228
Die neue Zeit.
Noo.
156».
1566.
'.’¡Iba
1567—
1573.
ihre angestammten Rechte vielfältig verletzte. Er ernannte seine Halbschwester
Margaretha von Parma, eine Frau von männlichem Geiste, zur Statt,
halterin in Brüssel, stellte ihr aber einen Staatsrath zur Seite, worin
ein Ausländer, der Kardinal Granvella, den Vorsitz führte und ließ eine
spanische Besatzung im Lande. Am meisten jedoch fühlten sich die Nieder-
länder, von denen sich Viele der evangelischen Lehre zuneigten, verletzt, als der
König zur Wahrung des reinen Glaubens und der kirchlichen
Ordnung die Ketzergesetze schärfen, und ohne Befragung der
Stände die 4 bisherigen Bisthümer um k^neue vermehren ließ. Diese An-
ordnung bezweckte die allmähliche Einführung der verfolgungssüchtigen spani-
schen Inquisition und der Kardinal Granvella, der als Erzbischof von Me-
cheln alle diese Bisthümer unter sich hatte, führte bereits den Titel eines
Groß-Jnquisitors. Alle Versuche der vaterländischen Partei, an deren
Spitze Wilhelm v. Oranien und Graf Egmont standen, durch Bittgesuche
den König zu bewegen, daß er die Landeseinrichtungen achte, die Ketzergesetze
mildere und Glaubensfreiheit gestatte, blieben erfolglos. Philipp antwortete,
„er wolle lieber tausendmal sterben, als die geringste Veränderung in der Reli-
gion gestatten."
h. 356. Die neue Kirche hatte nur unter dem Bürgerstande Anhänger;
der Adel hielt noch größtentheils am alten Glauben, war aber entschlossen sich
der Inquisition aus allen Kräften zu widersetzen. Zu dem Endzweck Unter-
zeichneten etwa 400 Edelleute den sog. Compromiß und entwarfen eine Pe-
tition um Aufhebung der Ketzergesetze und Einstellung der Jnquisitionsprocesse.
Als sie damit vor den Palast der Statthalterin zogen, gerietst diese in Bestür-
zung. Da sagte einer der neben ihr stehenden Räthe, sie solle vor diesen Lum-
pen (gueux) nicht bange sein, ein Wort, das den Verbündeten hinterbracht
und von diesen zum Wahrzeichen ihres Bundes genommen wurde. Sie nann-
ten sich Geusen und trugen fortan am Halse eine Schaumünze mit dem Bild-
niß des Königs und der Inschrift: „Getreu dem König bis zum Bettelsack."
Die Petition blieb ohne Erfolg. Die Ketzer wurden an Freiheit, Gut und Le-
den gestraft. Dessen ungeachtet fand die religiöse Neuerung immer mehr Ein-
gang; Psalmen wurden gesungen, die öfters im Freien gehaltenen Predigten
evangelischer Geistlichen von Tausenden besucht, Mönche, Marienbilder und
heilige Gegenstände verhöhnt. Endlich kam in Antwerpen, Brüssel und ganz
Brabant die langverhaltene Wuth des Volks über den Religionsdruck zum
Ausbruch. Ein den untersten Klassen angehörender Volkshaufen verstümmelte
die am Wege stehenden Cruciftre und Heiligenbilder; bald vergriff sich die
wachsende Menge an Kirchen und Klöstern und beging allerlei kirchenschänderi-
sche Frevel. Diese Vorfälle führten eine Spaltung herbei. Die Gemäßigten
schlossen sich an die Regentin an und unterstützten sie bei der Bestrafung der
Schuldigen. In Kurzem war die Ordnung hergestellt und Margaretha rietst
zur Milde und Versöhnlichkeit, wodurch allein das Land auf die Dauer be-
ruhigt werden könnte. Aber ihre Vorschläge fanden in Madrid kein Gehör. Es
wurde beschlossen, den harten Alba mit spanischen Heeren nach den Nieder-
landen zu schicken, um durch Strenge und Gewalt das Volk zu zwingen.
§. 357. Die Nachricht von Alba's Ankunft trieb die Niederländer schaa-
renweise zur Flucht. Wilhelm von Oranien, ein besonnener, umsichtiger
Mann in der vollenkraft derjahre, entschlossen, thatkräftig und „schweigsam",
wich dem Sturme aus und begab sich nach Deutschland. Mit Thränen trennte
er sich von Egm on t, den er umsonst zu gleichem Schritt zu bereden gesucht.
Egmonts heitere Natur glaubte nicht an die spanische Tücke, vor der ihn Ora-
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Extrahierte Personennamen: Margaretha_von_Parma Granvella Wilhelm Philipp Philipp Margaretha Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Brüssel Antwerpen Madrid Deutschland
229
Das Zeitalter Philipps Ii. und Elisabeths.
nien warnte. Er vertraute auf seine frühem Verdienste um das Habsburgische
Herrscherhaus und blieb. Kaum aber war Alba mit unumschränkter Vollmacht
in Brüssel angelangt, so ließ er den arglosen Egmont und den tapfern
Hoorn festnehmen und vor dem neuerrichteten „Rath des Aufruhrs" des Hoch- 5
verraths anklagen, worauf beide nebst 18 andern Edelleuten auf dem Markt-
platze zu Brüssel enthauptet wurden. Dieser Rath des Aufruhrs, von den
Niederländern Blutrath genannt, bestrafte hierauf mit unerhörter Strenge
und Grausamkeit sowohl die Anhänger der evangelischen Lehre als die stand-
haften Verfechter der einheimischen Rechte und Einrichtungen. Die Regentin,
empört über diese Gräuel, entsagte ihrer Stelle und begab sich nach Italien.
Ihr Andenken blieb in Ehren. Alba aber errichtete in Antwerpen eine Citadelle
und übte 6 Jahre lang (1567—1573) eine drückende Gewaltherrschaft, welche
der Freiheit und dem Wohlstand die größten Wunden schlug. Ohne Rücksicht
aus die Landesgesetze, nach welchen die Steuern von den Ständen jeder Land-
schaft selbst bewilligt und aus die zweckmäßigste Weise erhoben werden sollten,
legte Alba dem Lande eine ständige Steuer auf und vertheilte sie auf eine
dem Handel und Verkehr höchst nachtheilige Art, indem er außer der Vermö-
genssteuer einen hohen Ka ufa reis einführte. Der Unmuth und die Er-
bitterung des Volks über diese drückende Besteuerung und über die unmenschli-
chen Gräuel, welche die spanischen Truppen aus Alba's Befehl in einigen der
widerspenstigen Städte verübten, erzeugte zuletzt eine solche Gährung im gan-
zen Lande, daß man in Madrid Alba's Abberufung beschloß. Die Nachricht,
daß eine Schaar Ausgewanderter, Meergeusen genannt, die Hafenstadt
Briel erobert und daß die nördlichen Staaten H olland, Seeland, Ut-
recht und F r i e ö l a n d sich vereinigt und den zurückgekehrten W i l h e l m v o n 1572.
Oranten als Statthalter anerkannt hätten, mochte den spanischen Hof über-
zeugt haben, daß Alba's Verfahren nicht zum Ziele führe. Bald nachdem der
Herzog die Niederlande verlassen, erhoben die nördlichen Staaten auf der Sy-
node zu Dordrecht den Calvinismus zur Landesreligion, nahmen den 1574.
Heidelberger Katechismus an und errichteten in der Stadt Leiden
(zum Lohn für den hochherzigen Widerstand der Bürgerschaft gegen das spani-
sche Belagerungsheer) eine protestantische Universität.
§. 358. Alba's Nachfolger (Ludwig v. Zuniga undrequesens)
hob den Blutrath auf und suchte durch milderes Verfahren Spaniens wankende 1576.
Herrschaft in den Niederlanden wieder zu befestigen; aber der Haß des Volks
gegen die fremden Truppen, deren Zügellosigkeit mit jedem Tage wuchs, hin-
derte die Versöhnung. Selbst sein Sieg auf der Mokerheide, wo zwei Brü- 1574
der Oraniens den Heltentod fanden, blieb ohne die erwartete Wirkung. Zwei
Jahre nachher starb Zuniga. Ehe sein Nachfolger Don Juan, Philipps ta-D^Juan
pferer Halbbruder, das schwierige Amt antreten konnte, erreichte der Uebermuth 157s.
der verwilderten, unbezahlten Truppen den höchsten Grad. Sie füllten die rei-
chen Städte Mastricht und Antwerpen mit Raub, Mord und grausenhaf-
ter Verwüstung. Da gelang es dem klugen Oranien sämmtliche Landschaften
in dem Genter Vertrag zu dem Beschluß zu vereinigen, sich gegenseitig mit 157e-
Gut und Blut zur Vertreibung der spanischen Heere beizustehen; und Don
Juan war während seiner kurzen Wirksamkeit in den Niederlanden nicht im
Stande, die durch diesen Vertrag erschütterte Herrschaft der Spanier wieder fest
zu begründen. Doch war sowohl Don Juan als sein kriegskundiger Nachfolger ^ gar;
Alexander Farnese vonparma, Sohn der Statthalterin Margaretha, neseiñ?«
darauf bedacht, die Eifersucht und den Stammesneid der südlichen Staaten ge- ~1,>92'
gen die nördlichen zu nähren, in jenen die kathrlische Kirche bei ihren Rechten
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Extrahierte Personennamen: Philipps Ludwig_v Ludwig Zuniga Philipps Philipps Alexander_Farnese Alexander
230
Die neue Zeit.
zu erhalten und somit der spanischen Herrschaft wenigstens den Süden zu ret-
ten. Diesen Plan durchschaute Oranien und überzeugt, daß Eintracht
1579. auch die Schwachen stark mache, vereinigte er durch die Utrechter Union
die nördlichen Staaten (Holland, Seeland, Geldern, Utrecht, Fciesland) in
einen engem Bund zu gemeinsamem Wirken. Dieser Vertrag wurde die Grund-
lage der vereinigten Staaten der protestantischen Niederlande. Da-
gegen wurde im Süden durch die Einmischung fremder Fürsten und Edelleute
die Spaltung und Verwirrung immer größer, weshalb es dem thatkräftigen
Parma gelang, an vielen Orten die Empörung zu unterdrücken und mehrere
Städte zum Gehorsam zurückzusühren. Jetzt richtete sich Philipps ganze Wuth
gegen Oranien. Er hatte denselben bereits geächtet und dem, der ihn todt oder
lebendig überliefern würde, eine große Belohnung und den Adel zugesichert.
Dieses lockende Versprechen und die Geschäftigkeit leidenschaftlicher Priester
hatten mehrere Mordanschläge zur Folge. Einem entging Oranien, aber die
Kugel des fanatischen Balthasar Gérard aus der Franche-Comte streckte
1684. ihn an der Thür des fürstlichen Speisesaals in Delft todt nieder. Der Mörder
wurde jedoch ergriffen und auf eine martervolle Weise hingerichtet. An Ora-
niens Stelle wählten die nördlichen Staaten seinen tapfern Sohn Moritz
zum Statthalter und Heerführer.
§. 359. Um diese Zeit war in den westlichen Staaten Europa's die Re-
ligionswuth zwischen Katholiken und Protestanten größer als je; und während
die ersten ihre Zuversicht auf Philipp von Spanien setzten, erhielten die letztem
bald heimlich, bald öffentlich Unterstützung von Englands Königin Elisabeth.
Sie schickte ihren Günstling Leicefter mit einem Heere nach den Niederlan-
den, um Parma's vollständigen Sieg zu verhindern; sie nahm sich der franzö-
sischen Hugenotten gegen Philipps Bundesgenossen, die Liguisten und Je-
suiten, an (§. 362. 364.), und als ihr eigenes Leben von den Dolchen der Fa-
>687. natiker bedroht war, willigte sie in Maria Stuarts Hinrichtung (§. 368).
Da beschloß Philipp, durch einen Hauptschlag alle Feinde der katholischen Kirche
zu vernichten und vor Allem das ketzerische England und dessen gebannte Köni-
1688. züchtigen. Er rüstete zu dem Endzweck die große aus 130 gewaltigen
Kriegsschiffen bestehende Armada oder „unüberwindliche Flotte" aus,
und schickte sie unter Medina Sid oni a's Oberbefehl in den Kanal, um,
von Parma's Landheer unterstützt, zugleich England, die Niederlande und
Frankreich zur Unterwerfung zu bringen. Aber vas Unternehmen schlug zur
Schmach und zum Verderben Spaniens aus. Die „unüberwindliche Flotte"
erlag den Stürmen und der Gewandtheit und Tapferkeit der Engländer; und
was den Brandern, den Klippen und den Feinden im Kanal entging, zerschellte
größtentheils an den Hebriden und Shetlandsinseln, als Sidonia um
Schottland herum nach Spanien zurückfahren wollte. Es war ein verhängniß-
voller Schlag. Das erkannte auch Philipp, als er den zitternden Anführer mit
den Worten beruhigte, „er habe ihn gegen Menschen, nicht gegen Stürme und
Klippen gesandt." Dieser Ausgang brach Spaniens Uebermacht zur See und
sicherte die Unabhängigkeit der Niederlande. Zwar dauerte der Krieg noch
zwei Jahrzehnte fort, aber die Spanier waren, trotz der Tapferkeit ihrer Trup-
pen und der Geschicklichkeit ihrer Heerführer, nicht im Stande, das ganze Land
wieder zu unterwerfen. Die nördlichen Staaten, die in Moritz von Oranien
einen trefflichen Führer besaßen, beharrten in ihrem Kampfe für Freiheit und
1698. Unabhängigkeit. Kurz vor seinem Tode übergab Philipp seiner Tochter Clara
Eugenia bei ihrer Vermählung mit dem Erzherzog Albr echt von Oe st-
reich die Niederlande als Lehen, mit der Bedingung, daß, falls die Ehe kin-
»
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Extrahierte Personennamen: Philipps Philipps Balthasar_Gérard Moritz Philipp_von_Spanien Philipp Englands_Königin_Elisabeth Philipps Maria_Stuarts Maria Philipp Philipp Philipp Philipp Moritz_von_Oranien Philipp Philipp Clara
Eugenia
Extrahierte Ortsnamen: Holland Seeland Utrecht Niederlande Delft Niederlan- England Medina England Niederlande Frankreich Spaniens Sidonia Schottland Spanien Spaniens Niederlande Niederlande
23 i
Das Zeitalter Philipps Ii. und Elisabeths.
verlos bliebe, die Länder an Spanien zurückfallen sollten. Die vereinigten
Staaten von Holland gingen jedoch nicht auf den Plan ein. Sie setzten auch
nach Philipps Ii. Tod den Krieg fort, bis endlich unter Vermittelung Hein-
richs Iv. von Frankreich ein Waffenstillstand abgeschlossen wurde, der E-
ihnen Unabhängigkeit, Religionsfreiheit und Handelsverkehr mit Ostindien zu-
sicherte. Aber erst im westfälischen Frieden wurde die Unabhängigkeit der
Vereinigten Staaten von Holland förmlich anerkannt. Die südlichen
Provinzen (Belgien) dagegen verblieben noch ein ganzes Jahrhundert bei
Spanien und fielen dann an Oestreich.
§. 360. Handel. Versa ssung. Dordrechter Synode. Holland
ging blühend und mächtig aus dem Kampfe hervor. Seefahrt und Handel
nahmen einen großen Aufschwung, seitdem die Holländer (besonders die
im Jahre 1602 gegründete ostindische Compagnie) direkte Handelsverbindun-
gen mit Indien eingingen und den Portugiesen viele Ansiedlungen entrissen. Ba-
tavia auf der Insel Java wurde der Mittelpunkt ihres einträglichen Handels.
Die Verfassung der vereinigten Staaten, die hauptsächlich von dem
großen Staatsmann Oldenbarneveld ausgebildet wurde, war republika-
nisch. Die aus Abgeordneten der 7 Provinzen bestehenden G en er a l sta a t e n
besaßen die g e s e tz g e b e n d e M a ch t; der h o h e R a t h, den S t a t t h a l t e r an
der Spitze, leitete die Regierung, das Kriegswesen dagegen und der Oberbefehl
über die Land- und Seemacht stand dem Statthalter (aus dem Hause Oranien)
alleinzu. Zugleich blühten Künste und Wissenschasten fröhlich auf; be-
sonders fand die Alterthumskunde (Philologie) auf holländischen Universitäten
eine seltene Pflege und in der Malerei wetteiferten Paul Rubens (ch 1640), van
Dyk (ch 1641), R embrandt (ch 1674) u. A. m. mit den großen italienischen
Meistern. — Aber von den unheilvollen Religionskämpfen blieb auch das
protestantische Holland nicht befreit. Ein Streit über die calvinische Lehre von der
Gnadenwahl (Prädestination) und über das Verhältniß von Kirche und Staat
theilte das Land in zwei Parteien, eine strenge ( G o m a r i st e n), zu der sich M o r i tz
von Oranien mit seinem Anhang hielt, und eine gemäßigte (Arminianer),
welche Oldenbarneveld und Hugo Grotius zu Vvrfechtern hatte. Jene
waren zugleich für strenge Scheidung der Kirche vom Staat, während diese beide in
die engste Verbindung setzen und die Kirche der Staatsgewalt unterordnen wollten.
Die Dordrechter Synode (h. 342.) entschied zu Gunsten der Gomaristen,
worauf der hochverdiente 72jährige Oldenbarneveld auf dem Blutgerüste starb, und
Hugo Grotius, der gelehrte Geschichtschreiber der niederländischen Freihcitskämpfe
und der Begründer des Staats- und Völkerrechts nach den Grundsätzen der Alten,
in den Kerker wandern mußte, bis er durch die List und Treue seiner Gattin in einer
Bücherkiste gerettet wurde.
c) Frankreich während der Religionskriege.
§• 361. Während dieser Zeit wütheten auch in Frankreich heftige Reli-
gionskriege. König Heinrich Ii., ein strenger Widersacher der Hugenotten 154?—
(§.329. 342.), starb in Folge einer Wunde, die er bei einem Turnier empfan- la59‘
gen. Sein schwacher kränklicher Sohn Franz Ii. wurde sein Nachfolger. Die-X-M-
ser war vermählt mit der reizenden Maria Stuart von Schottland, wes- iteo.
halb deren Oheime, die Guise», großen Einfluß bei Hof gewannen. Als eif-
rige Anhänger der katholischen Kirche und des Papstthums benutzten die Gui-
sen ihre hohe Stellung zur Unterdrückung der Reformirten, gaben aber dadurch
ihren Gegnern, insonderheit dem Prinzen von Conde von der Familie
¿?u/\ s, ..
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Extrahierte Personennamen: Philipps Philipps Oestreich Oldenbarneveld Hugo_Grotius Hugo_Grotius Heinrich_Ii Heinrich Franz_Ii Franz Maria_Stuart_von_Schottland Maria
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Holland Frankreich Ostindien Holland Belgien Spanien Indien Holland Frankreich Frankreich
237
Das Zeitalter Philipps Ii. und Elisabeths.
freien und die katholischekirche wiederherzustellen. Ihr Unternehmen scheiterte.
Northumberland, als Flüchtling von den Schotten ansgeliefert, starb ans dem
Blutgerüste. Maria stand im Verdacht der Mitwissenschaft; man entfernteste
aus jener Gegend und überwachte sie schärfer. Alle Bemühungen auswärtiger
Höfe, ihre Befreiung zu bewirken, waren erfolglos. Der aufgeregte Zustand
Schottlands, wo die Parteiwuth zu Meuchelmord und Bürgerkrieg führte, und
die Religionskämpfe des Festlandes schienen ihre fernere Haft nothwendig zu
machen. Da faßte B ab ingt o n mit einigen Genossen den Plan, Elisabeth
zu ermorden und, von spanischen Truppen unterstützt, Maria auf Englands
Thron zu setzen. Ihr Vorhaben wurde entdeckt; die Schuldigen starben auf
dem Scbaffot und da aus der Untersuchung hervorging, daß Maria von der
Verschwörung Kunde gehabt, so sprachen die Gerichte auch das Schuldig über
sie aus, worauf Elisabeth von dem Parlamente ersucht ward, zur Erhaltung
der Religion und der Ruhe des Reichs und zur Sicherheit ihrer Person der
Gerechtigkeit ihren Lauf zu lassen. Sie wünschte den Tod der Feindin, schente
aber die Folgen. Endlich war der Kampf überwunden. Elisabeth Unterzeichnete
das Todesurtheil; Burleigh ließ es eilig vollstrecken; am 8. Febr. fiel
Maria's Haupt im 19. Jahre ihrer Gefangenschaft und im 45. ihres Lebens.
Sie starb standhaft und treu ihrem Glauben. Elisabeth aber klagte, daß ihre
Minister gegen ihren Befehl die Vollziehung des Urtheils angeordnet und be-
strafte ihren Secretär Davison an Freiheit und Gut, weil er die Schrift aus
seinen Händen gegeben.
§. 389. Der Papst und Philipp Ii. vernahmen die That mit Entsetzen.
Jener erklärte die ketzerische Königin für vogelfrei und forderte die katholischen
Mächte zur Rache auf; dieser ließ die große Armada (§. 359.) ausrüsten,
um England und die empörten Niederlande mit Einem Schlage zu unterwerfen
und dann ein katholisches Weltreich im Westen Europa's unter Spaniens Ob-
macht zu gründen. Aber der Untergang der „unüberwindlichen Flotte"
hob den Ruhm Englands und seiner Königin und legte den Grund zu der bri-
tischen Seemacht und Handelsgröße. Von dem an nahm Schifffahrt, Colonial-
wesen und Gewerbthätigkeit einen mächtigen Aufschwung in dem Jnselreiche.
Der gefeierte Weltumsegler Drake und andere Seehelden hatten das Element
entdeckt, auf dem Englands Macht und Ruhm aufgebaut werden mußte. —
Nur in Irland waren Elisabeths Unternehmungen nicht von Erfolg gekrönt.
Diese seit Jahrhunderten eroberte aber nie ganz besessene Insel war von Hein-,
rich Viii. zum Königreich erhoben und den Religionsgesetzen Englands unter-
worfen worden. Aber nur ein kleiner Theil der Bevölkerung, namentlich die
britischen Ansiedler, nahmen die Reformation an, die eigentlichen Irländer
blieben dem alten Glauben und ihrer Geistlichkeit treu. Elisabeth versuchte die
Insel in kirchlicher und staatlicher Hinsicht enger mit England zu verbinden.
Diesem widersetzte sich Graf Tyrone, einer der kriegerischen Häuptlinge, und
erlangte spanische und römische Hülfe. Da erhielt der ritterliche Graf Esser,
auf welchen die Königin die Gunst übertragen hatte, die sein unwürdiger Stief-
vater, Gras Leicester, so lange besessen, die irische Statthalterschaft, nach der
er eifrig gestrebt. Statt aber Tyrone zu schlagen, schloß er einen nachtheiligen
Vertrag mit ihm ab. Darüber fiel Esser bei der Königin in Ungnade, und als
er, anstatt in Ruhe bessere Zeiten abzuwarten, mit König Jakob von Schott-
land ein Complott bildete und durch einen Aufstand Elisabeth zwingen wollte,
denselben zu ihrem Nachfolger zu ernennen, wurde er verhaftet und im Tower,
33 Jahre alt, enthauptet. Reue und Gram über den Hingang des Günstlings
und die Wahrnehmung, daß die Liebe des Volks gegen sie erkaltet sei, verbit-
1569,
1587,
1601.
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Extrahierte Personennamen: Philipps Maria Maria Maria Maria Maria Maria Elisabeth Elisabeth Philipp_Ii Philipp Elisabeth Graf_Tyrone Graf_Esser Esser Jakob_von_Schott-
Extrahierte Ortsnamen: Northumberland Schottlands Englands England Spaniens Englands Englands Irland Englands England
249
Die englische Thronumwälzung.
Tag gelegt, wurde vom Hof zum Umsturz der bestehenden Verfassung
benutzt. Das Wahlkönigthum wurde in ein Erbkönigthum umgewan-
delt, und durch das Königsgesetz dem Monarchen unumschränkte Ge-
walt beigelegt. Der Adel verlor seine bisherige Macht und unabhängige Stel-
lung und wurde durch Titel und Orden an den Thron gefesselt. Auch in ^ Xi
Schweden wurde durch den staatsklugen und strengen Karl Xi. die hohe Macht i6eo-
des Adels gebrochen, indem er mit Härte das entsremdete Krongut zurückfor- ^97.
derte; die alten Einrichtungen ließ er jedoch bestehen.
2. Die englische Thronumwälzung und die Vertreibung der Stuarts.
a) Die beiden ersten Stuarts (Jakob I. 1603 — 1625, Karl I.
1625 -1649).
§. 386. Maria's Sohn Jakob I. war ein schwacher, pedantischer Fürst, Sami.
von beschränktem Verstand und verschrobener Bildung. Ausgewachsen unter dem i«26.
Gezanke presbyterianischer Prediger war er besonders mit theologischer Gelehrsam-
keit ausgerüstet und befaßte sich gerne mit kirchlichen Streitfragen. Er setzte hohen
Werth darauf, in Schrift und Rede als tiefer Gelehrter zu gelten und verfaßte selbst
mehrere Bücher, aber die zum Herrschen erforderliche Einsicht und Klugheit mangelte
ihm gänzlich. Aus Furchtsamkeit friedliebend brachte er der äußern Ruhe die
Ehre des Landes zum Opfer und in seiner Gunst war er so verschwenderisch, daß
er sich von seinen oft unwürdigen Günstlingen ganz und gar leiten ließ. Unter
diesen übte besonders ver durch seine körperliche Wohlgestalt ausgezeichnete Georg
Villiers, Herzog von Buckingham, den größten Einfluß auf ihn. Von der
Königsmacht hegte er die übertriebensten Vorstellungen. Er war fest überzeugt,
daß sie unmittelbar von Gott herrühre und unumschränkt sei und suchte die Beweise
dafür im alten Testament. Darum haßte er die presbyterianische Kirche
Schottlands, nach deren demokratischen Grundsätzen der König nicht höher stand
als jedes Glied der Gemeinde, und war der bischöflichen Kirche Englands, worin
der König Oberhaupt und Quelle aller geistlichen Macht war, sehr zugethan. „Kein
Bischof! Kein König!" wurde darum der Wahlspruch aller Stuarts, und die
Einführung der bischöflichenkirche in Schottland, so wie die Unter-
drückung der Puritaner in England war fortan das Hauptbestreben der ganzen
Familie.
§. 387. Drei Punkte sind unter Jakobs Regierung besonders bemerkens-
werth: Die Pulververschwörung, die Braut fahrt des Prinzen von
Wales und der wachsende Widerstand im Parlament. 1) Jakob hatte
den englischen Katholiken, um sie für seine Thronbesteigung günstig zu stimmen,
Duldung verheißen. Kaum saß aber die Krone fest auf seinem Haupte, so trieb
er, wie auch Elisabeth gethan, von den katholischen N i ch t ü b e r e i n st i m m e r n
(Nonconsormisten, Recusanten) ein hohes Kopfgeld ein, um seine Günstlinge
zu bereichern und seine Hoffeste zu bestreiten. Darüber geriethen die getäusch-
ten Katholiken in Wuth. Es bildete sich eine Verschwörung, um bei Eröffnung
des Parlaments den König und alle Glieder des Ober - und Unterhauses ver-
mittelst einer im Keller des Parlamentshauses zu veranstaltenden Pulvererplo-
sion in die Luft zu sprengen und dann die Regierung zu ändern. Durch eine
schriftliche Warnung, die einem katholischen Lord zuging, wurde der Anschlag 3 9io»-
kurz vor der Ausführung entdeckt und vereitelt. Der Hauptschuldige (Guy 1605’
Fawkes) ward ergriffen und hingerichtet; die andern Teilnehmer flohen und
erregten einen bewaffneten Aufstand, in dem die meisten umkamen. Alle Katho-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xi Karl Jakob_I. Karl_I. Sami Georg
Villiers Buckingham Gott Jakobs Jakob Elisabeth
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Schottlands Englands Schottland England Wales
270
Die neue Zeit.
§. 414. Ein Streit der stolzen herrschsüchtigen Gemahlin Marlborough's
mit der Königin Anna und eine daran geknüpfte Kabale hatte die Ausschlie-
ßung der Herzogin vom Hofe und die V erd rang ung des Whig-Mini-
steriums durch die Tories zur Folge. Diese, den berühmten Staats-
mann und Schriftsteller Bolingbroke (Lord St. John) an der Spitze,
wünschten jetzt die Beendigung des Kriegs, um dadurch das Haupt der Gegen-
,7io p^tei, Marlborough, entbehrlich zu machen und leiteten deshalb mitfrank-
,7,,. reich Friedensunterhandlungen ein, die um so schneller zum Ziel geführt wurden,
als im nächsten Jahr Kaiser Joseph I. ohne männliche Nachkommenschaft
^ii'— starb und sein Bruder Karl, dem die spanische Monarchie bestimmt war, der
1740. Erbe seiner Kronen ward. Nunmehr konnte es nicht im Interesse der fremden
Mächte liegen, den östreichischen Ländermassen auch noch die spanischen beizu-
fügen und dadurch abermals eine habsburgische Uebermacht in Europa zu grün-
den. Eine Waffenruhe zwischen England und Frankreich, nach deren Abschluß
„ April Marlborough alle seine Würden verlor und im Parlament des Unterschleiss
i7i3. angeklagt wurde, war die Einleitung zum Utrechter Frieden. In diesem
wurden Spanien und die amerikanischen Besitzungen dem bourboni-
schen König Philipp V. belassen, mit der Bedingung, daß die spanische und
französische Krone nie vereinigt werden dürften; England erhielt von Frankreich
Neu-Schottland und andere Besitzungen in Nordamerika, von Spanien
die wichtige Festung Gibraltar nebst einigen Handelsvortheilen; der Her-
zog von Savoyen bekam die Insel Sardinien nebst derkönigswürde. —
Der Kaiser und das deutsche Reich traten dem Utrechter Frieden nicht bei und
setzten den Kampf noch einige Zeit fort. Aber bald überzeugte sich der Kaiser,
7 Mär ^ er auf die Dauer dem Kriege allein nicht gewachsen wäre und gab daher
1714** seine Einwilligung zu dem Rastatter Frieden, dem dann auch das deutsche
m4.' Reich zu Baden im Aargau beitrat. Darin erhielt Oestreich die spanischen
Niederlande und in Italien Mailand, Neapel und Sicilien; die
Kurfürsten von Bayern und Köln wurden in ihre Länder wieder eingesetzt
und Preußens Königstitel allgemein anerkannt.
*i7?if*' §♦ 415. Frankreich. Im folgenden Jahr starb Ludwig^Xiv., des Le-
bens überdrüssig und von harten Echicksalsschlägen niedergebeugt. Innerhalb
zwei Jahren hatte er seinen Sohn, seinen Enkel, dessen geistreiche Gemahlin
Ludwig und seinen ältesten Urenkel verloren, so daß sein jüngster Urenkel, ein fünsjäh-
xv- riges Kind, als Ludwig Xv. aus den Thron kam. Während seiner Minder-
Oacans jährigkeil führte der Herzog Philipp von Orleans die Regentschaft.
Regens Dieser wie sein früherer Lehrer, Cardinal Dubois, den er zum Minister er-
1723. hob, waren geistreiche und talentvolle aber höchst sittenlose Männer, die Reli-
gion und Tugend verachteten, und durch ihr ausschweifendes, wollüstiges Leben
Sitte und Anstand verletzten, und die Einkünfte des Staats verschwendeten.
Die von dem Schotten Law errichtete Zettelbank, die nicht nur hohe Pro-
cente verhieß, sondern auch großen Gewinn in Amerika in Aussicht stellte, er-
zeugte in ganz Frankreich einen unbegreiflichen Schwindelgeift, den der gewissen-
lose Regent und seine Genossen auszubeuten verstanden. Fast alles geprägte
Geld floß in die Bank, die der Regent zur „königlichen" erklärte, und wurde
gegen Papiergeld ausgetaüscht; mit unerhörtem Leichtsinn fertigte man eine .
zahllose Menge von Scheinen an, bis sich zuletzt ein Bankbruch herausstellte,
der viele Tausende um Hab und Gut brachte, indeß die habsüchtigen Großen
sich dabei bereichert hatten.
§. 416. Spanien. Der spanische König Philipp V. war ein
schwacher von Weibern beherrschter Fürst, der zuletzt ganz in Schwermuth ver-
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TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Anna Bolingbroke John) Marlborough Karl Karl Marlborough Philipp_V. Philipp_V. Oestreich Ludwig Ludwig Ludwig_Xv. Philipp_von_Orleans Philipp Cardinal_Dubois Philipp_V. Philipp_V.
Extrahierte Ortsnamen: Europa England Frankreich Spanien England Frankreich
Neu-Schottland Nordamerika Spanien Sardinien Niederlande Italien_Mailand Neapel Sicilien Frankreich Amerika Frankreich Spanien Schwermuth
275
Der nordische Krieg.
in seine Staaten zurückzukehren, war seiner stolzen Seele unerträglich. Er
wollte die Türken zu einem Krieg mit Rußland bewegen, und dann an ihrer
Spitze die Staaten seines Feindes durchziehen. Während er zu dem Ende in
Bender Zeit und Kräfte vergeudete und alle Mittel anwandte, um die Türken
für seine Pläne zu gewinnen, erneuerten seine drei Gegner das frühere Bünd-
niß, worauf Friedrich August sich wieder des polnischen Throns bemäch-
tigte, Zaar Peter seine Eroberungen an der Ostsee ausdehnte und der König
von Dänemark Schleswig von Neuem an sich riß. Bald schlossen sich auch
Preußen und Hannover an und besetzten die deutschen Besitzungen der
Schweden. Endlich schien Karls Xu. Plan in Erfüllung zu gehen. Ein türki- 1711
sch es Heer rückte in die Moldau ein und brachte am Pruth den Zaar in
eine so mißliche Lage, daß er in Gefahr stand, mit seinem ganzen Heer in
Kriegsgefangenschaft zu gerathen. Allein Peters Gemahlin Katharina, die
aus einer Sklavin des russischen Ministers Menzikosf endlich Beherrscherin
aller Reussen ward, fand Mittel, den türkischen Vezier zu bestechen und zum
Abschluß eines Friedens zu bringen. Karl Xii. schäumte vor Wuth, daß das
so nahe gedachte Ziel nun ferner als je gerückt sei. Dennoch beharrte er bei
seinem Vorsatze und blieb selbst dann noch in Bender, als ihm die Pforte
die Gastfreundschaft kündigte, die bisher gereichte Geldunterstützung entzog und
das türkische Gebiet zu verlassen befahl. Er ließ sich von der Pforte das Reise-
geld zahlen und blieb dennoch; endlich erstürmten die Janitscharen sein Lager,
steckten seine Hütte, in der er sich mit Löwenkraft vertheidigte, in Brand und
nahmen ihn bei einem wüthenden Ausfall gefangen. Aber noch über zehn Mo-
nate verharrte er in türkischer Gefangenschaft und verzehrte seine Kraft in kin-
dischem Eigensinn. War es zu verwundern, daß man anfing, ihn für geistes-
verwirrt zu halten? Erst als man ihm meldete, daß seine deutschen Besitzungen
bis auf Stralsund in den Händen der Feinde wären, verließ er plötzlich nach
fünfjährigem Aufenthalte die Türkei und langte nach einer 14tägigen ohne alle
Unterbrechung zu Pferde fortgesetzten Reise unerwartet vor den Thoren Stral- October
sunds an. 1714,
§. 425. Unter den größten Anstrengungen wurde Stralsund über ein Jahr
von den tapfern Schweden vertheidigt; endlich mußte die Stadt aufgegeben
werden, worauf ganz Pommern nebst der Insel Rügen in die Gewalt der 1715.cr
Preußen fiel. Aber noch immer wollte der starrsinnige König von keinem Frie-
den hören. Auf den Rath des ränkevollen Baron von Görz ließ er Papier-
geld anfertigen, um die Kosten zu neuen Kriegsrüstungen zu bestreiten, und
ohne nur den Ausgang der Unterhandlungen abzuwarten, die Gö rz mit dem
russischen Kaiser angeknüpft, fiel er mit zwei Heerabtheilungen in Norwegen 1716-
ein, um den König von Dänemark wegen Friedensbruchs zu züchtigen. Hier
fand Karl Xii. vor der Festung Friedrichshall, die er mitten im Winter
belagerte, seinen Tod. Als er bei nächtlicher Weile an eine Brustwehr gelehnt
den Arbeiten in den Laufgräben zusah, ward er durch eine Kugel, die wahr-
scheinlich von Mörderhaud kam, getödtet. Nun riß der schwedische Adel allen Dec
Gewalt an sich, indem er den rechtmäßigen Thronerben (Friedrich von Holstein- i?i8.
Gottorp) von der Regierung ausschloß und dieselbe Karls Xu. jüngerer Schwe-
ster, Ulrike Eicon ore, und ihrem Gemahl, Friedrich von Hessen-Cassel,
unter großen Beschränkungen übertrug. Von dem an war Schweden nur dem
Namen nach eine Monarchie; die Macht lag in den Händen des adeligen
Reichsraths. Die grausame Hinrichtung des Grasen Görz und der schnelle m9’
Abschluß einer Reihe von Friedensverträgen, wodurch Schweden gegen
einige Geld ent schädig ungen alle auswärtigen Besitzungen, bis auf einen
18*
1720.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_August Friedrich August Peter Dänemark Karls Peters Katharina Karl_Xii Karl Karl_Xii Karl Friedrich_von_Holstein- Friedrich Gottorp Karls Ulrike_Eicon Friedrich_von_Hessen-Cassel Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Karls Norwegen Karls Schweden
1722,
Katharina
1.1725—
1727.
Peter Ii.
1727-30.
Anna
1730—
1740.
Elisabeth
1741—
1762.
276 Die neue Zeit.
kleinen Theil von Pommern, preisgab, war der Anfang der selbstsüchtigen,
um des Landes Ehre und Wohlfahrt unbekümmerten Adels Herrschaft.
§. 426. Während Schweden erschöpft und gebrochen aus dem Kampfe
hervorging, stieg Rußland zur europäischen Großmacht empor. Die
Erwerbung der schwedischen Provinzen Jngermanland, Est hl and und
Livland, wozu nach einigen Jahrzehnten noch Kurland kam, wurde für
Rußland der Anfang einer neuen Zeit. So lange Moskau die Hauptstadt
gewesen, war der Blick der Zaaren mehr nach Asien gerichtet, mit dessen Be-
wohnern und Sitten die Russen mehr Verwandtschaft hatten als mit den euro-
päischen; aber seitdem P e terö bu rg, das der abendländischen Cultur näher
lag, Sitz der Regierung geworden und durch großartige Anlagen und Bau-
werke in Aufschwung gekommen, wurde Rußland ein europäisches Reich. —
Die rastlose Thätigkeit des großen Kaisers führte eine gänzliche Umgestaltung
herbei. Handel und S ch ifffahrt wurden durch Anlegung von Landstraßen,
Kanälen und Seehäfen gefördert; die innere Betriebsamkeit, Gewerbe, Ma-
nufacturen, Bergbau erfreuten sich besonderer Begünstigung, ja selbst
für Gelehrsamkeit und höhere Bildung wurde durch Gründung einer Akade-
mie der Wissenschaften gesorgt. Auch die Verwaltung und Polizei er-
hielt eine neue Gestalt nach Art der übrigen unumschränkten Staaten, so daß
die Fürftenmacht gehoben, die Macht der Evelleute (Bojaren) gemindert
wurde. Eine der folgenreichsten Neuerungen Peters des Großen war die Auf-
hebung der Patriarchenwürde und die Errichtung der heiligen Sy-
node als oberster Kirchenbehörde, welcher der Kaiser Verhaltnngsbefehle er-
theilte.
§. 427. Als Peter auf solche Weise sein Reich umgestaltet, bemerkte er
mit Kummer, daß sein einziger Sohn Alerei den Neuerungen abhold sei, sich
blos mit Freunden deö alten Zustandes umgebe und den Vorsatz hege, seine
Residenz einst wieder nach Moskau zu verlegen. Umsonst suchte der Kaiser den
störrischen und trotzigen Geist des Sohnes zu beugen und ihn der europäischen
Cultur zu befreunden; Alerei blieb bei seinem Sinn und entwich endlich aus
dem Reich. Da ließ ihn Peter, besorgt um den Fortbestand seiner Einrichtun-
gen, verhaften, in die Heimath zurückbringen und zum Tode verurtheilen. Ob
Alerei hingerichtet ward, oder vor der Vollstreckung des Urtheils starb, ist strei-
tig. Eine Ukase gab alsdann die Bestimmung der Thronfolge dem Willen des
regierenden Kaisers anheim. Nach Peters Tod folgte ihm seine Gemahlin
Katharina I. in der Regierung. Unter ihr und ihrem Nachfolger Peter Ii.
übte Menzikoff, der vom niedrigsten Stande zum Günstling des Kaisers
und allmächtigen Minister emporgestiegen, den größten Einfluß auf die Regie-
rung. Aber in dem Augenblicke, wo er seine Tochter mit dem jungen Kaiser zu
vermählen gedachte, wurde er gestürzt und endete seine Tage in sibirischer Ver-
bannung. Peters Ii. Nachfolgerin Anna wendete ihr Vertrauen den beiden
thatkräftigen Deutschen Ostermann und Münnich zu, von denen jener dem
Kabinet Vorstand, dieser das Kriegswesen leitete und umgestaltete. Allein so-
wohl diese beid^als Anna's Günstling Wir on, dem nach ihrem Tode die Re-
gentschaft zufallen sollte, wurden nach Sibirien verwiesen, als Peters des
Großen jüngste Tochter Elisabeth durch eine Palastrevolution auf den
Thron gehoben ward. Der einjährige Iwan, den Anna zu ihrem Nachfolger
ernannt hatte, wurde in den Kerker geworfen, wo er in thierischer Art ohne
allen Unterricht heranwuchs. Elisabeth ergab sich einem wollüstigen, sittenlo-
sen Leben und überließ die Regierungthren Günstlingen.
§. 428. Unter Friedrich August dem Starken drang die in Dresden
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Katharina
1.1725— Peter_Ii Elisabeth Peter Peter Peters Katharina_I. Peter_Ii Anna Ostermann Anna Elisabeth Friedrich Friedrich August
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Schweden Livland Kurland Moskau Asien Moskau Sibirien
Das Zeitalter Ludwigs Xiv. 261
gelte. Noch sechs Jahre genoß Mazarin des größten Ansehens in Frankreich
und Europa; der Kardinal von Retz, der geistreiche Verfasser der Denk-
würdigkeiten über diesen Krieg, mußte sein Vaterland meiden, nachdem er
zuvor im Kerker von Vincennes für sein unruhiges Treiben gebüßt; Coude
mußte sich arm und unglücklich bei den Spaniern Herumtreiben, bis seines
Herrn Gnade ihm die Rückkehr und den Wiederbesitz seiner Güter gewährte;
Mazarins Nichten, Italienerinnen ohne Stand und Namen, wurden mit den
Reichthümern Frankreichs ausgestattet und von den ersten Edelleuten als Ge-
mahlinnen gesucht, und die Mitglieder des Parlaments fügten sich ohne Wi-
derrede den hohem Weisungen, seitdem Ludwig in Stiefeln und Reitpeitsche
vor ihnen erschienen war und drohend Gehorsam verlangt hatte. Nunmehr
konnte Ludwig Xiv. den Grundsatz geltend machen: „der Staat bin ich"
(l’état c’est moi). Der Pyrenäische Friede mit Spanien war Mazarins
letztes Werk. Bald darauf starb er mit Hinterlassung eines unermeßlichen Ver-
mögens, werthvoller Bücher und Kunstwerke und herrlicher Paläste und Gär-
ten. Sein Tod trat in dem Augenblick ein, wo Ludwig seiner überdrüssig zu
werden anfing und sich sehnte, die Zügel der Herrschaft in die eigene starke
Hand zu nehmen. Das Glück, das ihn im ganzen Leben begleitet hatte, ver-
ließ ihn auch nicht in der Stunde des Todes.
b) Ludwigs Xiv. Regierung und Eroberungskriege.
§. 402. Nach Mazarins Tod ernannte Ludwig Xiv., in dem die könig-
liche Allgewalt den höchsten Gipfel erreichte, keinen P remi ermin i sie r mehr,
sondern umgab sich mit Männern, die nur seinen Willen vollzogen und kein
höheres Ziel kannten, als des Königs Ruhm, Glanz und Ehre zu mehren und
zu verbreiten. Bei der Wahl dieser Männer zeigte Ludwig Einsicht und Herr-
schergaben. Sowohl seine Minister, besonders Colbert, der große Förderer
der französischen Betriebsamkeit, des Fabrikwesens und des Handels, als seine
Feldherren, Türenne, Conde, Luxembourg und der Festungsbauer
Vauban, übertrafen an Talent, Kenntnissen und Geschicklichkeit die Staats-
und Kriegsmänner aller andern Völker eben so sehr, wie Ludwig Xiv. selbst
an Herrschergröße, gebieterischem Wesen und königlichem Anstand über alle
Fürsten seiner Zeit hervorragte. Er bewirkte, daß das Zeitalterludwigs
Xiv. als der Glanzpunkt in der französischen Geschichte dasteht, und daß der
Hof von Versailles, wohin die königliche Residenz verlegt ward, als
Muster des Geschmacks, der feinen Bildung, der vornehmen Lebensweise al-
lenthalben gepriesen und bewundert wurde; da er aber nur auf Befriedi-
gung seiner Eigenliebe, seiner Genußsu ch t, seines Stolzes und
seiner Pracht- und Ruhmbegierd e bedacht war, so wurde seine Regierung
das Grab der Freiheit, der Sittlichkeit, der Charakterfestigkeit und der männ-
lichen Gesinnung. Hofgunst war das Ziel aller Bestrebungen, und Schmei-
chelei der sicherste Weg, dieselbe zu erlangen; Tugend und Verdienst fanden
wenig Anerkennung.
§. 403. Ludwig Xiv. wünschte seinen Namen mit Kriegsruhm zu ver-
herrlichen und sein Reich zu vergrößern. Er benutzte daher den Tod des spani-
schen Königs Philipps Iv., um als Gemahl von'dessen Tochter Erbansprüche
zu erheben und mit Heeresmacht in die spanischen Niederlande einzu-
sallen. Durch den Dreimächtebund von England, Holland und Schweden
wurde er zwar nach einem kurzen Feldzuge gezwungen, in dem Frieden von
Aachen das Eroberte größtentheils wiederherauszugeben, doch blieben eine
7. Nor.
1689.
i. März
1661.
Spani-
scher
Krieg
1667—
1668.
Mai
1668.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Ludwig Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig Ludwig Ludwigs Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Ludwig_Einsicht Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Königs_Philipps_Iv. Philipps_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europa Retz Frankreichs Spanien Luxembourg Versailles England Holland Schweden Aachen