1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
(
14 Die physische Geographie. — Das Land.
ströme von schmelzflüssigen Gesteinen cherabfließen lassen. Die thäti-
gen Vukane finden sich in der Regel in der Nähe des Meeres, theils
in Gruppen, theils in Reihen, so ist z. B. um den großen Ocean ein
Kranz von mehr als hundert Vulkanen gebildet. Erloschene Vulkane
nennt man solche, von deren letzten Ausbrüchen keine geschichtlichen
Nachrichten vorhanden sind. Die Vukane entstehen durch das Her-
vorbrechen der Lava aus tiefgehenden Erdspalten oder durch Aufschüt-
tung der ausgeworfenen Gesteine, (Schlacken, Bimsstein) und bilden
sich selbst allmählich einen abgestumpften Bergkegel, aus dessen Gipfel
sich der Trichter des Krater befindet. Mit dem Vulkanismus im Zu-
sammenhänge steht häufig das Erdbeben, welches theils vulkanische
Ausbrüche begleitet, theils selbständig austritt und weite Strecken der
Erdrinde erschüttern kann (Erdbebengürtel). Doch können auch Erd-
beben durch Abkühlung des Erdinnern und Bildung von Spalten, so-
wie durch das Einstürzen weitgedehnter Hohlräume im Innern der
Erde entstehen, wenn Salz-, Gips- oder Kalklager durch Wasser auf-
gelöst und ausgewaschen sind. Damit steht ferner in Verbindung die
Senkung mancher Landstriche, die sich besonders an den Küsten be-
merklich macht, seltener die Hebung von Küsten.
Hebungen und Senkungen von Erdräumen treten in langen
Zeitepochen allmählich auf und haben auch die Umrisse der großen
Landmassen wesentlich verändert. So hat England mit dem Continent
zusammengehangen, während Europa im Osten des Ural durch ein
breites Meer von Nordasien getrennt war. Nord- und Südamerika
bildeten selbständige Landmassen und der Nordwesten Asiens hing am
Beringsmeer wahrscheinlich mit dem Nordwesten von Amerika zusammen.
Aus dem noch stetig sinkenden Boden des großen Oceans haben sich
die Korallen angesiedelt und im Laufe der Zeit zahlreiche flache Eilande
(Atolle) ausgebaut.
3. Die Luft.
§ 18. Die Luft gehört zum Erdkörper und dreht sich mit ihm.
Die klimatische Temperatur entsteht durch Sonneneinstrahlung
(Insolation) am wirksamsten bei senkrechter Richtung der Strahlen.
Die Meteorologie hat die Ausgabe, den gesetzmäßigen Zusammen-
hang der wichtigsten Lufterscheinungen nachzuweisen; dahin gehören die
ungleiche Erwärmung der Luftschichten, wodurch das Gleichgewicht in
der Atmosphäre gestört wird und ausgleichende Luftströmungen (Winde)
entstehen, sowie die ungleiche Vertheilung des Wasserdampfes, welcher
in verschiedenen Formen als Schnee und Regen ausgeschieden zur Erde
fällt, oder als Wolke im Lufträume schweben bleibt. Klima nennt
man das locale Jneinandergreisen dieser Erscheinungen.
Die Erwärmung der Luft nimmt vom Aequator nach den
Polen ab und ist nach dem Höhenstande der Sonne, also nach den
Jahreszeiten, verschieden. Ueberdies treten noch manche Ursachen hinzu,
um selbst das Klima unter gleichen geogr. Breiten verschieden zu ge-
stalten. Die Sonnenwärme wirkt nämlich anders auf den festen Erd-
boden als auf die oceanische Wasserfläche, und darum ist auch die Rück-
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
28 Die Physische Geographie. — Die Pflanzengeographie.
bracht. M an bi o ca, die Speise der Neger in Brasilien, ist eigentlich
das Brot aus dem Mehl der Manioc- oder Cassave-Wurzel. Jetzt ist
sie auch auf den Antillen, in Afrika und Ostindien verbreitet. Die
Topinambur (Erdbirne, Erdapfel) aus Peru wird am meisten in
Mexiko und den südlichen Staaten der Union gebaut. Kutschu, eine
durch ihre mehlreichen Wurzeln ausgezeichnete Aroivee (Arum Colocasia),
wird in ganz Südasien, Aegypten, Cypern, Kreta, Calabrien und Spa-
nien gebaut. Die Dattel stavrmt aus dem Tiefland am Euphrat und
Tigris. Dieser ,,Lebensbaum der Araber" wird noch von allen Orien-
talen heilig gehalten. Der Mangobaum, dessen faustgroße Früchte
unfern Walnüssen gleichen, ist über China, Indien, Arabien und Bra-
silien verbreitet. Der Kern schmeckt geröstet wie Kastanien. Der
Granatapfelbaum, der verbreitetste Ostbaum dieser Zone, stammt
wahrscheinlich aus dem südwestlichen Asien. Seine Kultur ist von
Indien bis Spanien verbreitet. Die indische Feige aus Südamerika
ist nur in Italien und Sicilien acclimatisirt; die g ein ei ne Opuntie
aus Mexico und Texas ist über alle Mittelmeerländer verbreitet und
als Heckenpflanze verwildert. Kürbisse aus dem südlichen Asien,
Melonen und Gurken vom kaspischen Meere gehören zu den ältesten
Kulturpflanzen.^ Jetzt sind sie über alle Erdtheile verbreitet. Der
Kaffee bäum, in ganzen Wäldern wildwachsend in Abessinien und
im Sudan bis zum Congo, wird in Arabien, Indien, Java, Suinatra,
Manila, Westindien, Südamerika, Röunion gebaut. Sein Gebrauch ist
in Europa erst vor 300 Jahren eingeführt. Der Theestrauch be-
schränkte sich aiif China, Japan, Java und Indien, in Europa ieunt
man ihn erst seit 200 Jahren. Ein Surrogat dafür bietet in Süd-
amerika der Paraguaythee (Aerba-Mato, Mato nach dem kleinen
Kürbis genannt, aus dem man ihn zu trinken pflegt). Der Tabak
stammt aus Amerika und ist 1584 durch Cavendish nach England ge-
bracht und von da seit dem 17. Jahrhundert über alle Erdtheile ver-
breitet. Opium, der eingedickte Milchsaft des Mohn, ist schon in den
ältesten Zeiten m Kleinasien gewonnen. Mit dein Jslain nahin seine
Verbreitung zu. Das Opiumrauchen ist am ineisten unter Chinesen
uiid Malaien verbreitet. Mit Opium wird jetzt ein großer Theil der
chinesischen Waaren erkauft. In Ostindien, Levante und Aegypten
wird er am meisten geballt. Die Baumwolle ist die wichtigste Faser-
pflanze dieser Zone. In Asien, Afrika und Amerika wachsen nahe-
stehende Arten wild. Die Kiiltur ist uralt und namentlich durch die
Araber verbreitet und später in den östlichen und südlichen Staaten
der Union durch die Europäer eingeführt. Indigo wächst im südöst-
lichen Asien, Abessinien, Madagascar und Amerika wild und wird
namentlich in Asien, Afrika und Centro-Amerika kultivirt.
H 30. 4) Die Zone der Banane. Die Banane ist die wich-
tigste Kulturpflanze für die wilden Urbewohner der heißen Zone. Sie
stammt aus Asien. Man unterscheidet hauptsächlich den Bananen-
Pisang und den gemeinen Pisang. Die Kultur ist uralt. Der Brot-
fruchtbaum liefert eines der besten Nahrungsmittel, da die gerösteten
Früchte wie Weizenbrot schmecken; besonders ist der Bauin auf den
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- Inhalt: Zeit: Geographie
Die physische Geographie. — Die Pflanzengeographie. 29
Inseln des großen Oceans verbreitet. 8—9 Monate bringt der Baum
srische Früchte, in dieser Zeit reichen drei Bäume hin, einen Menschen
zu ernähren. In Amerika vertritt seine Stelle der Melonen bäum.
Die Yamswurzel (Jgname) stammt aus dem indischen Archipel und
hat sich über alle Tropenländer verbreitet. Ihre Knallen werden 50 bis
80 Pfund schwer. Sehr wichtig sind die Palmen. Die jungen Blätter
bieten ein treffliches Gemüse (Palmkohl), die Früchte eine nahrhafte
Speise, manche ein vorzügliches Oel, der Saft liefert Palmwein und
Palmzucker, die Fasern der Nüsse Stricke, der Stamm ein gesuchtes
Bauholz, die Blätter Material zum Hüttenbau. Vor allen sind außer
der Dattelpalme, welche der vorigen Zone angehört, Kokos-, Oel- und
Sagopalme zu nennen. Die Westküste von Centro-Amerika am Golf
von Panama ist die Urheimat der Kokospalme. Von hier ist die
Frucht mit den Strömungen über die Inseln des großen Oceans weiter-
getragen bis Indien und weiter nach Afrika, von wo sie durch Euro-
päer nach den Antillen, Brasilien und Guyana gebracht ist. So ist
sie um den ganzen Erdball gewandert. Unter den Obstarten stammt
die Ananas aus Südamerika und wird jetzt in Asien, Afrika und
Südeuropa kultivirt. Die wichtigsten Kulturpflanzen für den Europäer
sind Zuckerrohr, Cacaobaum und Gewürzpflanzen. Das ge-
meine Zuckerrohr stammt aus Indien, Columbus brachte es nach
Amerika. Der Cacaobaum aus Südamerika wird in Centro-Amerika
Mexiko, West- und Ostindien und Afrika angebaut. Der Nelken -
bäum, Zimmtbaum, Muskatnußbaum und Psefferstrauch stam-
men aus Indien und dem indischen Archipel lind haben nur eine ge-
ringe Verbreitungszolle. Außerordentlich wichtig ist durch vielseitige
Verwendling das Bambusrohr.
§ 37. Eine andere, nicht minder wichtige Uebersicht ordnet die
Kulturpflanzen nach ihrer Heimat. Man erkennt daraus, daß West-
asicn mehr Kulturpflanzen als Europa besitzt, und daß der Continent
Australien, Neuseeland und das Capland nicht eine einzige geliefert
haben. In Europa findet man wild: Rübsen, Mohrrübe, Runkel-
rübe, Fürberröthe, rothen Klee, Salat, Hopfen, Safran, Erdbeere, Him-
beere, süße Kirsche, Apfel- und Birnbaum, Stachelbeere, Johannis-
traube, Lupine, Erbse und Wicke. Dem westlichen Asien gehören
an: Knoblauch, Hanf, weiße und schwarze Maulbeere, Weinstock, saure
Kirsche, Pflaume, Aprikose, Mandel, Quitte, Granate, Melone, Ocl-
baum, Dattel und Walnuß. An Getreidearten stammt von hier der
Weizen, eines der ältesten Kulturgewächse, welches mit Reis zusammen
in China bereits im Jahre 2822 vor Chr. erwähnt wird; ferner zwei-
zeilige Gerste und Roggen. Aus dem südlichen Asien und dem
asrat. Archipel sind zu nennen: Jams, Thee, Citronen, Limonen,
Bananen, Baumwolle, Sago, Reis. Den alten Griechen als Kultur-
pflanze unbekannt, kaur der Reis erst mit den Arabern ins Mittelmeer-
becken. Nach Nord- und Mittelafrika gehört die Dattel, der Kaffee
und die Baumwolle; nach Südamerika Cacao, Ananas, Paraguaythee
und die Kartoffel; nach Mittelamerika der Mais.
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Die kleineren norddeutschen Küstenstaaten.
73
Die kleineren norddeutschen Lüslenstanlen.
§ 103» 1. Die Großherzogthümer Mecklenburg.
Die Bevölkerung ist meist lutherisch. Eine Universität ist in
Rostock. Gemeinschaftliche Landstände bestehen für beide Großherzog-
thümer (Landesunion). 70°/o der Bevölkerung treibt Ackerbau; die
Volksbildung ist niedrig. In Folge der elenden Lage der niederen
Landbevölkerung wandern Tausende au§.
Ackerbau und Viehzucht beschäftigen die Bewohner fast ausschließ-
lich. Ausgezeichnet ist die Viehzucht, weitberühmt die Schafzucht,
Gewerbefreiheit ist erst 1868 eingeführt. Fabriken fehlen,
a) Mecklenburg-Schwerin. 242qm. 558,000®. 2300 auf l Qm.
Schwerin, Residenz, reizend am See gl. N. gelegen, 26,800 E. Wismar,
14.000 E. Vorzüglicher Hafen, ehemals Hansestadt. Rostock, 29,000 E., 3=»
nach Petersburg. Alte Hansestadt, Universität. Rostock besitzt die bedeutendste
Handelsflotte der deutschen Ostseehäfen. Blücher geb. 1742. Warnemünde,
der Hafen von Rostock. Export von Getreide und Samen, Butter und Vieh.
Westlich davon Doberan, das älteste deutsche Seebad (seit 1793). Güstrow,
11.000 E., gewerbsame Stadt, erster Wollmarkt des Landes.
d) Mecklenburg-Strelitz. 53 Qm. und 97,000 E. 1841 auf iqm.
Das Großherzogthum besteht aus 2 Theilen: Strelitz und Für-
stenthum Ratzeburg, jenes liegt südöstl., dieses nordwestl. von Meckl.-
Schwerin.
Neustrelitz, 8500 E., 1726 gegründet, regelmäßig gebaut. Neubran-
denburg, 7000 E., Wollmarkt. Im Fürstenthum Ratzeburg (ehemals Bis-
thum) ein Theil der Stadt Ratzeburg mit dem Dom. Siehe Lauenburg.
§ 104» 2. Die Hansestädte.
a) Freie Stadt Lübeck. 5 Qm. und 52,000 Einw. (1875-°
57.000 E.).
Lübeck, 44,500 E., ehemals das Haupt der Hansa, thurmreich, mit zahl-
reichen mittelalterlichen Ziegelsteingebäuden. Zwei Banken, 3^ nach Kopen-
hagen, Gothenburg, Riga, Stockholm, St. Petersburg. Die Rhederei ist un-
bedeutend. Handel mit Rußland. Finnland und Schweden. Jährlich laufen
gegen 2000 Schisse mit 300,000 Ton. ein. Travemünde ist der Vorhafen,
doch können auch die größten Seeschiffe seit einigen Jahren nach Lübeck ge-
langen.
d) Freie Stadt Hamburg. 7 Qm. u. 339,090 Einw. (1875:
386.000 E.).
Hamburg mit den Vorstädten 240,000 E., Freihafen, die erste Handels-
stadt auf dem Kontinent. Von der Alster durchstossen; in den älteren Theilen
an niederländische Bauart erinnernd, in dem Neubau (nach dem Brande 1812
errichtet) eine glänzende moderne Weltstadt. Bank seit 1619. Dampfschiffahrt
nach Holland. England, Schottland, Norwegen, Nordamerika, Brasilien. Rhe-
derei 409 Seeschiffe (37 Dampfer) mit 200,000 Ton. Die Einfuhr Hamburgs
war 1861 eben so groß als die von Skandinavien, Dänemark und Rußland
zusammen, war größer als die Hollands, halb so groß als die der Vereinigten
Staaten und gleich 1/6 der von England. Die Einfuhr hatte 1873 einen
Totalwerth von 2000 Millionen Reichsmark, davon direct seewärts 880 Mill.
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80
Das deutsche Reich.
bedeckt x/3 des Landes. Die Industrie ist namhaft: Glashütten, Porzel-
lanfabr, viele Eisenwerke, Sonneberger Holzwaaren (Nürnberger Spiel-
waaren) sind weit verbreitet; der Handel mit diesen Landeserzeugnissen
geht zumal nach Amerika.
Meiningen, Fl, 9000 E., Residenz. Hildburghausen, Fl, bis 1826
Residenz der jetzt in Altenburg regierenden Linie, 5000 Einw. Sonneberg,
6800 E., Schieferbrüche, Holzschnitzereien.
7 u. 8. Fürftenthümer Schwarzburg-Rudolstadt und
Sondershausen.
Die Fürftenthümer bestehen aus 2 Herrschaften, von denen die
obere am Thüringerwalde, die untere in der preußischen Provinz
Sachsen liegt. Jedes Fürstenthum hat an beiden Herrschaften Antheil.
Die östlichen Theile bilden Rudolstadt, die westlichen Sondershausen.
Bei ungleicher Theilung der Herrschaften liegt die Hauptstadt jedesmal
in dem größeren Gebiete. (Die beiden Städte am Gebirge endigen
auf —stadt, die auf der Hochebene auf —hausen.)
In der obern Herrschaft liefert der Bergbau Eisen, Blei; in der
untern Herrschaft treibt man Ackerbau. Der Waldbestand ist bedeu-
tend. Die Industrie überwiegt in der obern Herrschaft.
a) Schwarzburg-Rudolstadt, 17 Qm. und 75,500 E.
Rudolstadt, Fl, 7000 E., in der oberen Herrschaft. Frankenhausen,
5000 E., in der untern Herrschaft. Wollhandel. Kyffhäuser, Ruine.
L>) Schwarzburg-Sondershausen, 16 Qm. und 67,000 E.
Sondershausen, in reizender Lage am Zusammenfluß von Wipper
und Bebra, 6000 E., in oer untern Herrschaft. Bank. Arnstadt, 8600 E.,
in der obern Herrschaft, die älteste und bedeutendste Stadt im Schwarzburgi-
schen, mittelalterliche Architektur. Fabriken, Getreidehandel.
Süddeutsche Staaten.
§ 112. I. düto|ljcrjo0fljmu Hessen.
139 Qm. und 852,000 Einw. 6117 auf 1 Qm.
Das Großherzogthum besteht aus 2 Stücken, welche durch preuß.
Gebiet, die Umgebung von Frankfurt, von einander getrennt sind. Das
nördliche Stück, Oberhessen, ist fast ganz vom Vogelsgebirge erfüllt;
das südliche, vom Rhein durchströmt, bildet den nördlichsten Theil der
gesegneten oberrhein. Ebene. Die Bevölkerung ist im Rheinthal
doppelt so dicht als in Oberhessen am Vogelsgebirge. In 40 Jahren
sind 145,000 Menschen ausgewandert. 2/3 der Bevölkerung sind pro-
testantisch, kaum katholisch. Die Hälfte der Bewohner lebt vom
Ackerbau, die Hälfte von Industrie.
Die Produkte des Bergbaues sind Braunkohlen, Eisen, Kupfer,
Graphit, Kochsalz. Ackerbau. Die Hälfte des Bodens ist Ackerland;
ausgedehnter Obst- und Weinbau (Scharlachberger, Liebfrauenmilch,
Laubenheimer re.) findet in der Rheinebene statt, Waldwirthschaft und
Viehzucht besonders in Oberhessen.
Die Hauptsitze der lebhaften Industrie sind: Mainz, Offenbach
und Darmstadt. Die Erzeugnisse sind Papiermachewaaren, Bijouterien,
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Die Schweiz.
105
dagegen wird jährlich für fast 2^2 Mill. Fr. Butter eingeführt. Das
Vieh bleibt von Mitte Mai bis Mitte September auf den Bergweiden
(Alpen). Nur in dieser Zeit sind die Sennhütten (Gaden) von den
Sennen (Hirten) bewohnt. In Graubünden übersommern jährlich
40—50,000 bergamasker Schafe. Im Canton Tessin treibt man Bie-
nen- und Seidenzucht.
§ 154. Die Industrie ist sehr bedeutend, sie beschäftigt 1/3 des
Volks und liefert in Appenzell außer-Rhoden, St. Gallen und Zürich
Baumwollenwaaren (2 Mill. Feinspindeln) und Musselinstickereien;
in Zürich und Basel Seiden waaren, glatte Zeuge und Bänder; in
Bern Leinen und Damast; in Aargau (Dorf Wohlen), Baselland und
Luzern Stroh- und Roßhaargeflecht: in Genf und Neuenburg
Uhren und Juwelierarbeiten; Maschinenbau in Zürich, Schaffhau-
sen u. a.; im berner Oberlande Holzarbeiten. Für die deutsche
Schweiz zumal sind die Jndustriethäler und -Dörfer viel charakteristischer
als die Industriestädte.
Handel. Verhältnismäßig hat die Schweiz unter allen Staaten
des Festlandes den stärksten auswärtigen Handel, besonders groß ist der
Absatz nach Nordamerika, Brasilien und der Levante. Daher finden
sich schweizer Consuln in allen Welttheilen. Diese Resultate sind er-
zielt durch die Handels- und Zollfreiheit (seit 1849 keine Binnenzölle
mehr), durch die billige Administration und das Fehlen des stehenden
Heeres.
Die Einfuhr unifaßt an Verzehrungsstoffen: Vieh, Getreide
und Mehl, Wein, Butter und Colonialwaaren, ferner: Eisen, Baum-
wolle, Seide und daraus gefertigte Waaren. Die Ausfuhr umfaßt
Käse, Baumwollen- und Seidenwaaren, Strohgeflechte und Uhren.
Die Haupthandelsplätze sind Basel, Genf, Zürich.
Das Eisenbahnnetz breitet sich über die ganze Hochebene aus, über-
steigt aber nirgends die Alpen. 1873.: 1400 Kilom. Eisenbahnen,
5800 Kilom. Telegraphenlinien.
§ 155. Die 22 Cantone.
A. Südwestliche Gruppe, überwiegend französisch.
1. Bern: Bern, Ul., 36,000 E., Sitz der Bundesregierung. Bank,
Münze. Thun am See, Stapel des Oberlandes. Meiringen, im Haslithal.
Burgdorf, 5000 E., im reichen Emmenthal, Fabriken. Das Münsterthal
an der Birs im Jura nördl. vom Weißenstein. Jnterlaken zwischen 2 Seen
inmitten des berner Oberlandes.
2. Wallis: Oberwallis mit den Städten Brieg und Leuk ist deutsch,
llnterwallis mit Sion (Sitten), 5000 E., Martigny (Martinach) und
St. Maurice hat französ. redende Bewohner.
3. Waadtland: Bex, Salzwerk im Rhonethal. Montreux am Ostufer
des Genfersees, klimat. Kurort. Vevey (Vivis), 8000 E., eine der lieblichsten
Schweizerstädte. Lausanne, 27,000 E., herrliche Lage nahe am See. Morges,
(Morsee), lebhafter Handelsplatz am See. Val Orbe, Dorf im Jura, Uhren-
fabrik.
4. Genf: Genf, 47,000 E., mit den Vororten 67,000 E., Universität, die
reichste Stadt der Schweiz, großstädtisches Leben. 3 Banken, bedeutende In-
dustrie in Uhren und Goldarbeiten.
5. Freiburg: Gruyere, Ul., Käsefabr. Freiburg im Uechtlande,
11,000 E. Murten am See gl. N., X 1476.
6. Neuenburg: (Keueimtsl): Neuenburg, 13,000 E. La Chaux de
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116
Königreich Belgien.
Stadt ihre eminente Bedeutung als Handelsemporium und Vermittlungspunkt
zw. N. u. S. Festung ersten Ranges. Hier erfand Jacquard (geh. zu Lyon
1752) im Jahre 1802 eine mechanische Vorrichtung zur Kunstweberei, die Jac-
quardmaschine, nebst der Erfindung der Schnellschützc das wichtigste und nütz-
lichste, was die gesamte Webekunst seit den ältesten Zeiten gefördert hat. Lyon
liefert mehr als die Hälfte aller französischen Seidenwaaren. t40,000 Arbeiter.
Fabrication von Seidenwaaren aller Art, im Werthe von 375 Mill. Frc.
Schals, Galanterie- und Modewaaren, Hüte. Handel mit roher Seide, Wein,
Korn. Bank von Lyon, 4 bedeutende Messen. Lyon ist der industrielle Mittel-
punkt von Südfrankreich. Kohlen von der Loire, Eisen und Blei der Cevennen,
Früchte der Provence, Wein von Burgund, Wolle und Seide aus dem Rhone-
thale kommen hier in Handel. Rive de Gier, 13,000 E., sehr bedeutende
Steinkohlenlager. St. Eticmrc, 86,000 E. in der Stadt, 111,000 E. in der
Gemeinde, großartige Industrie, Seidenband- und Sammetfabriken, Wasfen-
sabrik (Gewehre), Quincaillerie, Eisenwaaren.
33. Herzogthum Burgund (Dép. Côte A’or, Yonne, Sáone et Loire,
Ain). Chalon-sur-Saône, 20,000 E.. Handel. Le Creusot, 21,000 E.,
sehr bedeutende Fabrikstadt, westlich vom Canal du centre, südlich von Au tun,
(Augustodunum), 10,000 E., mit vielen römischen Alterthümern. Beaune,
11,000 E., an der Còte d'or, Weinbau und Handel. Dijon, 40,000 Einw.,
bedeutender Handel. Auxerre, Fl„ 15,000 E., Handel, Weinbau.
34, Fr e i g r afs ch aft B il r g und (Oberburgund) oder Fr anche-Comté
(Dép. Doubs, Jura, Haute-Saône). Besancon, Fl., 40,000 E., sehr starke
Festung; Uhren,,seidene Strümpfe. Montbéliard (Mömpelgard), 6000 E.,
Fabriken. Belfort, Festung. 8000 E. Belageriing 1670, Schlacht 1871.
§ 171. 3^5. Insel Corsica (Dép. Corse). 160 Qm., 250,000 iteti. E.,
Korsen. Das dichtbewaldete Corsica lieferte bereits den Carthagern und
Genuesen vorzügliches Schiffsbauholz. Produkte: Wein, Oel, Kastanien; auch
Baumwolle und Jitdigo. Das Gebirge erhebt sich in Monte Rotondo 2600 m.,
9/10 des Landes sind unbebaut. Eisenbahnen fehlen. Bastia, 17,000 Einw,
Handel und Fabrication von Oel. Seife und Wachs. Ajaccio, 16,000 E.,
befestigter Hasen, Handel mit Oel und Wein Napoleon 1. geboren.
Zur Orientirung gruppire man die Städte nach den Flüssen.
§ 172. I. Kolonien. Afrika: Algerien, 12,000 Qm., fast 2%
Mill. Einw. — Senegambien, Kolonie am Ogowe, Insel Réunion. St. Marie
(Madagascar), Mayotte und Dependenzen. Afrikan. Besitz ohne Algier 4600
Qm. 440,000 Einw. Asien: Indien ; Pondichéry, Karikal, Ianaon, Mahé,
Chandernagor). Conchinchina (Saïgong), Asiatische Besitzungen: 1000 Qm.,
Fyg Mill. Einw. Amerika: Martinique, Guadeloupe und Depeitdenzen, Gua-
yana, St. Pierre und Miqueloir bei Neufundland. Amerikanische Besitzungen:
1700 Qm., 345,000 E. Océanien: Loyalitäts-Inseln, Neucalcdoitien, Mar-
quesas-J., 376 Qm., 63,000 E, Gesamtsumme der Kolonien mit Algerien ca.
17,500 Qm. mit 53/4 Mill. E.
Ii. Schul; stuntett. Königreich Kambodja xit Hiilterindien und mehre In-
selgruppen in Australien (Taiti, Pauinotu u. a.).
535 Qm. u. 51/, Mill. Einw. (1870.) 9500 Einw. auf 1 Qm.
Belgien, ehemals einen Hanpttheil der spanischen Niederlande
bildend, ist der jüngste monarchische Staat Europas, welcher erst 1830
von Holland getrennt mtd selbständig geivorden ist. Belgien ist vor-
herrschend Industriestaat, und liegt, von Holland, Deutschland und
Frankreich begrenzt, auf der Grenze des romanischen und germanischen
Elements, neigt aber in seiner Kultur entschieden zum romanischen,
französischen Wesen.
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Königreich Belgien.
119
soviele Schiffe mit einer Gesamtladung von 3 Mill. Tonnen. Den
Binnenhandel vermittelt das vollständigste Netz von Eisenbahnen,
(1874: 3370 Kilometer), Canälen und Straßen in ganz Europa. Die
Länge der Telegraphenlinien beträgt 4400 Kilom. Die bedeutendsten
Handelsplätze sind Brüssel, Gent, Brügge, Lüttich. Seeplätze: Ant-
werpen und Ostende.
§ 177* 9 Provinzen.
1. Süd-Brabant. Brüssel (Bruxelles), 14., 171,000 E. in der inneren
Stadt; mit den 8 angrenzenden Gemeinden 314,000 E. Brüssel, die natür-
liche Hauptstadt des Landes, liegt an der Grenze der beiden Stämme und
Sprachen. Die Unterstadt, mit bürgerlichem Verkehr und Handel, ist in Sitte
und Sprache vlaamisch. Die Oberstadt, der Sitz der Regierung und der höheren
Stände, trägt französischen Charakter. Am Marktplatz, dem Mittelpunkte der
Stadt, liegen das gothische Rathhaus, die alten malerischen Zunfthäuser, das
Kornmagazin (Egmont u. Hoorn). Watestloo, X 1815. Löwen (Leuven,
Louvain), Fl, 34,000 E., im 14. Jahrhundet mit 200,000 E. und 4000 Tuch-
manufakturen.
2. Antwerpen. Mecheln, Fl., 36,000 Einw., Knotenpunkt der Eisen-
bahnen. Antwerpen (Anvers), Fl., 127,000 E., erster Seehafen, mit ganz
vlaamischer Bevölkerung. 1874 sind 4500 Schiffe (2 Mill. Ton.) eingelaufen.
Haupteinfuhrartikel: Kaffee und Petroleum, Oelsamen, Häute, Wolle. Gene-
raldepot der London-Liebigs-Fleischextrakt-Compagnie. — Zuckerraffinerien,
Branntweinbrennereien, Schiffswerft. Antwerpen trieb schon im 11. Jahrh.
Häringsfang; seine Hauptblüte fällt ins 14—16 Jahrhundert. — Osterlings-
haus, das alte Lagerhaus der Hansa. Die Stadt des Rubens mit berühmter
gothischer Kathedrale. Jetzt ist es der Hauptwaffenplatz des Landes. Im No.
die Campine.
3. Oftflandern. Der Hauptsitz der Leinen-Industrie liegt im Waeslande,
Audenaarde, Fl., 8000 C., sehr bedeut. Lederfabr. Gent (Gand), am Zu-
sammenfluß von Schelde und Lys, ähnlich wie Namur an Maas u. Sambre;
121.000 E., sehr bedeutender Handel. Bank von Flandern, Baumwoll- und
Flachsspinnereien und Webereien, Brauereien. Berühmte Blumenkultur in
400 Treibhäusern. Schiffswerft. Im 14. Jahrhundert zählte die Stadt
40.000 Wollenweber, im 15. Jahrh. war sie die volkreichste Stadt Europas.
In ihrer Bauart erscheint die Stadt alterthümlicher als Antwerpen. Neues
Aufblühen der Stadt seit der Einführung der Bauwoll-Jndustrie im I. 1803.
4. Westflandern. Brügge (Bruges), 47,600 E. Im 13. Jahrhundert
Stapelplatz für die Hansa, im 14. Jahrhundert Mittelpunkt des Welthandels,
seit Antwerpens Aufblühen gesunken. Schiffswerften, zahlreiche Fabr. (Hafen
Sluis holländ.). Ostende, 17,000 E., einziger bedeutender Hafen an der
See, nach London in 10 Stunden, nach Dover in 4—5 Stunden. Der
Gesamthandel repräsentirte 8 Mill. Thlr. Bedeutende Fischereien, Austern-
bänke. Seebad. Courtray (Kortryk), Fl., 23,000 E., bedeutende Fabriken.
5. Hennegau (le Hainaut). Tournay (Doornik), Fl, 31,000 E., sehr
bedeutende Fabriken, besonders in Teppichen. Mon s (Bergen), 23,000 Einw.,
großartiger Steinkohlenbergbau. Charleroy, Fl, 12,000 Einw., mit sehr
gewerbreicher Umgebung.
6. Namur. Namur (Namen), Fl, 23,000 E., Messerschmiede.
7. Luxemburg liefert Holz und Eisen. Bouillon, von der Semoy
umflossen, Stammhaus Gottfrieds von B.
8. Lüttich (bis 1794 deutsches Bisthum). Spaa, 5000 E., im vorigen
Jahrhundert das besuchteste Bad in Europa, Holzwaaren. Bcrviers, im
industriellen Vesdrethal, 32,000 E., Fabr. feiner Tuche. Lüttich (Luik, Liège),
Fl, 106,000 E., besteht aus einer Berg- u. Thalftadt mit schöner Umgebung,
weltberühmte Waffen, besond. Schußwaffen, Maschinen, Leder, Sattlerarbeiten,
Tuch. Seraing, 25,000e., Dorf mit großartiger Maschinenfabrik, von John
Cockeril (-j- 1840) angelegt und zahlreiche andere Fabr. in sehr schöner Lage
am Fl. Herstal bei Lüttich. (Pippin von Heriftal).
1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Niederlande.
121
Utrecht u. Geldern, ^ Mill. Friesen in Friesland, Groningen, Drenthe
und Oberyssel, etwa 400,000 Flamänder in Nordbrabant u. Limburg.
50,000 Niederdeutsche in Limburg. Die Städte, prosaischer und ein-
förmiger als die belgischen, sind meist sehr regelmäßig gebaut und rein-
lich gehalten. Die Straßen sind vielfach von Canälen (Grachten) durch-
schnitten und diese mit Bäumen eingefaßt — Es herrscht volle Re-
ligionsfreiheit; 21/ö Mill. Protestanten wohnen meist nördlich vom
Rhein, H/3 Mill. Katholiken, besonders im Süden; 70,000 Juden,
vorzüglich in N.- und S.-Holland. — Die erbliche Monarchie ist ein-
geschränkt durch die Generalstaaten (2 Kammern); Luxemburg hat
eigene Verfassung und Verwaltung. — 3 Universitäten sind zu Leyden,
Utrecht und Groningen.
§ 180, Unter den mineralischen Produkten sind außer Pfeifen-
thon und Torf zu nennen, etwas Kohlen in Limburg und Eisen in
Geldern und Oberyssel.
Für den Ackerbau ist das feuchte, niedrige Land im allgemeinen
weniger geeignet als für die Viehzucht. Die besten Weiden hat Fries-
land und Holland. Doch gedeiht Weizen in Seeland und Limburg,
Buchweizen am meisten in Brabant, allein man muß noch Getreide
einführen; berühmte Blumenzucht treibt Harlem und Amsterdam; Flachs
und Hans baut man in Holland und Seeland, außerdem Tabak, Krapp,
Karden, Senf und Hopsen. Es gibt wenig Wald.
Die Viehzucht, namentlich Rindviehzucht, ist in Friesland und
Holland vorzüglich und überwiegt in Folge der Naturverhältnisse den
Ackerbau. Käse besonders aus Edam und Alkmaar. Die Seefischerei,
namentlich auf Häringe, beschäftigt 1300 Boote und bringt einen Er-
trag von 3 Mill. Thlr. Seit dem 14. Jahrhundert ist durch Beukel
(spr. Bökel) das Einsalzen, „Pökeln" der Häringe eingeführt. Die
früher berühmte Walfischerei hat nachgelassen.
Industrie. Während Belgien Fabrikland ist, hat Holland, durch
seine Lage begünstigt, stets den Handel bevorzugt; daher ist der Schiff-
bau auf 600 bis 700 Werften sehr beträchtlich. Dazu Helsen viele
Sagemühlen, Repschlägereien (Seilereien) und Segeltuchfabriken. Die
Mittelpunkte der Industrie sind die großen Städte der beiden Hollande,
Utrecht und Tilburg. Leinen- und Baumwollenfabr. (230,000
Feinspindeln) besonders in Oberyssel (Enschede); berühmte Bleichen in
Haarlem. Die Papierfabriken liefern vortrefflliches Papier. Ziegeleien
bestehen an der Waal und Assel. Thonpseifen macht man in Gouda;
zahlreiche Oelmühlen, Tabaksfabriken sind besonders in Amster-
dam. Die meisten Geneverbrennereien gibts in Schiedam. Die Woll-
Manufactur ist in Tilburg am bedeutendsten, dann in Leyden und Utrecht.
Teppiche liefert Deventer, Zuckerraffinerien arbeiten in Amsterdam
und Rotterdamm, Leder kommt in besonderer Güte aus Mastricht und
Amsterdam. Lederschuhe werden ausgeführt von Nordbrabant, Gel-
dern, Friesland und Groningen; berühmte Diamantschleifereien
bestehen in Amsterdam. — Die Holländer sind die besten Mühlenbauer
und Stellmacher.
§ 181, Handel, Im 17. Jahrhundert hatten die Holländer
1876 -
Dresden
: Schönfeld
- Autor: Ruge, Sophus
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
122
Niederlande.
die erste See- und Handelsmacht in Europa. Sie waren die Fracht-
Fuhrleute der ganzen Welt. Im Jahre 1650 verhielt sich der nieder-
ländische Handel zum englischen wie 5:1, 1750 wie 6:7, 1792 wie
2:5 und jetzt wie 1:7. Doch erstrecken sich die Handelsbeziehungen
noch über die ganze Erde. 1872 betrug die Einfuhr zum Verbrauch
610 Mill. Fl., die Ausfuhr einheimischer Produkte 485 Mill. Fl.
Eingeführt werden Getreide, Manufakturen und Colonialwaaren nament-
lich aus den ostindischen Besitzungen (diese werden zum Theil wieder
ausgeführt), daneben Bauholz, Steinkohlen, Wein, Salz u. a. Aus-
geführt werden außer den Colonialwaaren Schlachtvieh, Butter, Käse
u. a. Der Hauptverkehr besteht mit England, Deutschland, Java und
den anderen Kolonien, ferner mit Belgien und Frankreich.
Schifffahrtsbewegung. 1873 sind eingelaufen von der See:
8400 belastete Schiffe, fast 3 Mill. Tonnen; ausgelaufen 4500 Schiffe,
dazu 24, bis 25,000 Flußschiffe mit 2 Mill. Tonnen. Die Handels-
inarine zählte 1874: 1800 Schiffe, 500,000 Tonnen. Die beiden
wichtigsten See-Handelshäfen sind Rotterdam und Amsterdam,
danach Schiedam, Harlingen, Helder, Dordrecht, Delfzyl (spr. Delfseil)
und Groningen. Den Handel in Colonialwaaren nach Deutschland und
Belgien besorgen Amsterdam und Rotterdam, den Transport von
Schlachtvieh, Butter, Gemüse und Früchten die Städte Rotterdam
und Harlingen. Amsterdam beherrscht den Korn- und Holzhandel von
der Ostsee her, Rotterdam den Verkehr mit England und Nordamerika.
Den sehr belebten Binnenhandel befördert ein staunenswerthes Retz
von Canälen, die fast jedes Dorf berühren. Der bedeutendste Canal
ist der nordholländische vom Helder bis vor Amsterdam, 139 m. breit,
durch den die Seeschiffe nach Amsterdam gehen. Im Bau ist ein Canal
zur directen westlichen Verbindung Amsterdams mit der See- und
Trockenlegung des P. Holland hat einen der 5 größten Kaffeemürkte*)
der Erde durch die Auctionen der niederländischen Handelsgesellschaft
(maatschappij). 1874: 1600 Kilom. Eisenbahnen, 3300 Kilom. Tele-
graphen.
H. 182. 11 Provinzen ohne Luxemburg.
1. Nordholland. Amsterdam, an der Amstel und dem P, auf 90 In-
seln mit 250 Brücken, 256,000 E. Mehr als hundert 4' tiefe Canäle durchziehen
alle Straßen, ausgenommen die Kalverstraat, den Sitz der reichsten Kaufleute.
Dadurch entstehen 90 Inseln. Die Häuser stehen auf eingerammten Pfählen,
welche durch eine Torfschicht von 10 bis 15 in. hindurchgetrieben, auf festem
Sandboden ruhen. Amsterdam ist im Weltverkehr von Rotterdam überflügelt,
welches von Natur günstiger gelegen ist; aber im Verkehr mit den Kolonien
behauptet es nach den ersteu Platz. nach den Hauptseestädten Europas.
1872 eingelaufen: 1400 Schiffe., 470,000 Tonnen; ausgelaufen ebensoviel.
Welthandel. Mehre große Docks. Bank der Niederlande, 1814 gegründet;
Niederländische Handelsgesellschaft, 1824 gegründet, mit regelmäßigen Auctionen
von Colonialwaaren zu Amsterdam und Middelburg. Haarlem, 37,000 E.,
eine der saubersten holl. Städte. Leinenbleichen, Blumenzucht. Zaandam.
12,000 E., am 2)., mit hunderten von Windmühlen. Ed am am Zuider-Zee,
5000 E., und Alkmaar am nordholl. Canal. 9000 E., Käsehandel. Helder,
und Nieuwe Diep, 18,000 E., Häfen am Eingänge des nordholländischen
Canals.
') Die übrigen sind: London, Hamburg, Havre, Antwerpen.