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1. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 224

1864 - Breslau : Leuckart
224 Seelenlehre. oder unwohl thaten. Die Wahrnehmungen des Ange- nehmen oder Unangenehmen heissen Gefühle und sind wohl zu unterscheiden von dem blossen Fühlen der Körper mittels der Nerven in der Haut. Weil die Gefühle der Lust und Unlust jener Jünglinge durch Eindrücke auf den Körper und auf die äussern Sinne hervorgebracht worden sind, so heissen sie sinnliche Gefühle. Haben wir angenehme Gefühle, so wollen wir sie gern behalten. Mit den unangenehmen ist dies umgekehrt, wir suchen sie zu entfernen. Da unsere Sinne während des Wachens zur Aufnahme der Eindrücke offenstehen, so sollte man glauben, dass wir uns in einem beständigen Wechsel von Lust und Unlusst befänden. Genau genommen ist es auch so; weil in liess das, was oft wiederkehrt, nur schwach einwirkt, so wird auch das Gefühl dadurch wenig aufgeregt; wir nehmen dann nur einen sehr geringen Wechsel wahr und befinden uns im Zustande der Gleichgiltigkeit. — Der an meinem Fenster stehende Baum ist mir gleichgiltig, indem er unverändert vor meinen Augen bleibt; im Frühjahr aber, wenn er Knospen, Blätter und Blüthen bekommt, sehe ich ihn mit Vergnügen; er zeigt mir täglich etwas Neues. Im Herbst, wenn sich sein grünes Kleid gelb zu färben beginnt und nach und nach abfällt, betrachte ich ihn wiederum mit mehr Aufmerksamkeit; allein es entsteht dann in mir kein angenehmes Gefühl, das der Trauer. So wie in der Natur Licht und Schatten wechseln, so in der Seele des Menschen Lust und Unlust. Gewöhnlich fühlt man die Lust mehr, wenn eine Unlust vorangegangen ist: wenn nach der Anstrengung die Ruhe, nach der Kälte die Wärme, nach Verlangen die Befriedigung folgt. Das Gefühlsvermögen hat der Schöpfer aus weisen Absichten in unsere Seele gelegt; auf den Gefühlen beruht Glück und Unglück, Wohl und Wehe des menschlichen Lebens. Ludwig, aus Oberschlesien gebürtig, besuchte seit einem Jahre die Bauschule in Breslau. Wenn er zu den Ferien nach Hause kam, wusste er viel von der Hauptstadt zu erzählen. Da nannte er diese oder jene Strasse schön; so auch mehrere Kirchen und andere Gebäude, Bildsäulen, Gemälde, die Musik, die Spaziergänge um die Stadt und noch vieles Andere galt als schön, mitunter wohl Einiges als hässlich. Er sprach von dem Wohlgefallen, das man an den Kunstwerken hatte, und setzte auch manchmal hinzu, welches vorzüglich gelungen oder besser als ein anderes sei, oder wie die Urtheile darüber abweichend lauteten. Franz, der jüngere Bruder, meinte, er Würde bald zu bestimmen wissen, was schön sei; denn es sei

2. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 228

1864 - Breslau : Leuckart
228 Seelenlehre. gezogen, hat Wohlgefallen an ihm und zeigt so den Trieb zur Liebe. — Der Mensch empfindet Zuneigung gegen seinen Wohlthäter und möchte ihm gern das empfangene Gute ver- gelten : er besitzt also den Trieb der Dankbarkeit. — Er strebt nach Belehrung, nach Erweiterung seiner Einsichten und Kenntnisse; er ist bemüht das Dunkle klar zu machen, das Falsche vom Wahren zu unterscheiden: hierin legt er den Trieb der Wissbegierde an den Tag. Endlich bemerkt man im Menschen den Trieb nach Freiheit, das heisst: er fühlt sich angeregt nach eigener Ueberlegung unbeschränkt zu handeln. Das, was auf die Sinne angenehm einwirkt, trachten wir gewöhnlich, wie schon früher bemerkt wurde, zu erlangen: was ihnen aber unangenehm ist, zu entfernen. Daher haben wir ein Verlangen nach einer wohlschmeckenden Frucht, nach kühlem Schatten während der Sonnenhitze, nach dem Anblick eines schönen Gemäldes, von dem wir sprechen hörten. Dagegen wenden wir uns ab von einer verdorbenen, übelriechenden Speise, und gehen ungern im Regen und Sturm. Weil nun der Mensch durch die Sinne zum Begehren veranlasst werden kann, so legt man ihm ein sinnliches Begeh rungsvermögen bei. Wird der Mensch durch die Vorstellung eines Gegen- standes angeregt, nach Erlangung desselben zu streben, so entstellen Begierden. Jemand hält den Reichen für glücklich und möchte deshalb auch gern reich werden. Einem Jünglinge gefallen die Ehrenbezeigungen, die man den (Meieren erweiset, und er hat deshalb Lust Officier zu werden. Ein Arbeiter ist durstig und hat ein starkes Verlangen nach einem Glase Bier. — Aus einem anhaltenden Wohlgefallen an etwas und dem fortwährenden Begehren darnach entspringen Neigungen. Zu grosse Begierden aber, welche die Vernunft beherrschen und die man nur mit Mühe bekämpfen kann, heissen Leiden- schaften. Konrad sah einigemal dem Kartenspiel zu und bekam Lust es zu erlernen. Er fing an zu spielen, gewann zuweilen, und das Spiel wurde bald in ihm zur Neigung. Später konnte er es nicht mehr lassen, er brachte ganze Tage im Wirthshause zu, verlor viel Geld, blieb den Tag über zur Arbeit untauglich, gewöhnte sich auch das Branntweintrinken an, verarmte und musste mit den Seinigen Noth leiden. — So arten Neigungen in Leidenschaften aus, wenn man sie nicht bei Zeiten unterdrückt. Wie gefährlich Leidenschaften für die Tugend und das Glück des Menschen werden können, davon gibt es Beispiele in Menge. Der leidenschaftliche Mensch stürzt nicht nur sich selbst ins Elend und Verderben, sondern

3. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 229

1864 - Breslau : Leuckart
Das Vorstellungsvermögen. 229 auch ganze Familien. Darum hüte dich vor Leidenschaften und beherrsche sie, wenn sie in dir emporkommen! Eine starke und beharrliche Leidenschaft nennt man Sucht, als: Habsucht, Ehrsucht, Vergnügungssucht, Rachsucht, Herrschsucht. Adalbert sah in einem Walde viele Pflanzen, deren vier länglichrunde Blätter eine grosse schwarze Beere umschlossen. Er pflückte eine ab, betrachtete sie, nahm etwas von dem Safte auf die Zunge und fand ihn wohlschmeckend. Schon war er im Begriff', sich an den schönen Beeren zu laben; allein er dachte: „du kennst weder das Gewächs noch seine Frucht; wenn nun diese schädlich wäre? — Lieber esse ich sie nicht.“ Er that wohl daran; denn es war, wie er später von seinem Lehrer erfuhr, die giftige Einbeere. Adalbert wäre durch seine Sinne verleitet worden, etwas zu gemessen, was ihm viel Leiden oder gar den Tod zugezogen hätte; aber sein Verstand wendete das Unheil ab, indem er das Urtheil fällte: eine unbekannte Frucht darf man nicht essen. Der Knabe unterliess also etwas Angenehmes und vermied die unan- genehmen Folgen, weil sein Wille dem Verstände folgte. Ein Kaufmann soll Waaren in Breslau holen, da seine Vorräthe bald zu Ende sind. Es ist Winter, die Kälte anhal- tend und streng. Er könnte zwar noch einige Zeit warten und in der warmen Stube bleiben; allein er beschlosst dennoch die Reise und achtet nicht ans die rauhe Witterung. Er urtheile nämlich: „es ist möglich, dass die Kälte zunimmt, und ich muss dann doch reisen, wenn nicht Störung in meinem Handel eintreten soll.“ Hier wird etwas Unangenehmes begehrt, um in der Zukunft einen Vortheil zu erreichen. Wenn, wie in diesem Beispiele, der Verstand über das Begehren entscheidet, so besitzt unsere Seele ein verständiges Begehrungs- vermögen. Dieses ist zwar mehrentheils auf eigenen Vor- theil gerichtet und nicht immer zu billigen; indess hält es doch oft vom Bösen ab, fördert das Gute und trägt zu unserer Ver- vollkommnung bei, insofern wir uns anstrengen den Geist mit Kenntnissen zu bereichern, um dadurch unser Fortkommen in der Welt zu sichern. Ein Arzt, der selbst nicht ganz gesund war, wurde zu einem am ansteckenden Nervenfieber erkrankten Tagelöhner gerufen. Es kam ihm sauer an, dem Verlangen zu genügen, seines eigenen Uebelbefindens wegen. Er hatte auf keine Belohnung zu rechnen, könnte angesteckt werden und sich deu Tod holen. Alles dies überlegte er einen Augenblick. Doch dachte er bald weiter: „dein Beruf fordert, dass du dem Kranken wo möglich hilfst.“ Er folgte, trotz aller Mühe

4. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 231

1864 - Breslau : Leuckart
Temperamente. 231 wieder gleich gut machen. Eine traurige Begebenheit rührt ihn bald zu Thränen. Zu seinen Mängeln gehören Unbestän- digkeit, Leichtsinn und Unentschlossenheit; das Gegengewicht halten hingegen Gutmüthigkeit, Liebenswürdigkeit und Edel- muth. Dieser Mensch gehört zu den Leichtblütigen, oder er besitzt das sanguinische Temperament. Der zweite ist von angenehmem Aeussern. Seine Augen sind feurig und durchdringend; in seinem Körper liegt Fülle und Stärke, in seinem Benehmen viel Anstand und Würde. Er ist gern thätig, doch nicht anhaltend. Die Furcht scheint ihm fremd, weil er seine Kraft fühlt. Er wird leicht zornig und zur Rache geneigt. Er will gern verehrt und bewundert sein, herrschen und gebieten, daher man ihm Stolz vorwirft. Dieser Mann gehört zu den Warmblütigen und hat das cholerische Temperament. Der dritte, etwas blass im Gesicht, mit festemund ruhigem Blicke, ist oft in sich gekehrt und für die Freude wenig empfäng- lich. Hat er sich zu etwas entschlossen, so führt er es auch, aller Mühe ungeachtet, aus. Der Witz ist ihm wenig, dagegen mehr der Scharfsinn eigen. Oft zeigt er heiteren Ernst, jedoch zuweilen Neigung zum Trübsinn. Er sucht nicht viele, aber treue Freunde. Es gehört ihm überhaupt an: fester Wille und Beharrlichkeit, verbunden mit Hartnäckigkeit und Abgeschieden- heit. Bei ihm findet man das melancholische Temperament; er ist ein Schwerblütiger. Der vierte sieht wohlgenährt, fast aufgedunsen ans. Sein Auge ist matt und starr. Er liebt eine behagliche Ruhe, arbeitet langsam und ungern, schläft lange und kann viel Wärme ertragen. Wie der Körper, so liebt auch sein Gemüth die Ruhe. Die Einbildungskraft ist selten bei ihm rege. Er ist gleichgiltig gegen Freuden und Leiden. Weil ihm das Erwer- den schwer scheint, so scheut er jede Ausgabe und hat Nei- gung zum Geize. Er ist furchtsam und eigensinnig. Zn seinen guten Eigenschaften gehören Bedachtsamkeit, Gelassenheit und Ordnungsliebe. Dieser ist ein Kaltblütiger und von phleg- matischem Temperament. Dem gemäss gibt es also vier Temperamente, das des Leichtblütigen, des Warmblütigen, des Schwerblü- tigen und des Kaltblütigen, oder das sanguinische, cholerische, melancholische und phlegmatische. Man ist der Meinung, dass die Beschaffenheit unseres Körpers auf das Gefühls- und Begehrungsvermögen Einfluss habe, und in früheren Zeiten wollte man beides vom Blute herleiten, daher jene Benennungen. Gegenwärtig versteht man unter Tempera-

5. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 252

1864 - Breslau : Leuckart
252 Geographie Manche der Oeffnungen, die aus einer Höhle in die andere füh- ren, sind sehr niedrig, und man kann nur ganz gebückt durchgehen. In die eine steigt man hinab, in die andere hinauf; in eine dritte muß man sich gar mit Stricken hinablassen. Der Krümmungen und Durchkreuzungen gibt es so viele, daß man ohne Licht und Führer Gefahr lausen würde, sich zu verirren. Die /ingats- Höhte. Ganz eigener Art ist die berühmte Fingals-Höhle auf der kleinen Insel Staffa, zu Schottland gehörig. Sie ist einer Felsenhalle ähnlich, die von der Natur aus einer unzählbaren Menge von regelmäßigen sechsseitigen Basaltsäulen erbaut ist und das prachtvollste Menschenwerk an Größe und Erhabenheit übertrifft. Der Eingang wird vom Meere aus auf einem Kahne unternommen; ein seitwärts befindlicher Fußpfad ist sehr beschwer- lich. Das Innere der Höhle ist durch das von Außen einfallende Tageslicht bis zum hintersten Ende vollkommen erleuchtet, was nichr wenig zur Enthüllung aller ihrer Schönheiten beiträgt.

6. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 319

1864 - Breslau : Leuckart
Amerika. 319 früher kleine Völkerschaften. Hirten gab es unter ihnen nicht, wegen Mangels an Hausthieren. Der Feldbau beschränkte sich nur auf nothdürftige Anpflanzungen von Mais und Maniok. Fischerei dagegen und Jagd waren Hauptbeschäftigungen der mei- sten. Zur Trägheit neigten sich fast alle, selbst die rüstig mun- teren der kühlen Zone. Auffallend jedoch war die thierische Dumm- heit der Fischervölker am Orinoko, im Vergleich mit der Rührigkeit und dem aufgeweckten Geiste der nördlichen Jäger. Grausam gegen ihre Feinde fand man sie sämmtlich; die meisten fraßen ihre Gefangenen oder quälten sie zu Tode. Noch jetzt sind die Völkerschaften Nordamerikas, die sich ins Innere zurückgezogen, ihren Vorfahren ähnlich; noch jetzt kennen sie keine Staatsein- richtung, als Gleichheit eines Jeden im Anrecht auf die Thiere des Waldes, so weit ihr Jagdbezirk sich erstreckt; sie gehorchen nur den Befehlen des Kühnsten, den sie zum Anführer wählen. Das Weib ist bei ihnen dem stärkeren Manne dienstbar, zum Lasttragen und Arbeiten bestimmt. Die Männer, wenn nicht auf der Jagd oder im Kriege, pflegen fauler Ruhe; doch leicht, von Leidenschaften gereizt, können sie in große Lebhaftigkeit gera- then. Ihre Kriegstänze werden als ausdrucksvoll und schauder- haft, und andere Tänze, womit sie die Aussöhnung zu feiern pflegen, als leicht und unmuthig geschildert. Besonders rühmt man an ihnen Liebe zum unabhängigen Vaterlande und Standhaftig- keit im Leiden. In jener gleichen sie unsern deutschen Vorfahren; in dieser nur sich selbst; denn nirgends ist man grausamer in Peinigung Gefangener und also nirgends so zur Ertragung großer Schmerzen aufgefordert. Darum prägen sie den Knaben ein, jede Beleidigung müsse gerächt, jede noch so große Marter muthig und lautlos erduldet werden. Hierin üben sie mehr als die alten Spartaner. Ihre Religionsbegriffe waren und sind einfach. Sie verehren den unsichtbaren großen Geist als den Beschützer der Tapfern und Guten, und glauben an ein Leben nach dem Tode, wo ewiger Frühling weht, wo die Wälder voll Wild, die Gewässer voll Fische sind. Darum halten sie auch ihr Wort, sind treu und gastlich, großer Gesinnungen und Handlungen fähig. Man hat Reden ihrer Häuptlinge aufbewahrt, worin Kraft und Hoheit der Gefühle bewundernswerth erscheint. In den ehemaligen spanischen Besitzungen sind fast alle zum Christenthum bekehrt, ganze Völker aber durch Krieg und grausame Unterdrückung vernichtet worden. Große Landstrecken nehmen gegenwärtig Abkömmlinge der Europäer ein; auch leben dort viele aus Afrika hinübergeschiffte Neger als Sklaven. Theile von Nordamerika sind: Grönland, wo nur wenige zerstreut wohnende Menschen ein kümmerliches Leben

7. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 483

1864 - Breslau : Leuckart
Sitten - und Lebensregeln. 483 Feindschaft dagegen ist Armuth. Deswegen suche auch den zu gewinnen durch Wohlwollen, der dir nicht wohl will. Kannst du aber den Feind nicht gewinnen und den Freund nicht behalten, ohne Gott zu verlieren, so lasse die Men- schen vor Gott fahren! Schliesse dein Herz nicht zu! Thränen sind gut, aber nicht das Beste, sondern wenn du hingehest und. den Armen eine Freude machst, dem Kranken eine Er- quickung bringst, dem Verzagten Muth einsprichst, den Traurigen erheiterst, der Verlassenen dich annimmst und den Gefallenen deine Hand reichst, dass sie aufstehen, und leitest sie auf den guten Weg: da zeigst du ein fühlen- des Herz. Ehre deinen König und halte sein Gesetz! Es mag kein Haus bestehen ohne Herrn und keine Ord- nung ohne Tiegel; darum sollst du dich nicht erheben wider den rechtmässigen Herrn des Landes, weder durch Verrath oder Gewalt, noch durch Murren und Lästern, sondern bescheiden seine Verordnungen annehmen und treu seinen Befehlen folgen, es gehe auch in Noth und Tod; denn er knüpft daran, dir unbemerkt, das Heil und das Leben vie- ler Tausenden. Wenn der König ein Vater ist, so sollst du ein Kind sein und auch dem Strengen gehorchen mit Kindersinn. Die Obrigkeiten sind die älteren Geschwister, denen er in Abwesenheit sein Ansehen und seine Gewalt gegeben hat, dass du sie hörest und ehrest wie ihn. Weiche kein Haar breit von der Ehrlich- keit! Wenn die Wahl vor dir liegt zwischen Beicht hum und Armuth, zwischen Hoheit und Niedrigkeit, so sollst du Vortheil, Beichthum und Hoheit verweisen, Schaden, Ar- muth und Niedrigkeit annehmen und — ein ehrlicher Mensch bleiben. — Lüge nicht! Brich dein Wort nicht! Aendere die Schrift nicht! Hüte dich vor Betrug! Habe auch nicht Hehl mit Dieben, sie seien vornehm oder gering; der Hehler ist nicht besser als der Stehler. Ferner sei kein Würgengel unter deinen Mitbrüdern, das heisst: treibe nicht Wucher! Ls muss kein ungerechter Pfennig in deinem Vermögen sein, und keine Thräne auf deinen Besitz fallen. Nähre dich selbst und lass dich nicht näh- ren! Nimm den Elenden nicht das Brot und dränge die Schwachen, Kranken und Gebrechlichen nicht von dem Wohlthäter hinweg. Du aber, dem Gott Hände und Kopf gegeben, sollst dich nicht auf den Brotkorb setzen, sondern sollst arbeiten und mit Beeilt essen. Hast du übrig, so 31*

8. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 487

1864 - Breslau : Leuckart
Sitten - und Lebensregeln. 487 und diesen gewaltsam genommen. Dabei ist Gefahr, gestochen zu werden. Also ist die eigentliche Bedeutung des Sprichwortes: Wer den süßen Honig der Bienen haben will, muß sich der Gefahr aussetzen, von denselben gestochen zu werden. — In allen Verhältnissen suchen die Menschen das Angenehme, aber vor der Erlangung müssen sie gewöhnlich etwas Unan- genehmes übernehmen. Wer dies scheut, wird das Ziel nicht erreichen. So möchten viele Kinder gern viel wissen; aber das anstrengende Lernen, das Verzichten auf Spiel und Tändelei sind das Unangenehme, der Stachel, durch den sie sich nicht abschrecken lassen dürfen. — Zeitliches Vermögen suchen die meisten Menschen; viele aber mögen Fleiß und Sparsamkeit nicht üben, und erlangen nicht das Gewünschte. Vorgethan und nachbedacht hat manchen in groß Leid gebracht. Ehe der vernünftige Mensch eine Handlung beginnt, überlegt er. Er wird sich der Absichten bewußt, warum er etwas vornimmt, bedenkt die möglichen Folgen seines Thuns, und wählt die vernünftigste Weise, das Vorhaben auszuführen. Wer wie das Thier blindlings handelt, ohne Ueberlegung beginnt, ist mit Recht ein Thor zu nennen. Das nicht vorher bedachte Handeln hat gewöhnlich nicht einen so günstigen Erfolg, als es haben könnte; in den meisten Fällen zieht es dem Menschen einen Nach- theil entweder am Leibe oder an der Seele zu. Dann bedenken die Leicht- sinnigen zu spät das Geschehene, beklagen vergeblich ihre Unvorsichtigkeit. Muthwillige Kinder stürzen sich oft tollkühn in Gefahren, indem sie sich auf gefährliches Eis wagen, sich ohne Aufsicht baden, auf hohe Bäume klettern u. s. w. Wie mancher ist nicht schon durch Verkrüppelung, sogar durch den Verlust des Lebens für seine Tollkühnheit bestraft! Leichtsinnig wählen oft junge Leute Umgang, Gesellschaften, schließen ohne Ueberlegung Freundschaften und — bereuen oft erst nach dem Verlust ihrer Unschuld den unüberlegten Schritt. Unüberlegte Ausgaben bringen Armuth, unüberlegte Genüsse haben Krankheiten zur Folge. Deshalb das Sprichwort: Erst besinn's, dann beginn's! Anrecht Gut gedeihet nicht. Ein Besitzthum, welches auf unehrliche Weise erworben ist, nennt man unrechtes Gut. Arten der unrechtmäßigen Erwerbung sind Raub, Dieb- stahl, Betrug, Behalten des Gefundenen. Wenn das Erworbene zur Ver- mehrung des Vermögens beiträgt, den Wohlstand des Besitzers und so das zeitliche Glück desselben vermehrt, so gedeihet es. Der himmlische Segen ist die erste Bedingung des Gedeihens, wie das Sprichwort sagt: An Gottes Segen ist alles gelegen. Alles Erlaubte, alles Gute wird durch Anwen- dung schlechter Mittel böse, vermindert oder nimmt deshalb die Gnade Gottes und so seinen Segen. Unrechtmäßiges Gut wird gewöhnlich auf eine leichte Weise erworben, daher nicht mit Sparsamkeit bewahrt. Die Ausübung schlechter Mittel führt bald zum Müssiggange, zum völligen

9. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 488

1864 - Breslau : Leuckart
483 Sitten« und Lebenöregeln. Lasterleben. Das unrechtmäßig erworbene Gut reicht dann selten hin zur Befriedigung der vielen sinnlichen Lüste, es wird auch das rechtmäßig Erworbene zu diesem Zwecke angewandt, und eö erfolgt Verarmung. Die Obrigkeit straft den entdeckten Betrug oder Diebstahl mit Ersatz, Gefäng- niß, Verlust des guten Namens. Deshalb bestätigt sich gewöhnlich die Wahrheit des Sprichwortes: der unehrliche Pfennig verzehrt den ehrlichen Thaler; oder: wie gewonnen, so zerronnen. Jeder für sich, Gott siir uns alle. Der Sinn des Sprichwortes ist: Man braucht nur für sein eigenes Wohl zu sorgen, das Heil des Nebenmenschen ist nicht unsere Sache; für alle Menschen mag Gott sorgen. Es ist ein ganz verkehrtes Sprichwort. Es führen dasselbe nur eigennützige, selbstsüchtige Leute im Munde, welchen ihr irdischer Gewinn mehr gilt, als der Wille Gottes. Dagegen lehrt unsere heilige Religion, daß Einer des Andern Last tragen solle, daß wir alle Brüder in Christo, dem Herrn, seien; daß die Nächstenliebe der Selbst- liebe gleich sein solle. Es gibt auch andere Sprichwörter, welche das Gegentheil ausdrücken, als: „Alles, was du willst, daß dir geschehe, das thue auch jedem Andern; eine Hand muß die andere waschen." Die Heuchelei ein faules Ei. Ein faules Ei scheint von außen gut, unverdorben, das Innere hin- gegen hat nicht allein die Eigenschaften eines guten Eies verloren, sondern hat auch einen widerlichen Geruch und wird gleich nach Erkennung der Faulheit von jedem als etwas Ekelhaftes weggeworfen. Mit einem faulen Ei kann passend die Heuchelei verglichen werden. Diese ist Verstellung im Reden und Handeln. Das Aeußere der Heuchler hat den Sckeiu von Frömmigkeit, verbirgt aber ein verderbtes, falsches, boshaftes Herz. Könnte man den Schein entfernen, so würde man sich mit eben dem Abscheu von dem Heuchler abwenden, womit man das übelriechende Ei wegwirft. Die Heuchelei ist eine Verunehrung Gottes, eine feine Betrügerei, eine sehr gefährliche Lüge. Der Heiland verglich die heuchlerischen Pharisäer mit den Gräbern der Todten, mit Wölfen in Schafskleidern. Hochmuth geht vor dem Falle her. Hochmüthig ist derjenige, welcher seine wirklichen Vorzüge überschätzt oder einige zu besitzen glaubt, die ihm gar nicht eigen sind. Einem solchen Menschen fehlt also die Selbsterkenntniß, ohne welche keiner die Fehler ablegen und sich Tilgenden aneignen kann. Der Hochmüthige hat ein zu großes Vertrauen auf seine Festigkeit, Standhaftigkeit. Ihm entzieht des- halb Gott seine Gnade; daher oft sein tiefer Fall. Auch in weltlichen Ver- hältnissen geht Hochmuth vor dem Falle her. Hochmüthige Menschen sind nicht vorsichtig, vertrauen auf ihre Ein- sichten und Geschicklichkeiten zu viel. Daher übernehmen sie oft etwas,

10. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 4

1864 - Breslau : Leuckart
4 Geschichte. Heilkunde; — wenn er die Flocken der Schafwolle in Sturm und Nässe sich zusammendrehen und dadurch an Festigkeit gewinnen sah, so kam er vielleicht ans Spinnen und Weben. Aber das unstäte Leben verursachte, daß er in jeder Gegend ein Fremdling blieb; machte er ja Erfindungen, so waren seine Genossen viel zu entfernt, um dieselben kennen zu lernen; die gegenseitige Hilfsleistung, welche die Ackerbauer verbindet, blieb ihm fremd, und Zank und Streit um Weideplätze waren nicht selten. Jeder war frei und unabhängig, nur dem Oberhaupte, dem Aeltesten des Stammes, gehorchte er; dieser ist der König, und die Bibel zeigt uns die anmuthigsten Bilder des Hirtenlebens in Abraham, Isaak und Jakob. Jnnner weiter gehende Wanderungen führten manche Men- schen in Gegenden, die weder zum Ackerbau noch zur Viehzucht taugten. Große, endlos scheinende, unfruchtbare, wasserlose Step- pen waren unter unsäglichen Beschwerden durchzogen, sie grenzten an ungeheure, dichte Wälder, worin zahllose kleine und große Thiere hausten. Umkehr war unmöglich — da griff der Mensch, durch die Noth kühn und erfinderisch gemacht, zur Waffe, und wurde ein Jäger. Das rohe Fleisch des erlegten Thieres stillte seinen Hunger, die abgezogene Haut bekleidete ihn. Er suchte seine Waffe zu verbessern, und sann auf allerlei List; lauerte im Hinterhalte, lief über Berg und Thal, wohnte in Höhlen und Klüften, wie sie die Natur bot. Bald scheuten ihn die Thiere und flohen seine Nähe, er mußte ihnen folgen, und er that es. Darum baute er keine Hütte, schlug kein Zelt auf; stilles Familienglück, geselliges Zusammenleben kannte er nicht, es war ihm nur hinderlich; mußte doch der erwachsene Sohn sein eigenes Jagdgebiet aufsuchen, und sich von den Seinen trennen, oft aus Nimmerwiedersehen. Wie der Jäger Herrscher über die Thierwelt war, so wollte er über Menschen gebieten, die sich ihm ja näherten;-^wie er hart und herzlos gegen die Geschöpfe des Waldes war, so war er es gegen seine Nebenmenschen. Bei reicherem Fange unmäßig, zu den großen Anstrengungen Stärkung und Aufregung suchend, kannte er nur rauhe, ungestüme Vergnügungen, und eine allmä- lige Verwilderung war die Folge. Unter den Volksstämmen wurden die zuerst groß, bei welchen der Ackerbau die Quelle des Unterhaltes war. Schon oben wurde gesagt, daß bei ihnen auch die ersten Begriffe von Recht vorkamen. Wollten Alle bestehen, so durfte nicht jeder nur sein Bestes wollen, sondern er mußte darauf achten, daß dadurch dem Nachbar ^und Genossen kein Schaden erwuchs. So entstand nach und nach Her- kommen, Sitte, Gesetz, und danach mußten alle Bewohner eines
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