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5) Die P u rpurfarbe. Ein phönizischer Schäfer hatte einen Hund,
welcher oft an's Meer lief und dort Purpurschnecken fraß. Davon bekam er
ein rothes Maul. Sein Herr wischte ihn mit Wolle ab und bemerkte, daß diese
schön roth, nicht garstig blutroth gefärbt wurde; er ging dem Hunde nach und
die kostbare Purpurfarbe war entdeckt. Seht Kinder, das sind die wichtigsten
Erfindungen der Phönizier. Sie kamen weit in der Welt herum und darum
lernten sie auch Vieles; die immer zu Hause hinter dem Ofen sitzen, lernen
in der Regel wenig. Alles, was die Phönizier arbeiteten, war so sauber und
nett, daß man's gern kaufte, und phönizische Arbeiten waren damals eben so
gesucht und geschätzt wie jetzt die englischen. Darum ließ auch der König
Salomo den prachtvollen Tempel zu Jerusalem von diesen seinen geschickten
Nachbarsleuten erbauen und gab ihnen Geld und Getreide dafür. Aber bei
all' dem Reichthum und bei aller Geschicklichkeit waren sie doch ein gottloses
Volk. „Der Mensch kann lügen oder trügen wie ein Tyrer! sagte man im
Sprüchwort von einem Lügner oder Betrüger. Was konnte es ihnen helfen,
daß sie dem wahren Gott einen Tempel bauten, da sie selbst bei dem Dienste
der eingebildeten Götzen verblieben? — Die beiden Hauptstädte der Phönizier-
nahmen ein Ende mit Schrecken. Sidon wurde von Nebukadnezar zerstört,
und Tyrus dreihundert Jahre später von Alexander dem Großen. Die rei-
chen Kaufleute wurden todtgeschlagen und gekreuzigt oder verkauft, und statt
der schönen Städte, die nachher wieder aufgebaut wurden und eine Zeit lang
blühetcn, sieht man jetzt nur elende Schutthaufen und dazwischen hie und da
eine jämmerliche Hütte, von ärmlichen, unheimlichen Menschen bewohnt.
367. Jugendgeschichte des Cyrus.
(598 v. Chr.)
Dem Astyages, König von Medien, träumte einmal, seine
Tochter M and ane gösse so viel Master auf die Erde, daß ganz
Asien davon überschwemmt würde. Er legte seinen Traumdeutern, die
man hier wie in Aegypten sehr hoch schätzte, den Traum vor, und
sie deuteten ihn so: es solle von Mandanen einst ein Sohn geboren
werden, der ganz Asien beherrschen werde. Astyages erschrak darüber
so sehr, daß er seine Tochter nach der kleinen, unbedeutenden Land-
schaft Persis schickte und sie dort an einen Perser von guter Geburt
verheirathete. Sie gebar einen Sohn, den sie Eyrus nannte. Kaum
hatte der König dies erfahren, so ließ er das Kind vor sich bringen
und gab es einem seiner Hofleute, Harpagus, mit dem Befehle, es
zu tödten. Der Mann hatte Mitleiden mit dem Kinde; anstatt es zu
tödten, gab er es einem Hirten, damit dieser es irgend wohin in einen
Wald lege und es da seinem Schicksale überlaste. Der Hirt brachte
es seiner Frau. Diese hatte gerade ihr Kind verloren und nahm
mitleidig den kleinen Knaben als ihr eigenes Kind auf. Cyrus wuchs
heran und wurde schön und stark. An einem Tage, als er mit an-
dern Kindern spielte, wählten ihn diese zu ihrem Könige. Eines von
den Kindern wollten ihm nicht gehorchen, und Cyrus, als König, ließ
ihm Schläge geben. Der Knabe lief zu seinem Vater, und dieser, ein
vornehmer Mann, forderte vom Könige, daß der Hirtenknabe bestraft
werde. Der König ließ ihn kommen. Cyrus stand unerschrocken vor
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ihm und sagte mit Freimüthigkeit, er sei von den Knaben im Spiele
zum Könige erwählt worden und habe sich seines Rechtes bedient. Der
Muth des Knaben, sein Stolz und einige Züge, die den Astyages an
seine Tochter erinnerten, machten den König aufmerksam. Er erkun-
digte sich bei dem Hirten; der gestand Alles. Doch hatte Astyages
den Knaben lieb gewonnen und schickte ihn seiner Tochter nach Persien;
an Harpagus aber, welcher den Befehl, das Kind zu tobten, nicht
vollzogen hatte, nahm er eine blutige Rache.
Den Astyages beruhigten indeß die Traumdeuter durch die Er-
klärung, sein Traum sei dadurch erfüllt, daß Cyrus von den Knaben
zum Könige erwählt worden sei; und nach einigen Jahren ließ der
Großvater ihn mit der Mandane nach Medien kommen. Der junge
Cyrus, in der strengen, kriegerischen Lebensweise der Perser auferzogen,
konnte sich des Lachens kaum enthalten, als er an dem Hose des
Astyages Alles so weibisch geputzt sah. Astyages saß auf einem präch-
tigen Throne; seine Backen, Lippen und Stirne waren bemalt, Augen-
braunen und Haare gefärbt; er hatte goldene Ketten um den Hals
und Armbänder an den Händen. Cyrus sprang, wie er in das
Zimmer trat, auf den geputzten Alten zu, fiel ihm um den Hals und
rief: „O, was ich für einen schönen Großvater habe!" Seine Mutter
fragte ihn lächelnd, ob er denn schöner wäre, als sein Vater. „Unter
den Persern," antwortete Cyrus, „ist mein Vater der schönste; aber
unter den Medern habe ich keinen gesehen, der so schön wäre, wie
mein Großvater." — Dem Alten gefiel die Antwort. Er beschenkte
den Knaben reichlich, und bei Tische mußte Cyrus immer neben ihm
sitzen. Dem Cyrus, der an die Mäßigkeit der Perser gewöhnt war,
dünkte es sonderbar, daß man so vielerlei Speisen auftrug. Er sah
lange zu; endlich sagte er zu dem alten Könige; „Aber, lieber Groß-
vater, du hast doch schrecklich viel Mühe, satt zu werden, wenn du
von dem Allen essen mußt." Astyages lachte und sprach: „Glaubst
du denn, daß dieß hier nicht viel bester sei, als eure persische Mahl-
zeiten?" „Ich weiß nicht," antwortete Cyrus, „aber wir werden viel
geschwinder und leichter satt, als ihr. Uns ist Fleisch und Brot ge-
nug, um satt zu werden; ihr aber, ach, was braucht ihr für Arbeiten
und Umschweife, bis ihr so weit kommt." — Mit Erlaubniß des
Alten vertheilte er darauf von den Speisen unter die Diener; nur
dem Mundschenken, Sakas gab er Nichts. Der König, welcher
den Sakas liebte, fragte den Cyrus im Scherz: „Warum gibst du
denn diesem Nichts, den ich doch so lieb habe?" — „Und warum
hast du ihn lieb?" fragte Cyrus. „Siehst du nicht," antwortete der
König, „wie schön er den Wein eingießt und kostet und mir zureicht? —
„O," rief Cyrus, „das kann ich so gut als er und noch bester; denn
ich will dir den Becher nicht halb austrinken, wie er." Darauf nahm
er den Becher, goß aus der Schale Wein und reichte ihn dem Könige
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