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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 273

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
126. Die deutsche Hansa. 273 lokalen Bedeutung zu einem allgemeinen Wirkungskreise. Den Städten selbst gab der Kampf das Bewußtsein ihrer Macht und die Erkenntniß von den Mitteln und Wegen, sie zu erhalten und zu vermehren. Wahrscheinlich fällt in diese Periode auch die erste Ver- fassungsurkunde des Bundes, wie sie auf einer in Köln abgehaltenen Tag- fahrt beschlossen wurde. Derselbe hat von Anfang bis zu Ende den Handel und vorzüglich den auswärtigen Handel, seinen Schutz und seine Ausbreitung, die Behauptung bereits erworbener und die Erwerbung neuer Handelsprivilegien und Rechte zum Gegenstand gehabt. Zu diesem Behufe sagten sich seine Glieder wechselseitige Hülfe zu Land und Wasser zu, allge- meine Vertheidigung jedes einzelnen Mitgliedes, das angegriffen würde, gleichen und gemeinschaftlichen Genuß der gewonnenen Rechte und Freiheiten. Die höchste Bundesgewalt stand den städtischen Deputirten zu, welche sich auf einem Hansalage rechtskräftig ver- sammelt hatten. Obgleich der Ort der Versammlung gesetzlich auf keine be- stimmte Stadt beschränkt war, so hatte man sich doch gewöhnt, das alte und mächtige Lübeck allmählich als das ge- meinschaftliche Haupt der Hansa anzu- sehen und vorzugsweise innerhalb sei- ner Mauern die Bundesangelegenheiten zu berathschlagen. Jede wirkliche Bun- desstadt war befugt, zu der Tagfahrt ihre Abgeordneten zu senden. Außer den Deputirten der Hansestädte erschie- nen auf den gemeinen Tagfahrten, we- nigstens eine geraume Zeit hindurch, auch Abgeordnete des deutschen Ordens, der mit der Hansa auf dem Fuße in- nigster Freundschaft stand und mit ihr das vereinte Interesse hatte, keines der nordischen Reiche zu einer einheitsvollen, beiden gleich gefährlichen Kraft gelan- gen zu lassen. Richt selten schickten die größten Fürsten, der Kaiser selbst, die Könige von England und Frankreich, Schweden und Dänemark außerordent- liche Gesandte zu den Tagfahrten, um ihre Anliegen und Werbungen bei der Hansa vorzubringen. Die gefaßten Be- schlüsse wurden in Form eines Recesses, Marschall, Lesebuch. Abschiedes, gesammelt und Lübeck lag ob, über die Ausführung zu wachen. Ueberhaupt war die solidarische Ver- waltung der Bundesangelegenheiten die- ser Stadt so gut wie ausschließlich über- tragen, sie übte die Vertretung nach Außen, sie führte die Correspondenz mit den fremden Mächten, mit den Faktoreien und was sonst die laufenden Geschäfte waren. Unter ihrer Aufsicht standen das hansische Archiv und die gemeinschaftliche Casse, sie fertigte alle Staatsakte mit ihrem Stadtsiegel aus. Auch war sie im Verein mit den nächst belegenen Städten ermächtigt, im Fall dringender Roth oder bei geringer Er- heblichkeit der Sache nach eigener An- sicht rechtskräftige Beschlüsse zu fassen. Also gelangte Lübeck mehr und mehr zur Hegemonie des Bundes, welche es würdig und oft mit eigener Aufopferung führte und darob von Köln vergeblich angefochten wurde. Bei dem wachsen- den Umfange der Hansa und ihrer Aus- dehnung bis tief in das Binnenland stellte sich bald als zweckmäßig heraus, sie nach ihrer Lage und Beschaffenheit in mehrere Kreise, „Quartiere", abzutheilen, welche unter Vorsitz einer Hauptstadt, „Quar- tierstadt", alle speziell ihrem Bezirk an- gehörigen Interessen verhandelten, eilende Hülfe den Bedrängten leisteten, sich über die auf dem allgemeinen Hansatage zu stellenden Anträge beriethen und die Verbindung mit Lübeck und den andern Kreisen unterhielten. Anfangs nur drei Quartiere, erweiterten sie sich später bis zu vier: das wendische mit Lübeck; das westfälische mit Köln; das sächsische mit Braunschweig; das preußische mit Danzig. Um die Gesetze des Bundes aufrecht zu erhal- ten, gab es verschiedene Strafen, zu- meist Geldbußen, die zugleich als Ein- nahmsquelle dienten, sodann den größeren und kleineren Bann, d. h. beständige oder temporäre Ausschließung aus dem Bunde. Dadurch ging die Stadt der Rechte, der Genossenschaft im In- und Auslande verlustig, des Genusses der hansischen Comptoire, sowie aller dem Bunoe zustehenden Privilegien, und es begreift sich, wie wirksam ein solcher Bann für eine Handel und Verkehr 18

2. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 286

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
286 in. Geschichtsbilder. der Rednitz postirt war, ein heftiger Kampf entzündet, wo mit abwechselndem Glück der Feind bald Besiegter, bald Sieger bleibt, und auf beiden Seiten gleich viel Blut fließt, gleich tapfere Thaten geschehen. Dem Herzog von Friedland und dem Prinzen Bernhard von Weimar werden die Pferde unter dem Leibe erschossen, dem König selbst reißt eine Stückkugel die Sohle von dem Stiefel. Mit ununterbrochener Wuth erneuern sich Angriff und Widerstand, bis endlich die eintretende Nacht das Schlachtfeld verfinstert und die erbitter- terten Kämpfer zur Ruhe zwingt. Jetzt aber sind die Schweden schon zu weit vorgedrungen, um den Rückzug ohne Gefahr unternehmen zu können. Indem der König einen Offizier zu entdecken sucht, den Regimentern durch ihn den Befehl zu übersenden, stellt sich ihm der Obrist Hebron, ein tapferer Schottländer, dar, den bloß sein natürlicher Muth aus dem Lager getrieben hatte, die Gefahr dieses Tages zu theilen. Ueber den König erzürnt, der ihm unlängst bei einer gefahrvollen Aktion einen jüngern Obristen vorgezogen, hatte er das rasche Gelübde gethan, seinen Degen nie wieder für den König zu ziehen. An ihn wen- det sich Gustav Adolf, und, seinen Hel- denmuth lobend, ersucht er ihn, die Re- gimenter zum Rückzug zu kommandiren. „Sire," erwidert der tapfere Soldat, „das ist der einzige Dienst, den ich Ew. Ma- jestät nicht verweigern kann, denn es ist etwas dabei zu wagen;" und sogleich sprengt er davon, den erhaltenen Auf- trag in's Werk zu richten. Zwar hatte sich Bernhard von Weimar in der Hitze des Gefechtes einer Anhöhe über der alten Feste bemächtigt, von wo aus man den Berg und das ganze Lager bestrei- chen konnte. Aber ein heftiger Platz- regen, der in derselben Nacht einfiel, machte den Abhang so schlüpfrig, daß es unmöglich war, die Kanonen hinauf- zubringen, und so mußte man von freien Stücken diesen mit Strömen Bluts er- rungenen Posten verloren geben. Miß- trauisch gegen das Glück, das ihn an diesem entscheidenden Tage verlassen hatte, getraute der König sich nicht, mit er- schöpften Truppen am folgenden Tage den Sturm fortzusetzen, und zum ersten male überwunden, weil er nicht Ueber- winder war, führte er seine Truppen über die Rednitz zurück. Zweitausend Todte, die er auf dem Wahlplatz zurück- ließ, bezeugten seinen Verlust, und un- überwunden stand der Herzog von Fried- land in seinen Linien. Noch ganze vierzehn Tage nach die- ser Aktion blieben die Armeen einander gegenüber gelagert, jede in der Erwar- tung, die andere zum Ausbruch zu nöthi- gen. Je mehr mit jedem Tage der kleine Vorrath an Lebensmitteln schmolz, desto schrecklicher wurden die Drangsale des Hungers, desto mehr verwilderte der Soldat, und das Landvolk umher ward das Opfer seiner thierischen Raubsucht. Nürnberg hatte sich über Vermögen angestrengt, die ungeheure Menschen- menge, welche in seinem Gebiete zusam- mengepreßt war, elf Wochen lang zu ernähren; endlich aber versiegten die Mittel, und der König mußte sich zuerst zum Abzug entschließen. Mehr als zehn- tausend seiner Einwohner hatte Nürn- berg begraben, und Gustav Adolf gegen zwanzigtausend seiner Soldaten durch Krieg und Seuchen eingebüßt. Zertreten lagen alle umliegenden Felder, die Dör- fer in Asche, das beraubte Landvolk verschmachtete auf den Straßen, Moder- gerüche verpesteten die Lust, verheerende Seuchen, durch die kümmerliche Nahrung, durch den Qualm eines so bevölkerten Lagers und so vieler verwesender Leich- name, durch die Glut der Hundstage ausgebrütet, wütheten unter Menschen und Thieren, und noch lange nach dem Abzug der Armeen drückten Mangel und Elend das Land. Gerührt von dem allgemeinen Jammer, und ohne Hoff- nung, die Beharrlichkeit des Herzogs von Friedland zu besiegen, hob der Kö- nig am 8. September sein Lager aus und verließ Nürnberg, nachdem er es zur Fürsorge mit einer hinlänglichen Besatzung versehen hatte. In völliger Schlachtordnung zog er an dem Feinde vorüber, der unbeweglich blieb und nicht das Geringste unternahm, seinen Abzug zu stören.

3. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 318

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
318 in. Geschichtsbilder. verpflichten sich alle gleichmäßig, die Vundesakte unverbrüchlich zu halten. Wer will aber die im Bunde aufgenom- menen Großmächte Zum unverbrüchlichen Einhalten dieser Verpflichtungen nöthi- gen?". . . 2. An Schleswig-Holstein war es, wo sich diese Voraussage erfüllte. Eine Darlegung der ganzen Angelegenheit würde Zu weit führen und es mag ge- nügen, darauf hinzuweisen, wie die bei- den Vormächte einseitig und ohne den Bund in der Sache vorgingen, nach einen: glücklichen Feldzuge sich von Dä- nemark die Herzogthümer abtreten ließen, dann die Bundestruppen (Sachsen und Hannoveraner) aus Holstein verdräng- ten; — wie sodann Preußen, bestrebt, die Herzogthümer für sich zu gewinnen, sich des nun lästigen Mitbesitzers zu entledigen suchte. Jetzt kehrte Oester- reich zum Rechtsstandpunkte Zurück und erklärte am 1. Juni 1866, daß es die Entscheidung der schleswig-holstein'schen Frage dem Bunde anheimstelle. Preußen aber, da es von Seite des Bundes einen seinen Wünschen entsprechenden Beschluß nicht erwarten durfte, war entschlossen, auf dem nun einmal betretenen Wege zu beharren. Den Oesterreichern erging es nun gerade so, wie früher den Hannoveranern und Sachsen: sie wurden aus Holstein verdrängt. Auf die Nachricht von den Vorgängen in Holstein beantragte Oester- reich beim Bundestag die Mobilmachung des gesammten Bundesheeres mit Aus- nahme des preußischen Kontingents. Dieser Antrag, obwohl der preußische Bundestagsgesandte gegen dessen ge- schäftliche Behandlung Protest eingelegt hatte, wurde am 14. Juni mit 9 gegen 6 Stimmen zum Beschluß erhoben. So- fort erklärte der Vertreter Preußens, daß dieses den seitherigen Bundesvertrag als gebrochen und mithin als unver- bindlich und erloschen ansehe, und legte zugleich den Entwurf einer Neugestal- tung des Bundes vor. Die Majorität der Versammlung erklärte auf Grund der Bundesakte den Austritt Preußens aus dem Bunde für ungesetzlich. Nun folgten sich die Ereignisse Schlag für Schlag. Preußen, auf den Krieg schon längst vorbereitet, wie der seit geraumer Zeit mit Italien abgeschlossene, bisher aber geheim gehaltene Bündnißvertrag unwiderleglich beweist, forderte schon am 15. Juni die norddeutschen Staaten, namentlich Sachsen, Hannover und Kurhessen — der meisten andern war es ohnehin sicher — unter Andro- hung militärischer Maßregeln auf, sich sofort für den Beitritt zu dem neuen Bundesprojekt zu erklären. Ans die ab- lehnenden Antworten rückten preußische Truppen schon am 16. Juni in die genannten drei Staaten ein. Damit war der Bruderkrieg begonnen, und es war nur noch eine leere Form, daß Preußen und Italien am 18. Juni den Krieg an Oestereich erklärten. Die durch Preußen angegriffenen Bundesstaaten suchten um den Schutz des Bundes nach und dieser ward ihnen auch zugesagt. Allein noch war das österreichische Heer nicht vollständig in Kriegsbereitschaft, und noch weniger war dies der Fall bei den Kontingenten der anderen bun- destreuen Staaten. Die Sachsen zogen sich vor den Preußen zurück und ver- einigten sich in Böhmen mit den Oester- reichern. Ganz Sachsen war innerhalb 8 Tagen in den Händen Preußens. Der König von Hannover und der Kronprinz hatten sich mit 18,000 Mann nach Süden gewandt, um sich mit der bayerischen Armee zu vereinigen. Bei Langensalza kam es am 27. Juni zu einem Treffen, in welchem die Han- noveraner Sieger blieben. Durch falsche Nachrichten von zahlreich heranziehenden Preußen getäuscht, capitulirte die han- növer'sche Armee am 29. Juni. Es war dies ein trauriges Vorspiel vom ganzen Verlaufe des Krieges. Der Kurfürst von Hessen, der auf seinem Schlosse Wilhelmshöhe geblieben war, indeß seine Truppen sich mit dem 8. Bnndes-Armeecorps vereinigten, wurde gefangen genommen und zuerst nach Minden und dann nach Stettin gebracht. 3. Am Tage des Gefechtes von Langen- salza begannen auch die Feindseligkeiten gegen die Oesterreicher in Böhmen. In drei großen Heersäulen hatten die Preu- ßen die Grenzen überschritten und nach einer Reihe von Gefechten (bei Hüner-

4. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 320

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
320 Iii. Geschichtsbilder. Hierauf wurden auch mit Baden, Württemberg, Bayern und Hes- sendarmstadt Friedensverträge abge- schlossen, nach welchen diese Staaten den Bestimmungen des Nikolsburger Friedens bezüglich der Neugestaltung der Verhältnisse in Deutschland anerkennen, zugleich auch Schutz- und Trutzbündnisse mit Preußen abschließen und darin sich verpflichten mußten, für den Fall eines Krieges ihre Truppen unter den Ober- befehl des Königs von Preußen zu stellen. Somit hat der deutsche Bund zu bestehen aufgehört. Das ehemalige deutsche Reich ist politisch in drei Grup- pen gespalten: in den norddeutschen 147. Gott in In der That, es entdeckt ein irgend aufmerksamer Blick den Gott in der Geschichte noch leichter und unverkenn- barer, als in der Natur. Wenn aus allem, was die Menschen wollen und dem sie mit allen Mitteln, über die sie gebieten, entgegenstreben, nichts wird; was sie nicht wollen aber sich erfüllt, und es nun hinterher sich klar darstellt, daß das, was sie gewollt, unvernünftig ge- wesen ; was aber geworden, sich als das Rechte erwiesen: dann ist es der Gott in der Geschichte gewesen, der dieses so geleitet hat. Wenn es Mittwinternacht ist auf Erden und alle Pulse der Ge- schichte stocken, und alles Leben in ihr versiegen will, und nun mit einem mal ein Frühlingshauch sie überweht und die verlechzten Brunnen plötzlich über- fließen wollen und eine unbegreifliche Macht die Geister bindet, und sie hin- führt oder hinstürmt, wo sie nicht hin wollen: dann ist es der Gott in der Geschichte, der es durch sie wehen und darauf grünen und blühen läßt. Wenn die Menschen nach der Titanen Art, Trotz auf Trotz, Masse auf Masse, Gewalt auf Gewalt anwälzend sich ein Riesen- bild gebaut, es anzubeten, und nun ein Sonnenstäubchen unvermerkt heran- Bund, in die südwestdeutsche Staaten- grnppe und in die deutsch-österreichischen Landestheile. Bei solcher Lage der Dinge mag uns, die wir nicht ohne bange Besorg- niß in die Zukunft schauen, die Hoff- nung trösten, daß Gott, der ja stets das Schlimme zum Guten zu lenken weiß, auch unserem großen gemeinsamen Vaterlande noch jenen Tag wird erscheinen lassen, da alle deutschen Stämme in ge- genseitiger Achtung ihres eigenthüm- lichen Wesens und ihrer, wie ihrer Herr- scher Rechte sich einträchtig die Hand zum friedlich geeinten Bunde reichen werden! der Geschichte., schwebt, und im Schweden langsam wachsend, hineinwächst in die Sichtbar- keit, und wachsend und immer wachsend Masse gewinnt und zum Steine wird, und der Stein zum Felsen, der, an die thönernen Füße des Kolosses anprallend, ihn in Staub zermalmt: dann ist es der Gott der Geschichte gewesen, der kein Wohlgefallen an dem Götzenbilde ge- funden und der verschwindenden Größen sich bedient, um die sich blähende Klein- heit zu zerstieben. Vor allem, wenn er als Richter herniederkommt, um mit Langmuth getragenem Frevel ein Ziel zu setzen; wenn das Schwert der Boten seines Zorns Hunderttausende wegmäht wie Gras auf dem Anger, daß sie, die noch einen Augenblick zuvor auf ihre Zahl und Macht und Unüberwindlich- keit gepocht, jetzt an der Erde liegen und zu Heu erdörren: dann entsteht wohl eine augenblickliche Stille unter den Völkern, und das sonstige Getöse der Geschichte schweigt eine kleine Zeit; denn jene höhere Geschichte, die Gott aus der Stille seiner Unsichtbarkeit heraus- wirkt ist, jetzt ganz nahe an die Horchen- den herangetreten, und die Geisternähe erfüllt sie mit Schrecken und unwillkür- licher Ehrfurcht.

5. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 11

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
7. Die Schwcdenglocke in Landsberg. 11 eines dem andern nach zwischen die Pferde, so daß diese scheu zu werden anfingen. „Hundsfott!" schrie der Markgraf, roth vor Zorn, „weich' aus, oder ich schieß' dich nieder!" — Vergebens! der Schäfer starrte ihn erschreckt an und vermochte nicht zu willfahren. „Reizenstein! geb' Er mir seine Pistolen!" — „Sie sind nicht geladen, Hoheit!" antwortete jener trocken. Mittlerweile war es Herbei- eilenden gelungen, den Weg frei zu machen. — Als man aber unfern der Schloßthore in Gunzenhausen angekonunen war, ließ der Reiseoberstallmeister plötzlich rechts und links seine beiden Pistolen krachend losgehen. Der erschrockene Markgraf fragte hef- tig: „Was ist's, was ist's?" — „Gnä- digster Herr!" antwortete Reizenstein, „ich meine nur, daß Sie heute Nacht viel süßer schlafen werden, nachdem Sie meine Pistolen jetzt erst haben krachen hören, statt eine Stunde früher." 7. Die Schwedenglocke in Landsberg. Die freundliche und gewerbthütige Stadt Landsberg am Lech ist einer der anmuthigsten Punkte, welche dieser Grenzfluß in seinem Laufe bespült. Auf der Höhe des Hügels, an welchen die Stadt malerisch gebaut ist, genießt man einen prächtigen Anblick über die ewig denkwürdigen Gefilde des Lechfeldes, auf welchem die räuberischen Hunnen einst ihren Vernichtungskampf fochten. Gräuel, wie sie seit den barbarischen Tagen der Hunnen nicht mehr in unserm Vater- lande verübt wurden, hat die Stadt Landsberg nochmal erlitten im Beginne der zweiten Hälfte des dreißigjährigen Krieges. Gustav Adolf starb nach der siegreichen Schlacht bei Lützen, ohne daß dadurch seinen Gegnern, unter denen der Kurfürst Maximilian von Bayern in erster Reihe stand, ein wesentlicher Vor- theil erwachsen wäre. Im Gegentheile suchten die schwedischen Völker, durch Franzosen und Deutsche verstärkt und durch den Tod ihres Führers von den Banden strenger Mannszucht befreit, ihren Rachedurst durch Sengen und Brennen, durch Plündern und Morden zu stilleu. Schrecken und Entsetzen gingen vor ihnen her, Zerstörung und Verwüstung beglei- teten sie, Hunger und Elend folgten ihnen auf dem Fuße. Wilhelm von Weimar war mit einer starken Heeressäule um Nürnberg, der Pfalzgraf Christian von Birkenfeld mit einer noch ftärkern am Lech zurückgeblie- den. Der Haß des kaiserlichen Generalis- simus Wallenstein gegen seinen alten Feind, den Kurfiirsten Maximilian, schien des Jammerns aus Bayern und der Befehle aus Wien nur zu spotten. Jetzt drang auch noch der Herzog Bernhard von Weimar, nachdem er die schwedischen Generale Horn und Torstenson an sich gezogen, wie ein verheerender Strom in Bayern ein, das ohnehin schon mehr einem großen Leichenfelde, als der blü- henden Provinz glich, die es früher ge- wesen. München fiel zwar nicht wieder in Schwedenhand, aber desto schlimmer sah es auf dem flachen Lande aus, das nachgerade einer Wildniß zu gleichen an- fing. Am härtesten und grausamsten war die Gegend zwischen der Isar und dem Lech bedrängt. Die Dörfer waren zer- stört und menschenleer, die Felder unan- gebaut und statt mit dem reichen Segen der Früchte, mit dem Nachwuchs dichter Wälder übersäet. Doch das schrecklichste Schicksal hatte Landsberg zu erdulden, das früher schon von den Schweden erobert, aber von dem Kurfürsten im Vereine mit den Truppen des kaiserlichen Generals Altringer wieder entsetzt worden war. Während Bernhard auf Ingolstadt los- ging, und Horn Niederbayern und die Oberpfalz verwüstete, zog sich Torstenson am Lech hinauf und stand, ehe man sich dessen versah, vor Landsberg. Die Stadt hatte schon bei ihrer frühern Erstürmung wegen ihrer Anhänglichkeit und Treue gegen den Kurfiirsten den ganzen Zorn des Feindes erfahren und bei der Ent- setzung gelobt, die größte Glocke der Stadt solle fortan die Schwedenglocke heißen und für ewige Zeiten keinem an-

6. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 284

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
284 Iii. Geschichtsbilder. Feierlich ward Friedrich in Böhmen empfangen und bald darauf gekrönt. Aber nur zu bald verlor er die Gunst der Böhmen. Ohne zu ahnen, daß ihm die Vergnügungen dieses Winters einst den traurigen Namen „Winterkönig" eintragen würden, veranstaltete er Schlit- tenfahrten und lustige Aufzüge, Gast- mähler und Tanzseste. Die Ueppigkeit des Hofes gab Anlaß zu Aergerniß, die Zurücksetzung der Böhmen in Amt und Feld erregte Mißstimmung, und die ge- waltsame Einführung des strengen cal- vinischen Ritus, das Wegschaffen aller Bilder, Statuen, goldener und silberner Kirchengeräthe aus der Domkirche zu Prag, verletzte die Gemüther der Utraquisten. So verlor er den Halt im fremden Lande, und da ihm auch die Union nur schwache Unterstützung gewährte, mußte er dem ersten entschiedenen Stoße erliegen. Und bald und kräftig wurde dieser geführt. Maximilian I. von Bayern, das Haupt der katholischen Liga, der, wie der Kurfürst von Sachsen, sich mit Kaiser Ferdinand Ii. verbündet hatte, rückte mit seinem trefflich gerüsteten Heere in Böhmen ein, vereinigte sich mit dem kaiserlichen Heere unter Boucquoi und marschirte geraden Weges auf Prag los. Am 8. November 1620 kam es am weißen Berge bei Prag zur Schlacht. Es war ein Sonntag, dessen Evangelium den Spruch enthielt: „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist!" Das böhmische Heer hatte eine gün- stige Stellung auf dem Berge. Christian von Anhalt eröffnete den Kampf mit einem Reiterangriff auf die Kaiserlichen, warf die Vorhut über Haufen und brachte auch zwei Infanterie-Regimenter zum Wanken. Maximilian hielt die Fliehen- den mit dem Degen auf und Tilly schickte den Obristen Kratz mit 500 Pferden in die Flanke der Böhmen. Das brachte eine plötzliche Wendung in die Schlacht. Das Thurn'sche Regiment ergriff die Flucht, welche bald die ganze böhmische Armee derart ergriff, „daß," wie Chri- stian von Anhalt berichtet, „kein Alexan- der Magnus, kein Julius Cäsar und Carolus Magnus es Hütte zum Stehen bringen können." In einer Stunde war der Sieg erfochten. Nur mit 100 Tod- ten war dieser erkauft, indeß der Be- siegten 5000 das Schlachtfeld bedeckten, 5000 gefangen wurden, und überdies die gesammte feindliche Artillerie den Siegern in die Hände fiel. Nur mit 16 Reitern floh der Oberseldherr vom Schlachtfeld. König Friedrich war eben bei Tische, als die Schlacht begonnen hatte. Als- bald setzte.er sich zu Roß und wollte hinaus. Da aber das Thor verschlossen war, sah er vom Walle aus die Nie- derlage der Seinen. Er befahl, das Thor zu öffnen, und so rettete sich ein Theil der Fliehenden in die Stadt. Auch die Feinde hätten eindringen können, doch sie fürchteten einen Hinterhalt. Friedrich begehrte von Maximilian einen 24-stündigen Waffenstillstand, um unter- handeln zu können. Maximilian be- willigte nur 8 Stunden und forderte als erste Bedingung Niederlegung der böhmischen Krone. Friedrich wählte in dieser Lage das Schlimmste, was er thun konnte: weder legte er die Krone nieder, noch entschloß er sich, diese auf's äußerste zu vertheidigen, — er floh! Unterhandelnd hätte er vielleicht die Pfalz gerettet, kämpfend vielleicht die Krone Böhmens ersiegt, zum mindesten den Ruhm standhaften Muthes behauptet: besinnungslos fliehend verlor er Alles. Prag ergab sich dem Sieger; Böhmen war für Ferdinand erobert und es mußte die Wahrheit des Spruches fühlen: „Wehe den Besiegten!" Ferdinand be- stätigte die politischen Rechte Böhmens; den Majestätsbrief aber zerschnitt er mit eigener Hand, weil die Böhmen sein bei der Thronbesteigung gemachtes An- erbieten, denselben zu bestätigen, trotzig zurückgewiesen hatten. Der Gebrauch des Kelchs wurde untersagt, den Nicht- katholischen die Ausübung bürgerlicher Rechte entzogen und an alle erging die Mahnung, binnen sechs Monaten zur katholischen Religion zurück zu kehren. Die Prediger, welche sich dem nicht fügten, wurden des Landes verwiesen. Viele wanderten aus, und 30,000 Fa- milien mit 175 Adelsgeschlechtern folg- ten ihnen freiwillig in die Verbannung. Der geflüchtete Friedrich hatte _ mit seiner Gemahlin ein Asyl bei seinem Schwiegervater in England gefunden.

7. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 285

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
133. Gustav Adolf und Wallenstein vor Nürnberg (1632). 285 133. Gustav Adolf und Wallenstein vor Nürnberg (1632). Der Noth, welche in dem schwedischen Lager herrschte, ein Ende zu machen, verließ Gustav Adolf, voll Zuversicht auf seine überlegene Macht, am fünf und fünfzigsten Tage, nachdem die Trup- pen das Lager bezogen hatten, die Stadt Nürnberg, zeigte sich in voller Bataille dem Feind und ließ von drei Batterien, welche am Ufer der Rednitz errichtet waren, das friedländische Lager beschießen. Aber unbeweglich stand der Herzog in seinen Verschanzungen und begnügte sich, diese Ausforderung durch das Feuer der Musketen und Kanonen von ferne zu beantworten. Den König durch Unthätig- keit aufzureiben und durch die Macht des Hungers seine Beharrlichkeit zu besiegen, war sein überlegter Entschluß, und keine Vorstellung des Kurfürsten Maximilian, keine Ungeduld der Armee, kein Spott des Feindes konnte diesen Vorsatz er- schüttern. In seiner Hoffnung getäuscht und von der wachsenden Noth gedrungen, wagte sich Gustav Adolf nun an das Unmögliche, und der Entschluß wurde gefaßt, das durch Natur und Kunst gleich unbezwingliche Lager zu stürmen. Nachdem er das seinige dem Schutz der Nürnberger Miliz übergeben, rückte er am Bartholomäustage, dem acht und fünfzigsten, seitdem die Armee ihre Ver- schanzungen bezogen, in voller Schlacht- ordnung heraus und passirte die Rednitz bei Fürth, wo er die feindlichen Vor- posten mit leichter Mühe zum Weichen brachte. Auf der steilen Anhöhe zwischen der Biber und Rednitz, die alte Feste und Altenberg genannt, stand die Haupt- macht des Feindes, und das Lager selbst, von diesen Hügeln beherrscht, breitete sich unabsehbar durch das Gefilde. Die ganze Stärke des Geschützes war auf diesen Hügeln versammelt. Tiefe Grä- den umschlossen unersteigliche Schanzen, dichte Verhacke und stachelige Pallisaden verrammelten die Zugänge zu dem steil anlaufenden Berge, von dessen Gipfel Wallenstein, ruhig und sicher wie ein Gott, durch schwarze Rauchwolken seine Blitze versendete. Hinter den Brustwehren lauerte der Musketen tückisches Feuer, und ein ge- wisser Tod blickte aus hundert offenen Kanonenschlünden dem verwegenen Stür- mer entgegen. Auf diesen gefahrvollen Posten richtete Gustav Adolf den An- griff, und fünfhundert Musketiere, durch weniges Fußvolk unterstützt (mehrere zugleich konnten auf dem engen Kampf- boden nicht zum Fechten kommen), hatten den unbeneideten Vorzug, sich zuerst in den offenen Rachen des Todes zu wer- fen. Wüthend war der Andrang, der Widerstand fürchterlich; der ganzen Wuth des feindlichen Geschützes ohne Brust- wehr dahin gegeben, grimmig durch den Anblick des unvermeidlichen Todes, lau- fen diese entschlossenen Krieger gegen den Hügel Sturm, der sich in einem Moment in den flammenden Hekla ver- wandelt und einen eisernen Hagel don- nernd auf sie herunter speit. Zugleich dringt die schwere Kavallerie in die Lücken ein, welche die feindlichen Ballen in die gedrängte Schlachtordnung reißen, die festgeschloffenen Glieder trennten sich, und die standhafte Heldenschaar, von der gedoppelten Macht der Natur und der Menschen bezwungen, wendet sich nach hundert zurückgelassenen Todten zur Flucht. Deutsche waren es, denen Gustav Adolf die tödtliche Ehre des ersten Angriffs bestimmte; über ihren Rückzug ergrimmt, führte er jetzt seine Finnländer zum Sturm, durch ihren nordischen Muth die deutsche Feigheit zu beschämen. Auch seine Finnländer, durch einen ähnlichen Feuerregen empfangen, weichen der über- legenen Macht, und ein frisches Regi- ment tritt an ihre Stelle, mit gleich schlechtem Erfolge den Angriff zu er- neuern. Dieses wird von einem vierten und fünften und sechsten abgelöst, so daß während des zehnstündigen Gefechtes alle Regimenter zum Angriff kommen und alle blutend und zerrissen von dem Kampfplatz zurückkehren. Tausend ver- stümmelte Körper bedecken das Feld, und unbesiegt setzt Gustav den Krieg fort, und unerschütterlich behauptet Wal- lenstein seine Feste. Indessen hatte sich zwischen der kai- serlichen Reiterei und dem linken Flügel der Schweden, der in einem Busch an

8. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 315

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
145. Die letzten Tage des Königs Maximilian Ii. 315 Und wenn die Priester beten den langen Klagchoral, Glüht da noch der Begeisterung, der Liebe warmer Strahl: Der war ein großer König, der war der Menschheit Held, Werth, daß ihm noch die Thräne des fernen Enkels fällt. Bei hingegangenen bedeutenden Men- schen drängt sich neben der Frage: wie haben sie gelebt? unwillkürlich auch die auf: wie haben sie geendet? Die Ge- schichte weis't uns gar viele Beispiele auf, wo ein glanzvolles und viel be- neidetes Leben mit unsäglichem Jam- mer abschloß, wobei uns das Wechsel- volle, Trügerische und Nichtige alles Irdischen recht klar vor die erschütterte Seele geführt wird. Ruhig und erhebend dagegen wird das Gemüth gestimmt, wenn wir vernehmen, wie dem Leben eines ausgezeichneten Menschen auch sein Ende entsprach, wie er den Adel seines Wesens bis zum letzten Hauche bewahrte und beim Scheiden alle Schmerzen und Schauer eines qualvollen Todes mit Muth und Ergebung überwand. Ein solches Beispiel gibt uns das Hinscheiden des Königs Maximilian Ii. von Bayern, des Herrschers mit dem besten Herzen. Auf den Rath seiner Aerzte begab sich König Maximilian im Oktober 1863 nach Italien, in dessen milder Luft er Stärkung und Erholung seiner ange- griffenen Gesundheit zu finden hoffte. Da brach der Hader um Schleswig- Holstein auf's Neue aus, und kein Ruhig- blickender konnte sich die Gefahren ver- hehlen, welche aus diesem Streite für Deutschland erwachsen würden. König Max hatte in der Schleswig-Holstein- schen Frage stets mit aller Gewissen- haftigkeit den strengen Standpunkt des Rechtes festgehalten. Auf ihn richteten sich daher bei den eingetretenen Ver- wickelungen die Blicke aller redlichen Baterlandsfreunde, nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland, und be- sonders die Blicke der Schleswig-Hol- steiner selbst. Bei der bedenklichen Lage, in welche diese Angelegenheit durch das bundeswidrige Verhalten Preußens und Oesterreichs gekommen war und bei der täglich wachsenden Aufregung in Deutsch- land wurde in Bayern der Wunsch laut, es möge der Landesvater aus Italien L. A. Frankl. zurück kehren. Sofort erklärte Maxi- milian sich zur Erfüllung dieses Wun- sches bereit, obgleich er fühlte, die Sorge für seine Gesundheit fordere noch auf längere Zeit Ruhe und milderes Klima. „Mein Volk ahnt nicht, welches Opfer ich ihm bringe. Dasmilde Klima Italiens ist mir zur Wiedererlangung meiner Ge- sundheit unerläßlich; ich fühle es, daß ich größerer Schonung bedarf, als meine Aerzte glauben," — so äußerte er zum Freiherrn v. Wendtland. Dennoch ließ er gleich nach München telegraphisch be- richten, daß er unverweilt in seine treue Hauptstadt zurück kehre, eingedenk seiner Regentenpflichten, die er stets über Alles gestellt habe. Schon am 15. Dezember kam er, vom Jnbel des Volkes empfan- gen, in München an. Mit aller Ent- schiedenheit trat er nun für die Rechte der Herzogthümer ein, und es war sein und seiner Regierung ernstestes Bestre- den, bei dem Bunde und durch den Bund die Lösung der verwickelten Streit- frage zu erzielen. Leider scheiterten seine wohlmeinenden Absichten an dem Wider- streben der beiden „Vormächte Deutsch- lands", wie sich Preußen und Oester- reich nannten. Neben der angestreng- ten und aufregenden Thätigkeit für die Sache der Herzogthümer, wie sie Maxi- milian bis zum letzten Tage seines Lebens entfaltete, mag der Schmerz über die unerquickliche Wendung derselben nicht wenig dazu beigetragen haben, daß des Königs angegriffene Gesund- heit völlig erschüttert und daß endlich jener schnelle und unerwartete Ausgang herbeigeführt wurde, welcher Bayern in so tiefe Trauer versetzte. Sonntags den 6. März fühlte der König beim Reiben der Haut mit einer Bürste, was er seit einem Jahr zu thun gewohnt war, auf der linken Seite der Brust einen oberflächlichen Schmerz und stand sogleich vom Reiben ab. Schon am Abende hatte sich an der schmerzenden Stelle eine Geschwulst ge- bildet, welche sich immer mehr und zwar

9. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 317

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
146. Die Auflösung des deutschen Bundes im Jahre 1866. 317 ordnete, welche zur Leichenfeier nicht mehr eingetroffen waren, legten als Ausdruck der Trauer und des Dankes ihrer Landsleute einen Kranz auf die Stufen des Katafalks in der Theatiner- kirche. Diese hatte der Verewigte selbst zu seiner Ruhestätte erkoren und es soll da auch seine Gemahlin einst an seiner Seite Platz finden. Auch einen Sarg von Marmor hatte sich der König schon vor mehreren Jahrell fertigen und in einem Gemache der Residenz aufbewahren lassen. Seit Jahren auch hatte er alle seine Angelegenheiten geordnet, für seinen Sohn und Nachfolger eigens einige liebevollen Ermahnungen aufgeschrieben und ihm das Wohl seines Volkes an's Herz gelegt. Das schönste Denkmal aber hat sich der edle Todte gesetzt in seiner letzten Willenserklärung, ganz Bayern betreffend. Diese schon am 16. Dezember 1851 niedergeschriebenen Worte sind der beste Beweis des edelsten, treuesten und liebe- vollsten Herzens und Niemand kann sie ohne Rührung vernehmen: 146. Die Auflösung des deui 1. Rach dem Sturze Napoleons wurde Deutschland wieder mit seinen früheren Grenzen, aber nicht mit der früheren, nun unmöglich gewordenen Verfassung hergestellt; an die Stelle des Kaiser- thums war der „deutsche Bund" getreten, ein „unauflöslicher Verein sou- veräner Staaten zur Erhaltung der in- neren und äußeren Sicherheit Deutsch- lands und der Unverletzlichkeit der ein- zelnen Bundesstaaten." Das Organ des Bundes war der von den Fürsten und freien Städten Deutschlands beschickte Bundestag zu Frankfurt am Main. Mag man nun diesem Bunde zum Vor- würfe machen, daß er dem Wunsche des deutschen Volkes nach kräftiger Einheit nicht ganz entsprochen, so muß doch zu- gestanden werden, daß er fünfzig Jahre hindurch ein Einigungsband der ver- schiedenen deutschen Stämme gewesen, daß er während dieser Zeit die Gelüste des Auslandes, Deutschland wie in den früheren Jahrhunderten zu schädigen, in Schranken gehalten und Deutschland „Ich sage Allen, die mir Anhäng- lichkeit, Liebe und Treue bewiesen haben, Meinen innigsten, wärmsten Dank. Ich vergebe vonr Grunde mei- ner Seele allen denjenigen, bei welchen dies nicht derfall war, die mich wissentlich oder unwissentlich gekränkt. Mögen auch Alle Mir ver- geben, die sich über mich zu beklagen haben. Ich bitte sie von Herzen um Verzeihung. Möge der All- mächtige mein theures, herrliches, braves Bayernvolk auch ferner und in alle Zu- kunft in seinen heiligen Schutz nehmen, seinen reichsten, besten Segen ihm verleihen. Ich habe es von Jugend auf treu in meinem Herzen getragen, es war der Gegenstand Meiner Arbeiten, Meiner Sorge, Meiner Leiden und Freuden. . . . Meine Liebe zu ihm wird niein Leben überdauern. Für mein Volk werde Ich wirken und beten, so lange Ich wirken und beten kann!" hen Bundes im Jahre 1866. vor Verlust an Land und Leuten be- wahrt hat. Gefahr konnte diesem Bunde weniger von Außen, als vielmehr im Innern drohen, und die größte lag darin, daß in demselben zwei mächtige Staaten neben einander bestanden, welche, wenn einig, die übrigen Bundesglieder beherrschen, wenn uneinig, die Fort- dauer des Bundes selbst in Frage stellen konnten. Daran ging denn auch der Bund zu Grunde. Es erfüllte sich im Jahre 1866, was denkende Zeitgenossen schon bei Gründung desselben voraus- gesehen. „Wo die Gesammtheit schwächer ist, als der eine oder der andere Theil, da ist keine Bürgschaft für die Unab- hängigkeit der einzelnen Bundesstaaten, da ist die Unterwürfigkeit unter dessen Gebot unvermeidlich. Es ist keine Ge- währ im Bunde, daß nicht Oesterreich und Preußen einmal gegen einen Staat unternehmen, was Friedrich Ii. gegen Schlesien that. Der dritte Artikel der Bundesakte sagt zwar, die Bundesglie- der als solche haben gleiche Rechte und

10. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 319

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
146. Die Auflösung des deutschen Bundes im Jahre 1866. 319 wasser, Turnau, Podol, Mün- chengrätz, Gitschin einerseits und bei Trautenau, Nachod, Skalitz und Königinhof andererseits) die Oesterreicher zurück gedrängt und ihre Vereinigung ermöglicht. Bei Königs- grätz hatte das österreichische Heer un- ter Benedek eine concentrirte Stellung genommen. Am 3. Juli beschlossen die Preußen anzugreifen. Furchtbar war der Zusammenstoß, kühn der Ansturm der Preußen, heldenmüthig der Wider- stand der Oesterreicher. Schon schien sich der Sieg auf Seite der letzteren zu neigen; da endlich erschien das sehnlichst von den Preußen erwartete Heer des Kronprinzen. Die Oesterreicher waren umgangen; Chlum, der Schlüssel zu ihrer Aufstellung, von den unbemerkt herangerückten Preußen genommen: die Schlacht war für die Oesterreicher ver- loren. Ihr Rückzug artete bald in wilde Flucht aus und furchtbar waren ihre Verluste. Noch nie hatte die öster- reichische Armee eine solche Niederlage erlitten. Unaufhaltsam rückten die Preu- ßen gegen Prag, das sich ihnen wider- standslos ergab, dann gegen Wien und Presburg vor. Zwar waren die öster- reichischen Waffen siegreich in Italien gewesen, zu Land in der Schlacht bei Custozza, zur See bei Lissa, aber das vermochte das Mißgeschick des böh- mischen Feldzuges nicht auszugleichen. Oesterreich suchte um einen Waffenstill- stand bei Preußen nach — vergebens! Da trat der Kaiser Franz Joseph Ve- netien an den Kaiser Napoleon ab und nahm dessen Vermittlung zur Herbei- führung eines Friedens an. 4. Unterdessen war der Kampf auch im Westen eröffnet worden. Nach eini- gen unbedeutenden Gefechten in Thürin- gen zog sich die bayerische Armee gegen Süden zurück, um sich mit dem achten Armeecorps zu vereinigen. Die Vorhut des preußischen Heeres forcirte, vom Thäte der Fulda in das der Saale vorrückend, den Uebergang über letzteren Fluß; die Bayern wur- den trotz hartnäckigsten Widerstandes sowohl bei Kissingen als bei Hammel- burg von der feindlichen Uebermacht zurück gedrängt (10. und 11. Juli) und die Preußen rückten in's Mainthal, wandten sich von Lohr aus über den Spessart nach Aschaffenburg, warfen bei Laufach und Aschaffenburg ein- zelne Abtheilungen des 8. Armeecorps und besetzten Frankfurt am 16. Juni Von da aus marschirte die preußische Mainarmee auf dem linken Mainufer gen Würzburg, in dessen Nähe sie nach den Gefechten bei Hund heim, Tau- berbischofsheim, Helmstadt und Roßbrunn lagerte (25 — 27. Juli). Die Nachricht eines in Nikolsburg abge- schlossenen Waffenstillstandes machte wei- teren Feindseligkeiten ein Ende. Doch mußte die Stadt Würzburg rechts des Mains den Preußen eingeräumt werden, gleichwie eine rasch über Hof und Bay- reuth vorgerückte Abtheilung Nürnberg noch besetzt hatte. Aus den Waffenstillstandsverträgen gingen die Friedensschlüsse hervor, welche jeder Staat einzeln mit Preußen verein- baren mußte. In diesen Friedensschlüssen wurde die thatsächlich schon vollzogene Auflösung des deutschen Bun- des vertragsmäßig anerkannt. Oester- reich schied ans dem Verbände mit Deutschland, gab seine Zustimmung zu dem neuen Bunde, den Hreußen nörd- lich der Mainlinie begründen würde und erklärte sich damit einverstanden, daß die südlich dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusam- mentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehal- ten bleibt. Zugleich erkannte Oester- reich die in Norddeutschland vorzuneh- menden Besitzveränderungen an, wobei aber der König von Sachsen wieder seinen gesammten Länderbesitz behält, vorbehalt- lich weiterer Bestimmungen über dessen Verhältniß zum norddeutschen Bund und zu Preußen, und muß Venetien an Ita- lien, Preußens Bundesgenossen, und sei- nen Antheil an Schleswig-Holstein an Preußen abtreten und letzterem noch 40 Millionen Thaler Kriegsentschädi- gung leisten, wovon jedoch 20 Millionen als frühere Kriegskosten in Schleswig in Abrechnung kommen dürfen. Dieser Friedensvertrag wurde unterzeichnet zu Prag 23. August 1866.
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