Der Rhein.
261
Vorzug, den der Rhein vor allen Strömen Deutschlands behauptet,
beruht nicht so sehr auf seinen Naturschönheiten — denn diese
zeigt die Donau in weit längerer Strecke und in ungleich gross-
artigerem Maasstabe, — als vielmehr auf der reichen Kultur
seiner Umgebung, dem Glanze seiner zahlreichen Städte und
dem lebenvollen Weltverkehr, der auf seinen Finthen sich auf
und ab bewegt. Seine Hauptquellen sind unter dem Namen
Vorder-, Mittel- und Hinterrhein bekannt. Der Vorderrhein
verbindet sich bei Dissentis, einer uralten Benedictiner-Abtei,
mit seinem Namensbruder, dem Mittelrhein. Der junge Alpen-
sohn hüpft, nachdem ihm noch einige Spielgenossen zugesprudelt,
von Stein zu Stein in jugendlichem Uebermuthe dahin. Bei
Reichenau vereinigt er sich mit seinem kräftigsten Bruder, dem
Hinterrheine, der bis dahin eine schöne Berg- und Thalfahrt
gemacht hat. Der Strom windet sich, durch beträchtliche Zu-
flüsse verstärkt, aus Graubündten dem von ihm gebildeten Boden-
see zu. Unweit Constanz verlässt er diesen, erweitert sich aber
wieder zu einem neuen, 4 Stunden langen See, den man bald
den Zellen-, bald den Untersee nennt. Von hier strömt er
zwischen den Gebirgen des Schwarzwaldes und den Bergen des
Aargaues gegen Westen bis Schaffhausen. Unterhalb dieser
Stadt bei Laufen beginnt des muthigeu Helden kühnste That:
Der Rheinfall,
in grausenerregender Weise stürzt er sich brausend und tobend
über eine 80' hohe Felsenmauer hinab, durch zwei hervor-
ragende Klippen in drei Theile zerspalten. Ein paar alte Mühlen
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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2
Geschichte.
hängend gegeben werden; nur das Merkwürdigste aus dem Leben
und den Thaten einzelner Menschen und Völker der alten und
neuern Zeit ist hervorgehoben worden.
^ Die ersten Menschen.
Von der Schöpfung des ersten Menschenpaares, von seinen
Schicksalen und von einigen seiner nächsten Abkömmlinge, gibt
uns die heilige Schrift befriedigende Nachrichten. Ueber die
Lebensweise der Menschen in den frühesten Jahrhunderten, so
wie über ihre Ausbreitung wissen wir wenig. -— Die älteste
Beschäftigung, die Gott selbst den Menschen anwies, ist der
Ackerbau. Manche trieben Jagd und Viehzucht. Zufall, Noth
und Beobachtung der Natur führten zu Erfindungen. Die
Bibel spricht von mehreren, welche vor Noah gemacht worden
sind. Sie müssen nicht gering gewesen sein, wie es die
Erbauung der Arche beweiset.
Ob in den ersten Jahrhunderten Völkerschaften entstanden
sind, ob Staaten gegründet wurden, davon ist uns nichts
bekannt. — Die Menschen würden immer glücklicher geworden
sein, hätten sie nur nicht ihres gütigen Schöpfers ganz ver-
gessen. Nur ein Mann blieb gut unter den Gottlosen; es
war der fromme Noah. Er fand deshalb Gnade vor dem
Herrn, und wurde mit seiner Familie wunderbar erhalten;
alle andern Menschen gingen in der Wasscrfluth unter.
Die Nachkommen des zweiten Stammvaters Noah ver-
mehrten sich bald wieder.
* Die eßbaren, wohlschmeckenden Früchte wuchsen und reif-
ten wohl; ;retc^ien aber zur Ernährung der Menschen nicht aus.
Das Strafwort, das Gott im Paradiese zu Adam gesprochen:
„Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen!" ging
in Erfüllung. Freilich schlug der in lockern Boden gefallene
Saame nützlicher Gewächse Wurzeln und wuchs empor, aber der
Mensch mußte Hand anlegen, das wuchernde Unkraut, das die
zarteren, edleren Gewächse erstickte, entfernen und mancherlei
andere Hindernisse des Gedeihens beseitigen. Er mußte den Säu-
men in größerer Menge ausstreuen, und den geeignet scheinenden
Boden erst zur Saat vorbereiten. Das Alles machte ihm viel
Arbeit und Mühe, und nur wenn er die Anstrengung seiner
Kräfte nicht scheute, grünten herrliche Saatfelder; es schossen die
dichten Halme mit korngefüllen Aehren empor, und gaben ihm
Brot. — Wer einen Acker einmal bebaut, den Ertrag geerntet
hatte, der behielt ihn gern für immer; der Nachkomme suchte
neue geeignete Felder, fand er diese nicht, so nahm er mit
geringeren vorlieb, die aus Mangel an Pflege verwildert waren.
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20
Geschichte.
Erde: ganz vorzüglich auch durch den Mund ihrer Lieblinge und
Vertrauten, der Priester. Solche von den Priestern verkündigte
Aussprüche der Götter hießen Orakel. Allein nur in gewissen
Tempeln wurden Orakel ertheilt.
Der Amphiktyonenbund*) machte eine Art von Gericht
aus.' Zwöls Staaten schickten dazu jährlich zwei Abgeordnete,
und diese 24 Männer sollten über Frieden, Religion und Sitt-
lichkeit wachen. Sie legten Streitigkeiten bei, entschieden über
Recht und Unrecht, und bestimmten die Strafen bei groben Ver-
gehungen.
Die Volksfeste. Es war eine alte Sitte bei den Griechen,
zur Ehre der Götter oder der Verstorbenen Feste anzuordnen,
und ihre Feier durch öffentliche Waffenspiele zu verherrlichen.
Bei Olmpia lag ein uralter Hain, neben dem sich eine große,
ebene Fläche ausbreitete. Hier beging man regelmäßig alle vier
Jahre ein Volksfest zur Ehre des obersten Gottes Jupiter. Eine
unermeßliche Menschenmenge fand sich dazu ans allen Theilen
von Griechenland ein. Die Spiele bestanden im Wettlause,
Springen und im Werfen einer metallenen Scheibe, im 'Wagen-
rennen, Ringen und Faustkampfe. Ein weiter Raum war dazu
geebnet und mit Sand bestreut. Ringsum standen aus erhöhten
Sitzen die zahllosen Zuschauer. Nach Beendigung des Festes,
das fünf Tage währte, wurden die Preise vertheilt, die Namen
der Sieger ausgerufen, und unter tausendfachem Jubel von allen
Anwesenden wiederholt. Der Preis des Sieges war nur ein
Oelzweig; allein er überstrahlte an Ruhm den Glanz einer Königs-
krone. Er verherrlichte nicht bloß den, der ihn errang, sondern
auch sein Geschlecht, ja seine Vaterstadt, die ihn bei der Rückkehr
feierlich empfing. Man erzählt, daß einst ein Jüngling den Preis
erhielt, dessen Vater gerade unter den Zuschauern war. Der alte
Mann gerieth außer sich vor Freude; im Angesichte des ganzen Vol-
kes umarmte er den Sohn unter Thränen, und fiel dann todt zu
Boden. Das ganze Volk begleitete gerührt seine Leiche. '
/ Gesetze und Einrichtungen der Spartaner und Athener.
Die beiden berühmtesten Völker des alten Griechenlands
unterschieden sich in Bildung, Lebensart und Sitten, was beson-
ders von den Gesetzen herkam, die ihnen zwei ausgezeichnete Män-
ner gegeben hatten. Die Spartaner erhielten ihre Einrichtungen
durch Lykurg. Die Felder um Sparta waren gleichmäßig ver-
theilt, so daß kein Bürger mehr besaß als der andere. Die
*) Amphiktyonen bedeutet so viel Anwohner, Nachbarn.
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174
Geschichte.
an den Grenzen fielen, und in den verbundenen Staaten ein
gemeinsames Gewicht — das Zollgewicht, und eine Vereinsmünze
eingeführt wurden. Der Zollverein gewährt die Freiheit des
innern Verkehrs der zu ihm gehörigen Länder und läßt auslän-
dische Erzeugnisse gegen mäßige Abgaben zu, die an der äußer-
sten Grenze erhoben werden. Die Gesammteinnahme wird auf
alle Vereinsstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung berechnet
und vertheilt; an Verwaltungskosten werden große Summen
erspart. Viele Staaten, die am Anfange der Sache abgeneigt
waren, haben sich später angeschlossen, und zwischen ihnen und
Oesterreich ist in neuester Zeit wenigstens eine Erleichterung des
Verkehrs zu Stande gekommen.
In der Zeit nach den Befreiungskriegen entstanden zwei
neue selbständige Königreiche in Europa.
Das Volk der Griechen, welches durch vier Jahrhunderte unter
türkischer Herrschaft seine Religion und seine nationale Eigenthüm-
lichkeit behauptet hatte, wollte das türkische Joch nicht mehr län-
ger tragen und empörte sich, auf die Schwäche der Türkei und
auf die Hilfe der Christen rechnend. Doch letztere wurde ihnen
nicht zu Theil, und die Türkei war kräftig genug, den Fortgang
des Aufruhrs zu hemmen. Entsetzliche Gräuel wurden an den
Unglücklichen geübt, die in Gefangenschaft der Türken geriethen.
Da erhob sich das ganze Volk und vollführte große, ihrer Ahn-
herrn würdige Thaten, bezeugte sich aber auch durch Parteiung
und Mangel an Gemeinsinn als Nachkommenschaft derer, die ihr
Vaterland erst unter das Joch der Macedonier und dann unter
das der Römer gebracht hatten. Dennoch waren sie dem Ziele
nahe, als die Türkei wider Erwarten eine mächtige Hilfe erhielt.
Mehemed Ali, Pascha von Aegypten, der 1811 die Herrschaft
der Mameluken durch Ermordung ihres Beys gestürzt und in
dem Lande der Pharaonen einen Staat nach europäischem Muster
gebildet hatte, sandte 1825 seinen Sohn Ibrahim mit einem
beträchtlichen Heere nach Griechenland. Dieser durchzog das
Land von einem Ende bis zum andern und verübte mit seinen
rohen, wilden Horden so abscheuliche Gräuel, daß man in Europa
an Hilfe dachte. Es entstanden Vereine zur Unterstützung des
für Freiheit kämpfenden Volkes, große Summen siossen dahin,
denn den Griechen fehlten Waffen; diese hatten sie für ihre bis-
herigen Heldenthaten erst erkämpfen müssen. England versuchte,
mit Frankreich und Rußland im Bund, den Sultan zur Ein-
stellung der Verheerung und der Gräuel zu bewegen; aber diese
Versuche blieben erfolglos. Die Türken spotteten der Europäer,
und es entspann sich, veranlaßt durch den Uebermuth der Tür-
ken, bei Navarino eine Seeschlacht, die mit der Vernichtung des
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Mehemed_Ali Ibrahim
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Europa Griechenland Europa England Frankreich Navarino
Die Insel Rügen.
271
-wird von Westphälingern bewohnt, die schon vor 600 Jahren
eingewandert sind, aber dennoch ihre eigenthümlichen Sitten
und ihre Tracht bewahrt haben. — Wenn du auf der Insel
umherwanderst, so führt dich der Weg über Berg und Thal,
Feld und Wald, Haideland und Dünenland, Sumpfland und
Felsland. Willst du die ganze Insel wie eine Landkarte vor
dir sehen, so musst du entweder auf das schöne Jagdschloss
des Fürsten von Eutbus steigen, oder auf den Rugard, den
höchsten Berg der Insel bei der Stadt Bergen. Von hier aus
erblickst du gegen Norden den Leuchtthurm, der oben rund-
herum zolldicke Glasscheiben hat, hinter welchen in schön
polirten Hohlspiegeln von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang
viele Lampen ihr Licht in die See hineinsenden, damit die
Sehrte in dunkler Nacht nicht gegen das Vorgebirge anfahren
und scheitern. Weiter rechts vom Thurme erhebt sich ein
grüner Waldrücken, der unter seinen herrlichen Buchen und
Rüstern einen See birgt. Um den See zieht sich an einer
Seite ein hoher, mit Bäumen besetzter Wall, hier ist der
Herthasee und die Herthaburg, wo die alten Rügener die Göttin
Hertha verehrten. Die Sklaven, welche die Göttin in ihrem
mit weissen Kühen bespannten Wagen umhergefahren hatten,
wurden in den dunklen Fluthen des Sees versenkt. Nicht weit
Die Stubbenkammer.
davon ist ein steiler 500' hoher Kreideabhang, der gegen den
See hart abfällt, die Stnbbenkammer. Eine steile Schlucht, in
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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I*
316
Geographie.
3«^
3
y *
A
die ungepflasterten Gassen, durch die vergitterten Luftlöcher der nied-
rigen Häuser, durch das magere, schwärzliche, barfüßige Volk,
das nur ein blaues umgürtetes Hemde statt aller Kleidung trägt,
durch sonstiges Elend hinreichend bedeutet, daß man in einem
Lande voll Druck und Sklaverei sich befindet. Das Geräth in
den Häusern ist ärmlich. Ein Strohsack ist das Lager; statt
der Tische und Stühle sieht man eine Decke und einige Polster
zum Sitzen. Die Hütten der Landleute sind vollends erbärmlich,
manche nur aus getrocknetem Nilschlamme, unsern Backöfen gleich,
voll Ungeziefer. Der Reiche, von seinen Sklaven bedient, führt
ein faules Leben und zeichnet sich wenig in Bildung vor dem min-
der wohlhabenden aus. — Nubien, auch dem Pascha von Aegyp-
ten unterworfen, wird nur an den Ufern des Stromes bewohnt.
Die Hauptstadt Senaar ist ein unbedeutender Ort^E' Abys-
sinien, südlich von Nubien, ein schönes Gebirgsland mit üppi-
gen Thälern, herrlichen Pflanzen und Thieren, allein mit aus-
gearteten Menschen, die sich Christen nennen. Ein Negervolk hat
mehrere Landstriche erobert und verheert. Der Kaiser von Abys-
sinien, Negus, hat dadurch an Macht und Ansehen viel verloren.
Die Bcrberei umfaßt das Küstenland von Aegypten bis an
das atlantische Meer. Die Einwohner sind Berbern, Mauren,
arabische Beduinen, Türken und Juden. Viele unter ihnen trie-
den früher Seeräuberei; allein in neuerer Zeit wurden sie gezwun-
gen, dieses Geschäft aufzugeben. Die Staaten heißen: 1) Tri-
polis, dessen gleichnamige Hauptstadt der Sitz des Bey oder
Pascha. 2) Tunis. Die ebenso benannte Hauptstadt, die volk-
reichste an der ganzen Nordküste, zählt 150,000 Einwohner.
Unweit davon sieht man noch die Ueberreste von Karthago.
3) Algier. Die Hauptstadt gleiches Namens ist im Jahre 1830
von den Franzosen eingenommen und seither der größte Theil des
Landes erobert worden. -4) Das Kaiserthum Marokko, ein hin
und wieder gut bewässertes und fruchtbares Land.
Senegambien, zwischen den Flüssen Senegal und Gam-
bia. Ober- und Nieder-G ui ne a haben meist flache, ungesunde
Küsten mit mehreren Niederlassungen der Engländer, Holländer,
Franzosen und Portugiesen. Beachteuswerth ist an der Pfeffer-
küste die von Nordamerikanern gegründete Pflanzstadt Liberia.
Hier wird freien Negern Gelegenheit gegeben sich anzubauen.
So sind schon einige Ortschaften mit christlichen Kirchen und
Schulen entstanden, durch welche die Bildung unter den benach-
barten rohen Völkern verbreitet werden kann.
Das Kapland, sonst holländische, jetzt englische Besitzung,
ist für die Jndienfahrer von besonderer Wichtigkeit, weshalb man
bald nach Entdeckung des Seeweges sich daselbst niederließ. Die
« 'irfs fa 'i / "
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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18
Geschichte.
" A I *
f'/' V -—:> f jp—^ w?;^
Sohn war stumm, mein zweiter wurde auf der Jagd getödtet; alle
Städte, Länder, Völker und Schätze habe ich verloren, und bin
jetzt selbst in deiner Gewalt. Nun weißt du, warum ich den
Solon rief; mache jetzt mit mir, was dir gut scheint!" —
Chrus wurde tief gerührt. Er bedachte, daß auch er ein Mensch,
und daß unter den menschlichen Dingen nichts beständig sei. Er
schenkte dem Verurtheilten großmüthig das Leben und behielt ihn
als Freund und Rathgeber bei sich.
Chrus eroberte ferner Babylon, dann Syrien, Phöni-
cken und Palästina; als er aber gegen die Königin der Mas-
sageten zu Felde zog, fiel er in der Schlacht. Sein Sohn und
Nachfolger Kampfes war ein grausamer Mann. Der darauf
folgende König Darlus erweiterte das Reich. Er gedachte auch
Griechenland zu unterwerfen; allein da scheiterte seine Macht an
dem Muthe und der Aufopferung eines kleinen Volkes.
Griechen. - •
Das heutige Griechenland macht bloß den südlichen Theil des
alten aus. Mehrere Länder im Norden, die früher dazu gehörten,
stehen jetzt unter türkischer Herrschaft. Vor uralten Zeiten war
'Jechas Land rauh und unfreundlich. In den dichten Wäldern hau-
seten Eber, in den Sümpfen ungeheure Schlangen, Berg und
Thal erscholl vom Gebrüll der Löwen und Büffel. Dem rauhen
Lande glichen auch die halbwilden Bewohner. Sie kleideten sich
in die Felle der erlegten Thiere, aßen rohes Fleisch nebst Wurzeln,
und wohnten in Höhlen und Schluchten der Berge. — Unter der
groben Schale lag aber ein gesunder Kern; aus dem rohen Volke
wurde in der Folge das feinste, gebildetste und geistreichste des
Alterthums, das uns noch jetzt in Vielem zum Muster dient.
Man unterschied anfangs zwei Völker: Pelüsger und Helle-
nen; die letzteren bekamen das Uebergewicht. Die Hellenen erhiel-
ten ihre erste Bildung durch Ausländer, deren besonders vier
genannt werden: Kekrops und Danaus aus Aegypten, Kadmus
aus Phöuicien, Pelops aus Lydien. Die fremden Männer such-
ten die rohen Einwohner zu belehren. Sie führten den Ackerbau
ein, dann gewöhnten sie die Menschen durch Anlegung von Bur-
gen und Städten an feste, bleibende Wohnsitze, und an ein
geregeltes Leben in denselben.
Körperkraft und kühner Muth galten den alten Griechen für
das Höchste; Waffen waren die kostbarsten Schätze. Während
die Frauen in stiller Häuslichkeit wohnten und webten, übten sich
die Männer in Kampfspielen, oder durchzogen das Land, um es
von Räubern und wilden Thieren zu reinigen. Ihrer Helden-
thaten wegen sind unter andern berühmt geworden: Herkules,
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Das Christenthum in Deutschland. Bonifacius.
53
die in Sitte und Lebensart wenig von einander abwichen. Oft
lagen sie mit einander in Streit, die schwächeren Stämme wurden
von den stärkeren bezwungen, unterworfen, und die Namen der-
selben verschwanden. Drohten äußere Feinde, so verbanden sich
Wohl mehrere Stämme zu gemeinsamer Abwehr derselben und es
entstand für die Nerbündeten ein gemeinsamer Name.
Die Deutschen hatten weder Dörfer noch Städte; weit zer-
streut lagen ihre Hütten, damit kein nahewohnender Nachbar die
über alles geschätzte ungebundene Freiheit störe. Ans rohen Baum-
stämmen war die Hütte erbaut, oben mit Zweigen und Laub küm-
merlich bedeckt. Wo es einem gefiel, da setzte er sie hin, an den
frischen, klaren Quell, in den stillen Hain, auf die luftige Höhe,
oder ins grüne, lachende Thal. Ringsum lag das Feld. Wilden
Spargel, ungewöhnlich große Rettige, unschmackhafte Baumfrüchte
brachte die Natur hervor, doch allmählig sing man an Gerste und
Hafer durch Kriegsgefangene anzubauen, und bereitete aus ersterer
den lieblichen Meth, ein berauschendes Getränk. Grasreiche Wei-
den nährten zahlreiche Rinderheerden, die fast undurchdringlichen
Wälder bargen außer Auerochsen, Elenn- und andern Thieren
auch eine Menge der größten Raubthiere: Bären, Wölfe und
Raubvögel ohne Zahl, gegen die der rüstige Deutsche in Zeiten
des Friedens seine Kampflust stillte. Wohnhaus und Ställe
umgab er gegen diese Räuber mit hohem Zaune und nannte sein
Besitzthum einen Hof. Hier war er allein Herr und Richter über
alle, die von seinem Gute lebten. Eine Anzahl solcher Höfe
nannte man einen Weiler, mehrere Weiler einen Gau.
Bei solcher Entfernung der Wohnplätze war die Gastfreund-
schaft eine der wichtigsten Tugenden. Freundlich wurde jeder,
wer er auch war, in der Hütte aufgenommen und mit Speise
und Trank erquickt. War der Borrath verzehrt, so zog der
Wirth mit seinem Gastfreunde weiter, und ungeladen traten
beide in die nächste Hütte. Neben der Gastfreundschaft war die
Treue eine der schönsten Tugenden. Das gegebene Wort
wurde unverbrüchlich gehalten, selbst der Todfeind war sicher
vor jeder Unbilde, wenn er einmal Aufnahme in der Hütte
gefunden hatte; damit man nie in Gefahr kam, einen abweisen
zu müssen, fragte man keinen, wer er sei. Diebstahl war eine
unbekannte Sache, ebenso Lüge und Trug.
Die Religion der alten Deutschen war sehr einfach. Alle
großartigen Erscheinungen der Natur, welche das menschliche
Gemüth zur Liebe und Dankbarkeit stimmen, oder mit unaussprech-
licher Furcht und Angst erfüllen, waren Gegenstand ihrer Ver-
ehrung. So die Sonne, deren Strahl die Eisrinde des langen
Winters bricht, den Frühling erweckt und neues Leben in die
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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54
Geschichte.
Natur bringt; der Mond, dessen sanfter Schein die dunklen
Wälder erhellt, daß der Wanderer den Steg, der Jäger seine
Hütte finde; das Feuer, die Erde (Hertha), welche gleich einer
liebenden Mutter des Lebens Bedürfnisse bietet. Der Hauptsitz
der Göttin Hertha war ein heiliger Hain, wahrscheinlich auf der
Insel Rügen. Hier stand der reich mit Teppichen behangene
Wagender Göttin; mit geweihten Kühen bespannt, wurde er, von
Priestern in tiefster Ehrfurcht begleitet, durch die deutschen Gaue
geführt, wenn die Natur aus ihrem Winterschlafe erwachte. Friede,
Freude und Glückseligkeit herrschte dann aller Orten, jede Fehde
ruhte, bis die Priester das Heiligthum zurückgeführt hatten.
Als den höchsten Gott verehrten sie den Wodan, auch unter
dem Namen Allvadur (Allvater) bekannt; Thor oder Tuner war
der Kriegs- und Donnergott; dem gemeinschaftlichen Stammvater
Tuisco oder Teut erwiesen alle Stämme göttliche Ehre. Was
dem Deutschen auf Erden als das Wüuschenswertheste galt, das
glaubte er dereinst in seinem Himmel (Walhalla) zu finden
bei Jagd und Kamps re. Gegen Abend heilen die empfangenen
ehrenvollen Wunden wie durch Zauberkraft, die Helden versöhnen
sich und setzen sich zum fröhlichen Mahle; aus mächtigen Hörnern
des Auerochsen wird der köstliche Meth unter schallendem Jubel
herumgetrunken. Darum wurden dem gefallenen Helden seine
Waffen, sein Streitroß mit ins Grab gelegt, und noch jetzt findet
man in Norddeutschland zahlreiche Gräber (Hünen- oder Riesen-
gräber), in deren Tiefe eine rohe, aus Lehm gebrannte Urne
die Asche der Todten enthält, und Reste von Waffen und
Hausgeräthen aus Stein und Kupfer werden nicht selten darin
angetroffen.
Kampf und Krieg war das Lebenselemeut des freien Deut-
schen, selbst die Spiele waren kriegerisch. Luftgefechte und der
Schwertertanz waren die Freude der Jugend und weckten bei den
Alten die heiteren Bilder der Vergangenheit. Zwischen bloßen
Schwertern und starrenden Lanzen tanzten die Jünglinge nackend
umher, wanden sich bald in vielfachen Verschlingungen, bald
sprangen sie keck zwischen den scharfen Waffen hindurch, ohne daß
eine ihre Haut ritzte. Der Beifall der greisen Helden war ihr
reichster Lohn. — Früh folgte der Knabe dem Vater auf die Jagd;
zum Jünglinge herangereift, ward er in die Versammlung seiner
Mitbürger geführt, mit Schild und Lanze bewaffnet und feierlich
zum wehrhaften Mitgliede der Gemeinde aufgenommen. Das
war ihm der schönste Tag seines Lebens. Nie, selbst im Tode
nicht, trennte er sich von seinen Waffen. Statt der Helme dienten
Felle wilder Thiere, Rachen und Hörner ragten drohend über dem
Kopfe hervor und gaben dem Heere ein schreckenerregeudes Ansehen.
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Geschichte.
was ihnen zusagte. Daher änderte sich bei ihnen gar manches,
namentlich nach der Annahme des Christenthums. Die größte
Veränderung erlitt die Sprache der Eingewanderten; die in den
eroberten Ländern gebräuchliche lateinische konnte nicht ausgerottet
werden, sie wurde aber bald mit der deutschen vermischt. So
entstanden die romanischen Sprachen : die portugiesische, spanische,
französische und italienische. Nur im eigentlichen Deutschland
hielt sie sich frei von fremder Beimischung und bildete sich nach
und nach mehr aus. Wir haben aus Chlodwigs Zeit noch ein
Bruchstück eines kirchlichen Formulars zur Spendung des heiligen
Sakramentes der Taufe, welches als eines der ältesten Denkmäler
unserer Sprache merkwürdig ist.
Frage. Forsachistu Diabola?
Antw. Ec forsacho Diabola.
F. En allum Diabol-gelde?
A. En ec forsacho allum Diabol-
gelde.
F. En allum Diaboles Werkum?
A. En cc farsacho allum Diaboles
Werkum endewordum, Thunaer
ende Wodan ende Sachsen-Ote
ende allem them Unholdum the
hiru genotas sint.
F. Gelobistu in God, almethigun
Fadaer?
A. Ec gelobo in God, almethigun
Fadaer.
F. Gelobistu in Crist, Godes
Suno?
A. Ec gelobo in Crist, Godes
Suno.
F. Gelobistu in halogan Gast?
A. Ec gelobo in halogan Gast?
Versagst du dem Teufel? v
Ich versage dem Teufel.
Und aller Teufelsgilde?
Und ich versage aller Teufelsgilde.
Und allen Teufelswerken?
Und ich versage allen Teuselswerken
und Worten und Thor und
Wodan und Sachsen-Odin und
allen den Unholden, die hier
genannt sind.
Glaubst du an Gott, den allmäch-
tigen Vater?
Ich glaube an Gott, den allmäch-
tigen Vater.
Glaust du an Christus, Gottes
Sohn?
Ich glaube an Christus, Gottes
Sohn.
Glaubst du an den heiligen Geist?
Ich glaube an den heiligen Geist.
Auch die Gesetzgebung und Rechtspflege erweiterte sich merk-
lich. Früher entschied mau nur nach Gebrauch und Herkommen;
die nun gegebenen, in lateinischer Sprache abgefaßten Gesetze
enthielten Verbote und Strafen. Jedes Vergehen konnte durch
eine festgesetzte Geldstrafe gesühnt werden. Das Gericht wurde
öffentlich unter freiem Himmel abgehalten, gewöhnlich unter großen
Bäumen oder auch an großen Steinen. In jeder Grmeinde war
der Vorsteher Richter, die Erfahrensten der Gemeindeglieder halfen
ihm das Urtheil finden (Schöppen); die Untersuchungen waren
einfach; am meisten gab man auf Zeugen und Eidesleistungen;
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort]]