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Die Weltgeschichte.'
noch mehrere Leiden anderer -Art, besonders Erdbeben
und Pest. Jene stürzten verschiedene Städte um, und
diese rasten viele Tausend Menschen weg. In der Stadt Lü-
beck starben im Jahre 1349 neunzchtausend Menschen,
und an dem einzigen Tage Llllmntli fünfzehnhundert:
ganz Deutschland aber vcrlohr den dritten Theil seiner
Einwohner. Was meynet Ihr wohl, wen man für die
Ursache dieses Sterbens hielt: die Juden. Man glaub-
te nemlich, obgleich die Pest den Juden so wenig ver-
schonte, als den Christen, gleichwohl steif und fest, die-
arme, bedaurenswürdige Volk habe die Brunnen ver-
giftet. Dies glaubten 'Menschen von Menschen. U«d
nun ergiengen die gräßlichsten Verfolgungen gegen die un-
glückliche Nation. Allenthalben siel man über sie her
und ermordete ganze Haufen dieser Fremdlinge mit einer
Grausamkeit, die allen Glauben übersteigt. So gar
Kinder, die doch gewiß an keine Vergiftung hatten den-
ken können, wurden nicht verschont. In Erfurt!) schlug
man hundert derselben auf den Straßen todt und über
3000, die sich in ihre Häuser gerettet hatten, wurden
mit ihren Wohnungen verbrannt. Zu Mcwnz schlachte-
te man eben so viele Tausende. An anderen Orten steckte
man sie in die Giftsacke, mit welchen sie die Brunnen
vergiftet haben sollten, und warf sie so ins Wasser. —
Doch meine Hand ztttcrt, indem ich diese Barbarey von un-
fern Vorfahren erzählen mußalso weg von diesem grausen-
vollen Schauplatz! — Als das arme Vaterland sich wie-
der etwas erhohlc batte, sichtete Carl ein Werk, das
alle diese Unglücks fälle gleisam vergesst: ließ. Da nem-
lich brsher sie Kaiserwahlen oft auf zwey und mehrere
Herren zugleich gefallen waren, und da unter den Käm-
pfen solcher Herrn Bürgerkriege wüthrten, die das unse-
lige Fausirecht beförderten , Künste, Handel und Gewerbe
zum Stillstand brachten und Tugend und gute Sitten
ver-
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Die Geschichte nach Christi Geburt, is *
Kreuz und rannten nach Asien. Nur dir Könige blieben
fürs erste noch von dieser wunderlichen Sucht frey, und
eben dieö halte die Folge, daß daö Ansehen der bisher Zu
einer großen Macht gestiegenen Echnsleule vermindert und
dagegen die Macht der Könlste wieder vergrößert wurde.
Diese für den Thron glückliche Veränderung bewerkstelligte
vornemlich fchdrvlg der Dicke. Er schwächte den Ueder-
ni u ist des Adeln, räumte dagegen den Bürgern mehrere
Frcyheiten ein und legte eben dadurch den Grund zu ei-
nem neuen Reichsstande, dem Bürgttstllnde, der bisher
in Frankreich nichts gegolten hatte. Kaum war das
Land v-n dieser Seite zu einiger Rlche gekommen, als die
Könige von England den Einfall bekamen, nebst der Nor-
mandie und den übrigen Besitzungen noch mehrere fran-
zösische Länder zu erobern. Nun hatten also die Franzo-
sen außer den Kreuzzügen auch noch beständige Kriege mit
diesen ihren nahen Feinden, die 300 Jahre dauerten und
zwischen beyden Nationen einen unauslöschlichen Haß er-
zeugten. Philipp August, ein listiger, thätiger und
tapferer König, war eben mit einem Kreuzzuge beschäf-
tigt, als er hörte, daß die Engländer ihm ins Reich ge-
fallen feyn. Er kam zurück, schlug sie und eroberte so-
gar die Normandie. Um sich gegen die Besiegten sowohl
als gegen seine Großen in Respekt zu erhalten, dankte er
im Frieden, wie bisher gewöhnlich war, feine Soldaten
nicht ab, ì sondern war der erste, der ein stcheudès
Heer im Solde behielt. Nicht so glücklich, aber lie-
benswürdiger und edelmüthiger, als er, war der hetstge
Ludwig, der vom Jahr ¡2-26 bis 1270 regierte und
unter die besten französischen Könige gehört. In einet
Krankheit gelobte er Gott einen Kreuzzug» Wirklich zog er
nach erhaltener Genesung, ganz gegà den Willen seines
Volkes, das ihn gerne im Reiche behalten harte, gegen
den Sultan von Aezyten, wurde aber von diesem gefan-
aeu
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Extrahierte Personennamen: Philipp_August Philipp August Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Christi Asien Frankreich England
26 t
Die Geschichte' nach' Christi' Geburt-
Bruder, Johann, in Verbindung mit dem treulosen König
von Frankreich das ohnehin unglückliche England von al-
len Seiten und die erschrockenen Engländer sehnten sich
nach ihrem König mit dem heftigsten Verlangen. Da
entschloß sich Blondín, des Königs Kapellmeister, sei«
nen Herrn aufzusuchen, sollte er auch bis ans Ende der
Welt gehen. Er wußte, daß Heinrich ihn gefangen
hielt, aber der Ort war ihm ein Gehcimniß. Der treue
Diener reiste von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorj>
und allenthalben erkundigte er sich nach seinem Könige»
Endlich kam er an den Ort, wo der Thurm war und er--
fuhr, daß in demselben rin vornehmer Gefangener ver-
wahrt werde. Er eilte dahin, stellte sich an die Thür
desselben und fieng ein Lied au zu singen, das Richard
in Vereinigung mit dem Blondin ehemals componirt
hatte. Mit der ersten Hälfte des Liedes machte der Sän-
ger eine Pause, und im Thurme fieng nun der Gefangene die
andere Hälfte an. Blondín erkannte seines Königs
Stimme, eilte voll Entzücken fort und kam wie geflügelt
«ach England, wo er die geängstigten Großen in den
Stand setzte, den gefangenen König, wiewohl nicht an-
ders , als gegen cm sehr großes Lösegeld, von seinen
Fesseln zu befrepen. Wenn Euch diese Treue eines Die-
ners gegen seinen Herrn gefallt, so versäumet uicht, ein
gleiches zu thun, sobald Euch die Vorsehung die Gele«
genheit dazu anbietet. Rlchñl'd eilte sogleich in seine
geliebte Insel und grif den eidbrüchigen Philipp
gustan. Es kam jedoch zu keiner Hauptschlacht, denn
beyde Partheyen verglichen sich« Zuletzt verlohr Richard
im Jahr 1199 das Leben, da er das Schloß eines feiner
aufrührerischen Großen belagerte. Weil seine ganze Re-
gierung kriegerisch war und er außer feiner Güte und sei-
nem Edelmuthe beständig eine ausnehmende Tapferkeit
zeigte, fo gab man ihm den schönen Namen Löwenherz. Er
, R 3 bin«-
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Heinrich Heinrich Philipp Philipp
Die Geschichte nach Christi Geburt. 287
griechische Kaiserthum gleichsam im Winkel fort, bis das
Glück einem Nachfolger desselben günstiger ward. D-nn
einer dieser kleinen Kaiser, Mrchcul Dülärstbzus, mach-
te endlich im Jahr 1261 dem so unvermuthet entstande-
nen , aber mit schwachen Kräften unterhaltenen lateinischen
Kaiserthum cm Ende und verlegte den Sitz des Reichs
wiederum nach der großen Stadt Cvr>starr inr-’pel
Aber noch bestanden die einzelnen griechrschen Fürsten«
thümer; und eben diese Zerstückelung schwächte den
Staat abermals beträchtlich. Dazu kamen von außen
die Drohungen der Türken, von innen aber Zwistigkeiten
und Zankereycn der Geistlichen. Diese letztern hatten jetzt
den Einfall, die griechische Kirche wieder mit der römi-
schen zu vereinigen und den Pabst aufs neue als Oberhaupt
zu erkennen, hauptsächlich in der Absicht, um von den
europäischen Fürsten desto nachdrücklichere Hülfe gegen die
Türken zu gewinnen. Allein es kam nicht zur Vereini-
gung und die schwachen, hülflosen Griechen waren also
den Anfallen ihrer Feinde blosgestcllt. Muhmned 2.
nützte diesen Umstand und erschien mit einem beynahe
unzähligen Heere, mit einer Armee von 402,200 Mann
vor den Mauern von Consiantinopel. Zwar hatte diese
Stadt eine schwache Besatzung; aber sie war an sich sehr
fest, und ihre Einwohner beschlossen, entweder zu siegen
oder zu sterben. Allein die Menge der Feinde war zu
groß und die Stadt wurde am 29. May 1453 mit
Sturm eingenommen, und neben vielen tapfern Streitern
kam auch der griechische Kaiser Constüntln 2. im Ge-
fecht ums Leben. Der Sieger verfuhr mit den Einwoh-
nern nicht so wild, als man hatte fürchten sollen: denn
er bewilligte ihnen einen eigenen Magistrat, einen Patriar-
chen und freye Religionsübung., welche Vorige sie unter
gewissen Einschränkungen noch bis jetzt genießen.
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3i8 Die Weltgeschichte.
an bis zum Rhein einen Strich von hundert Meilen ge-
macht ukd alles um sich her'erobert hatte, wollte ihm,
da er in Bayern einzudringen gedachte, Blü den Ueber-
gang über die Lech streitig machen, empfieng aber eine
Wunde, die ihn mit dem ganzen Heerseiner Grcuelthaten
in die andere Welt schickte. Gustav nahm hierauf die
große Stadt 2iug6purg ein und stellte da die protestanti-
sche Lehre wieder' her. Darauf gieng er nach Bayern,
wo sich ihm die Thore aller Städte öfneten. Als er vor
das große schöne München kam, rieth man ihm, er
möge diese Stadt seinen Schweden preiß geben, den
prächtigen Pallast des Kurfürsten in die Asche legen und
also durch die Verwüstung dieser schönen Hauptstadt die
Um/nenfchlichkeit rächen, die Blu gegen Magdeburg
verübt habe. Da sagte der edle Monarch: „Nein, laßt
uns nicht das Veyspiel der Gothen, unserer Vorfahren,
nachahmen, die ihr Andenken gebrandmarkt haben, in*
dem sie die Rechte der Eroberungen mißbrauchten, die
Menschheit schändeten und die kostbaren Denkmäler der
Kunst zerstöhrten." Der Kaiser mußte nun dem Wallen-
steiu wieder gute Worte geben. Dieser kam und spielte
den Krieg nach Sachsen. Gustav folgte ihm nach und
es kam am ütcn November 1632 bey Lühen auf eben
der Stelle, wo Heinrich der Vogelstell r einst die
Hunnen schlug, zu einer fürchterlichen Schlacht, in wel-
cher zwar der König von Schweden siegte, aber auch fein
kostbares Leben verlohr. Der Tod dieses großen Helden
hatte anfänglich traurige Folgen für die Protestanten:
der unglückliche Kurfürst Flievuch von der Pfalz, der
durch Gustavs Bernübung die Wiedererlangung seiner Lan-
der gehest hatte, grämte sich zu Tode und die Kaiserli-
chen wurden schon wieder übermnthig und grausam. Da
übernahmen der Herzog Bernhard von Weimar, ein
würdiger Enkel des unglücklichen Kurfürsten, Zobarm
Fried-
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Extrahierte Personennamen: Gustav Gustav Gustav Gustav Heinrich_der_Vogelstell Heinrich Gustavs Bernhard_von_Weimar
3*4 Die Weltgeschichte»
gemacht wurde, erweiterte und verschönerte sich Hanttsvek;
Residenz - Gebäude entstandet in ihren Mauern, und ein
damaliger edler Einwohner, Johann Dllve, führte die
nach feinem Namen genannte Straße mit 42 schöne»
Häusern auf, errichtete das am Steinthor belegene große
Armen-und Wayfenhaus, schützte Hannover durch
Anlegung des Falles am schnellen Graben vor Uebrr-
schwcmmungen, legte die Nothbrunnen an, verschönerte
die Kirchen, bebauete wüstliegende Höfe und verewigte
also zu eben der Zeit seinen Nahmen bey uns durch edle
Lhaten, unterdessen barbarische Fremdlinge den ihrigen
durch . Greuelthaten brandmarkten und unser Land so sehr
mit Raub, Todschlag und Mord erfüllten, daß das An-
denken davon auch noch bey euren Großvätern, ja gar
bey Euren Eltern nicht ausgelöscht worden ist. Denn der
Ausdruck: so hauftte man zur Schwedenzeit, ist als-
dann noch bey alten Personen unftrs Landes gewöhnlich,
wenn sie grausame Auftritte deö Krieges bezeichnen wollen»
Ihr fraget mich, was denn eigentlich daö Herz jener
Krieger so wild, so barbarisch, so unmenschlich gemacht
habe: der Rcligionshaß war es, dieses fcheuöliche Kind
deö Irrthumö. Er bewafnete den Sohn gegen den Vater,
den Bruder gegen den Bruder und den Freund gegen den
Freund. Lernet demnach hier an diesem unvollkommenen
Gemälde den Zuruf Gottes beherzigen: Wer disi du,
der du cinen fremden Knecht richtest: er steht und
fällt dem Herrn. Und präget Euch jetzt beym Anblick
der Greuel des drcyßigjährigcn Krieges die Ermahnung
deö größten Musters der Liebe tief in Euer junges Herz:
Daran wird jedermann erkennen, daß Ihr meine
Jünger styd, so ihr Liebe unter einander habet. Alle
jene Millionen durchs Schwerdt gefallener Christen würden
in Ruhe und Frieden einem glücklichen Tode entgegen ge-
sehen , alle jene Tausende von Witwsn und jene Hundert-
tau-
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Extrahierte Personennamen: Johann_Dllve Johann Schwerdt
Die Geschichte nach Christi Geburt. Zzs
barsten ven Europa- hätten die ganze Wel.t überwinden
muffen» Würklich machten sie anfänglich schnelle Eroöes
rungen; allein große Krankheiten, die in den Heeren eins
rissen und ein lang anhaltendes Regenwetter nöthigten bey-
de Armeen zum Rückzug. Diesen Umstand nützten die
österreichischen Niederlande- sich, durch eine französische
Armee unterstützt, von ihrem Landcsherrn zu trennen und
für einen Freystaat zu erklären; und ihrem Bcysprel folgz
ten auch das Bisthum gütlich und die Stadt Mainz nach»
Da der eintrelende Winter keine Feldzüge mehr erlaubte -
so muß eö uns der kommende Sommer lchren, was wir
zu hoffen haben. Um uns die Glückseligkeit des Friedens
und der Eintracht zu erkämpfen, sind nicht nur neue kaiserli-
che und preußische Truppen, sondern auch eine Reichsars
mee von ioo,c2oq Mann ins Feld gerückt, die jeder von
uns mit heißen Wünschen begleitet.hat. Uebrigenö hat
Deutschland, fv sehr eö auch durch den dreyßigjährigen Krieg
und durch die nachherigen Kämpfe, vornemlich aber durch
die blutigen siebenjährigen Feldzuge gelitten hat, nicht Ur-
sache hat, sich vor andern Landern zu schämen: kein Land
hat so viele gründliche Gelehrte und geschickte Männer-
als Deutschland; die Handlung und die künstlichen Ar-
beiten der Deutschen haben ihre Unleugbaren Vorzüge;
das deutsche Mültair genießt die Achtung von ganz Europa;
unter den deutschen Fürsten giebt es viele volttrefliche
Regenten; die Verwaltung der Gerechtigkeit in den meisten
deutschen Ländern ist musterhaft; die Anzahl von großen,
nützlichen und für das jetzige Geschlecht und für dienachr
kommen, heilsamen Anstalten ist sehr ansehnlich; die Po-
licey in vielen Landern und einzelnen Städten, vornem-
lich aber die Sicherheit gegen Feuersnot!), die Freyheit
gegen räuberischen Anfall, die Bequemlichkeit der Rei-
senden auf den Landstraßen und die Verpflegung der Frem-
den in öffentliche Häusern ist fast nirgends so vollkom-
men,
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Niederlande- Mainz Deutschland Deutschland Europa