524 Die Zeit des französischen Bürgerkönigthums.
ten, die Kinder je nach dem Geschlechte dem Glauben der Eltern folgten. Dieses
Gewohnheitsrecht hatte in die Gesetzgebung verschiedener Lander von gemischter
Bevölkerung, als dem Grundsätze der Rechtsgleichheit entsprechend, Eingang ge-
funden. Im Jahr 1825 wurde das preußische Gesetz, wornach bei Mischehen
die Kinder sammtlich im Glauben des Vaters erzogen werden sollten, wenn nicht
der einmüthige Wille beider Eltern anders verfügte, auch auf Westfalen und die
Rheinprovinz ausgedehnt. Da hier nun häufiger der Fall eintrat, daß protestan-
tische Männer der altern Provinzen sich mit katholischen Töchtern des Landes
vermahlten, als umgekehrt, so gerieth die Geistlichkeit in Besorgniß, die katholi-
sche Kirche möchte verkürzt werden. Die rheinischen Bischöfe holten in Rom Ver-
sa. März haltungsbefehle ein. Ein Breve des Papstes erklärte gemischte Ehen für unerlaubt,
1830- doch für gesetzlich gültig, und gestattete die kirchliche Einsegnung nur unter der Be-
dingung, daß das Brautpaar die katholische Erziehung sammtlicher Kinder vor-
her gelobe, sei dies nicht der Fall, so könne die Trauung zwar in Gegenwart des
Geistlichen statt finden, aber ohne alle kirchliche Feier. Durch Unterhandlungen
mit den rheinischen Bischöfen erwirkte jedoch die preußische Regierung eine still-
schweigende Ermäßigung des Breve und erlangte, daß die meisten Mischehen auch
ohne jene Vorbedingung eingesegnet wurden. Auch der Weihbischof Clemens
Droste zu Visch er ing, ein strengkirchlicher, von ultramontanen Einflüsien
1836. geleiteter Mann, gab bei seiner Erhebung auf den erzbischöflichen Stuhl zu Köln
das Versprechen, gemäß dieser Uebereinkunft zu verfahren. Kaum war er aber
im Besitz seiner Würde, als er seiner Geistlichkeit gebot, sich genau an das Breve
zu halten und die Trauung nur nach vorausgegangener Zusage katholischer Kin-
dererziehung zu verrichten. Einflüsterungen im Beichtstuhl prägten den Frauen
die Nothwendigkeit der kirchlichen Einsegnung zur Gültigkeit der Ehe und zum
Seelenheil ein und verwirrten die Gewissen. Zu gleicher Zeit ließ sich der Erzbischof
von seiner ultramontanen Umgebung zu einem strengen Verfahren wider die Her-
mesianer bewegen. Umsonst erinnerte die preußische Regierung an das Ver-
sprechen und drohte mit Amtsentsetzung; der Erzbischof beharrte aus seinem
^1837°"' ®'nne* Da wurde er plötzlich verhaftet und nach der Festung Minden abgesührt,
„weil er sein Wort gebrochen, die Gesetze untergraben und unter dem Ein-
flüsse revolutionärer Parteien die Gemüther aufgeregt habe." Dies gab das
Signal zu einem heftigen Streite sowohl zwischen der preußischen Regierung und
dem römischen Stuhle, der vor jeder Unterhandlung die Wiedereinsetzung des
gefangenen „Märtyrers" verlangte, als zwischen den streitlustigen Gelehrten bei-
der Confessionen. Die öffentliche Meinung war getheilt. Die Katholiken sahen
in dem Verfahren eine Unterdrückung der Kirche durch den Beamtenstaat und
erhoben den Ruf nach Unabhängigkeit der Kirche vom Staate; die
Protestanten faßten den Streit auf als „Kampf deutscher Freiheit und römischer
Herrschaft." Die „kirchlichen Wirren" nahmen noch zu, als der Erzbischof Du-
nin von Gnesen und Posen ein ähnliches Verbot der kirchlichen Trauung von
Mischehen ohne Zusicherung katholischer Erziehung ergehen ließ und, nach Berlin
geladen, sich der ihm auferlegten Haft durch die Flucht entzog, dann aber nach
der Festung Colberg abgeführt ward. Unter diesen Umstanden bestieg Friedrich
7'is4oni ® iifyetm Iv. den preußischen Thron und richtete seine ganze Sorgfalt auf die
Beruhigung der Kirche. Er setzte den Erzbischof Dunin auf eine sehr zweideutige
Zusage hin in Freiheit, er gestattete den unmittelbaren Verkehr der Bischöfe mit
Rom; er entließ den Erzbischof Droste seiner Haft und sprach ihn in einein ehren-
vollen Brief von aller Schuld an revolutionären Umtrieben frei, nachdem er mit
ihm und dem römischen Stuhl übereingekommcn, daß er selbst wegen Kränklich-
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Extrahierte Personennamen: Clemens
Droste Friedrich
7'is4oni Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Westfalen Rom Gnesen Posen Berlin Rom