Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
2
I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
Zieh fröhlich, wenn erschallt das igorn,
ein Sturm auf allen Wegen,
und wirf ein heißes blaues Korn
dein Räuber kühn entgegen.
Die Siegessaat, die Freiheitssaat,
wie herrlich wird sie sprießen!
Du Bauer sollst für solche Tat
die Ernten selbst genießen.
Du frommer, freier Bauernstand,
du liebster mir von allen,
dein Erbteil ist im deutschen Land
gar lieblich dir gefallen.
Max von Schcnkendorf.
2. Sprüche, Sprichwörter und Merkworte.
1. Mos. 3, 19: Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein
Brot essen.
l.kön.4, 25: Sie wohnten sicher, ein jeglicher unter seinem
Weinstock und Feigenbaum.
Glückselig ist der Bauersmann, wenn er’s nur recht erkennen
kann.
Besser ein reicher Bauer, denn ein armer Edelmann.
Ein Ackermann — ein Wackermann. Ackerwerk — Wacker-
werk.
In jedem Lande ist der Pflug der erste Gläubiger, gegen
dessen Forderungen jede andere zurück tritt. (Burke.)
Vor allem sei du mir gepriesen, Ackerbaul In der Erde
Furchenwunden streuest du siebenfältig Leben. Da hebt sich das
Herz, da wächst der Geist. (B. Auerbach.)
Glückselig jener, der, entfernt dem Weltgeschäfte, sein Vater-
feld mit eignen Stieren wohl durchpflügt. (Horaz.)
Nicht der Stand ehrt den Mann, sondern der Mann den Stand.
Der eine dient mit Kunst, der andre mit den Waffen; doch
muß der Bauernstand uns allen Brot verschaffen.
Vom Bauernstand von unten aus
soll sich das neue Leben
in Adels Schloß und Bürgers Haus,
ein frischer Quell, erheben.
Doch eines, liebster, ältster Stand,
kann größres Lob dir schaffen:
Nie müßig hängen an der Wand
laß deine Bauernwaffen!
Der scharfe Speer, das gute Schwert
muß öfter dich begleiten,
um fröhlich für Gesetz und Herd
und für das Heil zu streiten.
3. Der deutsche Bauer.
Mit dem zähen Beharren des Bauern hängt ein mächtiges Selbst-
gefühl zusammen, ein stolzes Bewußtsein seines gesellschaftlichen
Wertes. Der unverfälschte Bauer schämt sich nicht, ein Bauer zu
sein; es liegt ihm im Gegenteil nahe, jeden andern zu unterschätzen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Max_von_Schcnkendorf Max Burke
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
Vorwort.
Die ländlichen Fortbildungsschulen kommen zu immer größerer Bedeutung
und Verbreitung. In nicht wenigen deutschen Staaten ist der Pslichtbesnch bereits
gesetzlich angeordnet. Immer dringender tvird er überall und für alle Jünglinge
gefordert. Die ländlichen Fortbildungsschulen sind ein dringendes Bedürfnis für
den so wichtigen Bauernstand. Ohne eine tüchtige Berufsbildung kann er in dem
erschwerten Wettkampfe nms Dasein nicht obsiegen. Die ländlichen Fortbildungs-
schulen sollen der Bildnngsarbeit der Volksschule den so nötigen Ausbau und Ab-
schluß geben. Die Schulerziehung bricht leider 511 einer Zeit ab, wo sich kaum die
ersten Fruchtansätze zeigen. Noch ist die Zucht nicht zur Selbstzucht, der Unterricht
nicht zum Selbstunterrichte geworden!; da öffnet sich die Schultür und entläßt den
werdenden Jüngling in die Freiheit und ihre vielen Gefahren. Mit der Schultür
klappen für viele alle Bücher zu. Wie aber Sieg nur in der Wahrheit, fo ist
dauernder Erfolg nur in der Stetigkeit zu finden. Nirgends gilt das mehr als bei
der Bildungsarbeit. Darum gehört in die klaffende Erziehungslücke zwischen der
Schul- und Militärzeit die Fortbildungsschule als geistige, sittliche und berufliche
Bildnngsanstalt. Sie soll die Brücke von dem Lernen der Schule in den Gebrauch
des Lebens, von der allgemeinen Erziehungs- in die besondere berufliche Bildungs-
pflege schlagen. Leider kann dein Unterrichte nur eine beschränkte Zeit gewidmet
werden. Es müssen darum Bildungshelfer den Schüler ins Haus begleiten. Einer
der besten muß das Lesebuch sein. Es soll alt und jung unterhalten und belehren,
erfreuen und beraten. Es soll den Geist anregen, das Herz erwärmen, den Willen
kräftigen, die Sitten bilden und zum Berufe tüchtigen.
Leben und Beruf des Landwirts in allen seinen Beziehungen muß darum
der Inhalt des Buches, der Vorstellungs-, Lebens- und Pflichtenkreis des Land-
manns der leitende Gesichtspunkt für die Auswahl und Anordnung des Stoffes
sein. Nach diesem Grundsätze ist unser Lesebuch zusammengestellt. Es begleitet
den jungen Landwirt nach und nach auf alle seine Lebens- und Pflichtgebiete.
Durch Lied und Spruch, durch Erzählung und Belehrung sucht es ihn: seinen Be-
ruf lieb und leicht, sein Leben freundlich und fruchtbar machen zu helfen. Möchte
das Buch dein so überaus wichtigen Bauernstande zu geistiger, sittlicher und
beruflicher Förderung gereichen! Möchte es recht vielen ein lieber Hausfreund und
freundlicher Arbeitshelfer werden!
Tie Herausgeber.
Vorwort zur fünften Anflaqe.
Die fünfte Auflage folgt der vierten so rasch, daß einschneidende Verände-
rungen weder möglich noch notwendig waren. Gemäß dem Düsseldorfer „Entwurf
eines Lehrplanes für ländliche Fortbildungsschulen" ist die Lebens- und Bürger-
kunde sowie die Gesundheitslehre und Berufs künde noch mehr als bisher
berücksichtigt worden. Ebenso sind die „Verhandlungen des Königlichen Landes-
Ökonomie-Kollegiums in Berlin 1908" über die Gestaltung des Unterichts in
ländlichen Fortbildungsschulen sorgfältig beachtet.
Möchte das Buch auch weiterhin der geistigen, sittlichen und beruflichen Bil-
dung unserer Landjugend gute Helferdienste leisten!
Treffurt am 18. Oktober 1909.
Friedrich Polack.
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TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Polack Friedrich
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich Friedrich Nettelbeck
Extrahierte Ortsnamen: Rheine Deutschland Jesu Berlin
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Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
60 Ii- Das Haus und seine Sitte, die Familie und ihre Glieder.
man untreu ist gegen beit Meister, ist man auch untren an sich. Jede
Ausübung gibt unvermerkt eine Gewohnheit, von welcher man nicht
wieder loskommen kann. Zuerst müssen freilich die Meister diese
Gewohnheiten tragen, endlich aber, und am längsten und schwersten
die Dienstboten selbst. Sie nehmen sie mit, wenn sie sich verheiraten,
ins eigene Haus, und alle ihre Folgen, Not und Jammer bis an das
Grab, ja bis durch das Grab vor Gottes Richterstuhl. So viele
laufen herum, den Menschen zur Last und Gott zum Ärgernis, die
sichtbar bezeugen, wie die Untreue sich selbst straft. Aber so wie man
durch sein Tun sich inwendig eine Gewohnheit bereitet, so macht nian
sich auswendig einen Namen. An diesem Namen, an dem Nus der
Geltung unter den Menschen, arbeitet ein jeder von Kindesbeinen an
bis zum Grabe, jede kleine Ausübung, ja jedes einzelne Wort trägt
zu diesem Namen bei. Dieser Name öffnet oder versperrt uns Herzen,
macht uns wert oder unwert, gesucht oder verstoßen. Wie gering ein
Mensch sein mag, so hat er doch einen Namen; auch ihn betrachten
die Augen seiner Mitmenschen und urteilen, was er ihnen wert sei.
So arbeiten die Mädchen unwillkürlich an ihrem Namen; und nach
diesem Namen kriegen sie Lohn; dieser Name bricht ihnen Bahn oder
verschließt sie ihnen. Da kann eins lange reden und über die frühere
Herrschaft schimpfen, es macht damit seinen Namen nicht gut; sein Tun
hat ihn längst schlecht gemacht. Ein solcher Name wird stundenweit
bekannt, nian begreift nicht, wie. Es ist eine wunderbare Sache um
diesen Namen, und doch betrachten ihn die Menschen viel zu wenig
und namentlich die, welchen er das zweite Gut ist, mit dem sie,
verbunden mit der inwendigen Gewohnheit, ein drittes, ein gutes
Auskommen in der Welt, ein viertes, den Himmel und seine
Schätze, erwarten sollen. Ich frage nun: was für ein schlechter Tropf
einer ist, wenn er schlechte Gewohnheit hat, einen schlechten Namen
und um Himmel und Erde koinmt!
„Daher soll jeder, der in Dienst tritt, den Dienst nicht betrachten
als eine Sklavenzeit, den Herrn nicht als seinen Feind, sondern als
eine Lernzeit und den Meister als eine Wohltat Gottes; denn mas
sollten die Armen, d. h. die, welche nur Zeit und Kräfte, also doch
eigentlich viel haben, anfangen, wenn ihnen niemand Arbeit und Lohn
zu geben hätte? Sie sollten die Dienstzeit betrachten als eine Gelegen-
heit, sich an Arbeit und Emsigkeit zu gewöhnen und sich einen guten
Namen zu machen unter den Menschen. In dem Maße, als sie dem
Meister treu sind, sind sie es auch an sich selbst, und wie der Meister
an ihnen gewinnt, gewinnen sie selbst auch. Sie sollen nie glauben,
nur der Meister ziehe Nutzen aus ihrem Fleiße; sie selbst gewinnen
wenigstens ebensoviel dabei. Kommen sie auch zu einem schlechten
Meister, sie sollen ja nie meinen, ihn zu strafen durch schlechte Äuf-
führung: sie tun damit nur sich selbst ein Leid an und schaden
sich innerlich und äußerlich. Wenn nun so ein Dienstbote immer
besser arbeitet, immer treuer und geschickter wird, so ist das sein
Eigentum, und das kann niemand von ihm nehnien, und dazu besitzt
er einen guten Namen, die Leute haben ihn gern, vertrauen ihm viel
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Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
Ii. Das Haus und seine Sitte, die Familie und ihre Glieder. 61
an, und die Welt steht ihm offen. Er mag vornehmen, was er will,
er findet gute Leute, die ihm helfen, weil seilt guter Name der beste
Bürge für ihlt ist. Mai: achte doch nur darauf, welche Dienstboten
man rühmt: die treuen oder die untreuen? Gib acht, welche unter
ihnen zu Ehre und Altsehen kommen! Endlich will der Mensch
Freude haben, besoilders in der Jugendzeit. Haßt nun der Dienst-
bote [eilten Dienst und ist ihm die Arbeit zuwider, so muß er eine
besondere Freude suchen. Er fängt daher an zu laufen, zu schwärmen,
sich mit schlechten Sacheit abzugeben und hat daran feine Freude,
denkt Tag und Nacht daran. Ist aber einem Knecht oder einer Magd
das Licht aufgegangen, daß sie etwas werden möchten, linb der
Glaube gekommen, daß sie etlvas werdeit können, so lieben sie die
Arbeit, haben Freude daran, etwas zu lernen nnb etlvas recht zu
machen; Freude, wenn ihnelt etwas gelingt, wenn das wachse, was
sie gesäet, fett werde, was sie gefüttert; sie sagen nie: was frage ich
danach? was geht das mich an? Ja, sie haben eine eigentliche Lust
daran, etwas Ungewohntes zu verrichten, etlvas Schlveres zu unter-
nehmen; dadurch wachsen die Kräfte am besten, dadurch lnachen sie
sich die besten Namen. So haben sie auch Freude an des Herrn
Sache, seinen Pferden, seinen Kühen, feinem Korn, seinem Gras, als
ob es ihnen gehörte. Woran man Freude hat, daran denkt man
auch; wo man den Schatz hat, da hat man auch das Herz. Hat nun
der Dienstbote seinen Dienst im Kopf, erfüllt ihli der Trieb, vor Gott
und Menschen ein recht tüchtiger Mensch zu werden, so hat das Böse
wenig Gewalt über ihn, kann ihm nicht böse Gelüste eingeben, an die
er Tag und Nacht denkt, so daß er keinen Sinn für die Arbeit hat,
und die ihn noch von einem Laster zum andern ziehen und innerlich
und äußerlich verderben."
Uli blieb jetzt die Antwort schuldig. Aber er glaubte seinem
Herrn; nach einem Jahr war er aus den Schulden; im zweiten hatte
er scholl Überschuß, den er in die Sparkasse legte, und hatte doch fort-
während vergnügt gelebt. Jährlich wuchs sein Vermögen; die Zinsen
halfen mit, und sein Herr vergrößerte ihm freiwillig den Lohn bis aus
das Doppelte. Wie Uli für den Herrn sorgte, sorgte dieser wieder
für ihil, zeigte ihm alle Arbeiten und vertraute sie ihm an. Als nach
mehreren Jahren sich Gelegenheit fand, verschaffte er ihm eine gute
Verwalterstelle, deren Dienst Uli mit Treue versah. Reichlich 30 Jahre
alt, hatte er ungefähr 2400 Mark in der Sparkasse stehen! aber noch
einen größeren Schatz, einen guten Namen hatte er sich erworben.
Er konnte jetzt den Hof pachten, den er bisher verwaltet hatte, — bettn
sein alter Herr ward Bürge für ihn. Nach Jer. Gotthelf.
36. Die fromme Magd.
Die fromme Magd vom rechten Stand Sie trägt und bringt nicht nene Mär',
geht ihrer Frauen fein zur Hand, geht still in ihrer Arbeit her,
hält Schüssel, Tisch und Teller weiß ist treu und eines frohen Mut's
zu ihrem und der Frauen Preis. und tut den Kindern alles Gut's.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit.
69
„Meister, warum führest du mich in solch öde und traurige Gegend?
Sie ist das strafende Bild meiner Seele und meines Lebens."
„Hillel aber antwortete und sprach: „Da du meinen Worten
nicht glauben wolltest, so habe ich versucht, ob die Stimme der Natur
zu deinem Herzen dringen möchte." — Saboth aber drückte seinem
Lehrer die Hand und sagte: „Es ist dir nicht mißlungen; ein neues
Leben, du sollst es sehen, ist in mir aufgegangen."
Also geschah es; Saboth ward ein tätiger Jüngling. Da führte
ihn Hillel in ein fruchtbares Tal an den Ufern eines klaren Baches,
der in lieblichen Windungen zwischen fruchtbaren Bäumen, blumigen
Wiesen und dunklem Gebüsch dahinströmte. — „Siehe hier," sagte
darauf der Greis zu dem erfreuten Jünglinge, „das Bild eines
neuen, tätigen Lebens! Die Natur, die dich gewarnt hat, nmg
dich nun auch belohnen."
Ihre Anmut und Schönheit kann nur den erfreuen, der in ihrem
Leben sein eigenes schaut. F. A. Krummcicher.
47. Der Vater gibt dem Sohne seine Uhr.
1. Deine Tag' und Stunden flössen,
nicht gemessen, nur genossen,
nicht gezählt nach Schlag und Uhr,
wie ein Bach durch Blumenflur.
2. Aber ernster wird das Leben,
und ich will die Uhr dir geben;
trage sie, wie ich sie trug,
unzerbrochen lang genug!
3. Daß sie dir mit keinem Schlage
von verlornen Stunden sage!
Unersetzlich ist Verlust
des Geschäfts und auch der Luft.
4. Sohn! der Tag hat Stunden viele,
so zur Arbeit wie zum Spiele;
gib das Seine jedem nur,
und du freuest dich der Uhr.
5. Selber hab' ich mit den Stunden
mich soweit nun abgefunden,
daß ich ohne Glockenschlag
sie nach Notdurft ordnen mag.
6. Zähle du für mich die Stunden!
Llitb auch jene, die geschwunden,
kehren schöner mir zurück,
wenn du sie dir zählst znm Glück.
F. Rückert.
48. Bier Regeln für den Hausstand.
1. Beteund arbeite! Bete! heißt's zuerst. Das ist der Morgen-
segen und der Tagessegen und der Abendsegen. Wo das Gebet das
Tageswerk beginnt, fortsetzt und endet, da hilft Gott arbeiten. Es
geht frisch und freudig von der Hand und gibt ein ordentlich Stück.
Da ist das „Arbeite" keine Last und Bürde, sondern eine Lust und
Würde. So lege ich das Sprüchlein aus: „Hilf dir selbst, so hilft
dir Gott!" Und das Sprichwort: „Handwerk hat einen goldenen
Boden," sagt mir auch nicht: es bringt Geld ein; sondern der goldene
Boden ist die wahre Frömmigkeit des Herzens, auf der das Handwerk
ruhen muß. Dann aber nährt es seinen Mann und die ganze Haus-
haltung mit.
Das Beten allein tut's nicht; aber das Arbeiten ohne Beten
tut's gar nicht; denn ihm fehlt der Segen Gottes. Drum beides zu-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni]]
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
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Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit.
51. Ein und aus, auf und nieder.
Iin Atemholen sind zwei Gnaden:
Die Luft einziehen, sich ihrer entladen!
Jenes bedrängt, dieses erfrischt;
so wunderbar ist das Leben gemischt.
Du, danke Gott, wenn er dich preßt,
und dank' ihm, wenn er dich entläßt. Goethe.
52. Das Höchste.
1. Halte fest am frommen Sinne,
der des Grenzsteins nie vergaß!
Alles Heil liegt mitten inne,
und das Höchste bleibt das Maß.
2. Glücklich, wenn die Tage fließen
wechselnd zivischen Freud und Leid,
zwischen Schaffen und Genießen,
zwischen Welt und Einsamkeit!
Em. Geibel.
53. Über ein Stündlein.
Dulde, gedulde dich fein!
Über ein Stündelein
ist deine Kammer voll Sonne!
Uber den First, wo die Glocken hangen,
ist schon lange der Schein gegangen,
ging in Türmers Fenster ein.
Wer an: nächsten dem Sturm der
Glocken,
einsam wohnt er, oft erschrocken,
doch am frühesten tröstet ihn Sonnen-
schein.
Wer in tiefen Gassen gebaut,
Hütt' an Hüttlein lehnt sich traut,
Glocken haben ihn nie erschüttert,
Wetterstrahl ihn nie umzittert,
aber spät sein Morgen graut.
Höh' und Tiefe hat Lust und Leid.
Sag' ihm ab, dem törichten Neid!
Andrer Gram bringt andre Wonne.
Dulde, gedulde dich fein!
Über ein Stündelein
ist deine Kammer voll Sonne!
P. Heyse.
54. Abendlied eines Bauern.
1. Das schöne, große Taggestirne
vollendet seinen Lauf:
komm, wisch den Schweiß mir von der Stirne,
lieb Weib, und dann tisch aus!
2. Kannst hier nur auf der Erde decken,
hier unterm Apfelbaum;
da pflegt es Abends gut zu schmecken
und ist am besten Raum.
3. Und rufe flugs die kleinen Gäste;
denn hör, mich hungert's sehr;
bring auch den Kleinsten aus dem Neste,
wenn er nicht schläft, mit her!
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit.
73
56. Nebeltag
1. Nun weicht er nicht mehr von der
Erde,
der graue Nebel unbewegt.
Er deckt das Feld und deckt die Herde,
den Wald und was im Wald sich regt.
2. Er fällt des Nachts in schweren
Tropfen
durchs welke Laub von Baum zu Baum,
als wollten Elfengeister klopfen
den Sommer wach aus seinen! Traum.
im Herbste.
3. Der aber schläft, von kühlen
Schauern
tief eingehüllt im Totenkleid —
O welch ein stilles, sanftes Trauern
beschleicht das Herz in dieser Zeit!
4. Im Grund der Seele winkt es
leise,
und vom dahingeschwundnen Glück
beschwört in ihrem Zauberkreise
Erinnrung uns den Traum zurück.
H. Lingg.
57. Wächterruf.
1. Höret, was ich euch will sagen!
Dieglocke, die hat zehn geschlagen.
Jetzt betet und jetzt geht zu Bett,
und wer ein gut Gewissen hat,
schlaf' sanft und wohl! im Himmel
wacht
ein heiter Aug' die ganze Nacht.
2. Höret, was ich euch will sagen!
Die Glocke, die hat elf geschlagen.
Und wer noch bei der Arbeit
schwitzt,
und wer noch bei den Karten sitzt,
dem sag' ich jetzt zum letztenmal:
's ist hohe Zeit, nun schlafet wohl!
3. Höret, was ich euch will sagen!
Dieglocke,diehat zwölf geschlagen.
Und wo noch in der Mitternacht
ein Herz in Schmerz und Kummer
wacht:
Gott geb' dir eine stille Stund',
mach' froh dich wieder und gesund!
4. Höret, was ich euch will sagen!
Dieglocke, die hat eins geschlagen.
Und wo mit Satans Will' und Rat
eindieb auf dunkeln Pfaden naht —
ich will's nicht hoffen, doch ge-
schieht's —,
geh' heim, der ew'ge Richter sieht's!
5. Höret, was ich euch will sagen!
Dieglocke, die hat zwei geschlagen.
Und wem schon wieder, eh's noch
tagt,
die schwere Sorg am Herzen nagt, —
du armer Tropf, dein Schlaf ist hin;
Gott sorgt; erheitre deinen Sinn!
6. Höret, was ich euch will sagen!
Dieglocke, die hat drei geschlagen.
Die Morgenstund' am Himmel
schwebt;
wer friedevoll den Tag erlebt,
der danke Gott und fasse Mut,
geh' ans Geschäft und halt' sich gut!
Hebel.
58. Bor der Kirchzeit.
Sonntag Morgens vor der Kirchzeit sitzt der Hagenmeier hemd-
ärmelig auf dem Bänkchen vor dem Bienenhause im Garten. Er darf
sich wohl ohne Jacke sehen lassen, denn sein Hemd ist so weiß wie der
frischgefallene Schnee, und es ist ihm gar wohl, so leicht und frei
dazusitzen in der luftigen Hülle; er läßt sich von der Frühlingssonne
durchwärmen; er raucht sein Pfeifchen dabei, und es ist so still, und
es ist ihm so wohl wie einem Baum im Erdengrund; er möchte gar
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
74 Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit.
nicht weg, und es ist ihm, wie wenn er nicht sich selbst, sondern wie
wenn ihn ein anderer da hergesetzt hätte.
Ein Vers ans dem alten Kirchenliede geht ihm durch den Sinn;
seine Lippen bewegen sich nach den Worten, aber er spricht sie nicht
laut, sondern ties im Herzen:
„Drum halte nur ein wenig stille
und sei doch in dir selbst vergnügt."
Ja, wenn sich nur die Menschen öfters ein stilles Plätzchen aus-
suchten, fernab von dem Geräusche und der Unruhe des Alltagslebens,
wo sie ganz alleine mit sich hinhorchen auf das, was sich in ihrem
Innersten regt; wenn sie den Kamps um die Not beschwichtigt, finden
sie da einen ewigen Quell der Freude und des Glücks. Da braucht
man keine großen Gastereien, keine kostspieligen Feste, um Freude und
Genuß aufzuerwecken, da hat der ewige gute Gott das Fest bereitet und
ladet die Seele ein, sich's Wohlsein zu lassen. Wie viel tausend
Menschen jagen immer nach Genuß und Lust draußen in der Welt und
vergessen, was sie bei sich haben!
„Drum halte nur ein wenig stille
und sei doch in dir selbst vergnügt."
Wie still und lind ist der Morgen! Kein Lüftchen weht; das
tiefblaue Himmelszelt steht ruhig über der Erde, nur die Lerche steigt
singend frei auf und ab zwischen Himmel und Erde, der Erde ver-
kündend die Schönheit des Himmels, dem Himmel preisend die Wunder
der Erde. Die Schwalben schwingen sich still dahin, gleich als müßten
sie schweigen vor dem ewigen Geheimnis der Erde, deren Pracht
drüben sich auftut, wenn sie hüben hinabsinkt, als hätte das Leben
in ewiger Schöne sie der Sprache beraubt und stumm gemacht, als
dürften sie nicht mitjauchzen mit den Geschöpfen, denen sich die Herr-
lichkeit nur einmal im Jahre ausbreitet. Ju dem Grase steigt der Saft
auf in jedem Halme, und Geschöpfe tummeln sich dort; es ist ein
Klingen und Rauschen, wie wenn alles lebte. In dem blühenden
Apfelbaume summen die Bienen, und jede steigt in den offenen Kelch.
Jetzt sagte der Hagenmeier laut vor sich hin:
„Drum halte nur ein wenig stille
und sei doch in dir selbst vergnügt."
Die Pfeife war ihm ausgegangen; er schlug sich aber kein Feuer
mehr; er legte die Arme auf der Brust übereinander, sich selbst hal-
tend und das, was sich in ihm regte; er ließ die Gedanken kommen
und gehen, wie die Bienen aus- und wieder einzogen.
„Die Tiere, diese Bienen" — dachte er — „haben keinen Sonn-
und Feiertag; sie leben und arbeiten, und ihre Arbeit ist bloß zu
ihres Leibes Nahrung; der Mensch dagegen hat höhere Ziele und setzte
sich einen Tag von sieben fest, daß er frei und von Arbeit ledig bei
sich einkehre und mit seinen Brüdern und Schwestern vereint zu Gott
sich wende, daß er daun der Freude des Daseins sich nt. lauterer
Seligkeit hingebe . . . Wie glücklich bin ich, daß ich hier still ruhen
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Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. 77
gegen sie sein. Unterdes steht ihr Hausherr bereits im Sonntagsstaat
mit geschwärzten Stiefeln in bedächtigem Gespräch mit einem vorüber-
gehenden Bekannten; er klopft dabei seinen Jungen auf den blonden
Kopf, und dieser fühlt sich als ein ganzer Kerl. Holder Tag, wo der
Arme Selbstgefühl gewinlrt, wo der Besitz eines zweiten Hemdes, eines
besseren Kleides und das Gefühl der Freiheit von den Mühen des
Lebens zuversichtlich, heiter, lebenslustig macht! Wer dies dem Arbeiter
verkümmert durch den Zwang übermäßiger Arbeit, ist grausam und
begeht ein schweres Unrecht an seinem Nebenmenschen.
Es ist darum ein schlechter Brauch, der in den Städten ein-
gerissen ist, den Vormittag des Sonntags zu den Arbeitstagen zu
schlagen, nicht sowohl, weil dem Arbeiter dadurch einige Stunden der
Ruhe genommen werden, sondern deshalb, weil gerade diese Stunden
eine eigentümliche Bedeutung haben. Am Sonntag Vormittag ist der
Mensch in Deutschland still, friedlich, in sich gekehrt; er überdenkt fein
Leben, seine Liebe, seinen Gott; er liest, er schreibt an seine Familie;
er sammelt sich und bereitet sich vor für die Freuden und Zer-
streuungen der nächsten Woche. Der Sonntagnachmittag ist in Deutsch-
land ein lustiger Geselle, ein Lebemann; da sucht einer den andern,
und in Gesellschaft sucht man das Vergnügen. Es ist unrecht, wenn
der Meister seinen Gesellen nur die Zeit des Vergnügens freiläßt, die
Zeit des Ernstes aber wegnimmt. Dann fehlt dem Sonntag die Weihe
und dem Menschen die Kraft, das Vergnügen würdig zu ertragen;
man verliert sich leicht in den Genüssen, weil man sich vorher nicht
darauf vorbereitet hat. Immer wird einem der Arbeiter leid tun, der
geradeweg vom Arbeitstisch zu seinem Kasten stürzt, den Sonntagsrock
packt und zu seinen Kameraden ins Wirtshaus rennt. Er hat mit
sich selber noch gar nicht gelebt; das ruhige und ernste Behagen an
sich und am Festtage fehlt ganz; er genießt seine Freiheit unmäßig,
wie ein entlaufener Sklave, und findet am nächsten Morgen die Reue,
nicht die frohe Erinnerung. Ihn hat der Sonntag nicht gekräftigt,
sondern schwächer gemacht. — Den Sonntag, den ganzen Sonntag
soll der Arbeiter feiern. Er soll ihn feiern aus gute deutsche Weise,
in der rechten Mischung üou stillem Ernste und fröhlichem.treiben,
so will es unsere Natur und Sitte. „Grenzboten".
60. Zum neuen Jahr.
1. Zum neuen Jahr den alten
Vater,
des starker Arm die Welten hält!
Er hat sein Volk seit grauen Tagen
auf Adlers Flügeln treu getragen;
ihm sei die Zukunft heimgestellt!
Zum neuen Jahr den alten Vater,
des starker Arm die Welten hält!
2. Zum neuen Jahr den neuen
Segen!
Noch Wasser g'nug hat Gottes Born;
harrt fröhlich sein, ihr Kreaturen:
bald deckt er die beschneiten Fluren
mit grüner Saat und goldnem Korn.
Zum neuen Jahr den neuen Segen;
noch Wasser g'nug hat Gottes Born!
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutsch- Gottes Gottes