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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 1

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
Die germanische Urzeit. Land und Völkerstämme. 1 Die germanische Uyeit. Kand und Volkerstamme. 1. Das Land. Die germanischen Stämme bewohnten das Gebiet von den Vogesen, der Maas und Schelde bis Weichsel und Pregel und von der Donau bis zum Skagerrak, die skandinavische Halbinsel und Island. In der Zeit, da der Herr Jesus Christus auf Erden wandelte, sah es in den Gegenden, die man heute Deutschland nennt, ganz anders aus als jetzt. Da war wenig fruchtbares und angebautes Land zu sehen. Den größten Teil des Landes bedeckten dichte, undurchdringliche Wälder, und dazwischen gab es viele Sümpfe und Moräste, die das Klima rauh und unfreundlich machten. In den Wäldern aber lebten wilde Tiere, die sich jetzt in den deutschen Wäldern nicht mehr finden: Bären, Auerochsen und Wölfe neben zahlreichen Hirschen, Rehen, Wildschweinen und anderen Tieren. Doch gab es auch gutes Acker- und Weideland. 2. Die Völkerstämme. Die Völkerstämme, welche dieses Land bewohnten, lebten hauptsächlich von der reichen Beute, die ihnen die Jagd gewährte; mit Ackerbau beschäftigten sich nur wenig Menschen, dagegen zog man zahlreiche Haustiere, wie Pferde, Rinder, Schafe, Schweine, denen Wiese und Wald reiche Weide boten, sowie Hühner, die sich ihr Futter auch meist im Freien suchten. Ein römischer Schriftsteller (Tacitus) sagt von den Deutschen der damaligen Zeit: „Gemeinsam ist allen Stämmen die leichte Art auszuwandern, denn ihre Lebensweise ist einfach; sie treiben noch keinen eigentlichen Ackerbau und sammeln keine Reichtümer, sondern begnügen sich mit ärmlich ausgestatteten Hütten, sie nähren sich meist von ihren Herden, ähnlich wie Nomaden, laden wie diese ihren Hausrat auf Wagen und ziehen mit dem Vieh, wohin sie wollen." Unter den Stämmen sind folgende die wichtigsten: Roßbach, Hülssbuch rc. 1

2. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 76

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
76 Die Zeit der sächsischen Kaiser Heinrich starb in seiner Pfalz Grona bei Göttingen 1024. Mit ihm starb das sächsische Kaiserhaus aus. Sein Tod wurde tief betrauert. „Die Blüte der Menschheit," schreibt ein Geistlicher jener Zeit, „der Preis der Könige, der Glanz des Kaisertums, der Leiter der Kirche Gottes, der friedfertige Vorkämpfer der Christenheit ist dahin, unser Kaiser Heinrich." „Es weine Europa, denn es hat sein Haupt verloreu! Rom weine, es entbehrt seinen Schutzvogt! Es beklage die ganze Welt den zweiten Heinrich, der die Christenheit schützte, die Friedensstörer vernichtete und aller Willkür entgegentrat." Nach seinem Willen wurde seine sterbliche Hülle im Dom zu Bamberg beigesetzt. Dort hat auch neun Jahre später Kunigunde zur Seite ihres Gemahls das Grab gefunden. Iv. Kultur zur Zeit der sächsischen Kaiser. Wie Karl der Große, so haben auch die sächsischen Kaiser für die Bildung ihres Volkes gesorgt. Heinrich I. und besonders Otto I. haben durch die Ausbreitung des Christentums, durch die Gründung von Bistümern auch im nördlichen Deutschland eine neue Kultur herbeigeführt. In Sachsen entwickelte sich reger Sinn für Kunst und Wissenschaft. Besonders die Frauen des Kaiserhauses, der Erzbischof Bruno von Köln und einige Bischöfe sorgten für Lehranstalten. Dieser Erzbischof Bruno, ein Bruder Ottos 1., zugleich Erzkapellan, (oder Reichskanzler) des Kaisers, rief eine ähnliche Einrichtung ins Leben, wie sie Karl der Große mit seiner Hofschule hatte. Fast alle im Reiche, die sich geistig etwas dünkten, eilten an den Hof des Königs und scharten sich um Bruno. Während er anderen ein Vorbild wurde, suchte er selbst für sich neue Lehrer und fand sie. Zunächst waren es Griechen, die teils als Gesandte vom Hofe zu Konstantinopel erschienen, teils zerstreut in deutschen Klöstern wohnten. Mit Eifer studierte Bruno ihre Sprache und ließ sich gern mit ihnen in ein Gespräch ein. Viel verdankte er auch dem irländischen Bischof Israel, der in einem Kloster zu Trier wohnte. Denn wie früher, so waren auch jetzt wieder irländische Mönche bestrebt, die Heiden zu bekehren und die Klöster zu beleben. In diesem Streben fanden sie an Bruno einen eifrigen Förderer. Der kaiserliche Hof wurde wieder der Mittelpunkt des geistigen Lebens, und vom Hofe aus verbreitete sich die Teilnahme an den Wissenschaften weiter durch das Reich, namentlich nahmen die

3. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 163

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
bis zum Ende des Zwischenreiches. 163 lichste und älteste Art des Raubens bestand in einem gewaltsamen Wegtreiben fremden Viehes, wobei die Hirten sehr oft erschlagen wurden. Solcher Raub war mit wenig Gefahr verbunden, und das platte Land bot ihn überall. Besser gerüstet und auf einen Kampf gefaßt mußten die Ritter dann sein, wenn sie aus einem Hinterhalte einzelne reisende Kaufleute oder ganze Züge solcher, die sich eben um der Räuber willen zusammen auf die Reise begeben hatten, ansprengten, wenn sie wegelagerten. Schien solchen Wegelagerern der rechte Augenblick gekommen zu sein, so suchten sie die Reisenden durch einen plötzlichen Überfall zu verwirren, sprengten sie mit gespannter Armbrust an, warfen sie nieder, schlugen ihnen die Wagen und Kisten auf, schwangen ihnen die Taschen aus, „daß man auch mit einer Pechfackel keinen Heller mehr darin hätte finden können." Wer Widerstand versuchte, wurde sofort erschossen, erstochen oder znsammenge-gehauen. Ließ sich erwarten, daß die Gefangenen sich „ranzionieren", d. H. durch Lösegeld loskaufen konnten, so wurden sie von den Räubern auf die Burg geschleppt und ihnen das Lösegeld abgequält. Namentlich die Bauern hatten von den Raubrittern viel zu leiden. Man drang in das Dorf ein, raubte die Habe, verwüstete die Vorräte und schleppte die Männer mit sich fort. In unterirdischen Burgverließen, in Finsternis, Moder und Unrat, vor Kälte, Hunger und Krankheit fast vergehend, lagen die Armen da, bis die Ihrigen ein Löfegeld, das meist ihre Kräfte weit überstieg, herbeigeschafft hatten. Darüber verging nicht selten eine so lange Zeit, daß den Unglücklichen auf ihrem entsetzlichen Lager unterdes die Beine abfaulten. Niemand nahm daran Anstoß, niemand zog den zur Rechenschaft, der solch unchristliche Marter über einen bäuerlichen Gefangenen verhängte. Aus dieser Zeit der Hinterhalte stammt die Redensart: „Mit etwas hinter dem Berge halten" und das Sprichwort: „Ich helfe den Bauern auf die Beine, sagte der Edelmann, da nahm er ihnen die Pferde." Man sagte damals auch: „Die Bauern bitten nichts so sehr zu Gott, als daß den Junkern die Pserde nicht sterben, sonst würden sie die Bauern mit Sporen reiten." Das Raubritterunwesen hielt sich trotz strenger Verbote und schärferer Handhabungen des Landfriedens bis ins 16. Jahrhundert hinein. Weit nachdrücklicher als kaiserliche Verordnungen und Strafen half die unter dem Schutze des städtischen Gemeinlebens aufblühende Bildung dem Übel des Raub- rittertums ab. Der Adel blieb der sich ausbreitenden Bildung nicht ganz fremd, begann sich allgemach der Räubereien zu schämen und 11*

4. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 334

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
334 Zustände des deutschen Volkes und war, wenn es hoch ging, von Trommeln und Pfeifen begleitet; aber zwischen diesen neuen, aus der Fremde eingeführten Gebräuchen zeigte sich noch immer der alte Narr, der unangemeldet ins Zimmer seines Herrn lief, die Hofleute, die ihn ärgerten, verspottete und aus einem Eselswagen den Ausflügen des Hofes folgte. Der Zutritt bei Hofe war mühelos; in kleineren Residenzen kam es wohl vor, daß der Landesherr in den Gasthöfen nachfragen ließ, wer angelangt fei, um irgend einen kenntnisreichen und welterfahrenen fremden Reifenden kennen zu lernen und an feinen Hof zu ziehen. Ging das Leben der Fürstinnen im allgemeinen still und ruhig dahin, so war auch die Zahl der Vergnügungen, die dieses Stillleben unterbrachen, in der Regel sehr beschränkt. Fanden auch hie und da bei Hochzeiten oder beim Besuche fremder fürstlicher Gäste Hoffeste und Turniere statt, so kamen solche doch immer nur selten vor. Gern nahmen die Fürstinnen an Jagdvergnügungen teil, wobei sie ans ihren Zeltern im Jagdkleide, mit dem Jagdhorn geschmückt, erschienen. Besonders gern vergnügten sich manche Fürstinnen mit der Falkenjagd. 2. Die Verwelschung an den Fürstenhöfen. Leider machte sich um die Mitte des 16. Jahrhunderts an den meisten deutschen Fürstenhöfen eine Verwelschung der deutschen Sprache breit, woran Karl V. nicht wenig Schuld hat. Denn vorher verstanden die Fürsten und ihre Diener noch nicht französisch und hatten vor den Sorgen der verschiedenen Wirren und den Anforderungen der Jagd und des Trinkens auch keine Zeit, es zu erlernen. Während unsere ältere Ritterschaft oftmals eine Wächterin des Deutschtums gewesen war, führte der Hofadel dieser Zeit das fremdländische Wesen ein; er wurde verwelscht nach allen Seiten, im Gegensatz zu dem Landadel, der ganz wie der Bauer und Bürger in den Reichsstädten der vaterländischen Weise treu blieb. Eins der einflußreichsten Werkzeuge für die Befestigung des Französischen ans deutschem Boden wurde die Verbreitung des Calvinismus an so vielen deutschen Fürstenhöfen; er galt als etwas Ausländisches für vornehm, und jedermann strebte danach. Statt der deutschen Bibeln, Gesang- und Gebetbücher gebrauchte man französische; es wurde französisch gesungen und gepredigt. Keiner der vornehmen Herren empfand etwas von der Unlust, mit der die deutschen Fürsten und ihre Umgebung fünfzig Jahre früher sich dem Gebrauche des Französischen in der Diplomatie anbequemt hatten. Jetzt schrieb man französisch viel geläufiger, als je eine fürstliche ober andere vornehme Feder ihre Muttersprache zu handhaben verstauben hatte; man

5. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 439

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
zur Zeit des Großen Kurfürsten. 489 Iv. Kunst und Kunstgewerbe. Der im 16. Jahrhundert zu so hoher Blüte gekommenen Kunst war, wie bereits erwähnt, durch den großen Krieg der Lebensfaden abgeschnitten worden, so daß es langer Zeit bedurfte, bis sie wieder einigermaßen leistungsfähig wurde. Wie aber alles in Deutschland unter der besonderen Einwirkung Frankreichs stand, so war es auch mit den künstlerischen Erzeugnissen der Fall. Das deutsche Kunstgewerbe folgte nun auch der französischen Art, der Geschmack des Rokoko fand Eingang. In der Baukunst verdrängte der Barockstil die Renaissance. Da aber erst das folgende Jahrhundert die Blütezeit dieser Kunstrichtung brachte, so werden wir später davon reden. Noch tiefer an Kunstwert als die Baukunst stand im 17. Jahrhundert die Bildnerei. Sie war während des großen Krieges gänzlich erstorben. Auf dem Gebiete der Malerei herrschte derselbe Verfall, eine deutsche Malerei gab es nicht mehr, italienischer, niederländischer und französischer Einfluß hatten sie verdrängt. Ebenso verfiel der Holzschnitt in dieser Zeit vollständig. Dagegen blühte die Kunst des Kupferstichs unter niederländischer Anregung auf. Merkwürdiger Weise war ein besonderer Zweig der Kunst, die sogenannte Kleinkunst, die in Nürnberg ihre vornehmste Stätte hatte, von dem allgemeinen Rückgang nicht betroffen worden. Denn Jakob Wolrats Werkstätte erhielt bald durch ihre Wunderwerke einen Weltruf. Besonders geschah dies durch ein mechanisches Kunstwerk, welches Wolrat in Gemeinschaft mit einem Kunstschlosser verfertigte und das von Ludwig Xiv. bestellt worden war. Dasselbe bestand aus einem Bataillon silberner Soldaten zu Fuß und zu Pferde, welche durch mechanische Vorrichtungen und eingelegte Maschinerien alle Griffe und Bewegungen des französischen Exercitiums machten. Die Figuren, deren es einige Hundert waren, hatten eine Höhe von 5 cm und waren in jeder Beziehung meisterhaft ausgeführt. Ein anderer Nürnberger Tausendkünstler war Leo Prunner. Aus Gold und Silber, aus Elfenbein und Holz machte er Altäre, Kruzifixe, Denkringe, Tiere u. f. w. in einem so kleinen Maßstabe, daß man die ganze Zierlichkeit der Arbeit kaum zu erkennen vermochte. Zugleich schrieb und stach er so klein, daß er das ganze Vaterunser auf eine Fläche von der Größe eines Pfennigs brachte. Aus Elfenbein schnitzte er ein Nähpult von Haselnußgröße, in welchem sich alles befand, was in ein solches Gerät gehört. Auf einen Kirschkern schnitzte er in sauberster Ausführung acht Köpfe, die einen Kaiser, König, Kurfürsten, Bischof,

6. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 18

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
18 Die germanische Urzeit. nordwärts der Lippe, oder die kurzgehörnten Ochsen des Hochlandes, ja selbst die deutschen Mohrrüben machten ihre Reise nach dem kaiserlichen Rom. Da die italienischen Frauen das lichtblonde und rötliche Haar der germanischen Mädchen liebten, so bildete auch das einen Tauschgegenstand. Die Pelze der grimmigen Raubtiere, die Höruer und Häute der Ungeheuer des Urwaldes fanden nun auch westlich vom Rhein ihre Liebhaber. Wie vom Süden, so kamen auch vom Westen, nämlich aus Gallien, wandernde Kaufleute immer häufiger nach Deutschland und machten die grünen Thäler zwischen Rhein und Weser, die Wiesen des Niederlandes der Lippe, der Ems, der Weser zu Stätten römischer Gesittung. Auf den Edelhöfen, auf deu Sitzen der großen Bauern und Häuptlinge an der Lahn, in der Wetterau, an der Eder, der Weser und der Fulda begann man neben dem altheimischen Met und Bier an den feurigen Weinen Italiens Geschmack zu finden. Die einfachen Erzeugnisse des deutschen Landes tauschten Bauern und Edelleute gegen die glänzenden Gaben des Südens aus. War es den römischen Händlern leicht, das germanische Gebiet zu betreten, so war es umgekehrt für die Germanen schwerer ins römische Gebiet zu kommen, nur an gewissen Plätzen an der Grenze war ihnen gegen Erlegung der vorgeschriebenen Grenzzölle der Verkehr gestattet, und nur bei Tage und ohne Waffen dursten sie erscheinen, während römische Soldaten sie bei ihren Gängen begleiten mußten. Nur die Hermunduren durften ohne alle Beschränkung die Grenze überschreiten und selbst das glänzende Augsburg ohne römische Wachen besuchen. Waren so die Römer bemüht, den friedlichen Verkehr mit den befreundeten Stämmen zu erleichtern, so versäumten sie auch wieder nicht, den Grenzwall gegen unruhige Nachbarn zu sichern. Ein breiter Strich Landes lag vor der Verteidigungslinie gänzlich unbebaut und unbewohnt; die Bäume waren niedergeschlagen, die Büsche weggebrannt, um den Wachen den freien Überblick über die Umgegend zu erleichtern. Hie und da erhoben sich auch im Gebiete der Grenzstämme feste Plätze, von denen aus der römische Befehlshaber über die Bewohner eine gewisse Aufsicht führte. Wohl entbrannte von Zeit zu Zeit der Krieg, die Wachtposten wurden überrannt und das verbotene Gebiet von den Germanen betreten, aber immer hielten die Römer unter den tüchtigen Kaisern die drohende Völkerflut in Schranken, bis im 3. Jahrhundert die

7. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 19

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
Die Zeit der Völkerwanderung und Staatenbildung. 19 Alamannen die Fesseln brachen, das Zehntland eroberten, im 4. Jahrhundert das heutige Elsaß und die nördliche Schweiz besetzten. Obwohl sie von den Römern empfindliche Niederlagen erlitten, z. B. 357 bei Straßburg, so wurden die alten Römerstädte doch so gründlich zerstört, daß lange Zeit verging, ehe sie sich wieder aus dem Schutt erhoben. 11. Anfänge christlicher Bildung unter den Germanen. Nicht große Bekehrer, sondern kleine Leute, Soldaten, Händler und Sklaven trugen zuerst christliche Lehren unmerklich vom Osten her in die Länder längs der Donau und des Rheins. Im vierten Jahrhundert bildete der gelehrte Wulfila, Bischof der Westgoten, aus griechischen Schriftzeichen und germanischen Runen eine gotische Buchstabenschrift und übersetzte die Bibel in seine Muttersprache. Von den Goten lernten die suebi-schen Stämme die neue Lehre. Der Anfang des im sechsten Kapitel des Evangeliums des Matthäus enthaltenen Vaterunsers lautet da: Atta unsar thu in himinam, veihnai namo thein; Vater unser du in (den) Himmeln, geweiht werde Name dein; quimai thiudinassus theins; vairthai vilja theins, sve in (es) komme (die) Herrschaft dein; (es) werde (der) Wille dein sowie im himina, jah ana airthai; hlaif unsarana thana sinteinam gif uns Himmel, auch auf Erben; Brot unseres dies fortwährende gieb uns himma daga; jah aflet uns thatei skulans sijaima, svasve jah diesen Tag; und erlasse uns das schuldig wir seien so wie auch veis afletan thaim skulam unsaraim; jah ni briggais uns in wir erlassen diesen Schuldigen unseren; und nicht bringest uns in fraistubnjai, ak lausei uns af thamma ubilin. Versuchung, sondern löse uns ab diesem Übel. Die Zeit der Völkerivanderililg und Staatenbildiuig. 1. Vorboten der Völkerwanderung. 100-375 n. Chr. Zwei Jahrhunderte war es den Römern gelungen, das Vordringen der Germanen zum Stehen zu bringen. Durch die Grenzsperre waren die westlichen Germanen zu einer gewissen Seßhaftigkeit gelangt und hatten ihren Boden besser bewirtschaftet, so daß er eine größere Menschenzahl als zuvor ernährte und somit den Drang zur Wanderung abschwächte. Die Ostgermanen dagegen hatten in ihren weiten Ebenen ihre nomadische Lebensweise beibehalten. Die Westgermanen

8. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 20

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
20 Die Zeit bet Völkerwanderung haben wohl ihre Gebiete erweitert, aber ihre Heimat niemals aufgegeben; die Ostgermanen haben sie verlassen und sind gewandert. Zu den Ostgermanen gehörten die Goten Völker, welche um 140 an der unteren Weichsel wohnten. Diese begannen die Wanderung, indem sie sich nach Südosten, nach der Nordküste des Schwarzen Meeres wandten, wo sie seit d. I. 200 auftauchen. Von ihrem Stoße getroffen, gerieten sowohl germanische als andere Stämme in Bewegung, die sich nun gegen die Grenzen des römischen Reiches wandten, das sich bis an die Donau erstreckte. In langjährigen Kämpfen wurden endlich die Andränger, unter denen sich besonders die Markomannen gefährlich erwiesen, besiegt und auf das linke Donauufer zurückgeworfen. So siegreich der Kaiser Marc Aurel gewesen, sein schwacher Sohn Commodus begnügte sich nach kurzem Kampfe mit dem Versprechen der Tributleistung. Um die Germanen von weiteren feindlichen Einfällen abzuhalten, wurde ihnen auf römischem Gebiete Land zur Ansiedelung angewiesen. Dadurch wurden im römischen Reiche unbebaute oder verödete Landstrecken urbar gemacht, und die Germanen traten in römische Kriegsdienste. 2. Bildung neuer Stämme in Deutschland. Die Ansiedelungen der westlichen Germanen rückten wegen der stärkeren Bevölkerung näher aneinander, die Völkerschaften traten in engeren Verkehr, und so bildeten sich allmählich die Stämme der Alamannen, Franken und Sachsen aus. 3. Hunnen und Goten. Die Hunnen, ein wildes, nomadisches Reitervolk vou abschreckender Häßlichkeit und rohen Sitten, drangen im Verlaus des 3. und 4. Jahrhunderts aus Jnnerasien vor und schoben sich allmählich aus ihren Steppen nach Westen, bis sie etwa um d. I. 370 an der unteren Wolga , an den Grenzen Europas erschienen. Dieses kriegerische Hirtenvolk, das von der Milch seiner Herden und dem rohen Fleisch des erbeuteten Wildbrets lebte, verbrachte sein ganzes Leben zu Pferde und gewöhnte seine Kinder von den ersten Jahren an Schmerzen und an Blut, indem ihnen die Wangen zerfetzt wurden, so daß auch die Männer völlig bartlos erschienen. Es waren kleine, untersetzte Gestalten mit großem Kops, schiefsitzenden Augen, von gelber Hautfarbe, in schmutzige Felle gehüllt, die solange getragen wurden, bis sie vom Leibe abfielen; zu Fuß schwerfällig, aber mit ihren kleinen, struppigen Pferden wie verwachsen. In blitzschnellem Jagen warfen sich die Retter auf den Feind, überschütteten ihn mit einem Hagel spitzer Knochenpfeile und warfen ihm

9. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 25

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
und Staatenbildung. 25 ihm in seinem Palaste zu Konstantinopel, und die Völker raunten sich zu, daß er das Schwert des Kriegsgottes führe. Lange war es verloren gewesen, so ging die Sage durch die Lande, da fand es ein Hirt, der brachte es Attila, und nun konnte ihm niemand widerstehen. Alle die Schrecken der Verwüstungen, welche die Völkerwanderung gebracht, verkörperten sich in seiner Person, die man „Gottesgeißel" nannte. Aber Attila war mehr als ein roher Wüterich, er war ein Mann von weitschauendem Blick. Es entging ihm nicht, was bei den Persern am Euphrat vorging; was er wünschte, geschah nicht nur am Hofe zu Konstantinopel, sondern auch in Rom; seine Gesandten waren auch bei dem Vandalenkönig in Nordafrika. Seine Residenz hatte er im heutigen Ungarn aufgeschlagen; unermeßliche Schätze, die Beute der eroberten Länder, waren hier zusammengehäuft. An seinem Hofe hörte man alle Sprachen der Welt. Lud der König seine Edlen oder fremde Gesandte zu sich, dann tafelte er mit ihnen in weiter Halle, er selbst auf einem Ruhebett, von dem ein paar Stufen zu seinem mit Leinentüchern und bunten Spitzen geschmückten Lager hinaufführten, rechts und links an einzelnen Tafeln die Gäste. In silberne und goldene Becher füllten ihnen die Mundschenken den Wein, auf silbernen Schüsseln wurde ihnen ein üppiges Mahl gereicht, dem Attila selbst dagegen auf hölzerner Platte nur Fleischgerichte, wie er denn auch nur aus hölzernem Becher trank und sich in allem sehr einfach und mäßig hielt. Nach germanischer Sitte trank er den einzelnen Gästen zu, und endlos pflegte sich das ^Gelage hinzuziehen; dazwischen traten Sänger auf, die Lieder zu des Königs Preis vortrugen, oder ein Gaukler, der närrisches Zeug auftischte. Ruhig und scheinbar teilnamlos blickte dann Attila über feine lachenden und lärmenden Gäste. Fremdartig, ein echter Mongole, stand er unter den hochgewachsenen, -blonden Fürsten der Germanen, „von kleiner Gestalt, breiter Brust, großem Haupte, kleinen Augen, spärlichem, schon ergrautem Barte, stumpfer Nase, fahler Hautfarbe." Aber würdevoll und gemessen war die Haltung, und scharf spähten die dunklen Augen. Er hielt alle, die sich ihm nahten, in unbedingter Unterwürfigkeit, doch gerecht fand er als Richter den Spruch, mild zeigte er sich den Bittenden, gnädig den Unterworfenen. Von Geiserich, dem Vandalenkönig, gegen die Westgoten und von einem fränkischen Fürsten gegen den Römer Aetius zu Hülfe gerufen, brach Attila 451 mit einer halben Million Streiter von Ungarn auf. Die Donau aufwärts ziehend hatten die Hunnen wohl

10. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 27

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
und Staatenbildung. 27 das nicht seßhaft werden wollte und lieber bei den Nachbarvölkern Beute suchte. Ihr junger König Theodorich beschloß die Eroberung Italiens, weil Odoaker früher auch ein Reich zerstört hatte, dessen König bei den Ostgoten Zuflucht fand. Das ganze Ostgotenrolk, durch rugische Scharen noch verstärkt, machte sich auf die Wanderschaft. Die Habe und alles Geräte war auf Wagenhäuser geladen, die von Ochsen gezogen wurden; die Frauen hatten für das Reisegewand gesorgt und bereiteten auf der Fahrt für den Unterhalt, was die Jagd lieferte oder die Völker, durch deren Gebiet der Zug sich langsam bewegte, freiwillig oder gezwungen an Lebensmitteln hergaben. Odoaker zog den Ostgoten entgegen, wurde aber mehrmals geschlagen und mußte sich nach dem schier unbezwinglichen Ravenna zurückziehen. Fast drei Jahre widerstand diese Stadt in hartnäckigen Kämpfen, endlich ergab sich Odoaker gegen Zusicherung seines Lebens und seines Ranges dem Gegner. 493. Einige Tage nach der Übergabe aber stieß Theodorich den Besiegten mit eigener Hand nieder. 11. Das Reich Theodorichs. Nach dem Siege wurde Theodorich von seinen Goten nochmals feierlich als ihr König und Herr von Italien anerkannt. So kam Italien unter die Herrschaft der Goten. Theodorich versuchte, die Germanen und Römer in Italien zu einem Volk zu verschmelzen, sie sollten friedlich nebeneinander wohnen. Waffen durften nur die Goten tragen, sie bildeten das Heer. Die Römer sollten den Geschäften des Friedens nachgehen und deshalb blieben auch ihre Einrichtungen vollkommen unversehrt. Die Goten wurden von ihren Beamten gerichtet und regiert. Aber die gewünschte Verschmelzung kam nicht zustande, auch Theodorich sonnte sich die Herzen der Römer trotz Leutseligkeit und Freigebigkeit nicht gewinnen. Nicht nur daß beide Völker in Sprache und Sitte verschieden waren, sie hatten auch verschiedenen Glauben, und das war die tiefste Kluft, die beide trennte. Theodorich lebte vorzugsweise in Ravenna, das er durch römische Baumeister mit Kirchen, einem Palaste und einem Grabmale für sich selbst schmückte. Sein Hof war von den Gesandten fremder Fürsten, selbst aus den fernsten Ländern, stets lebhaft besucht, und er war weit und breit ein gefürchteter und geehrter Herrscher. Als Theodorich im Jahre 526 starb, hinterließ er einen neunjährigen Enkel, der einmal später sein Nachfolger werden sollte; vorerst aber führte dessen Mutter Amalasu nt ha, Theodorichs Tochter, die Regierung. Sie wurde von einem Verwandten, mit dem sie sich vermählte, ermordet. Dies benutzte der oströmische Kaiser
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