheit der Hofhaltung und ein gut geordneter Staatshaus- halt bewirkten, daß die öffentlichen Kassen sich mit jedem Jahr mehr füllten. Erst in späterer Zeit schritt er zu lästigen und harten Maaßregeln. Dahin ge- hörte vor Allem die Zoll - und Aceise- Verwaltung. Er machte nämlich den Verkauf von Kaffee, Tabak, Salz u. a. zu einem königlichen Vorrecht (Regie) und verbot jeden freien Handel mit diesen Waaren. Und um den Schleichhandel zu verhindern, stellte er eine Menge französischer Zoll- beamten an, die durch ihren Uebermuth die ohnehin für den Bürger und Bauer so drückende Einrichtung im höchsten Grad verhaßt machten. — Am

10. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 312

1858 - Leipzig : Engelmann
312 Neueste Geschichte. ten über Volksfreiheit, Menschenrechte, Gleichheit aller Stände, und die ver- sammelten Schaaren zur Erkämpfung derselben angefeuert. Unter diesen Volks- rednern ragte besonders der begabte, für Freiheit schwärmende Advokat Camille Desmoulins hervor. Das in der Hauptstadt anwesende Militär wurde in die Begeisterung für Freiheit hineingerissen und trat zum Theil in die neuerrichtete Bürgerwehr (Nationalgarde); die Gemeindeverwaltung wurde einer de- mokratischen Munieip alilät übertragen, an deren Spitze Bailly als Maire (Bürgermeister) stand. Besorgt über die zunehmende Gährung be- schloß der Hof zu seiner Sicherheit einige Regimenter deutscher und schweizeri- scher Truppen nach Versailles zu ziehen. In diesem Vorhaben glaubten die Leiter der Bewegung den Plan eines Gewaltstreichs zu erkennen und benutzten ihn daher als Mittel zu neuen Aufreizungen. Da verbreitete sich die Nachricht in Paris, Necker sei plötzlich entlassen und des Landes verwiesen worden und ein Günstling der Königin an seine Stelle getreten. Dies wurde als erster Schritt des beabsichtigten Gewaltstreiches gedeutet und gab das Zeichen zu ei- ner allgemeinen Erhebung. Schaaren rohen Gesindels zogen lärmend durch die Straßen, mit der neuerfundenen National-Kokarde (blau, weiß,roth) geschmückt; die Sturmglocken wurden geläutet, die Werkstätten der Waffen- schmiede geplündert; Tumult und Verwirrung herrschte überall. Am 14. Juli, nachdem das Volk aus dem Jnvalidenhaus 30,000 Gewehre und etliche Ka- ll3llil nonenweggenommen, erfolgte dieerstürmung derbaftille, einer altenburg, die als Staatsgefängniß diente. Der Befehlshaber Delaunay und sieben Mann der Besatzung fielen als Opfer der Volkswuth; ihre Köpfe wurden auf Stangen durch die Straßen der Stadt getragen; mehrere als Aristokraten gehaßte Männer wurden ermordet. Der verbannte Necker ward zurückgerufen, sein Einzug in die Städte und Dörfer Frankreichs glich dem Triumphzng eines sieggekrönten Helden. In dem freudigen Empfang des Ministers gab das Volk seine Begeisterung für die Freiheit und seinen Haß gegen Hof und Aristokraten kund. Lafayette, der Kämpfer für Amerika's Freiheit, wurde zum Anführer der Nationalgarde ernannt, und während der König nach Paris reis'te und sich auf dem Söller des Rathhauses mit der Kokarde am Hute dem versammel- ten Volke zeigte, verließen der Gras von Artois und mehrere Edelleute ersten Ranges, wie Conde, Po lignac, ihr Vaterland, im bangen Vorge- fühl der kommenden Dinge. §. 477. Die neue Ordnung. Seit dem Bastillensturm waren Gesetze und Obrigkeit ohne Ansehen in Frankreich, und die Macht lag in den Händen der Masse. Das Landvolk entrichtete nicht länger die der Kirche und dem Adel schuldigen Zehnten, Abgaben und Feudallasten, und rächte sich für den lange erduldeten Druck durch Verwüstung der grundherrlichen Schlösser mit Sengen und Brennen. Als sich die Kunde von diesen Vorgängen verbreitete, wurde in der Nationalversammlung der Antrag gestellt, die bevorzugten Stände sollten dem Volke durch die That beweisen, daß man seine Lasten erleichtern wolle und zudem Ende aus eigenem Antrieb allen ans dem Mitteln lter stammen- den Feuda l'rechten entsagen. Dieser Vorschlag erregte einen Sturm von Begeisterung und Selbstentsagung. Niemand wollte Zurückbleiben. Stände, Städte, Landschaften wetteiferten um die Ehre, die größten Opfer dem Ge- meinwohl zu bringen. Dies war der berühmte vierte August, wo in einer .August.einzigen fieberhaft aufgeregten Sitzung alle Zehnten, Frohndienste, g rund herrliche Rechte, Zünfte u. dergl. m. abgeschafft, der Boden für srei erklärt und die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und bei der Besteuerung ausgesprochen wurde. Diese Beschlüsse und die zu ihrer Ver-
   bis 10 von 10
10 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 10 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 2
3 1
4 7
5 0
6 0
7 2
8 0
9 0
10 32
11 3
12 7
13 0
14 10
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 6
21 0
22 0
23 5
24 0
25 4
26 5
27 4
28 2
29 0
30 0
31 5
32 0
33 0
34 4
35 0
36 3
37 2
38 0
39 0
40 3
41 0
42 2
43 0
44 0
45 1
46 5
47 3
48 2
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 1
4 0
5 0
6 0
7 4
8 1
9 3
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 4
18 0
19 0
20 2
21 0
22 0
23 1
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 1
38 0
39 0
40 0
41 6
42 0
43 2
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 1
53 0
54 0
55 1
56 1
57 0
58 1
59 0
60 1
61 0
62 0
63 1
64 0
65 0
66 0
67 0
68 3
69 1
70 0
71 1
72 2
73 2
74 0
75 0
76 0
77 0
78 0
79 0
80 0
81 0
82 0
83 1
84 0
85 0
86 0
87 0
88 1
89 0
90 0
91 0
92 1
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 5
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 2
5 1
6 0
7 1
8 0
9 0
10 4
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 6
17 0
18 1
19 2
20 0
21 0
22 3
23 0
24 0
25 0
26 1
27 0
28 0
29 0
30 0
31 1
32 0
33 8
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 2
40 1
41 0
42 0
43 0
44 0
45 1
46 1
47 0
48 1
49 0
50 0
51 0
52 0
53 1
54 1
55 2
56 0
57 0
58 0
59 4
60 0
61 0
62 8
63 1
64 2
65 0
66 0
67 0
68 1
69 0
70 0
71 0
72 2
73 4
74 0
75 0
76 0
77 4
78 0
79 2
80 8
81 5
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 4
92 0
93 0
94 0
95 0
96 0
97 2
98 3
99 1
100 0
101 0
102 1
103 0
104 0
105 0
106 0
107 0
108 0
109 0
110 0
111 0
112 1
113 0
114 0
115 1
116 0
117 0
118 4
119 0
120 0
121 0
122 0
123 0
124 1
125 0
126 0
127 2
128 1
129 0
130 0
131 0
132 2
133 0
134 0
135 0
136 2
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 0
143 2
144 0
145 9
146 3
147 0
148 3
149 0
150 0
151 0
152 0
153 0
154 0
155 1
156 1
157 0
158 5
159 0
160 0
161 0
162 5
163 0
164 0
165 1
166 2
167 0
168 0
169 0
170 0
171 13
172 1
173 0
174 1
175 5
176 0
177 20
178 0
179 2
180 0
181 1
182 3
183 0
184 0
185 0
186 0
187 1
188 0
189 0
190 0
191 3
192 0
193 0
194 3
195 0
196 0
197 2
198 0
199 0