191
Inseln beträgt 19 Millionen. Man theilt Italien in Oben,
Mittel- und Uuteritalien ein. In Oberitalien ist Mailand,
mit 130,600 Einwohnern, die Hauptstadt von denjenigen
italienischen Staaten, die zu dem österreichischen Kaiserthum
gehören.
Turin ist die Hauptstadt von denjenigen Antheilen, die
dem Könige von Sardinien in Italien angehören; ste ist zu»
gleich die Residenz deö Königreichs von Sardinien und zählt
76,660 Einwohner.
In Mittelitalien ist Rom die Hauptstadt des päbstlichen
Gebiets mir 106,666 Einwohnern und 360 Kirchen.
In Unteritalien ist Neapel die Hauptstadt und Residenz
des Königs gleichen Namens, mit 346,600 Einwohnern.
Sie ist fast die schönste Stadt von Europa. In diesem
Königreiche liegen zwei feuerspeiende Berge, der Vesuv und
der Aetna.
Die Republik Schweiz oder Helvetien,
ein kleines, bergiges Land, gränzt gegen Mitternacht und
gegen Morgen an Teutschland, gegen Mittag an Italien,
und gegen Abend an Frankreich. Dieses Land besteht aus
zwei und zwanzig Kantonen. Die merkwürdigsten Städte
sind: Bern mit 13,666 Einwohnern; Zürch mir 10.060
Einwohnern; Basel mit 15,000 Einwohnern; Genf mit
20,606 Einwohnern. In der Schwei; findet man viele Fa»
bnken. An Getreide und Salz ist Mangel. Dieses Land
har schöne Alpen.
Das Königreich der Niederlande,
gränzt gegen Morgen an Teutschland, gegen Mittag an
Frankreich, gegen Abend und Mitternacht an das Meer und
zwar an die Nordsee. Dieses Land hat schönes Rindvieh,
Obst, W4n, Getreide, Eisen, Blei, Kupfer und Marmor rc.
Brüssel ist die Haupt- und Residenzstadt des König-
reichs mit 70,000 Einwohnern. Amsterdam ist aber die
größte Stadt, die am Meer liegt und 200,000 Einwoh-
yer zählt.
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Italien Oberitalien Mailand Sardinien Italien Sardinien Mittelitalien Rom Unteritalien Neapel Europa Helvetien Teutschland Italien Frankreich Basel Niederlande Frankreich Nordsee Amsterdam
263
alle recht gesund und mir gut. Der Vetter, die Base und ich
grüßen Euch herzlich.
Söflingen, den-----------
Euer
Sohn Karl.
Brief an seinen Lehrer.
Viclgechrtcr Herr Lehrer!
Nock nie habe ich gefühlt, wie gerneich zur Schule gehe und
um Sie bin. Ihre Gegenwart war mir zwar immer ein wahres
Vergnügen, allein jetzt erst fühle ich recht, was mir dieselbe war.
Dürfte ich noch in die Schule gehen, wie glücklich würde ich
seyn! Konnte ich es Ihren Schülern einprägen, was ick fühle,
o es würde keiner aus ihnen Sie je mehr beleidigen! Sie würden
vollkommen glücklich im Kreise Ihrer Jugend seyn. Verzeihen
Sic auch mir, wo ich Sic erzürnt habe! der Himmel möge Sie
belohnen für Alles, was Sie an mir gethan haben, und Sie noch
recht lange gesund erhalten? Leben Sie wohl!
Rosenfcld, den-----------
Ihr
dankbarer Schüler
Adolph Wirth.
Brief an seinen Seelsorger.
Hochwürdiger Herr Pfarrer!
Mit unbeschreiblicher Freude habe ich durch meine Eltern er-
fahren, daß Sie ihre dürftige Lage erleichtert und ihre Noth
durch mehrere Scheffel Früchten gelindert hätten. O wie glücklich
macht mich diese Nachricht. Wäre ich doch im Stande, es Ih-
nen zu vergelten, wie gerne würde ich es thun! Der All-
vergeltende Vater im Himmel gebe Ihnen tausendfach, was
Sie an meinen armen, alten Eltern thun. Verlassen Sie die-
selben nicht in ihrer trostlosen Lage, ich bitte Sic inständig dar-
um , denn ich bin nicht im Stande, bloß durch meinen Verdienst
sie nach Erfordernis zu unterstützen; und sie sind alt und schwach
und können nichts mehr verdienen. Verlassen Sie uns nicht,
wir haben sonst Niemand der uns hilft.
Mich ihrem fernern Wohlwollen empfehlend, grüße ich Sie
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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— 262 —
wendigsten sind: Briefe, Konto, Quittungen, Schuldscheine,
Neversscheine u. s. w.
Zu einem guten Aufsatz wird erfordert, daß derselbe 1) le-
serlich, 2) orthographisch oder rechtgeschrieben und 3) sprach-
richtig, 4) deutlich, 5) vollständig, 6) kurz, 7) bestimmt
seye. Auch soll das zu Sagende so vorgetragen werden, daß es
das Wohlgefallen des Lesenden errege, oder doch wenigstens
keine Veranlassung zum Mißfallen darbiete, und 8) die übliche
äußere Form haben.
Beifpielevon Aufsätzen.
Brief an einen Kameraden.
Lieber Johann!
Bei meinem Vetter geht mir's recht gut. Er will mich im-
mer bei steh behalten; auch wenn ich aus der Sckule entlassen
bin. Weil er das Schreiben nicht gelernt hat, so muß ich ihm
Alles schreiben, was er schriftlich zu besorgen hat. Gestern habe
ich eine Rechnung gemacht und dafür hat er mir ein Geldstück
geschenkt. Zch bin ftoh, daß wir reckt lernen müssen. Der
Herr Lehrer meint cs gewiß nicht bos, wenn er auch mit den
Nichtskönnern zankt.
Mein Vetter leidet es nickt, daß ich eine Schule versäume
und der Herr Lehrer kommt oft zu uns.
Bleibe gesund! es grüßt Dich Dein Freund
Sulmingen, den---------
Wilhem.
Brief ein seine Eltern.
Theure Eltern!
Gegenwärtige Gelegenheit gibt mir Veranlassung, Euch zu
melden, daß ich letzten Sonntag glücklich, aber sehr spät und
ganz ermüdet nach Hause kam. Mein Vetter zankte mich, daß
ich so unvorstchtig sey und mich so spät auf einen so ungereimten
Weg mache und in die Nackt einlasse. Er beruhigte stck aber,
da ich ihm sagte, daß der Vater mich bis nach B. — begleitet
habe. Die Base ist schon ein Paar Tage unwohl, doch ohne
alle Gefahr. Zch mangle mein Sacktuch; habe ich es etwa bei
Euck liegen lassen, so schicket es mir gclegcnheitlich. Bleibt
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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-- tí>Áá —
Innerlich verehren wir Gott:
s) Wenn wir uns anständige und würdige Begriffe von
Gott machen und wenn wir uns seine Vollkommenheit
öfters auf die rechte Art vorstellen.
b) Wenn wir nach diesen Vorstellungen von den Voll-
konunenheiten Gottes unsere Gesinnungen einrichten.
c) Wenn wir an Gott eine Freude haben, und mit seinen
Einrichtungen höchst zufrieden sind: Wenn wir das
ti)tm, so heiligen wir seinen Namen.
Aeußerlich verehren wir Gott:
g) Wenn wir das Guts, das wir von Gott wissen, mit
Worten ausdrücken, oder wenn wir Gort loben und
preisen; ferner, wenn wir unsere innerliche Hochachtung
gegen Gott vor andern Menschen durch Zeichen zu ver-
stehen geben und durch ein ehrerbietiges Betragen an
den Tag legen.
b) Wenn wir die Gebote Gottes genau halten, und
wenn wir uns immer bestreben, das pünktlich zu vollzie-
hen, was wir glauben, daß es ihm vorzüglich gefallen
könne, wenn wir durch all unsere Handlungen bewei-
sen, daß wir Gott für unsern höchsten Herrn und Re-
genten erkennen und seine Gebote für gerecht und gut
halten.
c) Wenn wir an den Vollkommenheiten Gottes ein herz-
liches Wohlgefallen haben und uns bemühen, diese nach-
zuahmen; wenn wir uns bestreben, heilig, wahrhaftig,
gütig, barmherzig — überhaupt vollkommen zu wer-
den, wie der Vater im Himmel vollkommen ist. Dies
ist die beste Art der äußerlichen Gottesverehrung:
'Durch Nachahmung Gottes.
Bon den Pflichten gegen den Neben-
menschen.
Nach der Lehre Jesu sind alle Menschen — Kinder
eines und des nämlichen Vaters im Himmel, und folglich
alle unter einander Brüder und Schwestern. Sie sind alle
Glieder einer großen Familie, deren gemeinschaftlicher Vater
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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108
ses Fest am 25. März, als dem Jahrestag, an welchem
Maria zur Würde einer Mutter des Welterlösers erhoben
wurde, mit vorzüglicher Andacht. Maria lebte still und um
bemerkt von der Welt, zu Nazareth, einem kleinen verach-
teten Skädtleiu in Galiläa. Sie war an einen armen aber
rechtschaffenen frommen Mann vom Hause Davids verlobt,
der Joseph hieß. Maria war einsamm in frommen Betrach-
tungen und Gebeten in ihrer Kammer verschlossen, da trat
der Erzengel Gabriel zu ihr und sprach: Sey gegrüßt du
Gnadenvolle! Der Herr ist mit dir! Du bist die Gesegnetste
unter den Weibern. Maria erschrak über diese Anrede und
die englische Gestalt. Der Engel sprach: Fürchte dich nicht,
Maria, denn du hast Gnade gefunden vor Gott. Siehe!
du wirst die Mutter des Sohnes Gottes werden, dem sollst
du den Namen Jesus geben. Dieser wird groß, ja der
Sohn des Allerhöchsten seyn rc. Mit jungfräulichem Er-
rörhen sprach Maria zu dein Engel: wie kann das seyn?
Ich weiß ja nichts von einem Manne? Der Engel ant^
wortete: Der heilige Geist wird über dich kommen und die
Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten, darum wird
auch dein heiliges Kind Schn Gotteö genannt werden.
Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd deö Herrn, mir
geschehe nach deinem Worte! Und der Engel verließ sie.
Dreimale des Tages erinnert uns die Kirche an diese
Begebenheit dmch das Gebetlauten.
Mariä Empfängniß.
An diesem Feste, welches den 8. Dezember gefeiert wird,
begeht die Kirche mit besonderer Feierlichkeit die glückliche
Empfängnis der allerseligsten Jungfrau Maria, welche von
Ewigkeit her, zu einer Tochter deö himmlischen Vaters,
zu einer Braut des heiligen Geistes, zu einer Mutter des
göttlichen Welterlösers bestimmt war. Zum Eingang der
Messe singt die Kirche: Sey gegrüßt, du heilige Gebä-
rerin! die du als eine glückliche Mutter den König geboren
hast, welcher Himmel und Erde von Ewigkeit zu Ewigkeit
beherrschet.
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Maria Maria Davids Joseph Maria Maria Gabriel Maria Maria Maria Maria Maria Maria Maria Maria Mariä_Empfängniß Maria Maria
170
D i e Festtage der Heiligen.
Daß Fest des heiligen Stephanus.
Stephanus, ein Grieche, und einer von den sieben
Diakonen, welche die Apostel aufgestellt haben, wurde von
den Juden als ein angeblicher Gotteslästerer gesteinigt; der
Tag feines Martyrtodeö ist eigentlich nicht bekannt, deßwe-
gen wurde fein Festtag, weil er bald nach Christus gelitten
har, nach Christi Geburt gleich gehalten, nämlich den 26.
Dezember. Vermuthlich wird er über deswegen in diesem
Monat gefeiert, weil an demselben seine Reliquien sollen
entdeckt worden und den 26. Dezember zu Jerusalem in
die Kirche Sion überseht worden seyn. Die Gebeine dieses
Heiligen ruhen nun in der Kirche des heiligen Gregoriuö
zu Venedig.
Das Fest des heiligen Josephs.
Der Bräutigam der seligsten Jungfrau und Nährvater
Jesus Christus wurde zwar in den ersten Jahrhunderten des
Christenthums von der Kirche nicht öffentlich verehrt, aus
Furcht, man inöchte ihn für den natürlichen Vater Jesus
Christus halten; erst später wurde die Verehrung des hei-
ligen Josephs von den Mönchen im Morgeulande, und bald
darauf im Abendlaude, eingeführt, und wird den 19ten
März gefeiert. ________
Das Fest des heiligen Johannes des
Täufers.
Johannes, der Vorläufer des Erlösers, des Priesters
Zacharias und der Elisabeth Sohn, von Hebron gebürtig,
begab sich schon in seiner Jugend in die Wüste, führte dort
ein strenges Leben, und predigte an dem Ufer des Jordans
von der Taufe zur Buße; im dreißigsten Jahr taufte er
selbst Jesum. Dem Herodes, Vierfürsten von Galiläa, ver-
wies er seinen unerlaubten Umgang mit seines Bruders Weib;
deswegen wurde er in den Kerker geworfen und später ent-
hauptet. Die katholische Kirche begeht dessen Enthauptungs-
Fest am 29. August. Das Geburtsfest dieses Heiligen feiert
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Extrahierte Personennamen: Apostel Christus Jesus_Christus Jesus
Christus Johannes Johannes Zacharias Galiläa August
Extrahierte Ortsnamen: Christi Jerusalem Venedig Josephs Josephs Morgeulande Hebron
— 64
Frühe, denn wir wollen von dem Hügel die Sonne aufgehen
sehen." Also verließen die Kinder am frühen Morgen ihre Schlaf-
stätte und wurden von den Eltern gegen den Hügel geführt. Sie
wandelten durch die Wiese, wo auf dunklem Grün hellfarbige
Blumen prangten und an jedem Grashalm eine Thauperle glänzte.
Ueber ihren Häuptern hingen die Zweige der Bäume voll Blüthen,
und von Wohlgerüchen war die Luft erfüllt. Dann zogen sie durch
das Buchenwäldchen, und von den frischbelaubten Zweigen ertönte
der Morgengesang der Vögel. Als sie aber den Hügel erreicht
hatten, da war die Seite des Himmels, nach welcher die Eltern
den Blick richteten, von einem strahlenden Saume umzogen, und
wie das reinste Gold glüheten die lichten Wölkchen. Wie aber die
Kinder staunend hinschauten, sieh, da hob sich am Berge ein gol-
dener Bogen, und es schwebte die Sonne herauf in unbeschreib-
licher Pracht. Der Vater aber und die Mutter hoben die gefalteten
Hände empor, wandten die Blicke zum Himmel und sprachen: „O
Gott, wie herrlich ist Deine Schöpfung!" Und still legten die
Kinder die Hände zusammen und schauten zum blauen Himmels-
gewölbe. Die Eltern zogen die Kinder zu sich, und der Vater
sprach: „Dort oben im Himmel ist Gott — der Sonne und Mond
und Sterne geschaffen und sie führt am blauen Himmel. Der hat
die Berge, die Flüsse, das Feld und die See gebildet. Himmel und
Erde sind sein Werk. Gott ist der Schöpfer der Welt."
2. Als am langen Sommertage die Sonne hoch am Himmel
schien und heiße Strahlen zur Erde schickte, stand der Vater mit
Karl im Felde; der Knabe klagte über die Hitze des Tages. Da
führte ihn der Vater zum Weizcnacker und sprach: „Hörst du,
wie es hier knistert?" Karl lauschte und fragte: „Was ist in den
Halmen?" — „Sieh," sprach der Vater, „die Hitze der Sonne
härtet die Körner in den Aehren:also reift in ihrer Gluth unsere
Nahrung. Dort auf der Wiese wird das Gras zu rauschendem
Heu, dem Vieh zur Nahrung^im Winter; und da oben am Baume
sind die Kirschen reif und süß im Sonnenstrahle geworden." —
„Aber", erwiederte Karl, „das Kraut auf jenem Beete verwelkt;
hart ist die Erde und voll Risse." Es stieg indessen schwarzes
Gewölk auf, und Vater und Sohn gingen nach^, Hause. Bald
darauf brach ein Gewitter los. Regen floß in Strömen; Blitze
durchkreuzten die Luft, und mächtig erschallte der Donner. Doch
schon am Abend war der Himmel wieder heiter, und Karl kam voll
Freude aus dem Garten und konnte nicht genug rühmen, wie alle
Pflanzen so frisch und kräftig jetzt ständen. Der Vater sprach:
„Erkennest du, wie mächtig und weise Gott ist? Ergibt der Sonne
65
Kraft, die Früchte zu reifen; mächtig rollt sein Donner, doch die
Fluren werden erquickt. Gott sendet Sonnenschein und
Regen zur rechten Zeit."
3. Der Herbst mit seinen Früchten und Freuden war da. Als
die Eltern mit den Kindern durch die Flur gingen, sahen sie
Männer und Frauen und Kinder, und Alle waren beschäftigt mit
Sammeln. Der begüterte Bauer führte das Obst auf Wagen. Am
Hügel stand ein Anderer und schaute die blauen Trauben, selbst
der arme Nachbar grub voll Freude seine Kartoffeln und füllte
Säcke. Auch die Güter des bösen Mannes, der keinen Menschen
erfreute, der keinen Armen erquickte, auch seine Güter waren mit
Früchten reichlich gesegnet. Da sprach der Vater: „Alle diese
Früchte laßt Gott den Menschen wachsen; Er gibt Sonne und
Regen dem Acker des Guten und des Bösen. Allen Menschen
gibt er Nahrung; Ec sorgt für die Menschen, wie immer ein
Vater für seine Kinder. Darum heißt es mit Wahrheit: Gott
ist aller Menschen Vater: alle Menschen sind Gottes
Kind er."
4. Es war eine stille Winternacht: Alles mit Schnee bedeckt,
die Bäume voll Duft, kein Lüftchen wehte, kein Laut weit umher,
der Himmel rein und mit tausend und tausend Sternen besetzt.
Bertha und Karl standen mit dem Vater am Fenster, und Karl
sprach: „O, wie todt ist's! kein Blatt und kein Laub: die ganze
Erde ist wie ein Grab." — „Schau nach oben!" sagte der Vater.
—„Ja, dort ist Glanz und Pracht!" sprach der Knabe. — „Va-
ter, was sind doch die Sterne?" fragte Bertha. — „Kind, ich
kann dir's nicht deutlich genug erklären; du wirst es einst in der
Nähe sehen", sprach der Vater. — „Wann?" fragte hastig das
Kind. — „Wann du gestorben sein wirst," erwiderte jener. Und
er führte die Kinder zum Tische; da lehrte er sie:
„Kinder, wir müssen alle sterben. Der alte, schwache Leib sinkt
zusammen, ist todt, wird dann begraben und verweset zur Erde.
Aber in jedem Menschen ist etwas, das stirbt nimmer; wir, nen-
nen das unsterbliche Wesen im Menschen Geist. Der Geist ist
verborgen im Leibe des Menschen. Wir können den Geist nicht
schauen; aber der Geist ist's, der die Sprache versteht, durch den
wir die Sprache erlernen. Mit dem Geiste können wir denken,
können unterscheiden Gutes und Böses, können den Glauben an
Gott erfassen. Die geistige Kraft ist's, durch die der Mensch so
viel Schönes und Nützliches schafft. Wenn der Leib nun stirbt,
so zieht der Geist hinaus über die Sterne zu Gott und lebt da
«wig; denn der Geist kann nie vergehen. Ewige Freude und Se-
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Extrahierte Personennamen: Gott Bertha Karl Karl Karl Karl Bertha
— 96 —
Sie hat kein Holz, sie hat kein Brod,
Und klagt dem lieben Gott die Noth.
Friert's noch so stark, das Mutterherz
Thaut doch die Thränen auf in Schmerz.
Der Winter ist ein rauher Mann;
Wer nimmt sich doch der Armen an? —
Kind, bring' der Mutter in der Noth
Ein weißes Hemd, ein Stückchen Brod,
Ein Bündchen Holz, und sag' ihr dann,
Daß sie zu uns auch kommen kann,
Um Brod zu holen, immer frisch;
Und dann deck' auch für uns den Tisch!
* 118. c. Winterlied.
Wie ruhest du so stille in deiner weißen Hülle, du mütterliches
Land! Wo sind des Frühlings Lieder, des Sommers bunt Gefie-
der, und dein beblümtcs Festgewand?
Du schlummerst nun entkleidet. Kein Lamm, kein Schäfchen
weidet auf deiner Au' und Höh'. Der Vögel Lied verstummet, und
keine Biene summet; doch bist du auch im Schlummer schön.
Die Zweig' und Aeste schimmern, und tausend Lichter flimmern,
wohin das Auge blickt. Wer hat dein Bett gebreitet, die Decke dir
bereitet und dich so schön mit Reif geschmückt?
Der gute Vater droben hat- dir dein Kleid gewoben; Er schläft
- und schlummert nicht. So schlumm're denn in Frieden! Der Vater
weckt die Müden zu neuer Kraft und neuem Licht.
Bald in des Lenzes Wehen wirst du verjüngt erstehen zum
Leben wunderbar. Sein Odem schwebt hernieder; dann, Erde,
prangst du wieder mit einem Blumenkranz im Haar!
128. Das Wunder.
Eines Tages im Lenze saß der Jüngling Salomo unter den
Palmen in dem Garten seines Vaters, des Königs, und schaute
vor sich nieder in tiefen Gedanken. Da trat Nathan, sein Lehrer,
zu ihm und sprach: Was sinnest du so ernst unter den Palmen?
Der Jüngling erhob sein Haupt und antwortete: Nathan, ich
möchte gern ein Wunder sehen.
Der Prophet lächelte und sprach: Ein Wunsch, den ich auch
in meinen Jünglingsjahrcn hegte.
Und er ward dir gewährt? fragte eilends der Königssohn.
Ein Mann Gottes, fuhr Nathan fort, trat zu mir und trug
einen Granatkern in seiner Hand. Siehe, sprach er, was aus die-
sem Kern werden wird. Darauf machte ec mit seinem Finger eine
Oefsirung in die Erde, legte den Kern hinein und bedeckte ihn.
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109
schlechten Tisch mit dürftiger, doch wohlschmeckender Kost zvm
Abendessen, hing mit lächelndem Gesichte und verhaltenem Athem
lang' über der Wiege, in welcher der Säugling mit glühenden
Wangen und kaum hörbaren Athemzügen des Schlafes genoß, und
ließ sich dann behutsam auf einen Schemel neben der Wiege an
ihrem Rade nieder.
Die friedliche Stille umher, das sanfte Schnauben des schla-
fenden Kindes, das leise Wehen eines kühlen Lüftchens, welches km
dichten Nebenlaube vor dem Fenster flüsterte, der oft unterbrochene,
heimliche Gesang einer Schwalbe, die unter dem Dache zwitscherte,
und vor Allem die Ermüdung von vierzehnstündiger Geschäftigkeit
führten einen Schlummer herbei, der ihr unvermerkt die schweren
Augenlieder zu schließen begann. Aber schnell raffte sie sich auf.
„Ich darf nicht schlafen," dachte sie: „Francisca braucht ein neues
Kleidchen!" und rieb die drückende Mattigkeit aus den Augen; —
Gott, wie oft und wie gern rieb eine Mutter für ihre Kinder den
Schlaf von den Wimpern! — und dann spann sie so eifrig, so
rasch, dann drehte sie ihr Rädchen so hurtig, als sollte das Garn
zu Francisca's Kleidchen noch heule gesponnen sein. — Plötzlich
schreckte ein jähes Angstgeschrei ihres Antonio sie auf. Sie stürzte
vor die Hütte und sah mit Beben, wie er die kleine zitternde
Francisca herbeiführte, und hörte mit Erstarren, wie er von Wei-
tem rief: „Mutter, sieh nur, wie Francisca's Hand blutet! eine
Natter hat sie gebissen!" — „Ach, Francisca, meine Francisca!
eine Natter? Gott, warum ließ ich sie spielen hier! Hülfe, Ret-
tung! Das war alles, was sie mit verschlungenen Armen ächzte;
das war es, was sie einem eben vorübereilenden Manne in gebro-
chenen Worten stammelte. „Junges Weid!" sagte der Wanderer,
„ich kann nicht weilen: mein Vater liegt in jenem Dorfe todes-
krank? auch habe ich nur einen Rath: seht wo ihr einen Hund
bekommt, der ihr das Gift aus der Wunde saugt; aber geschwin-
de, geschwinde! sonst weiß ich nichts."
Mit diesen Worten ging der Mann vorüber, und Clementine
taumelte, wie von jähem Schwindel überfallen, und die Verzweif-
lung zuckte in ihrem blaffen Gesichte. Doch nach einem Augen,
blicke ward ihr'antlih heiler; sie erhob sich schnell und freudig,
wie wenn man Rettung sieht. „Ein Hund das Nattergift aus ih-
rer Wunde saugen?,, sagte sie: „das wird ein Hund nicht thun;
aber eine Mutter kann es!" und hastig zog sie ihre Tochter an
sich, als ob sie von einem Abgrunde sie wegrisse, und drückte die
sanften Lippen auf ihre Wunde, und sog so innig und so lange,
als könnte sie hundertjähriges Leben aus dieser Wunde saugen.
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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