Xix
Hälfte des neunten vorchristlichen Jahrhunderts, im
I. 888 v. Eh. 01'., der letzte assyrische König Sardana-
pal sich in dem Hofe seiner Kaiserburg zu Ninive auf
einem Scheiterhaufen selbst verbrannte, weil er zweien
seiner Feldherren, die sich gegen ihn empörten, nicht
mehr Widerstand leisten konnte. Damit löste sich auch
das große assyrische Reich in zwei Reiche auf, in das mo-
dische, welches sich nordöstlich vorn Tigris, und in das
babylonische, welches sieh südlich davon und südwestlich
vom Euphrat ausbreitete, so daß nun diese beiden grö-
ßeren Reiche in den innern Gegenden gleichzeitig mit
den Reichen Israel und Juda bestanden. Und von dem
einen dieser beiden großen Reiche, dem westlichen, dessen
Könige anfangs noch in Ninive wohnten, wo es auch
noch das neuassyrische hieß, und nachher in Babylon,
wo es das neubabylonische war, von diesem Reiche
wurden in den nächsten Jahrhunderten auch die kleineren
Reiche zwischen dem Euphrat und dem Mittelmeer ver-
schlungen. Nachdem nämlich im achten Jahrhundert
die Könige von Ninive zuerst die syrischen Könige in
Damaskus überwunden und sich ihreö Reiches bemäch-
tigt hatten, so eroberte Salmanassar von Ninive auch
Samaria, die Hauptstadt des Reiches Israel, im J.721,
und zugleich auch das benachbarte Phönicien, so daß sich
jetzt am Schluß des achten vorchristlichen Jahrhunderts,
das neue Reich von Ninive bis an die Küsten des mit-
telländischen Meeres herüber erstreckte, und beinahe alles
Land diesseit des Euphrat einnahm, nur daß das kleine
Königreich Juda sich auch jetzt noch in seiner Freiheit
erhielt, und dieselbe noch über ein Jahrhundert hindurch
behauptete. Als aber eben dort am Euphrat statt der
Könige in Ninive sich die Könige in Babylon erhoben,
da war es einer dieser letzteren, Nebukadnezar, der die
Stadt Jerusalem zerstörtes im I. 588 v. Ch. Gb., und
das jüdische Volk gefangen nach Babylon führte. So
fiel denn zu Anfang des sechsten vorchristlichen Jahr-
hunderts auch das Reich Juda, und alle Länder zwi-
' scheu dem Euphrat und dem Mittelmeer gehörten nun
dem neubabylonischen Reich an, während sich nördlich
davon von dem Gebirge Taurus und dem caspischen
b *
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(
Allgemeine Beschreibung
von
Europa.
Umgebung.
§ I. alle Lande.' Europas liegen mit einer
oder mit mehreren Seiten am Meere, so daß man aus
allen leicht an die Küsten gelangen kann, wo man es
deutlich steht, wie das feste Land aus dem Meeresspiegel
mehr oder weniger emporsteigt. Wie auf einem Land-
see, der ja auch ipie' ein flacher Spiegel daliegt, etwa
ein kleines Eiland sich emporhebt, und mit allen seinen
Unebenheiten doch immer etwas höher ist, als das um-
herliegende Wasser, so hat man sich auch eine große
Insel im offenen Meere zu denken, wie etwa England
oder Sicilien. Und so ist es auch mit den ganzen Welt-
theilen, wie mit Europa, welches ebenfalls aus dem
umherliegenden zusammenhängenden Meere, jedoch nur
wie eine Halbinsel, emporsteigt. Um die schmale Nord-
seite zieht sich das erstarrende Eismeer, aus welchem
meistens ein hoher Küstenrand emporstarrt. Dieses fließt
westlich mit dem Atlantischen Meere zusammen, welches
die ganze Westseite umgiebt, und dessen vielfache Ein-
biegungen besondere Nahmen haben. Wiederum fließt
dieses Meer im äußersten Südwesien n?it dem belebten
Mittelmeer zusammen, welches letztere sich an der ganzen
Südseite hinzieht, deren Länder weit in dasselbe hinaus-
springen, so daß die eindringenden Meerestheile auch
hier wieder besondere Nahmen haben. Im äußersten
Südosten ist wiederum der Zusammenfluß des Schwarzen
Meeres, welches noch einige Nebenmeere hat, mit dem
Mittelmeere. Und obgleich nördlich vom Schwarzen Meer
1
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Europas England Sicilien Europa
i
Meere empor. So übersieht man die Bodenbildung von
Europa.
Gebirge.
§ '4. Ob es Nun gleich ganz einfach ist, den gebirgi-
gen Westen in seiner Höhe von dem flachen Osten in seiner
Tiefe zu unterscheiden, so muß man sich doch auch noch
vorstellen, wie die einzelnen Gebirge mit ihren mannig-
faltigen Bergreihen hier und da aus dem ganzen Welt-
theil emporsteigen, und welche Höhe sie gegen einander
haben. Am allerhöchsten und auch am ausgebreitetsten
sind die Alpen, das größte Gebirge Europas und gleich-
sam die hohe Mitte des ganzen Europäischen Gebirgs-
landes. Dieses Gebirge erfüllt mit seinem weiten Bau
ein ganzes Land, die Schweiz, und reicht noch in drei
andere Lander hinein, nämlich nach Frankreich, Deutsch-
land und Italien. Westlich von den Alpen liegen noch
zwei Hauptgebirge, die Pyrenäen zwischen Frankreich und
Spanien, und die Sierra Nevada im südlichen Theil
von Spanien; diese beiden sind von gleicher Höhe und
etwas niedriger als die Alpen. Von den Alpen südlich
und südöstlich erheben sich wieder zwei Hauptgebirge,
die Apenninen in Italien und der Hamos in der
Türkei, wieder von gleicher Höhe, noch etwas niedriger
als die vorigen. Wiederum die zwei schon genannten,
nach Osten hin, Karpathen und Ural sind noch niedriger,
und diesen letztern gleich ist das Hauptgebirge des Nor-
dens, die Kiölen auf der Skandinavischen Halbinsel.—
Die Höhe dieser Gebirge bestimmt man sich wieder na-
her, wenn man sich auch ihre höchsten Gipfel vorstellt,
wie sie über die ganzen Bergreihen in die Wolken em-
porragen. , Die höchste Stelle in ganz Europa ist der
Montblanc in den Alpen, welcher über den Meeresspie-
gel 14700 Fuß hoch emporragt. — In den Pyrenäen
ist die höchste Spitze diemaladetta mit 10700 Fuß Höhe,
und in der Sierra Nevada ist der Pic de Mulhazem
noch höher, nämlich .11081 Fuß. In den Apenninen
hat der Grand Saflo d'italia 8000 Fuß, in dem Ha-
mos der Orbelos 9000 .Fuß Höhe. — Die Lomnitzer
Spitze in den Karpathen hat 8100 Fuß, der Schneehat-
tan in den Kiölen 7800 Fuß, endlich der Padinskoi-
kamen im Ural 6400 Fuß, daß dieser von allen diesen
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Europas Frankreich Italien Frankreich Spanien Nevada Spanien Italien Türkei Skandinavischen_Halbinsel Europa Nevada
Gebirgshäuptern am niedrigsten ist. — Das sind die
höchsten Spitzen in den Hauptgebirgen Europas, und
man sieht, wie sie nach Osten und Norden hin immer
niedriger werden. Um die Hauptgebirge selbst aber hat
man sich noch kleinere Gebirgszüge zu denken, die sich
nach allen Seitetz hin verbreiten, und besondere Nahmen
haben. Und wie auf diesen hohen Stellen die ganze
Natur anders ist, wie die Gipfel, jedoch nicht alle, mit
Schnee- und Eisfeldern umgeben sind, und wie weiter
herab die Wälder, Wiesen und Ackerfelder in größter
Verschiedenheit bis auf die Ebenen herabreichen, das ist
theils aus der Höhe, theils aus der Lage nach Süden
oder Norden hin zu erklären.
Bewässerung.
§ 5. Von den Hauptgebirgen eines Welttheils aus
bildet sich auch der größte Theil seiner Bewässerung. —
Flüsse und Landseen sind die beiderlei Gewässer, welche
in mannigfaltiger Vertheilung über die Länder hin den-
selben Fruchtbarkeit und Schönheit geben. Die großen
Flüsse, .die im weiten Laufe nach dem Meere Hinströmen,
kommen alle entweder von den höchsten Gebirgen oder
doch von höheren Stellen des übrigen Landes. An ihnen
sieht man auch, in welcher Richtung sich das feste Land,
über welches sie hinfließen, von den Höhen aus nach
den Meeren hin senkt, oder Abdachungen bildet, und die
Höhen, von welchen sich diese Abdachungen nach beiden
Seiten hinabsenken, und von wo die Gewässer hinabströ-
men, heißen deshalb die Wasserscheiden. Man sieht, daß
Europa, wenn man die nördlichen und südlichen Halbin-
seln nicht mitrechnet, eine Hauptwasserscheide hat, welche
von der südwestlichen Stelle dieses Welttheils in nord-
östlicher Richtung durch den ganzen Welttheil bis zum
Ural hinzieht, wo ihr Zug in niedrigen Hügelreihen kaum
sichtbar bleibt, und von dieser Hauptwasserscheide strö-
men alle großen Flüsse entweder nach Nordwesten oder
nach Südosten hinab, so daß man daraus eine nord-
westliche und eine südöstliche Hauptabdachung erkennt.
So sieht man viele Flüsse über die nordwestliche Abda-
chung in verschiedene Meere hinabfließen. In das Eis-
meer die Peczora und Dwina, letztere durch das Weiße
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6
Meer. In die Ostsee, als einen Theil des Atlantischen
Meeres, fließen fünf, und man sieht ihre Mündungen
von Norden nach Süden in folgender Ordnung: die Newa,
die Düna, der Niemen, die Weichsel, die Oder. Drei
wieder durch die Nordsee in das Atlantische Meer, mit
ihren Mündungen von Osten nach Westen, die Elbe, die
Weser,'der Rhein. Hat dann der Kanal einen, die Seine,
ausgenommen, so fließen durch das Aquitanifche Meer
wieder zwei hinaus, die Loire und südlicher die Garonne.
Und endlich am südwestlichsten fließen der Lago, die
Guadiana und der Guadalquivir aus Spanien unmittel-
bar in das Atlantische Meer hinaus, und obgleich die
beiden letztern südlich fließen, so sind sie doch, wie alle
bisherigen, Ströme der nordwestlichen Abdachung.
§ 6. ' Nicht so zahlreich, aber im Ganzen größer
sind die Flüsse, welche die. südöstliche Abdachung zeigen.
Drei von ihnen fließen in das Mittelländische Meer, der
Ebro, die Rhone durch den Meerbusen von Lyon, der
Po durch das Adriatische Meer. In das Schwarze Meer
strömen vier, man sieht ihre Mündungen von Westen
nach Osten: die Donau, der Dniéster, der Dnieper, der
Don. Am östlichsten gehen in das Kaspische Meer die
Wolga, der allergrößte, und nördlicher der Ural. Das
sind die größten unter den fließenden Gewässern. Von
den Landseen hat man sich zwei Arten zu denken: an
dem Fuß der großen Gebirge, vorzüglich der Alpen lie-
gen die schönsten, die aus den klaren Berggewassern ent-
stehen, wenn sie sich in den felsigen Vertiefungen sam-
meln. ,So sieht man am Nordrand des Alpengebirges
die schönen Schweizer Seen, wie den Bodensee, den Zü-
richer See und andere, und am Südrand dieses Gebir-
ges die noch schöneren Seen Ober-Italiens, den Lago
Maggiore und den Comer-See. Weit von den Gebir-
gen entfernt aber in den flachest Gegenden' am- Meere
liegen andere, die durch die Nahe des Meerwassers ent-
stehen, wie im Norden des Europäischen Tieflandes sich
eine große Menge zeigen. Uebrigens sind die größten
in der nordwestlichen Abdachung der Ladoga- und Onega-
see in Rußland, in der südöstlichen Abdachung der Plat-
ten-See in Ungarn. Das sind die größten der Euro-
päischen Gewässer in ihrer weiten Vertheilung.
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146
wingischen Greueln, welche mit dem fürchterlichen Tode
Brunhildens endigten, das ganze Frankenreich wieder an
einen König, nämlich an Dagobert, der in der ersten
Hälfte des siebenten Jahrhunderts den merowingifchen
Thron wieder unter etwas besseren Umständen befaß.
Auch er ließ eine Gefetzfammlung in seinem Reicbe ver-
anstalten, und erschien auf diese Weise als Gesetzgeber,
so wie er auch als Gründer der Abtei St. Dem
bei Paris berühmt geworden ist; auch hat damals, in
den Zeiten König Dagoberts, das Frankenreich rühm-
liche Kämpfe bestanden mit einem neuen Feinde an
der Ostgrenze, nämlich mit den Slaven. Als sich
nämlich damals das christliche Frankenreich so tief nach
Deutschland herein erstreckte, daß es den größten Lheil
dieses Landes einnahm, so hatte es an feiner Nord-und
Ostgrenze drei Völkermassen, die noch dem Heidenthum
angehörten, und durch welche die christliche Welt des
Westens gefährdet war. Im Nordosten des Franken-
reichs wohnten im heutigen Norddeutfchland noch die
altdeutschen Stämme der Sachsen, welche sich durch ge-
waltige Kraft und Rohheit auszeichneten. Dennoch
waren auch sie in den Zeiten des Königs Dagobert dem
Frankenreich zinsbar, und mußten jährlich eine Anzahl
Pferde und Rinder als Tribut an den merowingifchen
Königshof schicken. Südöstlich aber, wo, ohngefähr
bei dem Zusammenfluß des Inn mit der Donau, das
Frankenreich mit dem Herzogthum Baiern endigte, da
begann auch schon das große Avarenreich, welches, wie
schon gesagt, damals den Norden des griechischen Kai-
serthums umlagerte, und sich also nach dem Westen
herüber bis an die Grenzen des Frankenreichs erstreckte,
daß eben das Herzogthum Baiern als Schutzwehr ge-
gen dieses heidnische Reich galt. Und zwischen diesen
beiden Völkerschaften, den Sachsen und Avaren, wohn-
ten in der Mitte, also an der fränkischen Ostgrenze, die
slavischen Völkerschaften, welche noch immer in vieler-
lei einzelnen Massen, deren bisherige Verhältnisse un-
bekannt sind, den Osten Europas einnahmen, und nur
in den letzten Jahrhunderten, in Folge der germanischen
Völkerwanderung, tiefer nach Deutschland herein gedrun-
gen waren, so daß sie die nordöstlichen Gegenden dieses
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Extrahierte Personennamen: Dagobert
Extrahierte Ortsnamen: Paris Dagoberts Frankenreich Deutschland Franken- Sachsen Donau Baiern Baiern Sachsen Europas Deutschland
— 251 —
Neapel für Rom mit seiner päbstlichen Herrschaft eine
gar günstige Begebenheit war, so war sie natürlich für
Consiantinopel und das griechische Kaiserthum gerade
das Gegentheil, und zwar nicht nur dadurch, daß der
griechische Kaiser nun auch alles in Italien verlor, son-
dern auch, weil dieses neue Königreich, weil es nur
durch das adriatische Meer davon getrennt war, in den
letzten Zeiten des elften Jahrhunderts eine gefährliche
Nachbarschaft für das Kaiserthum bildete. Denn Ro-
bert Guiscard hatte bei seinem großen Unternehmungs-
geiste nicht weniger im Sinn, als von Italien aus in
das griechische Kaiserthum zu dringen und dasselbe
ganz zu erobern, wie er denn dasselbe auch angriff und
mehrere Landstriche jenseit des Meeres eroberte. Die-
ser neue Feind von Westen her mußte dem griechischen
Kaiserhof um so drückender erscheinen, da sich der in-
nerliche Zustand dieses Reichs während des elften Jahr-
hunderts keinesweges verbessert hatte. Nachdem jener
Basilius Ii-, der zu Anfang des Jahrhunderts mit dem
russischen Wladimir zu thun gehabt, im Jahr 1025 ge-
storben und sein Sohn, Constantin Ix., nocy einige Jahre
eine unbedeutende Herrschaft geführt hatte, hinterließ
dieser letztere keinen männlichen Erben, sondern drei
Töchter, Eudoxia, Zo« und Theodora. Da von ihnen
die erste eine Nonne wurde, so blieben die beiden letzte-
ren die erste Hälfte des Jahrhunderts im Besitz des
Kaiserthrones, welchen sie an die Männer brachten, mit
denen sie sich vermählten, wie Romanus Argyrus, Mi-
chael Ix. und V. und Michael Stratiotikus, und dabei
blieb das Reich immer in innerem Zwiespalt und von
außen durch mancherlei Feinde bedroht, bis im Jahr
1056 mit Theodora, nachdem ihr ihre Schwester Zoö
vorausgegangen war, das macedonische Kaiserhaus aus-
starb, welches im neunten Jahrhundert mit Basilius I.
begonnen hatte. Da kam es denn nach einigem Kampfe
dahin, daß man wieder einen großen Feldherrn, und
zwar aus einer von den angesehenen Familien, die sich
in den letzten Zeiten gebildet hatten, nämlich den Isaak
Comnenus, auf den Thron erhob, im Jahrj>057, womit
dort die Herrschaft eines neuen Kaisergeschlechts begann,
der Comnenen. Zwar wählte sich nachher dieser erste
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425
Wie schon ihre Feldherren, der Fürst Gallizin und der
Graf Romanzow im südlichen Rußland und am schwar-
zen Meere glückliche Siege erfochten, so überraschte sie
die Welt mit einer neuen großen Unternehmung, denn
sie ließ eine bedeutende Kriegsflotte unter den Gebrüdern
Orlow von der Ostsee aus um ganz Europa herum und
durch das mittelländische Meer in die griechischen Ge-
wässer segeln, um die Türken auch von dieser Seite an-
zuareifen, und die russischen Admiräle waren dort so
glücklich, daß sie die türkische Kriegsflotte erst in einer
Seeschlacht bei Skio schlugen und dann, als sie sich in
die Bucht von Tschesme flüchtete, sie ganz verbrannten, *
im Juli 1770. Dieses mehrseitige Kriegsglück, welches
die Eifersucht der benachbarten Mächte Oestreich und
Preußen erregte, blieb der Kaiserin dennoch in den näch-
sten Jahren treu, worüber der türkische Sultan, Musta-
pha Iii. starb, im Januar 1774, und sein Nachfolger,
Abdul Hamid, schloß nun mit ihr den Frieden von Kud,
schuk-Kainardschi, durch welchen Katharina ihr Reich
mit mehreren Landstrichen am schwarzen Meere erweiterte
und auch die freie Schifffahrt auf diesem Meere erhielt,
im Juli 1774. — Aber während dieses Krieges blieben
auch die russischen Kriegstruppen in'polen, und Katha-
rina erreichte zugleich ihre Absichten in diesem Lande.
Nämlich während der hier über die Religion entstande-
nen Unruhen hielt es die Kaiserin Maria Theresia, zu-
mal auf Zureden ihres klugen Ministers, des Fürsten
Kaunitz, für ihre Pflicht, einige an Ungarn gränzende
Landstriche von Polen, wozu das Ländchen Zips gehörte,
und die einst ungarisch gewesen waren, jetzt wieder in
Besitz'zu nehmen, um sie zugleich zu schützen. Dieses
Verfahren der östreichischen Kaiserin brachte bei Katha-
rina Ii. und bei Friedrich dem Großen derp Gedanken
der ersten polnischen Theilung hervor. Da nämlich die
inneren Unruhen Polens immer fortdauerten, und die
russische Kaiserin wegen der Vergrößerung ihrer Macht
die beiden Mächte Oestreich und Preußen zu beschwich-
tigen hatte, so sagte sie zu dem Bruder Friedrichs des
Großen, dem Prinzen Heinrich, welchen er an sie ge-
sandt hatte, Polen sei ein Land, wo man sich nur zu
bucken brauche, um etwas zu nehmen, und so soll, vor-
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Extrahierte Ortsnamen: Graf_Romanzow Europa Polen Katha- Polen
t
Länder.
§ 7. Nach oßenfbiefen wird man sich leichter vor-
stellen, wie der Europäische Welttheil in seine einzelnen
Lander getheilt ist. Als in den alten Zeiten die Völker
ihre Länder einnahmen, wodurch diese ihre Benennungen
erhalten haben, so haben sie sich dabei nach der natür-
lichen Eintheilung durch Gebirge und Flüsse wenigstens
im Allgemeinen gerichtet, da ihnen Beides auch zum
Schutze diente. Man kann also im Einzelnen sehen, wie
die Völker in Uebereinstimmung mit der Natur oder
nicht die Lander abgesondert haben. Südlich von den
Pyrenäen hat die Natur die große Pyrenäen-Halbinsel
gebildet, aus welcher die Völker zwei Länder gemacht
haben, nämlich Spanien und Portugal, denn in beiden
Ländern herrscht verschiedene Sprache. Italien aber,
welches auch von der Natur zu einer Halbinsel abgeson-
dert ist, hat nur ein Volk mit einer Landessprache, welche
sich jedoch auch auf die benachbarten Inseln verbreitet.
Wieder ist die Türkei als ein durch die Natur abgeson-
dertes Land anzusehen, welches durch die Meere und
durch den Donaustrom von den andern geschieden wird.
Aber neben der Türkischen Sprache herrschen auch noch
andere hier, wie die Neugriechische. Nördlich von den
Alpen scheidet der Rhein mit seinem nördlichen Lauf zwei
große Länder, Deutschland und Frankreich; sicherer schei-
det sie die Sprache, denn Französisch wird geredet vom
Rhein westwärts bis an die Pyrenäen und Deutsch vom
Rhein ostwärts bis an die Weichsel. Zwischen diesen
Ländern aber liegen zwei kleinere; südlich auf den Alpen
die Schweiz, durch den Rhein von Deutschland geschie-
den. Dieses Land ist getheilt zwischen Deutsche, Fran-
zösische und Italienische. Sprache. Nördlich zwischen
Deutschland und Frankreich liegen Pie Niederlande, vom
Rhein durchschnitten und zwischen Deutsche und Fran-
zösische Sprache getheilt. Auf der Insel Großbritannien
liegen zwei Länder, England und Schottland, wovon je-
des seine eigene Sprache hat,' so wie auch 'Irland. Drei
Länder sind sodann im Norden gar deutlich gesondert:
aus der skandinavischen Halbinsel scheidet das Kiölenge-
birge Norwegen und Schweden, und Dänemark mit sei-
nen Inseln ist ringsum durch Gewässer abgesondert.
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Extrahierte Ortsnamen: Spanien Portugal Italien Donaustrom Rhein Deutschland Frankreich Rhein Rhein Schweiz Rhein Deutschland Deutschland Frankreich Niederlande Rhein England Schottland Norwegen Schweden
13
Rußland i)at bei seiner ungeheuren Größe nur fünf und
fünfzig Millionen.
Städte.
§ 13. Wie aber die Lander bevölkert sind, so sind
es am Meisten die Städte, und zu diesem ganzen Anblick
der über den Welttheil hin verbreiteten Menschenmassen
hat man sich auch das Gewühl in den großen Haupt-
städten der Länder zu denken, welche als die menschen-
reichsten und belebtesten Punkte hervortreten. Die Preußi-
sche Hauptstadt Berlin gehört schon unter diese lebhaften
Punkte, denn in ihr zählt man jetzt 250000 Ew. Jedoch
ist sie noch nicht die größte Stadt, sondern wird schon
in Deutschland von Wien übertroffen, welche volle 300000
Ew. zählt. Um nun aber sogleich auf das Höchste von
städtischer Belebung zu kommen, so muß man sich in Eng-
land London denken, in dessen Umfang noch etwas mehr
Menschen zusammengedrängt sind, als in dem ganzen Kö-
nigreich Dänemark leben, denn es sind ihrer 1,300000,
so daß die Volkszahl von Wien oder Berlin nur einen
Ueberschuß über diese Million bildet. Und in den beiden
Nebenländern von England sind die Hauptstädte nicht
viel geringer, als bei den Deutschen; nämlich Edinburg
in Schottland hat 150000 Ew. und Dublin in Irland
250000 Ew. — Auf London folgt in der Bevölkerung
Paris mit 830000 Ew., und davon weichen wieder die
Hauptstädte der Pyrenäischen Halbinsel sehr ab, nämlich
Madrid mit 13l)000 Ew. und Lissabon mit 250000 Ew. —
Wieder ein ähnliches Verhältniß haben drei Städte in
Italien; da ist Neapel die größte mit 350000 Ew., Mai-
land hat 130000 Ew. und Venedig 200000 Ew. —
Dann sind vier Städte des Ostens mit einander zu ver-
gleichen: Warschau in Polen ist hier die volkreichste mit
130000 Ew. — Davon unterscheidet sich Pesth in Ungarn
mit 60000 Ew. und Lemberg mit 40000 Ew.; nach Nor-
den hin aber Königsberg mit 70000 Ew. — Zuletzt sind
die Städte des Nordens zu vergleichen: da "ist Peters-
burg hervorragend mit 400000 Ew., gegen welche wieder
die anderen sehr abweichen, denn Stockholm hat nur
75000 Ew., Kopenhagen 100000 Ew. und Christiania
70000 Ew. — Endlich ist am äußersten Südosten noch
\
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