— 15 —
scheint sehr ungewiß. Neuerdings nimmt man vielfach an, daß
das Erdinnere alle Aggregatzustände in lückenlosem Ubergange
zeigt, daß also unter der starren Rinde zähflüssige und unter
diesen leichtflüssige Massen liegen, und daß der innere Kern aus
Gas besteht. Diese Anordnung würde der Ansicht von der mit
der Tiefe stets wachsenden Temperatur sich anpassen. Dem Ein-
wände, daß der ungeheure Druck der aufliegenden Massen der
Bildung von Gasen im Erdkern widerspreche, hält man die Tat-
sache entgegen, daß für viele Körper eine sog. kritische Temperatur
nachgewiesen ist, d. h. eine Wärme, bei welcher der Körper im
gasähnlichen Zustand? sich befinden muß, wie groß auch der auf
ihm lastende Druck sein mag. Wenn dieser kritische Punkt z. B.
für Wasser 580° C. beträgt, so dürfte bei 8000» bis 10000" kein
Körper sich mehr in den flüssigen Zustand überführen lassen.
Diese Temperaturen sind aber gering gegen jene, welche man für
das Erdinnere annehmen muß. „Man hätte sich dann das Erd-
innere als einen unendlich heißen Gasball von voller Starrheit
oder Ruhe der Moleküle zu denken, was unfern Vorstelluugen
vom Aggregatzustand der Körper allerdings Schwierigkeiten bietet.
Nur die Eigenschaft bliebe jener erstarrten Masse in gasähnlichem
Zustande, daß sie sich bei vermindertem Druck sofort ausdehnt. Auch
diese Anschauung bleibt so lange Vermntuug, als man nichts
Näheres weiß über die wirklich vorbandene Dichte im Erdzentrum
und nicht nachgewiesen ist, daß unsere Erdrinde imstande ist, einer
solchen gewaltigen von innen wirkenden Spannkraft die Wage
zu halten." (Wagner.)
Im Gegensatz zu dieser Ansicht nehmen viele Forscher an,
daß im Innern der Erde ein mächtiger Metallkern von rund
10000 km Durchmesser ruht, der hauptsächlich aus Eiseu (spez.
Gewicht 7,8) besteht. Zwischen dem Eisenkern und der etwa
1500 km dicken Gesteinskruste vermutet mau eine Schicht von
mehr oder minder glutflüssigem Magma. Es ist jedoch falsch,
für das Vorhandensein einer solchen zusammenhängenden Magma-
masse die vulkanischen Ausbrüche als Beweismittel heranzuziehen,
da die Vulkanherde kaum tiefer als 50 km liegen dürften.
Vielmehr muß man annehmen, daß in der starren Erdrinde
kleinere Magmamaffen als „Nester" eingebettet sind.
3. Erdmagnetismus.
a) Deklination — Jsogoncn. Hängt man einen Magnetstab
an einem Faden so auf, daß er sich frei in der horizontalen Ebene
bewegen kann, fo nimmt er eine solche Lage an, daß der eine
Pol nach Norden, der andere gen Süden weist, und zeigt auch
nach jeder Störung aus dieser Ruhelage das Bestreben, die vorige
Richtung wieder einzunehmen. Hieraus folgt, daß die Erde wie
ein großer Magnet wirkt, der von einem in der Süd-Nord-Rich-
tung gehenden Strome durchzogeu wird. Das eigentümliche
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
TM Hauptwörter (200): [T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Telegraphie.
83
Funkentelegra-
phie. Ein gefährlicher
Mitbewerber droht
neuestens dem Tele-
graphen außer im Te-
lephon auch in der
drahtlosen Tele-
graphie zu erstehen.
Ihre Haupterfolge hat
die Funkentelegraphie
bisher im Verkehr
zwischen Schiffen auf
hoher See bzw. zwi-
schen fahrenden Schif-
fen und Landstationen
erzielt. Die Groß-
Station fürradiotele-
graptne bei Nauen in
der Nähe von Berlin
versorgt jetzt schon bis
auf 3000 km die at-
lantischen Schiffe mit
Nachrichten. Im Ok-
tober 1907 erfolgte
sogar schon die Er-
Öffnung funkentelegra
phischen Verkehrs zwi-
schen Europa (Clif-
den in Irland) und
Amerika ^Cape Vre-
ton in Canada). Die
Entfernung beträgt
rund 4000 km. Die
Groß-Station bei
Nauen hat sogar mit
einem in Kamerun
vor Anker gelegenen
Dampfer Nachrichten-
Verbindung aufrecht
erhalten, d. i. in einer
Entfernung von 6600
km. Auch für mili-
tärische Zwecke hat sich
die Funkentelegraphie
sehr brauchbar er-
wiesen.
6*
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Ortsnamen: Nauen Berlin Europa Irland Amerika Canada Nauen Kamerun
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
Iv
Vorwort.
Umfang in einigen Unterrichtsgegenständen ändern und erweitern. Es war ein
Gebot der Notwendigkeit, das sich aus den: Entwicklungsgang, den die Kultur
seit 100 bis 150 Jahreu eingeschlagen hatte, ergab, daß die Geschichte die sozialen
Verhältnisse bis zun: Wirken des ersten Kaisers im neuen Deutschen Reich betrach-
tete, daß der naturwissenschaftliche Unterricht Elektrizität und organische Chemie,
Biologie und Geologie in den Kreis seiner Betrachtung einschloß, daß die Erd-
knnde nicht bei den toten Tatsachen stehen blieb, sondern daß sie ihren Blick er-
weiterte und Ursache und Wirkung aller auf der Erdoberfläche geschehenen Ver-
ändernngen betrachtete. Und unserer deutschen Erziehung ist es besonders eine
Pflicht, weiterzuschreiten und dem neuen Zuge der Zeit zu folgen, ging doch gerade
von deutschen Forschern und Gelehrten die meiste Anregung aus. „Die Eut-
Wicklung der modernen Weltwirtschaft und des deutschen Volkes in ihr" mußte,
wie Hermann Wagner betont, der heranwachsenden Generation dargestellt und
erschlossen werden, eine dankbare, wenn auch schwierige und weitumfassende
Arbeit, die kein Unterrichtszweig besser und eindringlicher zu leisten vermag als
die Erdkunde. Es ist kein Egoismus, wenn das betont werden muß. Wir wollen
uns nicht hinwegtäuschen über diesen neuen Zeitgeist, der den klassischen Gymnasien
einen immer schwereren Stand verschafft und der das fast zu starke Emporblühen
realistischer Unterrichtsanstalten verursacht hat. Aber um so mehr sollte man sich
auf die nationale Pflicht besinnen, die moderne Volkswirtschaft im allgemeinen
auf unfern höhern Schulen stärker als bisher zu betonen. Sollen unsere Unterrichts-
anstalten echt national sein, d.h. sollen sie die reifere Jugend so erziehen, daß sie in
späteren Jahren an der Erhaltung der hohen Stellung, die unser Vaterland gegen-
wärtig einnimmt, in rechter Einsicht mitwirken kann, so ist vor allem ihre Pflicht,
das Nationalbewußtsein nicht nur zu stärken durch Darstellung der Taten großer
Männer des Geistes und des Schwertes, sondern vor allem auch durch Dar-
legung der Taten des gesamten deutschen Volkes, die es namentlich
seit Errichtung des neuen Reiches auf wirtschaftlichen: Gebiet geleistet hat.
Die Mittel, die die Erdkunde als dasjenige Fach, dem in erster Linie die Ver-
antwortung für die Stärkung dieser Richtung nationalen Geistes in unserer Jugend
zufällt, anzuwenden hat, sind mannigfach. Neben derkenntnisdererd-
oberfläche und ihrer Entwicklung ist es zunächst die lichtvolle Dar-
stelluug ganzer Länder und Erdräume unter Berücksichtigung
aller Faktoren, die dem oder jenem Erdraum eine besondere Charakteristik anderen
Räumen gegenüber verleihen; ferner die Bedeutung dieses Erdraumes für die
Entwicklung des in ihn: wohnenden Volkes unter Beobachtung der E i n w i r -
kuug der Landschaft auf den Menschen, endlich dessen E n t -
Wicklung selbst in gemeinschaftlichem Wirken als geschlossene, ein-
h e i t l i ch e Gemeinschaft (Volk, Nation) und die gemeinsame Arbeit
aller Völker in ihrer geographischen Bedingtheit. Die wechselseiti-
gen Beziehungen aller Formen und Lebensäußerungen
dererde — soweit es möglich ist unter steter Rücksichtnahme auf deren nationale
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
1. Karl Ritter, Alexander von Humboldt, Ferdinand von Richthofen.
3
sich keinerlei direkte Beeinflussungen von beiden auf seinen Werdegang nach-
weisen. Auch ist keine Kontinuität in der Entwicklung der Geographie als Lehrfach
in Berlin zu verzeichnen. Wie mächtig K a r l R i t t e r auch seine Studierenden
angezogen, nach seinem Tode blieb die Lehrkanzel der Geographie an der Ber-
liner Universität lange Zeit unbesetzt, um erst nach Jahren dem verdienten Hein-
r i ch Kiepert anvertraut zu werden, welcher eine reiche historische Kenntnis
mit der sicheren Hand eines Kartographen und der Kritik eines Geographen ver-
bindend, ungemein Wichtiges geleistet hat, wenn er auch nicht so mächtig in die Ent-
Wicklung der neueren Geographie eingriff, wie das große Dreigestirn.
Unvergeßlich wird mir R i ch t h o s e n s Antrittsrede bei Übernahme der
Professur der Geographie in Leipzig bleiben, bei der ich das Glück hatte, vor
wenig mehr als 23 Jahren gelegentlich eines Besuches meiner Vaterstadt den
Meister kennen zu lernen. Er entrollte darin seine Ideen über Aufgaben und Me-
thoden der heutigen Geographie, und stellte sie so zwingend als die Lehre von der
Erdoberfläche hin, daß mir sein Gedankengang ganz wie selbstverständlich vorkam.
Als sich mir mehr als 20 Jahre später nach ebenso langer Lehrtätigkeit die Ver-
anlassung bot, auf dem Kongreß der Wissenschaften und Künste in St. Louis mich
über das gleiche Thema zu äußern^), konnte ich mich nur wieder auf den Boden
der damals gehörten Anschauungen stellen; und doch war die Auffassung der Geo-
graphie, welche R i ch t h o f e u auseinandersetzte, in ganz wesentlichen Stücken
neu und so abweichend von der bis dahin herrschend gewesenen Karlritters,
daß man die beiden lange Zeit als zwei einander gegenüberstehende, aber gleich-
berechtigte Pole angesehen hat, und um den Wünschen beider gerecht zu werden,
von einem Dualismus im Charakter der Geographie gesprochen hat. Hier R i t -
t e r s Ansicht, daß die Erdoberfläche in erster Linie als Wohnstätte des Menschen
zu betrachten sei, dort die R i ch t h o s e n s, daß die Erdoberfläche selbst in den
Bordergrund der Betrachtung gerückt werden müsse.
Ich kann mich der Meinung nicht anschließen, daß diese beiden Anschauungen
als gleichwertig nebeneinander zu stellen^eieu. Viel eher kommt mir vor, daß sie
verschiedene Entwicklungsstadien darstellten. Alle Naturforschung ist vom anthro-
pozentrischen Standpunkt aus begonnen. Aus dem Studium der nutzbaren Mi-
neralien entwickelte sich die heutige Mineralogie und Geologie, aus dem der
nützlichen und schädlichen Pflanzen die Botanik, aus dem der nützlichen und schäd-
liehen Tiere die Zoologie. In ähnlicher.weise hat man die Geographie früher als
die Lehre von der Umgebung des Menschen betrieben. Aber man hat diesen
anthropozentrischen Standpunkt viel später aufgegeben als in anderen Wissen-
schasten, weil dem Menschen auf der Erdoberfläche eine viel wichtigere Rolle zu-
fällt als gegenüber der Tier- und Pflanzenwelt. Wenn R i t t e r, den anthro-
pozentrischen Standpunkt besonders betonend, die Erde gleichsam als ein Er-
ziehnngshaus für die Menschen hinstellte, steht er ganz aus dem teleologischen
:) Die Phyfiographie als Physiogeographie in ihren Beziehungen zu anderen Wissen-
schasten. Geogr. Zeitschr. Xi. 1905, S. 249.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Ritter Karl Alexander_von_Humboldt Alexander Ferdinand_von_Richthofen Ferdinand Louis
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
90
Afrika.
Ackerbau und Viehzucht gut geeignete Länder handelt, teils werden schwächere
Völker gezwungen, in gebirgigen, sumpfigen oder gar wasserarmen Gebieten
Zuflucht zu suchen. So führen in Südafrika beispielsweise zahlreiche Neben-
wege teils in das ungesunde Küstenvorland, teils in die nördliche Kalahari,
die schwächsten Stämme aber werden gezwungen, die trostlosen Sandflächen
der Kalahari oder die Wüste der Namib aufzusuchen.
Da die großen Völkerstraßen in Südafrika enden, so ist es erklärlich, daß es dort
unter Umständen zu einem Aufstauen und Zurückfluten der Völker kommen kann.
Das hat die Geschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelehrt.
20. Auf der karawanenstratze von Tanger nach Fes.
Von Siegfried Genthe^).
Ein mächtiges Tafelland, zerklüftet und von kurzen, selbst jetzt in den
Regentagen kaum Wasser führenden Einschnitten, mußte noch überschritten,
drei ziemlich bedeutende Flüsse, Wargha, Ssebn und Sgota, durchwatet wer-
den, ehe wir endlich wieder auf die eigentliche Reisestraße, den geraden von
Tanger nach Fez führenden Karawanenweg, gelangten. Die Überwindung
der Flüsse war natürlich jedesmal mit viel Arbeit und Verdruß verbunden.
Das Wasser schoß mit solcher Kraft und Geschwindigkeit durch die von kleinen
Inseln, Geröllablagerungen und Uferrutschen eingeengten Betten, daß man
ohne Führung den Übergang gar nicht wagen konnte. Und selbst wenn
jedes Tier von einem Ortskundigen, der völlig nackt sich seinen Weg durch die
starke Strömung suchte, geführt und in wunderlichen Zickzackwegen auf der
sichern Furt gehalten wurde, hatte man doch seine liebe Not, die ganze
Karawane glücklich ans andere Ufer zu bringen. Der unter dem Bauch der
Pferde mit rasender Geschwindigkeit hinschießende Strom wirkte so sinn-
verwirrend auf Mensch und Tier, daß man, wie von betäubendem Schwindel
ersaßt, willenlos sich der Leitung der voranschreitenden, mit aller Macht gegen
Strömung und Schnellen ankämpfenden Männer überlassen mußte.
Schon beim Übergang über den Ssebn hatten sich meiner kleinen
Karawane zahlreiche andere Reisende angeschlossen. Obwohl ich diesen Fluß,
der trotz seines verhältnismäßig kurzen Laufs von etwa 500 km der bedeu-
tendste nicht nur von ganz Marokko, sondern von Nordwestafrika überhaupt
ist, nicht am Schnittpunkt des Tangerer Reisewegs überschritt, zeigte das rege
Leben an seinen Ufern, daß wir wieder in belebtere Gegenden und in größere
Nähe der Hauptstadt gekommen waren. In der Tat scheiden sich hier im
östlichsten Winkel der großen fruchtbaren Küstenebene, die sich dreieckig zwischen
den Flüssen Ssebu und Bu Regrag ausdehnt, zahlreiche Karawanenwege, die
i) Marokko, Reiseschilderungen. Berlin, Allgem. Verein für deutsche Literatur, 1906,
S. 164 ff., 173 ff., 185 ff.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
92
Afrika.
lebt alles wieder auf und nimmt die lebhaste Färbung des Selbsterlebten an.
Es ist wie auf dem Soco Chico^) in Tanger, an dessen blutrünstige Gerüchte
ich so oft mit Vergnügen zurückgedacht hatte, wenn ich gänzlich unbehelligt
durch das ruhige friedliche Land gezogen war.
Von jetzt ab waren wir kaum mehr allein auf den: Marsche. Kaum eine
Stunde wird vergangen sein, wo wir nicht zusammen mit anderen Reisenden
oder wenigstens in Sicht von ihnen unseres Weges fürbaß gezogen wären.
Und auch der Weg selbst ließ merken, daß man sich dem Ziele näherte, der
großen Hauptstadt und dem wichtigsten Handelsmittelpunkt des Reichs. Aus
den schmalen, kaum erkennbaren Pfaden, denen bisher unsere Reiserichtung
gefolgt war, hatte sich wirklich allmählich etwas wie eine breite Straße ent-
wickelt. Nicht als ob wirklich je oder irgendwo der Versuch zu einen: ver-
nünftigen Straßenbau zu erkennen gewesen wäre. Aber hier, wo der Ver-
kehr von Tag zu Tag, sast von Stunde zu Stunde dichter zu werden schien,
reihten sich die von ungezählten Husen aus der kurzen Grasnarbe oder im
tonigen Lehmboden eingetretenen Spuren so dicht zusammen, daß sich zu-
weilen dreißig und mehr nebeneinander herlausende Pfade zählen-ließen, die
in ihrer stattlichen Gesamtbreite den Eindruck einer künstlich angelegten Straße
hervorriefen. Und auf dieser breiten Fläche zog in buntem Wechsel das Leben
der großen Heerstraße dahin, Karawanen in langen Zügen und Einzelgrnp-
Pen von Reisenden, uns überholend oder von uns überholt, neben uns her-
ziehend oder uns umschließend, sich in friedliche Unordnung mit unserer
Karawane mischend oder mit ihr zusammen in breiter Stirnlinie wie zu
gemeinsamem Angriff vorgehend. Vereinzelte unter den bescheideneren Reisen-
den, die allein oder felbander und selbdritt mit leichtem Gepäck auf beschei-
denem Grautier einherzogen, hatten sich nach ein paar einleitenden Be-
grüßungsworten dauernd meinem Zuge angeschlossen. Ihnen mochte der
verhaßte Römer mit seinen Schutzsoldaten doch wenigstens als eine Art Bürg-
schast gegen Überfälle willkommen sein. Aber auch von denen, die stolz zu
Roß oder auf wohlgenährten! Maultier in ihren: rotgefütterten Kastensattel
thronten, zog kaum einer vorüber ohne ein freundliches Wort für meine Leute
und eine Art gnädigen Kopfnickens für mich selbst.
Ich war am Nordostabhang des heiligen Berges Dschebbel Serhun^)
entlanggezogen und hatte am Abend meines vorletzten Reisetages die Stelle
erreicht, wo der zum Ssebu strömende Wad Mkeß den steilen Osthang des
Gebirgsstocks hinabstürzt. Hier liegt eine jener Haltestellen für Karawanen-
reisende, die im ganzen Morgenland Karawan Sserai (Hof für Handelszüge)
heißen, in Marokko aber mit der grammatisch fehlerhaften Bezeichnung
Nsala (eigentlich Mansil, Mansala, Haltestelle, Absteigeplatz) benannt werden.
1) Der kleine, innere Markt von Tanger (Ssok ed dächl), wie die Eingeborenen, Soco
Chico, wie die Juden und Fremden ihn nennen, „das große Lügensammelbecken". — D. H.
2) Westlich von Fes gelegen. — D. H.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: D._H.
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Tanger Morgenland_Karawan_Sserai_(Hof Marokko Mansala Tanger
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
20. Auf der Karawanenstraße von Tanger nach Fes.
91
diesen Hauptteil des Blad el Machsen, des scherifischen Kernlandes, durch-
ziehen und alle mehr oder weniger auf dem Wege nach Fes hier zusammen-
laufen. Und da bei dem bekannten Mangel an Brücken und Fähren —
denn auch davon gibt es nur an den begangensten Stellen wie am Wad el
Kns vor El Ksar el Kbir das eine oder andere traurige Probestück — auch
die erfahrensten Reisenden auf die Hilfe der furtenkundigen Anwohner an-
gewiesen sind, so ergibt das Warten auf Führer an den Ufern immer ein
buntes Bild echt morgenländischen Karawanenlebens.
Lange Züge von schwer beladenen, langsam und gleichmäßig sich fort-
schiebenden Kamelen, größere und kleinere Gruppen von Maultieren und
Eseln mit ihren stimmkräftigen Treibern, hochgemut und mürrisch drein-
schauende Reiter mit langer Flinte und bescheidene Fußgänger, alle müssen
sie unterschiedslos an den steilen Böschungen des seine schmutzigbraunen
Fluten rasch vorbeijagenden Stromes halten, absitzen und geduldig auf die
Rückkehr der Furtenführer warten. Man läßt die Tiere in der Nähe grasen,
bessert an der Verladung und Verschnüruug der Lasten etwas nach und setzt
sich dann ins Gras, zieht die kleine Hanfpfeife aus der rotledernen Umhänge-
tasche und fängt, gemächlich und bedächtig, ein Gespräch an mit dem ersten
besten Wanderer und Maultiertreiber, der einem zunächst am Boden sitzt.
Erst werden natürlich mit großer Ausführlichkeit die begrüßenden Redens-
arten ausgetauscht, in denen stets mehr von Allah und Mulai Jdriß und
anderen Landesheiligen als von einem selbst die Rede ist. Aber man hat
hierzulande Zeit und läßt sich's nicht verdrießen, ein paar Minuten zu ver-
lieren mit leeren Worten, frommen Fragen und wohlwollenden Wünschen, die
bei aller ihrer geschäftsmäßigen Gleichartigkeit doch mit geschickt gespielter
Teilnahme vorgebracht werden, wie es sich bei einem wohlerzogenen Mauren,
der immer Allah und seine Heiligen im Munde führen muß, vollkommen von selbst
versteht. Dann erst kommen ganz allmählich die Fragen an die Reihe, die
jedem längst auf der Zunge brennen: Woher des Wegs? Wohin? Was habt
ihr geladen? Wieviel seid ihr in eurer Karawane? Wo habt ihr euren letzten
Halt gemacht? Wie weit gedenkt ihr heute noch zu kommen? Und dann
natürlich die Erkundigungen nach den Zuständen in der Hauptstadt, nach den
neuesten Nachrichten vom Kriegsschauplatz und von der Haltung der schwanken-
den Stämme, die teils zum Sultan stehen, teils schon zu den Aufständischen
übergegangen sind.
Und, merkwürdig, wie dieser Austausch von Frage und Antwort auch
sofort wieder die Lust zu fabulieren weckt, wie jeder gern groß tun möchte
mit besondern Erlebnissen und schrecklichen Nachrichten vom Wege, die ihn
zum Mittelpunkt eines bewundernd lauschenden Zuhörerkreises machen sollen.
Die letzten Tage, wo ich durch ein einsames, spärlich bevölkertes Land ge-
zogen war, hatte man den Aufstand und alle Mären von Krieg und Kriegs-
gefchrei völlig vergessen. Hier, beim Zusammentreffen mit den Weggenossen,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
110
Afrika.
die beste Grundlage für ein Aufkeimen der Kultur und für die starke Ausfuhr
von Landeserzeugnissen auf der Ugandabahn.
Im allgemeinen sind aber nur wenige Bantustämme zu einigen: Wohlstande
gelangt, weil sie wie ihre Volksgenossen in Kamerun in eine Unzahl kleiner und
kleinster politischer Gemeinschaften zersplittert sind, die gegen überall drohende
äußere Feinde zu schwach waren und ihnen keinen nachhaltigen Widerstand zu
leisten vermochten. Die Wadschagga z. B. teilen sich in 37 meist orographifch
abgegrenzte Miniaturstaaten. Aus diesem Grunde wählten die arabischen Sklaven
Händler und die kriegerischen Grenzvölker Deutsch-Ostafrika mit Vorliebe znin
Ziel ihrer Raub- und Eroberungszüge. Hieraus erklärt sich wohl auch die dünne
Besiedlung des ungeheueru Gebietes, das unter jenen Menschenjagden außer-
ordentlich zu leiden hatte. Denn der hohe Gewinn, der mit dein Sklaven- und
Elfenbeinhandel verbunden war, reizte zu immer weiterer Ausdehnung der Raub -
züge, zu welchem Zwecke die Araber 1846 als binnenländischen Hauptstützpunkt
Tabora gründeten. Manche Stämme wurden ganz, andere größtenteils aus-
gerottet, und der früher allgemein herrschenden Unsicherheit entspricht es, daß die
Siedlungen vielfach einen festungsartigen Charakter tragen. Entweder baute
man die Häuser im Tembestil^), oder man verschanzte sich hinter Wall und Graben,
hinter Holzpalisadeu und lebenden Dornbuschhecken in sogenannten Bomas,
innerhalb deren die Lehm- und Fachwerkhütten mit ihren flachen oder kegel-
förmigen Dächern errichtet wurden. Die Wadschagga und Wapare haben sich
in schwer zugängliche Gebirge, andere in Pfahlbaudörfer zurückgezogen, und
das verachtete, schnmtzige Jägervolk der den Massai ähnelnden Wandorobbo,
das zersplittert unter andern Stämmen haust, hielt es für geraten, zu den Sie-
gern in ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis zu treten. Die erobernden Völker
sind von Norden und Süden her so tief eingedrungen, daß sie sich stellenweise
berühren, und der furchtbare Ruf, der insbesondere den Massai- und Sulu-
stammen vorausging, veranlaßte viele von Haus aus friedliche Völkerschaften,
es ihnen gleichzutun. Sie paßten sich in Kleidung und Lebensweise den
Gewohnheiten der Eroberer so vollständig an, daß sie von ihnen fast gar
nicht mehr zu unterscheiden sind und gänzlich in deren unstetes Freibeuter-
leben hineingezogen wurden. Tatsächlich gelang es ihnen durch diese Nach-
äffung, die ihnen nach Friedrich Ratzels Vorschlag den Namen Massai- und
Suluassen eingebracht hat, daß sie ebenfalls Furcht und Schrecken unter den
Nachbarn verbreiteten und dadurch schon von vornherein den Erfolg auf ihrer
Seite hatten.
Die ältesten Einwanderer hamitischen Ursprungs sind die wahrscheinlich
den Galla verwandten ackerbautreibenden Wafiomi. Zu ihnen gesellen sich die
ebenfalls hamitischen, aber teilweise stark mit Elementen der Nilvölker und mit
x) Die Temben sind große rechteckige Lehmhäuser, die bei plötzlichen Überfällen mit Vor-
teil als Festungen benutzt werden können.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ratzels Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Kamerun Deutsch-Ostafrika Massai-
Die Polarländer.
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im Sommer vielfach aus leichten Zelten; für die lange Winternacht bauen
sich die Eskimos Hütten aus Schnee oder graben sich in den Boden Höhlen.
Mir die Bewohner der gemäßigten Zonen bieten die Eisgefilde der ^for-
Polarwelt wenig Anzieheudes dar. Gleichwohl ist man auch in diese uu-
wirtlichen Regionen vorgedrungen. Einmal lockte die Fülle der Tierwelt
an. Die großen Seetiere liefern ungeheure Mengen von Fett und Fischbein
und die Landtiere wertvolle Pelze. Dann aber hofften die ersten Polar^
sahrer durch die Eismassen hindurch eiueu kurzen Seeweg nm die Nordenden
der Festländer nach dem stillen Ocean zu finden. Viele kostspielige Expe-
ditionen wurden ausgesandt, aber erst 1851 gelang die Nordwest- und
1879 die Nordost durch fahrt. Für den Weltverkehr blieben diese Ent-
Fig. 56. Polarmeer im Sommer mit der Mitternachtssonne.
decknngen ohne Einfluß, da beide Seewege wegen der Eismengen der Meere
so gut wie unfahrbar sind. Endlich trieb der wissenschaftliche Drang den
Meufcheu hinaus. In der jüngsten Zeit ist dieses ideale Streben der
Hauptanlaß zu allen polaren Unternehmungen gewesen. Opfer an Geld und
Menschenleben sind zahlreich gebracht, aber nicht ohne Erfolg; denn das
unbekannte Gebiet ist immer mehr zusammengeschrumpft. Bis über deu
83. Grad ist man dem Nordpol, bis über den 78. Grad dem Südpol nahe
gekommen. Allein mehr noch liegt der Erfolg dieser Reisen in der Be-
reichernng der Wissenschaft. Die eigenartige Natur der Polarwelt ist uns
immer vertrauter geworden. Wir wissen aus der Schilderung der Reisenden,
daß auch jene unwirtlichen Gebiete reich an landschaftlicheil Reizen sind.
Die Pracht der aufgehenden und untergehenden Sonne, der Glanz der
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Vii. Aus der pommmerschen Geschichte. 71
Gottesdienste und Seelsorge eine feste Ordnung. Die Lutherische Bibelübersetzung
machte er den Pommern zugängliche indem er sie dem Ohr und dem herz seiner
Landsleute durch Übertragung ins plattdeutsche erschloß.
Seine eigentliche Lebensleistung aber ist der Aufbau der evangelischen Kirche
und Schule in Niederdeutschland geworden. Nach dem Reichstagsabschied von
Speier 1526, der einem jeden Neichsstand gestattete, sich zur neuen Lehre freund-
lich zu stellen, ging in vielen deutschen Gebieten die Umwandlung des alten
Kirchentvesens in das neue vor sich, voran gingen Rursachsen und Hessen, deren
Kirchenvisitation 1527 und 1528 die gesamte evangelische Kirche den Lutherischen
Katechismus verdankt. An der Visitation hatte Bugenhagen als Superintendent
in hervorragender Weise teilgenommen? daher wurde er bald von andrer Seite
zu gleicher Arbeit gewünscht: von den Städten Braunschweig, Hamburg, Lübeck,
von unserm Herzogtum Pommern und sogar von Dänemark.
Während der Jahre 1528—1539 hat diese Arbeit die Kraft Bugenhagens
ganz in Anspruch genommen. Überall fand er den glücklichen Weg, der aus den
alten Verhältnissen in die neuen sicher und schonend hinüberführte.
In Pommern wurde unter seiner Mitwirkung in den vezembertagen 1534
der Landtag zu Treptow abgehalten, um die Reformation durchzuführen. Nach
Abfassung der pommerschen Kirchenordnung erfolgte 1535 und 1539 die Visitation
des ganzen Landes, um die kirchlichen Verhältnisse möglichst einheitlich zu ge-
stalten. Ver Widerspruch des alten Kamminer Bischofs, der die Stände des
Bischofslandes auf seiner Seite hatte, richtete sich weniger gegen die Einführung
der „reinen Lehre" als gegen die Beschränkung seiner landesherrlichen Rechte,
die er nach seiner Behauptung vom Kaiser zu Lehen trüge. Er versprach aber,
der Einführung der Kirchenordnung nichts in den Weg zu legen, wenn er nur
nicht öffentlich in die Religionsveränderung einzuwilligen brauche. So wurde
Pommern durch Bugenhagen in die Bahn ruhiger evangelisch-kirchlicher Ent-
wicklung geleitet, die durch den nicht lange darauf erfolgenden plötzlichen Tod
des Kamminer Bischofs vor weiteren Gefahren bewahrt wurde.
Die ihm angetragene Würde als Bischof von Kammin nahm Bugenhagen
nicht an, ebenso wie er andre Berufungen ausgeschlagen hatte, sondern er-
mahnte die pommernherzöge, einen gottesfürchtigen Inann als Bischof ein-
zusetzen und diesem einen Superintendenten zur Wahrnehmung der geistlichen
Interessen zur Seite zu stellen. Bugenhagen blieb in Sachsen als Wittenberger
Stadtpfarrer und Superintendent des Kurkreises. Nach dem Tode Luthers,
seines „geliebten Vaters in Ehristo", hatte er noch viel Schweres zu erdulden.
Er mußte mit ansehen, wie durch den unglücklichen Verlauf des Schmalkaldischen
Kriegs das Reformationswerk mit dem Untergang bedroht wurde, und wie
ihn Männer anfeindeten, die auf demselben Glaubensgrund standen wie er,
weil er ihnen in der Jnterimszeit zu nachgiebig erschien. Zuletzt wurde er auch
noch von körperlichen Gebrechen und Siechtum betroffen. Aber sein Glaube
wankte nicht. Lebensmüde sehnte sich der abgearbeitete Niann nach der ewigen
Ruhe, in die er endlich am 20. April 1558 überging.
2. Vie Reformationsbewegung in den Städten.
Stralsund. Unter den pommerschen Städten war die alte Hansastadt Stral-
sund, die über 40 000 Einwohner hatte, bei weitem die mächtigste und größte.
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