Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 2

1910 - Wittenberg : Herrosé
2 I. Der Bauernstand sonst und jetzt. Zieh fröhlich, wenn erschallt das igorn, ein Sturm auf allen Wegen, und wirf ein heißes blaues Korn dein Räuber kühn entgegen. Die Siegessaat, die Freiheitssaat, wie herrlich wird sie sprießen! Du Bauer sollst für solche Tat die Ernten selbst genießen. Du frommer, freier Bauernstand, du liebster mir von allen, dein Erbteil ist im deutschen Land gar lieblich dir gefallen. Max von Schcnkendorf. 2. Sprüche, Sprichwörter und Merkworte. 1. Mos. 3, 19: Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen. l.kön.4, 25: Sie wohnten sicher, ein jeglicher unter seinem Weinstock und Feigenbaum. Glückselig ist der Bauersmann, wenn er’s nur recht erkennen kann. Besser ein reicher Bauer, denn ein armer Edelmann. Ein Ackermann — ein Wackermann. Ackerwerk — Wacker- werk. In jedem Lande ist der Pflug der erste Gläubiger, gegen dessen Forderungen jede andere zurück tritt. (Burke.) Vor allem sei du mir gepriesen, Ackerbaul In der Erde Furchenwunden streuest du siebenfältig Leben. Da hebt sich das Herz, da wächst der Geist. (B. Auerbach.) Glückselig jener, der, entfernt dem Weltgeschäfte, sein Vater- feld mit eignen Stieren wohl durchpflügt. (Horaz.) Nicht der Stand ehrt den Mann, sondern der Mann den Stand. Der eine dient mit Kunst, der andre mit den Waffen; doch muß der Bauernstand uns allen Brot verschaffen. Vom Bauernstand von unten aus soll sich das neue Leben in Adels Schloß und Bürgers Haus, ein frischer Quell, erheben. Doch eines, liebster, ältster Stand, kann größres Lob dir schaffen: Nie müßig hängen an der Wand laß deine Bauernwaffen! Der scharfe Speer, das gute Schwert muß öfter dich begleiten, um fröhlich für Gesetz und Herd und für das Heil zu streiten. 3. Der deutsche Bauer. Mit dem zähen Beharren des Bauern hängt ein mächtiges Selbst- gefühl zusammen, ein stolzes Bewußtsein seines gesellschaftlichen Wertes. Der unverfälschte Bauer schämt sich nicht, ein Bauer zu sein; es liegt ihm im Gegenteil nahe, jeden andern zu unterschätzen.

2. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. III

1910 - Wittenberg : Herrosé
Vorwort. Die ländlichen Fortbildungsschulen kommen zu immer größerer Bedeutung und Verbreitung. In nicht wenigen deutschen Staaten ist der Pslichtbesnch bereits gesetzlich angeordnet. Immer dringender tvird er überall und für alle Jünglinge gefordert. Die ländlichen Fortbildungsschulen sind ein dringendes Bedürfnis für den so wichtigen Bauernstand. Ohne eine tüchtige Berufsbildung kann er in dem erschwerten Wettkampfe nms Dasein nicht obsiegen. Die ländlichen Fortbildungs- schulen sollen der Bildnngsarbeit der Volksschule den so nötigen Ausbau und Ab- schluß geben. Die Schulerziehung bricht leider 511 einer Zeit ab, wo sich kaum die ersten Fruchtansätze zeigen. Noch ist die Zucht nicht zur Selbstzucht, der Unterricht nicht zum Selbstunterrichte geworden!; da öffnet sich die Schultür und entläßt den werdenden Jüngling in die Freiheit und ihre vielen Gefahren. Mit der Schultür klappen für viele alle Bücher zu. Wie aber Sieg nur in der Wahrheit, fo ist dauernder Erfolg nur in der Stetigkeit zu finden. Nirgends gilt das mehr als bei der Bildungsarbeit. Darum gehört in die klaffende Erziehungslücke zwischen der Schul- und Militärzeit die Fortbildungsschule als geistige, sittliche und berufliche Bildnngsanstalt. Sie soll die Brücke von dem Lernen der Schule in den Gebrauch des Lebens, von der allgemeinen Erziehungs- in die besondere berufliche Bildungs- pflege schlagen. Leider kann dein Unterrichte nur eine beschränkte Zeit gewidmet werden. Es müssen darum Bildungshelfer den Schüler ins Haus begleiten. Einer der besten muß das Lesebuch sein. Es soll alt und jung unterhalten und belehren, erfreuen und beraten. Es soll den Geist anregen, das Herz erwärmen, den Willen kräftigen, die Sitten bilden und zum Berufe tüchtigen. Leben und Beruf des Landwirts in allen seinen Beziehungen muß darum der Inhalt des Buches, der Vorstellungs-, Lebens- und Pflichtenkreis des Land- manns der leitende Gesichtspunkt für die Auswahl und Anordnung des Stoffes sein. Nach diesem Grundsätze ist unser Lesebuch zusammengestellt. Es begleitet den jungen Landwirt nach und nach auf alle seine Lebens- und Pflichtgebiete. Durch Lied und Spruch, durch Erzählung und Belehrung sucht es ihn: seinen Be- ruf lieb und leicht, sein Leben freundlich und fruchtbar machen zu helfen. Möchte das Buch dein so überaus wichtigen Bauernstande zu geistiger, sittlicher und beruflicher Förderung gereichen! Möchte es recht vielen ein lieber Hausfreund und freundlicher Arbeitshelfer werden! Tie Herausgeber. Vorwort zur fünften Anflaqe. Die fünfte Auflage folgt der vierten so rasch, daß einschneidende Verände- rungen weder möglich noch notwendig waren. Gemäß dem Düsseldorfer „Entwurf eines Lehrplanes für ländliche Fortbildungsschulen" ist die Lebens- und Bürger- kunde sowie die Gesundheitslehre und Berufs künde noch mehr als bisher berücksichtigt worden. Ebenso sind die „Verhandlungen des Königlichen Landes- Ökonomie-Kollegiums in Berlin 1908" über die Gestaltung des Unterichts in ländlichen Fortbildungsschulen sorgfältig beachtet. Möchte das Buch auch weiterhin der geistigen, sittlichen und beruflichen Bil- dung unserer Landjugend gute Helferdienste leisten! Treffurt am 18. Oktober 1909. Friedrich Polack.

3. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 27

1910 - Wittenberg : Herrosé
I. Der Bauernstand sonst und jetzt. 27 der Rechtsgelehrten wollte er aber nichts wissen. Einen ungetreuen, harten Domänenrat ließ er hängen, weil er Gelder veruntreut und die Bauern gemißhandelt hatte. Friedrich Wilhelm war in allem ein deutscher Mann, darum haßte er französische Moden und Sitten. Um die Franzosen vom Rheine abzuwehren, ergriff er für den Kaiser die Waffen. Dabei sagte er: „Wenn die Franzosen ein Dorf in Deutschland angreifen so müßte der deutsche Fürst ein Schelm sein, der nicht den letzten Blutstropfen daran setzte." Der König diente schlicht und aufrichtig seinem Gott. Jeden Morgen hielt er eine Andacht im Hanse und besuchte fleißig den öffentlichen Gottesdienst. Viele Kirchen hat er gebaut und sein Volk durch Wort und Beispiel zur Frömmigkeit angeleitet. Er starb mit den Worten: „Herr Jesu, du bist mein Gewinn im Leben und im Sterben!" Sein Wahlspruch lautete: „Der preußische Adler weicht auch der Sonne nicht!" 4. Wie Friedrich der Große (1740—1786) als Landesvater siir sein Volk sorgte. In kurzer Zeit heilte Friedrich die schweren Wunden des sieben- jährigen Krieges. Er hob den Land bau, indem er Steuern erließ, Saakornt verteilte, Pferde hergab, wohl 100 Millionen Taler als Uiuerstützungen oder Darlehen verteilte, sumpfige Gegenden trocken legen ließ und fremde Ansiedler herbeizog, ©egeu 900 Dörfer hat er neu erbaut. „Mitten im Frieden habe ich da eine Provinz ge- wonnen!" rief er voll Freude, als er die Felder und Wiesen in den Niederungen der Oder, Warthe und Netze sah. Die Ansiedler erhielten das Land erb- und eigentümlich und wurden dadurch freie Bauern. Sie erhielten Bauholz, Steuerfreiheit ans eine Reihe von Jahren, billige Darlehen und waren mit den Ihrigen frei vom Militärdienst. Jeder Bauernsohn mußte vor seiner Verheiratung eine Anzahl Obst- bäume anpflanzen. Kahle Höhen ließ er mit Maulbeerbäumen bepflanzen, um den Seidenbau einzuführen. Die Sandwüsten um Berlin ließ er mit Obstbäumen und Gemüsen bepflanzen, den Boden aber vorher durch Berliner Straßenkehricht, den Schlamm der „grünen Gräben" und Mergel verbessern. Die Leibeigenschaft schaffte er zwar ab, aber der Widerstand des Adels und der knechtische Sinn der Bauern machten, daß die Wohltat auf dem Papiere blieb und erst 1809 Tat und Wahrheit wurde. Da oft Hirsche und wilde Schweine die Felder der Bauern verwüsteten, so erließ der König scharfe Bestimmungen gegen den Wildschaden. Zum Anbau der Kartoffeln mußte er die Bauern zwingen. Sie wußten mit den fremden Knollen nichts anzufangen. Nettelbeck, der brave Ver- teidiger Kolbergs, erzählte aus seinen jungen Jahren: „Der König schenkte meiner Vaterstadt einen ganzen Wagen voll Kartoffeln. Kopf- schüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern. Man brach sie von- einander und warf sie, natürlich roh, den Hunden vor. Diese schno- berten daran herum und verschmähten sie gleichfalls. Nun war ihnen

4. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 60

1910 - Wittenberg : Herrosé
60 Ii- Das Haus und seine Sitte, die Familie und ihre Glieder. man untreu ist gegen beit Meister, ist man auch untren an sich. Jede Ausübung gibt unvermerkt eine Gewohnheit, von welcher man nicht wieder loskommen kann. Zuerst müssen freilich die Meister diese Gewohnheiten tragen, endlich aber, und am längsten und schwersten die Dienstboten selbst. Sie nehmen sie mit, wenn sie sich verheiraten, ins eigene Haus, und alle ihre Folgen, Not und Jammer bis an das Grab, ja bis durch das Grab vor Gottes Richterstuhl. So viele laufen herum, den Menschen zur Last und Gott zum Ärgernis, die sichtbar bezeugen, wie die Untreue sich selbst straft. Aber so wie man durch sein Tun sich inwendig eine Gewohnheit bereitet, so macht nian sich auswendig einen Namen. An diesem Namen, an dem Nus der Geltung unter den Menschen, arbeitet ein jeder von Kindesbeinen an bis zum Grabe, jede kleine Ausübung, ja jedes einzelne Wort trägt zu diesem Namen bei. Dieser Name öffnet oder versperrt uns Herzen, macht uns wert oder unwert, gesucht oder verstoßen. Wie gering ein Mensch sein mag, so hat er doch einen Namen; auch ihn betrachten die Augen seiner Mitmenschen und urteilen, was er ihnen wert sei. So arbeiten die Mädchen unwillkürlich an ihrem Namen; und nach diesem Namen kriegen sie Lohn; dieser Name bricht ihnen Bahn oder verschließt sie ihnen. Da kann eins lange reden und über die frühere Herrschaft schimpfen, es macht damit seinen Namen nicht gut; sein Tun hat ihn längst schlecht gemacht. Ein solcher Name wird stundenweit bekannt, nian begreift nicht, wie. Es ist eine wunderbare Sache um diesen Namen, und doch betrachten ihn die Menschen viel zu wenig und namentlich die, welchen er das zweite Gut ist, mit dem sie, verbunden mit der inwendigen Gewohnheit, ein drittes, ein gutes Auskommen in der Welt, ein viertes, den Himmel und seine Schätze, erwarten sollen. Ich frage nun: was für ein schlechter Tropf einer ist, wenn er schlechte Gewohnheit hat, einen schlechten Namen und um Himmel und Erde koinmt! „Daher soll jeder, der in Dienst tritt, den Dienst nicht betrachten als eine Sklavenzeit, den Herrn nicht als seinen Feind, sondern als eine Lernzeit und den Meister als eine Wohltat Gottes; denn mas sollten die Armen, d. h. die, welche nur Zeit und Kräfte, also doch eigentlich viel haben, anfangen, wenn ihnen niemand Arbeit und Lohn zu geben hätte? Sie sollten die Dienstzeit betrachten als eine Gelegen- heit, sich an Arbeit und Emsigkeit zu gewöhnen und sich einen guten Namen zu machen unter den Menschen. In dem Maße, als sie dem Meister treu sind, sind sie es auch an sich selbst, und wie der Meister an ihnen gewinnt, gewinnen sie selbst auch. Sie sollen nie glauben, nur der Meister ziehe Nutzen aus ihrem Fleiße; sie selbst gewinnen wenigstens ebensoviel dabei. Kommen sie auch zu einem schlechten Meister, sie sollen ja nie meinen, ihn zu strafen durch schlechte Äuf- führung: sie tun damit nur sich selbst ein Leid an und schaden sich innerlich und äußerlich. Wenn nun so ein Dienstbote immer besser arbeitet, immer treuer und geschickter wird, so ist das sein Eigentum, und das kann niemand von ihm nehnien, und dazu besitzt er einen guten Namen, die Leute haben ihn gern, vertrauen ihm viel

5. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 61

1910 - Wittenberg : Herrosé
Ii. Das Haus und seine Sitte, die Familie und ihre Glieder. 61 an, und die Welt steht ihm offen. Er mag vornehmen, was er will, er findet gute Leute, die ihm helfen, weil seilt guter Name der beste Bürge für ihlt ist. Mai: achte doch nur darauf, welche Dienstboten man rühmt: die treuen oder die untreuen? Gib acht, welche unter ihnen zu Ehre und Altsehen kommen! Endlich will der Mensch Freude haben, besoilders in der Jugendzeit. Haßt nun der Dienst- bote [eilten Dienst und ist ihm die Arbeit zuwider, so muß er eine besondere Freude suchen. Er fängt daher an zu laufen, zu schwärmen, sich mit schlechten Sacheit abzugeben und hat daran feine Freude, denkt Tag und Nacht daran. Ist aber einem Knecht oder einer Magd das Licht aufgegangen, daß sie etwas werden möchten, linb der Glaube gekommen, daß sie etlvas werdeit können, so lieben sie die Arbeit, haben Freude daran, etwas zu lernen nnb etlvas recht zu machen; Freude, wenn ihnelt etwas gelingt, wenn das wachse, was sie gesäet, fett werde, was sie gefüttert; sie sagen nie: was frage ich danach? was geht das mich an? Ja, sie haben eine eigentliche Lust daran, etwas Ungewohntes zu verrichten, etlvas Schlveres zu unter- nehmen; dadurch wachsen die Kräfte am besten, dadurch lnachen sie sich die besten Namen. So haben sie auch Freude an des Herrn Sache, seinen Pferden, seinen Kühen, feinem Korn, seinem Gras, als ob es ihnen gehörte. Woran man Freude hat, daran denkt man auch; wo man den Schatz hat, da hat man auch das Herz. Hat nun der Dienstbote seinen Dienst im Kopf, erfüllt ihli der Trieb, vor Gott und Menschen ein recht tüchtiger Mensch zu werden, so hat das Böse wenig Gewalt über ihn, kann ihm nicht böse Gelüste eingeben, an die er Tag und Nacht denkt, so daß er keinen Sinn für die Arbeit hat, und die ihn noch von einem Laster zum andern ziehen und innerlich und äußerlich verderben." Uli blieb jetzt die Antwort schuldig. Aber er glaubte seinem Herrn; nach einem Jahr war er aus den Schulden; im zweiten hatte er scholl Überschuß, den er in die Sparkasse legte, und hatte doch fort- während vergnügt gelebt. Jährlich wuchs sein Vermögen; die Zinsen halfen mit, und sein Herr vergrößerte ihm freiwillig den Lohn bis aus das Doppelte. Wie Uli für den Herrn sorgte, sorgte dieser wieder für ihil, zeigte ihm alle Arbeiten und vertraute sie ihm an. Als nach mehreren Jahren sich Gelegenheit fand, verschaffte er ihm eine gute Verwalterstelle, deren Dienst Uli mit Treue versah. Reichlich 30 Jahre alt, hatte er ungefähr 2400 Mark in der Sparkasse stehen! aber noch einen größeren Schatz, einen guten Namen hatte er sich erworben. Er konnte jetzt den Hof pachten, den er bisher verwaltet hatte, — bettn sein alter Herr ward Bürge für ihn. Nach Jer. Gotthelf. 36. Die fromme Magd. Die fromme Magd vom rechten Stand Sie trägt und bringt nicht nene Mär', geht ihrer Frauen fein zur Hand, geht still in ihrer Arbeit her, hält Schüssel, Tisch und Teller weiß ist treu und eines frohen Mut's zu ihrem und der Frauen Preis. und tut den Kindern alles Gut's.

6. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 69

1910 - Wittenberg : Herrosé
Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. 69 „Meister, warum führest du mich in solch öde und traurige Gegend? Sie ist das strafende Bild meiner Seele und meines Lebens." „Hillel aber antwortete und sprach: „Da du meinen Worten nicht glauben wolltest, so habe ich versucht, ob die Stimme der Natur zu deinem Herzen dringen möchte." — Saboth aber drückte seinem Lehrer die Hand und sagte: „Es ist dir nicht mißlungen; ein neues Leben, du sollst es sehen, ist in mir aufgegangen." Also geschah es; Saboth ward ein tätiger Jüngling. Da führte ihn Hillel in ein fruchtbares Tal an den Ufern eines klaren Baches, der in lieblichen Windungen zwischen fruchtbaren Bäumen, blumigen Wiesen und dunklem Gebüsch dahinströmte. — „Siehe hier," sagte darauf der Greis zu dem erfreuten Jünglinge, „das Bild eines neuen, tätigen Lebens! Die Natur, die dich gewarnt hat, nmg dich nun auch belohnen." Ihre Anmut und Schönheit kann nur den erfreuen, der in ihrem Leben sein eigenes schaut. F. A. Krummcicher. 47. Der Vater gibt dem Sohne seine Uhr. 1. Deine Tag' und Stunden flössen, nicht gemessen, nur genossen, nicht gezählt nach Schlag und Uhr, wie ein Bach durch Blumenflur. 2. Aber ernster wird das Leben, und ich will die Uhr dir geben; trage sie, wie ich sie trug, unzerbrochen lang genug! 3. Daß sie dir mit keinem Schlage von verlornen Stunden sage! Unersetzlich ist Verlust des Geschäfts und auch der Luft. 4. Sohn! der Tag hat Stunden viele, so zur Arbeit wie zum Spiele; gib das Seine jedem nur, und du freuest dich der Uhr. 5. Selber hab' ich mit den Stunden mich soweit nun abgefunden, daß ich ohne Glockenschlag sie nach Notdurft ordnen mag. 6. Zähle du für mich die Stunden! Llitb auch jene, die geschwunden, kehren schöner mir zurück, wenn du sie dir zählst znm Glück. F. Rückert. 48. Bier Regeln für den Hausstand. 1. Beteund arbeite! Bete! heißt's zuerst. Das ist der Morgen- segen und der Tagessegen und der Abendsegen. Wo das Gebet das Tageswerk beginnt, fortsetzt und endet, da hilft Gott arbeiten. Es geht frisch und freudig von der Hand und gibt ein ordentlich Stück. Da ist das „Arbeite" keine Last und Bürde, sondern eine Lust und Würde. So lege ich das Sprüchlein aus: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!" Und das Sprichwort: „Handwerk hat einen goldenen Boden," sagt mir auch nicht: es bringt Geld ein; sondern der goldene Boden ist die wahre Frömmigkeit des Herzens, auf der das Handwerk ruhen muß. Dann aber nährt es seinen Mann und die ganze Haus- haltung mit. Das Beten allein tut's nicht; aber das Arbeiten ohne Beten tut's gar nicht; denn ihm fehlt der Segen Gottes. Drum beides zu-

7. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 71

1910 - Wittenberg : Herrosé
71 Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. 51. Ein und aus, auf und nieder. Iin Atemholen sind zwei Gnaden: Die Luft einziehen, sich ihrer entladen! Jenes bedrängt, dieses erfrischt; so wunderbar ist das Leben gemischt. Du, danke Gott, wenn er dich preßt, und dank' ihm, wenn er dich entläßt. Goethe. 52. Das Höchste. 1. Halte fest am frommen Sinne, der des Grenzsteins nie vergaß! Alles Heil liegt mitten inne, und das Höchste bleibt das Maß. 2. Glücklich, wenn die Tage fließen wechselnd zivischen Freud und Leid, zwischen Schaffen und Genießen, zwischen Welt und Einsamkeit! Em. Geibel. 53. Über ein Stündlein. Dulde, gedulde dich fein! Über ein Stündelein ist deine Kammer voll Sonne! Uber den First, wo die Glocken hangen, ist schon lange der Schein gegangen, ging in Türmers Fenster ein. Wer an: nächsten dem Sturm der Glocken, einsam wohnt er, oft erschrocken, doch am frühesten tröstet ihn Sonnen- schein. Wer in tiefen Gassen gebaut, Hütt' an Hüttlein lehnt sich traut, Glocken haben ihn nie erschüttert, Wetterstrahl ihn nie umzittert, aber spät sein Morgen graut. Höh' und Tiefe hat Lust und Leid. Sag' ihm ab, dem törichten Neid! Andrer Gram bringt andre Wonne. Dulde, gedulde dich fein! Über ein Stündelein ist deine Kammer voll Sonne! P. Heyse. 54. Abendlied eines Bauern. 1. Das schöne, große Taggestirne vollendet seinen Lauf: komm, wisch den Schweiß mir von der Stirne, lieb Weib, und dann tisch aus! 2. Kannst hier nur auf der Erde decken, hier unterm Apfelbaum; da pflegt es Abends gut zu schmecken und ist am besten Raum. 3. Und rufe flugs die kleinen Gäste; denn hör, mich hungert's sehr; bring auch den Kleinsten aus dem Neste, wenn er nicht schläft, mit her!

8. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 73

1910 - Wittenberg : Herrosé
Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. 73 56. Nebeltag 1. Nun weicht er nicht mehr von der Erde, der graue Nebel unbewegt. Er deckt das Feld und deckt die Herde, den Wald und was im Wald sich regt. 2. Er fällt des Nachts in schweren Tropfen durchs welke Laub von Baum zu Baum, als wollten Elfengeister klopfen den Sommer wach aus seinen! Traum. im Herbste. 3. Der aber schläft, von kühlen Schauern tief eingehüllt im Totenkleid — O welch ein stilles, sanftes Trauern beschleicht das Herz in dieser Zeit! 4. Im Grund der Seele winkt es leise, und vom dahingeschwundnen Glück beschwört in ihrem Zauberkreise Erinnrung uns den Traum zurück. H. Lingg. 57. Wächterruf. 1. Höret, was ich euch will sagen! Dieglocke, die hat zehn geschlagen. Jetzt betet und jetzt geht zu Bett, und wer ein gut Gewissen hat, schlaf' sanft und wohl! im Himmel wacht ein heiter Aug' die ganze Nacht. 2. Höret, was ich euch will sagen! Die Glocke, die hat elf geschlagen. Und wer noch bei der Arbeit schwitzt, und wer noch bei den Karten sitzt, dem sag' ich jetzt zum letztenmal: 's ist hohe Zeit, nun schlafet wohl! 3. Höret, was ich euch will sagen! Dieglocke,diehat zwölf geschlagen. Und wo noch in der Mitternacht ein Herz in Schmerz und Kummer wacht: Gott geb' dir eine stille Stund', mach' froh dich wieder und gesund! 4. Höret, was ich euch will sagen! Dieglocke, die hat eins geschlagen. Und wo mit Satans Will' und Rat eindieb auf dunkeln Pfaden naht — ich will's nicht hoffen, doch ge- schieht's —, geh' heim, der ew'ge Richter sieht's! 5. Höret, was ich euch will sagen! Dieglocke, die hat zwei geschlagen. Und wem schon wieder, eh's noch tagt, die schwere Sorg am Herzen nagt, — du armer Tropf, dein Schlaf ist hin; Gott sorgt; erheitre deinen Sinn! 6. Höret, was ich euch will sagen! Dieglocke, die hat drei geschlagen. Die Morgenstund' am Himmel schwebt; wer friedevoll den Tag erlebt, der danke Gott und fasse Mut, geh' ans Geschäft und halt' sich gut! Hebel. 58. Bor der Kirchzeit. Sonntag Morgens vor der Kirchzeit sitzt der Hagenmeier hemd- ärmelig auf dem Bänkchen vor dem Bienenhause im Garten. Er darf sich wohl ohne Jacke sehen lassen, denn sein Hemd ist so weiß wie der frischgefallene Schnee, und es ist ihm gar wohl, so leicht und frei dazusitzen in der luftigen Hülle; er läßt sich von der Frühlingssonne durchwärmen; er raucht sein Pfeifchen dabei, und es ist so still, und es ist ihm so wohl wie einem Baum im Erdengrund; er möchte gar

9. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 74

1910 - Wittenberg : Herrosé
74 Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. nicht weg, und es ist ihm, wie wenn er nicht sich selbst, sondern wie wenn ihn ein anderer da hergesetzt hätte. Ein Vers ans dem alten Kirchenliede geht ihm durch den Sinn; seine Lippen bewegen sich nach den Worten, aber er spricht sie nicht laut, sondern ties im Herzen: „Drum halte nur ein wenig stille und sei doch in dir selbst vergnügt." Ja, wenn sich nur die Menschen öfters ein stilles Plätzchen aus- suchten, fernab von dem Geräusche und der Unruhe des Alltagslebens, wo sie ganz alleine mit sich hinhorchen auf das, was sich in ihrem Innersten regt; wenn sie den Kamps um die Not beschwichtigt, finden sie da einen ewigen Quell der Freude und des Glücks. Da braucht man keine großen Gastereien, keine kostspieligen Feste, um Freude und Genuß aufzuerwecken, da hat der ewige gute Gott das Fest bereitet und ladet die Seele ein, sich's Wohlsein zu lassen. Wie viel tausend Menschen jagen immer nach Genuß und Lust draußen in der Welt und vergessen, was sie bei sich haben! „Drum halte nur ein wenig stille und sei doch in dir selbst vergnügt." Wie still und lind ist der Morgen! Kein Lüftchen weht; das tiefblaue Himmelszelt steht ruhig über der Erde, nur die Lerche steigt singend frei auf und ab zwischen Himmel und Erde, der Erde ver- kündend die Schönheit des Himmels, dem Himmel preisend die Wunder der Erde. Die Schwalben schwingen sich still dahin, gleich als müßten sie schweigen vor dem ewigen Geheimnis der Erde, deren Pracht drüben sich auftut, wenn sie hüben hinabsinkt, als hätte das Leben in ewiger Schöne sie der Sprache beraubt und stumm gemacht, als dürften sie nicht mitjauchzen mit den Geschöpfen, denen sich die Herr- lichkeit nur einmal im Jahre ausbreitet. Ju dem Grase steigt der Saft auf in jedem Halme, und Geschöpfe tummeln sich dort; es ist ein Klingen und Rauschen, wie wenn alles lebte. In dem blühenden Apfelbaume summen die Bienen, und jede steigt in den offenen Kelch. Jetzt sagte der Hagenmeier laut vor sich hin: „Drum halte nur ein wenig stille und sei doch in dir selbst vergnügt." Die Pfeife war ihm ausgegangen; er schlug sich aber kein Feuer mehr; er legte die Arme auf der Brust übereinander, sich selbst hal- tend und das, was sich in ihm regte; er ließ die Gedanken kommen und gehen, wie die Bienen aus- und wieder einzogen. „Die Tiere, diese Bienen" — dachte er — „haben keinen Sonn- und Feiertag; sie leben und arbeiten, und ihre Arbeit ist bloß zu ihres Leibes Nahrung; der Mensch dagegen hat höhere Ziele und setzte sich einen Tag von sieben fest, daß er frei und von Arbeit ledig bei sich einkehre und mit seinen Brüdern und Schwestern vereint zu Gott sich wende, daß er daun der Freude des Daseins sich nt. lauterer Seligkeit hingebe . . . Wie glücklich bin ich, daß ich hier still ruhen

10. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 77

1910 - Wittenberg : Herrosé
Iii. Tages- und Jahreslauf, Fleiß und Frömmigkeit. 77 gegen sie sein. Unterdes steht ihr Hausherr bereits im Sonntagsstaat mit geschwärzten Stiefeln in bedächtigem Gespräch mit einem vorüber- gehenden Bekannten; er klopft dabei seinen Jungen auf den blonden Kopf, und dieser fühlt sich als ein ganzer Kerl. Holder Tag, wo der Arme Selbstgefühl gewinlrt, wo der Besitz eines zweiten Hemdes, eines besseren Kleides und das Gefühl der Freiheit von den Mühen des Lebens zuversichtlich, heiter, lebenslustig macht! Wer dies dem Arbeiter verkümmert durch den Zwang übermäßiger Arbeit, ist grausam und begeht ein schweres Unrecht an seinem Nebenmenschen. Es ist darum ein schlechter Brauch, der in den Städten ein- gerissen ist, den Vormittag des Sonntags zu den Arbeitstagen zu schlagen, nicht sowohl, weil dem Arbeiter dadurch einige Stunden der Ruhe genommen werden, sondern deshalb, weil gerade diese Stunden eine eigentümliche Bedeutung haben. Am Sonntag Vormittag ist der Mensch in Deutschland still, friedlich, in sich gekehrt; er überdenkt fein Leben, seine Liebe, seinen Gott; er liest, er schreibt an seine Familie; er sammelt sich und bereitet sich vor für die Freuden und Zer- streuungen der nächsten Woche. Der Sonntagnachmittag ist in Deutsch- land ein lustiger Geselle, ein Lebemann; da sucht einer den andern, und in Gesellschaft sucht man das Vergnügen. Es ist unrecht, wenn der Meister seinen Gesellen nur die Zeit des Vergnügens freiläßt, die Zeit des Ernstes aber wegnimmt. Dann fehlt dem Sonntag die Weihe und dem Menschen die Kraft, das Vergnügen würdig zu ertragen; man verliert sich leicht in den Genüssen, weil man sich vorher nicht darauf vorbereitet hat. Immer wird einem der Arbeiter leid tun, der geradeweg vom Arbeitstisch zu seinem Kasten stürzt, den Sonntagsrock packt und zu seinen Kameraden ins Wirtshaus rennt. Er hat mit sich selber noch gar nicht gelebt; das ruhige und ernste Behagen an sich und am Festtage fehlt ganz; er genießt seine Freiheit unmäßig, wie ein entlaufener Sklave, und findet am nächsten Morgen die Reue, nicht die frohe Erinnerung. Ihn hat der Sonntag nicht gekräftigt, sondern schwächer gemacht. — Den Sonntag, den ganzen Sonntag soll der Arbeiter feiern. Er soll ihn feiern aus gute deutsche Weise, in der rechten Mischung üou stillem Ernste und fröhlichem.treiben, so will es unsere Natur und Sitte. „Grenzboten". 60. Zum neuen Jahr. 1. Zum neuen Jahr den alten Vater, des starker Arm die Welten hält! Er hat sein Volk seit grauen Tagen auf Adlers Flügeln treu getragen; ihm sei die Zukunft heimgestellt! Zum neuen Jahr den alten Vater, des starker Arm die Welten hält! 2. Zum neuen Jahr den neuen Segen! Noch Wasser g'nug hat Gottes Born; harrt fröhlich sein, ihr Kreaturen: bald deckt er die beschneiten Fluren mit grüner Saat und goldnem Korn. Zum neuen Jahr den neuen Segen; noch Wasser g'nug hat Gottes Born!
   bis 10 von 227 weiter»  »»
227 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 227 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 17
1 0
2 0
3 0
4 5
5 94
6 0
7 19
8 0
9 0
10 23
11 0
12 0
13 1
14 0
15 9
16 6
17 0
18 0
19 5
20 0
21 1
22 0
23 0
24 2
25 1
26 4
27 4
28 1
29 3
30 5
31 0
32 0
33 28
34 0
35 0
36 3
37 185
38 28
39 28
40 0
41 1
42 0
43 0
44 0
45 24
46 0
47 4
48 0
49 4

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 3
1 21
2 0
3 1
4 5
5 0
6 3
7 1
8 0
9 3
10 0
11 14
12 2
13 2
14 0
15 0
16 13
17 178
18 0
19 9
20 0
21 19
22 0
23 2
24 13
25 0
26 2
27 0
28 0
29 0
30 2
31 0
32 5
33 0
34 0
35 1
36 15
37 0
38 9
39 44
40 2
41 7
42 16
43 4
44 0
45 20
46 1
47 0
48 0
49 0
50 2
51 1
52 12
53 0
54 41
55 0
56 0
57 2
58 0
59 1
60 2
61 8
62 1
63 0
64 1
65 0
66 4
67 0
68 7
69 4
70 18
71 28
72 18
73 0
74 0
75 8
76 4
77 112
78 0
79 8
80 0
81 1
82 4
83 0
84 5
85 0
86 0
87 27
88 0
89 0
90 4
91 12
92 84
93 0
94 100
95 0
96 0
97 0
98 8
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 7
1 20
2 4
3 44
4 0
5 100
6 21
7 30
8 1
9 0
10 2
11 18
12 58
13 124
14 9
15 0
16 0
17 1
18 2
19 21
20 1
21 0
22 0
23 0
24 50
25 13
26 4
27 0
28 154
29 7
30 0
31 0
32 29
33 194
34 12
35 9
36 12
37 0
38 4
39 114
40 1
41 1
42 64
43 123
44 3
45 0
46 67
47 8
48 0
49 1
50 165
51 154
52 212
53 0
54 7
55 0
56 4
57 0
58 2
59 66
60 5
61 16
62 38
63 0
64 7
65 35
66 1
67 4
68 0
69 0
70 0
71 16
72 1
73 7
74 3
75 31
76 2
77 1
78 35
79 0
80 3
81 302
82 3
83 21
84 57
85 0
86 21
87 0
88 0
89 46
90 2
91 7
92 2
93 4
94 2
95 33
96 7
97 1
98 3
99 31
100 198
101 17
102 52
103 0
104 0
105 2
106 21
107 12
108 0
109 11
110 29
111 53
112 8
113 9
114 110
115 2
116 23
117 2
118 0
119 18
120 0
121 3
122 9
123 22
124 216
125 107
126 7
127 26
128 0
129 12
130 4
131 36
132 0
133 197
134 0
135 0
136 80
137 75
138 0
139 7
140 0
141 5
142 29
143 4
144 0
145 38
146 0
147 2
148 0
149 0
150 0
151 37
152 126
153 0
154 87
155 10
156 12
157 13
158 0
159 6
160 0
161 6
162 0
163 0
164 5
165 11
166 42
167 4
168 23
169 11
170 3
171 0
172 5
173 12
174 4
175 225
176 0
177 54
178 0
179 30
180 0
181 0
182 19
183 288
184 2
185 10
186 0
187 0
188 30
189 0
190 0
191 0
192 0
193 1
194 5
195 12
196 98
197 0
198 0
199 15