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21. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 19

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Entstehung des Deutschen Reiches. 19 Vi. Das Deutsche Reich. 1. Seine Entstehung. Das alte Deutsche Reich war durch die Gol- dene Bulle (1356) zu einem Wahlreich geworden, und die Kurfürsten ließen sich bei jeder neuen Wahl von dem Kaiser Zugeständnisse machen, die ihre Macht verstärkten, das Ansehen des Kaisers und des Reiches aber immer mehr schwächten. Daneben stieg auch die Macht der übrigen Fürsten und der freien Städte, die mit den Kurfürsten dem Reich nicht die nötigen Mittel zur Auf- rechterhaltung seiner Macht bewilligten. — Dadurch wurde sein Untergang mit herbeigeführt, der 1806 in der Abdankung des Kaisers Franz I. seinen Aus- druck fand. An die Stelle des untergegangenen Reiches trat 1815 der auf dem Wiener Kongreß entstandene Deutsche Bund, dem unter der Führung Österreichs und Preußens 36 Fürsten und 4 Städte angehörten. Durch den Wettkampf der beiden Großstacken war jedoch auch dieses Gebilde von vornherein ohne kräf- tige Entwickelungsfähigkeit. Dagegen wurde in dem von Preußen in das Leben gerufenen Zollverein 1834 die wirtschaftliche Grundlage für das neue Deutsche Reich gegeben. In der Zeit politischer Unruhen (1848/49) wurde der allgemeine Wunsch nach einem starken Reich wieder wach und die Frankfurter Nationalver- sammlung beschloß 1849 die Gründung eines Deutschen Reiches mit Preußen an der Spitze und unter Ausschluß Österreichs. Die hier aufgestellte Verfassung bildet die wichtigste Grundlage unserer heutigen Reichsverfassung. König Friedrich Wilhelm Iv. lehnte indes die ihm angebotene Kaiserkrone ab, da ihre Annahme sicher zu einem Kriege mit Österreich geführt hätte. Erst nach dem Siege Preußens über Österreich 1866 und der dabei erfolg- ten Auflösung des Deutschen Bundes war die Schaffung eines Deutschen Reiches unter der Führung Preußens möglich. Noch im Jahre 1866 schloß es mit 21 norddeutschen Staaten Verträge, die am 15. Febr. 1867 zur Gründung des Norddeutschen Bundes führten. Die süddeutschen Staaten mußten nunmehr Anschluß an irgendeine Großmacht suchen, und der glorreiche Kampf gegen Frankreich führte sie mit dem Norddeutschen Bund näher zusammen. Schon im November 1870 gelang es dem tatkräftigen Bismarck, mit Bayern, Württem- berg und Baden Vertrüge über ihren Beitritt zum Bunde abzuschließen, und am 18. Januar 1871 erfolgte die öffentliche Verkündigung des n e u e n D e u t s ch e n Reiches, das mit Blut und Eisen zusammengeschmiedet worden war. Seine Grundlagen enthält die Reichsversassung vom 16. April 1871, die erweiterte Verfassung des Norddeutschen Bundes. Durch den Frieden mit Frankreich fiel das Reichsland Elsaß-Lothringen an das Reich, 1890 wurde Helgoland erworben. Die stetig wachsende Bevölkerung sowie die wirtschaftliche Entwickelung (vgl. S. 27) veranlaßten Deutschland, seine Weltmacht durch den Erwerb von Kolo- nien zu stärken. 1884 begann die Bewegung mit dem staatlichen Schutz der Lüderitzbucht (Südwestafrika); in den folgenden Jahren wurden Togo, Kamerun und Ostafrika erworben, hauptsächlich durch die eifrige Tätigkeit von Nachtigal,

22. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 21

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Bundesstaaten. Der Kaiser. Bundesrat. Reichskanzler, Reichsbehörden. Reichstag. 21 Lothringen. Die Bundesratsmitglieder stimmen nicht nach freiem Ermessen, sondern gemäß dem von ihrer Regierung erhaltenen Austrage; ohne Auftrag nsnnsverk. dürfen sie überhaupt nicht mit abstimmen. Ihrer persönlichen Stellung nach sind die Mitglieder Gesandte am Preußischen Hofe. Art. 7. Der Bundesrat bereitet die dem Reichstag vorzulegenden Gesetze vor und beschließt über deren Genehmigung; er erläßt die zu den Gesetzen nötigen Aus- führungsbestimmungen, sowie Verordnungen, zu deren Erlaß er durch Gesetze ermächtigt ist. Ferner bildet er aus seiner Mitte dauernde Ausschüsse, die alle Art. 8. wichtigen Reichsangelegenheiten beraten und die Beschlüsse vorbereiten. Schließ- lich entscheidet der Bundesrat Streitigkeiten zwischen zwei Bundesstaaten auf Art. ?6. Wunsch eines derselben. Gesetze über das Zollwesen, das Militär- und Ma- Art. 37,5*. rinewesen können nicht gegen die Stimme Preußens geändert werden, auch nicht die Verfassung, wenn im Bundesrat 14 Stimmen dagegen sind (also auch Art. s. nicht gegen Preußen). 5. Der Reichskanzler und die Reichsbehörden. Der Vorsitz im Bundes-Art. 15. rat und die Leitung seiner Geschäfte steht dem Reichskanzler zu. Er ist gleich- zeitig oberster Beamter des Reiches und leitet als solcher in verantwortlicher Art. n. Stellung alle Reichsgeschüfte. Zur Wahrung der Einheit der Preußischen und Reichsregierung ist er ferner preußischer Minister des Auswärtigen und ge- wöhnlich auch Ministerpräsident. Da der Reichskanzler allein nicht die ganze Fülle der Reichsgeschäfte leiten Gesetztes, kann, sind ihm eine Reihe von Reichsämtern untergeordnet, an deren Spitze tung"et je ein Staatssekretär steht, dem der Kaiser auf Vorschlag des Reichskanzlers ^era^om' die eigene Verantwortung für seine Amtshandlungen übertragen kann. Solche ^^g™ Reichsämter bestehen zurzeit für das Auswärtige, das Kolonialwesen, das Innere, die Kriegsmarine, das Reichsfinanzwesen (Schatzamt), das Reichsjustizamt mit dem Reichsgericht in Leipzig, die Reichspost und das Reichseisenbahnwesen. An weiteren höchsten Reichsbehörden sind zu nennen: das Reichsbank- Bankgesetz direktorium, das nur dem Reichskanzler unterstellt ist; das Bundesamt für \'s7b.' §*26™ Heimatswesen, dem die Schlichtung von Streitigkeiten über Armenwesen zusteht, unterst, das Reichsmilitärgericht in Berlin, das Reichspatentamt und das Reichsver- ^^.Gos. sicherungsamt. Die Stellung der Reichsbeamten entspricht im allgemeinen derjenigen der preußischen Beamten und ist durch das Reichsbeamtengesetz vom 17. Mai 1907 geregelt. 6. Der Reichstag. Dem Landtag in Preußen entspricht der Reichstag im Reiche. Er besteht indes nur aus einer Kammer, deren 397 Mitglieder aus allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl hervorgehen. Die Zahl der Beichaverf. Abgeordneten betrug im Norddeutschen Bunde 297 (auf je 100 000 Einwohner Art'20' sollte ein Abgeordneter kommen), dazu kamen 85 aus Süddeutschland und 15 Gesetz vom aus dem Reichsland. 25.-7^1373. Das aktive und passive Wahlrecht beginnt mit dem zurückgelegten Wahlgesetz 25. Lebensjahr und ist im übrigen an die gleichen Bedingungen geknüpft wie Vi869.Vir.ai in Preußen. Die Ausübung des Wahlrechts erfolgt durch Abgabe eines Zettels §10. in einem amtlichen, undurchsichtigen Umschlage. Der Reichstag kann durch den Beichaverf. Kaiser unter Zustimmung des Bundesrates aufgelöst werden. Spätestens 60 Tage Art' "v

23. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 25

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Grundsätze des Rechtswesens. Bürgerliches Recht. 25 Viii. Die Ordnung des Nechtswefens. 1. Die Grundsätze des Rechtswesens. Als erster ungeschriebener Grund- satz aller Rechtsordnung gilt die Macht des Staates, allgemeine Rechtssätze an- zuordnen, die von der Gesamtheit der Bewohner zu befolgen sind. Sache jedes einzelnen ist es, sich Kenntnis dieser Rechtssätze zu verschaffen; denn Unkenntnis der Gesetze schützt nicht vor Strafe. Ein auf dem Wege der Gesetzgebung er- lassener Rechtssatz ist Gesetz im eigentlichen Sinne (formelles Gesetz), jedoch sind auch die an die Allgemeinheit gerichteten Anordnungen des Bundesrats, der öffentlichen Behörden und Körperschaften (Verordnungen), soweit sie Rechtssätze enthalten, dem Inhalt nach Gesetze. Während die Gesetze nur die allgemeinen Rechtsregeln geben, haben die Ge- richte die Aufgabe, sie auf den einzelnen Fall anzuwenden. Ihre Tätigkeit, die Rechtssprechung, wird durch wissenschaftlich vorgebildete Beamte, die Richter (vgl. S. 17), nach bestimmten Regeln (Prozeßordnung) ausgeübt. Handelt es sich um einen Streit, an dem die Allgemeinheit, d. h. der Staat kein In- teresse hat, so liegt ein Fall des Bürgerlichen oder Privatrechts vor (Zivil- prozeß), den die beiden streitenden Parteien miteinander auszutragen haben. Wird dagegen die Allgemeinheit durch einen Verstoß gegen die Gesetze (Straf- gesetze) an Eigentum oder Person gefährdet, so zieht der Staat durch seinen Vertreter, die Staatsanwaltschaft, den Täter zur Rechenschaft und bestraft ihn (Strafprozeß). Uber die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte vgl. Betr. Lehre S. 38. Eine Mittelstellung zwischen Privat-, Straf- und Verwaltungs- recht nimmt die Gewerbe-Ordnung ein (vgl. Gr. A. S. 124/130, Kl. A. S. 154). 2. Hauptlehren und Verfahren im Bürgerlichen Recht. Vgl. hierüber zunächst das S. 3 Gesagte. Aus dem 8. G. sind bereits in der Betr. Lehre behandelt worden: die wichtigsten allgemeinen Lehren (Gr. A. S. 8, Kl. A. S 19), der Vertrag und seine Arten (Gr. A. S. 13/15, 18, Kl. A. S. 27), die Zahlung (S. 26 bzw. S. 52), der Verzug (S. 36 bzw. S. 65), und die Mahnung (S. 37 bzw. S. 70). Ferner gelangten dort zur Darstellung das Handels- und Wechsel- recht/S. 54/75 bzw. S. 81) und die Konkursordnung (S. 159/163 bzw. S. 184), sowie das Patentwesen (S. 158 bzw. S. 183). Es bleibt somit nur noch übrig, einen Blick auf das Sachenrecht zu werfen. Sachen im Sinne des 8. G. sind nur körperliche Gegenstände, also feine b.a. §90. Rechte (z. B. Patente). Sie werden getrennt in bewegliche und unbewegliche Sachen. Die wichtigsten unbeweglichen Sachen sind die Grundstücke und die auf ihnen errichteten Gebäude. Da es sich bei dem Eigentumsübergang eines Grundstückes an eine andere Person um einen Gegenstand von meist hohem Werte handelt und es im Interesse der Allgemeinheit liegt, klare Kenntnis von den Rechtsverhältnissen der Grundstücke zu haben, muß die Rechtänderung 8873. im Grundbuche eingetragen werden, um rechtliche Wirkung zu haben. Das Grundb„ch- Grundbuch wird beim Grundbuchamt (Amtsgericht) geführt. Die darin ein- T02izz getragenen Latsacheu gelten als bewiesen, solange der Gegenbeweis nicht er- 1897, §1* bracht wird. Die Belastung eines Grundstückes mit einer Hypothek gibt einem b.g. §801/2. anderen die Berechtigung, sich für seine Forderung aus dem Grundstück zu be- 8,113. friedigen, d. h. das Grundstück hastet für die Forderung. Das Eigentum ist

24. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 26

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
26 Die Ordnung des Rechtswesens. Ierf- ^Hgemeinen unverletzlich und kann dem Eigentümer nur ans Gründen des öffentlichen Wohls gegen volle Entschädigung entzogen oder beschränkt werden. 3. Das Strafrecht. Kurz nach der Gründung des Deutschen Reiches, am 15. Mai 1871, wurde das Strafgesetzbuch eingeführt, das den ersten Schritt zur Vereinheitlichung des deutschen Rechts darstellt. Es will durch die An- drohung von Strafen für Übertretung der gesetzlichen Ordnung die Menschen von dem Begehen solcher Straftaten abhalten, durch die Strafe das Vergehen sühnen und, wenn möglich, den Täter zur Besserung veranlassen. Je nach der Schwere der Gesetzesverletzung und der darauf ruhenden Strafe werden unterschieden: 8tr.6.n.zi. i. Verbrechen, die mit dem Tode oder Zuchthaus (Hochverrat, Mord, Ein- bruchsdiebstahl, Brandstiftung, Meineid), 2. Vergehen, die mit Festungshaft bis zu 5 Jahren, Gefängnis oder Geld- strafen von mehr als 150 Jl bedroht sind (Diebstahl, Unterschlagung, Körperver- letzung, Beleidigung. Gotteslästerung, fahrlässiger Meineid). 8860l 3. Übertretungen, die mit Haft bis zu 14 Tagen oder Geldstrafen bis zu 150 Ji bedroht sind (Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, Betteln, Tierquälerei, falsche Namensführuug usw.). Reben den genannten Strafen § 32,38. kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Stellung unter Polizeiauf- sicht erkannt werden. 8 43. Bestraft wird nicht allein die vollbrachte Tat, sondern in vielen Fällen auch 8 5i. der Versuch; Voraussetzung ist dabei nur, daß der Täter mit vollem Bewußt- sein und aus freiem Willen gehandelt hat, sich also nicht in Notwehr befand oder durch Drohung gezwungen wurde und über zwölf Jahre alt war. Im Alter von 12—18 Jahren ist die Bestrafung nur unter gewissen Bedingungen 8 55/56. zulässig. Die Aburteilung erfolgt vor besonderen Jugendgerichtshöfen, .und der Vollzug der Strafe kann unterbleiben, falls der Schuldige sich zwei Jahre nach dem Urteil eines tadellosen Lebenswandels befleißigt. Dadurch soll ihm noch einmal Gelegenheit geboten werden, seine jugendlichen Verfehlungen erkennen §244. und vermeiden zu lernen. Wiederholung einer Straftat (Rückfall) verschärft, das Vorhandensein mildernder Umstände ermäßigt das Strafmaß. Nicht alle Handlungen, die der rechtlich Denkende als Unrecht" empfindet, werden vom Gesetz bestraft, jedoch weiß die Gesellschaft ihren Unwillen gegen derartige Taten auch in anderer Weise zum Ausdruck zu bringen, z. B. durch Meidung der betreffenden Person usw. Im allgemeinen wird jeder gut erzogene Mensch aus eigenem Empfinden heraus so handeln, daß er mit den Strafgesetzen ntcf)t in Berührung kommt. 4. Das Strafverfahren. Die Regelung des Strafprozesses ist in der Straf- prozeßordnung vom 1. Febr. 1877 erfolgt. Einfache Übertretungen können von 8tr. Pr. o. den Polizeibehörden geahndet werden, jedoch muß auf Antrag das Schöffen- §45’’ gericht hierüber urteilen. Bei diesem Gericht treten zu dem Amtsrichter zwei Gei.verf. ehrenamtliche Laien als Schöffen; es ist zuständig für Übertretungen und leich- §2 /7' tere Vergehen. Die übrigen Vergehen und Verbrechen gehören vor die Straf- 873,77. kammern der Landgerichte, die mit drei oder fünf Richtern besetzt sind. Be- 8 80. sonders schwere Verbrechen (Brandstiftung, Mord, Sittlichkeitsverbrechen) werden 8 8i vor dem Schwurgericht verhandelt, bei dem das Urteil über die Schuldfragen

25. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 2

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Einleitung. Allgemeiner Überblick. 1. Das Wesen des Staates. Die Grundlage jeder menschlichen Gemein- schaft ist die Familie. Ein Staat ohne geordnetes Familienleben würde dem Untergange geweiht sein. Wenn in der Familie die Verwandten mitleben, so erweitert sich der Fa- milienverband, aus Nachkommen und Verwandten der Seitenlinie bildet sich die Sippe und aus mehreren Sippen der Stamm, in dem sich noch alle Angehörigen als zu einer großen Verwandtschaft gehörig fühlen. Mehrere Stämme vereinigen sich zu einem Volk, das sich in der Regel durch Einheit der Sprache, Sitten und Abstammung auszeichnet. Durch die Notwendigkeit, mit anderen Menschen gemeinsam zu leben, bilden sich in dem seßhaft gewordenen Volk feststehende Gebräuche über das Verhalten zueinander aus, die später als Rechtssätze zusammengefaßt werden. An die Spitze des Volkes tritt zum Schutz nach außen und zur Regelung der gemeinsamen Interessen eine Regierung, und der ganze Verband erhält den Namen Staat. Der Staat ist somit der dauernde, höchste Verband eines seß- haften Volkes. Die Aufgaben des Staates sind im Laufe der Zeit sehr verschieden auf- gefaßt worden. Zeitweilig waren sie auf den Schutz gegen äußere Feinde und auf die Wahrung der Rechtsordnung im Innern beschränkt. Heute ist der Wirkungskreis des Staates ein sehr mannigfaltiger und erstreckt sich auf fast alle Lebensverhältuisse. Schutz der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, der Gesundheit, Sittlichkeit, Religion, Förderung der Kultur und Wissenschaft, Fürsorge für die Armen, Kranken, Alten und Kinder gehören zu den wesent- lichen Aufgaben eines modernen Staates. 2. Überblick über die Staatsformen. Die Staatsgewalt muß von einem Organ des Staates ausgeübt werden. Das oberste Recht dieses Organes ist die Gesetzgebung. Zu ihrer Durchführung ist die Rechtsprechung nötig, alle übrigen Staatsgeschäste werden durch die Verwaltung erledigt. Sind alle drei Gewalten in einer Person (dem Monarchen) vereinigt, so sprechen wir von einer absoluten Monarchie. Ist das Volk oder ein Teil desselben (Aristokratie) an der Gesetzgebung und Verwaltung beteiligt, so entsteht eine konstitutionelle oder beschränkte Monarchie (Preußen). In einer Republik wählt das Volk oder eine bestimmte Klasse desselben die Organe des Staates (Präsident, Senat) und ist, wie in der konstitutionellen Monarchie, in den Kammern an der Ausübung der Staatsgewalt beteiligt. Mehrere Staaten können sich zu einem Staatenbund (der Deutsche Bund 1815—1866) oder einem Bundesstaat (Deutsches Reich) vereinigen. Eine besondere Stellung nehmen die Kolonien ein, die auch als Nebenländer bezeichnet werden.

26. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 4

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
4 Die Familie. 4. Familienrecht, 5. Erbrecht. Ferner sind das Handels- und Wechselrecht, die Zivilprozeß- und Konkurs-Ordnung einheitlich durch Gesetze für das Deutsche Reich geregelt worden. 2. Rechtsordnung unter Lebenden. Die Abschnitte über die Neugründung eines Betriebes zeigten uns die Bedeutung der Firma (Gr. A. S. 9, Kl. A. S. 14) und des Handelsregisters (Gr. A. S. 10, Kl. A. S. 14). Beide sind nach dem Vorbilde des bürgerlichen Namens und der Standesregister geregelt worden. Ferner lernten wir die Bildung von Handelsgesellschaften kennen (Gr. A. S 7 7 ff., Kl. A. S. 107), die teilweise eine enge Gemeinschaft der Beteiligten erkennen ließen. Ein ähnliches Gemeinschaftsverhältnis wird durch die Verwandtschaft begründet (Familienrecht). Rg- §i- Mit der Geburt beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen. Da die Beur- kundung der Geburt tvährend der ganzen Lebensdauer des Betreffenden von großer Bedeutung für ihn und den Staat ist, wird sie von einem Staats- beamten amtlich bescheinigt durch die Eintragung in das Geburtsstand- register. Die Eintragung hat innerhalb acht Tagen nach der Geburt zu erfolgen und ist von einem der Angehörigen zu veranlassen. — Vor dem rrart'iers' ^sttz sind alle Menschen gleich. Jede Person hat ferner das Recht auf einen Namen, dem die Eltern einen oder mehrere Vornamen hinzuzufügen haben, die ebenfalls in das Geburtsregister eingetragen werden. Wer einen ihm nicht b.g. gi2. zukommenden Namen führt, kann von dem wirklichen Inhaber dieses Namens daran verhindert werden; der Gebrauch eines falschen Namens oder Titels Sziffer 860 e*nem Zuständigen Beamten gegenüber ist mit Geldstrafen bis zu Ji 150.— bedroht. Änderungen des Namens sind nur mit Erlaubnis des Regierungs- präsidenten zulässig. b g. § 2. Die volle Handlungsfähigkeit einer Person beginnt erst mit der Volljährigkeit. 8 1626. Bis dahin untersteht das Kind der elterlichen Gewalt. Der Gesetzgeber regelt hier nur das Notwendigste. In Anbetracht der großen Mühen und Opfer, die die Erziehung des Kindes von den Eltern, die nur dessen Bestes wollen, fordert, sollten diese durch Liebe, Gehorsam und Ehrfurcht ihre Dankbarkeit auch ohne § 1627. gesetzlichen Zwang beweisen. Der Vater ist berechtigt und verpflichtet, für die §i63i. Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen; er hat es zu erziehen, zu beauf- sichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Zn diesem Zweck kann er angemessene § i63i. Zuchtmittel anwenden; die Mutter hat ihn in der Erziehung zu unterstützen. Ist die Ausübung der elterlichen Gewalt durch die Eltern unmöglich, z. B. § 1773. bei Waisen, so tritt an ihre Stelle ein Vormund. Als solcher kommt eine von § 1776. den Eltern zuvor berufeue Person, einer der Großväter oder eine von dem Vormundschaftsgericht ernannte Persönlichkeit in Frage. Von der Vormund- §i74i. schaff zu unterscheiden ist die Annahme an Kindes Statt (Adoption). Von großer Bedeutung für das Familienleben ist die gesetzliche Regelung der Ehe. Ihr pflegt ein Verlöbnis vorauszugehen, das zwar moralisch, je- § 297. doch nicht gesetzlich zur Eingehung der Ehe verpflichtet. Zur Eingehung der §1303. Ehe ist bei dem Manne Volljährigkeit, bei der Frau mindestens Vollendung §1305. des 16. Lebensjahres erforderlich, bei letzterer daneben elterliche Einwilligung, § i3io. solange sie noch minderjährig ist. Zwischen Blutsverwandten darf eine Ehe nicht geschlossen werden. Die Eheschließung erfolgt nach vorausgegangenem Auf-

27. Abriß der Staatsbürgerkunde - S. 5

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Rechtsordnung. 5 gebot durch die von den Verlobten persönlich vor dem Standesbeamten in § 1316/7. Gegenwart von zwei Zeugen abgegebene Erklärung, die Ehe miteinander ein- gehen zu wollen. Die kirchliche Trauung ist eine religiöse Forderung und gilt dem christlich Gesinnten erst als eigentlicher Abschluß der Ehe; von rechtlichen Folgen ist sie indes nicht begleitet. Die Ehe ist die engste und schönste Gemeinschaft im menschlichen Leben und bindet die Ehegatten zur Erfüllung ihrer gemeinsamen Ausgaben für Lebens- 81353. zeit aneinander. Die Entscheidung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten §1354- dem Manne zu, dessen Familiennamen die Frau annimmt. Die Leitung des Hanswesens ist Sache der Frau; ebenso steht ihr die Vertretung des Mannes innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises zu. Das Vermögen derselben geht in die Verwaltung und Nutznießung des Mannes über, bleibt jedoch ihr Eigen- §13t5s- tum. Indes ist hier durch Vertrag eine anderweitige Regelung möglich (Güter- gemeinschaft, Gütertrennung, Errungenschaftsgemeinschaft) und für den selb- ständigen Kaufmann, der in besonderem Maße den Wechselfällen des Lebens ausgesetzt ist, vielfach zu empfehlen. Obgleich die Ehe für das ganze Leben geschlossen ist, können doch schwer- tviegende Umstände (Ehebruch, Verbrechen, bösliches Verlassen, Geisteskrankheit) §is<m. eilte Ehescheidung als notwendig erscheinen lassen. Sie kann jedoch nur auf Grund richterlichen Urteils erfolgen. Verwandtschaft. Die Eltern sind mit ihren Kindern und Kindeskindern in gerader Linie verwandt (Blutsverwandtschaft). Andere Personen, die von § îsso. derselben dritten Person abstammen (Geschwister, Onkel, Vetter), sind in der Seitenlinie verwandt (siehe Figur). Bei der Bestimmung des Verwandtschaftsgrades muß stets auf den gemeinsamen Abstamm (A) zurückgegangen werden. (Verwandtschaft mit den Eltern [B und C mit A] : 1. Grad; mit den Geschwistern [B mit C] und Großeltern [D, E und F mit A] : 2. Grad; mit dem Onkel sv und E mit C] : 3. Grad; mit dem Vetter [D und E mit F]: 4. Grad. Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert ^Schwiegereltern, Schwager)). 3. Rechtsordnung von Todes wegen. (Erbrecht.) Die Auflösung einer Firma ist nicht unbedingt notwendig, sie kann jahrhundertelang bestehen. Jedoch wird sie häufig freiwillig (Gr. A. S. 79, 84, Kl. A. S. 109) oder durch Konkurs (Gr. A. S. 159, Kl. A. S. 184) aufgelöst; alsdann muß eine Verteilung des vorhandenen Vermögens nach bestimmten Grundsätzen erfolgen; der Gesellfchaftsvertrag kann dieselben bereits im voraus festsetzen. — Diesen Vorgängen entspricht der Tod des Menschen, die gesetzliche Erbfolge oder die Regelung durch Testament. Wie Geburt und Eheschließung, so muß auch der Tod einer Person in die Standes- register eingetragen werden, und zwar hat die Anmeldung am nächsten Werk- tage zu erfolgen. Die Beerdigung, deren Kosten die Erben zu tragen haben, darf erst nach Vorlegung eines ärztlichen und eines standesamtlichen Toten- §i968. scheines und nach Einholung der polizeilichen Erlaubnis erfolgen. Nichtbefol- gung dieser Vorschriften ist unter Strafe gestellt. Seit 1911 kann auch in str.g. §367. Preußen wie bereits vorher in verschiedenen anderen Staaten an die Stelle der Zl er1, Beerdigung unter gewissen Voraussetzungen die Verbrennung treten. A::> J
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